chapter XXI: unknown fairytales II
Seine Hand krampfte sich in das Laken. Ich sah, wie aus seiner sehr hell gewordenen Haut bläulich die Adern hervortraten. Seine aufgerissenen Augen, seine zusammengepressten Lippen, der Angstschweiß auf seiner Stirn und die Blässe des Todes im Gesicht...
In einem schwarzen Buch mit einem goldenen Kreuz vorne drauf und hauchdünnen, beinahe durchsichtigen Seiten, habe ich einmal gelesen, dass es einen Gott da oben im Himmel gibt der uns alle lieb hat, ob arm oder reich, ob dick oder dünn, ob schwarz oder weiß. Der sogar diejenigen liebt, die ihm nicht Opfer bringen. Es war das einzige, was ich gelesen hatte, danach musste ich mehr oder weniger sarkastisch lachen und warf das Buch zurück in den Abfall. Da oben gab es niemanden. Niemanden, der sich um uns kümmerte, niemanden, der auch nur ein wenige Notiz von uns nahm und erst recht niemanden, der uns liebte.
Damals war mir das auch ziemlich scheißegal gewesen, aber nun brauchte ich jemanden, der mich liebte wie ich eben war, wie man mich eben geschaffen hatte, mit allen Fehlern und Mäkeln, mit all meinen Sünden und Fehltritten. Es beruhigte, jemanden da oben zu wissen, der zwar traurig auf das sah, was ich wieder verbrach, aber trotz allem etwas Gutes in mir fand und mich
...liebte...
Wenn es jemanden gab, der keinen Unterschied machte wie man nun gesellschaftlich oder sonst wie eingeteilt war, wenn es tatsächlich so einen Gott gab und wir nach seinem Bild geschaffen wurden... wieso mussten wir Menschen uns dann selbst in solche Gruppen einteilen?
Erschöpft sah ich auf Omi, mein Opfer, meinen Feind, meinen schmerzlich Geliebten und mein verlorenes Kätzchen hinab und wünschte mir, wir würden eine zweite Chance bekommen. Es war einfach nicht fair, dass ich denjenigen quälen musste, um ihn vor Schlimmerem zu bewahren
obwohl
[...oder weil...]
ich ihn doch so sehr liebte!!
Die Sonne scheint auf uns herab, egal wie wir sind, sie macht da keinen Unterschied. Und auch der Mond in der Nacht beleuchtet mein Gesicht genau so milchig, matt und kühl wie das eines unschuldigen Kindes oder eines weisen Mannes... Auch das Wetter teilt uns nicht ein und überschreitet jede Grenze. Niemand teilt uns ein.
Wir teilen uns ein. Minimieren uns. Reduzieren uns zu Schachfiguren, Zinnsoldaten oder bloßen Abschusskandidaten... Wir begrenzen uns selbst durch diese schmalen Linien, die wie Stacheldraht unsere Köpfe zerschneiden – und bemerken es nicht einmal selbst. Wir sind gefangen in unserem Käfig, ein Käfig aus Hass und Verachtung, bei dem man die Gitterstäbe nicht sieht, aber fühlen muss.
Keiner hat uns so etwas aufgezwängt, es gibt nichts, was wir dafür verantwortlich machen können.
Warum schreie ich dann immer wieder in Gedanken:
Das ist so ungerecht
?
Ich will dich, Omi.
Meine Hand krallte sich in sein Gesicht und hinterließ blutige, brennende Kratzer auf Stirn, Wangen und Kinn. Er keuchte und spuckte etwas Blut. Ich trat von ihm zurück und sah zu Schuldig und Crawford, die in einer Ecke des Raumes standen und zusahen. Er will nicht reden., stellte der schlanke Deutsche pragmatisch fest. Ich nickte und wischte mein Messer am Ärmel meiner Schuluniform ab. Ich mach morgen weiter., erklärte ich und schickte mich an, das Zimmer Richtung Bad zu verlassen. Warum nicht jetzt?, fragte Crawford und hob eine Augenbraue.
Ich schreibe morgen Englisch., sagte ich knapp. Ich muss noch lernen. Schließlich brauche ich einen guten Abschluss., fügte ich säuerlich hinzu. Und außerdem fühlte ich mich, als hätte ich Rasierklingen gefrühstückt.
Gute... gute... Nacht..., flüsterte Omi schwach, als ich mich von ihm rollte. Ich schwieg und versuchte die Träne zu missachten, die verräterisch meine Wange hinunterlief.
Ich spürte, wie sich seine Hand in den Stoff meines T-Shirts krallte und das Zittern seines kleinen Körpers. Machst... du... machst du morgen wirklich... weiter? Willst du mich weiter... quälen?, fragte er.
Ich riss mich los, drehte mich zur Wand und schwieg.
Ein Märchen, dachte ich, das ist alles nur ein verdammtes Märchen.
continued soon
Diesen Teil habe ich nachts von halb eins bis gegen zwei Uhr geschrieben... -___-'' Deswegen sämtliche wahnsinnig machende Sätze, nê?
Danke für die Reviews! Ich freue mich über jede einzelne!!! X3
@Neko: da is' doch schon der nächste Teil! *Fingernägel rett* =^.^=
Gomen nasai, ich wollte hier nicht labern, sorry
bombay-chan
