Kapitel 3 - Die frühen Jahre II oder Waffenstillstand von Molly
Es wurde Winter in Hogwarts. Der Rasen vor dem Schloss war morgens fast immer mit Rauhreif überzogen und dicke Nebelschwaden zogen über den See. Dieses Jahr bekommen wir einen langen und harten Winter, dachte Albus Dumbledore bei sich, als er gerade auf der Suche nach einem Paar dicken Wollsocken war, die er zwar überall in seiner Umgebung verteilte (um sie immer griffbereit zu haben), aber nie welche fand, wenn er sie brauchte. Und der Boden in seinen Gemächern war heute morgen besonders kalt, fand er. Florence würde dieses Jahr hier in Hogwarts bleiben über Weihnachten und er freute sich darauf, auch wenn der Anlass dessen nicht so erfreulich war: seine Bruder Aberforth war im vergangenen Frühjahr gestorben. Er war mit seiner Frau, der Elbe mit dem Clannamen "Farstalker" nach Cornwall gezogen, als seine Tochter Florence nach Hogwarts kam. Nun, nach dem Tod ihres Mannes war Florence' Mutter wieder zurück nach Skandinavien gegangen, irgendwo weit oben in den Norden, wo sich kaum ein Muggel oder Magier hin verirrte, wo die Elben sich vor Jahrhunderten hin zurückgezogen hatten. (Mit Ausnahme der heutigen Hauselfen, der kleinen Elfen, die so gut wie nichts mit dem stolzen Volk der Elben gemein hatten. Niemals würde eine Elbe jemanden bedienen, was wiederum der Lebensinhalt der Hauselfen zu sein schien.) Und da war auch das Problem: im Winter waren alle Wege dorthin, selbst mit dem Besen unpassierbar. Auch zu Ostern lag dort noch alles unter einer meterhohen Schneedecke, also würde Florence nur noch in den Sommerferien zu ihrer Mutter fahren können. Sie hatten das zusammen mit der todunglücklichen Flo im Sommer besprochen und sie hatte eingewilligt. Ihre Mutter schickte ihr solange täglich eine Eule, bis keine mehr durchkam. Das letzte Mal, als Obe, Florence' Waldkauz, von ihrer Mutter zurückkam, mußte Hagrid ihn zwei Wochen lang in seiner Hütte gesund pflegen. Florence. Er hatte ihr immer noch nichts gesagt. Und Severus Snape hielt sich immer noch sehr oft in ihrer Nähe auf. Fast 2 Monate waren seit dem Abend vergangen, als Dumbledore der Verdacht kam, daß er sich mit seiner bisherigen Deutung der Prophezeiung geirrt haben könnte. Es wurde langsam Zeit, lange konnte er es nicht mehr vor sich herschieben. Unter seinem Kopfkissen fand er endlich ein Paar Socken und er zog sie erleichtert an, denn seine Füße waren mittlerweile fast abgestorben vor Kälte.
"Er starrt schon wieder hier rüber!" empörte sich Sirius Black beim Frühstück, doch keiner der Gryffindors aus seiner Klasse teilte seine Empörung. "Laß ihn Starren, solange er das tut, macht er uns wenigstens keine weiteren Schwierigkeiten!" entgegnete Remus Lupin zwischen zwei Bissen Toast. Sirius wußte, Remus hatte Recht. Die letzten zwei Monate waren relativ ruhig verlaufen zwischen den Gryffindors und den Slytherins. Die Attacken der Slytherins waren schon weit im Vorfeld zu erkennen gewesen, fast so, als hätte sie die Inspiration und der logische Verstand, der bisher alles geplant hatte, verlassen. Nun, verlassen nicht wirklich, eher anderweitig beschäftigt. Und Sirius ahnte auch, womit. Er konnte nicht anders, er war eifersüchtig auf Severus Snape. Ständig war er irgendwo in der Nähe von Florence und beobachtet sie, unauffällig zwar, aber Sirius bildete sich das nicht nur ein, da konnten James Potter und Remus noch so lange reden. Die Einzige, die überhaupt nichts von dem Trubel um sie herum mitzubekommen schien, war Florence selbst. Sie reagierte nicht auf die Annäherungen von Sirius, auch nicht auf die mittlerweile nicht mehr so diskreten Hinweise von Remus und Snape vermied sie anzublicken, kam es ihm vor. Und damit lag er gar nicht so falsch.
Florence vermied es wirklich, Severus anzublicken. Sie hatte immer noch Angst davor, von ihm bei ihrem Ausflug damals in den Wald beobachtet worden zu sein. Und diese tiefschwarzen Augen schienen sich geradewegs in ihr Herz und ihre Seele bohren zu wollen. Und was das Ganze noch verwirrender für sie machte, war, daß es ihr nicht wirklich unangenehm war. So verträumt wie sie war, bekam sie nur selten mit, daß Severus sie beobachtete, meistens wurde sie erst durch Sirius darauf hingewiesen. 'Wenn das so weitergeht, fordert Sirius ihn noch irgendwann zum Duell um mich, wie in einem schlechten Ritterroman der Muggel!' dachte sie und lief rot an. Welches weibliche Wesen hatte es nicht gern, wenn man sich um sie stritt? Aber wollte Severus Snape wirklich noch irgendetwas anderes von ihr, außer, sie eventuell in Schwierigkeiten zu bringen? Sie war sich nicht sicher und wenn sie nun zurückstarren würde, könnte dabei ja auch heraus kommen, daß er wirklich nur auf eine Gelegenheit wartete, sie und das Geheimnis ihrer Abstammung auffliegen zu lassen. Oder sie würde sich lächerlich machen, wenn er das als Avancen auffassen und seine Scherze auf ihre Kosten darüber machen würde, wenn er doch so schlecht war, wie die Jungs immer behaupteten. Also spielte sie die Unschuldige, die nichts um sich herum mitbekam, eine Rolle, die ihr jeder, der sie kannte, auch ohne weiteres abnahm. Fast jeder.
Remus Lupin kannte Florence nach über drei Jahren recht gut, besser als jeder andere. Er spürte, daß sie etwas verheimlichte. Schließlich verheimlichte er selbst sein Werwolfsein ja auch und war sich sicher, daß auch sie das spürte. Er wußte nicht, was sie von Beginn an verheimlichte aber er war sich ziemlich sicher, daß sie nichts von seinem Geheimnis wußte. Zwei Geheimniskrämer, die sich gesucht und gefunden hatten. Während alle um ihn herum mit den übermächtig werdenden Hormonen der Pubertät zu kämpfen hatten, war er weitestgehend davon unberührt. Vorteil / Nachteil des Werwolfseins. Er mochte Florence, sie waren sich ähnlich und in gewisser Weise liebte er sie auch, aber mehr wie eine kleine Schwester, die er zu beschützen hatte. Und er war sich ziemlich sicher, daß sie genauso dachte und fühlte. Aber etwas war anders an ihr geworden. Sie war schon immer etwas verschlossen gewesen, was bei dem Chaos, das in ihrem Innern herrschen mußte, wohl auch besser für alle war. Doch seit einigen Wochen stellte er manchmal Wellen der Panik in ihr fest. Er hatte die Instinkte dafür und auch dafür, daß sie mit Sirius Annäherungsversuchen nicht allzu viel anfangen konnte, darum war er auch immer deutlicher geworden. Er blickte über sein Frühstück hinweg zu Severus Snape hinüber, der gelegentlich aufblickte und herüber schaute, von Starren, wie Sirius es nannte, konnte aber keine Rede sein. Zumindest im Moment nicht. Florence neben ihm hatte gerade ihr Toast in Saft gebadet und bemühte sich, die schlabberige Masse auf eine Serviette zu bugsieren um ihren Teller für einen erneuten Versuch, etwas zu frühstücken, frei zu bekommen. Wenn sie nicht so geschickt im Umgang mit dem Zauberstab, den Zaubertränken und dem Behalten von kompliziertesten Daten und Formeln gewesen wäre, hätte er sich gefragt, ob sie überhaupt eine Hexe oder gar lebensfähig sei. Aber im Umgang mit der Magie konnte ihr kaum einer ihrer Altersgruppe etwas vormachen, soviel stand fest. Nur die Kleinigkeiten des Lebens wie Laufen, Essen oder einen Tag ohne neuen blauen Fleck zu überstehen bereiteten ihr Probleme.
Zaubertrankunterricht mit den Gryffindors - eine schöne Aussicht, wie Severus Snape fand. Zum einen war es sein bestes Fach neben Verteidigung gegen die dunklen Künste und bereitete ihm viel Spaß und Genugtuung, zum anderen brauchte er sich nicht anzustrengen, in der Nähe der "Grünen Flo" zu sein. Ein überaus dämlicher Spitzname, wie er fand, aber da es nun einmal seine Schuld gewesen war, daß alle sie hinter ihrem Rücken so nannten, mußte er ihn so hinnehmen oder ein schlechtes Gewissen bekommen. Mittlerweile war ihm bewußt, daß er nicht mehr nur hinter Florence Farstalker hinterher spionierte, um etwas gegen sie in die Hand zu bekommen, sondern auch, weil er sie gerne beobachtete. Sie amüsierte ihn nicht nur, sie war auch das lebendigste Wesen, daß er je gesehen hatte. Sie schien jeden Moment ihres Lebens völlig mit ihrer Umwelt im Reinen zu sein und erhellte jeden Raum, den sie betrat. Es wurde immer etwas wärmer und angenehmer, wenn sie in der Nähe war, auch wenn sie in Gedanken weit entfernt war, so war er sich doch ihrer überdeutlichen hintergründigen Präsenz bewußt. Nun ja, für ihn war sie deutlich, die meisten Schüler nahmen sie nur selten wirklich wahr, als wäre sie verzaubert... Wahrscheinlich war dem auch so, immerhin lebten beide in einer Welt voller Magie, in der fast alles möglich war. Er nahm seinen Platz ein und beobachtete gehässig grinsend den Einzug der Gryffindors in den Kerker, in dem bald der Unterricht von Professor Salve beginnen sollte. James Potter vorne weg, Sirius Black und Remus Lupin hinterher, mit etwas Abstand der widerliche Peter Pettigrew und dann eine Horde schnatternder Mädchen, darunter auch seine Flo. Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer und ein angenehmer Stich im Magen entrückten ihn für Sekunden aus der Realität. So bekam er nicht mit, daß Sirius Black seine Reaktion in genau diesem Moment nur allzu scharf beobachtet hatte. Im Verlauf der Stunde bekam Severus mit, daß die Jungs der Potter - Bande die Köpfe zusammensteckten und vor sich hin tuschelten. Was sie jedoch in genau dieser Stunde ausheckten, sollte er allerdings erst im nächsten Schuljahr erfahren.
Weihnachten in Hogwarts war immer wieder ein Erlebnis für sich. Zwar fand Severus Snape den ganzen Zirkus mit den geschmückten Weihnachtsbäumen übertrieben und kitschig, aber er freute sich mittlerweile jedes Jahr wieder darauf. Jedes Jahr, seitdem er in Hogwarts war, fand er am Weihnachtsmorgen am Fußende seines Bettes ein Geschenkpaket vor. Er wußte nicht, von wem es kam, nur, daß es in keinem Fall von seinen Eltern war. Alle anderen Jungs in seinem Schlafsaal, die auch über Weihnachten in der Schule geblieben waren (meist nur Evan Rosier und Lance Wilkes, nur einmal auch Charly Lestrange) bekamen zu Weihnachten Geschenke von ihren Eltern. Und so nahmen alle an, daß auch Severus' alljährliches Geschenk von dessen Eltern kam. Und Severus würde den Teufel tun, sie eines Besseren zu belehren. Dieses Jahr hatte er einen eigenen Besen erhalten, einen Shooting Star, den neuesten Rennbesen auf dem Markt. Er konnte zuerst gar nicht fassen, als der diese Kostbarkeit aus dem Geschenkpapier auswickelte, was er da in den Händen hielt. Evan und selbst der verwöhnte Lance erbleichten vor Neid. Und so kam es noch vor dem Frühstück zu einer handfesten Rangelei, bei der sich Severus nur mit Hilfe seines Zauberstabs durchsetzen konnte. Überglücklich und geradezu beschwingt rannte er die Treppen hinauf zum Frühstück in der Großen Halle, als er plötzlich wie angewurzelt in der Vorhalle stehen blieb. Prompt rannten Evan und Lance, die versucht hatten, mit ihm mitzuhalten, in ihn hinein. Diese zweite Überraschung an diesem Morgen war schlicht und ergreifend zu viel für Severus: er hatte Florence Farstalker gesehen, wie sie gerade die Große Halle betrat. Wieso war sie nicht zu Haus bei ihren Eltern? Sie war noch in keinen Ferien hiergeblieben, warum also ausgerechnet dieses Jahr? Und warum hatte er sie dann bisher noch nicht gesehen, nachdem alle anderen abgereist waren? Die neugierigen Fragen seiner Freunde völlig überhörend ging er langsam und vorsichtig weiter und schaute mißtrauisch um die Ecke in die Halle: ja, es war Florence, die da am Tisch Platz nahm. Weil dieses Jahr wieder nur wenige Schüler und Lehrer die Ferien in der Schule verbrachten, war nur ein Tisch aufgebaut, an dem alle Dagebliebenen sitzen konnten. Severus setzte sich direkt gegenüber von Florence hin und beäugte sie mißtrauisch. Sie schien traurig zu sein und ihre Augen waren gerötet, wahrscheinlich vom Weinen. Sie blickte stur auf ihren Teller und sagte kein Wort. Neben Severus verdrängten Lance und Evan gerade ein paar Ravenclaws, damit sie neben ihm sitzen konnten und in ihren Gesichtern sah man geradezu, wie sie das absurde Verhalten ihres Freundes zu bewerten versuchten.
Albus Dumbledore fühlte sich immer mehr in seiner neuen Sicht der Dinge bestätigt, als er seine Schüler an diesem Morgen beobachtete. Er hatte lange auf Florence einreden müssen, bis sie endlich den Gryffindorturm für dieses Frühstück verließ. Und für heute Abend hatte er sie in seine Räume, die direkt an sein Büro angrenzten, zitiert. Frowin, sein Zentaurenfreund, hatte zugesagt, die nächsten Tage im Verbotenen Wald auf Florence zu warten, damit sie noch einmal mit ihm sprechen konnte, wenn sie ihrem Onkel heute Abend nicht ausreichend glaubte. Und er ging davon aus, daß sie in jedem Fall mit Frowin sprechen wollte, denn heute abend würde er ihr alles erzählen. Nur nichts über seine Gedanken zu Severus Snape, letztendlich war es Florence' Angelegenheit und Schicksal, wer der Dunkle aus der Prophezeiung sein würde. Alles nimmt seinen Lauf, wie es sein sollte. Er war sich mittlerweile sicher, daß Severus seinen Eltern nichts von Florence erzählen würde. Seine Gefühle für sie waren zu tief, um sie ausgerechnet vor seinen Eltern zu erwähnen, dafür war er nun doch zu verschlossen, auch der eigenen Sicherheit wegen. Albus Dumbledore beneidete Severus nicht für das, was ihm noch bevorstand. Er nahm sich jedoch vor, dem Jungen klar zu machen, daß er sich jederzeit an ihn wenden konnte, egal, was käme. Dadurch würde er hoffentlich im Sinne der Prophezeiung handeln und wenn nicht, dann bestand wenigstens die geringe Chance, wenigstens eine Seele vor der totalen Finsternis zu bewahren. Das wirklich dumme an Prophezeiungen war, daß man nie wußte, wie man sich zu verhalten hatte, wenn man von ihnen Kenntnis hatte.
Gegen Ende des Frühstücks war Florence langsam aber sicher wütend. Ihr waren die bohrenden Blicke ihres Gegenübers nicht entgangen und sie hoffte, Severus würde dieses unhöfliche Verhalten irgendwann im Laufe des Morgens aufgeben, wenn sie ihn nur lange genug nicht beachtete. Nun ja, unhöflich war er immer, warum also nicht auch ihr gegenüber? Wütend blickte sie hoch und starrte ihm direkt ins Gesicht. Eigentlich wollte sie ihn gerade anfahren, ob sie vielleicht irgendetwas im Gesicht kleben hätte oder warum er sie sonst so penetrant anstarren würde, verschluckte sich aber fast bei dem Anblick, der sich ihr bot. Seine großen schwarzen Augen blickten sie nicht spöttisch oder arrogant an, wie sie es von ihm erwartet hatte, im Gegenteil. Für einige Sekunden glaubte sie Mitgefühl, Angst, Besorgnis und eine unglaubliche Wärme in seinem Blick erkennen zu können. Ihre Wut war schnell verflogen und machte totaler Verwirrung Platz. Severus wandte nur zögerlich den Blick von ihr ab und sie glaubte sehen zu können, daß seine Ohren, halb verborgen unter seinem immer länger werdenden ungepflegtem schwarzen Haar die Farbe tiefsten Purpurs angenommen hatten. Sie schnappte ungläubig nach Luft und drehte nun den Kopf zu ihrem Onkel an der Spitze der Tafel. Dumbledore sah sie nur unschuldig an, als ob er nichts mitbekommen hätte. Nun gut. Heute Abend konnte sie lange genug mit ihm sprechen. Bis dahin würde sie sich im Mädchenschlafsaal im Gryffindorturm verkriechen und nachdenken. Bedächtig erhob sie sich vom Tisch und auf ihrem Weg die Treppen hinauf flatterte ihr weites schwarzes Kleid geradezu theatralisch hinter ihr her.
Severus Snape hatte das dringende Bedürfnis, seinen Kopf gegen irgendetwas Hartes, am Besten eine Wand aus Stein zu donnern. Oder einfach nur im Boden zu versinken. Wie dämlich war er eigentlich?
Es hatte in den letzten Tage vor Weihnachten geschneit und die Nacht war hell, das Licht der Sterne und des Mondes wurden vom Schnee reflektiert und alles erschien in einem überirdischem Licht. Auch auf dem Astronomieturm lag Schnee wie ein dicker Überzug aus Zuckerguß. Severus hatte seinen neuen Besen mit nach oben genommen, zum Einen, weil er ihn nicht mit Lance und Evan allein lassen wollte (wer weiß, vielleicht würden sie ja in der Nacht aufwachen und seine Abwesenheit ausnutzen und den Besen womöglich noch zerstören), zum Anderen hoffte er immer noch darauf, die nächtliche Gestalt von vor ein paar Wochen wiederzusehen. Mit dem Besen konnte er sie noch einholen. Sein erster Plan, unten vor dem Schloss Wache zu halten, erwies sich als undurchführbar, da ständig der Wildhüter Hagrid oder Direktor Dumbledore um die Ecke zu kommen schienen. Jedesmal, wenn er den Versuch gemacht hatte, sich im Garten zu verstecken, war er nur um Haaresbreite an einer Entdeckung vorbei geschlittert. Er war zwar hartnäckig, aber nicht besonders scharf auf eine Strafarbeit. Evan Rosier und Lance Wilkes hielten ihn seit heute morgen für ihren persönlichen Helden, denn in ihren Augen hatte es Severus nur durch seine Blicke geschafft, einer Gryffindor das Weihnachtsfrühstück zu verderben. Er war manchmal wirklich froh über die totale Unsensibilität seiner Klassenkameraden. Heute Abend rechnete er zwar nicht ernsthaft mit der nächtlichen Spaziergängerin, aber er wollte wenigstens ab und an ein Auge auf den verschneiten Rasen werfen. Die kalte Luft tat in seinen Lungen weh, aber wenigstens war sie frisch und klärte seine Gedanken. Und so stand er eine ganze Weile fröstelnd da, den Besen an seiner Seite, und starrte in die Nacht hinaus, bis sich unten etwas bewegte...
Florence Farstalker glaubte ihrem Onkel zwar jedes Wort, daß er heute Abend zu ihr gesagt hatte, aber sie mußte sich einfach mit dem Zentauren persönlich unterhalten. Vielleicht würde er ihr gegenüber noch anderes äußern, was die Prophezeiung noch etwas deutlicher machte. Was sollte zum Beispiel das mit der "schwersten Stunde der Elbe" und aus welchem Schatten mußte welcher Dunkle treten? Wie alle Elben war auch sie als Halbelbe in der Lage, kaum Abdrücke im Schnee zu hinterlassen, allerdings erforderte das einiges an Konzentration. So bekam sie auch nicht mit, daß sich vom höchsten Turm des Hogwarts - Schlosses eine Gestalt in den Himmel erhob und schnurstracks hinter ihrem Rücken auf sie zukam, als sie fast den Waldrand erreicht hatte.
Severus Snape war eiskalt auf dem Besen, aber er wollte unbedingt wissen, wer da unten umherschlich, also flog er so schnell er konnte nach unten in Richtung Wald. Am Waldrand mußte er absteigen, da er die Gestalt aus den Augen verloren hatte. Seltsamerweise fand er keine Fußabdrücke im Schnee. Er suchte eine Weile und wollte schon fast aufgeben, als der kalte, schneidende Wind Stimmen zu ihm herüber trug. Er ging in die Richtung, aus der die Stimmen zu kommen schienen und vermied es, Lärm zu machen. Nach kurzer Zeit kam er an den Rand einer Lichtung. Auf der mondbeleuchteten Lichtung standen ein Zentaur und eine menschliche Gestalt beisammen und unterhielten sich. Worüber, konnte er nicht verstehen, aber die menschliche Gestalt schien nicht besonders erfreut zu sein, über das, was der Zentaur ihr mitzuteilen schien. Severus hockte sich in den Schnee hinter einen großen Baum und verfolgte die Szenerie. Der Zentaur drehte sich um und lief tiefer in den Wald hinein, wohingegen die menschliche Gestalt noch eine Weile mit gesenktem Kopf stehen blieb. Severus konnte noch immer nicht sagen, ob es sich um eine Schülerin oder eine Erwachsene handelte, die Kapuze verdeckte das Gesicht. Und er wollte nicht unbedingt einer Lehrerin in die Arme laufen, also blieb er in seinem Versteck.
Florence war kalt, innerlich weit mehr als äußerlich. Es war, als hätte man ihr einen Eiszapfen in den Magen gelegt. Was Frowin, der Zentaurenfreund ihres Onkels Albus Dumbledore ihr geweissagt hatte, war schlimmer, als sie befürchtet hatte. In ihren Sorgen versunken machte sie sich auf den Rückweg. "Ist es nicht etwas kalt heute für ein nächtliches Schwätzchen im Wald?" wollte eine frostige Stimme plötzlich hinter ihr wissen. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, zu wem die Stimme gehörte. "Und ist es nicht etwas zu spät für einen Slytherin mit einschlägiger Schulakte, um sich im Verbotenen Wald herum zu treiben?" fragte sie zurück und drehte sich zum Sprecher um. Ein völlig durchgefrorener Severus Snape stand vor ihr, die bläulich angelaufenen Finger um einen Besenstil geklammert. Er legte den Kopf schräg und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Sieht aus, als hätten wir ein Patt, was?" fragte er nun nicht mehr so unfreundlich. Florence beschloss, nicht zu erwähnen, daß sie im Gegensatz zu Severus hier sein durfte und schwieg. Schließlich lächelte sie (ihm schien wirklich sehr, sehr kalt zu sein und bot fast ein Bild des frierenden Jammers) und entgegnete: "Nun, ich denke, ja. Sollte irgendetwas hiervon heraus kommen, könnte ich dich genauso anschwärzen, nicht wahr?" Schweigen. "Wir sollten besser wieder ins Schloss zurück, bevor wir erfrieren." Flo fror nicht so sehr, sie war diese Temperaturen gewöhnt, aber Severus würde zu Eis erstarren, wenn sie ihn nicht bald dazu bringen würde, wieder geheizte Räume aufzusuchen. Wer weiß, wie lange er schon draußen war. "Nun komm schon, oder willst du als Tiefkühlkost wie bei den Muggeln enden?" Sie zog sanft an seinem Umhang und setzte sich in Bewegung. 'Wahrscheinlich weiß er gar nicht mehr, in welche Richtung er gehen muß!' dachte sie bei sich und geleitete ihn aus dem Wald heraus. Als Severus die vertrauten Türme Hogwarts' wieder sah, war ihm etwas wohler zumute. Er hätte allein den Weg nicht wieder zurück gefunden, außer, er wäre geflogen, aber seine Finger hätten sich nicht mehr am Besen festhalten können, von daher war er dankbar, daß Florence ihm den Weg zeigte. Es begann wieder zu schneien, kurz bevor sie das Schlossportal erreichten. "Flo?" "Ja?" "Kein Wort. Zu niemandem. Bitte." Bitte? Hatte er gerade bitte gesagt? Zweifelnd schaute sie Severus an, und er schien wirklich nicht glücklich oder überheblich zu sein. Er hatte wohl ziemlich viel Angst davor, seine Eltern könnten etwas davon erfahren. "Ich schwöre! Wenn du auch still bist." Sie lächelte ihm nun aufmunternd zu und dachte 'Nicht auch noch diskutieren hier draußen, sonst bekommt er noch eine Lungenentzündung!' Er nickte nur und stolperte steifbeinig in die Vorhalle. Niemand war dort, also standen sie beide noch mit gesenkten Köpfen voreinander bis Florence "Gute Nacht und tau' schön auf!" sagte und sich umdrehte, um die Treppen hinauf zu ihrem Schlafsaal zu gehen. Severus blieb noch eine Weile, bis er den Großteil seiner Beine und Füße wieder spürte, bevor er sich auf den Weg in den Slytherin - Bereich machte. Aus den Schatten löste sich eine weitere Gestalt, die belustigt lächelte, als beide Schüler außer Sichtweite waren. 'Nun, soviel dazu!' dachte Albus Dumbledore bei sich und begab sich nun selbst auf den Weg zu seinem warmen Bett.
Nun, da er definitiv wußte, daß Florence Farstalker die nächtliche Spaziergängerin war, schnüffelte Severus Snape ihr nicht mehr so oft hinter her. Er sah sie oft genug im Unterricht oder in der Bibliothek, darum entgingen ihm auch einige Dinge, die sich bis zu den Sommerferien ereigneten. Wenn sie sich irgendwo auf den Gängen oder in der Bibliothek trafen und sonst niemand in der Nähe war, lächelten sie sich oft kurz an, nur um möglichst schnell mit roten Köpfen wieder auseinander zu stieben. Waren andere dabei, blieb es nur bei einem kurzen Blickkontakt, unauffällig und unverdächtig. Gelegentlich sah er sie nachts wieder in den Wald schleichen, verfolgte sie aber nicht wieder. Er war zwar sehr neugierig, was Florence dort zu suchen hatte, denn eine Unterhaltung mit Zentauren fand er persönlich nicht unbedingt für so erstrebenswert, dafür erwischt zu werden, aber er konnte ja auch nicht ahnen, daß die Unterhaltung mit Frowin in jener Nacht nur die Ausnahme war. Wenn er gewußt hätte, daß sie meistens nur meditierend auf einer Lichtung saß, hätte er sie wahrscheinlich für schwachsinnig erklärt. So aber mußte er annehmen, daß sie viel Kontakt mit Zentauren pflegte, vielleicht wollte sie ja später als Seherin arbeiten, zuzutrauen war es ihr.
Florence hatte längst herausgefunden, daß Severus sich öfter nachts auf dem Astronomieturm aufhielt, von wo aus er sie beobachten konnte, da er aber dicht gehalten hatte, machte sie ihm auch keine Schwierigkeiten deswegen. Zu gern hätte sie sich noch einmal mit ihm unterhalten, aber es fehlte ein Aufhänger für ein Gespräch zwischen ihnen. Sie beobachtete ihn gelegentlich im Unterricht und oft genug mußte sie feststellen, daß auch er sie beobachtete, allerdings nicht mehr so eindringlich und forschend wie noch vor Weihnachten. Sirius regte sich immer noch über Snape auf und ließ nun seinerseits Florence nur noch selten aus den Augen (was auf Dauer ziemlich lästig war), hatte aber auch zugeben müssen, daß Severus nicht mehr so aufdringlich war. Remus versuchte noch bis Ostern, Florence mit Sirius zu verkuppeln, nachdem Florence ihn aber ziemlich heftig zurecht gewiesen hatte, gab er es auf. Schließlich wollte er seine Freundin ja nicht durch so eine Aktion verlieren, auch wenn er immer noch fand, daß die beiden gut zusammen passten. Zumindest hatte Lily ihm das eingeredet, die nun ganz offiziell mit James zusammen war.
In dem letzten halben Jahr zwischen Weihnachten und den Sommerferien verhielten sich die Slytherins und die Gryffindors fast auffällig ruhig, allerdings waren auch ausnahmslos alle mit den Prüfungsvorbereitungen beschäftigt. Durch den haushohen Sieg der Slytherins gegen Gryffindor im Quidditch zu Beginn des Schuljahres gingen sowohl der Quidditch- wie auch der Hauspokal in diesem Jahr an die Slytherins. Doch die Gryffindors hatten längst begonnen, ihre Geheimwaffe für die nächste Saison zu trainieren. Noch einmal sollte den Slytherins nicht so einfach der Sieg in die Hände fallen und dafür gab es nur eine Lösung: Severus Snape mußte während der Spiele gegen Gryffindor beschäftigt werden.
Es wurde Winter in Hogwarts. Der Rasen vor dem Schloss war morgens fast immer mit Rauhreif überzogen und dicke Nebelschwaden zogen über den See. Dieses Jahr bekommen wir einen langen und harten Winter, dachte Albus Dumbledore bei sich, als er gerade auf der Suche nach einem Paar dicken Wollsocken war, die er zwar überall in seiner Umgebung verteilte (um sie immer griffbereit zu haben), aber nie welche fand, wenn er sie brauchte. Und der Boden in seinen Gemächern war heute morgen besonders kalt, fand er. Florence würde dieses Jahr hier in Hogwarts bleiben über Weihnachten und er freute sich darauf, auch wenn der Anlass dessen nicht so erfreulich war: seine Bruder Aberforth war im vergangenen Frühjahr gestorben. Er war mit seiner Frau, der Elbe mit dem Clannamen "Farstalker" nach Cornwall gezogen, als seine Tochter Florence nach Hogwarts kam. Nun, nach dem Tod ihres Mannes war Florence' Mutter wieder zurück nach Skandinavien gegangen, irgendwo weit oben in den Norden, wo sich kaum ein Muggel oder Magier hin verirrte, wo die Elben sich vor Jahrhunderten hin zurückgezogen hatten. (Mit Ausnahme der heutigen Hauselfen, der kleinen Elfen, die so gut wie nichts mit dem stolzen Volk der Elben gemein hatten. Niemals würde eine Elbe jemanden bedienen, was wiederum der Lebensinhalt der Hauselfen zu sein schien.) Und da war auch das Problem: im Winter waren alle Wege dorthin, selbst mit dem Besen unpassierbar. Auch zu Ostern lag dort noch alles unter einer meterhohen Schneedecke, also würde Florence nur noch in den Sommerferien zu ihrer Mutter fahren können. Sie hatten das zusammen mit der todunglücklichen Flo im Sommer besprochen und sie hatte eingewilligt. Ihre Mutter schickte ihr solange täglich eine Eule, bis keine mehr durchkam. Das letzte Mal, als Obe, Florence' Waldkauz, von ihrer Mutter zurückkam, mußte Hagrid ihn zwei Wochen lang in seiner Hütte gesund pflegen. Florence. Er hatte ihr immer noch nichts gesagt. Und Severus Snape hielt sich immer noch sehr oft in ihrer Nähe auf. Fast 2 Monate waren seit dem Abend vergangen, als Dumbledore der Verdacht kam, daß er sich mit seiner bisherigen Deutung der Prophezeiung geirrt haben könnte. Es wurde langsam Zeit, lange konnte er es nicht mehr vor sich herschieben. Unter seinem Kopfkissen fand er endlich ein Paar Socken und er zog sie erleichtert an, denn seine Füße waren mittlerweile fast abgestorben vor Kälte.
"Er starrt schon wieder hier rüber!" empörte sich Sirius Black beim Frühstück, doch keiner der Gryffindors aus seiner Klasse teilte seine Empörung. "Laß ihn Starren, solange er das tut, macht er uns wenigstens keine weiteren Schwierigkeiten!" entgegnete Remus Lupin zwischen zwei Bissen Toast. Sirius wußte, Remus hatte Recht. Die letzten zwei Monate waren relativ ruhig verlaufen zwischen den Gryffindors und den Slytherins. Die Attacken der Slytherins waren schon weit im Vorfeld zu erkennen gewesen, fast so, als hätte sie die Inspiration und der logische Verstand, der bisher alles geplant hatte, verlassen. Nun, verlassen nicht wirklich, eher anderweitig beschäftigt. Und Sirius ahnte auch, womit. Er konnte nicht anders, er war eifersüchtig auf Severus Snape. Ständig war er irgendwo in der Nähe von Florence und beobachtet sie, unauffällig zwar, aber Sirius bildete sich das nicht nur ein, da konnten James Potter und Remus noch so lange reden. Die Einzige, die überhaupt nichts von dem Trubel um sie herum mitzubekommen schien, war Florence selbst. Sie reagierte nicht auf die Annäherungen von Sirius, auch nicht auf die mittlerweile nicht mehr so diskreten Hinweise von Remus und Snape vermied sie anzublicken, kam es ihm vor. Und damit lag er gar nicht so falsch.
Florence vermied es wirklich, Severus anzublicken. Sie hatte immer noch Angst davor, von ihm bei ihrem Ausflug damals in den Wald beobachtet worden zu sein. Und diese tiefschwarzen Augen schienen sich geradewegs in ihr Herz und ihre Seele bohren zu wollen. Und was das Ganze noch verwirrender für sie machte, war, daß es ihr nicht wirklich unangenehm war. So verträumt wie sie war, bekam sie nur selten mit, daß Severus sie beobachtete, meistens wurde sie erst durch Sirius darauf hingewiesen. 'Wenn das so weitergeht, fordert Sirius ihn noch irgendwann zum Duell um mich, wie in einem schlechten Ritterroman der Muggel!' dachte sie und lief rot an. Welches weibliche Wesen hatte es nicht gern, wenn man sich um sie stritt? Aber wollte Severus Snape wirklich noch irgendetwas anderes von ihr, außer, sie eventuell in Schwierigkeiten zu bringen? Sie war sich nicht sicher und wenn sie nun zurückstarren würde, könnte dabei ja auch heraus kommen, daß er wirklich nur auf eine Gelegenheit wartete, sie und das Geheimnis ihrer Abstammung auffliegen zu lassen. Oder sie würde sich lächerlich machen, wenn er das als Avancen auffassen und seine Scherze auf ihre Kosten darüber machen würde, wenn er doch so schlecht war, wie die Jungs immer behaupteten. Also spielte sie die Unschuldige, die nichts um sich herum mitbekam, eine Rolle, die ihr jeder, der sie kannte, auch ohne weiteres abnahm. Fast jeder.
Remus Lupin kannte Florence nach über drei Jahren recht gut, besser als jeder andere. Er spürte, daß sie etwas verheimlichte. Schließlich verheimlichte er selbst sein Werwolfsein ja auch und war sich sicher, daß auch sie das spürte. Er wußte nicht, was sie von Beginn an verheimlichte aber er war sich ziemlich sicher, daß sie nichts von seinem Geheimnis wußte. Zwei Geheimniskrämer, die sich gesucht und gefunden hatten. Während alle um ihn herum mit den übermächtig werdenden Hormonen der Pubertät zu kämpfen hatten, war er weitestgehend davon unberührt. Vorteil / Nachteil des Werwolfseins. Er mochte Florence, sie waren sich ähnlich und in gewisser Weise liebte er sie auch, aber mehr wie eine kleine Schwester, die er zu beschützen hatte. Und er war sich ziemlich sicher, daß sie genauso dachte und fühlte. Aber etwas war anders an ihr geworden. Sie war schon immer etwas verschlossen gewesen, was bei dem Chaos, das in ihrem Innern herrschen mußte, wohl auch besser für alle war. Doch seit einigen Wochen stellte er manchmal Wellen der Panik in ihr fest. Er hatte die Instinkte dafür und auch dafür, daß sie mit Sirius Annäherungsversuchen nicht allzu viel anfangen konnte, darum war er auch immer deutlicher geworden. Er blickte über sein Frühstück hinweg zu Severus Snape hinüber, der gelegentlich aufblickte und herüber schaute, von Starren, wie Sirius es nannte, konnte aber keine Rede sein. Zumindest im Moment nicht. Florence neben ihm hatte gerade ihr Toast in Saft gebadet und bemühte sich, die schlabberige Masse auf eine Serviette zu bugsieren um ihren Teller für einen erneuten Versuch, etwas zu frühstücken, frei zu bekommen. Wenn sie nicht so geschickt im Umgang mit dem Zauberstab, den Zaubertränken und dem Behalten von kompliziertesten Daten und Formeln gewesen wäre, hätte er sich gefragt, ob sie überhaupt eine Hexe oder gar lebensfähig sei. Aber im Umgang mit der Magie konnte ihr kaum einer ihrer Altersgruppe etwas vormachen, soviel stand fest. Nur die Kleinigkeiten des Lebens wie Laufen, Essen oder einen Tag ohne neuen blauen Fleck zu überstehen bereiteten ihr Probleme.
Zaubertrankunterricht mit den Gryffindors - eine schöne Aussicht, wie Severus Snape fand. Zum einen war es sein bestes Fach neben Verteidigung gegen die dunklen Künste und bereitete ihm viel Spaß und Genugtuung, zum anderen brauchte er sich nicht anzustrengen, in der Nähe der "Grünen Flo" zu sein. Ein überaus dämlicher Spitzname, wie er fand, aber da es nun einmal seine Schuld gewesen war, daß alle sie hinter ihrem Rücken so nannten, mußte er ihn so hinnehmen oder ein schlechtes Gewissen bekommen. Mittlerweile war ihm bewußt, daß er nicht mehr nur hinter Florence Farstalker hinterher spionierte, um etwas gegen sie in die Hand zu bekommen, sondern auch, weil er sie gerne beobachtete. Sie amüsierte ihn nicht nur, sie war auch das lebendigste Wesen, daß er je gesehen hatte. Sie schien jeden Moment ihres Lebens völlig mit ihrer Umwelt im Reinen zu sein und erhellte jeden Raum, den sie betrat. Es wurde immer etwas wärmer und angenehmer, wenn sie in der Nähe war, auch wenn sie in Gedanken weit entfernt war, so war er sich doch ihrer überdeutlichen hintergründigen Präsenz bewußt. Nun ja, für ihn war sie deutlich, die meisten Schüler nahmen sie nur selten wirklich wahr, als wäre sie verzaubert... Wahrscheinlich war dem auch so, immerhin lebten beide in einer Welt voller Magie, in der fast alles möglich war. Er nahm seinen Platz ein und beobachtete gehässig grinsend den Einzug der Gryffindors in den Kerker, in dem bald der Unterricht von Professor Salve beginnen sollte. James Potter vorne weg, Sirius Black und Remus Lupin hinterher, mit etwas Abstand der widerliche Peter Pettigrew und dann eine Horde schnatternder Mädchen, darunter auch seine Flo. Sein Herz machte einen kleinen Hüpfer und ein angenehmer Stich im Magen entrückten ihn für Sekunden aus der Realität. So bekam er nicht mit, daß Sirius Black seine Reaktion in genau diesem Moment nur allzu scharf beobachtet hatte. Im Verlauf der Stunde bekam Severus mit, daß die Jungs der Potter - Bande die Köpfe zusammensteckten und vor sich hin tuschelten. Was sie jedoch in genau dieser Stunde ausheckten, sollte er allerdings erst im nächsten Schuljahr erfahren.
Weihnachten in Hogwarts war immer wieder ein Erlebnis für sich. Zwar fand Severus Snape den ganzen Zirkus mit den geschmückten Weihnachtsbäumen übertrieben und kitschig, aber er freute sich mittlerweile jedes Jahr wieder darauf. Jedes Jahr, seitdem er in Hogwarts war, fand er am Weihnachtsmorgen am Fußende seines Bettes ein Geschenkpaket vor. Er wußte nicht, von wem es kam, nur, daß es in keinem Fall von seinen Eltern war. Alle anderen Jungs in seinem Schlafsaal, die auch über Weihnachten in der Schule geblieben waren (meist nur Evan Rosier und Lance Wilkes, nur einmal auch Charly Lestrange) bekamen zu Weihnachten Geschenke von ihren Eltern. Und so nahmen alle an, daß auch Severus' alljährliches Geschenk von dessen Eltern kam. Und Severus würde den Teufel tun, sie eines Besseren zu belehren. Dieses Jahr hatte er einen eigenen Besen erhalten, einen Shooting Star, den neuesten Rennbesen auf dem Markt. Er konnte zuerst gar nicht fassen, als der diese Kostbarkeit aus dem Geschenkpapier auswickelte, was er da in den Händen hielt. Evan und selbst der verwöhnte Lance erbleichten vor Neid. Und so kam es noch vor dem Frühstück zu einer handfesten Rangelei, bei der sich Severus nur mit Hilfe seines Zauberstabs durchsetzen konnte. Überglücklich und geradezu beschwingt rannte er die Treppen hinauf zum Frühstück in der Großen Halle, als er plötzlich wie angewurzelt in der Vorhalle stehen blieb. Prompt rannten Evan und Lance, die versucht hatten, mit ihm mitzuhalten, in ihn hinein. Diese zweite Überraschung an diesem Morgen war schlicht und ergreifend zu viel für Severus: er hatte Florence Farstalker gesehen, wie sie gerade die Große Halle betrat. Wieso war sie nicht zu Haus bei ihren Eltern? Sie war noch in keinen Ferien hiergeblieben, warum also ausgerechnet dieses Jahr? Und warum hatte er sie dann bisher noch nicht gesehen, nachdem alle anderen abgereist waren? Die neugierigen Fragen seiner Freunde völlig überhörend ging er langsam und vorsichtig weiter und schaute mißtrauisch um die Ecke in die Halle: ja, es war Florence, die da am Tisch Platz nahm. Weil dieses Jahr wieder nur wenige Schüler und Lehrer die Ferien in der Schule verbrachten, war nur ein Tisch aufgebaut, an dem alle Dagebliebenen sitzen konnten. Severus setzte sich direkt gegenüber von Florence hin und beäugte sie mißtrauisch. Sie schien traurig zu sein und ihre Augen waren gerötet, wahrscheinlich vom Weinen. Sie blickte stur auf ihren Teller und sagte kein Wort. Neben Severus verdrängten Lance und Evan gerade ein paar Ravenclaws, damit sie neben ihm sitzen konnten und in ihren Gesichtern sah man geradezu, wie sie das absurde Verhalten ihres Freundes zu bewerten versuchten.
Albus Dumbledore fühlte sich immer mehr in seiner neuen Sicht der Dinge bestätigt, als er seine Schüler an diesem Morgen beobachtete. Er hatte lange auf Florence einreden müssen, bis sie endlich den Gryffindorturm für dieses Frühstück verließ. Und für heute Abend hatte er sie in seine Räume, die direkt an sein Büro angrenzten, zitiert. Frowin, sein Zentaurenfreund, hatte zugesagt, die nächsten Tage im Verbotenen Wald auf Florence zu warten, damit sie noch einmal mit ihm sprechen konnte, wenn sie ihrem Onkel heute Abend nicht ausreichend glaubte. Und er ging davon aus, daß sie in jedem Fall mit Frowin sprechen wollte, denn heute abend würde er ihr alles erzählen. Nur nichts über seine Gedanken zu Severus Snape, letztendlich war es Florence' Angelegenheit und Schicksal, wer der Dunkle aus der Prophezeiung sein würde. Alles nimmt seinen Lauf, wie es sein sollte. Er war sich mittlerweile sicher, daß Severus seinen Eltern nichts von Florence erzählen würde. Seine Gefühle für sie waren zu tief, um sie ausgerechnet vor seinen Eltern zu erwähnen, dafür war er nun doch zu verschlossen, auch der eigenen Sicherheit wegen. Albus Dumbledore beneidete Severus nicht für das, was ihm noch bevorstand. Er nahm sich jedoch vor, dem Jungen klar zu machen, daß er sich jederzeit an ihn wenden konnte, egal, was käme. Dadurch würde er hoffentlich im Sinne der Prophezeiung handeln und wenn nicht, dann bestand wenigstens die geringe Chance, wenigstens eine Seele vor der totalen Finsternis zu bewahren. Das wirklich dumme an Prophezeiungen war, daß man nie wußte, wie man sich zu verhalten hatte, wenn man von ihnen Kenntnis hatte.
Gegen Ende des Frühstücks war Florence langsam aber sicher wütend. Ihr waren die bohrenden Blicke ihres Gegenübers nicht entgangen und sie hoffte, Severus würde dieses unhöfliche Verhalten irgendwann im Laufe des Morgens aufgeben, wenn sie ihn nur lange genug nicht beachtete. Nun ja, unhöflich war er immer, warum also nicht auch ihr gegenüber? Wütend blickte sie hoch und starrte ihm direkt ins Gesicht. Eigentlich wollte sie ihn gerade anfahren, ob sie vielleicht irgendetwas im Gesicht kleben hätte oder warum er sie sonst so penetrant anstarren würde, verschluckte sich aber fast bei dem Anblick, der sich ihr bot. Seine großen schwarzen Augen blickten sie nicht spöttisch oder arrogant an, wie sie es von ihm erwartet hatte, im Gegenteil. Für einige Sekunden glaubte sie Mitgefühl, Angst, Besorgnis und eine unglaubliche Wärme in seinem Blick erkennen zu können. Ihre Wut war schnell verflogen und machte totaler Verwirrung Platz. Severus wandte nur zögerlich den Blick von ihr ab und sie glaubte sehen zu können, daß seine Ohren, halb verborgen unter seinem immer länger werdenden ungepflegtem schwarzen Haar die Farbe tiefsten Purpurs angenommen hatten. Sie schnappte ungläubig nach Luft und drehte nun den Kopf zu ihrem Onkel an der Spitze der Tafel. Dumbledore sah sie nur unschuldig an, als ob er nichts mitbekommen hätte. Nun gut. Heute Abend konnte sie lange genug mit ihm sprechen. Bis dahin würde sie sich im Mädchenschlafsaal im Gryffindorturm verkriechen und nachdenken. Bedächtig erhob sie sich vom Tisch und auf ihrem Weg die Treppen hinauf flatterte ihr weites schwarzes Kleid geradezu theatralisch hinter ihr her.
Severus Snape hatte das dringende Bedürfnis, seinen Kopf gegen irgendetwas Hartes, am Besten eine Wand aus Stein zu donnern. Oder einfach nur im Boden zu versinken. Wie dämlich war er eigentlich?
Es hatte in den letzten Tage vor Weihnachten geschneit und die Nacht war hell, das Licht der Sterne und des Mondes wurden vom Schnee reflektiert und alles erschien in einem überirdischem Licht. Auch auf dem Astronomieturm lag Schnee wie ein dicker Überzug aus Zuckerguß. Severus hatte seinen neuen Besen mit nach oben genommen, zum Einen, weil er ihn nicht mit Lance und Evan allein lassen wollte (wer weiß, vielleicht würden sie ja in der Nacht aufwachen und seine Abwesenheit ausnutzen und den Besen womöglich noch zerstören), zum Anderen hoffte er immer noch darauf, die nächtliche Gestalt von vor ein paar Wochen wiederzusehen. Mit dem Besen konnte er sie noch einholen. Sein erster Plan, unten vor dem Schloss Wache zu halten, erwies sich als undurchführbar, da ständig der Wildhüter Hagrid oder Direktor Dumbledore um die Ecke zu kommen schienen. Jedesmal, wenn er den Versuch gemacht hatte, sich im Garten zu verstecken, war er nur um Haaresbreite an einer Entdeckung vorbei geschlittert. Er war zwar hartnäckig, aber nicht besonders scharf auf eine Strafarbeit. Evan Rosier und Lance Wilkes hielten ihn seit heute morgen für ihren persönlichen Helden, denn in ihren Augen hatte es Severus nur durch seine Blicke geschafft, einer Gryffindor das Weihnachtsfrühstück zu verderben. Er war manchmal wirklich froh über die totale Unsensibilität seiner Klassenkameraden. Heute Abend rechnete er zwar nicht ernsthaft mit der nächtlichen Spaziergängerin, aber er wollte wenigstens ab und an ein Auge auf den verschneiten Rasen werfen. Die kalte Luft tat in seinen Lungen weh, aber wenigstens war sie frisch und klärte seine Gedanken. Und so stand er eine ganze Weile fröstelnd da, den Besen an seiner Seite, und starrte in die Nacht hinaus, bis sich unten etwas bewegte...
Florence Farstalker glaubte ihrem Onkel zwar jedes Wort, daß er heute Abend zu ihr gesagt hatte, aber sie mußte sich einfach mit dem Zentauren persönlich unterhalten. Vielleicht würde er ihr gegenüber noch anderes äußern, was die Prophezeiung noch etwas deutlicher machte. Was sollte zum Beispiel das mit der "schwersten Stunde der Elbe" und aus welchem Schatten mußte welcher Dunkle treten? Wie alle Elben war auch sie als Halbelbe in der Lage, kaum Abdrücke im Schnee zu hinterlassen, allerdings erforderte das einiges an Konzentration. So bekam sie auch nicht mit, daß sich vom höchsten Turm des Hogwarts - Schlosses eine Gestalt in den Himmel erhob und schnurstracks hinter ihrem Rücken auf sie zukam, als sie fast den Waldrand erreicht hatte.
Severus Snape war eiskalt auf dem Besen, aber er wollte unbedingt wissen, wer da unten umherschlich, also flog er so schnell er konnte nach unten in Richtung Wald. Am Waldrand mußte er absteigen, da er die Gestalt aus den Augen verloren hatte. Seltsamerweise fand er keine Fußabdrücke im Schnee. Er suchte eine Weile und wollte schon fast aufgeben, als der kalte, schneidende Wind Stimmen zu ihm herüber trug. Er ging in die Richtung, aus der die Stimmen zu kommen schienen und vermied es, Lärm zu machen. Nach kurzer Zeit kam er an den Rand einer Lichtung. Auf der mondbeleuchteten Lichtung standen ein Zentaur und eine menschliche Gestalt beisammen und unterhielten sich. Worüber, konnte er nicht verstehen, aber die menschliche Gestalt schien nicht besonders erfreut zu sein, über das, was der Zentaur ihr mitzuteilen schien. Severus hockte sich in den Schnee hinter einen großen Baum und verfolgte die Szenerie. Der Zentaur drehte sich um und lief tiefer in den Wald hinein, wohingegen die menschliche Gestalt noch eine Weile mit gesenktem Kopf stehen blieb. Severus konnte noch immer nicht sagen, ob es sich um eine Schülerin oder eine Erwachsene handelte, die Kapuze verdeckte das Gesicht. Und er wollte nicht unbedingt einer Lehrerin in die Arme laufen, also blieb er in seinem Versteck.
Florence war kalt, innerlich weit mehr als äußerlich. Es war, als hätte man ihr einen Eiszapfen in den Magen gelegt. Was Frowin, der Zentaurenfreund ihres Onkels Albus Dumbledore ihr geweissagt hatte, war schlimmer, als sie befürchtet hatte. In ihren Sorgen versunken machte sie sich auf den Rückweg. "Ist es nicht etwas kalt heute für ein nächtliches Schwätzchen im Wald?" wollte eine frostige Stimme plötzlich hinter ihr wissen. Sie brauchte sich nicht umzudrehen, um zu wissen, zu wem die Stimme gehörte. "Und ist es nicht etwas zu spät für einen Slytherin mit einschlägiger Schulakte, um sich im Verbotenen Wald herum zu treiben?" fragte sie zurück und drehte sich zum Sprecher um. Ein völlig durchgefrorener Severus Snape stand vor ihr, die bläulich angelaufenen Finger um einen Besenstil geklammert. Er legte den Kopf schräg und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Sieht aus, als hätten wir ein Patt, was?" fragte er nun nicht mehr so unfreundlich. Florence beschloss, nicht zu erwähnen, daß sie im Gegensatz zu Severus hier sein durfte und schwieg. Schließlich lächelte sie (ihm schien wirklich sehr, sehr kalt zu sein und bot fast ein Bild des frierenden Jammers) und entgegnete: "Nun, ich denke, ja. Sollte irgendetwas hiervon heraus kommen, könnte ich dich genauso anschwärzen, nicht wahr?" Schweigen. "Wir sollten besser wieder ins Schloss zurück, bevor wir erfrieren." Flo fror nicht so sehr, sie war diese Temperaturen gewöhnt, aber Severus würde zu Eis erstarren, wenn sie ihn nicht bald dazu bringen würde, wieder geheizte Räume aufzusuchen. Wer weiß, wie lange er schon draußen war. "Nun komm schon, oder willst du als Tiefkühlkost wie bei den Muggeln enden?" Sie zog sanft an seinem Umhang und setzte sich in Bewegung. 'Wahrscheinlich weiß er gar nicht mehr, in welche Richtung er gehen muß!' dachte sie bei sich und geleitete ihn aus dem Wald heraus. Als Severus die vertrauten Türme Hogwarts' wieder sah, war ihm etwas wohler zumute. Er hätte allein den Weg nicht wieder zurück gefunden, außer, er wäre geflogen, aber seine Finger hätten sich nicht mehr am Besen festhalten können, von daher war er dankbar, daß Florence ihm den Weg zeigte. Es begann wieder zu schneien, kurz bevor sie das Schlossportal erreichten. "Flo?" "Ja?" "Kein Wort. Zu niemandem. Bitte." Bitte? Hatte er gerade bitte gesagt? Zweifelnd schaute sie Severus an, und er schien wirklich nicht glücklich oder überheblich zu sein. Er hatte wohl ziemlich viel Angst davor, seine Eltern könnten etwas davon erfahren. "Ich schwöre! Wenn du auch still bist." Sie lächelte ihm nun aufmunternd zu und dachte 'Nicht auch noch diskutieren hier draußen, sonst bekommt er noch eine Lungenentzündung!' Er nickte nur und stolperte steifbeinig in die Vorhalle. Niemand war dort, also standen sie beide noch mit gesenkten Köpfen voreinander bis Florence "Gute Nacht und tau' schön auf!" sagte und sich umdrehte, um die Treppen hinauf zu ihrem Schlafsaal zu gehen. Severus blieb noch eine Weile, bis er den Großteil seiner Beine und Füße wieder spürte, bevor er sich auf den Weg in den Slytherin - Bereich machte. Aus den Schatten löste sich eine weitere Gestalt, die belustigt lächelte, als beide Schüler außer Sichtweite waren. 'Nun, soviel dazu!' dachte Albus Dumbledore bei sich und begab sich nun selbst auf den Weg zu seinem warmen Bett.
Nun, da er definitiv wußte, daß Florence Farstalker die nächtliche Spaziergängerin war, schnüffelte Severus Snape ihr nicht mehr so oft hinter her. Er sah sie oft genug im Unterricht oder in der Bibliothek, darum entgingen ihm auch einige Dinge, die sich bis zu den Sommerferien ereigneten. Wenn sie sich irgendwo auf den Gängen oder in der Bibliothek trafen und sonst niemand in der Nähe war, lächelten sie sich oft kurz an, nur um möglichst schnell mit roten Köpfen wieder auseinander zu stieben. Waren andere dabei, blieb es nur bei einem kurzen Blickkontakt, unauffällig und unverdächtig. Gelegentlich sah er sie nachts wieder in den Wald schleichen, verfolgte sie aber nicht wieder. Er war zwar sehr neugierig, was Florence dort zu suchen hatte, denn eine Unterhaltung mit Zentauren fand er persönlich nicht unbedingt für so erstrebenswert, dafür erwischt zu werden, aber er konnte ja auch nicht ahnen, daß die Unterhaltung mit Frowin in jener Nacht nur die Ausnahme war. Wenn er gewußt hätte, daß sie meistens nur meditierend auf einer Lichtung saß, hätte er sie wahrscheinlich für schwachsinnig erklärt. So aber mußte er annehmen, daß sie viel Kontakt mit Zentauren pflegte, vielleicht wollte sie ja später als Seherin arbeiten, zuzutrauen war es ihr.
Florence hatte längst herausgefunden, daß Severus sich öfter nachts auf dem Astronomieturm aufhielt, von wo aus er sie beobachten konnte, da er aber dicht gehalten hatte, machte sie ihm auch keine Schwierigkeiten deswegen. Zu gern hätte sie sich noch einmal mit ihm unterhalten, aber es fehlte ein Aufhänger für ein Gespräch zwischen ihnen. Sie beobachtete ihn gelegentlich im Unterricht und oft genug mußte sie feststellen, daß auch er sie beobachtete, allerdings nicht mehr so eindringlich und forschend wie noch vor Weihnachten. Sirius regte sich immer noch über Snape auf und ließ nun seinerseits Florence nur noch selten aus den Augen (was auf Dauer ziemlich lästig war), hatte aber auch zugeben müssen, daß Severus nicht mehr so aufdringlich war. Remus versuchte noch bis Ostern, Florence mit Sirius zu verkuppeln, nachdem Florence ihn aber ziemlich heftig zurecht gewiesen hatte, gab er es auf. Schließlich wollte er seine Freundin ja nicht durch so eine Aktion verlieren, auch wenn er immer noch fand, daß die beiden gut zusammen passten. Zumindest hatte Lily ihm das eingeredet, die nun ganz offiziell mit James zusammen war.
In dem letzten halben Jahr zwischen Weihnachten und den Sommerferien verhielten sich die Slytherins und die Gryffindors fast auffällig ruhig, allerdings waren auch ausnahmslos alle mit den Prüfungsvorbereitungen beschäftigt. Durch den haushohen Sieg der Slytherins gegen Gryffindor im Quidditch zu Beginn des Schuljahres gingen sowohl der Quidditch- wie auch der Hauspokal in diesem Jahr an die Slytherins. Doch die Gryffindors hatten längst begonnen, ihre Geheimwaffe für die nächste Saison zu trainieren. Noch einmal sollte den Slytherins nicht so einfach der Sieg in die Hände fallen und dafür gab es nur eine Lösung: Severus Snape mußte während der Spiele gegen Gryffindor beschäftigt werden.
