Kapitel 11 - Kleine große Spielchen von Molly
Es war noch früh am Morgen, als es an Severus Tür klopfte. "Herein..." antwortete er und unterdrückte ein Gähnen. Er hatte trotz allem ein paar Stunden geschlafen, war aber immer noch müde und arbeitete schon wieder an seinem Schreibtisch. Florence Farstalker's Kopf guckte um die Tür herum und sie fing an zu grinsen: "Na, du siehst ja wach aus!" "Sehr komisch! Ist schon einige Zeit her, seitdem ich die halbe Nacht Knie und Ellenbogen in regelmäßigen Abständen in die Rippen bekommen habe..." antwortete Severus und mußte sich ein Lachen verkneifen, als er den verwirrten Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, "Ich hab den Kleinen heute Nacht hier schlafen lassen, falls noch was sein sollte..." "Wie geht es ihm jetzt?" "Er schläft noch... Schon erstaunlich, wieviel Platz so ein Winzling beschlagnahmen kann! Aber du wolltest sicher etwas anderes, oder?" "Ja, allerdings. Albus hat mich gebeten, nachzuforschen, wer das Hühnchen vergiftet haben könnte. Die Hauselfen sagen, sie hätten alles wie immer unten im Dorf bestellt, aber im Lebensmittelhandel weiß niemand von bestelltem Huhn. Die restliche Bestellung ist ausgeliefert worden, und zwar mit dem Hühnchen. Ich kann nicht selbst ins Dorf... du weißt schon weswegen. Daher wollte ich dich bitten, ob du nicht mal hingehen und die Leute befragen könntest?" fragte sie und lächelte unschuldig. "Sicher... sobald Klein - Kevin wach und in seinem eigenen Schlafsaal ist, gehe ich nach Hogsmeade runter... Sonst noch was?" "Äh, ja... Du hast nicht zufällig diese Zutaten hier für mich über?" Sie schob ihm eine Liste zu und Severus hob ungläubig die Augenbrauen: "Was willst du denn mit dem ganzen Zeug? Das meiste habe ich hier, aber Sonnenstaub muß ich erst besorgen... Kann ich aber auch in Hogsmeade machen, Mrs. Soporific hat öfters die unmöglichsten Dinge auf Lager..." Er las immer noch erstaunt die Liste durch und runzelte bei einigen Posten die Stirn. "Ich will herausfinden, was für ein Gift benutzt wurde." Antwortete sie schlicht und legte ein Päckchen auf seinen Schreibtisch. "Vielleicht sind ja noch Spuren in den Resten nachzuweisen." "Benutz einfach das Labor nebenan... Heute findet ja eh kein Unterricht statt." Er legte die Liste beiseite und schaute sie nun wieder direkt an. "Gestattest du mir eine Frage?" "Kommt drauf an, welche..." Wieder dieses Lächeln. "Was ist mit deinen Haaren passiert?" Severus sah sie heute morgen daß erste Mal in einem helleren Licht wieder, aber ihr Haar war immer noch schwarz, keine Spur von Grün zu erkennen. "Ich habe sie gefärbt. Wenn ich öffentlich grüne Haare tragen würde, könnte ich mir auch gleich ein großes Schild mit der Aufschrift: 'Huhu! Ich bin's, liebe Todesser!' um den Hals hängen, oder?" Sie stand auf und schnappte sich das Päckchen mit den Überresten vom Hühnchen und ging zur Tür. "Steht unsere Verabredung noch für heute Abend?" fragte er, bevor sie ganz raus war. "Eigentlich schon, wenn du nicht schon was anderes vor hast?" sie lächelte und zog die Tür hinter sich zu.
"Was soll das heißen, es wurde kein Hühnchen bestellt? Und warum wurde es dann geliefert?" Severus war wütend und das allein schüchterte die meisten Menschen schon genug ein, nicht so aber Horatio Butcher, den Inhaber des Lebensmittelladens von Hogsmeade. "Es wurde kein Huhn bestellt und darum haben wir auch keines geliefert." Der Mann blieb stur. "Aber es wurde welches geliefert, zusammen mit den anderen Bestellungen bei Ihnen!" Severus kam sich vor, als würde er mit einer Wand diskutieren. "Es wurde kein Huhn von uns geliefert, weil auch keines bestellt wurde." "Wären Sie dann unter Umständen so gütig und schauen noch einmal in ihre Unterlagen, ob nicht doch ein Fehler unterlaufen ist?" Severus Snape war kurz vorm Platzen. Seit seinem letzten persönlichen Besuch bei Gringotts in London hatte er nicht mehr eine so sture und engstirnige Person vor sich gehabt. Und damals hatte er gelernt, daß man mit Kobolden nicht diskutieren sollte. Er fragte sich, ob Mr. Butcher vielleicht Koboldblut in den Adern fließen hatte. "Ich brauche nicht nachzuschauen, ich weiß, daß niemand aus Hogwarts Huhn bestellt hat, darum wurde von uns auch keines geliefert." Mr. Butcher verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Severus, der fast zwei Köpfe größer als er war, provozierend von unten her an. "Versuchen wir es einmal anders: wer hat die bestellten Waren denn ausgeliefert? Vielleicht ist demjenigen ja ein Fehler unterlaufen..." "Meinem Sohn unterlaufen keine Fehler!" beharrte Mr. Butcher. "Ah, wir sind schon einen Schritt weiter! Könnte ich bitte mit ihrem Sohn persönlich sprechen?" "Mein Sohn ist heute morgen abgereist." "Und wohin, wenn ich fragen darf?" Verzweiflung machte sich in Severus breit und er ahnte schon, was sein Gegenüber ihm sagen würde. "Nein, dürfen Sie nicht" "Ja, und da stehen wir vor dem nächsten Problem: meine Geduld ist begrenzt und wenn jemand versucht, meine Schüler zu vergiften, werde ich noch etwas ungeduldiger... Also: können oder wollen Sie mir nicht sagen, wo ich ihren Sohn erreichen kann?" Wenn Severus' Augen hätten töten können, wäre von Mr. Butcher nur ein Häuflein Asche übriggeblieben. Eine Weile hielt der Kaufmann dem Blick stand, dann jedoch brach er (wie schon hunderte von Schülern vor ihm) schluchzend in sich zusammen. Severus liebte diesen Blick, der einzige, der ihn niemals richtig zu deuten geschafft hatte, war Gilderoy Lockhart gewesen. "Lassen Sie mich raten: Ihr Sohn ist heute morgen aufgebrochen, um ein Todesser zu werden und die Vergiftungsaktion sollte seinen neuen Herrn beeindrucken... Sehe ich das richtig, Mr. Butcher?" Der leidgeprüfte Mr. Butcher heulte laut auf und nickte, während seine Frau aus dem Lager kam und Severus' anschnauzte: "Verschwinden Sie! Wir haben keinen Sohn mehr! Hetzen Sie ruhig die Auroren auf ihn, er hat es verdient! Aber lassen Sie uns in Ruhe..." Severus seufzte, schnappte sich seinen Besen und verließ den Laden. Draußen empfing ihn eine Schuleule mit lautem Gekreisch und er nahm ihr die Notiz vom Bein: "Es ist eine Mischung aus Moratia und Teufelsstein gewesen. Allerdings zu schwach dosiert, um tödlich zu wirken. Wer auch immer das Hühnchen vergiftet hat, hatte absolut keine Ahnung davon. Sonnenstaub brauche ich nun nicht mehr, aber frag bitte, wer die beiden Gifte bestellt hat!
Flo"
Severus war nicht überrascht, daß Florence schon fertig war im Labor, aber er hätte es gern vermieden, Mrs. Soporific nach dem Namen des Bestellers zu fragen. Schweren Herzens machte er sich auf zu "Soporific & Sleepers", dem Kräuterladen in Hogsmeade. Im ganzen Land geschah tagtäglich dasselbe wie hier: um in den immer größer werdenden Kreis der Todesser aufgenommen zu werden, mußten die Kandidaten immer dreistere Aktionen im Vorfeld starten, um überhaupt aufzufallen. Und Mr. Butcher jr. hatte nun gute Chancen für eine Aufnahme. Oder auf einen schnellen Tod. Wie auch während seiner letzten Herrschaft hatte Voldemort bisher vermieden, Hogwarts und Dumbledore direkt anzugreifen. Es war sogar sehr wahrscheinlich, daß der vorwitzige Jüngling schon tot war, Mrs. Butcher hatte schon richtig erkannt, daß sie keinen Sohn mehr hätte, auch wenn sie es anders meinte.
"Und, wer war es?" fragte Florence und räumte die letzten Gerätschaften, die sie benutzt hatte, beiseite. "Der Sohn vom Kaufmann. Er wollte unbedingt ein Todesser werden. Aber ich nehme an, er ist selbst schon tot... Voldemort mag keine unüberlegten Handlungen." seufzte Severus, "Und für heute Abend kann ich auch gleich absagen, denn ER wird mich wohl 'einladen' um zu horchen, was passiert ist. Und dann muß ich ihm wohl auch mitteilen, daß du hier bist. Tut mir leid." Severus schien um 10 Jahre gealtert zu sein und Florence wußte nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie. "Also laß uns zu Dumbledore gehen und ihm etwas erzählen, auch wenn ich glaube, daß das nicht nötig sein wird..." meinte Severus und verließ mit ihr das Labor. In der Tat war es nicht notwendig gewesen, da Albus Dumbledore bereits selbst seine Schlüsse gezogen hatte, aber er bestand darauf, das Ministerium zu informieren. Eventuell konnten die Auroren den Jungen noch abfangen. Askaban war immer noch besser als der Tod, auch wenn die Gefangenen dort vielleicht anderer Meinung sein mochten. "Ich erinnere mich an William Butcher... ein kleiner, etwas naiver Junge... er war in Hufflepuff... ging vor drei Jahren hier ab... Severus, erinnerst du dich nicht mehr an ihn?" fragte der Direktor. Severus schwieg einen Moment, bevor er antwortete: "Ja, ich erinnere mich. Und jetzt weiß ich auch nicht, ob ich stolz darauf sein soll, daß er wenigstens etwas aus meinem Unterricht behalten hat, oder mich ärgern soll, weil er es nicht richtig behalten hat..." Wie konnte dieser nette, unauffällige Junge jemals so mißraten? Todesser waren in den letzten zwei Jahren viele ehemalige Hogwarts - Schüler geworden, aber noch nie hatte einer von ihnen gewagt, etwas gegen Hogwarts zu unternehmen. Seine eigenen ehemaligen Lehrer und Mitschüler vergiften wollen... darauf wäre nicht einmal Draco Malfoy gekommen. Florence bemühte sich die ganze Zeit, nicht so schockiert auszusehen, wie sie eigentlich war. Sie war die ganzen Jahre hinter Todessern hinter her gejagt, aber das war außerhalb Europas. Das es in Britannien so schlimm stand, hatte sie nicht erwartet. Kein Wunder, das Severus so schrecklich aussah. Wer weiß, was er alles durchzustehen hatte. "Zu etwas anderem: Severus, wie weit bist du mit dem Gegenmittel zum Veritaserum? Alastor Moody und Arthur Weasley würden gern mit den Untersuchungen beginnen und ihre Leute los schicken." wechselte Albus Dumbledore das Thema und schaute seinen Zaubertranklehrer streng an. Er wußte, daß er Severus keine Zeit für Selbstmitleid lassen durfte, zumindest jetzt noch nicht. "Ich bin fertig. Meinetwegen kann es losgehen." Sie hatten ihre Pläne geändert. Wenn die Untersuchungen anfingen, würden sich alle Verräter im Ministerium schon rechtzeitig bei ihm melden. Es war nicht nötig, daß das Gegenmittel immer im Laufe der Befragungen versagte (was letztendlich auch sicherer für Severus war), wenn sie die Namen hätten, würde das vorläufig schon reichen, um wenigstens größeren Schaden zu verhindern. Cornelius Fudge, der Zaubereiminister, war immer noch nicht davon überzeugen zu gewesen, daß es in seinem Ministerium Spione gab, darum mußte mindestens einer der Todesser offiziell auffliegen. Um die anderen konnten sie sich noch anderweitig kümmern. "Gut, gut... Dann kannst du heute abend ja auch noch zusätzliche Punkte sammeln, wenn du Flo erwähnst..." Nun fixierte Dumbledore seine Nichte, die während der meisten Zeit ihrer Unterhaltung auf den Boden gestarrt hatte, "Hast du nicht auch noch etwas mitzuteilen?" Florence schluckte schwer und beobachtete aus den Augenwinkeln Severus, der mit ausdrucksloser Miene aus dem Fenster hinter Dumbledore schaute. "Ich habe eventuell eine Substanz gefunden, die für die Patienten mit den gelöschten Gedächtnissen geeignet sein könnte..." Ruckartig drehte Severus den Kopf in ihre Richtung und betrachtete sie mißtrauisch, sagte aber nichts. "Es ist eine Wurzel, die von den Hexen in Guatemala verwendet wird, um sich besser an Sprüche und Formeln zu erinnern. In den nächsten Tagen bekomme ich wieder eine Lieferung, dann könnten wir damit experimentieren. Allein bin ich bisher noch nicht weit gekommen. Das Zeug ist ziemlich explosiv..." "Nun, daß klingt doch alles recht vielversprechend, nicht wahr, Severus?" Dumbledore lächelte nun aufmunternd und erwartete eigentlich etwas mehr Begeisterung, als sein Schützling an den Tag legte... denn das war überhaupt keine. Severus sagte nichts und zeigte keinerlei Gemütsregung. Florence hin gegen hatte es plötzlich sehr eilig, ihren morgigen Unterrichtstag vorzubereiten und verließ recht schnell das Büro. "Okay, was ist los? Flo hat die halbe Erdkugel nach Brauchbarem abgesucht und vielleicht etwas gefunden und du sagst gar nichts dazu?" Dumbledore konnte seine Wut nur schwer verhehlen. "Entschuldige mich bitte, ich habe auch noch zu tun." Severus stand auf und ging zur Tür. "Hast du Angst, jemand könnte sich an dich erinnern? Oder hast du alles völlig verdrängt, was du damals getan hast?" rief Dumbledore ihm nach.
Severus hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, seine Taten zu verdrängen, meist erinnerte er sich nur in quälenden Alpträumen daran. Und er hatte auch Angst davor, daß sich seine ehemaligen Opfer erinnern könnten. Nicht so sehr davor, daß sie sich vielleicht an ihn erinnerten, sondern mehr davor, dann nicht mehr gebraucht zu werden. Trotz oder gerade aufgrund der vielen Jahre mit Albus Dumbledore hatte Severus immer noch nicht aufgehört, Personen nach ihrem Können und Nutzen zu bemessen. Dumbledore hatte viele Positionen mit höchst nützlichen Hexen und Zauberern besetzt. Daß Freundschaft auch eine Rolle spielen könnte, erschien Severus unlogisch, immerhin hatte er selbst seine besten Freunde geopfert, um bessere Informationen über Voldemort und seine Anhänger zu bekommen. Das einzige Mal, daß er bisher etwas völlig selbstlos getan hatte, war die Befreiung von Florence gewesen. Und nun stellte er sich nach etlichen Jahren erneut die Frage, ob es das alles wert gewesen war. Er spürte immer noch das Kribbeln im Magen, wenn er sie nun sah oder ihre Stimme hörte, aber gleichzeitig quälte es ihn mehr als ihre Abwesenheit in den Jahren zuvor. Sie war so anders geworden. Ernster, gefaßter, entschlossener... das war nicht mehr seine Flo, das personifizierte Chaos, das kleine Mädchen, das Schutz brauchte. Aber da sollte er sich gründlich täuschen.
"Und da ist ja auch schon der Giftmischer... Du bist pünktlich heute, hattest du etwa mit einer Unterhaltung gerechnet?" empfing Lord Voldemort Severus. "Ja, habe ich. Ist das der Junge, der Hogwarts mit vergiftetem Essen versorgt hat, Mylord?" er deutete auf einen jungen Mann, der in der Mitte der kleinen Runde auf dem Boden lag und sich vor Schmerzen krümmte. "Ja... Ich hielt es für eine gute Idee, wenn du ihm selbst noch etwas sagst, bevor wir ihn in seine Einzelteile zerlegen und an Dumbledore schicken... als 'Entschuldigung' sozusagen..." Voldemort lachte und die meisten in der Runde lachten mit. Severus konnte und wollte das nicht zulassen, aber er hatte auch nicht damit gerechnet, daß der Junge noch lebte. Fieberhaft suchte er nach einer Lösung... "Ich kenne da einige Ärzte im St.- Mungo, die hätten noch Platz für ihn... ohne sein Gedächtnis natürlich..." Severus grinste hinter seiner Maske, "Dumbledore würde seinen Tod nur als weitere Provokation sehen, und ohne sein Gedächtnis wäre er auch abschreckend genug für diejenigen, die um Eure Aufmerksamkeit buhlen, nicht die Grenzen zu überschreiten..." "Ich werde es mir überlegen, mein Freund... Ich habe gehört, ihr habt eine neue Lehrerin in Hogwarts? Kann es sein, daß wir sie bereits kennen?" Severus nickte und Voldemort fuhr fort: "Tja, dann hast du ja noch eine neue Aufgabe, nicht wahr? Bring sie so schnell wie möglich zu mir, egal, wie du das anstellst!" "Ich werde es versuchen, aber sie wird das Gelände nicht verlassen. Zumindest nicht, bevor es ihr Unterricht notwendig macht. Und das wird nicht vor Ostern geschehen, wenn sie den normalen Lehrplan einhält..." Davor hatte Severus gegraut, er konnte nur hoffen, daß alles, was Dumbledore zur Vernichtung Voldemorts geplant hatte, bis dahin geschehen war. Einer der Todesser räusperte sich und begann zu sprechen: "Mylord, im Juni nächstes Jahr stehen die Sterne günstig für eine besondere Empfängnis... Vielleicht sollten wir bis dahin warten?" Es war eine Frau und Severus konnte sich nicht erinnern, sie jemals wahrgenommen zu haben. Wer zur Hölle war das? "Liebe Freundin, du weißt mehr über so etwas als wir alle hier zusammen... ja, ich denke, wir werden warten bis dahin... aber wenn der Giftmischer schon früher die Gelegenheit hat, sie hier her zu bringen, warum sollten wir dann auf die nette Gesellschaft verzichten?" "Weil Ihr nie herausgefunden habt, wer ihr damals zur Flucht verholfen hat. Je länger sie in Eurer Obhut ist, desto mehr Möglichkeiten hat der Verräter von damals, sie wieder zu befreien, falls dieser Jemand noch unter uns ist!" warf Severus nun ein und biß sich sogleich auf die Zunge... war er zu weit gegangen? Voldemort starrte ihn vernichtend an, wechselte dann aber das Thema: "Wie weit bist du mit dem Gegenmittel? Im Ministerium wird es langsam immer deutlicher, daß eine Untersuchung bevor steht..." "Fertig. Aber es ist immer noch instabil. Je kürzer es gelagert wird, desto sicherer ist es, Mylord." Noch eine gefährliche Klippe... Severus machte sich heute Abend wohl wirklich keine Freunde in dieser Runde, er rechnete schon wieder damit, eine Bestrafung für seine Inkompetenz zu erhalten, daher überraschte es ihn, als Voldemort nur meinte: "Gut... Sie werden sich im Ernstfall bei dir melden, jeder einzelne. Und ich rate dir, Giftmischer, zuzusehen, daß keiner entdeckt wird... Ihr könnt gehen, ich werde mich noch etwas mit diesem kleinen Ärgernis hier auseinandersetzen..." Er trat kurz nach dem Jungen, der immer noch auf dem Boden lag. Severus wartete noch eine kurze Weile, aber er hatte keine Möglichkeit mehr, sich die unbekannte Frau hinter der Maske genauer anzusehen oder mit ihr zu sprechen. Da er nicht schon wieder der Letzte sein wollte, verschwand er mit einem leisen Plopp.
Harry und Hermine wurde langsam warm unter dem Tarnumhang, wagten es aber nicht, ihn trotz der Dunkelheit in der Bibliothek abzulegen. Madam Farstalker zu beobachten erwies sich als schwierig und sehr zeitaufwendig, zumal sie ihr bereits fast ununterbrochen seit dem Morgen nachschlichen. Ron hatte von dem vergifteten Huhn gegessen gehabt und verbrachte die halbe Nacht im Krankensaal. Als er wieder zurück in den Gryffindorturm gekommen war, berichtete er seinen Freunden von dem seltsamen Verhalten, daß Snape und Madam Farstalker an den Tag gelegt hatten. Es war ihm so vorgekommen, als ob die beiden sich so gut kannten, daß sie fast überhaupt nicht miteinander sprechen mußten. Sie hatten sich nur mehrmals kurz in die Augen geguckt um zu entscheiden, welche Schüler über Nacht dableiben mußten und welche nicht. "Es war echt unheimlich! Als könnten sie gegenseitig ihre Gedanken lesen..." hatte Ron seinen Freunden berichtet. Harry war schon seit dem Bankett neugierig gewesen, zu erfahren, in welcher Beziehung die beiden Lehrer zu einander standen und wollte den schulfreien Tag sowieso damit verbringen, ihnen etwas nach zu schnüffeln. Ron fühlte sich immer noch hundeelend, aber Hermine war seltsamerweise sehr schnell bereit gewesen, Harry zu begleiten.
"Warum schleicht sie sich nachts in die Bibliothek? Sie ist doch keine Schülerin und kann jederzeit jedes Buch haben, sogar aus der Verbotenen Abteilung!" flüsterte Hermine und war stocksauer. Der ganze Tag hatte ihnen nur die Erkenntnis gebracht, daß weder Snape noch Madam Farstalker zu den Mahlzeiten in der Großen Halle waren. Und daß sie gemeinsam an irgendetwas für Dumbledore arbeiteten. Aber das hatten sie sich schon denken können. Doch nun ging die Tür zur Bibliothek erneut auf und jemand schlich hinein. Madam Farstalker löschte schnell ihre Lampe und versteckte sich zuerst, bevor sie dem neuen nächtlichen Besucher hinter her ging. Harry und Hermine schauten sich überrascht an und folgten ihr.
Es war Severus Snape, der ebenfalls nur mit einer kleinen Lampe in die Bibliothek geschlichen war. Offenbar wollte auch er nicht gesehen werden, wie er nach einem Buch suchte. Er ging schnurstracks in die Abteilung für Astronomie und ging langsam an den Regalen entlang, bis er endlich ein Buch heraus zog. Florence Farstalker fluchte leise und versteckte sich wieder, sehr zur Verwunderung von Harry und Hermine. Was immer auch Snape auf dem Wege war, zu entdecken, es paßte ihr anscheinend nicht. Und Snape wiederum hatte etwas entdeckt, was ihm nicht paßte. Wütend knallte er das Buch zu, in dem er gerade gelesen hatte stellte es ruppig wieder weg. Er griff nach seiner Lampe und wollte die Bibliothek verlassen, als Madam Farstalker hinter ihm herrief: "Und? Was hast du heraus gefunden?" Sie stand nun deutlich sichtbar mitten im Gang zwischen den Bücherregalen und entzündete ihre Lampe wieder. Snape wirbelte herum und sah wirklich sehr, sehr wütend aus. "Was ich heraus gefunden habe? Daß du nicht mal in der Nähe dieses Planeten sein solltest! Warum bist du ausgerechnet jetzt nach Britannien zurückgekommen? Und erzähl mir nicht wieder, daß sie dich so oder so gefunden hätten!" "Nun, daß dein Freund Igor mir die Nachricht überbrachte, war nur ein Absicherung, falls ich es mir inzwischen anders überlegt hätte... Oder wie glaubst du, ist es diesem Idioten gelungen, zwei Jahre unentdeckt zu bleiben? Er hat ihm geholfen und schließlich zu mir geschickt, öffentlich! Ich hatte keine andere Wahl mehr, ich mußte zurückkehren... Und nun bin ich hier, ob du oder ich das wollen oder nicht." erklärte Florence nüchtern. "Tze! Ich soll dich so schnell wie möglich zu IHM bringen! Spätestens bis Juni! Weißt du, was im Juni nächstes Jahr sein wird?" Severus war außer sich. "Ja, ich weiß es. Ich weiß es schon sehr lange." antwortete sie leise, "Aber ich glaube nicht, daß wir das heute Nacht noch besprechen müssen. Und garantiert nicht hier. Es ist besser, wenn du so tust, als ob du von nichts wüßtest." "Oh nein, das werde ich nicht tun! Ich werde ihn zur Rede stellen, und zwar jetzt gleich!" entgegnete Severus und ging mit großen Schritten auf die Tür zu. "Nein, nicht! ...Bitte!" Florence war hinter ihm her gesprungen und versuchte ihn einzuholen. Harry und Hermine waren völlig verwirrt: von wem und von was hatten die beiden bloß gesprochen? Sie rannten nun ebenfalls los und sahen die beiden Lehrer in einiger Entfernung, am Fuß einer Treppe leise miteinander streiten. Leider stand auch Mrs. Norris, die struppige Katze des Hausmeisters mitten auf dem Korridor, so daß sie nicht näher an die beiden herankamen, um zu hören, worum es in ihrem weiteren Streit ging. "Laß uns hier verschwinden!" flüsterte Harry und zog Hermine in die andere Richtung, bevor sie doch noch entdeckt werden würden.
"Also, du sagst, du bist hier, weil du hier sicher bist... und ich glaube dir kein Wort davon!" Severus schritt in Florence' Büro auf und ab. Mittlerweile waren ihr Büro voller Regale mit Büchern, allerlei bunten Gefäßen und messingglitzernden Gerätschaften. Ein kleines Sofa und mehrere niedrige Sessel waren um ein Tischchen in einer Ecke nahe des Kamins aufgestellt. Ihr einzigartiger Besen stand direkt neben der Glastür zum Balkon. Es war ausgesprochen gemütlich in diesem Raum, aber Severus nahm das nur am Rande zur Kenntnis. Er war viel zu wütend auf Albus Dumbledore. Florence saß auf dem Sofa und überlegte verzweifelt, wie sie Severus beruhigen konnte. Eigentlich sollte er von der außergewöhnlichen Sternenkonstellation nächstes Jahr überhaupt nichts wissen. Bis auf die Zentauren waren nur wenige in deren Bedeutung eingeweiht, doch Severus, der die Bücherei mittlerweile fast auswendig kannte, hatte natürlich auf einen Griff das einzige Buch gefunden, das jemals zu dem Phänomen geschrieben worden war. Und Florence hatte den ganzen Abend damit verbracht, es zu suchen. Sie hätte es schon in der gestrigen Nacht gesucht, um es vor ihm zu verstecken, aber da war sie ja in der Krankenabteilung beschäftigt gewesen. "Wenn das passiert, was ich glaube, sind wir alle nicht sicher, so lang du überhaupt irgendwo bist! Und das dein Onkel dich hier her gebracht hat, heißt doch nur, daß er alle Karten vorher gemischt haben will, wie es ihm nützt!" Severus blieb stehen und fixierte sie mit böse funkelnden Augen. "Und du wußtest davon, die ganze Zeit!" "Ja. Und dieses Wissen hat mein Leben nicht unbedingt gerade fröhlicher gestaltet." Florence hatte sich entschlossen, ihm vorerst so viel von der Wahrheit zu erzählen, wie er im Moment verkraften konnte: "Wenn Voldemort nicht durch Lily's Tod zwischenzeitlich für ein paar Jahre geschwächt gewesen wäre, hätte ich nie von hier weggehen können. Daß das geschah, war fast ein Glücksfall für uns. Er hat noch lang nicht wieder weltweit die Macht an sich reißen können, sein Herrschaftsgebiet erstreckt sich bisher nur über Britannien, auch wenn er hier nun grausamer herrscht als jemals zuvor. Verstehst du denn nicht? Wir können ihn schwächen bis Juni, denn wir wissen, was kommt!" "Ich weiß nur, daß du entweder stirbst oder die Tore zur Hölle aufstößt. Und dann ist es egal, was wir vorher getan haben oder nicht." Severus ließ sich auf einem der niedrigen Sessel nieder. "Nein, das glaube ich wiederum nicht... ich werde weder das eine, noch das andere tun." Flo griff nach seinen Händen und lächelte Severus aufmunternd an. "Aber damit es nicht zu einer Katastrophe kommt, haben wir noch viel vorzubereiten..."
"Wieviel weiß er jetzt?" fragte Dumbledore seine Nichte und starrte aus dem Fenster in die Nacht. "Genug, um sich Sorgen zu machen." Florence schmuste mit Fawkes, dem Phönix. "Ich wünschte, er hätte nie davon erfahren. Was er für uns tun muß, ist so schon nicht leicht zu erklären, aber jetzt weiß er auch noch, daß es noch viel gefährlicher ist, als sich überhaupt jemand freiwillig ausdenken könnte. Vertraut er mir noch?" "Ich denke, er wird sich wieder fangen. Im Moment ist er nur wütend auf dich und besorgt um mich. Aber du solltest mit ihm sprechen, sobald er sich etwas beruhigt hat." "Was für einen Eindruck macht er auf dich? Wird er das durchstehen ohne die Seiten zu wechseln?" Dumbledore war in diesem Punkt mehr als besorgt. Die Beziehung zwischen Florence und Severus hatte sich bisher nicht in dem von ihm gewünschten Sinne entwickelt. Beide hielten sich einander gegenüber noch sehr bedeckt. Vielleicht sollte er Sirius schnellstens ins Spiel bringen... oder auch gerade nicht. "Ich weiß, was du gern hören würdest, aber ich kann es dir nicht sagen. Und ich werde nur das tun, was ich auch wirklich will. Also mußt du wohl oder übel mit diesem Risiko leben. Mehr kann und will ich dazu jetzt nicht sagen!" Florence setzte Fawkes wieder in seinen Käfig zurück, wünschte ihrem Onkel eine Gute Nacht und ließ ihn allein in seinem Büro zurück.
Es war noch früh am Morgen, als es an Severus Tür klopfte. "Herein..." antwortete er und unterdrückte ein Gähnen. Er hatte trotz allem ein paar Stunden geschlafen, war aber immer noch müde und arbeitete schon wieder an seinem Schreibtisch. Florence Farstalker's Kopf guckte um die Tür herum und sie fing an zu grinsen: "Na, du siehst ja wach aus!" "Sehr komisch! Ist schon einige Zeit her, seitdem ich die halbe Nacht Knie und Ellenbogen in regelmäßigen Abständen in die Rippen bekommen habe..." antwortete Severus und mußte sich ein Lachen verkneifen, als er den verwirrten Ausdruck auf ihrem Gesicht sah, "Ich hab den Kleinen heute Nacht hier schlafen lassen, falls noch was sein sollte..." "Wie geht es ihm jetzt?" "Er schläft noch... Schon erstaunlich, wieviel Platz so ein Winzling beschlagnahmen kann! Aber du wolltest sicher etwas anderes, oder?" "Ja, allerdings. Albus hat mich gebeten, nachzuforschen, wer das Hühnchen vergiftet haben könnte. Die Hauselfen sagen, sie hätten alles wie immer unten im Dorf bestellt, aber im Lebensmittelhandel weiß niemand von bestelltem Huhn. Die restliche Bestellung ist ausgeliefert worden, und zwar mit dem Hühnchen. Ich kann nicht selbst ins Dorf... du weißt schon weswegen. Daher wollte ich dich bitten, ob du nicht mal hingehen und die Leute befragen könntest?" fragte sie und lächelte unschuldig. "Sicher... sobald Klein - Kevin wach und in seinem eigenen Schlafsaal ist, gehe ich nach Hogsmeade runter... Sonst noch was?" "Äh, ja... Du hast nicht zufällig diese Zutaten hier für mich über?" Sie schob ihm eine Liste zu und Severus hob ungläubig die Augenbrauen: "Was willst du denn mit dem ganzen Zeug? Das meiste habe ich hier, aber Sonnenstaub muß ich erst besorgen... Kann ich aber auch in Hogsmeade machen, Mrs. Soporific hat öfters die unmöglichsten Dinge auf Lager..." Er las immer noch erstaunt die Liste durch und runzelte bei einigen Posten die Stirn. "Ich will herausfinden, was für ein Gift benutzt wurde." Antwortete sie schlicht und legte ein Päckchen auf seinen Schreibtisch. "Vielleicht sind ja noch Spuren in den Resten nachzuweisen." "Benutz einfach das Labor nebenan... Heute findet ja eh kein Unterricht statt." Er legte die Liste beiseite und schaute sie nun wieder direkt an. "Gestattest du mir eine Frage?" "Kommt drauf an, welche..." Wieder dieses Lächeln. "Was ist mit deinen Haaren passiert?" Severus sah sie heute morgen daß erste Mal in einem helleren Licht wieder, aber ihr Haar war immer noch schwarz, keine Spur von Grün zu erkennen. "Ich habe sie gefärbt. Wenn ich öffentlich grüne Haare tragen würde, könnte ich mir auch gleich ein großes Schild mit der Aufschrift: 'Huhu! Ich bin's, liebe Todesser!' um den Hals hängen, oder?" Sie stand auf und schnappte sich das Päckchen mit den Überresten vom Hühnchen und ging zur Tür. "Steht unsere Verabredung noch für heute Abend?" fragte er, bevor sie ganz raus war. "Eigentlich schon, wenn du nicht schon was anderes vor hast?" sie lächelte und zog die Tür hinter sich zu.
"Was soll das heißen, es wurde kein Hühnchen bestellt? Und warum wurde es dann geliefert?" Severus war wütend und das allein schüchterte die meisten Menschen schon genug ein, nicht so aber Horatio Butcher, den Inhaber des Lebensmittelladens von Hogsmeade. "Es wurde kein Huhn bestellt und darum haben wir auch keines geliefert." Der Mann blieb stur. "Aber es wurde welches geliefert, zusammen mit den anderen Bestellungen bei Ihnen!" Severus kam sich vor, als würde er mit einer Wand diskutieren. "Es wurde kein Huhn von uns geliefert, weil auch keines bestellt wurde." "Wären Sie dann unter Umständen so gütig und schauen noch einmal in ihre Unterlagen, ob nicht doch ein Fehler unterlaufen ist?" Severus Snape war kurz vorm Platzen. Seit seinem letzten persönlichen Besuch bei Gringotts in London hatte er nicht mehr eine so sture und engstirnige Person vor sich gehabt. Und damals hatte er gelernt, daß man mit Kobolden nicht diskutieren sollte. Er fragte sich, ob Mr. Butcher vielleicht Koboldblut in den Adern fließen hatte. "Ich brauche nicht nachzuschauen, ich weiß, daß niemand aus Hogwarts Huhn bestellt hat, darum wurde von uns auch keines geliefert." Mr. Butcher verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Severus, der fast zwei Köpfe größer als er war, provozierend von unten her an. "Versuchen wir es einmal anders: wer hat die bestellten Waren denn ausgeliefert? Vielleicht ist demjenigen ja ein Fehler unterlaufen..." "Meinem Sohn unterlaufen keine Fehler!" beharrte Mr. Butcher. "Ah, wir sind schon einen Schritt weiter! Könnte ich bitte mit ihrem Sohn persönlich sprechen?" "Mein Sohn ist heute morgen abgereist." "Und wohin, wenn ich fragen darf?" Verzweiflung machte sich in Severus breit und er ahnte schon, was sein Gegenüber ihm sagen würde. "Nein, dürfen Sie nicht" "Ja, und da stehen wir vor dem nächsten Problem: meine Geduld ist begrenzt und wenn jemand versucht, meine Schüler zu vergiften, werde ich noch etwas ungeduldiger... Also: können oder wollen Sie mir nicht sagen, wo ich ihren Sohn erreichen kann?" Wenn Severus' Augen hätten töten können, wäre von Mr. Butcher nur ein Häuflein Asche übriggeblieben. Eine Weile hielt der Kaufmann dem Blick stand, dann jedoch brach er (wie schon hunderte von Schülern vor ihm) schluchzend in sich zusammen. Severus liebte diesen Blick, der einzige, der ihn niemals richtig zu deuten geschafft hatte, war Gilderoy Lockhart gewesen. "Lassen Sie mich raten: Ihr Sohn ist heute morgen aufgebrochen, um ein Todesser zu werden und die Vergiftungsaktion sollte seinen neuen Herrn beeindrucken... Sehe ich das richtig, Mr. Butcher?" Der leidgeprüfte Mr. Butcher heulte laut auf und nickte, während seine Frau aus dem Lager kam und Severus' anschnauzte: "Verschwinden Sie! Wir haben keinen Sohn mehr! Hetzen Sie ruhig die Auroren auf ihn, er hat es verdient! Aber lassen Sie uns in Ruhe..." Severus seufzte, schnappte sich seinen Besen und verließ den Laden. Draußen empfing ihn eine Schuleule mit lautem Gekreisch und er nahm ihr die Notiz vom Bein: "Es ist eine Mischung aus Moratia und Teufelsstein gewesen. Allerdings zu schwach dosiert, um tödlich zu wirken. Wer auch immer das Hühnchen vergiftet hat, hatte absolut keine Ahnung davon. Sonnenstaub brauche ich nun nicht mehr, aber frag bitte, wer die beiden Gifte bestellt hat!
Flo"
Severus war nicht überrascht, daß Florence schon fertig war im Labor, aber er hätte es gern vermieden, Mrs. Soporific nach dem Namen des Bestellers zu fragen. Schweren Herzens machte er sich auf zu "Soporific & Sleepers", dem Kräuterladen in Hogsmeade. Im ganzen Land geschah tagtäglich dasselbe wie hier: um in den immer größer werdenden Kreis der Todesser aufgenommen zu werden, mußten die Kandidaten immer dreistere Aktionen im Vorfeld starten, um überhaupt aufzufallen. Und Mr. Butcher jr. hatte nun gute Chancen für eine Aufnahme. Oder auf einen schnellen Tod. Wie auch während seiner letzten Herrschaft hatte Voldemort bisher vermieden, Hogwarts und Dumbledore direkt anzugreifen. Es war sogar sehr wahrscheinlich, daß der vorwitzige Jüngling schon tot war, Mrs. Butcher hatte schon richtig erkannt, daß sie keinen Sohn mehr hätte, auch wenn sie es anders meinte.
"Und, wer war es?" fragte Florence und räumte die letzten Gerätschaften, die sie benutzt hatte, beiseite. "Der Sohn vom Kaufmann. Er wollte unbedingt ein Todesser werden. Aber ich nehme an, er ist selbst schon tot... Voldemort mag keine unüberlegten Handlungen." seufzte Severus, "Und für heute Abend kann ich auch gleich absagen, denn ER wird mich wohl 'einladen' um zu horchen, was passiert ist. Und dann muß ich ihm wohl auch mitteilen, daß du hier bist. Tut mir leid." Severus schien um 10 Jahre gealtert zu sein und Florence wußte nicht, was sie sagen sollte, also schwieg sie. "Also laß uns zu Dumbledore gehen und ihm etwas erzählen, auch wenn ich glaube, daß das nicht nötig sein wird..." meinte Severus und verließ mit ihr das Labor. In der Tat war es nicht notwendig gewesen, da Albus Dumbledore bereits selbst seine Schlüsse gezogen hatte, aber er bestand darauf, das Ministerium zu informieren. Eventuell konnten die Auroren den Jungen noch abfangen. Askaban war immer noch besser als der Tod, auch wenn die Gefangenen dort vielleicht anderer Meinung sein mochten. "Ich erinnere mich an William Butcher... ein kleiner, etwas naiver Junge... er war in Hufflepuff... ging vor drei Jahren hier ab... Severus, erinnerst du dich nicht mehr an ihn?" fragte der Direktor. Severus schwieg einen Moment, bevor er antwortete: "Ja, ich erinnere mich. Und jetzt weiß ich auch nicht, ob ich stolz darauf sein soll, daß er wenigstens etwas aus meinem Unterricht behalten hat, oder mich ärgern soll, weil er es nicht richtig behalten hat..." Wie konnte dieser nette, unauffällige Junge jemals so mißraten? Todesser waren in den letzten zwei Jahren viele ehemalige Hogwarts - Schüler geworden, aber noch nie hatte einer von ihnen gewagt, etwas gegen Hogwarts zu unternehmen. Seine eigenen ehemaligen Lehrer und Mitschüler vergiften wollen... darauf wäre nicht einmal Draco Malfoy gekommen. Florence bemühte sich die ganze Zeit, nicht so schockiert auszusehen, wie sie eigentlich war. Sie war die ganzen Jahre hinter Todessern hinter her gejagt, aber das war außerhalb Europas. Das es in Britannien so schlimm stand, hatte sie nicht erwartet. Kein Wunder, das Severus so schrecklich aussah. Wer weiß, was er alles durchzustehen hatte. "Zu etwas anderem: Severus, wie weit bist du mit dem Gegenmittel zum Veritaserum? Alastor Moody und Arthur Weasley würden gern mit den Untersuchungen beginnen und ihre Leute los schicken." wechselte Albus Dumbledore das Thema und schaute seinen Zaubertranklehrer streng an. Er wußte, daß er Severus keine Zeit für Selbstmitleid lassen durfte, zumindest jetzt noch nicht. "Ich bin fertig. Meinetwegen kann es losgehen." Sie hatten ihre Pläne geändert. Wenn die Untersuchungen anfingen, würden sich alle Verräter im Ministerium schon rechtzeitig bei ihm melden. Es war nicht nötig, daß das Gegenmittel immer im Laufe der Befragungen versagte (was letztendlich auch sicherer für Severus war), wenn sie die Namen hätten, würde das vorläufig schon reichen, um wenigstens größeren Schaden zu verhindern. Cornelius Fudge, der Zaubereiminister, war immer noch nicht davon überzeugen zu gewesen, daß es in seinem Ministerium Spione gab, darum mußte mindestens einer der Todesser offiziell auffliegen. Um die anderen konnten sie sich noch anderweitig kümmern. "Gut, gut... Dann kannst du heute abend ja auch noch zusätzliche Punkte sammeln, wenn du Flo erwähnst..." Nun fixierte Dumbledore seine Nichte, die während der meisten Zeit ihrer Unterhaltung auf den Boden gestarrt hatte, "Hast du nicht auch noch etwas mitzuteilen?" Florence schluckte schwer und beobachtete aus den Augenwinkeln Severus, der mit ausdrucksloser Miene aus dem Fenster hinter Dumbledore schaute. "Ich habe eventuell eine Substanz gefunden, die für die Patienten mit den gelöschten Gedächtnissen geeignet sein könnte..." Ruckartig drehte Severus den Kopf in ihre Richtung und betrachtete sie mißtrauisch, sagte aber nichts. "Es ist eine Wurzel, die von den Hexen in Guatemala verwendet wird, um sich besser an Sprüche und Formeln zu erinnern. In den nächsten Tagen bekomme ich wieder eine Lieferung, dann könnten wir damit experimentieren. Allein bin ich bisher noch nicht weit gekommen. Das Zeug ist ziemlich explosiv..." "Nun, daß klingt doch alles recht vielversprechend, nicht wahr, Severus?" Dumbledore lächelte nun aufmunternd und erwartete eigentlich etwas mehr Begeisterung, als sein Schützling an den Tag legte... denn das war überhaupt keine. Severus sagte nichts und zeigte keinerlei Gemütsregung. Florence hin gegen hatte es plötzlich sehr eilig, ihren morgigen Unterrichtstag vorzubereiten und verließ recht schnell das Büro. "Okay, was ist los? Flo hat die halbe Erdkugel nach Brauchbarem abgesucht und vielleicht etwas gefunden und du sagst gar nichts dazu?" Dumbledore konnte seine Wut nur schwer verhehlen. "Entschuldige mich bitte, ich habe auch noch zu tun." Severus stand auf und ging zur Tür. "Hast du Angst, jemand könnte sich an dich erinnern? Oder hast du alles völlig verdrängt, was du damals getan hast?" rief Dumbledore ihm nach.
Severus hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, seine Taten zu verdrängen, meist erinnerte er sich nur in quälenden Alpträumen daran. Und er hatte auch Angst davor, daß sich seine ehemaligen Opfer erinnern könnten. Nicht so sehr davor, daß sie sich vielleicht an ihn erinnerten, sondern mehr davor, dann nicht mehr gebraucht zu werden. Trotz oder gerade aufgrund der vielen Jahre mit Albus Dumbledore hatte Severus immer noch nicht aufgehört, Personen nach ihrem Können und Nutzen zu bemessen. Dumbledore hatte viele Positionen mit höchst nützlichen Hexen und Zauberern besetzt. Daß Freundschaft auch eine Rolle spielen könnte, erschien Severus unlogisch, immerhin hatte er selbst seine besten Freunde geopfert, um bessere Informationen über Voldemort und seine Anhänger zu bekommen. Das einzige Mal, daß er bisher etwas völlig selbstlos getan hatte, war die Befreiung von Florence gewesen. Und nun stellte er sich nach etlichen Jahren erneut die Frage, ob es das alles wert gewesen war. Er spürte immer noch das Kribbeln im Magen, wenn er sie nun sah oder ihre Stimme hörte, aber gleichzeitig quälte es ihn mehr als ihre Abwesenheit in den Jahren zuvor. Sie war so anders geworden. Ernster, gefaßter, entschlossener... das war nicht mehr seine Flo, das personifizierte Chaos, das kleine Mädchen, das Schutz brauchte. Aber da sollte er sich gründlich täuschen.
"Und da ist ja auch schon der Giftmischer... Du bist pünktlich heute, hattest du etwa mit einer Unterhaltung gerechnet?" empfing Lord Voldemort Severus. "Ja, habe ich. Ist das der Junge, der Hogwarts mit vergiftetem Essen versorgt hat, Mylord?" er deutete auf einen jungen Mann, der in der Mitte der kleinen Runde auf dem Boden lag und sich vor Schmerzen krümmte. "Ja... Ich hielt es für eine gute Idee, wenn du ihm selbst noch etwas sagst, bevor wir ihn in seine Einzelteile zerlegen und an Dumbledore schicken... als 'Entschuldigung' sozusagen..." Voldemort lachte und die meisten in der Runde lachten mit. Severus konnte und wollte das nicht zulassen, aber er hatte auch nicht damit gerechnet, daß der Junge noch lebte. Fieberhaft suchte er nach einer Lösung... "Ich kenne da einige Ärzte im St.- Mungo, die hätten noch Platz für ihn... ohne sein Gedächtnis natürlich..." Severus grinste hinter seiner Maske, "Dumbledore würde seinen Tod nur als weitere Provokation sehen, und ohne sein Gedächtnis wäre er auch abschreckend genug für diejenigen, die um Eure Aufmerksamkeit buhlen, nicht die Grenzen zu überschreiten..." "Ich werde es mir überlegen, mein Freund... Ich habe gehört, ihr habt eine neue Lehrerin in Hogwarts? Kann es sein, daß wir sie bereits kennen?" Severus nickte und Voldemort fuhr fort: "Tja, dann hast du ja noch eine neue Aufgabe, nicht wahr? Bring sie so schnell wie möglich zu mir, egal, wie du das anstellst!" "Ich werde es versuchen, aber sie wird das Gelände nicht verlassen. Zumindest nicht, bevor es ihr Unterricht notwendig macht. Und das wird nicht vor Ostern geschehen, wenn sie den normalen Lehrplan einhält..." Davor hatte Severus gegraut, er konnte nur hoffen, daß alles, was Dumbledore zur Vernichtung Voldemorts geplant hatte, bis dahin geschehen war. Einer der Todesser räusperte sich und begann zu sprechen: "Mylord, im Juni nächstes Jahr stehen die Sterne günstig für eine besondere Empfängnis... Vielleicht sollten wir bis dahin warten?" Es war eine Frau und Severus konnte sich nicht erinnern, sie jemals wahrgenommen zu haben. Wer zur Hölle war das? "Liebe Freundin, du weißt mehr über so etwas als wir alle hier zusammen... ja, ich denke, wir werden warten bis dahin... aber wenn der Giftmischer schon früher die Gelegenheit hat, sie hier her zu bringen, warum sollten wir dann auf die nette Gesellschaft verzichten?" "Weil Ihr nie herausgefunden habt, wer ihr damals zur Flucht verholfen hat. Je länger sie in Eurer Obhut ist, desto mehr Möglichkeiten hat der Verräter von damals, sie wieder zu befreien, falls dieser Jemand noch unter uns ist!" warf Severus nun ein und biß sich sogleich auf die Zunge... war er zu weit gegangen? Voldemort starrte ihn vernichtend an, wechselte dann aber das Thema: "Wie weit bist du mit dem Gegenmittel? Im Ministerium wird es langsam immer deutlicher, daß eine Untersuchung bevor steht..." "Fertig. Aber es ist immer noch instabil. Je kürzer es gelagert wird, desto sicherer ist es, Mylord." Noch eine gefährliche Klippe... Severus machte sich heute Abend wohl wirklich keine Freunde in dieser Runde, er rechnete schon wieder damit, eine Bestrafung für seine Inkompetenz zu erhalten, daher überraschte es ihn, als Voldemort nur meinte: "Gut... Sie werden sich im Ernstfall bei dir melden, jeder einzelne. Und ich rate dir, Giftmischer, zuzusehen, daß keiner entdeckt wird... Ihr könnt gehen, ich werde mich noch etwas mit diesem kleinen Ärgernis hier auseinandersetzen..." Er trat kurz nach dem Jungen, der immer noch auf dem Boden lag. Severus wartete noch eine kurze Weile, aber er hatte keine Möglichkeit mehr, sich die unbekannte Frau hinter der Maske genauer anzusehen oder mit ihr zu sprechen. Da er nicht schon wieder der Letzte sein wollte, verschwand er mit einem leisen Plopp.
Harry und Hermine wurde langsam warm unter dem Tarnumhang, wagten es aber nicht, ihn trotz der Dunkelheit in der Bibliothek abzulegen. Madam Farstalker zu beobachten erwies sich als schwierig und sehr zeitaufwendig, zumal sie ihr bereits fast ununterbrochen seit dem Morgen nachschlichen. Ron hatte von dem vergifteten Huhn gegessen gehabt und verbrachte die halbe Nacht im Krankensaal. Als er wieder zurück in den Gryffindorturm gekommen war, berichtete er seinen Freunden von dem seltsamen Verhalten, daß Snape und Madam Farstalker an den Tag gelegt hatten. Es war ihm so vorgekommen, als ob die beiden sich so gut kannten, daß sie fast überhaupt nicht miteinander sprechen mußten. Sie hatten sich nur mehrmals kurz in die Augen geguckt um zu entscheiden, welche Schüler über Nacht dableiben mußten und welche nicht. "Es war echt unheimlich! Als könnten sie gegenseitig ihre Gedanken lesen..." hatte Ron seinen Freunden berichtet. Harry war schon seit dem Bankett neugierig gewesen, zu erfahren, in welcher Beziehung die beiden Lehrer zu einander standen und wollte den schulfreien Tag sowieso damit verbringen, ihnen etwas nach zu schnüffeln. Ron fühlte sich immer noch hundeelend, aber Hermine war seltsamerweise sehr schnell bereit gewesen, Harry zu begleiten.
"Warum schleicht sie sich nachts in die Bibliothek? Sie ist doch keine Schülerin und kann jederzeit jedes Buch haben, sogar aus der Verbotenen Abteilung!" flüsterte Hermine und war stocksauer. Der ganze Tag hatte ihnen nur die Erkenntnis gebracht, daß weder Snape noch Madam Farstalker zu den Mahlzeiten in der Großen Halle waren. Und daß sie gemeinsam an irgendetwas für Dumbledore arbeiteten. Aber das hatten sie sich schon denken können. Doch nun ging die Tür zur Bibliothek erneut auf und jemand schlich hinein. Madam Farstalker löschte schnell ihre Lampe und versteckte sich zuerst, bevor sie dem neuen nächtlichen Besucher hinter her ging. Harry und Hermine schauten sich überrascht an und folgten ihr.
Es war Severus Snape, der ebenfalls nur mit einer kleinen Lampe in die Bibliothek geschlichen war. Offenbar wollte auch er nicht gesehen werden, wie er nach einem Buch suchte. Er ging schnurstracks in die Abteilung für Astronomie und ging langsam an den Regalen entlang, bis er endlich ein Buch heraus zog. Florence Farstalker fluchte leise und versteckte sich wieder, sehr zur Verwunderung von Harry und Hermine. Was immer auch Snape auf dem Wege war, zu entdecken, es paßte ihr anscheinend nicht. Und Snape wiederum hatte etwas entdeckt, was ihm nicht paßte. Wütend knallte er das Buch zu, in dem er gerade gelesen hatte stellte es ruppig wieder weg. Er griff nach seiner Lampe und wollte die Bibliothek verlassen, als Madam Farstalker hinter ihm herrief: "Und? Was hast du heraus gefunden?" Sie stand nun deutlich sichtbar mitten im Gang zwischen den Bücherregalen und entzündete ihre Lampe wieder. Snape wirbelte herum und sah wirklich sehr, sehr wütend aus. "Was ich heraus gefunden habe? Daß du nicht mal in der Nähe dieses Planeten sein solltest! Warum bist du ausgerechnet jetzt nach Britannien zurückgekommen? Und erzähl mir nicht wieder, daß sie dich so oder so gefunden hätten!" "Nun, daß dein Freund Igor mir die Nachricht überbrachte, war nur ein Absicherung, falls ich es mir inzwischen anders überlegt hätte... Oder wie glaubst du, ist es diesem Idioten gelungen, zwei Jahre unentdeckt zu bleiben? Er hat ihm geholfen und schließlich zu mir geschickt, öffentlich! Ich hatte keine andere Wahl mehr, ich mußte zurückkehren... Und nun bin ich hier, ob du oder ich das wollen oder nicht." erklärte Florence nüchtern. "Tze! Ich soll dich so schnell wie möglich zu IHM bringen! Spätestens bis Juni! Weißt du, was im Juni nächstes Jahr sein wird?" Severus war außer sich. "Ja, ich weiß es. Ich weiß es schon sehr lange." antwortete sie leise, "Aber ich glaube nicht, daß wir das heute Nacht noch besprechen müssen. Und garantiert nicht hier. Es ist besser, wenn du so tust, als ob du von nichts wüßtest." "Oh nein, das werde ich nicht tun! Ich werde ihn zur Rede stellen, und zwar jetzt gleich!" entgegnete Severus und ging mit großen Schritten auf die Tür zu. "Nein, nicht! ...Bitte!" Florence war hinter ihm her gesprungen und versuchte ihn einzuholen. Harry und Hermine waren völlig verwirrt: von wem und von was hatten die beiden bloß gesprochen? Sie rannten nun ebenfalls los und sahen die beiden Lehrer in einiger Entfernung, am Fuß einer Treppe leise miteinander streiten. Leider stand auch Mrs. Norris, die struppige Katze des Hausmeisters mitten auf dem Korridor, so daß sie nicht näher an die beiden herankamen, um zu hören, worum es in ihrem weiteren Streit ging. "Laß uns hier verschwinden!" flüsterte Harry und zog Hermine in die andere Richtung, bevor sie doch noch entdeckt werden würden.
"Also, du sagst, du bist hier, weil du hier sicher bist... und ich glaube dir kein Wort davon!" Severus schritt in Florence' Büro auf und ab. Mittlerweile waren ihr Büro voller Regale mit Büchern, allerlei bunten Gefäßen und messingglitzernden Gerätschaften. Ein kleines Sofa und mehrere niedrige Sessel waren um ein Tischchen in einer Ecke nahe des Kamins aufgestellt. Ihr einzigartiger Besen stand direkt neben der Glastür zum Balkon. Es war ausgesprochen gemütlich in diesem Raum, aber Severus nahm das nur am Rande zur Kenntnis. Er war viel zu wütend auf Albus Dumbledore. Florence saß auf dem Sofa und überlegte verzweifelt, wie sie Severus beruhigen konnte. Eigentlich sollte er von der außergewöhnlichen Sternenkonstellation nächstes Jahr überhaupt nichts wissen. Bis auf die Zentauren waren nur wenige in deren Bedeutung eingeweiht, doch Severus, der die Bücherei mittlerweile fast auswendig kannte, hatte natürlich auf einen Griff das einzige Buch gefunden, das jemals zu dem Phänomen geschrieben worden war. Und Florence hatte den ganzen Abend damit verbracht, es zu suchen. Sie hätte es schon in der gestrigen Nacht gesucht, um es vor ihm zu verstecken, aber da war sie ja in der Krankenabteilung beschäftigt gewesen. "Wenn das passiert, was ich glaube, sind wir alle nicht sicher, so lang du überhaupt irgendwo bist! Und das dein Onkel dich hier her gebracht hat, heißt doch nur, daß er alle Karten vorher gemischt haben will, wie es ihm nützt!" Severus blieb stehen und fixierte sie mit böse funkelnden Augen. "Und du wußtest davon, die ganze Zeit!" "Ja. Und dieses Wissen hat mein Leben nicht unbedingt gerade fröhlicher gestaltet." Florence hatte sich entschlossen, ihm vorerst so viel von der Wahrheit zu erzählen, wie er im Moment verkraften konnte: "Wenn Voldemort nicht durch Lily's Tod zwischenzeitlich für ein paar Jahre geschwächt gewesen wäre, hätte ich nie von hier weggehen können. Daß das geschah, war fast ein Glücksfall für uns. Er hat noch lang nicht wieder weltweit die Macht an sich reißen können, sein Herrschaftsgebiet erstreckt sich bisher nur über Britannien, auch wenn er hier nun grausamer herrscht als jemals zuvor. Verstehst du denn nicht? Wir können ihn schwächen bis Juni, denn wir wissen, was kommt!" "Ich weiß nur, daß du entweder stirbst oder die Tore zur Hölle aufstößt. Und dann ist es egal, was wir vorher getan haben oder nicht." Severus ließ sich auf einem der niedrigen Sessel nieder. "Nein, das glaube ich wiederum nicht... ich werde weder das eine, noch das andere tun." Flo griff nach seinen Händen und lächelte Severus aufmunternd an. "Aber damit es nicht zu einer Katastrophe kommt, haben wir noch viel vorzubereiten..."
"Wieviel weiß er jetzt?" fragte Dumbledore seine Nichte und starrte aus dem Fenster in die Nacht. "Genug, um sich Sorgen zu machen." Florence schmuste mit Fawkes, dem Phönix. "Ich wünschte, er hätte nie davon erfahren. Was er für uns tun muß, ist so schon nicht leicht zu erklären, aber jetzt weiß er auch noch, daß es noch viel gefährlicher ist, als sich überhaupt jemand freiwillig ausdenken könnte. Vertraut er mir noch?" "Ich denke, er wird sich wieder fangen. Im Moment ist er nur wütend auf dich und besorgt um mich. Aber du solltest mit ihm sprechen, sobald er sich etwas beruhigt hat." "Was für einen Eindruck macht er auf dich? Wird er das durchstehen ohne die Seiten zu wechseln?" Dumbledore war in diesem Punkt mehr als besorgt. Die Beziehung zwischen Florence und Severus hatte sich bisher nicht in dem von ihm gewünschten Sinne entwickelt. Beide hielten sich einander gegenüber noch sehr bedeckt. Vielleicht sollte er Sirius schnellstens ins Spiel bringen... oder auch gerade nicht. "Ich weiß, was du gern hören würdest, aber ich kann es dir nicht sagen. Und ich werde nur das tun, was ich auch wirklich will. Also mußt du wohl oder übel mit diesem Risiko leben. Mehr kann und will ich dazu jetzt nicht sagen!" Florence setzte Fawkes wieder in seinen Käfig zurück, wünschte ihrem Onkel eine Gute Nacht und ließ ihn allein in seinem Büro zurück.
