### Ist heute schon Samstag? Wirklich?? Ganz ehrlich??? Es tut mir leid, ich bin wieder mal furchtbar spät dran. Salara wird mir die Ohren lang ziehen! *g*

### Ein ganz dickes Danke für all die lieben Reviews! Und damit wir Euch nicht noch länger warten lassen, wird heute ohne persönliche Bemerkungen zu den einzelnen Reviews ein Update geladen!

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Hauch des Lebens

von:
ManuKu und Salara

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~TEIL 8~

Galadriel kehrte nach ihrem Gespräch mit Elrond in den Garten zurück. In Gedanken beschäftigte sie sich mit der Frage, wieso sie Legolas' Verfall nicht mehr aufhalten konnte. Was war seit ihrer Ankunft geschehen, was ihren Augen entgangen?

Tief in Gedanken versunken kehrte sie an Legolas' Lager zurück und lauschte dem Rauschen der Bäume. Es klang hier anders als in Bruchtal oder Lórien. Es klang irgendwie ... jünger. Vielleicht, mutmaßte die Elbin, lag es daran, dass diese Bäume immer wieder Besucher in diesem Garten wandeln sahen, die ihnen andere Geschichten als die elbischen erzählten. Die Bäume Lóriens sahen dagegen nur selten Fremde unter ihren Zweigen.

Galadriel hatte Legolas inzwischen erreicht, doch etwas war nun anders. Sie runzelte die Stirn. Bevor sie gegangen war, um mit Elrond zu reden, hatte der Prinz geschlafen. Doch jetzt schlief er nicht mehr. Es lag ein dunkler Schatten über seiner Gestalt, der das Licht aus jeder seiner Adern zu ziehen schien. Einen Moment später begriff sie und es kam einem Schock gleich.

Es war der Schatten des Todes, der sich um den Prinzen von Düsterwald zu legen begonnen hatte. Elben bekamen diese ganz besondere Dunkelheit nur selten zu sehen und selbst Galadriel hatte sie in ihrem langen Leben noch nicht oft sehen müssen.

„Nein, noch nicht." Beunruhigt legte Galadriel ihre Hände an Legolas' Schläfen. 'Das darf nicht geschehen. Er spielt noch eine Rolle in den zukünftigen Geschehnissen in Mittelerde. Er darf nicht gehen...' Mit aller Kraft zwang sie ihre Gedanken zur Ruhe, ehe sie eine Verbindung zu ihm suchte.

‚Legolas?' Galadriel lauschte angestrengt, doch der Prinz gab ihr keine Antwort. Stattdessen spürte sie, wie sein Blut unter ihren Händen schneller und schneller durch die Adern floss und sein Atem sich beschleunigte, als stünde er unter starker Belastung. Er war noch nicht tot, doch das Licht der Lebenden verließ ihn schnell.

‚Er steht auf der Schwelle zum Übergang,' Betroffen sah sie zu Legolas hinab, dessen Gestalt nun jedes Zeichen seiner einstigen Energie vermissen ließ.

Während Galadriel weiter in Gedanken Legolas' Namen rief und nach seiner Seele Ausschau hielt, spürte sie, wie er ihr immer rascher entglitt. Selbst all ihre Macht, gesammelt in Jahrtausenden, konnte ihn nun kaum noch an diese Welt binden. So mächtig sie war, hier half doch nur noch die Macht des Blutes. Nur ein Wesen war jetzt noch stark genug, ihn an dieses Leben zu binden, ihn hierher zurück zu holen.

Galadriel verschwendete keinen weiteren Augenblick,  sondern verließ Legolas' Lager, um so schnell wie möglich König Thranduil zu finden.

***

Thranduil saß in seinen privaten Gemächern und lauschte den Ausführungen des Patrouillenführers, der ihm vom weiteren Vordringen des schwarzen Getiers berichtete. Es kostete ihn jedoch Mühe, bei der Sache zu bleiben. Noch vor wenigen Tagen hatte ihn die schnelle Zunahme der Spinnennester in Düsterwalds Weiten so besorgt, dass er mit seinem Sohn über geeignete Verteidigungen sprechen wollte, doch dann hatte ein einziger Augenblick, ein einziger Pfeil alles auf so furchtbare Weise verändert.

'Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Es war mein Schicksal, nicht deines, mein Sohn...'

„...und nur die befestigteren Pfade sind jetzt noch sicher. Wir müssen schnell etwas unternehmen, sonst sind wir in wenigen Monaten bald auf allen Seiten von diesen Scheusalen umgeben, Majestät."

Der König reagierte jedoch nicht. Der Patrouillenführer trat stirnrunzelnd einen Schritt näher. „Mein König?"

Thranduil zuckte zusammen. Sein Blick traf den vor ihm stehenden Elben. „Verzeiht, ich war unaufmerksam. Was sagtet Ihr?"

Dieser ahnte, was den König beschäftigte, doch so groß sein Mitgefühl für den leidenden Vater auch war – die unmittelbare Bedrohung der einst lichten Wälder Düsterwalds erforderte baldige Maßnahmen.

„Ich sagte..."

Der Elbe verstummte überraschte, als sich in diesem Augenblick hinter ihm die Tür öffnete und Galadriels Gestalt aus dem Zwielicht des Flurs in den Raum trat. Ehrerbietig verneigte er sich vor der Herrin des Goldenen Waldes, doch deren Blick ging zu Thranduil, der angesichts des Ernstes ihrer Züge sichtbar erbleichte und sich dann erhob.

„Welche Neuigkeiten bringt Ihr mir, Herrin?"

„Keine Guten, fürchte ich." Ihr Blick wanderte zum Patrouillenführer, der unbewusst zur Seite getreten war. „Lasst uns allein!"

Etwas in ihrer Stimme sagte ihm, dass es besser war, wenn er ihrem Befehl Folge leistete, und so verließ er nach einer letzten Verbeugung Thranduils Privatgemächer.

Dieser wartete mit mühsam gezügelter Ungeduld, bis sich die Tür wieder geschlossen hatte, dann sah er Galadriel an. „Welche Nachricht bringt Ihr von meinem Sohn? Hat sich sein Zustand verändert?"

„Euer Sohn stirbt!"

Galadriels Stimme erklang leise und ruhig im Raum, so als würde sie dem König eine absolut belanglose Information mitteilen. Doch Thranduil kam es vor, als hätte sie ihm mit all ihrer Macht einen Stoß versetzt, wie er ihn nur im Kampf erwarten würde. Er taumelte ein paar Schritte zurück und rang nach Atem.

„Nein..." flüsterte er fast tonlos und schloss voll innerer Pein die Augen.

„Wagt es ja nicht!" Galadriels Stimme wurde lauter, als sie auf den König zuging, der gerade dabei war, wieder in seinem Ich-bezogenen Gram zu versinken.

„Wagt es ja nicht, vor dem Schicksal Eures Sohnes die Augen zu verschließen. Ihr habt vielleicht schon alle Hoffnung aus Eurem Herzen verbannt und Euren Sohn – ohne es zugeben zu wollen – für tot erklärt. Doch in seinem Herzen seid Ihr noch lebendig. Euer Verhalten schmerzt ihn. Er kann nicht verstehen, dass Ihr es vermeidet, ihm gegenüber zu treten!"

Galadriel kam mit jedem Wort dichter auf Thranduil zu, der sie nun mit weit aufgerissenen Augen anschaute, als würde er eine Erscheinung sehen. Für seine Augen war Galadriel plötzlich von einer hellen und doch gefährlichen Aura umgeben, die ihn erstarren ließ.

„Wie könnt Ihr es wagen, Euch Vater zu nennen, wenn Ihr Euren Sohn in der größten Not allein lasst?"

Galadriels Gesicht nahm von einem Augenblick zum anderen wieder einen weichen, traurigen Ausdruck an, als täte ihr der Wutausbruch plötzlich leid.

„Habt Ihr, Thranduil von Düsterwald, denn vergessen, wie wichtig es ist, die Personen, die man liebt, um sich zu haben, wenn man geschwächt und fast im Übergang begriffen ist? Habt Ihr den Tod Eurer Frau so leichtfertig aus Eurem Gedächtnis verbannt?"

Thranduil fiel voller Scham vor Galadriel auf die Knie. Er senkte den Kopf und Tränen füllten seine Augen. „Vergebt mir!"

„Mich müsst Ihr nicht um Vergebung bitten," sagte sie, beugte sich zu ihm hinab und legte ihm eine Hand unters Kinn. So federleicht ihre Berührung war, zwang sie ihn doch, den Blick zu heben.

„Euer Sohn braucht Euch," sagte sie eindringlich. „Helft ihm, in dieses Leben zurück zu finden. Lasst ihn die Hallen von Mandos vergessen!"

„Was soll ich ihm sagen?" fragte Thranduil unsicher. Er erkannte plötzlich, wie grausam sein Verhalten gegenüber Legolas gewesen war. Wie sollte er ihm jetzt vor die Augen treten, wo er es vorher schon nicht gekonnt hatte?

Galadriel lächelte, als sie die Unsicherheit des Elben spürte. „Lasst Euer Herz sprechen. Lauscht in Euch hinein und ihr werdet die richtigen Worte finden! Er ist Euer Sohn. Kinder können viel verzeihen, wenn man ihnen die Gelegenheit gibt, zu verstehen!"

„Ich danke Euch, Lady Galadriel." Thranduil stand auf und verbeugte sich leicht vor der älteren Elbin.

„Dankt mir nicht." Sie hob abwehrend die Hand. „Noch ist nichts erreicht. Ihr müsst mit mir kommen. Jetzt! Nur Eure Kraft kann Euren Sohn dazu bewegen, zu uns zurückzukehren."

Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte sie sich um und ging. Sie musste nicht zurückschauen, um zu wissen, dass Thranduil ihr einen Herzschlag später folgte.

***

Nächtliche Stille hatte sich über Ardaneh gelegt und die Menschen in den umliegenden Häusern waren längst zur Ruhe gegangen.

Für die beiden Gestalten, die sich schnell und zielsicher durch die verwaisten Gassen bewegten, bot die Dunkelheit jedoch die beste Gewähr, ihren Auftrag unauffällig zu erledigen. Das Rascheln der Ratten in dem am Wegesrand liegenden Unrat nicht beachtend, eilten sie durch das Gassengewirr der Unterstadt, bis das von ihnen gesuchte Gasthaus vor ihnen auftauchte.

Sie waren beinahe am Ziel.

Es dauerte nur Augenblicke, bis die erfahrenen Taschendiebe das stabil wirkende Schloss geöffnet hatten und die hölzerne Vordertür des Gasthauses leise quietschend vor ihnen aufschwang. Lautlos durchquerten sie den schmalen Flur und waren eben im Begriff, eine ins Obergeschoss führende Treppe zu erklimmen, als sich auf der linken Seite eine Tür öffnete. Die Umrisse der Wirtin wurden im Türrahmen sichtbar. Misstrauisch hielt sie mit einer Hand eine flackernde Kerze empor, während die andere den dicken, gewebten Schal, der über dem Nachtgewand um ihre Schultern lag, zusammenhielt.

„Was wollt ihr?" fragte sie barsch und mit einer gehörigen Portion Mut, schließlich hieß es, den guten Ruf ihres Gasthauses zu schützen und dazu gehörte, selbst Diebe in die Flucht zu schlagen, wenn es ihr möglich war.

Die beiden Eindringlinge blieben kurz stehen, dann trat einer der zwei schweigend auf die Wirtin zu. Deren Empörung über den nächtlichen Einbruch verwandelte sich schlagartig in blanke Furcht, als das schwache Kerzenlicht auf seinem Handrücken ein Brandzeichen enthüllte, das die Form einer Schlange aufwies.

Die Wirtin prallte zurück. Sie wusste nur zu gut, zu wem dieses Brandmal gehörte. „Was... was wollt ihr von mir?"

„Von dir nichts." Der Mann sah kurz die Treppe empor. 'Wozu geräuschvoll suchen und unnötig Aufmerksamkeit erregen, wenn man auch fragen kann?' „Der Fremde, der heute Mittag hier abgestiegen ist... Wo finden wir ihn?"

„Ich habe ihm das hintere Zimmer gegeben..."

„Gut." Der Mann nickte. „Du hast nichts gesehen, sondern fest geschlafen. Die ganze Nacht hindurch, verstehst du? Bis zum hellen Morgen..."

„J...ja, sicher...," stammelte die Wirtin und schloss, ohne eine weitere Aufforderung abzuwarten, die Tür. Guter Ruf hin oder her, sie wollte noch ein wenig länger leben.

Der Mann wandte sich seinem Gefährten zu. „Nach oben."

***

Ein Zwielicht umgab Aragorn, wie man es nur in den kurzen Momenten zwischen Tag und Nacht erleben konnte, doch anders als jene schnell vergehenden Augenblicke blieb dieses schemenhafte Grau bestehen. Es war gerade hell genug, um alles ihn Umgebende deutlich zu erkennen, doch zu verschwommen, um das Gefühl der Beunruhigung zu verlieren, das seine Gedanken nicht zur Ruhe kommen ließ.

Aragorn sah sich um.

Er stand in einem Garten. Büsche schmiegten sich an alte Bäume und Bänke luden auf verschlungenen Wegen zum Verweilen ein.

'Diesen Garten kenne ich,' schoss es Aragorn flüchtig durch den Sinn, doch er erkannte ihn erst wieder, als die Umrisse eines Pavillons aus dem Zwielicht hervortraten. 'Das ist der Garten im Schloss von Legolas' Vater.'

Die Frage, wie er an diesen Ort gekommen war, stellte sich Aragorn gar nicht, als er den Weg entlang zu laufen begann, der ihn zu jenem Pavillon führen würde.

Er konnte die Liegestatt seines Freundes bereits ausmachen, als die Szenerie sich vor seinen Augen veränderte. Irritiert blieb Aragorn stehen, denn der Pavillon und alles, was sich darunter befunden hatte, verschwand und machte einer einsamen Gestalt Platz, die stattdessen nun reglos an diesem Ort stand.

Es dauerte einige Momente, bis er erkannte, um wen es sich handelte.

„Legolas..." Freudig setzte er sich wieder in Bewegung, doch der Elbe rührte sich nicht und hielt den Blick auf den Boden gerichtet.

'Hat er mich nicht gehört? Er muss mich doch sehen!'

Aragorn runzelte die Stirn und erhöhte das Tempo, doch seltsamerweise schien er sich Legolas nicht zu nähern.

„Legolas, ich bin zurück. Legolas..."

Alles Rufen schien nutzlos, und auch sein verzweifeltes Laufen schien ihn seinem Freund nicht näher zu bringen.

'Was ist hier nur los?'

Noch während Aragorn sich vergeblich den Kopf darüber zerbrach, senkte sich ein furchteinflößender Schatten auf die Gestalt seines Freundes hinab, der sich noch immer nicht rührte.

„Legolas!"

Seine verzweifelten Rufe schienen den Elbenprinzen endlich zu erreichen, denn dessen blaue Augen richteten sich auf Aragorn und eine Hand streckte sich dem Menschen entgegen. Zur gleichen Zeit woben sich die ersten dunklen Tentakel des Schattens um die schmale Gestalt des Elben, der jedoch nichts davon zu bemerken schien.

„Legolas, pass auf!"

Vergebens versuchte Aragorn den Freund zu erreichen. Obwohl er sich dem Elben endlich näherte, würde er dennoch nicht schnell genug da sein, um ihn dem Griff der bedrohlich wirkenden Dunkelheit zu entziehen.

Erneut wollte Aragorn ihn warnen, doch noch ehe er ein Wort hervorbringen konnte, öffnete Legolas den Mund. Aragorn konnte sehen, dass sein Freund ihm etwas zurief, doch kein Ton drang an sein Ohr.

Inzwischen hatte er sich Legolas bis auf wenige Meter nähern können.

Dem Elben schien es überhaupt nicht aufzufallen, dass nun beinahe seine gesamte Gestalt vom Schatten umhüllt war. Vielmehr formte er unablässig Worte, von denen jedoch keines an Aragorns Ohren drang.

Ohne auf den Weg zu achten versuchte dieser verzweifelt zu verstehen, was sein Freund ihm mitteilen wollte. Schließlich gelang es ihm, zwei Worte von seinen Lippen zu lesen: „Leb wohl..."

„Nein!!!"

Mit einer übermächtigen Kraftanstrengung schnellte Aragorn vorwärts, auf Legolas zu – und kam dennoch nicht rechtzeitig.

Hilflos musste er mitansehen, wie sich der letzte Schattententakel über Legolas' Antlitz legte und sich dessen Lider langsam zu schließen begannen.

„Legolas, nein, sieh mich an! Ich bin fast da. Halt' durch..."

Es war umsonst.

Legolas schloss die Augen, und tief in seiner Seele wusste Aragorn, dass sie sich nie wieder öffnen würden. Eine ungekannte, intensive Verzweiflung bemächtigte sich des Menschen.

„Neeeiiinnn..."

Keuchend richtete Aragorn sich auf, noch ganz in seinem Alptraum gefangen. Es dauerte einige Augenblicke, bis er registrierte, dass er nicht allein im Zimmer war.

Am Fußende seines Bettes standen zwei ihm unbekannte Männer, die sich so postiert hatten, dass es ihm unmöglich war, an die zuvor abgelegten Waffen zu gelangen.

'Nun, ohne Kampf lasse ich mich jedenfalls nicht ausrauben!' Entschlossen, sich bis zum Schluss so gut wie möglich zur Wehr zu setzen, ballte er die Hände zu Fäusten und sprang auf.

„Was sucht ihr hier?"

So unauffällig wie möglich versuchte Aragorn in die Nähe des winzigen Fensters zu gelangen. Die zwei registrierten seinen Versuch sofort, ließen ihn aber gewähren.

„Euch."

'Das habe ich mir gedacht. Diese Ratte Ilgat kann es nicht erwarten, bis er den Edelstein erhält...' dachte Aragorn, während er die beiden Eindringlinge nicht aus den Augen ließ. „Wenn ihr den Stein wollt: den trage ich bei mir. Ihr müsst mich schon töten, um ihn zu bekommen, und glaubt mir, ich werde es euch sehr schwer machen..."

Einer der beiden Männer hob abwehrend die Hand.

„Wie ich bereits sagte: wir wollen Euch, nicht den Stein. Wir wollen nicht mit Euch kämpfen, es sei denn, Ihr besteht darauf."

„Was wollt ihr dann von mir, wenn ihr nicht vor habt, mich auszurauben?" Aragorns Misstrauen war ungebrochen.

„Unserem Auftraggeber wurde hinterbracht, das Ihr etwas ganz Bestimmtes sucht. Er lässt Euch seine Dienste anbieten."

'Neuigkeiten verbreiten sich in Ardaneh aber wirklich schnell. Wer war wohl diesmal so überaus gesprächig?' Er musterte die zwei wortlos, doch im schwachen Licht des fast vollendeten Vollmonds, das von irgendwoher in sein Fenster fiel, vermochte er nicht viel mehr zu erkennen, als dass die beiden Männer einen ziemlich kräftigen Eindruck machten.

Aragorns Gedanken rasten. Es konnte sich also nur um Assats Leute handeln. Wenn dem so war – und daran zweifelte er immer weniger – hatte er möglicherweise endlich den richtigen Gesprächspartner gefunden. Nach allem, was Miro ihm erzählt hatte, standen die Chancen, das gesuchte Gegenmittel bei Assat zu finden, am besten. „Ich habe nicht wirklich eine Wahl, oder?"

Der Wortführer zuckte mit den Schultern. „Ihr sucht etwas, das unser Auftraggeber Euch anbieten kann. Es ist Eure Entscheidung. Wir zwingen Euch nicht..."

Aragorn antwortete nicht gleich.

'Nein, ihr zwingt mich zu nichts. Aber die Zeit tut es. Sie wird knapp für Legolas, ich kann es spüren...' Er holte tief Luft.

„Gut, ich komme mit euch."

Aragorn wollte sich an den beiden vorbei zu seinen Waffen schieben, doch unerwartet schoben sich die zwei in seinen Weg.

„Unser Auftraggeber hat klare Anweisungen erteilt. Eine davon lautet, dass Ihr ohne Waffen kommt."

„Euer Auftraggeber kann nicht ernsthaft erwarten, dass ich mich unbewaffnet in eine solche Lage begebe." Noch während er die Worte aussprach, wusste Aragorn, dass ihm kaum eine andere Wahl bleiben würde. Wollte er mit Assat sprechen, musste er sich diesem Befehl beugen. Unbehagen begann seinen Magen zusammenzupressen.

Der Wortführer der beiden sah ihn gelassen an. „Es bleibt dabei: Ihr kommt ohne Waffen mit uns oder Assat wird Euch nicht empfangen."

Schweren Herzens nickte Aragorn und schickte sich an, den beiden zur Tür vorauszugehen, als sich von hinten eine schwere Hand auf seine Schulter legte. „Das ist noch nicht alles."

Er blieb stehen und sah zu den beiden zurück. „Was noch?"

„Unser Auftraggeber muss unter allen Umständen sein Versteck geheim halten. Ihr werdet es deshalb nur mit verbundenen Augen betreten."

„Wie meint ihr das?"

Aragorn glaubte sich verhört zu haben, doch die Entschlossenheit auf den Gesichtern der beiden Männer war ihm Antwort genug. Entweder ließ er sich auf Assats Spielchen ein oder Legolas bekam keine Hilfe. Ein schrilles Stimmchen in seinem Hinterkopf wollte ihn davon überzeugen, dass er tot auch keine sehr große Hilfe mehr sein würde, doch Aragorn drängte die Zweifel zurück. Etwas sagte ihm, dass jetzt nicht die Zeit war, Vorsicht walten zu lassen. Seine Entscheidung stand fest, doch es war die schwerste, die er in seinem ganzen bisherigen Leben zu treffen gezwungen war. Er musste sich den Männern und somit Assat ausliefern.

Die beiden hatten ihn stumm beobachtet. Der Wortführer sah an Aragorns Zügen, dass dieser seinen Entschluss gefällt hatte. „Ihr habt das Wort unseres Auftraggebers, dass Euch nichts geschieht."

'Das habe ich heute schon mal gehört und nicht geglaubt...,' überlegte Aragorn, nickte jedoch schließlich.

Er ließ es zu, dass man ihn herumdrehte und sich kurz darauf eine dichte schwarze Binde über seine Augen legte. Gleich darauf fühlte er sich fest, aber nicht schmerzhaft, am Oberarm gepackt.

„Noch ein Wort zur Warnung: wenn Ihr versucht, die Binde zu lüften, endet Euer Weg sofort... und endgültig!"

Aragorn schluckte. Das Gefühl des Unbehagens war nun so groß, dass es ihm die Kehle zuzuschnüren drohte. „Ihr habt mein Wort, dass ich keinen solchen Versuch unternehmen werde."

„Gut." Die beiden schienen ihm aus unerfindlichen Gründen zu glauben. „Lasst uns gehen. Wir haben genug Zeit vertan."

Aragorn konnte ein Gefühl der Furcht nicht ganz unterdrücken, als er sich aus seinem Zimmer führen lassen musste.

***

Wie lange die beiden ihn nun schon durch die Gassen Ardanehs führten, vermochte Aragorn nicht zu sagen, doch es war eindeutig, dass man ihm damit jede Chance zur Orientierung nehmen wollte.

'Dabei hätte ich mich auch ohne Augenbinde nicht in diesem Gassengewirr zurechtgefunden.' Aragorn unterdrückte ein Kopfschütteln nur mühsam. Als er gleich darauf hinter sich das erneute Einrasten eines Schlosses vernahm, konnte er sich jedoch nicht mehr zügeln.

„Eure Stadt gleicht mehr einer Festung, als man auf den ersten Blick vermuten könnte," sagte er leise.

„Wie meint Ihr das?" Die Stimme seines Führers klang überrascht.

„Das war wohl das zehnte Schloss, das man hinter uns verschließt."

„Ihr zählt mit?" Das Misstrauen in der Stimme des Mannes war nicht zu überhören.

„Nein. Ich habe nur geschätzt. Was ich damit sagen wollte: Nie zuvor bin ich mehr Schlössern begegnet als in eurer Stadt."

„Hat man denn da, wo Ihr herkommt, keine Schlösser zur eigenen Sicherheit?" In der Stimme des Mannes lag ehrliches Erstaunen.

„Nein." Aragorn schüttelte den Kopf. „Das ist dort nicht nötig."

„Dann müsst Ihr dort doch ständig in Furcht leben?" Der Mann, der ihn führte, schien sich ein sicheres, behütetes Leben, wie Aragorn es in Bruchtal führte, nicht vorstellen zu können.

„Im Gegenteil," erwiderte Aragorn leise. „Dort ist man immer sicher. Nie zuvor fühlte ich mich bedrohter als in eurer Stadt."

Der Mann erwiderte nichts und Aragorn schwieg ebenfalls. So andersartig und fremd hatte er sich die Welt der Menschen nie vorgestellt. Dies war seine Zukunft, das Erbe, das er einst antreten sollte: Furcht und Misstrauen?

In diesem Augenblick schwor sich Aragorn, gegen die Furcht zwischen den Menschen anzugehen, sollte er den Thron von Gondor je besteigen.

Über diesen Gedanken war einige Zeit vergangen. Schließlich spürte Aragorn, dass sie die Gassen verließen und in ein Gebäude traten.

„Noch eine Treppe, dann sind wir am Ziel," sagte sein Begleiter und schob ihn voran. Aragorn bemühte sich, trotz der Augenbinde keine Stufe auszulassen und war ausgesprochen erleichtert, als sie endlich oben angelangt waren.

„Wartet hier. Nehmt die Augenbinde nicht ab, bevor man es Euch gestattet." Die Stimme seines Führers war nun unmittelbar vor ihm. „Mein Auftraggeber wird sich Eurer gleich annehmen."

Die Schritte der beiden Männer entfernten sich und schließlich umgab Aragorn nur noch Stille und das Geräusch seines eigenen Herzschlags, der laut in seinen Ohren dröhnte. Für einen Augenblick fühlte er sich versucht, die Augenbinde abzunehmen, doch dann verwarf er den Gedanken wieder. Er hatte sein Wort gegeben, es nicht zu tun, und auch um Legolas' Willen würde er es halten, bis man ihn daraus entließ.

***

Aragorn stand noch immer reglos in der ihm fremden Umgebung und wartete ungeduldig auf die Ankunft des mysteriösen Auftraggebers. Doch die Zeit verging und nichts geschah.

'Was soll das Ganze? Bin ich einem Betrug aufgesessen?'  

Je lauter die Zweifel in ihm wurden, desto schwerer fiel es ihm, sich zu beherrschen. 'Sollte ich mir nicht doch besser einen Überblick verschaffen?', grübelte er und zuckte zusammen, als er ein anerkennend klingendes Brummen vernahm.

„Hmm, erstaunlich. Jeder andere hätte längst der Neugier nachgegeben."

Es kostete Aragorn einige Momente, bis er sich soweit gesammelt hatte, dass seine Stimme so fest klang, wie er es sich wünschte.

„Ich gab Euren Männern mein Wort, die Binde nicht ohne Erlaubnis abzunehmen."

„Nun gut. Dann tut es jetzt."

Aragorn kniff zunächst die Augen zusammen, als ihn das ungewohnte Licht der überall angezündeten Öllampen zu blenden drohte. Momente später konnte er seine Umgebung jedoch endlich erkennen und er war von dem Anblick, der sich ihm bot, sehr überrascht.

Er stand in einem großen, durch helle Stoffe an den Wänden freundlich wirkenden Raum, dessen Einrichtung einen ebenso gediegenen wie sorgsam ausgesuchten Eindruck machte. In einem Kamin brannte ein kleines Feuer und neben einem massiven, mit kunstvollen Schnitzereien verzierten Tisch standen zwei ebenso kostbar wirkende Stühle.

In einem davon saß ein ihm fremder Mann, Assat, wie Aragorn im Stillen vermutete. Er hatte ein kantiges, blasses und von halblangen schwarzen Haaren umrahmtes Gesicht, die auf den Stuhllehnen liegenden Hände waren zwar groß, aber nicht grobschlächtig, und deutlich unter der Kleidung zu erkennende Muskeln verrieten, dass der Mann in einem Zweikampf sicher nicht zu unterschätzen war. Doch am meisten irritierten Aragorn die strahlend blauen Augen des Mannes, die ihn einmal mehr an Legolas erinnerten.

„Verschiedene Quellen verrieten mir, dass Ihr etwas sucht, für das Ihr einen königlichen Preis zu bieten bereit seid. Vielleicht kann ich Euch helfen." Assat stand auf und kam langsam auf ihn zu. Er blieb dicht vor Aragorn stehen.

„Ihr seid gut unterrichtet, doch das ließ der Ruf, der Euch vorauseilte, auch erwarten," antwortete Aragorn, ohne den Blickkontakt mit dem Mann abzubrechen. Assat stand so dicht vor ihm, dass er das Tattoo dicht hinter seinem Ohr sehen konnte, das zum Teil durch seine Haare verdeckt war. Es war das Abbild einer Schlange. Aragorn fragte sich in diesem Moment, ob dieses Zeichen ein Hinweis auf Assats Charakter oder mehr ein Fingerzeig auf seine Schläue als Geschäftsmann war.

„Nun, mein Ruf wird mir gerecht!" Assat hatte es schon immer gut verstanden, Menschen einzuschätzen. Er musterte den Neuankömmling aufmerksam.

Er war erstaunlich jung, hatte eine schlanke, hoch gewachsene Gestalt und sein schmales Antlitz wurde von dunklen, schulterlangen Haaren umrahmt. Die Kleidung, die er trug, war zwar einfach und zweckmäßig, doch die Tuche, aus denen sie bestand, verrieten ebenso wie die Machart eine ganz bestimmte Herkunft.

'Du hast mehr mit Elben als mit Menschen zu tun, Fremder.'

„Wie lautet Euer Name, Fremder?" fragte Assat plötzlich und fing an, um Aragorn herum zu gehen, wie ein Tiger, der seine Beute langsam in die Enge zu treiben versuchte. Aragorn fühlte sich immer mehr wie ein Gefangener, der etwas sehr Gefährlichem in die Hände gefallen war. Doch gleichzeitig wuchs mit der leisen Furcht, die ihn befallen wollte, auch seine Entschlossenheit. Er hatte es in der Hand, Legolas das Leben zu retten. Und wenn Assat das Mittel besaß, das dem Elbenprinz das Leben retten würde, dann musste er ihn davon überzeugen, es ihm zu verkaufen.

Aragorn wusste zwar nicht, von wem der Attentäter das Gift bekommen hatte, mit dem die Pfeilspitze präpariert worden war, doch es konnte genauso gut sein, dass Assat seine Hände mit im Spiel hatte. Er musste also vorsichtig und diplomatisch vorgehen.

„Mein Name lautet Estel," antwortete Aragorn mit fester Stimme.

Assat schaute überrascht auf und lächelte dann, als er sich in seinen Beobachtungen bestätigt fühlte. „Das ist kein Name für einen Menschen!"

„Es ist mein Name! Er sollte Euch genügen, weil er nichts mit der Sache zu tun hat, deretwegen ich zu Euch gekommen bin."

Assat verspürte Respekt dem jungen Mann gegenüber. Er hatte Mut und ließ sein Ziel nicht aus den Augen. Ein Mann ganz nach seinem Geschmack!

„Nun denn, dann sagt mir, was Ihr von mir wünscht!" Assat setzte sich entspannt in einen der Stühle am Tisch und wartete neugierig. Miro hatte ihm zwar von dem Edelstein erzählt, doch zu der Leistung, die dafür erbracht werden sollte, konnte oder wollte er keine Angaben machen.

Aragorn hatte Assats Wink, sich zu setzen, ignoriert und lehnte sich stattdessen lässig gegen die Wand, an der der Tisch stand. Er starrte in das Feuer des Kamins, dessen Flammen ihm jenen dunklen Schatten vorgaukelten, der sich in seinem Traum Legolas' bemächtigt hatte.

Assat bemerkte sein Zögern und lehnte sich neugierig vor. Doch er drängte den Fremden nicht, sondern beobachtete sein Mienenspiel. Für einen winzigen Moment glaubte er zu sehen, wie sich Angst über die Züge des anderen legte. Doch es konnte genauso gut auch das Flackern des Kaminfeuers gewesen sein, denn im nächsten Augenblick wandte der junge Mann sich zu ihm um und holte ein kleines Päckchen aus seiner Tasche.

‚Das muss der Edelstein sein, von dem mir Ilgat und Miro erzählt haben,' dachte Assat.

Aragorn drehte das kleine, in ein Tuch eingeschlagene Holzkästchen unbewusst zwischen den Fingern, als er sich auf seine folgenden Worte konzentrierte.

„Ich suche ein Gegenmittel für ein Gift!"

Assat der den Atem voller Spannung angehalten hatte, keuchte überrascht auf und fing dann an, lauthals zu lachen.

„Ein Gegenmittel? Das ist alles? Ihr wollt nur ein Gegenmittel für ein Gift?" fragte er und stand auf.

Aragorn sah ihn wortlos an und bei dem wütenden Feuer, das Assat in seinen Augen erblickte, verstummte sein Lachen schlagartig.

‚Es  geht also um eine persönliche Sache!' erkannte er.

„Um welches Gift handelt es sich?" fragte er und konzentrierte sich wieder aufs Geschäftliche, während er langsam auf Aragorn zuging.

„Es ist eine Kombination aus den Giften Ninthla, Athinar und Chayapa," antwortete Aragorn und musterte sein Gegenüber, als er die drei Gifte erwähnte. Ihm entging nicht, wie Assat bei der Nennung der Gifte in seinem Schritt verharrte und neben ihm stehen blieb.

„Wozu braucht Ihr ein Gegengift? Soviel ich gehört habe, seid Ihr ein Attentäter und als solcher sind die Gifte Euer Werkzeug, nicht das Heilmittel dafür."

Aragorn spürte Assat wieder ganz nah neben sich und steckte das Holzkästchen wieder in die Tasche zurück. Er hatte den Edelstein schon einmal zu einem unpassenden Zeitpunkt hervorgeholt. Diesen Fehler wollte er nicht noch einmal begehen. Sein Unwille, sich unbewaffnet in diese Situation begeben zu haben, nahm plötzlich zu. Es fühlte sich wie eine Falle an. Wie um dies zu bestätigen, sah Aragorn plötzlich eine Klinge in Assats Hand schimmern. Aragorns Hand ging unbewusst an seinen Waffengürtel, an dem sein Schwert für gewöhnlich hing, doch sein Griff ging ins Leere. Bevor er auch nur eine weitere Bewegung machen konnte, um sich zu verteidigen, spürte er schon den kühlen Stahl der Klinge an seiner Kehle. Er erstarrte.

„Wer seid Ihr wirklich?" flüsterte Assat leise in sein Ohr und der Druck auf seinen Arm, der hinter seinem Rücken nach oben gezogen wurde, nahm schmerzhaft zu. „Ich hasse es, wenn man versucht, mich hinters Licht zu führen."

Assats warmer Atem jagte Aragorn eine Gänsehaut über den Rücken. Er hatte Assat unterschätzt. Er war nicht nur ein gefährlicher Gauner, sondern auch ein verdammt schneller Kämpfer.

‚Wie konnte ich nur so dumm sein?'

Aragorns Atem ging schneller und sein Herz raste. Er suchte nach einem Ausweg, doch als ob Assat seine Gedanken lesen könnte, verstärkte sich der Druck der Klinge. „Keine falsche Bewegung oder ich werde sehen, wie schnell Euer Blut fließt!"

Aragorn verharrte. Hätte Assat ihn wegen des Edelsteins umbringen wollen, dann würde er jetzt wahrscheinlich schon mit durchschnittener Kehle auf dem Boden liegen. Doch er lebte noch! Was also waren Assats Beweggründe? Es schien sich für Aragorn zu bestätigen, dass Assat kein gewöhnlicher Gauner war.

„Ich frage Euch ein letztes Mal. Wer seid Ihr wirklich?"

„Mein Name ist Estel und alles was ich Euch sagte, entspricht der Wahrheit. Was ich anderen erzählte, war nur darauf gezielt, mit Euch Kontakt aufzunehmen. Ihr allein könnt mir das geben, was ich suche!"

Assat überlegte. Der Mann, dessen Leben er jetzt in Händen hielt, hatte sich ihm quasi ausgeliefert. Wäre er von seinen Konkurrenten geschickt worden, um ihn zu töten, hätte er sicher schon längst eine versteckte Waffe gezogen. Also schien er die Wahrheit zu sagen. Er brauchte ein Gegenmittel von ihm.

Die Gifte, die Estel ihm genannt hatte, kannte er. Vor vier Wochen hatte er zwei dieser Gifte an einen Kunden verkauft. Er erinnerte sich deshalb so gut daran, weil es ihm einige Mühe bereitete, diese Gifte aufzutreiben. Sie wurden aus seltenen Pflanzen gewonnen, die in dieser Gegend nicht wuchsen. Einer seiner Kontaktmänner konnte ihm die gewünschten Gifte jedoch beschaffen. Sein Kunde hatte zwar alles getan, um sich als Mensch auszugeben, doch neben den verdeckten spitzen Ohren hatte auch sein ganzes Verhalten auf einen Elben hingedeutet. Außerdem hatte Assat sich hinterher über die Wirkungsweise des Giftes erkundigt und gesagt bekommen, dass diese Gifte besonders fatale Auswirkungen auf den elbischen Organismus hatten. Plötzlich fiel es Assat wie Schuppen von den Augen.

„Ihr wollt einem Elben helfen!" stellte er verblüfft fest und senkte seinen Dolch. Dann ließ er Aragorns Arm los und trat einen Schritt zur Seite.

Aragorn massierte sein malträtiertes Schultergelenk und starrte Assat grimmig an.

„Und wenn dem so wäre, was dann? Wollt Ihr das Geschäft nun machen oder nicht?"

„Ich bedaure es, Euch bedroht zu haben, doch in meinem Geschäft kann man nicht vorsichtig genug sein. Jeder will die Nummer Eins werden!" Assat steckte seinen Dolch hinter den Gürtel und wanderte im Raum auf und ab.

„Ich kann Euch ein Gegenmittel besorgen, doch es wird seine Zeit brauchen, da ich eine der drei Komponenten erst beschaffen muß."

Aragorn stöhnte innerlich. Zeit war gerade das, was er am wenigsten zur Verfügung hatte. Die Zeit arbeitete gegen ihn und jeder Tag, der verstrich, kostete Legolas Kraft.

'Legolas...' Unwillkürlich musste Aragorn wieder an seinen Traum denken. Er spürte tief in sich ein Drängen, das ihn dazu ermahnte, keine Zeit zu vergeuden.

„Wie lange?" fragte er knapp.

„Zwei Tage mindestens. Ich werde mit Euch in Kontakt treten, wenn ich es habe. Ich weiß ja, wo Ihr untergebracht seid."

‚Zwei weitere Tage?' Zwei Tage waren nicht viel im Leben eines Elben, doch Aragorn konnte sich vorstellen, dass sie für Legolas im Augenblick eine halbe Ewigkeit bedeuteten.

„Abgemacht. Was ist mit der Bezahlung? Wollt Ihr sie im voraus?" fragte Aragorn misstrauisch und tastete nach dem Holzkästchen in seiner Tasche.

„Preis gegen Ware – das ist mein Motto. Noch habe ich nichts für Euch getan. Auch wenn mein Ruf auf der Strasse etwas anderes behauptet, so besitze ich doch so etwas wie Ehre. Das Leben ist zwar hart, aber man muss nicht härter als notwendig sein!"

Assat ging zu seinem Schreibtisch und goss Wein in zwei Gläser. Aragorn konnte von seinem Standpunkt aus nicht sehen, dass der Boden des einen Kelches schon mit einem feinen weißen Pulver bedeckt war, das sich nun mit dem Wein vermischte.

„In meinen Kreisen stößt man auf ein Geschäft an und besiegelt es so." Assat reichte Aragorn den präparierten Weinkelch. Aragorn nahm ihn und sah sein Gegenüber an.

„Ilgat kennt diese Sitte anscheinend nicht!"

„Ilgat kennt auch keinen Ehrenkodex," erwiderte Assat und hob den Kelch an seine Lippen.

Als Aragorn sah, wie er von dem Wein trank, nahm auch er selbst einen Schluck und stellte das Gefäß dann wieder auf den Tisch.

„Werde ich auf dem Rückweg auch eine Augenbinde tragen müssen?" fragte Aragorn, doch Assat musterte ihn nur stumm und lächelte leicht.

Plötzlich fühlte Aragorn, wie sich der Raum um ihn herum zu drehen anfing und gleich darauf sein Blick unscharf wurde. Er versuchte nach Assat zu greifen, fiel jedoch desorientiert zu Boden. Bevor er das Bewusstsein verlor, spürte er, wie sich jemand über ihn beugte.

„Habt keine Furcht, Estel. Dies ist nur zu meiner Sicherheit," flüsterte Assat ihm noch leise ins Ohr, dann schwanden ihm die Sinne.

***

wird fortgesetzt

### Entschuldigt, aber was mit Legolas wird, erfahrt Ihr erst im nächsten Kapitel, falls Ihr schön fleißig reviewt! *g*