Kapitel 19 - Kälte von Molly

"Grmmpf..." Irgendetwas zerrte an der Bettdecke, die Remus Lupin aber verkrampft festhielt. "Laß das..." Das Zerren an der Bettdecke hörte auf und Remus drehte sich mit weiterhin geschlossenen Augen noch einmal auf die andere Seite. "Wuff!" "Schnauze." "Winsel..." "Och, such dir `n anderes Herrchen, wenn's dir bei mir nicht passt, klar....?" Remus' großer Zeh wurde plötzlich verdächtig naß und es waren eindeutig Schleckgeräusche zu hören. Nun war er wirklich wach und setzte sich urplötzlich im Bett auf: "Sirius, verflucht, du bist doch kein echter Hund! Hör sofort auf damit! ...oh, mein Schädel...." Er ließ sich wieder zurück in die Federn sinken. "Hey, es ist schon mittag! Vielleicht kannst du noch nichts essen, nachdem du ja erst heute morgen völlig betrunken hier rein gepoltert bist, aber ich habe Hunger! Also beweg dich, dein Hund muß gefüttert werden!" Sirius Black hatte wieder seine Menschengestalt angenommen und rüttelte an Remus herum, der sich ein Kopfkissen auf das Gesicht gelegt hatte. "Verschwinde, laß dich von Harry füttern... oder Hagrid... und gib mir bitte mal meinen Umhang, ja? Der müßte irgendwo da vorn liegen..." kam es gedämpft unter dem Kissen hervor. Sirius folgte mit den Blicken der wagen Handbewegung seines verkaterten Freundes, die mehr oder weniger das gesamte Zimmer umfaßte. In der Mitte des Raumes lag ein schwarzes Stoffbündel und Sirius hob es auf. "War wohl `ne harte Nacht, wie? Flo kann man wohl nicht so einfach unter den Tisch saufen...!" spöttelte er und reichte Remus seinen Umhang. "Wer spricht hier von Flo? Ich hatte einen härteren Gegner... hoffentlich leidet er genauso wie ich..." Remus kramte blind in dem Umhang, bis er das kleine Fläschchen fand, das Severus ihm zu Beginn des Besäufnis gegeben hatte. "Wolltest du nicht zu Flo gestern Abend?" fragte Sirius und wurde langsam neugierig. "Unter anderem..." Remus leerte das Fläschchen in einem Zug: die Flüssigkeit war angenehm kühl und schmeckte nach Minze. Das Pochen hinter seinen Schläfen hörte sofort auf und auch das leere Gefühl im Magen. Bis auf den Schlafmangel fühlte er sich fast völlig wiederhergestellt. "Also, erzählst du mir freiwillig, wo du gestern warst, oder muß ich mir deine Zehen wieder vornehmen?" Remus rappelte sich hoch und wischte sich den Schlaf aus den Augen. "Untersteh dich! Ich wollte ja zu Flo, aber die arbeitet für gewöhnlich am Wochenende mit Severus unten im Labor, hatte Dumbledore mir mal erzählt. Also ging ich runter in die Kerker, aber im Labor war keiner." "Ja, und dann?" fragte Sirius weiter und setzte sich auf die Bettkante. "Dann bin ich zu Severus ins Büro gegangen und da er auch nichts weiter zu tun hatte, haben wir halt den Wein zusammen vernichtet." Remus ahnte schon, daß Sirius das nicht so gut aufnehmen würde. "Bitte? Du hast dich mit Snape und einer Flasche Wein besoffen?" Sirius Stimme überschlug sich fast. "Nicht ganz. Mit Severus und ...äh, ich glaube insgesamt vier Flaschen Wein!" "Okay, ich verstehe... Ich werde versuchen, bei Harry unter zu kommen..." Sirius stand vom Bett auf und machte Anstalten, sich wieder zu verwandeln. "Hey, jetzt warte mal, ja? Wir haben uns gestern ganz vernünftig unterhalten. Er ist nicht unbedingt gerade ein Herzchen, aber es gibt keinen Grund für dich, jetzt noch so überzureagieren, klar? Wir sind alle hier, um gemeinsam zu arbeiten und nicht, um uns gegenseitig an die Kehle zu gehen!" Sirius schnaubte, verwandelte sich vorläufig aber noch nicht in einen Hund zurück. "Wir waren früher alle nicht besonders nett zueinander und er hat wirklich allen Grund, auf dich wütend zu sein. Immerhin hätte ich ihn ja fast zerfetzt, was deine Schuld gewesen wäre. Und was die Sache mit Flo angeht: es ist nun einmal so und nicht anders gekommen und Schluß damit! Wenn du heute noch etwas von ihr willst, bemühe dich um sie. Severus hat das aufgegeben. Sie will nichts von ihm und er hat das eingesehen. Ihr müßt euch ja nicht unbedingt gleich anfreunden, aber es wäre nett, wenn ihr euch wieder so 'normal' wie in den letzten zwei Jahren verhalten könntet! Alle beide!" Remus war mittlerweile fast angezogen und suchte nur noch nach seinen Schuhen. "Soll das heißen, er hätte es doch wieder probiert?" Sirius immer noch wütend und gleichzeitig verwirrt, was seinen Freund anging. War das etwa eine Spionagefeldzug von Remus gewesen heute Nacht? "Ja. Aber das hat mir Flo erzählt. Er selbst schweigt dazu auch im betrunkensten Zustand. Verflucht, wo sind meine Schuhe?" "Die liegen direkt hinter der Tür. Du wolltest mich wohl nicht wecken und hast sie ausgezogen, als du drin warst und bist auf Socken durch das Zimmer gepoltert!" Remus hörte auf, unter dem Bett zu suchen und erspähte seine Schuhe tatsächlich in der Nähe der Tür. "Oh, ich wußte gar nicht, daß ich so ein grundhöflicher Mensch bin... Außerdem poltere ich nicht!" "Nein, du reißt nur den Kerzenleuchter um, der mich fast erschlagen hat und stolperst über Sessel, aber du polterst nicht. Ganz und gar nicht." Sirius grinste fies und setzte noch einen oben drauf: "Selbst wenn du auf Hagrid's Blutpferd hier herein geritten wärst, hättest du nicht so viel Lärm machen können..." "Irre ich mich, oder höre ich da einen gewissen spöttischen Unterton heraus? Hoffentlich brauche ich bei dir nicht auch zweieinhalb Flaschen Wein, um den auszulöschen!" Mit Genuß nahm Remus Sirius' Gesichtsausdruck war. Verglichen zu werden mit dem guten Severus war nicht nur nicht nett, sondern schon eine offene Kampfansage für seinen Freund. "Laß gut sein, war nur ein Scherz..." Remus hatte inzwischen seine Schuhe angezogen. "Ich glaube, es wird langsam mal wieder Zeit für eine grundlegende Diskussion über unsere Wohngemeinschaft...""ließ sich Sirius vernehmen und verwandelte sich in "Schnuffel". "Wohngemeinschaft? Spinnst du? Du bist vor zwei Jahren bei mir eingefallen, frißt mir die Haare vom Kopf und es sieht nicht so aus, als ob ich in der nächsten Zeit mal Damenbesuch haben könnte über Nacht!" entrüstete sich Remus, "Und hör auf zu grinsen, ich sehe ganz genau, daß du das tust, ob Hund oder nicht! Wohngemeinschaft... so was aber auch! Und daß ich keinen Besuch in den letzten zwei Jahren hatte, heißt ja nicht automatisch, daß es sich nicht ändern könnte in der nächsten Zeit!" Er öffnete die Zimmertür und rief dem bereits durch den Korridor laufendem Hund hinterher: "Du willst eine Wohngemeinschaft? Dann zahl auch Miete!"

Severus erschien auch erst zum Mittagessen in der Großen Halle und stellte erleichtert fest, daß Florence diese Mahlzeit wohl ausfallen ließ. Er hatte nicht im Labor nachgesehen und er würde es heute auch nicht mehr tun. Er war heute Nacht nicht weit davon entfernt gewesen, Remus sein Herz auszuschütten. Und er war dankbar für seine Selbstkontrolle. Remus hatte in seiner ruhigen und vor allem beruhigenden Art etwas an sich, was innerhalb kürzester Zeit zu einem starken Vertrauensverhältnis führte. Aber Severus hatte nur selten in den letzten Jahren Albus Dumbledore etwas von seinem Seelenleben berichtet, und der war der einzige Mensch auf der Welt, dem Severus wirklich vertraute. Und selbst dieses Vertrauen war brüchig. Er setzte sich auf seinen Platz und nickte den Slytherins kurz zu, bevor er das Lächeln im Gesicht von Albus Dumbledore registrierte. "Was ist? Habe ich irgendetwas im Gesicht?" fauchte er leise zum Direktor. "Ja! Einen dicken fetten Kater! Du mußt noch ein bißchen an der Rezeptur deiner Mischung arbeiten! Nur weil du dich besser fühlst heißt das noch nicht, daß du auch besser aussiehst!" Es war ein Schuß ins Blaue: Severus sah immer so aus, als wäre er gerade erst von den Toten wiederauferstanden. Blaß, abgezehrt und meistens tiefe Augenringe waren Severus' Markenzeichen. "Hallo!" Remus setzte sich zwischen die beiden und der Hund knurrte Severus kurz an, bevor er sich seinem Freßnapf zuwandte. Das war die mittlerweile seine übliche Begrüßung. Ein Blick in das Gesicht von Remus und Severus war klar, daß Albus ihn nur hatte reizen wollen. Remus sah völlig normal aus, also tat er es auch. Er warf seinem väterlichen Freund einen seiner Lieblingsblicke zu und deutete dann Remus gegenüber ein Lächeln an. "Wo ist Flo?" fragte Remus an Dumbledore gewandt und tat sich Roastbeef auf. "In ihrem Zimmer, soweit ich weiß. Sie hat es in der Nacht zu einem Labor umgebaut, fürchte ich." Nun verschoß Albus einen vernichtenden Blick in Richtung Severus, dessen Ohren daraufhin anfingen, zu glühen, was aber niemand unter seinen Haaren bemerken konnte. Sirius hörte auf zu fressen und legte den Kopf schief. Gestern Abend mußte mehr passiert sein, als er geahnt hatte. Krampfartig zuckte Severus zusammen: das Mal auf seinem Arm brannte wie Feuer! Eine Einladung von Voldemort! Wunderbar. Immer kam alles zusammen. Er entschuldigte sich und rannte fast in seine Räume, um den Besen zu holen. Er war in der letzten Zeit wieder häufiger gerufen worden, aber meist erst spät in der Nacht. Eine Einladung am hellichten Tag war ungewöhnlich und eine Einladung zum Kaffeetrinken würde es sicher nicht sein. Es war besser, sich so schnell wie möglich außerhalb der Bannmauern zu begeben.

Albus Dumbledore wartete immer noch auf Severus' Rückkehr. Es war mittlerweile Mitternacht durch. Solang war sein Schützling schon seit Monaten nicht mehr beim Dunklen Lord geblieben. Dumbledore witterte Ärger. Minerva McGonagall war vor zwei Stunden gegangen. Angeblich wollte sie ihm nur etwas Gesellschaft leisten, doch die meiste Zeit hatten sie nur stumm in ihren Teetassen gerührt und gelegentlich zur Uhr auf dem Kaminsims in seinem Büro geschaut. Er hatte die besorgte Lehrerin schließlich in ihre eigenen Räume geschickt. Er konnte ihr nichts aufmunterndes sagen. Nicht heute. Seine eigene Sorge war schon kaum erträglich. Vieles erinnerte an den Sommer. Was, wenn Voldemort Severus diesmal tötete? So vieles hing von ihm ab. Er war wichtig, ob er nun der Dunkle aus der Prophezeiung war oder nicht. Und er war ein Freund. Schwierig zu handeln, aber ein Freund. Wie ein Sohn....

Alle Last war von ihm gefallen. Er fühlte sich so leicht. Er wußte, was er zu tun hatte. Wenn nur nicht dieses Gemurmel im Hinterkopf wäre. Diesmal würde er alles richtig machen, ohne Frage.

Florence rümpfte die Nase. Sie kam einfach nicht voran. Ihre neueste Kreation blubberte in dem Kessel vor sich hin und gelbe Nebelschwaden durchzogen ihr Büro. ER hätte garantiert gewußt, was sie nun noch probieren könnten. Nur war ER auch ein dämlicher Sturkopf. Erschrocken zuckte sie zusammen, als es an ihrer Tür klopfte. "Wer ist da?" "Wir sind's! Remus und... Schnuffel!" "Kommt rein!" Florence ließ das Pergament mit Severus' Handschrift sinken und wischte sich eine widerspenstige Haarsträhne aus den Augen. "Hey, die Frisur steht dir eindeutig besser als dieser komische Knoten!" begrüßte Remus sie, aber sein Lächeln hatte etwas gezwungenes an sich. "Der komische Knoten sollte eigentlich dem von McGonagall ähneln... Wer hat schon Respekt vor einer Lehrerin, die einen Zopf wie ein kleines Mädchen trägt?" Florence umrundete den großen Tisch, den sie sich hatte bringen lassen, um ihre Laboreinrichtung aufzubauen. "Sie haben Respekt vor dir. Einige halten dich anscheinend sogar für eine etwas nettere Ausgabe von unserem 'Freund' aus den Kerkern..." sagte Sirius und richtete sich auf. Harry, Ron und Hermine hatten ihm in der letzten Woche vieles von ihr erzählt... Angefangen von ihrem unvergeßlich fulminanten Auftritt zu Beginn des Schuljahres (der selbst den unheimlichen Einzug in Hogwarts vor drei Jahren von Mad-Eye Moody übertraf) bis hin zu der Tatsache, daß sie es geschafft hatte, aus der laufenden Katastrophe Neville Longbottom einen halbwegs sicheren Flieger zu machen. "Möchtet ihr ein Glas Wein? Ich kann heute keinen Tee mehr sehen!" "Nein!" schrie Remus fast, um dann in gefaßterem Ton zuzusetzen: "Ich meine, ich hätte lieber etwas Tee... Wein kann ich im Moment nicht mehr sehen..." "Woran das wohl wieder liegt?" spöttelte Sirius und alle drei gingen hinüber zur Sitzgruppe am Kamin. "Wie spät ist es eigentlich?" fragte Florence und goß Sirius ein Glas Rotwein ein. Dieselbe Sorte, wie Remus sie letzte Nacht zur Genüge genossen hatte. Der Trank von Severus ließ langsam nach und die Nachwehen eines zünftigen Katers waren langsam aber sicher deutlich zu spüren. "Halb eins. Und damit sind wir auch bei unserem Problem!" Remus goß sich Sahne in den Tee und beobachtete die Wolken, die sich in der braunen Flüssigkeit von unten nach oben ausbreiteten. Kein Vergleich zu Milch! "Wieso schleicht ihr so spät noch durch die Gegend und welches Problem?" fragte Florence und lehnte sich an ihrem Glas nippend in ihrem Sessel zurück. Sirius räusperte sich und kam Remus zuvor: "Snape. Er ist das Problem. Seltsamerweise ausgerechnet durch seine Abwesenheit, was für eine Ironie!" In Florence schrillten sämtliche Alarmglocken: was hatte der Dummkopf nun wieder angestellt? "Er ist zu Voldemort gerufen worden." erklärte Remus, "Heut mittag schon. Und seitdem ist er nicht zurückgekehrt. McGonagall war vor circa zwei Stunden bei uns und sie war sehr besorgt. Das letzte Mal, daß er solang bei Voldemort war, ist er halbtot zurück gekommen und wollte sich den Rest in seinem Quartier geben. Dumbledore geht fast ein vor Sorge." Blitzschnell und erstaunlich kühl überlegte Florence Alternativen für ihren Plan, wenn Severus tot war. Jahrelanges Training hatte ihr diese unmenschliche Gabe verliehen, in schwierigen Situationen einen klaren Kopf zu behalten. Unmenschlich. Sie, die sie sonst nur ein kaum kontrollierbares Bündel an Emotionen war, nun nur logisch denkend. Ihr Plan war nichts anderes als eine Art Zaubertrank: verschiedene Zutaten, die miteinander reagierten um zu dem gewünschten Ergebnis zu kommen. Severus war eine Hauptzutat. Konnte sie ihn ersetzen? "Flo?" fragte Sirius, der den Blick seiner alten Freundin nicht deuten konnte. "Ich überlege. Was ist mit Peter? Könnten wir ihn überzeugen, die Seiten zu wechseln?" "Was? An etwas anderes denkst du nicht?" Remus war schockiert und hätte fast seine Tasse fallen lassen. Sirius war nicht weniger schockiert. Allerdings machte sich in seinem Magen ein angenehm warmes Gefühl breit. Offensichtlich war Florence von ihrem Severus --Wahn befreit! "Wenn Severus nicht mehr zurückkommt, müssen wir uns schleunigst eine andere Lösung überlegen, wie wir Voldemort besiegen. Er war einer der Hauptakteure in unserem Plan. In sechs Tagen müssen wir dem Orden einen wasserdichten Plan vorlegen. Also, was ist mit Peter Pettigrew? Haben wir eine Möglichkeit, an ihn ranzukommen?" fuhr Florence ungerührt fort. "Ich glaube einfach nicht, was ich hier höre! Florence, wir sprechen von Severus! Er ist ein Mensch! Dein Freund! Er ist nicht nur ein Teil irgendeines Planes! Ich mache mir Sorgen um IHN, nicht um unseren Plan! Was ist nur mit dir geschehen?" Remus war aufgesprungen und seine Gesichtsfarbe hatte von leichenblaß zu zornesrot gewechselt. "Du sprichst von ihm, als ob er schon tot wäre und es dir nichts ausmachen würde! Ich frage dich noch einmal: was ist mit dir geschehen? Hast du etwa jedes menschliche Gefühl verloren?" Florence blickte ihn erstaunt an. "Ja, Remus, ich habe vieles verloren in den letzten Jahren. Und etwas sehr wertvolles gewonnen: die Fähigkeit, klar zu denken! Wenn wir nur rumsitzen und uns Sorgen machen, haben wir schon so gut wie verloren! Severus wäre ein Verlust, ein großer sogar. Aber niemand ist unersetzlich. Auch Severus nicht, hoffe ich." Remus riss die Augen auf und schüttelte dann den Kopf. Sie hatte natürlich recht, aber gerade von ihr hatte er diese Reaktion nicht erwartet. "Hoffst du? Ist das alles?" "Remus, setz dich hin. Ich kann mir im Moment keine Sorgen um ihn machen. Ich bin zugegeben wütend auf ihn und wenn ihm wirklich etwas zugestoßen ist, werde ich wahrscheinlich in Tränen zerfließen, aber noch wissen wir nichts genaues. Es kann gut sein, daß er morgen beim Frühstück mit einem dicken Schädel und dem üblichen süffisanten Grinsen dasitzt. Vielleicht feiern er und seine Todesserfreunde ja noch eine wilde Party und jede Sorge ist unbegründet!" erklärte Florence bestimmt und sah aus wie eine wirkliche Aurorin: ernst, kalt und fest. Sie war nicht die Florence, die alle in Erinnerung hatten. Sie war nun Florence Farstalker, die Todesserjägerin. "Du mußt wissen, daß Remus sich letzte Nacht mit ihm angefreundet hat. Er ist etwas empfindlich, was Severus angeht!" Sirius war nicht weniger erstaunt als Remus über die Verwandlung, die sich innerhalb weniger Sekunden mit ihrer alten Freundin ereignet hatte, aber er war nicht so betroffen wie Remus von dem Verschwinden des Zaubertranklehrers. Das Gesicht der Halbelfe wirkte nun viel älter und abgehärmter, als sonst. Die Sorgen der letzten Jahre hatten sich auch in ihr Gesicht eingebrannt, aber sie trug nun nicht mehr die Maske, die sie sonst für gewöhnlich aufgesetzt hatte. Auch Florence war mit den Nerven am Ende. "Remus, setz dich, habe ich gesagt! Gefühle, welcher Natur auch immer spielen jetzt keine Rolle mehr. Wir haben Wichtiges vor. Ich überlege nur eventuell notwendige Alternativen. Und ihr solltet mir helfen, damit wir Dumbledore morgen früh eine Sorge mehr abnehmen können. Er wird im schlimmsten Fall am betroffensten von allen hier sein. Immerhin hat er die letzten 15 Jahre jeden Tag mit Severus zu tun gehabt!" Remus Lupin setzt sich wie in Trance zurück in den Sessel. Er konnte einfach immer noch nicht glauben, was gerade vor sich ging. Nur mit halbem Ohr verfolgte er Florence' Alternativüberlegungen und so entging ihm, wie auch Sirius immer stiller wurde. Eine Stunde später verließen Remus und der Sirius - Hund das Quartier von Florence. Beide waren in ihren Grundfesten erschüttert worden. "Wollen wir noch zu Albus gehen?" fragte Remus und der Hund wedelte mit dem Schwanz. Zielstrebig machten sie sich auf in das Büro des Direktors.

"Nein, Severus ist noch nicht zurück. Ich habe die Hauselfen gebeten, mir sofort Bescheid zu geben, falls er sich gleich in seine Räume verdrücken sollte." Dumbledore saß im Kerzenschein hinter seinem Schreibtisch und wirkte unglaublich alt. Remus schwieg, während Sirius kurz ihre Unterhaltung mit Florence wiedergab. "Genau das hatte ich befürchtet! Oh, ich alter Narr!" seufzte Dumbledore und verbarg sein Gesicht in den Händen, nachdem Sirius geendet hatte, "Ich hätte wissen müssen, daß sie zu Grunde geht! Und ich habe sie weggeschickt! Sie hätte hier bleiben müssen! Keinen Tag hätte sie von Hogwarts weg gedurft! Ich und meine dummen Pläne!" "Albus? Wovon sprichst du?" schaltete sich Remus nun in die Selbstanklage des alten Mannes ein. "Versteht ihr denn nicht? Das einzige, was Voldemort vernichten kann, ist Liebe! Lily hatte ihn schon fast getötet durch ihr Opfer, er konnte Harry nicht berühren! Bis zu seiner Wiederauferstehung! Nun kann ihm die Liebe einer Mutter zu ihrem Sohn nichts mehr anhaben, sie ist Teil von ihm geworden! Aber es gibt eine Form der Liebe, die Voldemort nie kennengelernt hat. Und diese Liebe ist verloren... Durch meine Schuld! Weil ich es für besser hielt, die beiden zu trennen! Beide haben gelitten und statt sich wiederzufinden, haben sie sich nur noch mehr entzweit!" Sirius und Remus schauten sich verwirrt an, schwiegen aber. "Die beiden waren nie für einander geschaffen. Die ganze Zeit über war ihre Beziehung ein Kampf, miteinander und gegeneinander. Und das war die Kraft, die Voldemort hätte vernichten können! So uneins wie sie waren, soviel Macht entstand aus ihrer Verbissenheit... gegen jede Chance zu bestehen... alles verloren... Severus läuft vor lauter Wut und Enttäuschung wahrscheinlich über und Florence hat sich hinter ihren Mauern aus Eis eingeschlossen! Das war das einzige, was die beiden die letzten Jahre hat überleben lassen: Wut und eine dicke Fassade! Ich elender Hornochse!" Ein Poltern an der Scheibe ließ die drei im Büro zusammenfahren. Jemand versuchte, in das Zimmer zu gelangen, von außen! Albus Dumbledore sprang augenblicklich auf und öffnete die großen Fenster. Herein geschwebt kam Severus Snape, mißmutig und müde. "Entschuldigung, ich sah noch Licht..." brummte er und wandte sich dem Kaminfeuer zu. "Was ist passiert, warum hat das heute solang gedauert?" fragte Dumbledore und verschloß die Fenster wieder, denn draußen war es eiskalt. "Nichts besonders. Nur wieder eine seiner Launen. Ihm war wohl langweilig. Es ist schon lang nichts mehr passiert. Und ein Haus in Nottingham ist in Rauch aufgegangen. Das der Wictims, um genau zu sein. Es tut mir leid, ich hatte keine Möglichkeit, irgendjemanden zu warnen. Ich will ins Bett, ich habe morgen früh Unterricht!" Severus nahm seinen Besen, den er kurz neben dem Kamin abgestellt hatte, um sich während seiner Erklärung die Hände zu wärmen, wieder auf und ging zur Tür. "Ich hoffe, ich habe euch nicht beunruhigt." Nachdem Severus gegangen war, saßen Dumbledore, Sirius und Remus wie vom Donner gerührt da. Sirius fand als erster seine Sprache wieder: "Albus, ich glaube, da stimmt was nicht! Oder benimmt er sich immer so, wenn er von den Treffen wiederkommt?" Dumbledore schüttelte den Kopf, die Augen immer noch die Tür gerichtet, die Severus leise hinter sich zugezogen hatte. "Ich kann es dir nicht sagen... Wenn er etwas nicht verhindern konnte ist er meistens so verschlossen anschließend. Er gibt sich immer selbst die Schuld, aber..." "Was, aber? Ist er heute anders als sonst?" fragte Remus. "Ich weiß es nicht... Er ist unberechenbar, schon immer gewesen... Ich werde Moody nach der Angelegenheit in Nottingham fragen, vielleicht erklärt uns das etwas... Meine Güte, die Wictims... sie haben nie irgendetwas getan, haben sich immer aus allem rausgehalten, schon damals! Hoffentlich ist das nicht der Beginn einer neuen Mordserie Voldemorts: wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn..."

"Madam Farstalker, Mam?" fragte eine piepsige Stimme in der Dunkelheit. "Ja, Pratty, was gibt es?" "Er ist zurück, Mam! Er sieht nicht gut aus..." antwortete die Hauselfe. "Ist er verletzt?" "Nich äußerlich, Mam.... Nur so kalt und leer, Mam.... Gar nich gut, Mam" Florence entzündete durch einen Handwink einige Kerzen und setzte sich in ihrem Bett auf. Die Hauselfe Pratty saß am Fußende und ihre riesigen Augen schimmerten feucht im flackernden Lichtschein. "Wie kalt?" "Sehr, Mam! Wie Eis, Mam...." Pratty schüttelte den Kopf. "Sollen wir's Dumbledore sagen, Mam?" "Nein, Pratty! Ihr behaltet das für euch! Ich werde sehen, was ich tun kann. Direktor Dumbledore hat genug Sorgen!" Florence stand auf und warf sich ihren Umhang über, bevor sie in ihre Stiefel schlüpfte. "Mam will doch nich etwa raus, nein, Mam?" piepste Pratty. "Doch, ich muß! Sind die Zentauren noch an der gleichen Lichtung?" "Ja, Mam, wie immer, Mam... Aber Mam darf nich gehen, wenn er so ist!" protestierte die Hauselfe und machte Anstalten, Florence den Weg zur Tür zu versperren. "Laß das meine Sorge sein, ich weiß, was ich tue. Ich brauche Rat und den so schnell wie möglich! Es wird mir heute nichts geschehen, aber je länger ich warte, desto gefährlicher wird es. Ich danke euch für eure Hilfe. Ich bin bald wieder zurück und werde euch dann in der Küche besuchen. Bis dahin werdet ihr mir ein Auge auf alle hier haben, verstanden?" "Ja, Mam..." heulte Pratty und verschwand in der Dunkelheit, um über irgendwelche Geheimgänge, die nur den Hauselfen bekannt waren, wieder in die Küche zurückzukehren.

Die Stimmen in seinem Hinterkopf wurden stiller. Er fühlte sich nun noch leichter. Unbeschwert. Ohne Angst. Er hatte zu warten. Nicht lang. Bald wäre es soweit...

Ein markerschütternder Schrei gellte durch den Bereich der Slytherins und Draco Malfoy sprang schleunigst aus dem Bett. 'Nicht schon wieder!' dachte er, griff sich seinen Morgenmantel und lief in den Schlafsaal der Erstklässler. Dort waren alle Lichter an und die verschlafenen Jungen starrten entsetzt Kevin Rabanus an, der sich immer noch schreiend in Krämpfen wand. "Kevin, verflucht, wach auf!" Draco versuchte, daß verkrampfte Bündel umzudrehen, damit er ihm direkt ins Gesicht schauen konnte. "ER IST HIER!" brüllte Kevin und seine angstgeweiteten Augen starrten ins Nichts. "Kevin, niemand ist hier! Ich bin hier! Sonst niemand!" schrie Draco nun den kleinen Jungen an und schlug ihm ins Gesicht. Solche Anfälle hatte Kevin Rabanus in den letzten Wochen öfter gehabt und meistens brachte ihn eine Ohrfeige wieder zurück aus seiner Trance. So laut hatte der Kleine aber noch nie gebrüllt. Draco war in Panik: er hatte Professor Snape versprochen, sich um Kevin zu kümmern, aber die Anfälle wurden immer schlimmer. Was, wenn er versagte? Was, wenn Kevin irgendwann völlig durchdrehte? Draco hatte seinem Hauslehrer bisher nur Andeutungen über Kevin's Alpträume gemacht, nicht aber zugegeben, daß der Erstklässler alle paar Nächte das ganze Haus zusammenbrüllte. Erleichtert stellte er fest, daß sich die Krämpfe lösten und der kleine Junge bald schluchzend in seinem Arm lag. "Ist schon gut, Kevin. Ich bin hier... Alles ist in Ordnung... Keiner wird dir etwas tun..." Die anderen Erstklässler schnaubten und legten sich wieder hin. Sie konnten noch einige Stunden schlafen, wenn Kevin nicht wieder einen seiner Alpträume bekäme. "Möchtest du einen Schluck Wasser? Im Gemeinschaftsraum ist, glaube ich, sogar noch etwas Kürbissaft..." fragte Draco und wischte die Tränen aus dem verheulten Gesicht vor sich. "Saft..." flüsterte Kevin rauh und leise.

"Tochter der Geliebten, was führt dich zu uns?" fragte Ronan und schritt aus dem Schatten. "Das weißt du sehr genau, mein Freund." Florence stand eingewickelt in ihrem Umhang auf einer Lichtung im Verbotenen Wald. Derselben Lichtung, auf der sie damals zuerst mit Frowin, Ronan's Vater gesprochen hatte. "Ja, es ist soweit, Frau zwischen den Welten. Der Kampf wird bald beginnen!" donnernd setzten die Hufe des Zentauren auf dem hartgefrorenen Waldboden auf, während er auf die stolze Gestalt zuschritt. "Wann?" "Wenn der Vertraute am Stärksten und die Unheilsbringerin am Schwächsten ist." "Was ist mit dem Verräter?" "Es liegt in deiner Hand... Die Sterne sind sich uneins. Er braucht das Symbol, das du trägst!" Der Zentaur stand nun direkt vor ihr, sie konnte seinen Atem riechen. Sie wickelte sich noch fester in ihren Umhang. "Ich danke dir. Aber das Symbol ist wertlos." "Es liegt in deiner Hand... auch sein Tod, Jägerin in der Ferne." Florence senkte den Kopf. Zu vieles war geschehen. Sie konnte ihrem Onkel nicht von heut Nacht berichten. Er würde sonst versuchen, sich wieder einzumischen. Ronan hatte recht: es lag einzig und allein in ihrer Hand, was geschehen würde.