Kapitel 18 - Wiedersehen in Hogwarts von Molly
Remus Lupin und sein "Hund" wurden von Hausmeister Filch am Eichenportal in Empfang genommen, Hagrid wollte das Gepäck in Lupin's Zimmer bringen. "Schön Sie wiederzusehen, Mr. Filch!" begrüßte Remus den Hausmeister, doch der machte nur eine finstere Miene und deutete auf den Sirius - Hund: "Ich hoffe, der ist stubenrein... Professor Trelawney hat sich im Frühjahr einen Flughund zugelegt, dessen Dreck sie sich zu fein ist, selbst wegzumachen!" "Ich versichere Ihnen, dieser Hund ist sehr stubenrein! Und wenn dem nicht so wäre, würde ich Sie auch nicht damit belästigen!" Remus seufzte und Sirius knurrte. Doch Remus' Versicherung schien Argus Filch zu genügen, denn seine Miene hellte sich nun auf und er geleitete sie humpelnd zum Büro von Direktor Dumbledore. Am Wasserspeier verließ er die beiden, die noch einmal tief durchatmeten. "Seifenflocke!" brachte Remus heraus und der Wasserspeier glitt zur Seite. Zögernd setzten Remus und Sirius sich in Bewegung die Treppe hinauf...
Severus Snape versuchte ein weiteres Mal, den anhänglichen Phönix unauffällig von seiner Schulter zu schubsen. Seit er noch zu seinen ersten Todesser - Zeiten angefangen hatte, den schönen und seltenen Vogel mit Süßigkeiten zu füttern, liebte Fawkes ihn heiß und innig. Manchmal gelang es Severus, ihn auf Abstand zu halten, allerdings meist nur, wenn der Vogel in seinem Käfig eingesperrt war oder auf seinen Brandtag wartete und so mürrisch war, wie es für Severus selbst zum Normalzustand gehörte. Im Grunde mochte der Zaubertranklehrer den Vogel sehr gern und fühlte sich geehrt von der offensichtlichen Zuneigung, die ihm Fawkes entgegenbrachte (Phönixe sind sehr wählerisch, was Menschen angeht), aber wenn Remus Lupin und Sirius Black den Raum betraten, wollte er nicht beim Schmusen mit Dumbledore's Haustier gesehen werden. Er hatte schließlich ein Image zu verlieren! Florence und Albus taten so, als ob sie die immer verzweifelteren Versuche Severus' nicht mitbekommen würden und unterhielten sich stattdessen über schulinterne Themen. Als der Wasserspeier sich bewegte, griff Florence sich allerdings doch Fawkes, zum Einen aus Mitleid mit Severus (sie kannte seine Macho - Attitüden), zum Anderen, damit sie sich hinter Fawkes verstecken konnte, zumindest ihr Gesicht im ersten Moment, wenn Remus und Sirius eintreten würden. Severus und Albus sprangen gleichzeitig auf und beobachteten die Bürotür. Diese öffnete sich zögernd und ein großer schwarzer Zottelhund zwängte sich durch den Spalt. Florence drapierte den Phönix auf ihrer Schulter so, daß sie unauffällig an ihm vorbei schielen konnte. "Hallo..." Remus kam herein und hatte ein schüchternes Lächeln auf den Lippen. Severus starrte abfällig auf Sirius, der immer noch ein Hund war, bevor er Remus einen geringschätzigen Blick zuwarf: Lupin sah noch abgerissener und erschöpfter aus, als bei seinem letzten Besuch in Hogwarts. Vor drei Tagen war Vollmond gewesen und Remus hatte sich ganz offensichtlich noch nicht wieder völlig davon erholt, ganz abgesehen von den Strapazen der langen Reise. Florence starrte aus dem Fenster, ihr Gesicht war ziemlich rot geworden und sie wollte sich erst wieder etwas beruhigen, bevor sie sich den Neuankömmlingen zuwendete. Der schwarze Hund war mitten im Zimmer wie angewurzelt stehengeblieben. Remus schloss auf und Albus Dumbledore kam auf beide lächelnd mit ausgestreckten Armen zu: "Wie schön, euch zu sehen! Sirius, du kannst dich verwandeln, uns wird in den nächsten Minuten keiner stören! Remus, ich bin dir sehr dankbar für dein promptes Erscheinen, daß wird es sehr erleichtern, die Schüler vom Tod deines Vorgängers zu unterrichten!" Er schloss den Werwolf in die Arme und auch Sirius kurz, nachdem dieser seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Severus verdrückte sich weitestgehend in den Schatten, er legte keinen besonderen Wert auf eine Begrüßung, versteckte sich wieder hinter der alten arroganten Fassade, lauernd auf das kommende. "Ich glaube, ihr kennt euch noch, nicht wahr? Remus, Sirius, die schöne schweigsame Lady am Kamin ist Florence... und Severus habt ihr ja schon öfters zwischenzeitlich gesehen..." Die Spannung im Raum hätte ausgereicht, um ganz Hogwarts elektrisch zu beleuchten. "Hi Flo!" begrüßte Remus sie zögerlich und Sirius schluckte zuerst, bevor er genau denselben dämlichen Satz von sich gab. Severus grinste in sich hinein: wenigstens waren die beiden nicht schlagfertiger oder gewandter, als er es damals in diesem Büro gewesen, als er Florence hier offiziell das erste Mal wiedersah... Natürlich wurde das von Albus Dumbledore bemerkt und sein mißbilligender Blick in Severus' Richtung schien zu sagen: "Wage es ja nicht, den Mund aufzumachen!" Florence schüttelte die Reste ihrer Unsicherheit von sich ab und lächelte Remus und Sirius unnatürlich selbstsicher an: "Hi, ihr Zwei! Wie war die Fahrt?" "Grauenhaft!" Remus grinste, "Besonders das letzte Stück... seit wann hat Hagrid eigentlich ein Blutpferd?" "Du siehst gut aus!" bemerkte Sirius und lächelte verlegen Florence an, die nun auch endlich aufstand. Severus machte den Versuch, sich aus dem Büro zu verdrücken, doch Dumbledore hielt ihn am Ärmel fest: "Du bleibst gefälligst hier!" zischte er dem entnervten Lehrer zu und drehte ihn mit sanfter Gewalt der Wiedersehensszene zu. Mit aufkommender Übelkeit mußte Severus zur Kenntnis nehmen, daß sowohl Remus wie auch Sirius die kleine Frau ohne deren Gegenwehr in die Arme nehmen und drücken durften. IHN hatte sie bisher nicht freiwillig in den Arm genommen, ihr bisher intensivster Körperkontakt mit ihm hatte mit seiner gebrochenen Nase und ihrer gebrochenen Hand geendet... "Hallo Severus!" begrüßte ihn nun Remus beiläufig und Sirius knurrte etwas ähnliches. Die Art, wie ihn Florence und Dumbledore nun anschauten, stellte klar, daß er in jedem Fall nicht ohne Begrüßung davon kam. Er nickte kurz mit dem Kopf und verschoß tödliche Blicke in die Runde. Er wollte einfach nur flüchten, doch Albus verstärkte seinen Griff um seinen Ellenbogen nur noch mehr, bevor er sagte: "Bis zum Abendessen haben wir noch ein Viertelstündchen, das ist zwar nicht genug, um sich über alles auszutauschen, aber für eine Tasse Tee reicht es alle Mal!" Widerwillig ließ sich Severus von Dumbledore zurück in den Sessel drücken, wo er finster zum Fenster schaute... Wenn sich der Phönix jetzt noch auf seiner Schulter niederließ, würde er für einen verfrühten Brandtag sorgen... Doch der Vogel war schlau genug, sich freiwillig in seinen Käfig zurück zu begeben. Die Minuten bis zum gemeinschaftlichen Aufbruch in die Große Halle waren mit die längsten in Severus' Leben. Als sie endlich aufstanden, rauschte Severus mit ausdruckslosem Gesicht in gerade noch akzeptabler Geschwindigkeit vorneweg. Etwas schneller, und jeder hätte von 'fluchtartig' gesprochen. Dumbledore schüttelte den Kopf und sah sich in dieser Nacht schon wieder auf Kontrollgang im Kerker... "Er ist nicht wirklich von unserer Anwesenheit begeistert, oder?" raunte Remus Florence leise zu. "Nicht wirklich, nein... Aber ich finde, er hält sich gut!" wisperte sie zurück, wobei sie dankbar war, daß Sirius seine Hundegestalt wieder angenommen hatte. So konnte er wenigstens nicht grinsen oder etwas fieses von sich geben. Und genau das hätte Sirius auch getan, wenn er gekonnt hätte.
Die Schüler waren zwar entsetzt über Professor Litigant's plötzlichen und unerwarteten Unfalltod (die Einzelheiten hatte Dumbledore ihnen erspart), aber zumindest in den oberen Klassen überwog die Freude über die Rückkehr von Remus Lupin. Draco Malfoy war zwar nie ein Fan von Remus gewesen, aber auch er war dankbar für seinen spontanen Einsatz... Litigant hatte ihn wie alle anderen auch zu Tode gelangweilt. Harry, Ron und Hermine konnten ihr Glück kaum fassen, besonders Harry, der ja nun auch seinen Paten Sirius ständig in der Nähe wußte. Am Lehrertisch hatte es wieder einmal eine Umverteilung der Sitzplätze gegeben: Madam Farstalker saß nun zwischen Snape und Remus Lupin, der Sirius - Hund lag zwischen ihren und Lupin's Füßen unter dem Tisch und blinzelte gelegentlich zu Harry hinüber. Snape sah noch bleicher aus als sonst und starrte finster über die versammelte Schülerschaft hinweg, ohne auch nur ein Wort mit seinen Sitznachbarn zu reden. Madam Farstalker und Remus Lupin unterhielten sich angeregt und lächelten viel, was nicht nur Ron auffiel: "Nun wissen wir also auch, mit wem von den Gryffindors Madam Farstalker am Besten befreundet war!" Harry nickte nur und Hermine bemerkte: "Ja, doch... die beiden scheinen sich zu mögen..." "Weia! Hoffentlich hat sich Snape bis Übermorgen wieder eingekriegt, in der Stimmung wie er jetzt ist könnte sein Unterricht tödlich werden...!" sagte Ron und Harry nickte wieder nur, er war einfach noch zu beschäftigt damit, sich über Sirius zu freuen. "Ist er das nicht immer?" fragte Neville und tat sich noch etwas Kartoffelbrei auf. Hermine kicherte verhalten und Ron grinste breit: "Auch wieder war... Obwohl er in der letzten Zeit recht erträglich war, daß müßt ihr zugeben!" "Jepp! Wie Fußpilz... nicht wirklich tödlich, aber extrem nervig..." schaltete Harry sich nun ein und grinste ebenso breit wie Ron.
Severus Snape beruhigte sich nicht. Im Gegenteil, er war noch unerträglicher als jemals zuvor, sogar den Slytherins gegenüber ließ er kaum Nachsicht walten. Wenn er nicht im Unterricht die Schüler quälte oder von Direktor Dumbledore gezwungen wurde, an den Mahlzeiten in der Großen Halle teilzunehmen, verschanzte er sich entweder in seinem Büro und war nur für Draco und Kevin Rabanus zu sprechen, oder er experimentierte allein jeden Abend und jede Nacht in seinem Labor. Als Florence Farstalker am darauffolgenden Samstagabend ins Labor herunterkam, war Severus schon mitten in der Arbeit und ignorierte ihre Ankunft. "Oh, ich dachte, das ist unser gemeinsames Projekt!" versuchte Florence ihn unschuldig lächelnd zu einem Gespräch zu bringen. "Danke, ich komme ganz gut allein zurecht..." "Und ich werde dir trotzdem helfen!" "Hast du nichts Besseres zu tun..." fauchte Severus und nahm ihr ein kleines Fläschchen aus den Händen. "Etwas besseres als was?" fauchte sie zurück. Severus würdigte sie weder eines Blickes noch eines Kommentars und wog stattdessen Mäuseherzen ab. "Ich spreche mit dir! Und ich erwarte eine Antwort von dir, wenn ich dich etwas frage!" Er ließ die Herzen in einen Mörser gleiten und zerquetschte sie unter etwas zu viel Kraftaufwand zu einer breiigen Masse. 'Genau das machst du auch mit mir gerade!' dachte er und zerrieb die Masse noch weiter, gleich würde alles unbrauchbar werden, aber seine Hände zitterten dabei wenigstens nicht so. "Ich denke, das Zeug kannst du nun wegwerfen!" bemerkte sie und schnappte sich das Glas mit den Mäuseherzen, um eine neue Portion abzuwiegen. Severus stellte den Mörser mit dem mittlerweile schaumigen Inhalt auf dem Tisch ab und stützte sich selbst darauf auf. "Ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten! Bitte laß mich allein weitermachen, ja?" "Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich dich um Hilfe gebeten, wenn hier einer einen entlassen kann, bin ich das!" Florence war den Tränen nahe, allerdings mehr aus Wut als aus jedem anderen Grund. Warum mußten sich Männer eigentlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie Idioten aufführen? "Gut, dann kann ich ja gehen!" fauchte er und machte Anstalten, hinter Florence durchgezwängt das Labor zu verlassen. "Wage es ja nicht, jetzt zu gehen, Severus Snape, oder ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, daß du die nächsten Tage in der Krankenabteilung verbringst!" Severus hielt inne und drehte sich ungläubig zu Florence um. Hatte sie ihm wirklich gerade gedroht? Er lächelte schief und flüsterte leise: "Ganz schön mutig, so etwas zu behaupten! Soweit ich mich erinnere, braucht es nicht besonders viel, um dich auszuschalten, Kleines!" "Und soweit ich mich erinnere, hast du einige Übung darin, dich selbst fast umzubringen, du nachtragender, eifersüchtiger Sturkopf!" "Ich glaube, du siehst hier etwas völlig falsch! DU bist nicht der Mittelpunkt meiner Welt! Meinetwegen kannst du tun und lassen, was du willst! Es ist mir vollkommen egal!" Das war eine glatte Lüge, Severus platzte fast vor Eifersucht, nachtragend war er schon immer gewesen und es war ihm ganz und gar nicht egal, was Florence tat oder auch nicht. Aber wie sollte er darauf schon reagieren, ohne das Gesicht zu verlieren? Er warf sich in die Brust und rauschte aus dem Labor, hinüber in seine Büro, wo er sich türenknallend von dem Rest der Welt für diesen Abend verabschiedete. "Nun, wenn das so ist!" flüsterte Florence hinter ihm her und die ersten Tränen liefen ihr die Wangen hinab. Es war schön, Remus um sich zu haben, es war mit ihm fast wieder, wie früher. Sirius war relativ zurückhaltend, aber dadurch, daß er sowieso die meiste Zeit in seiner Hundegestalt verbrachte oder mit Harry Potter, seinem Patenkind, brauchte sie sich bisher auch nicht so direkt mit ihm auseinander zu setzen. Es war einzig und allein Severus' Verhalten, das sie schmerzte. Remus hatte ihr erzählt, daß er mit ihm vorsichtig kurze Gespräche im Lehrerzimmer begonnen hatte, allerdings nur, wenn Sirius nicht dabei war. Ihr Onkel hatte recht: Severus mochte Remus... irgendwie... Allerdings ignorierte er Sirius völlig und sie auch. Und das war etwas, das ihr mehr weh tat, als sie geahnt hatte. Es war ihr schon bewußt gewesen, daß sie niemals völlig unbelastet zu viert durch die Gegend laufen konnten, doch die Art und Weise, in der sich Severus zurückgezogen hatte, war zuviel für ihre Nerven. Sie brauchte ihn doch! Alle drei brauchte sie - als Freunde und Mitstreiter...
"Nein!" brummte Severus ungefähr eine Stunde später auf das Klopfen an seiner Tür hin. Er wollte heute wahrhaftig niemanden mehr sehen. "Severus, mach die Tür auf!" Albus Dumbledore klang dumpf und wütend durch die geschlossene Tür. Severus überlegte kurz: Tür öffnen und Strafpredigt, oder Tür zu lassen und eine schlimmere Strafpredigt, aber einige Stunden Ruhe... "Ich sprenge die Tür, wenn du nicht sofort aufmachst!" Okay, Tür öffnen und gleich die schlimme Version, danach aber hoffentlich Ruhe! Er stand von seinem Schreibtisch auf und öffnete die Tür. "Was ist los mit dir?" fuhr Dumbledore ihn an, kaum, daß er einen Schritt ins Büro getan hatte. Er sah sich um und war entsetzt: das sonst so geordnete Büro seines Zaubertranklehrers glich einem Schlachtfeld. Severus hatte zwar nicht wie noch vor kurzem alles in einem Wutanfall zerstört, aber damals sah es kaum schlimmer aus. Papiere quollen über den Schreibtisch, getragene Kleidungsstücke zogen eine Spur vom Schreibtisch bis hinüber zum ungemachten Bett im Wohnraum, Geschirr stapelte sich auf dem Boden, aufgeschlagene Bücher lagen auf jeder Ablagefläche, leere Zaubertrankflaschen waren überall verteilt... "Hast du den Hauselfen verboten, hier aufzuräumen, oder ist das dein neuer Einrichtungsstil?" Severus schwieg und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. "Severus, es ist eine Sache, wenn du nicht mit Sirius reden willst, aber Florence hat dir nichts getan! Ich dachte, ihr hättet euch darauf geeinigt, Freunde zu sein?" Der Jüngere schnaubte und füllte seine Feder wieder mit Tinte. Er hatte noch Hausaufgaben zu korrigieren. "Antworte mir endlich!" Albus Dumbledore hatte nicht geglaubt, noch wütender werden zu können. Florence war ihm weinend im Treppenhaus begegnet, als sie auf dem Weg in ihre Räume war. Nachdem er sie endlich zum Sprechen gebracht hatte, war er hier herunter gekommen, um Severus den Kopf zurecht zu rücken, aber das hätte er wohl schon einige Tage früher tun sollen. Sein Schützling hatte anscheinend mal wieder einen Rückfall erlitten: Zeitweise betäubt von diversen Mitteln und sonst mit anderen Mitteln aufgeputscht, um den Unterricht durchzuhalten. Wann er das letzte Mal gegessen oder geschlafen hatte, konnte Severus wahrscheinlich gar nicht mehr sagen. Er schien jegliche Struktur verloren zu haben und das war nicht das erste Mal. Allerdings deutete die Tatsache, daß er wieder Hausaufgaben seiner Schüler korrigierte darauf hin, daß er gerade dabei war, sich wieder etwas zu fangen. Und dem war tatsächlich so. Durch den Streit mit Florence war Severus zu dem Schluß gekommen, daß er nur Albus Dumbledore verpflichtet war. Und das hieß, bis zu seinem Rausschmiß aus Hogwarts hatte er sich um seinen Unterricht zu kümmern und die Todesser auszuspionieren. Sonst nichts. "Was soll ich dazu noch sagen? Die anderen sind die Guten und ich habe Unrecht, wie immer. Ich rede mit gar keinem mehr, wenn dir das lieber ist. Oder du entläßt mich endlich, Ersatz ist ja schon im Haus für mein Fach." Severus sah seinen Besucher nicht an. Erst, als der Ältere ein verzweifeltes Seufzen von sich gab und den Stuhl vor dem Schreibtisch freiräumte, um sich schwer hinein fallen zu lassen, blickte er auf. "Es geht nicht nur um dich oder mich... es geht um viel mehr, und das weißt du. Nächsten Samstag werde ich alle unsere wichtigen Leute hier versammeln, wir müssen noch genauer planen. Und ich kann es nun einmal nicht zulassen, daß meine liebsten Mitkämpfer ihre Zeit damit verbringen, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, sei es aus aktuellen Gründen oder einfach nur, weil sie es von jeher so gewohnt sind. Ihr müßt euch endlich zusammenraufen, ich werde langsam zu alt dafür, ständig den Schiedsrichter für euch zu spielen. Ihr habt alle irgendwie recht mit eurem Standpunkt." "Ich habe keinen Standpunkt. Ich will mit keinem von den Dreien etwas zu tun haben. Florence kann das Labor benutzen, wenn ich es nicht brauche und Remus bekommt seinen Trank. Und wenn mir Sirius auf die Nerven geht, bekommt der Köter einen Tritt, daß er ins nächste Jahr fliegt." Widerwillig mußte Dumbledore lächeln. Die Vorstellung, jemandem durch einen simplen Fußtritt nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit zu befördern war absurd. "Und was gedenkst du sonst noch zu tun?" "Ich werde weitermachen wie bisher. Nicht mehr und auch nicht weniger, wenn es das ist, was du meinst." "Ich denke, fürs erste muß das wohl reichen. Allerdings gibt es da jemanden, der dir gegenüber nicht so negativ eingestellt ist, wie du wahrscheinlich denkst. Und ich spreche nicht von Florence. Die möchte dich nämlich im Moment am Liebsten bei lebendigem Leib häuten!" "Ja, sie erwähnte so etwas in der Art... Und es ist mir egal, wer was von mir denkt. War es schon immer und wird es auch immer sein..." Und wieder gelogen. Severus war es noch nie egal, was andere von ihm dachten. Allerdings war er ein wahrer Meister darin, fast jeden gegen ihn aufzubringen. Nur den wenigen, die sich von seiner Kaltschnäuzigkeit nicht abschrecken ließen, gewährte er mehr Aufmerksamkeit und gelegentlich sogar ein freundliches Wort. Wie Albus. Oder Melissa Herba. Minerva McGonagall. Eigentlich den meisten alteingesessenen Lehrern in Hogwarts. Allerdings war es in den letzten 15 Jahren ja auch kaum zu vermeiden gewesen, sich mehr mit ihnen zu beschäftigen. Für die meisten war er einfach unausstehlich und unheimlich, etwas womit er wunderbar leben konnte. "Nun denn. Ich werde hier noch kurz etwas Ordnung rein bringen, wenn es dich nicht stört und dich dann für heute in Ruhe lassen. Und nimm dir bitte für nächsten Samstag nichts vor, ja?" Severus grinste Dumbledore schief an: "Sehr komisch! Als ob ich jemals etwas vor gehabt hätte an einem Samstag!" "Nun, ich kann mich daran erinnern, daß du vor noch nicht allzu langer Zeit öfter mal am Wochenende verschwunden warst, und zwar noch vor Voldemorts Wiederauferstehung!" Dumbledore lächelte ihn nun aufmunternd an. Damals hatte Severus eine etwas unglücklich verlaufene heimliche Beziehung mit einer Hexe in London geführt... Allerdings war Severus vor ihr geflüchtet, als sie die Beziehung zu etwas ernstem ausbauen wollte. Seitdem war er nie wieder in der Nocturngasse gewesen, wo sie arbeitete. Aber Hagrid war oft genug dort und konnte ihm die Dinge mitbringen, die er über Mrs. Soporific in Hogsmeade nicht bestellen konnte. Manchmal ließ sich Severus durch die Erinnerung an diese Geschichte etwas aufmuntern. Immerhin war es etwas, was er ganz allein geschafft hatte aufzubauen und leider auch abzubrechen, ohne daß Albus Dumbledore seine Finger im Spiel hatte. Doch heute seufzte Severus nur und schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder den Hausaufgaben zu wand. Dumbledore zuckte mit den Schultern und zückte seinen Zauberstab, um die Unordnung in einem Wirbel von blauen Funken zu beseitigen. Nach getaner Arbeit verabschiedete er sich von Severus, der nur kurz aufblickte und brummte. Der war gerade in einem Aufsatz von Hermine Granger versunken gewesen. Unglaublich, daß jemand so viel Wissen in so vielen Worten verpacken konnte, ohne auch nur einen Hauch von Gefühl für die Materie zu bekommen... Er schüttelte wieder den Kopf und fragte sich, wie er das wieder benoten sollte: es war zwar alles richtig, aber selbst in dem mißlungenen Aufsatz von Neville Longbottom war mehr Verständnis zu spüren gewesen. Zwar hatte Neville nur seine Heidenangst vor den diversen Zutaten ausgedrückt, aber das war wenigstens etwas. Hermine hatte einfach nur stur aus den Lehrbüchern zusammen getragen. Entweder mußte er Neville's Aufsatz besser bewerten oder bei Hermine Punkte abziehen. Nur wofür? Ein Klopfen an seiner Bürotür riss ihn aus seinen Gedanken. Wahrscheinlich hatte Dumbledore irgendetwas vergessen, also antwortete Severus: "Ja, herein!" "Hallo Severus!" Das war nicht Albus Dumbledore! In der Tür stand Remus Lupin und lächelte leicht. Was wollte der denn jetzt hier? Hatte etwa irgendjemand ein Schild mit der Aufschrift "Nacht der offenen Tür" draußen angehängt, oder warum lief heute alles in seinem Kerker herum? "Und was treibt dich hierher...?" seufzte Severus und legte seine Feder beiseite. Unterhalten wäre eine gute Alternative zu seinem Granger - Dilemma, alles andere, was ihm sonst noch im Kopf rumspukte... Nun, er hatte Dumbledore vorhin durch die Blume versprochen, sich wieder zusammen zu reißen. Und das Versprechen wollte er nicht schon in der ersten Nacht wieder brechen. "Nun, wir hatten noch nicht so wirklich die Möglichkeit, uns zu unterhalten, seitdem ich wieder hier bin. Und da du anscheinend heute abend auch nichts besseres vor hast" er deutete grinsend auf den Stapel mit Hausaufgaben, "dachte ich, ich bringe eine Flasche Wein mit und schauen mal..." Unter seinem Umhang zog Remus eine Flasche Chianti hervor und zwei Gläser, die er auf dem Schreibtisch abstellte. Severus zog die Augenbrauen in die Höhe: "Okay, wer hat dich geschickt? Dumbledore, Florence oder McGonagall?" "Keiner hat mich geschickt! Ich bin freiwillig hier! Wenn ich gehen soll, mußt du es nur sagen, ich trinke die Flasche auch allein!" "...und bettelst mich morgen um irgendwas gegen die Kopfschmerzen an. Diese Sorte kenne ich. Der Kater ist schon vorprogrammiert!" Remus wußte nicht, ob er lächeln oder sich beleidigt fühlen sollte. Gut, der Wein war nicht gerade vom Allerfeinsten, aber bis er sein erstes Gehalt bekäme, war er noch genauso pleite wie immer. "Was ist nun? Öffnest du die Flasche oder wartest du darauf, daß es Essig wird?" Severus rang sich ein vorsichtiges Lächeln ab. Er war es einfach nicht gewöhnt, netter mit jemandem zu sprechen, als er für gewöhnlich vor sich hin moserte. Und Remus war schon immer etwas sensibler gewesen, er nahm sich Kritik sehr schnell zu Herzen.
Einige Stunden später saßen zwei dunkle Gestalten in der Kälte am Seeufer und beobachteten den abnehmenden Mond. "Verfluchte kalte Kugel!" schrie Remus den Mond an. Der Wein tat bei ihm langsam seine Wirkung. "Davon, daß du rumschreist, wird es auch nicht besser. Und darin bin ich Experte, ich muß es wissen." Auch bei Severus wirkte der Wein. Allerdings wurde er im Gegensatz zu Remus nicht aggressiv, sondern eher ruhiger. Und trauriger. Bisher hatte noch keiner Florence oder Sirius erwähnt. Es war erstaunlich, daß die beiden überhaupt über irgendetwas anderes hatten reden können. Aber ihre Unterhaltung war irgendwann in Gang gekommen und Severus hatte die Enge seiner eigenen Räume nicht mehr ertragen. Normalerweise ging er in dieser Stimmung auf den Astronomieturm, aber dahin wollte er nicht mit Remus. Das war ein zu privater Platz. Also waren sie nach draußen gegangen. Es würde nicht mehr lange dauern, und sie würden unweigerlich über die beiden Personen sprechen, die ihnen noch am Nächsten standen. "Und was soll ich sonst tun? Mich meinem Schicksal ergeben und für den Rest meines Lebens still vor mich hin leiden?" Remus war stocksauer. Es war einfach nicht fair. Als Werwolf wurde er überall ausgegrenzt. Der Einzige, der es bisher längere Zeit mit ihm ausgehalten hatte, war Sirius gewesen, und von dessen ständiger Anwesenheit war er mittlerweile mehr als genervt. Remus' Wohnung war eigentlich schon für ihn selbst zu klein, aber diese Unterkunft auch noch mit dem riesigen Sirius - Hund zu teilen, war für ihn in den letzten zwei Jahren zu einer echten Belastungsprobe geworden. Die Unterkunft in Hogwarts war zwar um einiges größer, aber Sirius immer noch da. "Na, da fragst du ja echt den Richtigen!" Severus entkorkte mit seinem Zauberstab die mittlerweile dritte Flasche Wein der heutigen Nacht und registrierte nur am Rande, wie Remus bei seinen Worten zusammengezuckt war. "Entschuldige, ich wollte nicht..." "Vergiß es, Glas her!" Er schenkte nach und verkorkte die Flasche wieder. Er hatte die letzten beiden Flaschen aus den Tiefen seines Schreibtisches hervor gekramt... sie stammten noch aus der Zeit, als er mit Florence zusammen war. Es war guter Wein. Sonst wäre er schon längst zu Essig geworden. Und mittlerweile sicher auch schon etwas wert, immerhin lag das Kaufdatum ja schon etwas zurück. Das Klima im Kerker war wohl genau das richtige für Wein... Er hatte seit Florence' Verschwinden keinen Rotwein mehr getrunken. Doch heute wollte er endlich alles los werden. Und die Weinflaschen gehörten mit zu seinen Erinnerungen. Warum sie also nicht zusammen mit dem Werwolf, der ihm um ein Haar den Kopf abgerissen hatte, vernichten? Einen Kater hatten eh beide zu erwarten... Beide schwiegen eine Weile. Dann brach Remus die Stille: "Ist doch seltsam... Ich hätte nie gedacht, daß ich mich jemals ausgerechnet mit dir betrinken würde... und dann noch in unserer alten Schule..." "Shit happens." Remus starrte Severus entgeistert an. Er hätte alles mögliche erwartet, nur nicht diesen Muggelspruch: "Wie bitte?" "Ich wollte damit ausdrücken, daß seltsame Dinge einfach passieren und es keine Erklärung dafür gibt, außer durch die Präsenz einer äußerst rachsüchtigen Schicksalsgöttin, die sich einen Spaß daraus macht, die Würmer, die sich Menschheit nennt, zu quälen." "Das war jetzt sehr schön gesagt... wirklich!" Beide Männer schauten sich an und fingen laut an zu Lachen.
Remus Lupin und sein "Hund" wurden von Hausmeister Filch am Eichenportal in Empfang genommen, Hagrid wollte das Gepäck in Lupin's Zimmer bringen. "Schön Sie wiederzusehen, Mr. Filch!" begrüßte Remus den Hausmeister, doch der machte nur eine finstere Miene und deutete auf den Sirius - Hund: "Ich hoffe, der ist stubenrein... Professor Trelawney hat sich im Frühjahr einen Flughund zugelegt, dessen Dreck sie sich zu fein ist, selbst wegzumachen!" "Ich versichere Ihnen, dieser Hund ist sehr stubenrein! Und wenn dem nicht so wäre, würde ich Sie auch nicht damit belästigen!" Remus seufzte und Sirius knurrte. Doch Remus' Versicherung schien Argus Filch zu genügen, denn seine Miene hellte sich nun auf und er geleitete sie humpelnd zum Büro von Direktor Dumbledore. Am Wasserspeier verließ er die beiden, die noch einmal tief durchatmeten. "Seifenflocke!" brachte Remus heraus und der Wasserspeier glitt zur Seite. Zögernd setzten Remus und Sirius sich in Bewegung die Treppe hinauf...
Severus Snape versuchte ein weiteres Mal, den anhänglichen Phönix unauffällig von seiner Schulter zu schubsen. Seit er noch zu seinen ersten Todesser - Zeiten angefangen hatte, den schönen und seltenen Vogel mit Süßigkeiten zu füttern, liebte Fawkes ihn heiß und innig. Manchmal gelang es Severus, ihn auf Abstand zu halten, allerdings meist nur, wenn der Vogel in seinem Käfig eingesperrt war oder auf seinen Brandtag wartete und so mürrisch war, wie es für Severus selbst zum Normalzustand gehörte. Im Grunde mochte der Zaubertranklehrer den Vogel sehr gern und fühlte sich geehrt von der offensichtlichen Zuneigung, die ihm Fawkes entgegenbrachte (Phönixe sind sehr wählerisch, was Menschen angeht), aber wenn Remus Lupin und Sirius Black den Raum betraten, wollte er nicht beim Schmusen mit Dumbledore's Haustier gesehen werden. Er hatte schließlich ein Image zu verlieren! Florence und Albus taten so, als ob sie die immer verzweifelteren Versuche Severus' nicht mitbekommen würden und unterhielten sich stattdessen über schulinterne Themen. Als der Wasserspeier sich bewegte, griff Florence sich allerdings doch Fawkes, zum Einen aus Mitleid mit Severus (sie kannte seine Macho - Attitüden), zum Anderen, damit sie sich hinter Fawkes verstecken konnte, zumindest ihr Gesicht im ersten Moment, wenn Remus und Sirius eintreten würden. Severus und Albus sprangen gleichzeitig auf und beobachteten die Bürotür. Diese öffnete sich zögernd und ein großer schwarzer Zottelhund zwängte sich durch den Spalt. Florence drapierte den Phönix auf ihrer Schulter so, daß sie unauffällig an ihm vorbei schielen konnte. "Hallo..." Remus kam herein und hatte ein schüchternes Lächeln auf den Lippen. Severus starrte abfällig auf Sirius, der immer noch ein Hund war, bevor er Remus einen geringschätzigen Blick zuwarf: Lupin sah noch abgerissener und erschöpfter aus, als bei seinem letzten Besuch in Hogwarts. Vor drei Tagen war Vollmond gewesen und Remus hatte sich ganz offensichtlich noch nicht wieder völlig davon erholt, ganz abgesehen von den Strapazen der langen Reise. Florence starrte aus dem Fenster, ihr Gesicht war ziemlich rot geworden und sie wollte sich erst wieder etwas beruhigen, bevor sie sich den Neuankömmlingen zuwendete. Der schwarze Hund war mitten im Zimmer wie angewurzelt stehengeblieben. Remus schloss auf und Albus Dumbledore kam auf beide lächelnd mit ausgestreckten Armen zu: "Wie schön, euch zu sehen! Sirius, du kannst dich verwandeln, uns wird in den nächsten Minuten keiner stören! Remus, ich bin dir sehr dankbar für dein promptes Erscheinen, daß wird es sehr erleichtern, die Schüler vom Tod deines Vorgängers zu unterrichten!" Er schloss den Werwolf in die Arme und auch Sirius kurz, nachdem dieser seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Severus verdrückte sich weitestgehend in den Schatten, er legte keinen besonderen Wert auf eine Begrüßung, versteckte sich wieder hinter der alten arroganten Fassade, lauernd auf das kommende. "Ich glaube, ihr kennt euch noch, nicht wahr? Remus, Sirius, die schöne schweigsame Lady am Kamin ist Florence... und Severus habt ihr ja schon öfters zwischenzeitlich gesehen..." Die Spannung im Raum hätte ausgereicht, um ganz Hogwarts elektrisch zu beleuchten. "Hi Flo!" begrüßte Remus sie zögerlich und Sirius schluckte zuerst, bevor er genau denselben dämlichen Satz von sich gab. Severus grinste in sich hinein: wenigstens waren die beiden nicht schlagfertiger oder gewandter, als er es damals in diesem Büro gewesen, als er Florence hier offiziell das erste Mal wiedersah... Natürlich wurde das von Albus Dumbledore bemerkt und sein mißbilligender Blick in Severus' Richtung schien zu sagen: "Wage es ja nicht, den Mund aufzumachen!" Florence schüttelte die Reste ihrer Unsicherheit von sich ab und lächelte Remus und Sirius unnatürlich selbstsicher an: "Hi, ihr Zwei! Wie war die Fahrt?" "Grauenhaft!" Remus grinste, "Besonders das letzte Stück... seit wann hat Hagrid eigentlich ein Blutpferd?" "Du siehst gut aus!" bemerkte Sirius und lächelte verlegen Florence an, die nun auch endlich aufstand. Severus machte den Versuch, sich aus dem Büro zu verdrücken, doch Dumbledore hielt ihn am Ärmel fest: "Du bleibst gefälligst hier!" zischte er dem entnervten Lehrer zu und drehte ihn mit sanfter Gewalt der Wiedersehensszene zu. Mit aufkommender Übelkeit mußte Severus zur Kenntnis nehmen, daß sowohl Remus wie auch Sirius die kleine Frau ohne deren Gegenwehr in die Arme nehmen und drücken durften. IHN hatte sie bisher nicht freiwillig in den Arm genommen, ihr bisher intensivster Körperkontakt mit ihm hatte mit seiner gebrochenen Nase und ihrer gebrochenen Hand geendet... "Hallo Severus!" begrüßte ihn nun Remus beiläufig und Sirius knurrte etwas ähnliches. Die Art, wie ihn Florence und Dumbledore nun anschauten, stellte klar, daß er in jedem Fall nicht ohne Begrüßung davon kam. Er nickte kurz mit dem Kopf und verschoß tödliche Blicke in die Runde. Er wollte einfach nur flüchten, doch Albus verstärkte seinen Griff um seinen Ellenbogen nur noch mehr, bevor er sagte: "Bis zum Abendessen haben wir noch ein Viertelstündchen, das ist zwar nicht genug, um sich über alles auszutauschen, aber für eine Tasse Tee reicht es alle Mal!" Widerwillig ließ sich Severus von Dumbledore zurück in den Sessel drücken, wo er finster zum Fenster schaute... Wenn sich der Phönix jetzt noch auf seiner Schulter niederließ, würde er für einen verfrühten Brandtag sorgen... Doch der Vogel war schlau genug, sich freiwillig in seinen Käfig zurück zu begeben. Die Minuten bis zum gemeinschaftlichen Aufbruch in die Große Halle waren mit die längsten in Severus' Leben. Als sie endlich aufstanden, rauschte Severus mit ausdruckslosem Gesicht in gerade noch akzeptabler Geschwindigkeit vorneweg. Etwas schneller, und jeder hätte von 'fluchtartig' gesprochen. Dumbledore schüttelte den Kopf und sah sich in dieser Nacht schon wieder auf Kontrollgang im Kerker... "Er ist nicht wirklich von unserer Anwesenheit begeistert, oder?" raunte Remus Florence leise zu. "Nicht wirklich, nein... Aber ich finde, er hält sich gut!" wisperte sie zurück, wobei sie dankbar war, daß Sirius seine Hundegestalt wieder angenommen hatte. So konnte er wenigstens nicht grinsen oder etwas fieses von sich geben. Und genau das hätte Sirius auch getan, wenn er gekonnt hätte.
Die Schüler waren zwar entsetzt über Professor Litigant's plötzlichen und unerwarteten Unfalltod (die Einzelheiten hatte Dumbledore ihnen erspart), aber zumindest in den oberen Klassen überwog die Freude über die Rückkehr von Remus Lupin. Draco Malfoy war zwar nie ein Fan von Remus gewesen, aber auch er war dankbar für seinen spontanen Einsatz... Litigant hatte ihn wie alle anderen auch zu Tode gelangweilt. Harry, Ron und Hermine konnten ihr Glück kaum fassen, besonders Harry, der ja nun auch seinen Paten Sirius ständig in der Nähe wußte. Am Lehrertisch hatte es wieder einmal eine Umverteilung der Sitzplätze gegeben: Madam Farstalker saß nun zwischen Snape und Remus Lupin, der Sirius - Hund lag zwischen ihren und Lupin's Füßen unter dem Tisch und blinzelte gelegentlich zu Harry hinüber. Snape sah noch bleicher aus als sonst und starrte finster über die versammelte Schülerschaft hinweg, ohne auch nur ein Wort mit seinen Sitznachbarn zu reden. Madam Farstalker und Remus Lupin unterhielten sich angeregt und lächelten viel, was nicht nur Ron auffiel: "Nun wissen wir also auch, mit wem von den Gryffindors Madam Farstalker am Besten befreundet war!" Harry nickte nur und Hermine bemerkte: "Ja, doch... die beiden scheinen sich zu mögen..." "Weia! Hoffentlich hat sich Snape bis Übermorgen wieder eingekriegt, in der Stimmung wie er jetzt ist könnte sein Unterricht tödlich werden...!" sagte Ron und Harry nickte wieder nur, er war einfach noch zu beschäftigt damit, sich über Sirius zu freuen. "Ist er das nicht immer?" fragte Neville und tat sich noch etwas Kartoffelbrei auf. Hermine kicherte verhalten und Ron grinste breit: "Auch wieder war... Obwohl er in der letzten Zeit recht erträglich war, daß müßt ihr zugeben!" "Jepp! Wie Fußpilz... nicht wirklich tödlich, aber extrem nervig..." schaltete Harry sich nun ein und grinste ebenso breit wie Ron.
Severus Snape beruhigte sich nicht. Im Gegenteil, er war noch unerträglicher als jemals zuvor, sogar den Slytherins gegenüber ließ er kaum Nachsicht walten. Wenn er nicht im Unterricht die Schüler quälte oder von Direktor Dumbledore gezwungen wurde, an den Mahlzeiten in der Großen Halle teilzunehmen, verschanzte er sich entweder in seinem Büro und war nur für Draco und Kevin Rabanus zu sprechen, oder er experimentierte allein jeden Abend und jede Nacht in seinem Labor. Als Florence Farstalker am darauffolgenden Samstagabend ins Labor herunterkam, war Severus schon mitten in der Arbeit und ignorierte ihre Ankunft. "Oh, ich dachte, das ist unser gemeinsames Projekt!" versuchte Florence ihn unschuldig lächelnd zu einem Gespräch zu bringen. "Danke, ich komme ganz gut allein zurecht..." "Und ich werde dir trotzdem helfen!" "Hast du nichts Besseres zu tun..." fauchte Severus und nahm ihr ein kleines Fläschchen aus den Händen. "Etwas besseres als was?" fauchte sie zurück. Severus würdigte sie weder eines Blickes noch eines Kommentars und wog stattdessen Mäuseherzen ab. "Ich spreche mit dir! Und ich erwarte eine Antwort von dir, wenn ich dich etwas frage!" Er ließ die Herzen in einen Mörser gleiten und zerquetschte sie unter etwas zu viel Kraftaufwand zu einer breiigen Masse. 'Genau das machst du auch mit mir gerade!' dachte er und zerrieb die Masse noch weiter, gleich würde alles unbrauchbar werden, aber seine Hände zitterten dabei wenigstens nicht so. "Ich denke, das Zeug kannst du nun wegwerfen!" bemerkte sie und schnappte sich das Glas mit den Mäuseherzen, um eine neue Portion abzuwiegen. Severus stellte den Mörser mit dem mittlerweile schaumigen Inhalt auf dem Tisch ab und stützte sich selbst darauf auf. "Ich habe dich nicht um deine Hilfe gebeten! Bitte laß mich allein weitermachen, ja?" "Wenn ich mich recht entsinne, hatte ich dich um Hilfe gebeten, wenn hier einer einen entlassen kann, bin ich das!" Florence war den Tränen nahe, allerdings mehr aus Wut als aus jedem anderen Grund. Warum mußten sich Männer eigentlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie Idioten aufführen? "Gut, dann kann ich ja gehen!" fauchte er und machte Anstalten, hinter Florence durchgezwängt das Labor zu verlassen. "Wage es ja nicht, jetzt zu gehen, Severus Snape, oder ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, daß du die nächsten Tage in der Krankenabteilung verbringst!" Severus hielt inne und drehte sich ungläubig zu Florence um. Hatte sie ihm wirklich gerade gedroht? Er lächelte schief und flüsterte leise: "Ganz schön mutig, so etwas zu behaupten! Soweit ich mich erinnere, braucht es nicht besonders viel, um dich auszuschalten, Kleines!" "Und soweit ich mich erinnere, hast du einige Übung darin, dich selbst fast umzubringen, du nachtragender, eifersüchtiger Sturkopf!" "Ich glaube, du siehst hier etwas völlig falsch! DU bist nicht der Mittelpunkt meiner Welt! Meinetwegen kannst du tun und lassen, was du willst! Es ist mir vollkommen egal!" Das war eine glatte Lüge, Severus platzte fast vor Eifersucht, nachtragend war er schon immer gewesen und es war ihm ganz und gar nicht egal, was Florence tat oder auch nicht. Aber wie sollte er darauf schon reagieren, ohne das Gesicht zu verlieren? Er warf sich in die Brust und rauschte aus dem Labor, hinüber in seine Büro, wo er sich türenknallend von dem Rest der Welt für diesen Abend verabschiedete. "Nun, wenn das so ist!" flüsterte Florence hinter ihm her und die ersten Tränen liefen ihr die Wangen hinab. Es war schön, Remus um sich zu haben, es war mit ihm fast wieder, wie früher. Sirius war relativ zurückhaltend, aber dadurch, daß er sowieso die meiste Zeit in seiner Hundegestalt verbrachte oder mit Harry Potter, seinem Patenkind, brauchte sie sich bisher auch nicht so direkt mit ihm auseinander zu setzen. Es war einzig und allein Severus' Verhalten, das sie schmerzte. Remus hatte ihr erzählt, daß er mit ihm vorsichtig kurze Gespräche im Lehrerzimmer begonnen hatte, allerdings nur, wenn Sirius nicht dabei war. Ihr Onkel hatte recht: Severus mochte Remus... irgendwie... Allerdings ignorierte er Sirius völlig und sie auch. Und das war etwas, das ihr mehr weh tat, als sie geahnt hatte. Es war ihr schon bewußt gewesen, daß sie niemals völlig unbelastet zu viert durch die Gegend laufen konnten, doch die Art und Weise, in der sich Severus zurückgezogen hatte, war zuviel für ihre Nerven. Sie brauchte ihn doch! Alle drei brauchte sie - als Freunde und Mitstreiter...
"Nein!" brummte Severus ungefähr eine Stunde später auf das Klopfen an seiner Tür hin. Er wollte heute wahrhaftig niemanden mehr sehen. "Severus, mach die Tür auf!" Albus Dumbledore klang dumpf und wütend durch die geschlossene Tür. Severus überlegte kurz: Tür öffnen und Strafpredigt, oder Tür zu lassen und eine schlimmere Strafpredigt, aber einige Stunden Ruhe... "Ich sprenge die Tür, wenn du nicht sofort aufmachst!" Okay, Tür öffnen und gleich die schlimme Version, danach aber hoffentlich Ruhe! Er stand von seinem Schreibtisch auf und öffnete die Tür. "Was ist los mit dir?" fuhr Dumbledore ihn an, kaum, daß er einen Schritt ins Büro getan hatte. Er sah sich um und war entsetzt: das sonst so geordnete Büro seines Zaubertranklehrers glich einem Schlachtfeld. Severus hatte zwar nicht wie noch vor kurzem alles in einem Wutanfall zerstört, aber damals sah es kaum schlimmer aus. Papiere quollen über den Schreibtisch, getragene Kleidungsstücke zogen eine Spur vom Schreibtisch bis hinüber zum ungemachten Bett im Wohnraum, Geschirr stapelte sich auf dem Boden, aufgeschlagene Bücher lagen auf jeder Ablagefläche, leere Zaubertrankflaschen waren überall verteilt... "Hast du den Hauselfen verboten, hier aufzuräumen, oder ist das dein neuer Einrichtungsstil?" Severus schwieg und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. "Severus, es ist eine Sache, wenn du nicht mit Sirius reden willst, aber Florence hat dir nichts getan! Ich dachte, ihr hättet euch darauf geeinigt, Freunde zu sein?" Der Jüngere schnaubte und füllte seine Feder wieder mit Tinte. Er hatte noch Hausaufgaben zu korrigieren. "Antworte mir endlich!" Albus Dumbledore hatte nicht geglaubt, noch wütender werden zu können. Florence war ihm weinend im Treppenhaus begegnet, als sie auf dem Weg in ihre Räume war. Nachdem er sie endlich zum Sprechen gebracht hatte, war er hier herunter gekommen, um Severus den Kopf zurecht zu rücken, aber das hätte er wohl schon einige Tage früher tun sollen. Sein Schützling hatte anscheinend mal wieder einen Rückfall erlitten: Zeitweise betäubt von diversen Mitteln und sonst mit anderen Mitteln aufgeputscht, um den Unterricht durchzuhalten. Wann er das letzte Mal gegessen oder geschlafen hatte, konnte Severus wahrscheinlich gar nicht mehr sagen. Er schien jegliche Struktur verloren zu haben und das war nicht das erste Mal. Allerdings deutete die Tatsache, daß er wieder Hausaufgaben seiner Schüler korrigierte darauf hin, daß er gerade dabei war, sich wieder etwas zu fangen. Und dem war tatsächlich so. Durch den Streit mit Florence war Severus zu dem Schluß gekommen, daß er nur Albus Dumbledore verpflichtet war. Und das hieß, bis zu seinem Rausschmiß aus Hogwarts hatte er sich um seinen Unterricht zu kümmern und die Todesser auszuspionieren. Sonst nichts. "Was soll ich dazu noch sagen? Die anderen sind die Guten und ich habe Unrecht, wie immer. Ich rede mit gar keinem mehr, wenn dir das lieber ist. Oder du entläßt mich endlich, Ersatz ist ja schon im Haus für mein Fach." Severus sah seinen Besucher nicht an. Erst, als der Ältere ein verzweifeltes Seufzen von sich gab und den Stuhl vor dem Schreibtisch freiräumte, um sich schwer hinein fallen zu lassen, blickte er auf. "Es geht nicht nur um dich oder mich... es geht um viel mehr, und das weißt du. Nächsten Samstag werde ich alle unsere wichtigen Leute hier versammeln, wir müssen noch genauer planen. Und ich kann es nun einmal nicht zulassen, daß meine liebsten Mitkämpfer ihre Zeit damit verbringen, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen, sei es aus aktuellen Gründen oder einfach nur, weil sie es von jeher so gewohnt sind. Ihr müßt euch endlich zusammenraufen, ich werde langsam zu alt dafür, ständig den Schiedsrichter für euch zu spielen. Ihr habt alle irgendwie recht mit eurem Standpunkt." "Ich habe keinen Standpunkt. Ich will mit keinem von den Dreien etwas zu tun haben. Florence kann das Labor benutzen, wenn ich es nicht brauche und Remus bekommt seinen Trank. Und wenn mir Sirius auf die Nerven geht, bekommt der Köter einen Tritt, daß er ins nächste Jahr fliegt." Widerwillig mußte Dumbledore lächeln. Die Vorstellung, jemandem durch einen simplen Fußtritt nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit zu befördern war absurd. "Und was gedenkst du sonst noch zu tun?" "Ich werde weitermachen wie bisher. Nicht mehr und auch nicht weniger, wenn es das ist, was du meinst." "Ich denke, fürs erste muß das wohl reichen. Allerdings gibt es da jemanden, der dir gegenüber nicht so negativ eingestellt ist, wie du wahrscheinlich denkst. Und ich spreche nicht von Florence. Die möchte dich nämlich im Moment am Liebsten bei lebendigem Leib häuten!" "Ja, sie erwähnte so etwas in der Art... Und es ist mir egal, wer was von mir denkt. War es schon immer und wird es auch immer sein..." Und wieder gelogen. Severus war es noch nie egal, was andere von ihm dachten. Allerdings war er ein wahrer Meister darin, fast jeden gegen ihn aufzubringen. Nur den wenigen, die sich von seiner Kaltschnäuzigkeit nicht abschrecken ließen, gewährte er mehr Aufmerksamkeit und gelegentlich sogar ein freundliches Wort. Wie Albus. Oder Melissa Herba. Minerva McGonagall. Eigentlich den meisten alteingesessenen Lehrern in Hogwarts. Allerdings war es in den letzten 15 Jahren ja auch kaum zu vermeiden gewesen, sich mehr mit ihnen zu beschäftigen. Für die meisten war er einfach unausstehlich und unheimlich, etwas womit er wunderbar leben konnte. "Nun denn. Ich werde hier noch kurz etwas Ordnung rein bringen, wenn es dich nicht stört und dich dann für heute in Ruhe lassen. Und nimm dir bitte für nächsten Samstag nichts vor, ja?" Severus grinste Dumbledore schief an: "Sehr komisch! Als ob ich jemals etwas vor gehabt hätte an einem Samstag!" "Nun, ich kann mich daran erinnern, daß du vor noch nicht allzu langer Zeit öfter mal am Wochenende verschwunden warst, und zwar noch vor Voldemorts Wiederauferstehung!" Dumbledore lächelte ihn nun aufmunternd an. Damals hatte Severus eine etwas unglücklich verlaufene heimliche Beziehung mit einer Hexe in London geführt... Allerdings war Severus vor ihr geflüchtet, als sie die Beziehung zu etwas ernstem ausbauen wollte. Seitdem war er nie wieder in der Nocturngasse gewesen, wo sie arbeitete. Aber Hagrid war oft genug dort und konnte ihm die Dinge mitbringen, die er über Mrs. Soporific in Hogsmeade nicht bestellen konnte. Manchmal ließ sich Severus durch die Erinnerung an diese Geschichte etwas aufmuntern. Immerhin war es etwas, was er ganz allein geschafft hatte aufzubauen und leider auch abzubrechen, ohne daß Albus Dumbledore seine Finger im Spiel hatte. Doch heute seufzte Severus nur und schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder den Hausaufgaben zu wand. Dumbledore zuckte mit den Schultern und zückte seinen Zauberstab, um die Unordnung in einem Wirbel von blauen Funken zu beseitigen. Nach getaner Arbeit verabschiedete er sich von Severus, der nur kurz aufblickte und brummte. Der war gerade in einem Aufsatz von Hermine Granger versunken gewesen. Unglaublich, daß jemand so viel Wissen in so vielen Worten verpacken konnte, ohne auch nur einen Hauch von Gefühl für die Materie zu bekommen... Er schüttelte wieder den Kopf und fragte sich, wie er das wieder benoten sollte: es war zwar alles richtig, aber selbst in dem mißlungenen Aufsatz von Neville Longbottom war mehr Verständnis zu spüren gewesen. Zwar hatte Neville nur seine Heidenangst vor den diversen Zutaten ausgedrückt, aber das war wenigstens etwas. Hermine hatte einfach nur stur aus den Lehrbüchern zusammen getragen. Entweder mußte er Neville's Aufsatz besser bewerten oder bei Hermine Punkte abziehen. Nur wofür? Ein Klopfen an seiner Bürotür riss ihn aus seinen Gedanken. Wahrscheinlich hatte Dumbledore irgendetwas vergessen, also antwortete Severus: "Ja, herein!" "Hallo Severus!" Das war nicht Albus Dumbledore! In der Tür stand Remus Lupin und lächelte leicht. Was wollte der denn jetzt hier? Hatte etwa irgendjemand ein Schild mit der Aufschrift "Nacht der offenen Tür" draußen angehängt, oder warum lief heute alles in seinem Kerker herum? "Und was treibt dich hierher...?" seufzte Severus und legte seine Feder beiseite. Unterhalten wäre eine gute Alternative zu seinem Granger - Dilemma, alles andere, was ihm sonst noch im Kopf rumspukte... Nun, er hatte Dumbledore vorhin durch die Blume versprochen, sich wieder zusammen zu reißen. Und das Versprechen wollte er nicht schon in der ersten Nacht wieder brechen. "Nun, wir hatten noch nicht so wirklich die Möglichkeit, uns zu unterhalten, seitdem ich wieder hier bin. Und da du anscheinend heute abend auch nichts besseres vor hast" er deutete grinsend auf den Stapel mit Hausaufgaben, "dachte ich, ich bringe eine Flasche Wein mit und schauen mal..." Unter seinem Umhang zog Remus eine Flasche Chianti hervor und zwei Gläser, die er auf dem Schreibtisch abstellte. Severus zog die Augenbrauen in die Höhe: "Okay, wer hat dich geschickt? Dumbledore, Florence oder McGonagall?" "Keiner hat mich geschickt! Ich bin freiwillig hier! Wenn ich gehen soll, mußt du es nur sagen, ich trinke die Flasche auch allein!" "...und bettelst mich morgen um irgendwas gegen die Kopfschmerzen an. Diese Sorte kenne ich. Der Kater ist schon vorprogrammiert!" Remus wußte nicht, ob er lächeln oder sich beleidigt fühlen sollte. Gut, der Wein war nicht gerade vom Allerfeinsten, aber bis er sein erstes Gehalt bekäme, war er noch genauso pleite wie immer. "Was ist nun? Öffnest du die Flasche oder wartest du darauf, daß es Essig wird?" Severus rang sich ein vorsichtiges Lächeln ab. Er war es einfach nicht gewöhnt, netter mit jemandem zu sprechen, als er für gewöhnlich vor sich hin moserte. Und Remus war schon immer etwas sensibler gewesen, er nahm sich Kritik sehr schnell zu Herzen.
Einige Stunden später saßen zwei dunkle Gestalten in der Kälte am Seeufer und beobachteten den abnehmenden Mond. "Verfluchte kalte Kugel!" schrie Remus den Mond an. Der Wein tat bei ihm langsam seine Wirkung. "Davon, daß du rumschreist, wird es auch nicht besser. Und darin bin ich Experte, ich muß es wissen." Auch bei Severus wirkte der Wein. Allerdings wurde er im Gegensatz zu Remus nicht aggressiv, sondern eher ruhiger. Und trauriger. Bisher hatte noch keiner Florence oder Sirius erwähnt. Es war erstaunlich, daß die beiden überhaupt über irgendetwas anderes hatten reden können. Aber ihre Unterhaltung war irgendwann in Gang gekommen und Severus hatte die Enge seiner eigenen Räume nicht mehr ertragen. Normalerweise ging er in dieser Stimmung auf den Astronomieturm, aber dahin wollte er nicht mit Remus. Das war ein zu privater Platz. Also waren sie nach draußen gegangen. Es würde nicht mehr lange dauern, und sie würden unweigerlich über die beiden Personen sprechen, die ihnen noch am Nächsten standen. "Und was soll ich sonst tun? Mich meinem Schicksal ergeben und für den Rest meines Lebens still vor mich hin leiden?" Remus war stocksauer. Es war einfach nicht fair. Als Werwolf wurde er überall ausgegrenzt. Der Einzige, der es bisher längere Zeit mit ihm ausgehalten hatte, war Sirius gewesen, und von dessen ständiger Anwesenheit war er mittlerweile mehr als genervt. Remus' Wohnung war eigentlich schon für ihn selbst zu klein, aber diese Unterkunft auch noch mit dem riesigen Sirius - Hund zu teilen, war für ihn in den letzten zwei Jahren zu einer echten Belastungsprobe geworden. Die Unterkunft in Hogwarts war zwar um einiges größer, aber Sirius immer noch da. "Na, da fragst du ja echt den Richtigen!" Severus entkorkte mit seinem Zauberstab die mittlerweile dritte Flasche Wein der heutigen Nacht und registrierte nur am Rande, wie Remus bei seinen Worten zusammengezuckt war. "Entschuldige, ich wollte nicht..." "Vergiß es, Glas her!" Er schenkte nach und verkorkte die Flasche wieder. Er hatte die letzten beiden Flaschen aus den Tiefen seines Schreibtisches hervor gekramt... sie stammten noch aus der Zeit, als er mit Florence zusammen war. Es war guter Wein. Sonst wäre er schon längst zu Essig geworden. Und mittlerweile sicher auch schon etwas wert, immerhin lag das Kaufdatum ja schon etwas zurück. Das Klima im Kerker war wohl genau das richtige für Wein... Er hatte seit Florence' Verschwinden keinen Rotwein mehr getrunken. Doch heute wollte er endlich alles los werden. Und die Weinflaschen gehörten mit zu seinen Erinnerungen. Warum sie also nicht zusammen mit dem Werwolf, der ihm um ein Haar den Kopf abgerissen hatte, vernichten? Einen Kater hatten eh beide zu erwarten... Beide schwiegen eine Weile. Dann brach Remus die Stille: "Ist doch seltsam... Ich hätte nie gedacht, daß ich mich jemals ausgerechnet mit dir betrinken würde... und dann noch in unserer alten Schule..." "Shit happens." Remus starrte Severus entgeistert an. Er hätte alles mögliche erwartet, nur nicht diesen Muggelspruch: "Wie bitte?" "Ich wollte damit ausdrücken, daß seltsame Dinge einfach passieren und es keine Erklärung dafür gibt, außer durch die Präsenz einer äußerst rachsüchtigen Schicksalsgöttin, die sich einen Spaß daraus macht, die Würmer, die sich Menschheit nennt, zu quälen." "Das war jetzt sehr schön gesagt... wirklich!" Beide Männer schauten sich an und fingen laut an zu Lachen.
