### Dank der Neuerungen bei FF.net war die Seite zum Hochladen der Stories bis Sonntag außer Funktion. Grrrrr. Da konnten wir unseren Termin also nicht einhalten! Nun ja, das Kapitel kommt dann also mit Verspätung, aber es kommt. Und das ist die Hauptsache, oder?!
### Ein ganz liebes Danke für alle Reviews! Übrigens haben wir festgestellt, dass Euch das Kapitel 6 nicht sonderlich gefallen haben muss, denn die Reviews hingen hinter den anderen Kapitel ganz schön zurück. *seufz* Kann natürlich auch daran liegen, dass Ferien sind. Hoffentlich liegt es nicht an der mangelnden aktiven Legolas Präsenz...
### Hallo Claudia, du stiller Leser! Ja, genau! Du bist gemeint! Ganz unten findest du einen Button, der so ganz nebenbei zur Review-Seite führt. Du brauchst ihn wirklich nur kurz anklicken und ein paar Worte der Begeisterung oder des Missfallens äußern und schon wissen wir, dass du der Story immer noch folgst! Wir sehen dich... Wir überwachen dich... Wir hören auf zu schreiben und bringen den Zorn der übrigen Leserschaft über dich, wenn du nicht reviewst! *Autorinnen sehen gerade aus wie Dark-Queen-Galadriel* LOL*
### Na, dann auch dieses Mal viel Spaß beim Lesen!
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Hauch des Lebens
von: ManuKu und Salara
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~TEIL 7~
Als Galadriel Elronds Quartier betrat, sah dieser überrascht auf und legte ein Buch, in dem er gerade gelesen hatte, zur Seite. Jedes Mal, wenn er Galadriel sah, sah er in ihr seine Frau Celebrían. Es erinnerte ihn daran, was er verloren hatte. Seufzend schob er die traurigen Gedanken beiseite und stand auf.
„Es freut mich, dass Ihr den Weg zu mir gefunden habt." Ruhig schob er ihr einen Stuhl zu dem seinen ans Fenster. „Wie geht es dem Prinzen?"
Galadriel setzte sich und sah flüchtig nach draußen in den Garten. „Er schwindet schnell. Viel schneller, als ich es erwartet habe. Sein Herz sucht nach einem Halt, doch seine Welt ist undeutlich und für ihn nicht mehr greifbar geworden. Er fürchtet sich. Mit jeder Stunde, die Aragorn erfolglos bleibt, nehmen seine Kraft und sein Wille zu kämpfen ab."
Es kostete Elrond Mühe, gelassen zu bleiben. „Warum könnt Ihr ihm nicht helfen? Ihr seid mächtig..." Er verstummte, als er das Funkeln in ihren Augen sah.
„So wie du. Doch es gibt Dinge, die zu tun nicht uns bestimmt sind." Galadriels Augen begegneten Elronds Blick und hielten ihn fest. „Du hast die Gabe der Vorausschau. Du weißt wie ich um die Dunkelheit, die sich wieder erhebt. Bald schon werden wir aus dieser für uns immer unwirklicher werdenden Welt gewichen sein und dann wird Mittelerde zur Welt der Menschen. Ohne einen klugen, starken Führer wird sie ihnen jedoch nicht lange gehören." Ihre Stimme war hart und schonungslos. „Du weißt, von wem ich rede."
Elrond antwortete nicht gleich. Es war auch nicht nötig – Galadriel konnte in seinen Gedanken erkennen, dass er die Antwort schon seit langem in seinem Herzen verborgen hielt.
Nach Momenten löste sich Elrond endlich aus der Erstarrung und sah aus dem Fenster.
„Auch, wenn ich nicht zu weit voraus sehen konnte, weiß ich doch, dass es nicht mehr Aufgabe der Elben ist, die Schicksale dieser Welt zu lenken. Wir verlassen diese Gestade schon sehr bald. Jeder Tag, an dem ich Aragorn sehe, macht mir klar, dass es allein die Aufgabe der Sterblichen sein wird, die Geschicke Mittelerdes zu beeinflussen. Auch deswegen habe ich ihn bei mir aufgenommen. Es wird eine Zeit anbrechen, in deren Dunkelheit Estel die Stärke eines Königs aufbringen muss." Elronds Stimme hatte jenen weichen, lächelnd-traurigen Unterton angenommen, in dem er stets von seinem Ziehsohn zu sprechen pflegte, und sein nachdenklicher Blick glitt in jene Richtung, in der er Aragorn in diesem Augenblick wähnte.
Galadriel ließ sich nichts anmerken, doch die Worte ihres Schwiegersohnes erfüllten sie mit großer Trauer. 'Das ist nichts im Vergleich zu der Stärke, die wir aufbringen müssen, wenn statt eines deiner Kinder alle in der Sterblichkeit zurückbleiben. Alle meine Enkel werden das Schicksal dieser Welt teilen...'
Sie verdrängte diese Gedanken jedoch wieder und sah erneut in den Garten hinab, der sich vor Elronds Gemächern erstreckte.
„Du hast mich gefragt, warum ich Legolas nicht heilen konnte. Ich denke, einen Teil der Antwort kennst du selbst."
„Dann waren meine Ahnungen also richtig." Von einem Augenblick auf den anderen wurden Elronds Züge hart. Er warf Galadriel einen raschen Blick zu, dann stand er auf. „Ich kann nicht behaupten, dass ich Eure Handlung verstehe oder gutheiße." Er konnte den anklagenden Unterton nicht ganz aus seiner Stimme verbannen. Der Elbe hasste es, untätig in diesem Schloss zu sitzen, während Thranduils einziger Sohn um sein Leben bangte und Estel sich vielleicht unnötigen Gefahren aussetzte. „Ihr zwingt Aragorn dazu, sich in Gefahr zu begeben, um das Leben seines Freundes zu retten. Sagt mir, was das soll! Wollt Ihr ihn prüfen, ob er auch würdig genug ist, einst König zu werden? Wenn ja, dann ist Legolas' Leben ein ziemlich hoher Einsatz für etwas, das ich Euch auch so bestätigt hätte."
„Du sprichst als Vater, doch Väter neigen dazu, ihre Kinder zu sehr zu behüten." Galadriel lächelte ruhig, dann beugte sie sich vor, bis ihr Gesicht dem Elronds ganz nahe war. „Aragorn muss lernen, Risiken einzugehen und dennoch Vertrauen zu haben. Er muss lernen, auf das, was er kann, zu vertrauen und ohne die Hilfe der Elben auszukommen." Ihre Stimme war eindringlich geworden. „Er muss begreifen, wer er ist und wozu er imstande sein kann, wenn er seinen Instinkten vertraut."
„Dennoch..." Elrond ließ nicht locker. „Genügt es nicht, wenn Aragorn das Gegenmittel bringt, ohne dass dafür Prinz Legolas weiter leiden muss? Ich bitte Euch, beendet seine Qualen."
„Die ganze Wahrheit ist: Ich kann es nicht. Nicht mehr..." Galadriels Stimme war plötzlich leise geworden und Elrond musste sich sehr anstrengen, um ihre Worte zu verstehen. „In den wenigen Stunden nach meiner Ankunft hätte ich ihm wirklich helfen können, doch etwas hat sich kurz darauf verändert. Seither entgleitet er mir und es gibt kaum etwas, das ich dagegen tun kann."
'Kann das denn sein?' Ungläubig versuchte Elrond diesen Gedanken von sich zu weisen, doch die Erinnerung an den seltsamen Tonfall ihrer letzten Worte ließ sich nicht abschütteln. 'Kann es wirklich sein, dass selbst die Weiseste unter uns Elben keinen Rat mehr weiß?'
Der Elbe schwieg. Zum ersten Mal in den Jahrtausenden, die er Galadriel nun schon kannte, spürte er, dass auch sie so etwas wie Schmerz empfand. Er selbst kannte diesen Schmerz nur allzu gut – hatte er ihn doch seit Celebríans Weggang jeden Tag aufs Neue empfunden. Und plötzlich – von einem Moment auf den anderen – begriff er die andere, gravierendere Konsequenz des Geständnisses: Wenn Aragorn erfolglos blieb oder zu spät kam, würde Legolas sterben. Und wenn Legolas starb, würde dies sowohl Thranduil wie auch seinem jüngsten Sohn das Herz brechen!
Galadriels Worte fielen ihm wieder ein. 'Du weißt wie ich um die Dunkelheit, die sich wieder erhebt. Bald schon werden wir aus dieser für uns immer unwirklicher werdenden Welt gewichen sein und dann wird Mittelerde zur Welt der Menschen. Ohne einen klugen, starken Führer wird sie ihnen jedoch nicht lange gehören...'
Elrond kannte seinen Ziehsohn gut genug, um zu wissen, dass dieser den Tod seines Freundes niemals würde verwinden können, denn er würde ihn dem eigenen Versagen zuschreiben. Starb Legolas, würde das Schuldgefühl verhindern, dass aus Aragorn der starke Führer wurde, der er sein musste, um den Schatten Saurons zu besiegen. Das Schicksal von Mittelerde war dann so gut wie besiegelt!
***
Miro, der den ihm folgenden Aragorn eine Zeitlang durch das nun immer geringer werdende Markttreiben der Hauptstraße geführt hatte, beruhigte sich erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ihnen von Ilgats Haus an, wirklich niemand gefolgt war.
Am Rande des Unterviertels blieb er schließlich stehen. „Ich glaube, nun sind wir für eine Weile sicher."
Seine Augen huschten ein weiteres Mal über die Umgebung.
„Es war sehr unklug von Euch, Ilgat den Stein zu zeigen."
Aragorn musterte ihn, doch seine Miene ließ nicht erkennen, ob er Miros Besorgnis teilte. „Warum? Er wollte wissen, ob ich bezahlen kann, und ich habe ihm gezeigt, was er bekommt, wenn ich das Gesuchte habe."
Miro zuckte gleichmütig mit den Schultern. „Ihr müsst wissen, was Ihr tut. Mich braucht Ihr jetzt ja nicht mehr." Er wandte sich ab und es sah so aus, als wollte er Aragorn verlassen.
Der hielt ihn fest. „Wo willst du hin?"
Überrascht versuchte Miro Aragorns Hand abzuschütteln, doch dessen Griff lockerte sich nicht. Ärgerlich funkelte er ihn an. „Ich bin nicht Euer Leibeigener. Meine Schuldigkeit habe ich getan. Alles weitere ist nun Eure Angelegenheit. Ich für meinen Teil habe noch ein paar Dinge zu erledigen, und dabei brauche ich weder Euch noch Eure guten Ratschläge. Also lasst mich los!"
Langsam löste sich Aragorns Hand von Miros Arm und der entfernte sich sofort aus dessen Reichweite. Aragorn sah ihn dennoch fragend an. „Ich schulde dir noch ein Essen und die versprochene Bezahlung. Also komm mit mir ins Wirtshaus, in dem ich wohne. Die Wirtin sieht aus, als verstünde sie es, hervorragend zu kochen."
Miro schüttelte den Kopf. „Die Münzen nehme ich – ich habe sie mir verdient. Auf das Essen verzichte ich allerdings. In eurer Gesellschaft ist es mir jetzt zu gefährlich geworden..."
„Wie du willst."
Aragorn fischte die Münzen aus seinem Beutel und warf sie Miro zu, der sie mit der Geschicklichkeit eines guten Taschenspielers im Flug auffing und in einem kleinen Leinenbeutel verstaute, den er unter seinem Hemd um den Hals trug. Dann wandte er sich ein weiteres Mal zum Gehen.
„Wo finde ich dich, wenn ich dich brauche?" rief Aragorn ihm hinterher.
„Hoffentlich gar nicht!" Miro drehte sich nicht einmal mehr zu ihm um und verschwand gleich darauf in einer Seitengasse.
Aragorn sah noch einen Augenblick lang in die Richtung, in die er den Dieb hatte laufen sehen, dann zuckte er mit den Schultern. Miro hatte ihm gute Dienste geleistet, ihn sogar fast bis zu seiner Unterkunft geführt, doch weiteren Nutzen würde er aus seiner Anwesenheit vermutlich nicht ziehen können. Vielleicht war es wirklich besser, wenn sie sich nicht mehr begegneten.
Er drehte sich um und lief die Straße hinunter auf das Gasthaus zu, dessen Schild er in einiger Entfernung über einer Tür ausmachen konnte. In seinem kleinen Zimmer angekommen, warf er sich aufs Bett und starrte gedankenverloren an die Decke.
Wenn alles gut ging, hatte er in drei Tagen das Gegenmittel für Legolas und dann konnte er diese unwirtliche Stadt verlassen.
***
Im Laufschritt war Miro durch die verwinkelten Gassen der Unterstadt geeilt, bis das Gefühl, verfolgt zu werden, endlich abgeklungen war. Erst jetzt, weit weg von Ilgats Haus und diesem Fremden, der einen ebenso gefährlichen wie unerfahrenen Eindruck auf ihn gemacht hatte, gestattete der Dieb es sich, wieder ruhiger zu werden.
Und was hatte er sich nur dabei gedacht, ihn auch noch bei diesem Irrsinn zu begleiten? Das grenzte an Selbstmord! Er hätte den Fremden irgendwie loswerden und verschwinden müssen, als noch Zeit dazu war...
Miro bekam bei dem Gedanken, dass Assat davon Wind bekam, dass er, der kleine Dieb Mirodas, diesen Verrückten auch noch zu Ilgat begleitet hatte, eine dicke Gänsehaut. In diesem Fall war er so gut wie erledigt.
Ärgerlich stapfte Miro durch die Straßen. Man konnte doch nicht so einfach zu einem der windigsten Verbrecher dieser Stadt marschieren und ganz offen mit einem Edelstein winken, für den man diese ganze verfluchte Stadt kaufen konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass auch die wirklich gefährlichen Leute auf einen aufmerksam wurden. Das war so, als bettele man darum, überfallen und ermordet zu werden. Und genau das würde diesem Fremden geschehen.
All seine teuer aussehenden, kostbaren Waffen würden diesem Irren nicht helfen, wenn es Ilgat einfiel, seine beiden Handlanger auszuschicken und ihm in irgendeiner dunklen Ecke aufzulauern. Die zwei waren Meister, wenn es darum ging, jemanden in einen für ihn aussichtslosen Hinterhalt zu locken. Oder – was noch schlimmer war – von einem auf den anderen Moment würde Aragorn spurlos verschwinden, und nur Assat würde wissen, was aus dem seltsamen Mann mit dem märchenhaft großen Edelstein geworden war. Assat hatte einen 6. Sinn für solche Dinge.
Assat...
Es war sicher nur noch eine Frage der Zeit, bis Assat von Aragorn und dem Edelstein erfuhr. Und dann würde er auch von Miros Rolle bei dieser Sache erfahren, und dann...
Die aufkommende Panik ließ Miros Gedanken wild durcheinander wirbeln, bis urplötzlich nur noch einer da war, der alle anderen überlagerte.
'Wenn Assat sowieso von allem erfährt, dann ist es am besten für mich, dass ich derjenige bin, der es ihm erzählt. Das rettet mir vielleicht das Leben und verschafft mir möglicherweise sogar einen Platz unter seinen Leuten...'
Miro blieb stehen.
In ihm tobte der Widerstreit zwischen dem seltsam unbequemen Wissen, dass der Fremde nach einem Gegenmittel für einen vergifteten Elben suchte, und der alles andere überdeckenden Furcht, auf Assats Befehl hin spurlos zu verschwinden. 'Ich habe nur so lange in Ardaneh überlebt, weil ich gelernt habe, gegen jedes Mitgefühl hin zu handeln. Nur wer für sich selbst kämpft, überlebt auch. Außerdem suchte der Fremde doch den Kontakt mit Assat! Also würde er dafür sorgen, dass Assat rechtzeitig Wind von der Sache bekam. Tut mir leid, Fremder, wer auch immer du bist...'
Miro wusste, wie er Kontakt zu Assat aufnehmen konnte. Sein Entschluss stand fest. Er wandte sich um und ging in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
***
Miro stand zögernd in dem Raum, in den man ihn geführt hatte. Er war groß, obwohl das Haus, in dem sich Assats ständig wechselndes Hauptquartier befand, von außen keinen so geräumigen Eindruck gemacht hatte. Die Wände waren mit hellen Stoffen verkleidet, was den Raum freundlicher wirken ließ. Nichts desto trotz ließ allein Assats Präsenz Miro den Atem anhalten. Er war Assat noch nie persönlich begegnet. Miro kannte nur Beschreibungen von ihm und natürlich all die Schreckensgeschichten, die man sich von ihm und seiner Vorgehensweise gegenüber möglichen Konkurrenten erzählte.
Als Miro nun den Blick hob und den Mann am anderen Ende des Raumes betrachtete, musste er zugeben, dass man auf der Straße nicht übertrieben hatte.
Assat war groß und kräftig gebaut. Er war einen Kopf größer als Miro und seine enganliegende dunkle Kleidung betonte jeden Muskel seines Körpers. Er hatte schwarze Haare, die ihm bis zur Schulter reichten und hellblaue Augen, die in einem ungewöhnlichen Kontrast zu seiner sonst recht dunklen Aura standen, die ihn umgab.
Miro versuchte, sich seine Furcht nicht anmerken zu lassen, hob das Kinn und schob mutig seine Schultern nach hinten, als Assat auf ihn zukam.
Dieser musterte die abgerissene Gestalt des vor ihm stehenden Jungen und erkannte die Furcht in seinen Augen sofort. Er hatte sie oft genug in seinem Leben bei seinem Gegenüber gesehen.
‚So viele Verbrechen, wie mir zugeschrieben werden, könnte ich gar nicht begangen haben.'
Assat umrundete Miro wie ein Raubtier es bei seiner Beute tat. Jedenfalls kam es dem kleinen Dieb so vor. Miro fühlte sich wie das Kaninchen vor der Schlange: unfähig, sich zu rühren oder der Gefahr auszuweichen.
Nach endlosen Minuten hatte Assat seine Musterung vollendet und ging ein wenig auf Abstand. Er schmunzelte, als er den erstarrten Ausdruck auf Miros Gesicht sah, der jeder seiner Bewegungen mit den Augen gefolgt war.
‚Eigentlich bräuchte ich jetzt bloß –Buh- rufen und der Kleine würde schreiend weglaufen.' Assat seufzte. ‚Manchmal hasse ich das Bild, das ich von mir verbreiten ließ.'
„Du heißt Mirodas, richtig?" fragte er und setzte sich.
Miros Hals fühlte sich trocken und kratzig an. Er schluckte und brachte gerade mal ein krächziges „Ja!" heraus.
„Na, dann erzähl mir doch mal, was Du mir so Interessantes zu berichten hast!"
***
Assat sah zu, wie der mit einem kleinen Beutel Münzen belohnte Junge nun mit einem um einiges leichteren Schritt den Raum wieder verließ. Die Informationen, die der kleine Dieb ihm gegeben hatte, hatten sich als sehr interessant erwiesen.
Es gab also einen Fremden in der Stadt, der einen großen Edelstein als Preis für gewisse Leistungen anbot. Konnte er da vielleicht ein Geschäft machen? In letzter Zeit ließen die Geschäfte, die er machte, zu wünschen übrig. Er langweilte sich und er brauchte endlich wieder eine richtige Herausforderung. Es würde ihm nicht schwer fallen, das Geschäft, das der Fremde zu tätigen wünschte, für sich an Land zu ziehen. Ilgat war keine Konkurrenz für ihn. Er hasste diesen kleinen dicken Mann, auf dessen Kleidung sich permanent Fettflecken breit machten, weil er sich eigentlich nur mit Essen beschäftigte.
Assat konnte Männer, die sich körperlich gehen ließen, nicht ausstehen. Aus diesem Grund waren seine Leibwächter auch von ihm persönlich ausgesuchte, muskulöse, ansehnliche Männer.
Wie aufs Stichwort betrat plötzlich einer seiner Leute den Raum und informierte ihn darüber, dass Ilgat ihn zu sprechen wünschte.
Nur widerwillig wies Assat seinen Leibwächter an, den schmierigen kleinen Ganoven zu ihm zu bringen.
Wenige Minuten später betrat Ilgat das Zimmer. Neugierige kleine Augen wieselten blitzschnell durch den Raum, während er eine tiefe Verbeugung vor Assat machte. Auf Ilgats Stirn glänzte ein Schweißfilm und sein Atem ging keuchend.
„Bester Assat, wir haben uns lange nicht mehr gesehen," säuselte Ilgat und grinste ihn übers ganze Gesicht an.
„Es bestand auch keine Notwendigkeit dazu, Ilgat." Assat setzte sich in einen großen Sessel an der Wand, der fast wie ein Thron wirkte, und starrte Ilgat emotionslos an. „Was bringt dich zu mir?"
„Nun..."
Ilgat trat ein Stück näher, ohne sich jedoch ganz aufzurichten. Seine gebückte Haltung rief bei Assat ein Gefühl der Übelkeit hervor. Er bevorzugte Männer mit Rückgrat und einem gewissen Gefühl für den Ehrenkodex. Ilgat besaß von beidem nichts. Er war ein mieser kleiner Gauner, der für seinen eigenen Vorteil über Leichen gehen würde – auch über die seiner Partner, wenn er welche gehabt hätte.
„Ich habe einen Kunden, der etwas braucht, das ich gerade nicht auf Lager habe. Ich dachte mir, wir könnten vielleicht beide an diesem Geschäft verdienen. Ich bringe den Kunden und du die Ware, die er braucht. Wir könnten uns den Gewinn teilen."
Assat ließ sich nicht anmerken, wie viel er schon von diesem Geschäft wusste. „Wie groß ist der Gewinn, den ich dabei machen könnte?"
Ilgat überlegte, welche Summe er Assat nennen konnte, die ihn zufrieden stellen würde. „Es wären 50 Münzen für dich drin!"
Assat musste sich beherrschen, um Ilgat nicht an die Kehle zu gehen. Wie konnte er es wagen, ihn übers Ohr hauen zu wollen? Nach dem zu urteilen, was ihm Miro über die Größe des Edelsteins erzählt hatte, war er mindestens das Zehnfache wert.
Er stand langsam auf und ging auf Ilgat zu. Schließlich blieb er dicht vor diesem stehen und beugte sich leicht zu ihm hinunter.
„Ich bin nicht interessiert!" zischte er und betonte jedes einzelne Wort.
„Aber..." wollte Ilgat einwenden, doch Assat kam ihm zuvor und eine riesige Hand legte sich um seine Kehle.
„Ich warne dich, Ilgat. Versuche nicht noch einmal, mich zu hintergehen. Der Fremde wird das Geschäft mit mir machen! Wenn ich dich noch einmal in seiner Nähe sehe, wirst du das letzte Mal die stinkende Luft dieser Stadt geatmet haben."
Mit diesen Worten ließ er Ilgat los. Dieser schnappte keuchend nach Luft und trat langsam den Rückzug an. Er versuchte noch, sich zu entschuldigen, doch Assat winkte ab und seine Männer, die in der Tür erschienen waren, schleiften ihn nach draußen auf die Straße.
***
Es war der zwar dumpfe, aber nicht zu ignorierende bohrende Schmerz in seiner Schulter, der den Elbenprinzen aus den traumlosen Tiefen des Vergessens holte. Ein unbewusster Reflex wollte ihn dazu bringen, den Kopf zu drehen und sich die Quelle des Schmerzes anzusehen, doch noch ehe er den entsprechenden Versuch unternehmen konnte, setzte die Erinnerung wieder ein.
'Ach ja, richtig, meine Schulter...' Der Gedanke zerfaserte so schnell, wie er gekommen war, und ließ nur ein Gefühl der Benommenheit und Orientierungslosigkeit zurück.
Als hätte er die Augen aufgeschlagen, setzte sein Sehvermögen wieder ein, und das erste, das Legolas erblickte, war der kleine Ausschnitt des wolkenlos blauen Himmels, der durch die Öffnung im Pavillondach für ihn sichtbar war und die Zweige des Baumes über ihm, die sich leicht im Wind bewegten.
Es war diese Mischung aus Blau und Grün, das ihn in seiner Vergangenheit selbst in den schlimmsten Situationen zu trösten vermocht hatte und das ihn sich nun nur noch eines wünschen ließ: einfach die Augen schließen zu können, um sich so diesem unveränderlichen Anblick zu entziehen und sich in eine nur seinem Verstand zugängliche Form der Freiheit zurück zu ziehen. Das jedoch vermochte er nur, indem er sich dem Vergessen des Schlafes überließ, der ihn in immer kürzer werden Abständen zu ereilen schien.
'Schenk mir Vergessen, Ilúvatar. Ich will wieder einschlafen...'
Doch sein flehentliches Bitten blieb unerhört, und so musste Legolas es hilflos hinnehmen, dass sein schmerzender, erschöpfter Körper von seinem Verstand an alles erinnert wurde. An alles, außer an die Zeitspanne, die seit seiner letzten Wachphase vergangen war. Er hatte keine Vorstellung davon, wie spät es war oder welchen Tag man in Mittelerde schrieb, ob sein Zustand schon Wochen, Monate oder schon Jahre anhielt. Längst war ihm jedes Zeitgefühl abhanden gekommen.
'Wie lange habe ich geschlafen? Habe ich überhaupt geschlafen? Und wo ist Lady Galadriel? Sie würde es mir sagen? Hat nun auch sie mich allein zurückgelassen?'
Dieser Gedanke schmerzte ihn fast noch mehr als die Tatsache, dass sein Vater sich seit jenem schicksalhaften Tag seiner Liegestatt nicht mehr genähert hatte. Zu Anfang hatte Legolas noch aufmerksam den Geräuschen in seiner Umgebung gelauscht und so manches Mal gemeint, seine Schritte in der Nähe zu vernehmen, doch nie war es Thranduils Gesicht gewesen, das sich in sein Blickfeld geschoben hatte. Diener, Heiler, später auch Lady Galadriel, doch nie war es das Antlitz seines Vaters gewesen.
Hoffnung hatte sich mit Angst gemischt, und es hatte ihn viel Kraft gekostet, beides im Zaum zu halten. Irgendwann jedoch hatte Legolas nicht mehr daran geglaubt, seinen Vater noch einmal sehen zu können. In diesem Moment hatte er sich zum allerersten Mal in seinem langen Leben unendlich verlassen gefühlt und bewusst über jene Frage nachgedacht, die sich ihm seither immer häufiger stellte: 'Wofür? Wofür soll ich an diesem Leben festhalten, in dem nicht einmal mehr mein Vater einen Platz für mich zu sehen scheint?'
Lady Galadriels Anwesenheit und ihre Erzählungen waren ihm zwar ein Trost gewesen und hatten ihm das Gefühl vermittelt, dass man sich seiner doch noch erinnerte, doch all ihre Worte, all ihr Mitgefühl hatten nie die Leere in ihm ausfüllen können, die nur sein Vater zu füllen imstande gewesen wäre.
'Und nun ist auch sie fort, so wie alle. Wie Aragorn...'
Der Gedanke an den Freund schmerzte Legolas.
'Ich wünschte, du könntest mich hören, mein Freund...' Auch wenn Legolas wusste, dass Aragorn nicht über die Fähigkeit der Gedankenverständigung verfügte, hoffte etwas in ihm, dass der Mensch trotzdem irgendwie spüren würde, was er ihm mitteilen wollte. 'Du hättest mich nicht verlassen, wenn man dich nicht fortgeschickt hätte. Ich weiß, du versuchst bestimmt alles, aber brich die Suche ab. Es gibt nichts, das mir noch helfen kann... Komm wenigstens du zu mir zurück, damit ich mich noch von dir verabschieden kann, bevor...'
Er wollte den Gedanken noch nicht zu Ende denken, doch wider Erwarten ließ er ihn auch nicht mehr los.
'Warum mache ich mir etwas vor? Ich kann es genauso gut auch zu Ende denken: Bevor ich sterbe.'
Nun, wo Legolas es zum ersten Mal bis zum Schluss formuliert hatte, stellte er erstaunt fest, dass längst nicht jener Schrecken daran haftete, den er bisher darin gesehen hatte.
'Sterben?' Er konzentrierte sich auf dieses Wort, betrachtete es, wie man sonst einen Gegenstand betrachtete, bis sein Verstand schließlich sogar Gefallen daran zu finden schien. 'Ja, sterben... Nie mehr diesen Schmerzen, diesem schleichenden Verfall ausgeliefert sein, kein Gefangener mehr des eigenen Körpers und verlassen von allen... Nur noch schlafen und träumen und vergessen und vergehen... Vergehen...'
Es war, als hätte Legolas eine Antwort gefunden, von der er gar nicht gewusst hatte, dass er nach ihr suchte. Beinahe wohltuende Ruhe ging von der Vorstellung aus, das Leiden, die Hoffnungslosigkeit und selbst den Kummer der anderen für immer beenden zu können.
Als hätte es nur dieses einen Gedankens bedurft, glaubte der Elbenprinz plötzlich genau zu wissen, was er tun musste, um sterben zu können.
Sein Blick, wie stets reglos an die Bläue des Frühherbsthimmels gebannt, verlor sich ein letztes Mal in dieser Farbe, die er auf seine Reise in die Hallen von Mandos mitnehmen zu können hoffte. Das Zwitschern unbekümmerter Vögel klang so rein und kristallen, wie er es noch nie zuvor gehört zu haben meinte, und das Streicheln des Windes auf seinem Antlitz glich plötzlich einer sanften, lächelnden Verabschiedung.
Für Legolas war der Tod kein drohender Schatten mehr.
Für ihn war er wie die Umarmung einer geliebten Person am Abend eines viel zu langen Tages, eine Umarmung, die man sich in den schwersten Augenblicken erträumte und in der man verloren ging, wenn man sie dann endlich empfangen durfte.
Der Kummer über die Ablehnung seines Vaters und die Entkräftung durch den langen, immer aussichtsloseren Kampf gegen den Verfall seines Körpers, die sein Herz wie metallene Fesseln zusammengepresst hatten, fielen schlagartig von ihm ab. Keine Fragen bedrängten mehr seinen Geist, kein Verlangen wartete mehr darauf, gestillt zu werden.
Keines, außer einem...
Legolas konnte die Augen zwar nicht schließen, doch nichts versagte es ihm, den Blick nach innen, tief in sich hinein, zu richten. Dort, über allen Gedanken und Empfindungen, spürte er eine neue Schwärze in sich wachsen. Diese Schwärze hatte nichts mit Schlaf oder Entkräftung zu tun. Es war das Schwarz, das auch den letzten Traum auslöschte, wenn man sich gestattete, darin einzutauchen.
Mit einem allerletzten, verabschiedenden Gedanken an alle, die um ihn trauern würden, wandte sich Legolas' Geist dieser Todesschwärze zu. Das Blau des Himmels vor seinen Augen verschwamm, die Geräusche verstummten, die Empfindungen erstarben. Nur Endlosigkeit war noch da. Legolas begann auf jene Grenzenlosigkeit zuzutreiben und ließ es zu, dass die Dunkelheit ihn schließlich einhüllte.
***
wird fortgesetzt
***Kadda: Du hast den Instinkt eines
richtig guten Angst-Autors. Deine Vermutung hinsichtlich Legolas haben wir
natürlich auch sofort im Hinterkopf gehabt. Also sind nicht nur die Autorinnen
mies zu dem Elben, sondern auch die Leser! Als ob wir das nicht schon geahnt
hätten! Und keine Sorge, was die beiden Wachen von Ilgat angeht. Denen wird
schon noch der Hintern versohlt!
***Stoffpferd: Tja, man muss sich immer ein paar Wege im Plot offen lassen,
sonst endet es schnell in einer Sackgasse! Der Dank für die tollen
Verhandlungsdialoge geht an Salara. Sie ist die Diplomatin unter uns! *g*
***BlackPearl: Tja, woher weiß Aragorn, dass das
Gegengift wirkt??? Diese Frage wird er sich dann wohl auch stellen, wenn es
soweit ist. Aber hat er eine andere Wahl? Lass dich überraschen!
***Atlantis: Okay, der neue Gegenspieler ist vielleicht etwas unerwartet
aufgetaucht, aber er musste sein, damit Legolas es doch nicht ganz so einfach
hat und nur schlafend auf seinen Helden zu warten braucht... Na, warte einfach
auf die nächsten Kapitel!
***Asahi: Ganz so einfach wird es für Aragorn
natürlich nicht, das Gegenmittel zu bekommen. Seine (und des Lesers) Geduld
wird noch ein wenig auf die Probe gestellt!!!
***BlackAngelGirl: Klar werden wir schön brav weiterschreiben.
Wir müssen es sogar, weil wir ganz wild darauf sind, endlich die 3. Story
anzufangen. Uns ist da was eingefallen, was uns ganz unruhig werden ließ. Es
will unbedingt raus und geschrieben werden...
***Dragon-of-the-north: Tja, es gibt nicht nur gute,
nette Elben, sondern auch solche, deren Gedankengänge etwas schwerer
nachzuvollziehen sind. Hoffentlich nimmst du uns unsere Hintergrundgeschichte
ab. Wart's ab! *g*
***Kaeera: Wie kann man unserem Lieblingselben
so etwas antun? Ganz einfach! Neid! Der pure Neid auf seine Anmut, seine
Stärke, seine blauen Augen, seinen scharfen Blick..............
***Lady-of-Gondor: Danke, dass wir dich süchtig
machen durften *knuddel*. Bei uns gibt es aber
hoffentlich keine Risiken und Nebenwirkungen oder? Okay, abgeknabberte
Fingernägel und ein leichtes Zittern die Woche über wurden uns von
verschiedenen Seiten ja schon herangetragen. Aber sonst noch was?! *g* Wir
hoffen auch, dass uns die HdR-Begeisterung noch gaaaaaanz lange erhalten bleibt. Aber mal ehrlich: Was soll
so einem genialen Fantasy-Universum auch nur
annähernd das Wasser reichen können???
***Nili: Du bist einfach genial! Ganz ehrlich! Du
hast uns mal wieder auf eine Wendung in unserer Geschichte gebracht, die wir so
eigentlich nicht geplant hatten. Dafür danken wir dir und fallen ehrfürchtig
vor so einem ansteckend kreativen Geist auf die Knie! *knirsch, autsch –
Salara: Warum müssen wir das eigentlich tun? ManuKu:
Frag nicht, tue es einfach! Man kann nie wissen, was der Frau als nächstes
einfällt!*
***Feanil: Neue Charaktere zu entwickeln ist wirklich
nicht einfach. Man weiß nie so wirklich, wie sie bei den Lesern ankommen! Wir
haben unseren Job also offensichtlich gut gemacht und da fällt uns wirklich ein
Stein vom Herzen!
