Kapitel 17 - Sonntage wie dieser... von Molly
"Und Sie sind sicher, Professor Snape, das er den Tödlichen der Unverzeihlichen Flüche auf Sie sprechen wollte?" "Es war zwar dunkel, Minister, aber ich kann noch sehr gut hören, auch im Dunkeln!" "Und ich habe es auch gehört, Cornelius! Wir hatten nicht beabsichtigt, ihn zu töten... Es war ein unglückseliger Unfall!" Florence wurde langsam wieder wach und fand sich in einem Bett im Krankensaal wieder. Immer noch verwirrt lauschte sie den Stimmen von Severus, ihrem Onkel und dem britischen Zaubereiminister. "Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, was Professor Litigant so außer Kontrolle geraten lassen konnte! Schlimm genug, daß er eine unschuldige Frau von einem Turm werfen wollte, aber auch noch einen Unverzeihlichen auf... einen Kollegen zu sprechen... Und den schlimmsten noch dazu!" Cornelius Fudge wollte immer noch nicht recht glauben, was Dumbledore und Snape ihm erzählt hatten. "Cornelius, zu etwas anderem: wieso war Jonathan Litigant hier? Haben Sie ihn zu uns geschickt? Zur Kontrolle?" fragte Albus Dumbledore nun kalt. Reichlich kleinlaut kam es vom Minister: "Ja, er hat für das Ministerium gearbeitet... Ich gebe es zu, seit dem Trimagischen Turnier habe ich gewisse Vorbehalte gegen Sie beide gehabt..." "Und deshalb haben Sie uns einen Irren hierher geschickt?" Severus' Stimme überschlug sich fast. "Severus, laß gut sein! Ich hatte das schon geahnt... Allerdings bin ich nicht besonders erfreut darüber, daß das Ministerium seinen eigenen Auroren wieder die Unverzeihlichen beibringt, und sei es auch für eine gute Sache!" Dumbledore's Enttäuschung war sehr deutlich zu hören. "Wie sollen sich meine Leute denn wehren? Aber den Tödlichen muß er woanders gelernt haben, ich würde nie zulassen, daß einer meiner Angestellten ihn anwendet..." Severus schnaubte verächtlich, sagte aber nichts. "Cornelius, ich glaube, Sie sind nicht wirklich über die Vorgänge in Ihrem Ministerium informiert... Alastor Moody weiß schon seit langem davon, daß einige Abteilungsleiter geheime 'Fortbildungen' für Auroren und Henker anbieten. Ich weiß, Moody ist manchmal etwas paranoid, aber er weiß mehr, als Sie ihm zutrauen. Und wenn Sie in den letzten zwei Jahren nicht völlig auf stur geschaltet hätten, wären Sie heute etwas informierter über Ihre Mitarbeiter! Sie hätten von uns profitieren können, Cornelius!" Albus Dumbledore sprach nun sanft und beruhigend auf den Minister ein, "Aber es ist noch nicht zu spät, noch können wir uns wieder vereinen im Kampf gegen Voldemort!" "Nennen Sie ihn nicht so..." wisperte Fudge, aber Severus' Schritte über den Boden des Krankensaals waren lauter als die weitere Unterhaltung zwischen dem Direktor und dem Minister. Florence blinzelte in die Dunkelheit und kniff die Augen zusammen, als Severus eine Kerze an ihrem Bett entzündete. "Sieh mal an, wer da wieder wach ist! Wie geht es dir?" fragte er und schaute besorgt, als er sich auf einem Stuhl neben ihr Bett setzte. "Nicht gut..." krächzte Florence und ihr Hals brannte trocken bei diesen Worten. Dankbar trank sie einen Schluck Wasser, das er ihr anbot - das Runterschlucken tat noch mehr weh, als das Sprechen! "Wir haben Litigant etwas... äh... unfreiwillig ins Jenseits befördert..." Severus konnte sich das Grinsen einfach nicht verkneifen. "Ich habe dir doch gesagt, ich traue dem Kerl nicht! Aber du wolltest ja nicht hören!" Florence protestierte gestikulierend und er griff ihre Hände und drückte sie auf die Bettdecke. "Wie ist es überhaupt dazu gekommen?" fragte er nun, ließ ihre Hände aber nicht los. "Er ist einfach in mein Büro gekommen..." krächzte Florence, "Erst tranken wir Tee und ich wollte dich dazu holen..." sie schluckte, bevor sie mit schmerzverzerrtem Gesicht weiter sprach, "aber er blockte ab.. Er hat mich mit dem Cruciatus - Fluch lahm gelegt! Dann hat er mir erzählt, daß er alles wüßte und wollte mich ausquetschen... Ich habe nichts gesagt und dann wurde alles schwarz um mich... Was ist passiert?" Ihre Stimme war immer leiser geworden und Severus mußte sich weit zu ihr vorbeugen, um die letzten Worte zu verstehen. Während er ihr von den Geschehnissen auf dem Turm berichtete, strich er ihr sanft einige wirre Haarsträhnen aus dem schweißnassen Gesicht. Einfach nur ein Cruciatus - Fluch und die große Hoffnung und gleichzeitig große Bedrohung der Menschheit war ausgeschaltet... Offenbar brauchte sie doch noch fremde Hilfe... "Florence! Gut, daß du schon wach bist! Das hier ist Cornelius Fudge, der britische Zaubereiminister!" Dumbledore und Fudge waren nun ebenfalls zu Florence' Krankenlager gekommen. Fudge sah ziemlich beschämt drein und vermied den Augenkontakt mit ihr, als Albus weiter sprach: "Severus, was ich gerade beschlossen habe, geht dich auch etwas an. Cornelius hat mir sein Einverständnis gegeben, Remus Lupin wieder aus dem... äh... Ruhestand zu holen. Ich werde ihn noch heute Nacht benachrichtigen, daß er seine alte Stellung als Lehrer zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste wieder antreten kann, und das so schnell wie möglich! Das Ministerium wird alle Eltern über die Ungefährlichkeit von Remus unterrichten und ihm können wir wenigstens vertrauen!" Severus Snape blickte auf den Boden und schluckte. Wenn Remus Lupin zurückkam, würde er Sirius Black als Hund getarnt mitbringen. Und dann war die trügerische Ruhe in Hogwarts vorbei. Florence zeigte kein Interesse mehr an ihm, aber was war mit Sirius? Womöglich wurde er noch Zeuge, wie ausgerechnet sein alter Feind nun seine immer noch Angebetete gewann... Und wieder einmal konnte er nicht Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten... aber das nur nebenbei. Severus glaubte, innerlich zu vereisen. Er ließ Florence' Hände nun endgültig los und stand auf. "Dann sollte ich vielleicht gleich einmal einen Vorrat an Werwolftrank brauen! Ihr entschuldigt mich doch sicher? Minister..." er deutete einen kurzen Gruß an und konnte nur unter Mühen seine Schritte zügeln, sonst wäre er Hals über Kopf aus der Krankenstation gerannt. Albus Dumbledore ahnte, was sein Schützling gerade fühlte und nahm sich vor, noch heute Nacht einen kurzen Kontroll - Abstecher in die Kerker zu unternehmen. Wer weiß, was Severus nun wieder für Unsinn anstellen würde... Cornelius Fudge verabschiedete sich nun ebenfalls, nachdem Florence ihm mit einem Kopfschütteln klar gemacht hatte, daß er erst später eine Aussage von ihr erhalten konnte. Ihr Hals war völlig zugeschnürt und Tränen rannen über ihr Gesicht... Remus wiedersehen! Er war damals ihr bester Freund gewesen, hatte immer zu ihr gehalten! Auch als sie schon in Norwegen zur Schule ging, hatte er ihr noch eine Zeitlang Briefe geschrieben. Und sie hatte nie darauf geantwortet... sie wollte damals einfach nur alles vergessen, was mit Hogwarts und Severus zu tun hatte. Natürlich wußte sie, daß Sirius bei Remus untergekommen war. Onkel Albus hatte sie soweit möglich auf dem Laufenden gehalten. Und wenn Remus nun Sirius mitbringen würde? Er schien ihre Gedanken gelesen zu haben: "Ja, Sirius möchte ich auch hier haben. Ihr habt untereinander noch vieles zu klären. Du, Severus, Remus und Sirius. Eure Schicksale sind nun einmal miteinander verflochten, genauso, wie meines. Allerdings ist Flöhe hüten leichter, als auf euch aufzupassen! Und unsere beiden Sturköpfe müssen ganz besonders viel klären! Mit Remus wird Severus nicht so die Probleme haben... ich glaube wirklich, daß er ihn irgendwie mag, auf seine kaum nachzuvollziehende Art und Weise..." Dumbledore lächelte seiner Nichte aufmunternd zu und wischte mit einem großen karierten Taschentuch die Tränen aus ihrem Gesicht. "Und du mußt dir wohl auch noch über viele Dinge Gedanken machen... Wenn es dir wieder besser geht, werden wir uns alle zusammensetzen und unser weiteres Vorgehen besprechen! Auch Harry Potter sollte dabei sein... ich bin davon überzeugt, auch ihn hat das Schicksal noch einmal für eine große Rolle vorgesehen... Wenn doch Frowin nur noch leben würde!"
Der Lehrertisch wirkte am folgenden Tag ziemlich verwaist. Es war Sonntag und die meisten Lehrer sowieso nicht da, doch das Fehlen von Severus Snape, Florence Farstalker und Professor Litigant war doch sehr auffällig. Die Schüler waren zwar mittlerweile daran gewöhnt, daß Snape und Madam Farstalker besonders an den Wochenenden öfter mal die Mahlzeiten verpassten, aber zumindest die Slytherins wußten dann, wo sie steckten. Draco Malfoy war besorgt. Auf sein Klopfen an Severus' Bürotür hatte heute niemand geantwortet. Und das Labor war auch leer. Professor Litigant vermisste zwar niemand wirklich, aber sein leerer Stuhl sorgte für einiges Getuschel. Direktor Dumbledore sah unglaublich müde, alt und besorgt aus. Minerva McGonagall blickte ebenfalls besorgt immer wieder auf die beiden verlassenen Plätze neben sich. Albus Dumbledore hatte ihr, Professor Flitwick und Professor Sprout kurz vor dem Frühstück von der nächtlichen Katastrophe berichtet und sie hatten das Gehörte immer noch nicht wirklich verdaut. Remus Lupin sollte zurückkommen. Gut. Er war ein guter Lehrer und die Schüler hatten ihn gemocht. Wenn sie Glück hatten, würde er noch heute in Hogwarts eintreffen. Sorgen bereiteten ihr vor allem Florence und Severus. Letzterer hatte sich in seinen Räumen verschanzt und war für niemanden zu sprechen. Und Florence lag noch immer in der Krankenabteilung und schlief die meiste Zeit. Litigant mußte sie ganz schön zugerichtet haben, wenn sie solang brauchte, um sich zu erholen... Allerdings hatte Minerva McGonagall noch nie selbst den Cruciatus - Fluch ertragen müssen und konnte nicht wirklich einschätzen, was für Schmerzen man dann zu ertragen hatte. Aber Severus hatte sich, so weit sie das sagen konnte, immer recht schnell wieder davon erholt... aber Severus war in vielerlei Hinsicht sehr viel zäher und vor allem nicht so durchschaubar wie jeder andere. Er litt meistens still vor sich hin, nur manchmal platzte ihm wirklich der Kragen und dann war es besser, ihm nicht im Weg zu stehen. Und Litigant? Ein durchgeknallter Auror, der Florence über die Brüstung des höchsten Turmes des Schlosses werfen wollte und Severus fast mit dem tödlichen Fluch erwischt hatte... Es war wahrscheinlich wirklich besser, daß er gestern nacht gestorben war. Minerva traute es Severus durchaus zu, daß er ihn sonst noch später beseitigt hätte. Wenn es um Florence ging, hatte Severus noch nie Spaß verstanden. Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihr Frühstück.
"Sofort hinlegen!" Poppy Pomfrey schrie durch den ganzen Krankensaal und Florence knallte vor Schreck auf den Boden. Mühsam richtete sie sich wieder auf und hielt sich die immer noch schmerzenden Rippen. Sie hatte einige Mühe, Madam Pomfrey abzuwehren, die sie wieder ins Bett bugsieren wollte. Es war sicher schon einige Jahrhunderte her, daß zuletzt in fließendem elbisch in Hogwarts geflucht wurde, aber Florence war zu wütend und zu erschöpft, um ihre Gefühle auch noch in einer anderen Sprache, und sei es auch nur auf englisch, auszudrücken. Ergebnis war ein fauchender, höchst aggressiver Singsang, der zumindest ihrem geschundenem Hals nicht so weh tat. "Ich verstehe zwar nicht, was Sie sagen, mein Kind, aber ich denke, ich sollte glücklich darüber sein! Wenn Sie unbedingt wollen, stehen Sie halt auf! Hier hört ja sowieso niemand auf mich!" Poppy Pomfrey war wütend und drehte sich auf den Absätzen um, um sich in ihren kleinen Büroraum zu verkriechen. Und um mit der Tür zu knallen. Florence mühte sich erneut damit ab, aufzustehen. Vor Schreck ob des lauten Türenknalls hatte ihr verlängerter Rücken bereits zum zweiten Mal am heutigen Tag Kontakt mit dem saubergescheuerten Fußboden aufgenommen. Und das, wo sie noch keine zwei Schritte gelaufen war. Das übertraf selbst ihre alten Rekorde aus den frühen Schuljahren in Hogwarts. Wie gut, daß gerade kein Schüler im Krankensaal untergebracht war. Sie hätte jeden Respekt, den sie sich mühevoll in den letzten zwei Monaten erarbeitet hatte, mit einem Schlag wieder verloren. Oder besser: mit zwei Ausrutschern. Endlich im Waschraum der Krankenabteilung angekommen, erschrak sie vor ihrem eigenen Spiegelbild: sie hatte sich schon nach den übelsten Kämpfen mit Trollen, Vampiren und Todessern besser in Erinnerung... 'Ich werde alt...' dachte sie und grinste, was mit diesem aufgesprungenen Lippen gar nicht so einfach war. Ihre Mutter war bereits über 400 Jahre alt und sah immer noch keinen Tag älter aus als Mitte 30, war fidel und munter, was bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Elben von... nun ja... eigentlich waren sie fast unsterblich, wenn sie es genau bedachte. Zumindest war ihr kein natürlicher Todesfall in ihrer Familie mütterlicherseits bekannt. Und sie? Wie lange würde Florence selbst wohl leben? 150 Jahre? Mindestens. Eher das Doppelte. Oder auch nur noch bis nächsten Sommer. Naja, keiner kann schließlich ewig leben, oder? Wenn sie doch nur ihren Zauberstab da hätte... aber der lag noch auf ihrem eigenen Bett, steckte in ihrem Umhang. Und so, wie sie jetzt aussah, konnte sie nicht über die Flure zu ihrem Quartier gehen. Also mußte sie die alten Techniken anwenden, auch wenn sie vielleicht ihre ganze Kraft aufbrauchen würden. Florence stützte sich mit beiden Händen am Waschbecken ab und blickte erneut in den Spiegel vor ihr. Zuerst unmerklich, dann immer schneller verschwanden die Wunden auf ihrem Gesicht, bis sie nur noch etwas erschöpft aussah. Das gleiche geschah mit ihrem Körper, aber ihre Kraft schwand rasend schnell. Mühsam mit einer Hand ans Waschbecken geklammert wusch sie sich mit der anderen das Gesicht mit kaltem Wasser. Ihre Wunden waren geheilt und mit ein bißchen Konzentration konnte sie es in ihr Quartier schaffen, ohne groß aufzufallen. Dort waren einige Tränke, die sie jetzt brauchte. Konzentrierte Energie, eine alchemistische Meisterleistung von ihr. Solang sie diese Tränke hatte, brauchte sie nicht in den Wald zu gehen, um Kraft zu tanken. Und dafür hatte sie heute wirklich keine Zeit...
Severus Snape lag immer noch im Bett. Und er hatte auch keine Lust, wirklich aufzustehen. Wofür denn auch? Um sich weiter demütigen zu lassen? Er hatte erst morgen wieder Unterricht, bis dahin konnte Hogwarts und der Rest der Welt wohl auch ohne ihn auskommen. Die Nachmittagssonne bahnte sich einen Weg in seine Kerkerräume, vorbei an den nur hastig zugezogenen Vorhängen. Vor seinen wenigen Fenstern hatten sich einige Raben oder Saatkrähen niedergelassen und gaben ihre typischen Laute von sich... Er lag zwischen den Kissen und wünschte sich, noch einmal in seinem Leben wirklich weinen zu können. Und zwar genau jetzt. Aber seine Augen blieben trocken. Er war mehr als nur deprimiert, aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich nicht so schlecht, wie noch vor etwas über vier Monaten. Damals war ihm alles egal gewesen. Er hatte einen Zustand von völliger Leichtigkeit erreicht gehabt, nichts war wirklich mehr wichtig, nichts war da gewesen, was ihn daran hinderte, sich selbst ins Jenseits zu befördern. Und er wußte, daß diese völlige Leichtigkeit das schlimmste war, was er jemals gefühlt hatte. Und heute? Er fühlte sich nicht leicht. Er fühlte sich erdrückt. Eine zentnerschwere Last lag auf ihm und hinderte ihn daran, aufzustehen und diesen Tag in Angriff zu nehmen. Und diese Last hatte viele Gesichter. Zum einen das von Florence: sie war stark und selbstsicher, aber nicht unverwundbar, wie sie wohl selbst gern glauben wollte. Nein, sie hatte sich völlig überrumpeln lassen wie eine Anfängerin und nur durch einen Zufall (oder war es Schicksal?) konnte Severus verhindern, daß sie von Litigant getötet wurde. Dann war da noch Albus Dumbledore, der Mann, der bereits so viel von ihm verlangt hatte und noch viel mehr verlangte. Und der ihm so viel gegeben hatte. Er war sein zweiter Vater, sein Freund, sein Mentor... und ein Nimmersatt, was Severus anging: immer noch hatte er eine neue Aufgabe für ihn, auch wenn er die letzte noch gar nicht vollständig erfüllt hatte... William Butcher und die Longbottoms: nur drei der vielen Opfer Voldemorts. Sie verlangten ihre Seele, ihre Persönlichkeit und ihr Gedächtnis von ihm zurück. Draco Malfoy und Kevin Rabanus: Schüler, die seinen Schutz und Rat, seinen Beistand brauchten... Kein anderer Lehrer war dazu in der Lage, mit den Slytherins so umzugehen, daß sie nicht völlig meuterten und die Schule in Brand steckten. Harry Potter, der undankbare Sohn seines alten Erzfeindes James, den er nicht retten konnte. Zumindest ihn mußte er schützen, damit sich diese Spirale aus Schuld endlich auflöste... Remus Lupin, der Werwolf... Er brauchte Severus zwar nicht so dringend, immerhin gab es noch andere, die seinen speziellen Trank zubereiten konnten, aber in Hogwarts war er der Einzige... außer Florence... Egal, wie er seine Gedanken zu drehen versuchte, immer wieder kam er auf sie zurück. Es war wie verhext. Wahrscheinlich hatte Albus Dumbledore auch da wieder seine Finger im Spiel. Konnte sein adlernasiger Freund nicht auch mal Florence so verhexen? Gestern hatte er noch mit Wut an ihre Beziehungen zurück gedacht: Was war für ihn eigentlich so faszinierend an diesem laufenden Chaos? Sie war klein, ungeschickt, spitzzüngig und pflegte immer genau in dem Moment zu explodieren wie ein Kessel von Neville Longbottom, wenn Severus dachte, alles würde sich wieder einrenken und sie hätten eine Zeit der Ruhe vor sich. Sie war unausgeglichen und launisch. Sie war nicht einmal wirklich hübsch... Ihr Haar war eine struppige grüne Kampfansage an die Gemeinschaft der Friseure. Ihre Nase und ihre Ohren waren etwas zu spitz, ihre Haut leichenblaß. Nur diese großen, tiefgrünen Augen waren wirklich nicht schlecht zu reden: sie waren wie zwei tiefe Seen im Wald, in denen sich manchmal noch die Bäume und die Sonne zu spiegeln schienen. Eintauchen und alles vergessen... Es hatte früher mal eine Zeit gegeben, in der Severus Snape versucht hatte, seinen Kummer zu betäuben. Mit allem, was er finden konnte. Aber das Erwachen war dann immer umso qualvoller gewesen und er fühlte sich doppelt so lang doppelt so schlecht, wie er für kurze Zeit in einem sorgenunterdrückten Dämmerzustand verweilt hatte. Und Albus Dumbledore war bei seinem letzten Rückfall fast so weit gegangen, ihn wie einen Schuljungen übers Knie zu legen. Doch das wäre nicht halb so schlimm und demütigend gewesen, wie dieser Ausdruck bodenloser Enttäuschung auf dem sonst so freundlichen Gesicht. Und Severus hatte alles daran gesetzt, diese Enttäuschung wieder in Stolz umzuwandeln. Ja, Albus Dumbledore war wie ein Vater für ihn: immer wieder wollte er diesen Ausdruck freudigen Erstaunens und stolzer Anerkennung für das, was Severus tat, hervorlocken. Stöhnend vergrub sich Severus noch tiefer in die Kissen: er hatte einen totalen Vaterkomplex, war unglücklich verliebt und trug genug Schuldkomplexe für eine ganze Kleinstadt mit sich herum. Er war der unglücklichste Mensch auf der ganzen Welt und keiner verstand ihn. Wenn jetzt auch noch Voldemort nach ihm rief, würde er sich selbst einäschern, ohne Frage. Diese Fratze konnte er heute nicht auch noch ertragen. Genauso wenig wie die von Sirius Black. Und der sollte heute für den Rest des Schuljahres nach Hogwarts kommen. Am Liebsten hätte Severus nur laut geschrien und wäre mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt. Stattdessen stöhnte er nur noch einmal auf und verbuddelte sich völlig in den Kissen...
"Wo ist Severus?" fragte Florence, als sie das Büro ihres Onkels am späten Nachmittag betrat. "Der pflegt seine Depressionen in seinem Quartier. Entschuldige, das sollte nicht zynisch klingen, aber es ist nun einmal so. Er hat immer wieder Tage, an denen er keinen Menschen sehen will. Und heute ist so einer. Es ist meistens ein Sonntag. Oder Feiertag. Meistens Weihnachten. Oder ein Ferientag. Immer dann, wenn er zu lang nichts zu tun hatte. Schüler ärgern zum Beispiel." Albus Dumbledore seufzte tief. Severus Snape war nach wie vor eines seiner schwierigsten Sorgenkinder. Und noch heute Abend sollten die meisten davon unter dem Dach von Hogwarts versammelt sein. Severus, Florence, Remus, Sirius, Harry, Draco, Kevin... Er mußte sich unwillkürlich schütteln. "Warum bist du davon ausgegangen, daß er hier sei?" Florence zuckte mit den Schultern. "Er ist nicht auf dem Astronomieturm, in der Bibliothek, in seinem Labor und auf Klopfen reagiert niemand in seinem Büro... Also dachte ich, wenn er nicht arbeitet oder allein sein will, schüttet er dir seine Herz aus..." Dumbledore schaute seine Nichte nur ungläubig an: "Du willst mir doch nicht ernsthaft weis machen, daß du Severus für jemanden hältst, der mit anderen über seine Gefühle spricht?" Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht: "Nein... Aber es könnte ihm wohl nicht schaden, wenn er es täte..." "Unser Severus ist jemand, der ein ganzes Heer von Muggelpsychiatern mehrere Jahre beschäftigen könnte... Nein, ich glaube nicht, daß er jemals wollen würde, daß irgendwer wirklich Einblick in seine Seele erhält... Mich erschrecken schon manchmal die wenigen Dinge, die ich in ihm entdecke... Und ich glaube, er weiß das." Sie schwiegen eine Weile und saßen vor dem Kamin. Fawkes flatterte herüber und ließ sich auf Florence' Schulter nieder. Remus und Sirius wollten es noch vor dem Abendessen nach Hogwarts schaffen. Es wurde also langsam Zeit. Der Wasserspeier bewegte sich und jemand kam die Treppe zum Büro hinauf. Florence hörte das Blut in ihren Ohren rauschen und verkrampfte ihre Hände zu kleinen Fäusten, auf denen sich die Haut noch bleicher als sonst über ihren Knöchel spannte. Die Tür öffnete sich und... "Ich hoffe, ich störe nicht..." brummelte Severus Snape und ging langsam auf die beiden wie versteinert dasitzenden Gestalten am Kamin zu. Mit ihm hatten sie nicht gerechnet. Und er war selbst über sich erstaunt. Wie im Traum war er vor einer halben Stunde aufgestanden, hatte sich frisch gemacht, angezogen und war mit ausdrucksloser Miene hierher gegangen. Er hatte dabei nicht gedacht, die ganze Zeit über nicht. Und nun schossen die Gedanken wie Blitze durch seinen Kopf. Er fühlte sich völlig deplaziert. Und nun stand Albus Dumbledore aus seinem Sessel auf und zwang ihn, sich hineinzusetzen. Fawkes flatterte von Florence' Schulter auf seine und fing an, mit ihm zu schmusen. Irgendwie war die ganze Situation irreal. "Du siehst nicht gut aus..." bemerkte Florence sanft und konnte ihre Sorge nur schlecht verbergen. Dabei sah sie selbst nicht gerade aus wie der blühende Frühling... Notdürftig aufgepäppelt, aber nicht gesund oder gar erholt. "Ich werde mir diese einmalige Ankunft doch nicht entgehen lassen! Worüber soll ich mich denn heute sonst noch ärgern?" Zynismus, sehr typisch für Severus, "Jetzt, wo mir Litigant doch so fehlt..." Das typische fiese Grinsen. Bald war er wieder in Form. Nur noch eine etwas arrogantere Körperhaltung und er war wieder für alle, die ihn nicht wirklich kannten, ganz der Alte. Und wer kannte Severus Snape schon wirklich? Albus Dumbledore zog sich kopfschüttelnd einen weiteren Sessel heran. Dies Nuß versuchte er nun schon seit 30 Jahren zu knacken und irgendwann würde er es wahrscheinlich wirklich aufgeben. Aber nicht heute, obwohl er kurz davor war. "Ich freue mich, daß du beschlossen hast, bei uns zu sein. Möchte irgendjemand etwas Tee?"
Es war bereits dunkel und ein kalter Wind pfiff über den Bahnsteig von Hogsmeade, als Remus Lupin seinen Koffer aus dem Zug wuchtete. Ein großer schwarzer Hund kletterte direkt nach ihm aus dem Zug und hielt schnüffelnd auf dem Bahnsteig inne. Remus drehte seinen Kopf in die Richtung, in die auch der Hund blickte und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen... "Professor Lupin! Endlich sind Sie da! Der vermaledeite Zug kommt aber auch ewig zu spät, nich?" Hagrid's riesige Gestalt löste sich aus dem Schatten und kam mit großen Schritten auf den Mann und den Hund zu. Er riss den schweren Koffer wie ein kleines Damenhandtäschchen an sich und der Hund sprang jaulend zur Seite, um nicht von den Füßen des Halbriesen versehentlich zerquetscht zu werden. "Hagrid! Ich freue mich, Sie zu sehen! Ich habe mich schon gewundert, daß niemand außer mir heut im Zug war... Das ist doch der reguläre Zug und nicht etwa ein Sonderzug wie zu Schulbeginn, oder?" In der Tat war der Zug wie ausgestorben gewesen. Wenn die Hexe mit dem rollenden Verkaufsstand nicht zweimal während der Fahrt in ihr Abteil gekommen wäre, hätte Remus geglaubt, in einem Geisterzug zu sitzen. "Nee, das is schon der normale Zug... Aber zur Zeit will eh' keiner groß reisen... Selbst in der Winkelgasse isses letzte Woche total leer gewesen... Haben alle Angst, irgendwie..." Hagrid verstaute mittlerweile das Gepäck des Professors im Fond einer Kutsche, die von einem nervösen Blutpferd gezogen werden sollte. Remus räusperte sich und warf "seinem" Hund einen unruhigen Blick zu: "Hagrid, sind Sie sicher, daß diese Kreatur die richtige Wahl für einen Posten als Kutschpferd ist?" Blutpferde waren ebenso schöne wie gefährliche Geschöpfe. Als hauptsächlich nachtaktive Tiere hatten sie sich in den letzten Jahrhunderten einen äußerst schlechten Ruf erworben. Mit ihren Krallen und riesigen Fangzähnen waren sie in der Lage, ausgewachsene Kühe in Sekunden zu zerreißen, was sie gelegentlich auch taten, wenn sie auf Nahrungssuche waren. Der Rest ihres Körpers war dem eines Pferdes sehr ähnlich, nur die Giftstacheln an Stelle der Mähne, die direkt aus dem dunkelblauen Fell wuchsen, störten diesen Eindruck. Das Ministerium war schon seit Jahren am Überlegen, ob Blutpferde nicht ebenso wie Drachen gehandelt werden sollten, was hieß, sie in ihrem Bestand einzudämmen und Jagden durchzuführen zu bestimmten Jahreszeiten. "Och, nun haben Sie sich mal nicht so! Glänzer ist ein sehr braves Tierchen... könnte keiner Fliege etwas zu leide tun!" Hagrid hob den überraschten schwarzen Sirius - Hund in die Kutsche und hätte dasselbe wohl auch gleich mit Remus gemacht, wenn der nicht gleich freiwillig hinein geklettert wäre. Hagrid selbst stieg stöhnend auf den Kutschbock und die Kutsche schien sofort einige Zentimeter tiefer zu liegen... Mit lautem Gebrüll fing das Blutpferd an, sich in Bewegung zu setzen und Remus und der Hund wurden in der Kutsche hin und her geworfen. Hagrid's Einstellung zu monströsen Tieren hatte sich nicht im geringsten geändert: Irgendwann würde er sich sicher noch einen gehörnten Feuerzungenvogel als Schmusetier zulegen... Das war so mit das einzige Monstrum, daß der Wildhüter noch nicht versucht hatte, zu zähmen. Auf der unruhigen Kutschfahrt nach Hogwarts tauschten Remus und der Hund Sirius mißtrauische Blicke. Sie waren sofort, nachdem Albus Dumbledore ihnen in der Nacht eine Expresseule geschickt hatte, nach London aufgebrochen, um am Vormittag den nächsten Zug nach Hogsmeade zu erwischen. Zeit zum Überlegen hatten sie nicht. Severus Snape würde nicht sonderlich erfreut über ihre Anwesenheit sein, so viel war ihnen klar. Doch was würde ihre alte Freundin Florence von ihnen halten? Sie hatten sich bereits ein Ewigkeit nicht mehr gesehen und die schweren Zeiten, die sie hinter sich hatten, sah man den beiden Männern deutlich an. Sirius würde die meiste Zeit in seiner Animagus - Gestalt als Hund verbringen. Und Remus war mittlerweile fast völlig grau... und die tiefen Augenringe gingen auch kaum noch weg. Sorgenfalten hatte er bekommen. Aber auch einige Lachfalten, nachdem Sirius zu ihm gezogen war... Warum machte sich Remus eigentlich Gedanken darüber, wie er aussah? Er und Florence waren nie in irgendeiner Form... Sirius mußte sich da wohl eher Gedanken drum machen. Wie würde sie wohl reagieren? Sie waren nun nach all den Jahren wieder vereint, zumindest der Kern um Florence; mit Lily, James und Peter hatte sie nie wirklich etwas anfangen können. Aber mit dem ungewöhnlichen Gespann in der Kutsche und dem finsteren Snape schon mehr... Unter Gepolter und Geratter fuhr die Kutsche unter dem schmiedeeisernen Tor zum Schulgelände durch, um den See herum zum Hogwartsschloss. Das Blutpferd brüllte und Hagrid übertönte es noch mit anfeuernden "Johohoooooooooooo!" - Rufen, insgesamt konnte man nicht von einer ruhigen oder gemütlichen Fahrt sprechen. Remus Lupin beschloss für sich , das nächste Mal den Besen oder Schuster's Rappen zu nehmen...
"Und Sie sind sicher, Professor Snape, das er den Tödlichen der Unverzeihlichen Flüche auf Sie sprechen wollte?" "Es war zwar dunkel, Minister, aber ich kann noch sehr gut hören, auch im Dunkeln!" "Und ich habe es auch gehört, Cornelius! Wir hatten nicht beabsichtigt, ihn zu töten... Es war ein unglückseliger Unfall!" Florence wurde langsam wieder wach und fand sich in einem Bett im Krankensaal wieder. Immer noch verwirrt lauschte sie den Stimmen von Severus, ihrem Onkel und dem britischen Zaubereiminister. "Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, was Professor Litigant so außer Kontrolle geraten lassen konnte! Schlimm genug, daß er eine unschuldige Frau von einem Turm werfen wollte, aber auch noch einen Unverzeihlichen auf... einen Kollegen zu sprechen... Und den schlimmsten noch dazu!" Cornelius Fudge wollte immer noch nicht recht glauben, was Dumbledore und Snape ihm erzählt hatten. "Cornelius, zu etwas anderem: wieso war Jonathan Litigant hier? Haben Sie ihn zu uns geschickt? Zur Kontrolle?" fragte Albus Dumbledore nun kalt. Reichlich kleinlaut kam es vom Minister: "Ja, er hat für das Ministerium gearbeitet... Ich gebe es zu, seit dem Trimagischen Turnier habe ich gewisse Vorbehalte gegen Sie beide gehabt..." "Und deshalb haben Sie uns einen Irren hierher geschickt?" Severus' Stimme überschlug sich fast. "Severus, laß gut sein! Ich hatte das schon geahnt... Allerdings bin ich nicht besonders erfreut darüber, daß das Ministerium seinen eigenen Auroren wieder die Unverzeihlichen beibringt, und sei es auch für eine gute Sache!" Dumbledore's Enttäuschung war sehr deutlich zu hören. "Wie sollen sich meine Leute denn wehren? Aber den Tödlichen muß er woanders gelernt haben, ich würde nie zulassen, daß einer meiner Angestellten ihn anwendet..." Severus schnaubte verächtlich, sagte aber nichts. "Cornelius, ich glaube, Sie sind nicht wirklich über die Vorgänge in Ihrem Ministerium informiert... Alastor Moody weiß schon seit langem davon, daß einige Abteilungsleiter geheime 'Fortbildungen' für Auroren und Henker anbieten. Ich weiß, Moody ist manchmal etwas paranoid, aber er weiß mehr, als Sie ihm zutrauen. Und wenn Sie in den letzten zwei Jahren nicht völlig auf stur geschaltet hätten, wären Sie heute etwas informierter über Ihre Mitarbeiter! Sie hätten von uns profitieren können, Cornelius!" Albus Dumbledore sprach nun sanft und beruhigend auf den Minister ein, "Aber es ist noch nicht zu spät, noch können wir uns wieder vereinen im Kampf gegen Voldemort!" "Nennen Sie ihn nicht so..." wisperte Fudge, aber Severus' Schritte über den Boden des Krankensaals waren lauter als die weitere Unterhaltung zwischen dem Direktor und dem Minister. Florence blinzelte in die Dunkelheit und kniff die Augen zusammen, als Severus eine Kerze an ihrem Bett entzündete. "Sieh mal an, wer da wieder wach ist! Wie geht es dir?" fragte er und schaute besorgt, als er sich auf einem Stuhl neben ihr Bett setzte. "Nicht gut..." krächzte Florence und ihr Hals brannte trocken bei diesen Worten. Dankbar trank sie einen Schluck Wasser, das er ihr anbot - das Runterschlucken tat noch mehr weh, als das Sprechen! "Wir haben Litigant etwas... äh... unfreiwillig ins Jenseits befördert..." Severus konnte sich das Grinsen einfach nicht verkneifen. "Ich habe dir doch gesagt, ich traue dem Kerl nicht! Aber du wolltest ja nicht hören!" Florence protestierte gestikulierend und er griff ihre Hände und drückte sie auf die Bettdecke. "Wie ist es überhaupt dazu gekommen?" fragte er nun, ließ ihre Hände aber nicht los. "Er ist einfach in mein Büro gekommen..." krächzte Florence, "Erst tranken wir Tee und ich wollte dich dazu holen..." sie schluckte, bevor sie mit schmerzverzerrtem Gesicht weiter sprach, "aber er blockte ab.. Er hat mich mit dem Cruciatus - Fluch lahm gelegt! Dann hat er mir erzählt, daß er alles wüßte und wollte mich ausquetschen... Ich habe nichts gesagt und dann wurde alles schwarz um mich... Was ist passiert?" Ihre Stimme war immer leiser geworden und Severus mußte sich weit zu ihr vorbeugen, um die letzten Worte zu verstehen. Während er ihr von den Geschehnissen auf dem Turm berichtete, strich er ihr sanft einige wirre Haarsträhnen aus dem schweißnassen Gesicht. Einfach nur ein Cruciatus - Fluch und die große Hoffnung und gleichzeitig große Bedrohung der Menschheit war ausgeschaltet... Offenbar brauchte sie doch noch fremde Hilfe... "Florence! Gut, daß du schon wach bist! Das hier ist Cornelius Fudge, der britische Zaubereiminister!" Dumbledore und Fudge waren nun ebenfalls zu Florence' Krankenlager gekommen. Fudge sah ziemlich beschämt drein und vermied den Augenkontakt mit ihr, als Albus weiter sprach: "Severus, was ich gerade beschlossen habe, geht dich auch etwas an. Cornelius hat mir sein Einverständnis gegeben, Remus Lupin wieder aus dem... äh... Ruhestand zu holen. Ich werde ihn noch heute Nacht benachrichtigen, daß er seine alte Stellung als Lehrer zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste wieder antreten kann, und das so schnell wie möglich! Das Ministerium wird alle Eltern über die Ungefährlichkeit von Remus unterrichten und ihm können wir wenigstens vertrauen!" Severus Snape blickte auf den Boden und schluckte. Wenn Remus Lupin zurückkam, würde er Sirius Black als Hund getarnt mitbringen. Und dann war die trügerische Ruhe in Hogwarts vorbei. Florence zeigte kein Interesse mehr an ihm, aber was war mit Sirius? Womöglich wurde er noch Zeuge, wie ausgerechnet sein alter Feind nun seine immer noch Angebetete gewann... Und wieder einmal konnte er nicht Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten... aber das nur nebenbei. Severus glaubte, innerlich zu vereisen. Er ließ Florence' Hände nun endgültig los und stand auf. "Dann sollte ich vielleicht gleich einmal einen Vorrat an Werwolftrank brauen! Ihr entschuldigt mich doch sicher? Minister..." er deutete einen kurzen Gruß an und konnte nur unter Mühen seine Schritte zügeln, sonst wäre er Hals über Kopf aus der Krankenstation gerannt. Albus Dumbledore ahnte, was sein Schützling gerade fühlte und nahm sich vor, noch heute Nacht einen kurzen Kontroll - Abstecher in die Kerker zu unternehmen. Wer weiß, was Severus nun wieder für Unsinn anstellen würde... Cornelius Fudge verabschiedete sich nun ebenfalls, nachdem Florence ihm mit einem Kopfschütteln klar gemacht hatte, daß er erst später eine Aussage von ihr erhalten konnte. Ihr Hals war völlig zugeschnürt und Tränen rannen über ihr Gesicht... Remus wiedersehen! Er war damals ihr bester Freund gewesen, hatte immer zu ihr gehalten! Auch als sie schon in Norwegen zur Schule ging, hatte er ihr noch eine Zeitlang Briefe geschrieben. Und sie hatte nie darauf geantwortet... sie wollte damals einfach nur alles vergessen, was mit Hogwarts und Severus zu tun hatte. Natürlich wußte sie, daß Sirius bei Remus untergekommen war. Onkel Albus hatte sie soweit möglich auf dem Laufenden gehalten. Und wenn Remus nun Sirius mitbringen würde? Er schien ihre Gedanken gelesen zu haben: "Ja, Sirius möchte ich auch hier haben. Ihr habt untereinander noch vieles zu klären. Du, Severus, Remus und Sirius. Eure Schicksale sind nun einmal miteinander verflochten, genauso, wie meines. Allerdings ist Flöhe hüten leichter, als auf euch aufzupassen! Und unsere beiden Sturköpfe müssen ganz besonders viel klären! Mit Remus wird Severus nicht so die Probleme haben... ich glaube wirklich, daß er ihn irgendwie mag, auf seine kaum nachzuvollziehende Art und Weise..." Dumbledore lächelte seiner Nichte aufmunternd zu und wischte mit einem großen karierten Taschentuch die Tränen aus ihrem Gesicht. "Und du mußt dir wohl auch noch über viele Dinge Gedanken machen... Wenn es dir wieder besser geht, werden wir uns alle zusammensetzen und unser weiteres Vorgehen besprechen! Auch Harry Potter sollte dabei sein... ich bin davon überzeugt, auch ihn hat das Schicksal noch einmal für eine große Rolle vorgesehen... Wenn doch Frowin nur noch leben würde!"
Der Lehrertisch wirkte am folgenden Tag ziemlich verwaist. Es war Sonntag und die meisten Lehrer sowieso nicht da, doch das Fehlen von Severus Snape, Florence Farstalker und Professor Litigant war doch sehr auffällig. Die Schüler waren zwar mittlerweile daran gewöhnt, daß Snape und Madam Farstalker besonders an den Wochenenden öfter mal die Mahlzeiten verpassten, aber zumindest die Slytherins wußten dann, wo sie steckten. Draco Malfoy war besorgt. Auf sein Klopfen an Severus' Bürotür hatte heute niemand geantwortet. Und das Labor war auch leer. Professor Litigant vermisste zwar niemand wirklich, aber sein leerer Stuhl sorgte für einiges Getuschel. Direktor Dumbledore sah unglaublich müde, alt und besorgt aus. Minerva McGonagall blickte ebenfalls besorgt immer wieder auf die beiden verlassenen Plätze neben sich. Albus Dumbledore hatte ihr, Professor Flitwick und Professor Sprout kurz vor dem Frühstück von der nächtlichen Katastrophe berichtet und sie hatten das Gehörte immer noch nicht wirklich verdaut. Remus Lupin sollte zurückkommen. Gut. Er war ein guter Lehrer und die Schüler hatten ihn gemocht. Wenn sie Glück hatten, würde er noch heute in Hogwarts eintreffen. Sorgen bereiteten ihr vor allem Florence und Severus. Letzterer hatte sich in seinen Räumen verschanzt und war für niemanden zu sprechen. Und Florence lag noch immer in der Krankenabteilung und schlief die meiste Zeit. Litigant mußte sie ganz schön zugerichtet haben, wenn sie solang brauchte, um sich zu erholen... Allerdings hatte Minerva McGonagall noch nie selbst den Cruciatus - Fluch ertragen müssen und konnte nicht wirklich einschätzen, was für Schmerzen man dann zu ertragen hatte. Aber Severus hatte sich, so weit sie das sagen konnte, immer recht schnell wieder davon erholt... aber Severus war in vielerlei Hinsicht sehr viel zäher und vor allem nicht so durchschaubar wie jeder andere. Er litt meistens still vor sich hin, nur manchmal platzte ihm wirklich der Kragen und dann war es besser, ihm nicht im Weg zu stehen. Und Litigant? Ein durchgeknallter Auror, der Florence über die Brüstung des höchsten Turmes des Schlosses werfen wollte und Severus fast mit dem tödlichen Fluch erwischt hatte... Es war wahrscheinlich wirklich besser, daß er gestern nacht gestorben war. Minerva traute es Severus durchaus zu, daß er ihn sonst noch später beseitigt hätte. Wenn es um Florence ging, hatte Severus noch nie Spaß verstanden. Sie schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf ihr Frühstück.
"Sofort hinlegen!" Poppy Pomfrey schrie durch den ganzen Krankensaal und Florence knallte vor Schreck auf den Boden. Mühsam richtete sie sich wieder auf und hielt sich die immer noch schmerzenden Rippen. Sie hatte einige Mühe, Madam Pomfrey abzuwehren, die sie wieder ins Bett bugsieren wollte. Es war sicher schon einige Jahrhunderte her, daß zuletzt in fließendem elbisch in Hogwarts geflucht wurde, aber Florence war zu wütend und zu erschöpft, um ihre Gefühle auch noch in einer anderen Sprache, und sei es auch nur auf englisch, auszudrücken. Ergebnis war ein fauchender, höchst aggressiver Singsang, der zumindest ihrem geschundenem Hals nicht so weh tat. "Ich verstehe zwar nicht, was Sie sagen, mein Kind, aber ich denke, ich sollte glücklich darüber sein! Wenn Sie unbedingt wollen, stehen Sie halt auf! Hier hört ja sowieso niemand auf mich!" Poppy Pomfrey war wütend und drehte sich auf den Absätzen um, um sich in ihren kleinen Büroraum zu verkriechen. Und um mit der Tür zu knallen. Florence mühte sich erneut damit ab, aufzustehen. Vor Schreck ob des lauten Türenknalls hatte ihr verlängerter Rücken bereits zum zweiten Mal am heutigen Tag Kontakt mit dem saubergescheuerten Fußboden aufgenommen. Und das, wo sie noch keine zwei Schritte gelaufen war. Das übertraf selbst ihre alten Rekorde aus den frühen Schuljahren in Hogwarts. Wie gut, daß gerade kein Schüler im Krankensaal untergebracht war. Sie hätte jeden Respekt, den sie sich mühevoll in den letzten zwei Monaten erarbeitet hatte, mit einem Schlag wieder verloren. Oder besser: mit zwei Ausrutschern. Endlich im Waschraum der Krankenabteilung angekommen, erschrak sie vor ihrem eigenen Spiegelbild: sie hatte sich schon nach den übelsten Kämpfen mit Trollen, Vampiren und Todessern besser in Erinnerung... 'Ich werde alt...' dachte sie und grinste, was mit diesem aufgesprungenen Lippen gar nicht so einfach war. Ihre Mutter war bereits über 400 Jahre alt und sah immer noch keinen Tag älter aus als Mitte 30, war fidel und munter, was bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Elben von... nun ja... eigentlich waren sie fast unsterblich, wenn sie es genau bedachte. Zumindest war ihr kein natürlicher Todesfall in ihrer Familie mütterlicherseits bekannt. Und sie? Wie lange würde Florence selbst wohl leben? 150 Jahre? Mindestens. Eher das Doppelte. Oder auch nur noch bis nächsten Sommer. Naja, keiner kann schließlich ewig leben, oder? Wenn sie doch nur ihren Zauberstab da hätte... aber der lag noch auf ihrem eigenen Bett, steckte in ihrem Umhang. Und so, wie sie jetzt aussah, konnte sie nicht über die Flure zu ihrem Quartier gehen. Also mußte sie die alten Techniken anwenden, auch wenn sie vielleicht ihre ganze Kraft aufbrauchen würden. Florence stützte sich mit beiden Händen am Waschbecken ab und blickte erneut in den Spiegel vor ihr. Zuerst unmerklich, dann immer schneller verschwanden die Wunden auf ihrem Gesicht, bis sie nur noch etwas erschöpft aussah. Das gleiche geschah mit ihrem Körper, aber ihre Kraft schwand rasend schnell. Mühsam mit einer Hand ans Waschbecken geklammert wusch sie sich mit der anderen das Gesicht mit kaltem Wasser. Ihre Wunden waren geheilt und mit ein bißchen Konzentration konnte sie es in ihr Quartier schaffen, ohne groß aufzufallen. Dort waren einige Tränke, die sie jetzt brauchte. Konzentrierte Energie, eine alchemistische Meisterleistung von ihr. Solang sie diese Tränke hatte, brauchte sie nicht in den Wald zu gehen, um Kraft zu tanken. Und dafür hatte sie heute wirklich keine Zeit...
Severus Snape lag immer noch im Bett. Und er hatte auch keine Lust, wirklich aufzustehen. Wofür denn auch? Um sich weiter demütigen zu lassen? Er hatte erst morgen wieder Unterricht, bis dahin konnte Hogwarts und der Rest der Welt wohl auch ohne ihn auskommen. Die Nachmittagssonne bahnte sich einen Weg in seine Kerkerräume, vorbei an den nur hastig zugezogenen Vorhängen. Vor seinen wenigen Fenstern hatten sich einige Raben oder Saatkrähen niedergelassen und gaben ihre typischen Laute von sich... Er lag zwischen den Kissen und wünschte sich, noch einmal in seinem Leben wirklich weinen zu können. Und zwar genau jetzt. Aber seine Augen blieben trocken. Er war mehr als nur deprimiert, aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich nicht so schlecht, wie noch vor etwas über vier Monaten. Damals war ihm alles egal gewesen. Er hatte einen Zustand von völliger Leichtigkeit erreicht gehabt, nichts war wirklich mehr wichtig, nichts war da gewesen, was ihn daran hinderte, sich selbst ins Jenseits zu befördern. Und er wußte, daß diese völlige Leichtigkeit das schlimmste war, was er jemals gefühlt hatte. Und heute? Er fühlte sich nicht leicht. Er fühlte sich erdrückt. Eine zentnerschwere Last lag auf ihm und hinderte ihn daran, aufzustehen und diesen Tag in Angriff zu nehmen. Und diese Last hatte viele Gesichter. Zum einen das von Florence: sie war stark und selbstsicher, aber nicht unverwundbar, wie sie wohl selbst gern glauben wollte. Nein, sie hatte sich völlig überrumpeln lassen wie eine Anfängerin und nur durch einen Zufall (oder war es Schicksal?) konnte Severus verhindern, daß sie von Litigant getötet wurde. Dann war da noch Albus Dumbledore, der Mann, der bereits so viel von ihm verlangt hatte und noch viel mehr verlangte. Und der ihm so viel gegeben hatte. Er war sein zweiter Vater, sein Freund, sein Mentor... und ein Nimmersatt, was Severus anging: immer noch hatte er eine neue Aufgabe für ihn, auch wenn er die letzte noch gar nicht vollständig erfüllt hatte... William Butcher und die Longbottoms: nur drei der vielen Opfer Voldemorts. Sie verlangten ihre Seele, ihre Persönlichkeit und ihr Gedächtnis von ihm zurück. Draco Malfoy und Kevin Rabanus: Schüler, die seinen Schutz und Rat, seinen Beistand brauchten... Kein anderer Lehrer war dazu in der Lage, mit den Slytherins so umzugehen, daß sie nicht völlig meuterten und die Schule in Brand steckten. Harry Potter, der undankbare Sohn seines alten Erzfeindes James, den er nicht retten konnte. Zumindest ihn mußte er schützen, damit sich diese Spirale aus Schuld endlich auflöste... Remus Lupin, der Werwolf... Er brauchte Severus zwar nicht so dringend, immerhin gab es noch andere, die seinen speziellen Trank zubereiten konnten, aber in Hogwarts war er der Einzige... außer Florence... Egal, wie er seine Gedanken zu drehen versuchte, immer wieder kam er auf sie zurück. Es war wie verhext. Wahrscheinlich hatte Albus Dumbledore auch da wieder seine Finger im Spiel. Konnte sein adlernasiger Freund nicht auch mal Florence so verhexen? Gestern hatte er noch mit Wut an ihre Beziehungen zurück gedacht: Was war für ihn eigentlich so faszinierend an diesem laufenden Chaos? Sie war klein, ungeschickt, spitzzüngig und pflegte immer genau in dem Moment zu explodieren wie ein Kessel von Neville Longbottom, wenn Severus dachte, alles würde sich wieder einrenken und sie hätten eine Zeit der Ruhe vor sich. Sie war unausgeglichen und launisch. Sie war nicht einmal wirklich hübsch... Ihr Haar war eine struppige grüne Kampfansage an die Gemeinschaft der Friseure. Ihre Nase und ihre Ohren waren etwas zu spitz, ihre Haut leichenblaß. Nur diese großen, tiefgrünen Augen waren wirklich nicht schlecht zu reden: sie waren wie zwei tiefe Seen im Wald, in denen sich manchmal noch die Bäume und die Sonne zu spiegeln schienen. Eintauchen und alles vergessen... Es hatte früher mal eine Zeit gegeben, in der Severus Snape versucht hatte, seinen Kummer zu betäuben. Mit allem, was er finden konnte. Aber das Erwachen war dann immer umso qualvoller gewesen und er fühlte sich doppelt so lang doppelt so schlecht, wie er für kurze Zeit in einem sorgenunterdrückten Dämmerzustand verweilt hatte. Und Albus Dumbledore war bei seinem letzten Rückfall fast so weit gegangen, ihn wie einen Schuljungen übers Knie zu legen. Doch das wäre nicht halb so schlimm und demütigend gewesen, wie dieser Ausdruck bodenloser Enttäuschung auf dem sonst so freundlichen Gesicht. Und Severus hatte alles daran gesetzt, diese Enttäuschung wieder in Stolz umzuwandeln. Ja, Albus Dumbledore war wie ein Vater für ihn: immer wieder wollte er diesen Ausdruck freudigen Erstaunens und stolzer Anerkennung für das, was Severus tat, hervorlocken. Stöhnend vergrub sich Severus noch tiefer in die Kissen: er hatte einen totalen Vaterkomplex, war unglücklich verliebt und trug genug Schuldkomplexe für eine ganze Kleinstadt mit sich herum. Er war der unglücklichste Mensch auf der ganzen Welt und keiner verstand ihn. Wenn jetzt auch noch Voldemort nach ihm rief, würde er sich selbst einäschern, ohne Frage. Diese Fratze konnte er heute nicht auch noch ertragen. Genauso wenig wie die von Sirius Black. Und der sollte heute für den Rest des Schuljahres nach Hogwarts kommen. Am Liebsten hätte Severus nur laut geschrien und wäre mit dem Kopf gegen eine Wand gerannt. Stattdessen stöhnte er nur noch einmal auf und verbuddelte sich völlig in den Kissen...
"Wo ist Severus?" fragte Florence, als sie das Büro ihres Onkels am späten Nachmittag betrat. "Der pflegt seine Depressionen in seinem Quartier. Entschuldige, das sollte nicht zynisch klingen, aber es ist nun einmal so. Er hat immer wieder Tage, an denen er keinen Menschen sehen will. Und heute ist so einer. Es ist meistens ein Sonntag. Oder Feiertag. Meistens Weihnachten. Oder ein Ferientag. Immer dann, wenn er zu lang nichts zu tun hatte. Schüler ärgern zum Beispiel." Albus Dumbledore seufzte tief. Severus Snape war nach wie vor eines seiner schwierigsten Sorgenkinder. Und noch heute Abend sollten die meisten davon unter dem Dach von Hogwarts versammelt sein. Severus, Florence, Remus, Sirius, Harry, Draco, Kevin... Er mußte sich unwillkürlich schütteln. "Warum bist du davon ausgegangen, daß er hier sei?" Florence zuckte mit den Schultern. "Er ist nicht auf dem Astronomieturm, in der Bibliothek, in seinem Labor und auf Klopfen reagiert niemand in seinem Büro... Also dachte ich, wenn er nicht arbeitet oder allein sein will, schüttet er dir seine Herz aus..." Dumbledore schaute seine Nichte nur ungläubig an: "Du willst mir doch nicht ernsthaft weis machen, daß du Severus für jemanden hältst, der mit anderen über seine Gefühle spricht?" Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht: "Nein... Aber es könnte ihm wohl nicht schaden, wenn er es täte..." "Unser Severus ist jemand, der ein ganzes Heer von Muggelpsychiatern mehrere Jahre beschäftigen könnte... Nein, ich glaube nicht, daß er jemals wollen würde, daß irgendwer wirklich Einblick in seine Seele erhält... Mich erschrecken schon manchmal die wenigen Dinge, die ich in ihm entdecke... Und ich glaube, er weiß das." Sie schwiegen eine Weile und saßen vor dem Kamin. Fawkes flatterte herüber und ließ sich auf Florence' Schulter nieder. Remus und Sirius wollten es noch vor dem Abendessen nach Hogwarts schaffen. Es wurde also langsam Zeit. Der Wasserspeier bewegte sich und jemand kam die Treppe zum Büro hinauf. Florence hörte das Blut in ihren Ohren rauschen und verkrampfte ihre Hände zu kleinen Fäusten, auf denen sich die Haut noch bleicher als sonst über ihren Knöchel spannte. Die Tür öffnete sich und... "Ich hoffe, ich störe nicht..." brummelte Severus Snape und ging langsam auf die beiden wie versteinert dasitzenden Gestalten am Kamin zu. Mit ihm hatten sie nicht gerechnet. Und er war selbst über sich erstaunt. Wie im Traum war er vor einer halben Stunde aufgestanden, hatte sich frisch gemacht, angezogen und war mit ausdrucksloser Miene hierher gegangen. Er hatte dabei nicht gedacht, die ganze Zeit über nicht. Und nun schossen die Gedanken wie Blitze durch seinen Kopf. Er fühlte sich völlig deplaziert. Und nun stand Albus Dumbledore aus seinem Sessel auf und zwang ihn, sich hineinzusetzen. Fawkes flatterte von Florence' Schulter auf seine und fing an, mit ihm zu schmusen. Irgendwie war die ganze Situation irreal. "Du siehst nicht gut aus..." bemerkte Florence sanft und konnte ihre Sorge nur schlecht verbergen. Dabei sah sie selbst nicht gerade aus wie der blühende Frühling... Notdürftig aufgepäppelt, aber nicht gesund oder gar erholt. "Ich werde mir diese einmalige Ankunft doch nicht entgehen lassen! Worüber soll ich mich denn heute sonst noch ärgern?" Zynismus, sehr typisch für Severus, "Jetzt, wo mir Litigant doch so fehlt..." Das typische fiese Grinsen. Bald war er wieder in Form. Nur noch eine etwas arrogantere Körperhaltung und er war wieder für alle, die ihn nicht wirklich kannten, ganz der Alte. Und wer kannte Severus Snape schon wirklich? Albus Dumbledore zog sich kopfschüttelnd einen weiteren Sessel heran. Dies Nuß versuchte er nun schon seit 30 Jahren zu knacken und irgendwann würde er es wahrscheinlich wirklich aufgeben. Aber nicht heute, obwohl er kurz davor war. "Ich freue mich, daß du beschlossen hast, bei uns zu sein. Möchte irgendjemand etwas Tee?"
Es war bereits dunkel und ein kalter Wind pfiff über den Bahnsteig von Hogsmeade, als Remus Lupin seinen Koffer aus dem Zug wuchtete. Ein großer schwarzer Hund kletterte direkt nach ihm aus dem Zug und hielt schnüffelnd auf dem Bahnsteig inne. Remus drehte seinen Kopf in die Richtung, in die auch der Hund blickte und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen... "Professor Lupin! Endlich sind Sie da! Der vermaledeite Zug kommt aber auch ewig zu spät, nich?" Hagrid's riesige Gestalt löste sich aus dem Schatten und kam mit großen Schritten auf den Mann und den Hund zu. Er riss den schweren Koffer wie ein kleines Damenhandtäschchen an sich und der Hund sprang jaulend zur Seite, um nicht von den Füßen des Halbriesen versehentlich zerquetscht zu werden. "Hagrid! Ich freue mich, Sie zu sehen! Ich habe mich schon gewundert, daß niemand außer mir heut im Zug war... Das ist doch der reguläre Zug und nicht etwa ein Sonderzug wie zu Schulbeginn, oder?" In der Tat war der Zug wie ausgestorben gewesen. Wenn die Hexe mit dem rollenden Verkaufsstand nicht zweimal während der Fahrt in ihr Abteil gekommen wäre, hätte Remus geglaubt, in einem Geisterzug zu sitzen. "Nee, das is schon der normale Zug... Aber zur Zeit will eh' keiner groß reisen... Selbst in der Winkelgasse isses letzte Woche total leer gewesen... Haben alle Angst, irgendwie..." Hagrid verstaute mittlerweile das Gepäck des Professors im Fond einer Kutsche, die von einem nervösen Blutpferd gezogen werden sollte. Remus räusperte sich und warf "seinem" Hund einen unruhigen Blick zu: "Hagrid, sind Sie sicher, daß diese Kreatur die richtige Wahl für einen Posten als Kutschpferd ist?" Blutpferde waren ebenso schöne wie gefährliche Geschöpfe. Als hauptsächlich nachtaktive Tiere hatten sie sich in den letzten Jahrhunderten einen äußerst schlechten Ruf erworben. Mit ihren Krallen und riesigen Fangzähnen waren sie in der Lage, ausgewachsene Kühe in Sekunden zu zerreißen, was sie gelegentlich auch taten, wenn sie auf Nahrungssuche waren. Der Rest ihres Körpers war dem eines Pferdes sehr ähnlich, nur die Giftstacheln an Stelle der Mähne, die direkt aus dem dunkelblauen Fell wuchsen, störten diesen Eindruck. Das Ministerium war schon seit Jahren am Überlegen, ob Blutpferde nicht ebenso wie Drachen gehandelt werden sollten, was hieß, sie in ihrem Bestand einzudämmen und Jagden durchzuführen zu bestimmten Jahreszeiten. "Och, nun haben Sie sich mal nicht so! Glänzer ist ein sehr braves Tierchen... könnte keiner Fliege etwas zu leide tun!" Hagrid hob den überraschten schwarzen Sirius - Hund in die Kutsche und hätte dasselbe wohl auch gleich mit Remus gemacht, wenn der nicht gleich freiwillig hinein geklettert wäre. Hagrid selbst stieg stöhnend auf den Kutschbock und die Kutsche schien sofort einige Zentimeter tiefer zu liegen... Mit lautem Gebrüll fing das Blutpferd an, sich in Bewegung zu setzen und Remus und der Hund wurden in der Kutsche hin und her geworfen. Hagrid's Einstellung zu monströsen Tieren hatte sich nicht im geringsten geändert: Irgendwann würde er sich sicher noch einen gehörnten Feuerzungenvogel als Schmusetier zulegen... Das war so mit das einzige Monstrum, daß der Wildhüter noch nicht versucht hatte, zu zähmen. Auf der unruhigen Kutschfahrt nach Hogwarts tauschten Remus und der Hund Sirius mißtrauische Blicke. Sie waren sofort, nachdem Albus Dumbledore ihnen in der Nacht eine Expresseule geschickt hatte, nach London aufgebrochen, um am Vormittag den nächsten Zug nach Hogsmeade zu erwischen. Zeit zum Überlegen hatten sie nicht. Severus Snape würde nicht sonderlich erfreut über ihre Anwesenheit sein, so viel war ihnen klar. Doch was würde ihre alte Freundin Florence von ihnen halten? Sie hatten sich bereits ein Ewigkeit nicht mehr gesehen und die schweren Zeiten, die sie hinter sich hatten, sah man den beiden Männern deutlich an. Sirius würde die meiste Zeit in seiner Animagus - Gestalt als Hund verbringen. Und Remus war mittlerweile fast völlig grau... und die tiefen Augenringe gingen auch kaum noch weg. Sorgenfalten hatte er bekommen. Aber auch einige Lachfalten, nachdem Sirius zu ihm gezogen war... Warum machte sich Remus eigentlich Gedanken darüber, wie er aussah? Er und Florence waren nie in irgendeiner Form... Sirius mußte sich da wohl eher Gedanken drum machen. Wie würde sie wohl reagieren? Sie waren nun nach all den Jahren wieder vereint, zumindest der Kern um Florence; mit Lily, James und Peter hatte sie nie wirklich etwas anfangen können. Aber mit dem ungewöhnlichen Gespann in der Kutsche und dem finsteren Snape schon mehr... Unter Gepolter und Geratter fuhr die Kutsche unter dem schmiedeeisernen Tor zum Schulgelände durch, um den See herum zum Hogwartsschloss. Das Blutpferd brüllte und Hagrid übertönte es noch mit anfeuernden "Johohoooooooooooo!" - Rufen, insgesamt konnte man nicht von einer ruhigen oder gemütlichen Fahrt sprechen. Remus Lupin beschloss für sich , das nächste Mal den Besen oder Schuster's Rappen zu nehmen...
