chapter XXIII: once
Ich konnte Omi eine Woche lang nicht mehr besuchen. Beinahe leblos schleppte ich mich zur Schule, zu den Missionen; wie ein Geist schlich ich durch das Haus. Oft saß ich vor Omis Tür, weinte oder schwieg einfach und starrte in die Leere vor [in?] mir. Nächtelang rührte ich mich nicht und konnte mich auf nichts mehr konzentrieren. Schuldig jagte mich mit seinem Grinsen und ich hatte das dumpfe Gefühl, es war noch nie so breit gewesen.
Natürlich wussten sie alle, was geschehen war, an dem Morgen vor 8 Tagen. Die Videokameras in Omis Zimmer konnte jeder Laie entdecken. Und ich war viel zu schwach, um meine Gedanken vor Schuldig zu verstecken. Aber seit einigen Tagen war er dann auch das einzige, was sich in meinem Kopf befand. Ich fühlte nur unendliche Leere. Seine Sticheleien und gelegentliche Streitereien glitten an mir ab, ohne das sie mich je erreichten. Immer mehr näherte ich mich einem todesähnlichen Status.
Es war am Morgen des neunten Tages. Ich würgte ein trockenes Brötchen mit einigen Schlucken Wasser herunter und begab mich wieder an meinen gewohnten Platz vor Omis Tür. Ich hatte mich kaum hingesetzt, als ich einen kleinen Zettel bemerkte, der halb unter der Tür klemmte.
[Sie diktieren mir auf, was ich zu tun, zu denken und sogar was ich zu fühlen habe.]
Ich dachte nicht nach, drehte den Zettel einfach um und schrieb mit meinem eigenen Kugelschreiber hastig darauf: Es gibt niemanden in dieser Welt, der das Recht dazu hat.
Ich faltete den Zettel zusammen und schon ihn unter der Tür hindurch. Nichts geschah. ich lauschte, mit angehaltenem Atem, aber nichts im Zimmer hinter mir rührte sich.
Ich weiß nicht, woher ich die Courage nahm, die Klinke der Tür herunter zu drücken. Ich weiß nicht, wie ich den Mut aufbrachte, sein Zimmer zu betreten.
Ich tat's einfach.
Das Blut war das erste, was mir auffiel. Blutstropfen, im ganzen Zimmer. Verstört sah ich mich um. Farfarello war seit beinahe zwei Wochen nicht mehr hier gewesen. Das Bett war zerwühlt, das weiße Laken, was als Decke fungiert hatte, war ebenfalls blutgetränkt und zerfetzt. Erschrocken sah ich mich weiter um.
, entfuhr es mir im Flüsterton. Das Wasser des Waschbeckens lief und ich drehte den Wasserhahn zu. Der Spiegel war verschwunden... Und plötzlich fielen mir auch die Glasscherben auf, die den ganzen Fußboden bedeckten und die Schritte zu einem Knirschen werden ließen, welches mir kalte Schauer über den Rücken jagte.
Die Schrift über dem Fenster fiel mir erst sehr spät auf.
[Stacheldraht überall]
Mehr nicht. In blutroten, verschmierten und fahrigen Lettern hatte jemand diese Worte an die Wand gezeichnet. Ich trat näher, noch immer fiel zu geschockt, um irgendetwas schlussfolgern zu können.
Blut. Jemand hatte... es war... Blut... Jemand hatte mit Blut diese Lettern geschrieben! Wie sehr tat es weh, so lange mit dem Finger über rauen Stein zu fahren, bis das man mit Blut Wörter daran schreiben konnte?! Wie verzweifelt und wahnsinnig musste man sein? Wie sehr musste man jemanden quälen, damit er so etwas aus freiem Willen tat?!
Ich stieß einen Schrei aus und von einer wahnsinnigen, dunklen Ahnung erfüllt, sah ich zum Fenster. Das Gitter war fort. Oder zumindest musste... jemand... die Gitterstäbe durchgefeilt haben... Glassplitter lagen auf dem Fensterbrett. Wie lange dauerte es, massiven Stahl mit Glasscherben zu durchsägen?! Wie tief mussten die Schnitte in den Händen dieser Person sein, die diese Wahnsinnstat...
Ich starrte das Gitter an und erst jetzt wurde mir klar, was geschehen war. Mechanisch beugte ich mich langsam aus dem geöffneten Fenster, bemerkte am Rande, dass der erste Schnee fiel, bemerkte unbewusst Blut, welches das ganze Fenster bedeckte und in großen Lachen die helle Wand...
Wollte ich es wirklich sehen? Warum beugte ich mich da raus? Sieben Stockwerke überlebt keiner. Sieben nicht. Warum musste ich mir das antun? Ich wusste doch, dass keine Hoffnung mehr bestand. ...Wusste ich?
...selbst ein idiot fordert noch hoffnung und erlösung...
[copyrighted by: stigma]
Sein Körper war zu klein gewesen, um einen großen Blutfleck zu hinterlassen.
Weißer Schnee bedeckte ihn.
Ich trat aus der Haustür, barfuss und nur in T-Shirt und Shorts. Ich weiß nicht mehr, ob ich gefroren habe.
Er lag ausgestreckt, sein Körper bildete ein Kreuz, so sehr hatte er die Arme abgespreizt. Sein Kopf war zur Seite geneigt, die Augen einen Spalt breit geöffnet.
Schnee auf seiner hellen Haut.
Er trug noch immer meine Sachen.
Es war doch so kühl im Schnee, er fror sicher.
Schnee auf seinen Lippen, Schnee auf seiner Nasenspitze, Schnee auf seinen Augen.
Augen.
Meerblaue, verschleierte... matte... Augen
auf die sich der Schnee legte, als wäre er eine weiche Decke.
Ganz weiß war er im Gesicht. Nur das Blut stach rot hervor.
Ich sah auf und sah, dass es eine sternenlose Nacht werden würde. Nur der Mond lachte schadenfroh
darüber
...und am ende war ich nur ein narr, der von seiner eigenen narrheit verraten wurde...
end
alias-bombay feat. unknown Mika-chan
