Kapitel 20 - Der Fluchsturm von Molly

"Es sind Muggel, Albus! Und niemand hat sich an ihren Gedächtnissen zu schaffen gemacht!" Alastor Moody's Kopf saß wie ein riesiges Drachenei in den Flammen des Kaminfeuers in Direktor Dumbledore's Büro. "Woher sollten Muggel sonst die Beschreibung von ihm haben? Er war es, und er war es allein. Er hat die Wictims getötet. Er hat das Dunkle Mal beschworen, nachdem er das Haus in die Luft gejagt hatte... Es war keiner bei ihm... Er hätte es verhindern können..." "Genug jetzt, Alastor! Ich denke, er wird seine Gründe gehabt haben! Und ich werde sie herausfinden! Es gab eine Zeit, in der Severus Snape Unschuldige zum Spaß tötete, aber die sind schon lang vorbei! So ist er heute nicht mehr!" Dumbledore schüttelte den Kopf. Er konnte nicht glauben, was Alastor Moody ihm berichtet hatte von der Nacht in Nottingham. Ein Muggelpärchen hatte sich im Park gegenüber des Hauses der Wictims versteckt gehabt, als sie Schreie hörten. Jemand, der genau wie Severus Snape aussah soll aus dem Haus gekommen sein und anschließend sei es explodiert. Und dann erschien ein grün leuchtender Totenschädel aus Funken am Nachthimmel, aus dessen Mundhöhle sich eine Schlange wand. Wären es Zauberer gewesen, die diese Szene beobachtet hätten, so hätte Albus annehmen können, daß es sich um eine Verschwörung handelte gegen Severus, aber so... "Na, die Gründe würde ich aber zu gern auch erfahren, alter Freund! Du hast eine Schlange an deinem Busen genährt und willst es nun nicht zugeben! Er hat dich getäuscht, die ganzen Jahre! Wer weiß, was er Voldemort alles ausgeplaudert hat!" Moody war wütend und enttäuscht. Albus mußte nun doch einsehen, daß es ein Fehler gewesen war, Snape zu vertrauen, oder etwa nicht? "Ich werde sie in Erfahrung bringen! Wir sehen uns am Samstag hier, unverändert. Sag den anderen bitte nichts von der Beschreibung der Zeugen, ich will einen offenen Eklat vermeiden, so weit es geht." Moody seufzte und Sekunden später brannte das Kaminfeuer normal weiter, ohne Abbild des narbenzerfurchten Gesichtes des ehemaligen Aurors. Albus Dumbledore saß in einem Sessel vor dem Kamin und starrte weiterhin in die Flammen. Er fühlte sich alt, leer und verbraucht. Seit über einer Woche schien alles aus den Fugen zu geraten: erst Litigant's Anschlag auf Florence, dann sein unglückseliger Tod, der Streit zwischen Florence und Severus, ihre Eiseskälte, die Sorge um Severus und nun auch noch das... War Severus, so wütend und enttäuscht wie er war, wieder zum Feind übergelaufen? Nein, das konnte nicht sein... weil es einfach nicht sein durfte! Nicht Severus...

Severus hatte noch den ganzen Tag kein Wort mit Florence oder Remus gewechselt. Selbst den Sirius - Hund ignorierte er völlig. In sich verschlossen hatte er nur schweigend am Frühstück und dem Mittagessen teilgenommen, um gleich darauf wieder in die Kerker zurückzukehren. Nach dem Abendessen folgte Remus Lupin dem Zaubertranklehrer: "Severus, warte!" Severus hielt auf der Treppe zu seinem Büro hinunter an und drehte sich zu dem Sprecher um. "Oh, Professor Lupin! Ich habe keine Zeit für ein Schwätzchen, ich muß heute noch arbeiten." "Bitte? Nun, ich dachte, du wolltest eventuell etwas über gestern erzählen, wir haben uns..." weiter kam Remus nicht, den Severus fiel ihm ins Wort: "Ich sagte doch, Professor Lupin, ich habe keine Zeit! Mittwoch ist wieder Lehrerkonferenz, vielleicht haben wir dann die Gelegenheit, uns auszutauschen! Einen schönen Abend noch!" Severus drehte sich um und ging weiter die Treppe hinunter, während Remus ungläubig hinter ihm her starrte: Professor Lupin? Lehrerkonferenz? Einen schönen Abend noch? War Severus nun völlig durchgedreht? Was immer auch gestern passiert war, es mußte schlimmer gewesen sein, als sie befürchtet hatten. Kopfschüttelnd ging er die Treppe wieder hinauf und erschrak, als er die Person am Treppenabsatz bemerkte. "Es hat keinen Sinn, mit ihm zu reden, Remus! Er wird dir nicht sagen, was passiert ist." "Weißt du mehr als ich, Flo?" "Ja. Leider. Und ich kann dir ebenfalls nichts darüber erzählen, so leid es mir tut. Es wird sich in den nächsten Tagen zeigen, ob wir bereit dafür sind oder nicht." Sie schluckte schwer und hakte sich bei Remus unter. "Schnuffel wartet vor meinem Büro auf uns. Ich dachte, es wäre mal wieder an der Zeit, ein bißchen Karten zu spielen miteinander. Das haben wir schon ewig nicht mehr getan...!" Remus Lupin blickte noch einmal zurück in Richtung Kerker, doch Severus schien seine Meinung nicht geändert zu haben. Ein paar Slytherins rannten an ihnen vorbei in Richtung ihrer Unterkünfte und lachten dabei. Es waren Erstklässler. Darunter auch ein besonders kleiner Junge, der Mühe hatte, mit den anderen Schritt zu halten.

"Setzen. Sofort!" Professor Snape war noch nie ein Freund der vielen Worte gewesen, aber heute bellte er besonders knappe Befehle. "Heute werden Sie ein Schlafgift herstellen. Der Basistrank besteht aus Eisenhut und giftigem Fegekraut, sowie Weißwurzel. Die genaue Zusammensetzung habe ich Ihnen bereits an die Tafel geschrieben. Die restlichen Zutaten werden Sie zusammen mit Ihren Partnern selbst erarbeiten. Der Giftschrank ist offen." "Holla! Wieder ausgesprochen gute Laune heute..." flüsterte Harry Ron und Hermine zu und beide nickten. Neville Longbottom zitterte so dermaßen, daß ihm die Weißwurzel in einem Stück in den Kessel plumpste, anstatt nur einige geraspelte Stücke. Doch Snape schien das gar nicht mitzubekommen. Er hatte sich auf sein Lehrerpult aufgestützt und las irgendetwas. "Ob ich den Trank noch benutzen kann?" wisperte Neville zu Hermine herüber und die zuckte mit den Schultern. "Vielleicht schon... Wenn du jetzt den Kessel auskippst, bekommt Snape in jedem Fall mit, daß etwas schiefgelaufen ist... Probier es!" "Okay..." sagte Neville und versuchte, die Wurzel wieder aus dem Kessel zu fischen, was sich ziemlich schwierig gestaltete, da sie, in Kontakt mit dem heißen Wasser geraten, unglaublich glitschig wurde. Draco Malfoy verschluckte sich fast vor Schreck, als ein schleimiges Etwas aus der letzten Reihe geschossen kam und direkt auf seinen Aufzeichnungen nieder klatschte. "Was zur Hölle...?" er drehte sich um und erblickte einen puterroten erschrockenen Neville sowie etliche andere Gryffindors, die vor Lachen kaum an sich halten konnten. Lavender Brown lachte nicht. Sie löste sich aus der Gruppe und schnappte sich mit einem Papiertaschentuch die Glitschwurzel von Draco's Unterlagen. "Entschuldige. Es war ein Versehen, kein Angriff! Mach bitte keinen Wirbel drum." sagte sie an Draco gewandt und legte die Überreste samt Taschentuch auf Neville's Tisch. Draco war beeindruckt: ER hätte das widerliche Ding niemals mit der Hand, ob nun mit Taschentusch drum oder ohne angefaßt. Der schleimige Abdruck auf seinen Unterlagen sah auch nicht gerade zum Anbeißen aus... "Entschuldige, hast du vielleicht noch so ein Taschentuch? Ich wollte meine Unterlagen ganz gern säubern..." fragte er Lavender und bemerkte zum ersten Mal, wie schön ihre Augen waren... Gegen Ende der Stunde ging Professor Snape von Kessel zu Kessel und rümpfte fast überall nur die Nase. "Malfoy, warum ist Ihr Gift noch nicht fertig? Ach, vergessen Sie's... Longbottom, irre ich mich, oder tröpfelt da etwas aus dem Boden Ihres Kessels? Der wievielte ist es bereits in diesem Schuljahr, der vierte? Sie übertreffen sich selbst... Fünf Punkte von Gryffindor... Granger... In Ordnung. Füllen Sie das Gift in Flaschen, wie gehabt. Potter... Was soll das sein? Nudelsuppe?" Snape ergriff mit der linken Hand eine Kelle und tauchte sie in das Gebräu von Harry und Dean. Langsam, damit alle im Klassenraum sehen konnten, was er meinte, ließ er die Flüssigkeit von einem halben Meter Höhe von der Kelle zurück in den Kessel fließen: große Stücke geraspelte Weißwurzel und ganze Morawürmer klatschen in den Kessel. Es sah tatsächlich ein bißchen aus wie Nudelsuppe. "Zehn Punkte von Gryffindor! Wir sind hier nicht im Kochunterricht! Wenn sie in der Zubereitung von Speisen ihre berufliche Zukunft sehen, sollten Sie und Ihr Partner vielleicht demnächst statt in meinen Unterricht zu kommen in der Küche bei den Hauselfen zuschauen..." Die Slytherins bogen sich vor Lachen, und Harry war wie versteinert. Er blickte Snape hinterher und seine Augen weiteten sich... "Hey, jetzt nimm's nicht so tragisch, Snape hat schon gemeinere Sachen gebracht..." Ron machte sich Sorgen um seinen Freund, denn der hatte immer noch keinen Ton gesagt, seitdem der Unterricht vorbei war. Harry zog ihn und Hermine auf dem Gang an die Seite. "Das ist es nicht, Ron! Hermine... Snape hat geblutet! Ich habe es genau gesehen! Er blutete aus der linken Hand! Als er wieder nach vorn ging, sah ich, wie er seine Fingernägel in seine Handfläche rammte. Immer und immer wieder!" flüsterte er aufgeregt. "Was? Bist du dir sicher, Harry? Aber dann hätten wir es doch auch gesehen! Und er hätte nicht die Hausaufgaben an die Tafel schreiben können, ohne alles voll zu bluten!" entgegnete Hermine zweifelnd. "Das ist es doch! Snape ist Rechtshänder! Er schreibt mit rechts! Aber die Kelle hat er mit links genommen! Und diese Hand blutete! Seht her: am Griff ist immer noch Blut!" "Harry, du hast eine Kelle aus dem Klassenzimmer geklaut? Bist du irre? Snape wird dich umbringen!" Ron war entsetzt. "Er hat recht! Da klebt Blut dran! Aber warum sollte jemand sich selbst die Fingernägel ins Fleisch rammen? Das tut doch weh!" Angeekelt verzog Hermine das Gesicht. "Es ist Snape, von dem wir hier reden! Der ist doch sowieso nicht normal! Vielleicht steht er auf Schmerzen...?" versuchte Ron die Stimmung zu heben, doch das trug ihm nur die vorwurfsvollen Blicke von Harry und Hermine ein.

"Ihr solltet langsam gehen!" bemerkte Hagrid nach einem Blick auf die häßliche, aus Wurzelholz geschnitzte Uhr auf einem Regal an der Wand seiner Hütte. "Erst, wenn du uns erzählt hast, was am Wochenende hier los ist! Warum verhalten sich die meisten Lehrer so komisch?" drängte Harry, wie schon seit kurz nach dem Abendessen. Es war Donnerstagabend, am Tag zuvor war nachmittags der Unterricht ausgefallen zugunsten einer Lehrerkonferenz. Den ganzen heutigen Tag über hatten Harry, Ron und Hermine beobachtet, wie die Lehrer in kleinen Grüppchen in den Pausen zusammen standen und tuschelten. Hermine hatte das Wort "Samstag" aufgeschnappt. Der einzige Lehrer, der ebenfalls an der Konferenz teilgenommen hatte und den sie bisher immer irgendwie ausquetschen konnten, war Hagrid. Also waren sie nach dem Abendessen eng aneinander gepresst unter dem Tarnumhang von Harry's Vater zu Hagrid's Hütte herüber gelaufen. "Ich hab's schon hundert Mal gesagt: das geht euch nix an. Is was mit der Schule..." "Hagrid, du beschwindelst uns doch nicht, oder? Hat es was mit Snape zu tun?" quengelte nun Ron weiter. "Professor Snape? Wie kommt ihr denn darauf? Was hat er euch denn nu wieder getan? Laßt den Mann doch in Ruhe..." Hagrid wand sich immer mehr unter den forschenden Blicken der drei Freunde. "Oder geht es um den Orden des Phönix? Ist es ein Treffen des Widerstands? Oh, Hagrid, bitte... Laß uns nicht dumm sterben!" bohrte Hermine nach. "Nein! Ich sage nix! Und ihr macht, daß ihr rüber kommt, sonst schleife ich euch hin, is das klar?" Der Halbriese war mittlerweile wirklich wütend. Er riss die Tür seiner Hütte auf und die Freunde seufzten. Bevor sie jedoch unter dem Tarnumhang verschwinden konnten, zuckte ein grüner Blitz aus dem sternklaren, mondlosen Nachthimmel. "Was war das?" rief Harry erschrocken aus, aber seine Stimme ging unter in dem ohrenbetäubenden Geheul, mit dem sich urplötzlich ein Sturm erhob. Hagrid schlug die Tür heftig zu und schien zu Tode erschrocken: "Ihr könnt da jetzt nich raus! Zu gefährlich!" "Hagrid, was ist das?" rief Hermine schrill. "Das is'n Fluchsturm, Hermine! Das is mit das Schlimmste, was passieren kann!" antwortete Hagrid rufend und verrammelte die Tür. "Was ist denn ein Fluchsturm? Das habe ich ja noch nie gehört..." brüllte Ron durch den Lärm. "Ein Fluchsturm? Du - weißt - schon - wer greift Hogwarts an?" schrie Hermine ihre Frage an Hagrid. "Scheint so!" brüllte Hagrid zur Antwort. "Was ist ein Fluchsturm!?!" rief nun Harry. "1785 hatte Roger von Kent, ein großer Schwarzmagier zu seiner Zeit ungefähr hundert Gleichgesinnte zusammen gebracht und sie griffen Hogwarts an: alle diese Zauberer und Hexen sprachen gleichzeitig diverse Flüche, die Roger zu einem Sturm bündelte und auf das Schloss jagte! Die Lehrer damals konnten die Übernahme der Schule nur dadurch verhindern, daß sie das Eingangsportal verhexten! Es schließt sich bombenfest, wenn ein Fluchsturm gegen das Schloß gesprochen wird, seitdem! Das habe ich aus Geschichte von Hogwarts! Ihr solltet das Buch auch endlich mal lesen!" schrie Hermine erklärend, doch ihre Stimme war in dem Lärm kaum zu hören.

"Albus, daß müssen Tausende sein!" rief Minerva McGonagall atemlos, als sie den Gang zu Dumbledore's Büro erreicht hatte und der Direktor ihr verschlafen entgegen kam. "Nein, Minerva! Nur einige Hundert. Wir müssen Severus finden, wenn er noch hier im Schloß ist, sind wir alle in Gefahr!" Er knüpfte seinen Morgenmantel zu und rannte die Treppen hinunter.

Schweiß hatte sich auf der Stirn von Severus Snape gebildet, als er endlich den Fluch, der das Eingangsportal verschloß, gebrochen hatte und die Eichentüren aufgeschleudert wurden. Grell blitzten grüne Blitze vom Himmel und das Geheul des Sturmes trug die Stimmen der vierhundert Todesser, die sich um die Ländereien von Hogwarts versammelt hatten, mit sich. Er hatte es geschafft! Der Dunkle Lord würde zufrieden mit ihm sein! Er reckte seine Arme dem Sturm entgegen und das dünne schwarze Hemd, das er trug, flatterte gespenstisch. Nun mußte er nur noch warten. Warten, bis die Braut seines Meisters außerhalb der Bannmauern war. Er grinste. Niemand würde an ihm vorbeikommen, um die Braut aufzuhalten. Er konnte bereits spüren, daß sie auf dem Weg hinunter zur Eingangshalle war! "Severus, was tust du da?" schrie der kleine Professor Flitwick und wurde keine Sekunde später die Treppe, die er gerade herunter geeilt war, wieder hinauf geschleudert. Er verfehlte nur knapp Florence Farstalker, die in Trance langsam die Stufen hinabstieg. Ihr Gesicht war ausdruckslos und der Sturm der Stimmen zerrte an ihrem dünnen Nachthemd. Sie durchquerte die Eingangshalle und schritt langsam, den leeren Blick nach draußen gerichtet, an Severus Snape, dem Verräter, vorbei. "Nein! Nicht, Florence! Geh nicht da raus!" rief Remus Lupin hinter ihr her und klammerte sich verzweifelt an das steinerne Geländer, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden, wie der inzwischen bewußtlose Flitwick, der mit einer blutenden Kopfwunde einen Treppenabsatz höher auf dem Boden lag. Das Grinsen in Severus' Gesicht gefror für einen Augenblick, als Florence an ihm vorbei kam. Dann zuckte seine linke Hand zu einer Faust zusammen und Blut rann aus seiner Handfläche auf den Boden der Eingangshalle. Die Stimme in seinem Hinterkopf wurde wieder lauter. E beobachtete die kleine, zarte Gestalt, die traumverloren über das gefrorene Gras am Seeufer entlang auf das Eingangsportal zum Schulgelände zuschritt.

"Hagrid, wer ist das? Wer geht da nach draußen?" rief Harry und alle in Hagrid's Hütte sprangen an die Fenster. "Das is Madam Farstalker! Die darf das Gelände nich verlassen! Muß sie aufhalten!" schrie Hagrid entsetzt und fing sofort an, die Türblockade wieder wegzureißen. "Ihr bleibt hier, klar? Keiner von euch wird meine Hütte verlassen, egal was passiert!" "Hagrid, nein!" schrie Harry hinter seinem großen Freund her, doch der war schon mehrere Meter von der Hütte entfernt und kämpfte sich durch den Sturm. Eine heftige Windböe erfasste ihn und schleuderte ihn durch die Luft, außerhalb der Sicht von der Hütte aus. Harry, Ron und Hermine schrien gleichzeitig auf und Harry wollte zur Tür hinaus, doch seine Freunde hielten ihn fest. "Ich muß ihm helfen!" brüllte Harry, doch Ron schrie zurück: "Hast du nicht gesehen, was der Sturm mit ihm gemacht hat? Er ist viel größer und stärker als wir und er ist davongeflogen, wie ein Stück Papier! Was meinst du, was mit dir passieren würde!" Heiße Tränen rannen über Harry's Gesicht und er rief wieder: "Hagrid...." Fang, der Saurüde kläffte hinter seinem Herrn her und Hermine hatte Mühe, ihn festzuhalten.

Fasziniert blickte Severus Snape seine blutige Handfläche an: im Licht der grünen Blitze wirkte sein Blut schwarz und schimmerte nass... Nein! Das darf ich nicht zulassen! Er ließ seinen Zauberstab fallen und berührte das aufgerissene Fleisch seiner linken Hand. Es schmerzte. Ich werde das nicht geschehen lassen! Warum blutete er? Hatte er sich das selbst beigefügt? Beweg dich! Sonst holst du sie nicht mehr ein! Severus blickte wieder hinter der Braut des Meisters hinterher. Der Sturm ließ sie passieren und obwohl sie langsam ging, war sie schon fast den halben Weg zum Geländetor gelaufen. Hinter ihm hörte er die Lehrer rufen, die sich mittlerweile auf der Treppe versammelt hatten. "Severus?" Eine Stimme erklang direkt in seinen Ohren und er drehte den Kopf zur Seite. Neben ihm stand keiner, aber Albus Dumbledore stand auf der Treppe. Es war seine Stimme. Severus hörte sie wieder, doch Dumbledore bewegte seine Lippen nicht. "Ich weiß, daß du mich hörst. Kämpfe." Ja, du Idiot! Sieh doch, was passiert! Severus ging ein paar Schritte vor die Tür und blickte der Braut hinterher. Das ist nicht die 'Braut', das ist Florence! Die Stimme in seinem Hinterkopf wurde immer lauter. "Kämpfe. Ich weiß, daß du es kannst." Wieder Albus in seinen Ohren. Florence ist in Gefahr! Er will sie raus locken! "Das willst du doch gar nicht, was gerade geschieht. Kämpfe!" Verwirrt schüttelte Severus den Kopf, all diese Stimmen... Seine Hände ballten sich nun beide zu Fäusten zusammen und seine Fingernägel drangen tief ins Fleisch hinein. Schmerz. Blut. Lauf! "NEIN!" schrie er und rannte durch den Sturm zum Seeufer, hinter Florence her. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, die er sich durch den Wind und die geflüsterten Stimmen kämpfte, aber sie waren nicht mehr in seinem Kopf. Was er dort nun hörte, waren nur noch seine eigenen Gedanken. Die Flüche gingen an ihm vorbei, waren immer noch auf das Schloß gerichtet. Florence schritt immer noch mit ausdruckslosem Gesicht voran, bald würde er sie eingeholt haben.... Nur noch ein paar Meter, und...

"Er wehrt sich, Mylord!" rief Lucius Malfoy zu Voldemort hinüber, der mit ausgestreckten Armen die Flüche der Massen hinter ihnen auf das Schloß lenkte. "Dann setz ihn unter Druck, du Versager!" brüllte der Dunkle Lord über die Schulter nach hinten und Lucius Malfoy versuchte sich wieder zu konzentrieren.

Eine heftige Windböe verfehlte Severus nur knapp, warf ihn aber dennoch einige Meter zurück. "Florence! Bleib stehen!" schrie er und versuchte, die verlorenen Meter wieder aufzuholen. Ein Rucken ging durch den Körper der kleinen Frau vor ihm und ihre Schritte wurden noch langsamer. Severus kämpfte sich Zentimeter für Zentimeter vor und bekam ihre Hand zu fassen. "Flo, bleib hier! Sie können dir hier nichts anhaben!" Florence versuchte, ihn abzuschütteln, aber sein Griff war fest... Blut lief ihre Finger hinab... "Sev?" Dann wurde alles dunkel und still.

"Ich habe ihn verloren, Meister! Er hat sie eingeholt." "Lucius, du elender Versager!" brüllte Lord Voldemort und seine Konzentration war dahin. Hinter ihnen brachen die meisten seiner Anhänger bewußtlos oder tot zusammen, während der Sturm endete. "Wurmschwanz, was ist mit ihr?" fuhr er Peter Pettigrew an. "Meister.." Peter's Stimme zitterte, "Sie ist weg. Er hat sie geweckt! Die Wirkung des Tranks ist aufgehoben!" Ein tiefer Schrei der Enttäuschung und Wut drang aus Voldemorts Brust, währen Lucius Malfoy und Peter Pettigrew sich am Boden wanden vor Schmerz, die ihnen der Cruciatus - Fluch bereitete.

"Hey, Flo!" Florence Farstalker wachte am nächsten Tag verwirrt in der Krankenabteilung auf. "W..was ist passiert?" fragte sie Remus, der lächelnd auf einem Stuhl vor ihrem Bett saß. Daneben saß hechelnd und schwanzwedelnd der Sirius - Hund. Ein Bett weiter lächelte sie Professor Flitwick an, mit einem riesigen weißen Verband um den Kopf. "Voldemort hat Hogwarts angegriffen. All die Anhänger, die er in den letzten zwei Jahren zusammen geschart hatte, haben einen Fluchsturm gesprochen. Severus stand seit Sonntag unter dem Imperiums - Fluch und brach das Portal auf. Sie wollten dich vom Gelände runter locken. Irgendwie ist Severus wieder zu klarem Verstand gekommen und hat dich aufgehalten." erklärte Remus ruhig und drückte sie sanft zurück in die Kissen. "Severus! Wo ist er?" fragte sie aufgeregt und griff an ihren Hals. Sie war noch immer dort, ihre Kette mit dem Anhänger, den sie seit einem gewissen Frühlingsball nie abgenommen hatte. Nur unter ihrer Kleidung verborgen, doch nie abgenommen. Remus lächelte nun nicht mehr. "Er wird gerade in dem Büro deines Onkels vernommen. Fudge ist gleich mit fünf Auroren hier aufgetaucht. Ich möchte im Moment echt nicht in seiner Haut stecken!" Sirius winselte und legte sich auf den Boden. Auch er hatte Mitleid mit seinem alten Feind.

Vor den Toren des Schulgeländes waren dutzende von Mitarbeitern des Ministeriums für Zauberei damit beschäftigt, die Leichen der schwächeren Anhänger Lord Voldemorts abzutransportieren. Über 130 Leichen waren es. Sie hatte ihre Kräfte weit überschritten für ihren Herrn und waren gestorben. "Was für eine Tragödie!" Artur Weasley schüttelte ungläubig den Kopf und rang mit den Tränen. "Wenigstens müssen wir diesen Abschaum der Gesellschaft nicht in Askaban durchfüttern Arthur! Wenn sie unbedingt für ihren Herrn sterben wollen, laß sie doch! Irgendwann werden wir sie alle haben. Und wenn sie erst in Askaban sind, werden sie sich wünschen, heut Nacht hier gestorben zu sein!" grummelte Mad-Eye Moody, aber seine Stimme klang dünn. "Wie viele Verluste gab es auf unserer Seite?" "Hagrid wird vermißt. Harry Potter und seine Freunde haben ausgesagt, daß er Florence Farstalker aufhalten wollte. Einige Flüche müssen ihn erwischt haben. Noch wissen wir nichts Genaues..." erwiderte Arthur Weasley und erkannte einen der Toten. Es war Judas Fawcett, einer seiner Nachbarn vom Wieselkopf. "Du hast recht, Arthur! Was für eine Tragödie!" flüsterte Alastor Mad-Eye Moody und blickte mit feuchten Augen über die Ebene...