chapter XVI: fake


Die Sterne schienen hell in dieser Nacht. Heller als sonst, strahlender als sonst... vielleicht schöner als sonst. Aber vielleicht waren sie es auch nur in meinen Augen, denn sie waren das erste und das letzte, was ich in dieser schicksalhaften Nacht sehen durfte.

Der Nebel und die zerfetzten Wolken der letzten Tage hatten sich verzogen und der unendlichen Klarheit eines Frühlingsmorgens Platz gemacht. Frühling... Es war kalt und die Luft klirrte förmlich. Man schien Eis zu atmen.

Ich trat zurück vom Fenster und sah in die unbestimmte Dunkelheit hinter mich. Es ist Neumond., sagte ich leise in die Finsternis und die Schwärze schien meine Worte wortwörtlich zu absorbieren. Ich seufzte. Ich liebte meinen Schatten, meine Finsternis, Dunkelheit und unendliche Schwärze... Ich liebte sie, weil ich ein Teil von ihr war oder sie ein Teil von mir. Sie verbarg vor mir, was ich nicht sehen wollte, sie umhüllte mich, wenn ich nicht gefunden werden wollte und sie schützte mich, wann immer ich Schutz benötigte. Ich liebte sie – diese ewige Nacht. Aber was ist schon eine Nacht, so klar und so schwarz, dass das Auge zerspringt, wenn kein einziger Stern die Unendlichkeit des dunklen Meeres schmückte? Ein kleiner, weit entfernter und doch so naher, nie erlöschender...

geliebter Stern...

Ich hatte wahrscheinlich das beinahe unmögliche geschafft: ich hatte einen ganzen Stern in Schwärze getaucht. Ich habe ihn... verglimmen lassen, ich gab ihm den Todesstoß und der hellste Stern am Firmament

verblasste ganz einfach.

Ich habe ihn... einfach so... ausgelöscht... mit den Schatten meiner Seele umwölkt... verfinstert...

Dabei ging es... ganz einfach. Bombay selbst hatte sein Todesurteil unterschrieben, als er die drei magischen, verbotenen Worte aussprach... die seiner Gesundheit verschwiegen besser getan hätten... Aber es war vorbei.

Aus einem Weißen kann man ganz leicht einen Schwarzen machen. Ich hatte Bombay in Sünde getaucht, ich hatte ihn beinahe ersticken lassen in dem Meer aus Schuld, Hass und Schwärze. Dann war es meine eigene Grausamkeit gewesen, die ihn noch einmal gerettet hatte, um die letzten Sekunden eines sterbenden, gefallenen Vogel mit an zu sehen. Ich habe mich an seinen Qualen geweidet. Ja, verdammt.

Ich habe ihm jede Feder einzeln ausgerissen, ich sah das Blut an ihnen kleben und...

Wie schön...

Ich hatte nicht gewusst, dass er tatsächlich noch reden konnte. Ich suchte die grau/schwarze Schattenwelt vor mir nach Bombay ab und tastete mich schließlich zum Bett. Er lag noch immer genau so, wie ich ihn verlassen hatte. Ich tastete nach seinem Puls. Schwach, sehr schwach. Eigentlich nur noch eine Erinnerung an einen Puls..., kam es mir in den Sinn.

Trägst du mich zum Fenster? Bitte..., flüsterte Omi müde. Ich sah auf ihn herunter, mein erster Impuls, mich einfach umzudrehen und ihn alleine sterben zu lassen, hinterließ nur einen bitteren Nachgeschmack in meiner Erinnerung. Stattdessen ließ ich mich vor ihm auf die Knie nieder und strich sanft über seine blasse, eingefallene Wange. , hauchte er. Ich stand auf, schob die Arme unter seinen kleinen Körper und hob ihn mühelos auf. Wie eine Puppe, dachte ich. Er war noch leichter und zerbrechlicher geworden. Ich trug ihn zum Fenster und setzte ihn auf das schmale Fensterbrett, ihn noch immer haltend, damit er nicht herunterfiel.

Ich nickte nur und wir sahen beide schweigend in den nächtlichen Himmel.

Du wolltest, dass ich... aufhöre, dich zu lieben... nicht wahr? Omis Stimme klang anders als sonst. Melancholischer. Ich vergrub mein Gesicht in seinem dichten, hellen Haar. Hm Hm, murmelte ich. Omi schwieg erneut.

Willst du ein Happy End?, fragte er dann leise. Ich lächelte in sein Haar hinein und schloss die Augen um noch einmal den Duft des einzigen Menschen in mir aufzunehmen, der mich je wirklich geliebt hatte. Und den auch ich...

Du stirbst jetzt gleich. Tut es nicht weh, wenn ich jetzt richtig antworten würde? Tut die Wahrheit nicht weh? Omis Hand krallte sich in meine Schulter und er wandte sein Gesicht mir zu. Ich will nicht... sterben...

Möchtest du denn so weiterleben? Von allen gefoltert, von mir vergewaltigt?! Es wird... weiter so laufen, wenn ich dich jetzt rette, das weißt du. Omi schüttelte den Kopf und sah mir in die Augen. Erst jetzt... erst jetzt... konnte ich ihm wieder in seine meerblauen Augen sehen.

Dann lass uns doch abhauen, wenn du nicht willst, dass das geschieht!

Ich schwieg.

Nein.

Hau du ab. Ich bleibe hier.

In meiner Hölle...

Hatte ich denn noch eine andere Wahl? Mein Leben war verwirkt, mein Todesurteil besiegelt. Das waren nur noch Träume, die ich hier lebte... Wessen Träume? Träumte ich mein eigenes Leben? Träumte ich... meine Existenz einfach?

Nein.

Aber ich hatte mir meine eigene Welt geschaffen, in der ich nun...

... lebte...

meine Hölle

meine Finsternis

meine Dunkelheit

meine Schwärze

meine ewige, sternenlose Nacht.


continued soon


R.e.v.i.e.w.s.!!! *sighs* Ein Lieblingskapitel!! ^^°