Kapitel 26 - Fragen und Antworten
"Hier steckst du also!", rief Remus Lupin aus, als er Florence in ihrem Badezimmer auffand. "Marschierst du öfter in fremde Badezimmer?", fauchte Florence und rappelte sich blaß und verschwitzt vom Fußboden auf. "Nur, wenn jemand vermisst wird, der Dulli an der Tür mich reinläßt und ich durch die nicht geschlossene Badtür Würgegeräusche höre!", frozzelte Remus zurück und reichte ihr ein Handtuch. Ruppig griff Florence nach dem Handtuch und wusch sich erst kurz über das Gesicht, bevor sie sich knapp bedankte. "Was ist denn los? Du siehst gar nicht gut aus!", fragte Remus besorgt und folgte Florence in ihr Büro. "Ich vertrage einfach keine Äpfel, mir wird davon kotzübel. Hätte ich gewußt, daß im Rotkohl vom Mittagessen welche gewesen sind, hätte ich nichts davon gegessen. Wer vermisst mich denn so dringend?" "Sybill Trelawney und Minerva McGonagall. Sie haben vorhin nach Dir gefragt, ihr wart wohl in Minerva's Büro verabredet gewesen und du bist nicht aufgetaucht!" "Ja, da umarmte ich gerade die Toilette. Mittlerweile geht es wieder, aber ich sollte vielleicht erst in den Krankenflügel gehen und mir was geben lassen, bevor ich auf Sybill treffe. Irgendwie riecht sie genauso verräuchert wie ihre Klassenzimmer - das hält mein Magen dann doch nicht aus..." Remus mußte kurz lachen, setzte dann aber wieder seine besorgtes Gesicht auf: "Bist du sicher, daß es nur die verschwindend kleinen Apfelstücke heut mittag waren? Du siehst in letzter Zeit insgesamt nicht gut aus!" Florence seufzte und ließ sich auf einen Sessel fallen. "Was willst du hören? Daß ich mir Sorgen um Severus mache? Ja, tue ich. Daß ich etwas im Streß bin? Ja, bin ich. Daß mir langsam aber sicher alles über den Kopf wächst? Ja, tut es! Remus, du bist und bleibst mein bester Freund, aber es gibt Dinge, die kann nur ich allein regeln. Keiner kann mir bei meinen ganzen Verpflichtungen helfen, weder du, noch Sirius oder Albus, ja selbst nicht einmal Severus, wenn er hier wäre! Möchtest du etwas Tee?" "Tee, ja bitte!", antwortete er nicht im Geringsten verwundert über den schnellen Themenwechsel, den Florence wieder einmal vorgenommen hatte. Mit der Zeit gewöhnte man sich entweder an Florence' Sprunghaftigkeit oder man ließ es bleiben. Dankend nahm er eine Tasse heiß dampfenden Tees entgegen und setzte sich zu seiner chaotischen Freundin. "Hast du schon...." "Nein, ich habe immer noch nichts von Severus gehört. Ich weiß, die Ferien sind bald vorbei und er müßte langsam zurück kommen oder sich melden, aber bisher ist noch nichts geschehen.", ratterte sie tonlos hinunter. "Möchtest du vielleicht etwas anderes loswerden?", fragte Remus und nippte vorsichtig an seiner Tasse. Florence blickte entnervt von ihrer eigenen Tasse auf und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte etwas unangenehm kaltes, abschätzendes in ihren Augen auf. "Remus....", begann sie tonlos, bevor ihr Gegenüber sie unterbrach: "Ich weiß, ich kann dir nicht helfen, aber versuch mich auch zu verstehen: In den letzten Wochen bist du nur noch ein Schatten von dir selbst! Ständig sieht man dich mit Unterlagen bepackt durch das Schloß rennen, du verschwindest für Stunden im Wald, siehst aus wie der Tod auf Latschen und hast seit Ewigkeiten nicht mehr gelächelt! Wir machen uns Sorgen um dich, Flo!" 'Ja, das solltet ihr auch, aber nicht um mich, sondern vor allem um euch selbst und den Rest der Welt!', schoss es ihr durch den Kopf, aber was sie sagte, beruhigte Remus zumindest für eine kurze Zeit: "Ich stehe in Verhandlungen mit einigen Fraktionen, die Menschen und Zauberern an sich mißtrauen. Da ich keine normale Hexe bin, kann ich diese Verhandlungen etwas besser steuern. Das Volk meiner Mutter hat sich nur wenige Spezies zum Feind gemacht in der Vergangenheit, wie du weißt!" Remus wußte das natürlich nur zu gut, denn einige der Elbenzauber unterrichtete er auch in seinem Fach zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste - mächtige Zaubersprüche, die auch menschlichen Zauberern gegen einige der scheußlichsten Geschöpfe (die noch nicht einmal Hagrid lieben konnte) äußerst hilfreich waren. Aber es waren nur wenige Verteidigungs- oder gar Angriffszauber, die von den Elben erfunden worden waren. Elben versteckten sich zumeist und das äußerst effektiv. Florence fuhr fort: "Der Rest sind hauptsächlich administrative Aufgaben, ich muß halt jeden in unserer Truppe auf den neuesten Stand bringen. Sybill und Minerva wollten mir vorhin die Ergebnisse ihrer Nachforschungen vortragen, aber das läuft mir nicht weg, im Gegenteil, vielleicht forschen sie jetzt sogar in der Zwischenzeit noch etwas weiter! Ich habe diese Aufgaben nur übernommen, um meinen Onkel zu entlasten. Albus hat schon genug um die Ohren! Aber vielleicht, wenn ihr, du und Sirius, noch etwas Zeit erübrigen könnt, könntet ihr ja zumindest den Nachrichtenverkehr mit der Winkelgasse übernehmen! Dort passiert doch eine ganze Menge, wenn sich auch kaum noch jemand dort freiwillig länger aufhält, als er muß..." Remus nickte: "Ja, wir können das gern übernehmen. Jetzt, wo Hagrid wieder da ist, muß Sirius ja auch nicht mehr so oft weg und nach ihm schauen. Und ein kurzer Besuch in der Winkelgasse ist vielleicht auch mal etwas anderes! Ich war schon lange nicht mehr dort!" "Nun ja, bisher habe ich mich mit unseren Leuten dort immer per Eule verständigt, aber wenn ihr das übernehmen wollt, wäre ein persönlicher Besuch vielleicht nicht schlecht! Besonders, bis wir uns um St. Mungo gekümmert haben! Ich fürchte, es sind nicht wenige, die der Mut verlassen hat nach dem Fall von Askaban, obwohl sie wissen, daß das unvermeidlich war..." Langsam fand Florence ihre Idee gar nicht mehr so übel. *** "Snape!" Severus zuckte beim Klang der Stimme hinter ihm zusammen. Er ließ die Bücher, die er gerade in einem Rucksack verstauen wollte, auf den Tisch sinken. In ungefähr einer Stunde sollte er nach Hogwarts aufbrechen, es war der letzte Ferientag und der Dunkle Lord mußte ihn zur Aufrechterhaltung seiner 'Tarnung' gehen lassen. Langsam drehte sich Severus um und hoffte, daß er einigermaßen gefasst wirkte, wenn er nun Lucius Malfoy ins Gesicht blicken würde. Malfoy schloß die Tür hinter sich und trat mit gesenktem Blick und gerunzelter Stirn auf den Zaubertrankmeister zu. Erst als er direkt vor Severus stand, hob er seinen Blick und nun war es an Snape, die Stirn zu runzeln. "Ich möchte Sie gern etwas fragen...", begann Malfoy und in seinen Augen blitzte es auf. *** Albus Dumbledore hatte mit Vielem gerechnet, doch was Severus ihm direkt nach seiner Rückkehr zu berichten hatte, gehörte nicht dazu. Nein, ganz und gar nicht. Nachdem Severus geendet hatte, schwiegen beide Männer eine Zeit lang und Fawkes kuschelte sich vertrauensseelig an den Jüngeren. Es war nicht ganz zwei Stunden her, seitdem Severus in der Schule angekommen war. Er hatte nur kurz seine Sachen in sein Büro gebracht und war schnurstracks ins Büro des Direktors geeilt - grußlos und mit ausdrucksloser Miene. Dumbledore räusperte sich leise. "Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll, Severus..." "Ich bin mir noch viel weniger sicher. Aber Vorteile hätte es viele, wenn Malfoy... nein, in einem Punkt bin ich mir ganz sicher!" "Wir sollten den Anderen erst einmal nichts davon sagen. Wann sagtest du, fängt die neue Abteilung im Ministerium an zu arbeiten?" "Malfoy meinte, Ende Mai frühestens. Er hat seit unserer letzten Säuberung im Ministerium nur noch wenige Todesser, die die Abteilung voll und ganz unterstützen. Zudem mußte er auf Druck der Öffentlichkeit auch die Reglementierungen etwas abschwächen. Harry bleibt demnach davon unberührt. Hermine Granger allerdings wird mit zu den Ersten gehören, die der Abteilung zum Opfer fallen. Wir könnten uns quer stellen und die muggelstämmigen Kinder hier in Hogwarts verstecken, bis alles vorbei ist. Was sollte er dagegen unternehmen können?", fragte Severus und streichelte den Phönix, der an seinem Kragen angefangen hatte zu knabbern - der letzte Keks war schon fast 15 Minuten her! Albus Dumbledore erhob sich ächzend aus seinem Sessel. In den letzten Wochen schien er um Jahrzehnte gealtert zu sein - so kam es Severus zumindest vor. "Er könnte Vieles tun - die Schule zum Beispiel ganz schließen, was durchaus in seinem Interesse liegen würde. Aber nun ist es an der Zeit, daß wir die anderen rufen. Sie haben sich in den letzten 3 Wochen genug Sorgen um dich gemacht. Ich finde, sie sollten nun selbst sehen, daß es dir gut geht. Ich wette, die Nachricht, daß du wieder da bist, haben sie schon längst erhalten und warten nur darauf, gerufen zu werden." In der Tat hatte sich vor dem Büro des Schuldirektors eine kleine Gruppe, bestehend aus einer totenbleichen Florence, einem besorgten Remus und dem Sirius-Hund, sowie den Professoren McGonagall, Trelawney, Flitwick und Madam Sprout. Die Professoren tuschelten untereinander, während Remus nervös vor dem Wasserspeier, der den Zugang zum Dumbledore's Büro verschloss, hin und her lief. Florence hatte sich auf den Sockel der Statue niedergelassen und starrte ins Nichts. Als sich der Wasserspeier bewegt, sprang sie eilig auf und wäre fast über Sirius gestolpert, der vor ihren Füßen gesessen und Remus bei seinem Marathonlauf über den Korridor beobachtet hatte. "Wie schön, daß ihr alle schon da seid! Kommt doch bitte mit nach oben, Professor Snape ist noch bei mir und er würde sich sicherlich freuen, zu sehen, wie besorgt seine Kollegen um ihn sind!", Albus lächelte verschmitzt und zwinkerte über seinen Brillenrand hinweg Florence zu, die noch bleicher zu werden schien - falls das überhaupt noch ging. Albus und Florence gingen als Letzte die Treppe zum Büro hoch, wobei sie sich ein bißchen zurückfallen ließen. "Wie geht es ihm?", flüsterte Florence. "Nicht so gut. Er hat keine besonders angenehmen Ferien gehabt. Aber er ist heil und gesund, wenn du das meinst... Und er steht auch unter keinem Fluch." Als die beiden das Büro erreichten, war Severus sichtlich bemüht, seine übliche mürrische Miene zu wahren, während die anderen Professoren ihn umringten, seine Hände schüttelten und ihn mit Fragen bombardierten. Als Florence im Türrahmen erschien, stockte ihm der Atem und sein Magen schien in ihm zu hüpfen, während sein Herz seine Leistung für einen kurzen Augenblick verdreifachte. Florence starrte Severus an und begann für einen Augenblick zu Taumeln, bevor ein Ruck durch ihren Körper ging und sie sich zu einem unauffälligen Lächeln durchrang - eigentlich wollte sie ihm lieber um den Hals fallen - oder doch lieber wieder die Treppe hinunter laufen? 'Reiß dich zusammen!', schoß es ihr durch den Kopf. Aber es war schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn die Gefühle verrückt spielten. Letztendlich entschied ihr Körper. Zuerst wurde alles um sie herum schwarz, dann sank sie ohnmächtig zu Boden. *** Madam Pomfrey unterhielt sich lang mit Florence in ihrer kleinen Wachstube am Eingang zum Krankenflügel, bevor sie langsam nickte. Florence stand von dem unbequemen Holzstuhl auf, zog sich ihren Umhang über und verließ mit entschlossener Miene den Raum und den Krankenflügel. Zurück ließ sie die nachdenkliche ältliche Krankenhexe, die sie bereits als Schulanfängerin in Hogwarts behandelt hatte. So viele Jahre lagen zwischen der wütenden, unbeherrschten "Grünen Flo" und der entschlossenen und äußerst planvoll vorgehenden Erwachsenen, die ihr gerade eben einen Schwur abgenommen hatte, der es Madam Pomfrey unmöglich machte, sich an jemand anderen zu wenden. Poppy Pomfrey konnte ihr Wissen nur mit sich selbst und Florence teilen - versuchen, die Jüngere irgendwie zur Vernunft zu bringen... Aber das war mehr als aussichtslos. Direktor Dumbledore würde sie mit Fragen löchern - die anderen Professoren, die Zeugen von Flo's Ohnmacht waren natürlich auch, doch nur Albus Dumbledore war ein wirkliches Problem. Ihm hatte sie in der Vergangenheit immer nachgegeben - ob sie wollte oder nicht. Madam Pomfrey blickte an den Regalen im Raum entlang - ihre Sammlung von medizinischen Nachschlagewerken war höchst beeindruckend. Es gab wahrscheinlich keine Krankheit, sei sie nun menschlich, magisch, elbisch, trollisch oder sonstwie, die sich nicht in ihren Büchern finden lassen ließ. Seufzend stand die Krankenhexe auf und begab sich an die Arbeit: sie mußte eine harmlose kleine Krankheit finden, die sie den Professoren und besonders Albus Dumbledore als Erklärung anbieten konnte. Und sie durfte nicht zu selten sein... *** Draco's Herz machte einen kleinen Hüpfer, als er seinen Mentor zum ersten Mal nach seinem Verschwinden wiedersah. Professor Snape hatte ihn auf sein Klopfen an der Bürotür hin hinein gebeten und Draco hatte zuerst seinen Kopf um die halb geöffnete Tür herum gestreckt, mit dem ersten Lächeln seit Wochen auf seinem spitzen Gesicht. Der Hauslehrer der Slytherins saß an seinem Schreibtisch und korrigierte die Hausaufgaben, die die Schüler im Laufe der Ferien angefertigt hatten. Filch hatte sie an seiner Statt angenommen und Snape nach Jahrgangsstufe gebündelt überreicht. "Professor?" Severus schaute von den Pergamenten eines Schülers des dritten Jahres auf und lächelte unwillkürlich, als Draco Malfoy die Tür hinter sich schloss und in den Raum hinein trat. "Mr. Malfoy - was treibt sie zu mir?", fragte Severus nicht unhöflich. "Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß sich in den Ferien in unserem Haus nichts Ungewöhnliches ereignet hat!" 'Nein, nicht in Slytherin...', dachte Severus und musterte den blonden jungen Mann vor sich. Draco war im letzten Jahr - oder war es nur seit Weihnachten? - urplötzlich erwachsen geworden. Als Draco nach Hogwarts kam, war er ein verwöhnter, boshafter Junge - ein typischer Malfoy. 'Was ist ein typischer Malfoy?' Und nun stand ein siebzehnjähriger Erwachsener vor ihm - nichts wirkte mehr kindlich an ihm. Seine Augen hatten irgendwann in den letzten Monaten eben jene unschuldige Neugier verloren, die viele junge Erwachsene noch für lange Zeit mit sich trugen. Bis sie zum ersten Mal wirklich enttäuscht wurden und sich mit der harten Realität auseinandersetzen mußten. 'Kein Wunder, daß Draco so erwachsen wirkt, oder?' Severus schüttelte seine Gedanken ab und durchbrach die kurze Stille, die sich in der Zwischenzeit eingestellt hatte: "Setzen Sie sich, Mr. Malfoy! Wenn Sie schon freiwillig zu mir kommen, kann ich Ihnen auch gleich die Fragen stellen, weswegen ich Sie ohnehin hätte rufen lassen! Etwas Tee vielleicht?" *** "Schnuffel! Bei Fuß!", rief Remus dem Sirius - Hund hinterher, als dieser plötzlich von seiner Seite sprang und auf einen Laden mit Quidditch - Ausrüstung zulief. Remus Lupin und Sirius Black hatten die Gespräche mit ihren Verbündeten in der Winkelgasse abgeschlossen gehabt und wollten den Rest des Nachmittags dazu nutzen, noch etwas zu Bummeln. Der Zug nach Hogsmeade würde erst am frühen Abend wieder fahren, es blieben ihnen also noch einige Stunden. "Noch so eine Aktion und ich kaufe dir die passende Leine zu deinem Halsband, hast du mich verstanden?", sagte Remus, als er Sirius eingeholt hatte. Als Antwort bekam er ein lautes Knurren. "Was willst du eigentlich hier?", fragte Remus und Sirius winselte. Im Schaufenster waren diverse Artikel für Quidditch und Besenpflege ausgestellt - alle enorm reduziert. Remus betrachtete die angebotenen Waren und fragte dann: "Möchtest du, daß wir etwas für Harry besorgen?" Sirius kläffte zustimmend und gemeinsam betraten sie den menschenleeren Laden. Eine kleine Glocke klingelte leise, als sie beim Öffnen und Schließen der Tür gestreift wurde. Es dauerte eine Weile, bis ein alter Zauberer mit dicken Brillengläsern auf der Nase aus dem Hinterzimmer kam und hinter den Verkaufstresen trat. Verwundert schob der Alte seine Brille zurecht und ein freudiges Strahlen erhellte seine sorgenvolle Miene: "Oh, Kundschaft! Womit kann ich Ihnen dienen?" "Wir suchen Etwas für einen jungen Mann, der leidenschaftlich gern Quidditch spielt - als kleines Mitbringsel sozusagen!", antwortete Remus und biss sich sogleich auf die Zunge, doch der Verkäufer schien sich nicht daran zu stören, daß Remus mit 'wir' sich und seinen Hund meinte. In der Tat war der alte Zauberer viel zu beschäftigt damit, sofort allerlei Krimskrams aus den Regalen zu ziehen und sie wortreich auf dem Tresen zu präsentieren. Fast eine halbe Stunde lang plapperte der Alte vor sich hin und zeigte Remus Etliches - vom sich selbst heizenden Handschuh ("Besonders für die Wintersaison geeignet!") bis hin zu den edelsten Besenpflegesets ("Die Lappen sind verzaubert, so daß sich die Politur fast von selbst einreibt!"). In der ganzen Zeit betrat niemand sonst den Laden und Remus fühlte sich langsam unwohl. Die ganze Winkelgasse war recht leer, aber noch gab es Hexen und Zauberer, die sich in der Ladenstraße aufhielten und einkauften. Doch mit dem geschäftigen Treiben, der Plaudereien am Straßenrand und der sonst so gelösten Stimmung, die früher hier herrschte, hatte das alles nichts mehr zu tun. Tatsächlich huschten nur wenige Gestalten am Schaufenster vorbei und steuerten hauptsächlich jene Läden an, die das Notwendigste für den Zaubereibedarf bereit hielten. "Entschuldigen Sie bitte,", unterbrach Remus den Redeschwall des Verkäufers, "ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber sehr viele Kunden haben Sie wohl nicht, oder?" Der Verkäufer räusperte sich und seine Miene blieb ausdruckslos, als er antwortete: "Nein, zur Zeit nicht. Vor ein paar Wochen sah das noch ganz anders aus. Aber selbst das war kein Vergleich zu dem, was vor der Rückkehr von Sie - wissen - schon - wem hier manchmal los war, besonders kurz vor Schulanfang!" Der Alte schüttelte nun den Kopf und sein Gesicht wurde zornig. "Seit dem Fall von Askaban traut sich kaum noch jemand hierher in die Winkelgasse. Ich habe die Preise gesenkt und mußte doch alle meine Angestellten entlassen, weil ich sie nicht mehr bezahlen konnte. In der Nocturngasse hingegen laufen die Geschäfte angeblich besser als je zuvor - dieses vermaledeite Schwarzmagierpack braucht sich ja nun nicht mehr zu verstecken!" Erschrocken fuhr der Verkäufer zusammen, als ihm bewußt wurde, was er gerade zu einem ihm völlig Fremden gesagt hatte. Remus jedoch lächelte ihm beruhigend zu und nickte: "Aber das wird sich auch wieder ändern - vielleicht nicht gleich morgen, aber ewig wird Sie - wissen - schon - wer nicht an der Macht bleiben. Damals hat ihn ein kleiner Junge gestoppt, zwar nicht für immer, aber auch Harry Potter ist älter geworden, wissen Sie?" "Harry Potter!", der Alte seufzte, "Was macht der eigentlich zur Zeit? Wissen Sie das?", fragte er neugierig und Remus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Hoffentlich für meinen Unterricht lernen! Ich bin sein Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, müssen Sie wissen..." Was nun folgte, versetzte Remus und Sirius in Erstaunen und beschämte sie zugleich. Der Verkäufer kam um den Tresen gestürzt und schüttelte Remus heftigst die Hand, während er nach hinten in den Laden rief: "Emma! Komm sofort nach vorn! Hier ist ein Lehrer von Harry Potter! Koch uns einen Tee! Und bring Kekse mit!", an Remus gewandt fuhr er freudig strahlend fort: "Sie müssen uns alles über den jungen Potter berichten! Ist er ein guter Schüler? Natürlich ist er das, er ist schließlich Harry Potter! DER Harry Potter!" Eine dicke weißhaarige Hexe mit einer geblümten Schürze kam aus dem Hinterzimmer gerannt und wedelte aufgeregt mit ihren kurzen plumpen Armen, umwuselte die beiden Männer ("Kenneth! So eine Ehre! Das ich das in diesen Zeiten noch erleben darf!" - "Beruhig dich, wo ist der Tee, Emma?" - "Ach du meine Güte, ich bin gleich wieder da!") und war schneller wieder verschwunden, als ihre kurzen Beine vermuten ließen. Zwei Stunden später (der Ladenbesitzer hatte noch einige befreundete Kollegen aus den anderen Läden herbeigerufen) verließen Remus und Sirius vollbepackt den Laden. Sirius trug natürlich nichts, aber er stupste seinen Freund, der vor lauter ihm aufgedrängten Päckchen und Paketen ("Nehmen Sie! Das ist ein Geschenk für Harry Potter!") nichts mehr sehen konnte, in die richtige Richtung, um noch den letzten Zug nach Hogsmeade zu erwischen. Als sie im Zug saßen und die Geschenke für Harry (Remus hatte zwar versucht, zu bezahlen, scheiterte aber an den viel zu begeisterten Ladenbesitzern, die ihm sein Geld immer wieder zurück in den Umhang geschoben hatte) um sich herum aufgetürmt hatten, seufzte Remus tief: "Erinnere mich bitte daran, NIE WIEDER Harry's Namen zu erwähnen, wenn wir einkaufen gehen." Sirius winselte und wedelte mit dem Schwanz. "Wir können Harry unmöglich alle diese Sachen schenken! Er steht so schon unter genug Erwartungsdruck - wenn wir ihm nun dieses ganze Zeug geben, wird er nur noch nervöser! Also alter Freund, was sollen wir nun tun?" Sirius kläffte und deutete mit dem Kopf zur Tür. Remus verstand und zog die Vorhänge zu ihrem Abteil zu, damit sich Sirius verwandeln konnte. "Einen Teil sollten wir ihm jetzt schon geben, meine ich! Ich wollte ihm ja eh' etwas schenken... Was sonst noch so vorgefallen ist, braucht er ja erstmal nicht zu wissen. Wenn der ganze Spuk vorbei ist, geben wir ihm die restlichen Pakete und sagen, von wem sie sind.", meinte Sirius und streckte sich ausgiebig, wobei er sich gerade noch beherrschen konnte und nicht unter seinem Halsband kratzte. Remus nickte. "Ja, das klingt vernünftig. Ich werde die Sachen in meinem - unserem - Zimmer stapeln und einen Brief beilegen, es könnte ja sein, daß keiner von uns... die Gelegenheit hat, Harry nach..." "Ich weiß, was du meinst. Wir werden das schon schaffen. Du wirst schon sehen!" Was aufmunternd klingen sollte, klang irgendwie hohl und Sirius schaute betreten zu Boden. Remus klopfte ihm noch kurz auf die Schulter, bevor er sich wieder zurück in Schnuffel verwandelte. "Aber es tut gut zu wissen, daß doch noch viele außerhalb des Widerstands gegen Voldemort sind. Sie unternehmen zwar nichts gegen ihn, aber wenigstens unterstützen sie ihn auch nicht. Hoffentlich enttäuschen wir sie nicht...", murmelte Remus und schaute in den immer dunkler werdenden Abendhimmel, während sich der Zug im Eiltempo nach Hogsmeade bewegte. *** "Nun denn! Hat noch jemand von Ihnen Fragen zum theoretischen Teil?", fragte Florence die Klasse Siebtklässler von Gryffindor und Slytherin, und klopfte sich den Kreidestaub aus dem Umhang. Die Tafel hinter ihr war vollgeschrieben mit physikalischen und magischen Formeln, die alle für das Apparieren gebraucht wurden - zumindest theoretisch. Praktisch mußte man nur ein Gefühl dafür bekommen, doch es war sicherer, im Notfall auch über die Hintergründe der Bewegung durch den Raum innerhalb von wenigen Sekunden zu kennen. Zögerlich erhoben sich einige Hände und Florence seufzte innerlich. Seit über 3 Monaten ging sie nun mit den Schülern diesen Stoff durch - zum Abschluß hatte sie zusammen mit den Gryffindors und den Slytherins noch einmal alles zusammengetragen an der Tafel. Sie wollte keine Klausur schreiben lassen, bevor sie nicht wenigstens versucht hatte, ihre Schülern das Ganze praktisch auszuprobieren zu lassen. Bei den meisten kam der letzte Kick zum Verständnis ja bekanntlich in der Praxis - und würde den Notendurchschnitt der Klasse erheblich heben, wenn sie erst danach eine Klausur schreiben ließ. Florence rief einen nach dem anderen der Fragesteller auf und ermutigte die anderen in der gemischten Klasse, zu antworten, wobei sie Hermine Granger mehrmals einige giftige Blicke zuwarf, als diese jede der Fragen allein beantworten wollte. Zum Schluß der Stunde teilte Florence der Klasse mit, daß sie sich zur nächsten gemeinsamen Stunde vor dem Schulschloß treffen würden. Sie mußten erst einen Platz außerhalb der Bannmauern aufsuchen, um das Apparieren zu üben. Während die Schüler aus der Klasse strömten, ließ sich Florence schwer auf einen Stuhl neben ihrem Lehrerpult fallen und seufzte. Nach dem Mittagessen hatte sie den gleichen Kampf noch einmal vor sich - diesmal mit den Ravenclaws und den Hufflepuffs. Unbemerkt betrat Severus ihr Klassenzimmer und trat an Florence heran, die gedankenverloren aus dem Fenster schaute. "Hallo Zicke!" Florence fuhr vor Schreck zusammen und starrte ihren Besucher ungläubig an. "Hallo Sturkopf!" Es war das erste Mal, daß sich die beiden seit Severus' Rückkehr allein trafen. Florence hatte den Kopf zu voll (und es war ihr unangenehm), um zu ihm in den Kerker zu kommen. Auch Severus war etwas flau im Magen - vor 10 Tagen hatte der Unterricht wieder begonnen und er hatte noch immer nicht alle Hausaufgaben, die sich in den Ferien in Filch's Büro gestapelt hatten, zu Ende korrigiert. Normalerweise hatte er für diesen Berg zum Einen mehr Zeit, zum Anderen hatte er in den letzten Tagen viel nebenher geträumt und Zeit verloren. Letztendlich hatte er sich dann aber doch dazu durchgerungen, Florence aufzusuchen. "Wie geht es dir?" "Nicht so toll. Aber ich verstehe jetzt, warum du deine Schüler manchmal bei lebendigem Leib häuten möchtest!", antwortete Florence und versuchte sich ein wenig zu entspannen, was ihr allerdings nicht gelang. "Häuten? Bei lebendigem Leib? Gute Idee... bisher waren mir nur diverse Gifte und der eine oder andere Fluch eingefallen..." Auch Severus war nervös und angespannt. "Wenn dir ein guter Fluch einfällt, teil ihn mir doch mal mit. Ich hätte im Moment jede Menge Verwendung dafür." Florence stand auf und begann die Tafel zu wischen. Unsicher, was er nun tun sollte, stand Severus eine Weile hinter ihr und beobachtete sie. Diese Frau war ihm ein Rätsel und würde es vermutlich auch bis zum jüngsten Tag bleiben. Da sie keine Anstalten machte, mit ihm zu reden, wandte er sich zur Tür und wollte das Klassenzimmer wieder verlassen, als Florence hinter ihm her rief: "Warte!" Severus hielt in der Bewegung inne und das Blut schoß ihm in die Ohren, als er sich zu Florence umdrehte. "Entschuldige, ich bin im Moment nicht so wirklich zurechnungsfähig, glaube ich...", begann Florence kleinlaut und ihre Wangen schimmerten rosa. Sie legte den Schwamm auf dem Pult neben sich ab und kam auf Severus zu. "Ich habe nur keine Ahnung, was nun werden soll..." Severus warf seine Haare zurück, bevor er heiser krächzte: "Das fragst du mich? Ich weiß es doch auch nicht." "Ich meine..", Florence machte eine hilflose Geste und blieb vor Severus stehen, "ich... ich hab dich wirklich vermisst. Die ganzen Jahre über und dann komme ich hierher und der ganze Zirkus fängt wieder von vorn an!" Severus schluckte. Das ihre Beziehung leidenschaftlich war konnte ihnen niemand absprechen, nicht einmal sie selbst. Aber sie hatte auch etwas zutiefst Zerstörerisches an sich. Diese Liebe tat weh - zwar war der Schmerz nicht immer unangenehm, aber... "Vom logischen Standpunkt aus gesehen sollten wir uns ganz weit voneinander fernhalten. Und das haben wir ja auch versucht. Und daß das nicht gut geht, haben wir ja auch gemerkt." Florence grinste und Severus verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ein angedeutetes Lächeln sein sollte. "Aber nun so zu tun, als ob nichts um uns herum wäre, um das wir uns sorgen müßten, ist auch nicht das Wahre. Wir können nicht einfach ein Paar sein, wenn um uns herum alles zusammen bricht, oder?" Florence hatte lange diese Rede geübt. Sie hatte genau das sagen wollen, was nun aus ihrem Mund kam und plötzlich verloren die Worte ihren Sinn. Klangen blutleer und theoretisch. Was würde sie tun, wenn Severus ihr zustimmte? Wäre sie dann wirklich glücklich? Severus straffte seinen Körper - er hatte genau gemerkt, was gerade vor sich ging. 'Gute Rede, Kleines... Aber so einfach kommst du mir nicht noch einmal davon!', dachte er bei sich und sagte laut: "Wenn ich dazu auch mal etwas sagen darf..." Florence war völlig aus dem Konzept und ihre Augen weiteten sich: Was würde nun kommen? Severus trat einen Schritt auf sie zu und beugte sich zu ihr hinunter: "Halt jetzt einfach mal die Klappe, ja? Du hast nämlich was bei der Sache übersehen..." Ihre Gegenwehr gegen den nun folgenden Kuß war nur schwach und unehrlich - und nicht von langer Dauer.
"Hier steckst du also!", rief Remus Lupin aus, als er Florence in ihrem Badezimmer auffand. "Marschierst du öfter in fremde Badezimmer?", fauchte Florence und rappelte sich blaß und verschwitzt vom Fußboden auf. "Nur, wenn jemand vermisst wird, der Dulli an der Tür mich reinläßt und ich durch die nicht geschlossene Badtür Würgegeräusche höre!", frozzelte Remus zurück und reichte ihr ein Handtuch. Ruppig griff Florence nach dem Handtuch und wusch sich erst kurz über das Gesicht, bevor sie sich knapp bedankte. "Was ist denn los? Du siehst gar nicht gut aus!", fragte Remus besorgt und folgte Florence in ihr Büro. "Ich vertrage einfach keine Äpfel, mir wird davon kotzübel. Hätte ich gewußt, daß im Rotkohl vom Mittagessen welche gewesen sind, hätte ich nichts davon gegessen. Wer vermisst mich denn so dringend?" "Sybill Trelawney und Minerva McGonagall. Sie haben vorhin nach Dir gefragt, ihr wart wohl in Minerva's Büro verabredet gewesen und du bist nicht aufgetaucht!" "Ja, da umarmte ich gerade die Toilette. Mittlerweile geht es wieder, aber ich sollte vielleicht erst in den Krankenflügel gehen und mir was geben lassen, bevor ich auf Sybill treffe. Irgendwie riecht sie genauso verräuchert wie ihre Klassenzimmer - das hält mein Magen dann doch nicht aus..." Remus mußte kurz lachen, setzte dann aber wieder seine besorgtes Gesicht auf: "Bist du sicher, daß es nur die verschwindend kleinen Apfelstücke heut mittag waren? Du siehst in letzter Zeit insgesamt nicht gut aus!" Florence seufzte und ließ sich auf einen Sessel fallen. "Was willst du hören? Daß ich mir Sorgen um Severus mache? Ja, tue ich. Daß ich etwas im Streß bin? Ja, bin ich. Daß mir langsam aber sicher alles über den Kopf wächst? Ja, tut es! Remus, du bist und bleibst mein bester Freund, aber es gibt Dinge, die kann nur ich allein regeln. Keiner kann mir bei meinen ganzen Verpflichtungen helfen, weder du, noch Sirius oder Albus, ja selbst nicht einmal Severus, wenn er hier wäre! Möchtest du etwas Tee?" "Tee, ja bitte!", antwortete er nicht im Geringsten verwundert über den schnellen Themenwechsel, den Florence wieder einmal vorgenommen hatte. Mit der Zeit gewöhnte man sich entweder an Florence' Sprunghaftigkeit oder man ließ es bleiben. Dankend nahm er eine Tasse heiß dampfenden Tees entgegen und setzte sich zu seiner chaotischen Freundin. "Hast du schon...." "Nein, ich habe immer noch nichts von Severus gehört. Ich weiß, die Ferien sind bald vorbei und er müßte langsam zurück kommen oder sich melden, aber bisher ist noch nichts geschehen.", ratterte sie tonlos hinunter. "Möchtest du vielleicht etwas anderes loswerden?", fragte Remus und nippte vorsichtig an seiner Tasse. Florence blickte entnervt von ihrer eigenen Tasse auf und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte etwas unangenehm kaltes, abschätzendes in ihren Augen auf. "Remus....", begann sie tonlos, bevor ihr Gegenüber sie unterbrach: "Ich weiß, ich kann dir nicht helfen, aber versuch mich auch zu verstehen: In den letzten Wochen bist du nur noch ein Schatten von dir selbst! Ständig sieht man dich mit Unterlagen bepackt durch das Schloß rennen, du verschwindest für Stunden im Wald, siehst aus wie der Tod auf Latschen und hast seit Ewigkeiten nicht mehr gelächelt! Wir machen uns Sorgen um dich, Flo!" 'Ja, das solltet ihr auch, aber nicht um mich, sondern vor allem um euch selbst und den Rest der Welt!', schoss es ihr durch den Kopf, aber was sie sagte, beruhigte Remus zumindest für eine kurze Zeit: "Ich stehe in Verhandlungen mit einigen Fraktionen, die Menschen und Zauberern an sich mißtrauen. Da ich keine normale Hexe bin, kann ich diese Verhandlungen etwas besser steuern. Das Volk meiner Mutter hat sich nur wenige Spezies zum Feind gemacht in der Vergangenheit, wie du weißt!" Remus wußte das natürlich nur zu gut, denn einige der Elbenzauber unterrichtete er auch in seinem Fach zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste - mächtige Zaubersprüche, die auch menschlichen Zauberern gegen einige der scheußlichsten Geschöpfe (die noch nicht einmal Hagrid lieben konnte) äußerst hilfreich waren. Aber es waren nur wenige Verteidigungs- oder gar Angriffszauber, die von den Elben erfunden worden waren. Elben versteckten sich zumeist und das äußerst effektiv. Florence fuhr fort: "Der Rest sind hauptsächlich administrative Aufgaben, ich muß halt jeden in unserer Truppe auf den neuesten Stand bringen. Sybill und Minerva wollten mir vorhin die Ergebnisse ihrer Nachforschungen vortragen, aber das läuft mir nicht weg, im Gegenteil, vielleicht forschen sie jetzt sogar in der Zwischenzeit noch etwas weiter! Ich habe diese Aufgaben nur übernommen, um meinen Onkel zu entlasten. Albus hat schon genug um die Ohren! Aber vielleicht, wenn ihr, du und Sirius, noch etwas Zeit erübrigen könnt, könntet ihr ja zumindest den Nachrichtenverkehr mit der Winkelgasse übernehmen! Dort passiert doch eine ganze Menge, wenn sich auch kaum noch jemand dort freiwillig länger aufhält, als er muß..." Remus nickte: "Ja, wir können das gern übernehmen. Jetzt, wo Hagrid wieder da ist, muß Sirius ja auch nicht mehr so oft weg und nach ihm schauen. Und ein kurzer Besuch in der Winkelgasse ist vielleicht auch mal etwas anderes! Ich war schon lange nicht mehr dort!" "Nun ja, bisher habe ich mich mit unseren Leuten dort immer per Eule verständigt, aber wenn ihr das übernehmen wollt, wäre ein persönlicher Besuch vielleicht nicht schlecht! Besonders, bis wir uns um St. Mungo gekümmert haben! Ich fürchte, es sind nicht wenige, die der Mut verlassen hat nach dem Fall von Askaban, obwohl sie wissen, daß das unvermeidlich war..." Langsam fand Florence ihre Idee gar nicht mehr so übel. *** "Snape!" Severus zuckte beim Klang der Stimme hinter ihm zusammen. Er ließ die Bücher, die er gerade in einem Rucksack verstauen wollte, auf den Tisch sinken. In ungefähr einer Stunde sollte er nach Hogwarts aufbrechen, es war der letzte Ferientag und der Dunkle Lord mußte ihn zur Aufrechterhaltung seiner 'Tarnung' gehen lassen. Langsam drehte sich Severus um und hoffte, daß er einigermaßen gefasst wirkte, wenn er nun Lucius Malfoy ins Gesicht blicken würde. Malfoy schloß die Tür hinter sich und trat mit gesenktem Blick und gerunzelter Stirn auf den Zaubertrankmeister zu. Erst als er direkt vor Severus stand, hob er seinen Blick und nun war es an Snape, die Stirn zu runzeln. "Ich möchte Sie gern etwas fragen...", begann Malfoy und in seinen Augen blitzte es auf. *** Albus Dumbledore hatte mit Vielem gerechnet, doch was Severus ihm direkt nach seiner Rückkehr zu berichten hatte, gehörte nicht dazu. Nein, ganz und gar nicht. Nachdem Severus geendet hatte, schwiegen beide Männer eine Zeit lang und Fawkes kuschelte sich vertrauensseelig an den Jüngeren. Es war nicht ganz zwei Stunden her, seitdem Severus in der Schule angekommen war. Er hatte nur kurz seine Sachen in sein Büro gebracht und war schnurstracks ins Büro des Direktors geeilt - grußlos und mit ausdrucksloser Miene. Dumbledore räusperte sich leise. "Ich habe keine Ahnung, was ich davon halten soll, Severus..." "Ich bin mir noch viel weniger sicher. Aber Vorteile hätte es viele, wenn Malfoy... nein, in einem Punkt bin ich mir ganz sicher!" "Wir sollten den Anderen erst einmal nichts davon sagen. Wann sagtest du, fängt die neue Abteilung im Ministerium an zu arbeiten?" "Malfoy meinte, Ende Mai frühestens. Er hat seit unserer letzten Säuberung im Ministerium nur noch wenige Todesser, die die Abteilung voll und ganz unterstützen. Zudem mußte er auf Druck der Öffentlichkeit auch die Reglementierungen etwas abschwächen. Harry bleibt demnach davon unberührt. Hermine Granger allerdings wird mit zu den Ersten gehören, die der Abteilung zum Opfer fallen. Wir könnten uns quer stellen und die muggelstämmigen Kinder hier in Hogwarts verstecken, bis alles vorbei ist. Was sollte er dagegen unternehmen können?", fragte Severus und streichelte den Phönix, der an seinem Kragen angefangen hatte zu knabbern - der letzte Keks war schon fast 15 Minuten her! Albus Dumbledore erhob sich ächzend aus seinem Sessel. In den letzten Wochen schien er um Jahrzehnte gealtert zu sein - so kam es Severus zumindest vor. "Er könnte Vieles tun - die Schule zum Beispiel ganz schließen, was durchaus in seinem Interesse liegen würde. Aber nun ist es an der Zeit, daß wir die anderen rufen. Sie haben sich in den letzten 3 Wochen genug Sorgen um dich gemacht. Ich finde, sie sollten nun selbst sehen, daß es dir gut geht. Ich wette, die Nachricht, daß du wieder da bist, haben sie schon längst erhalten und warten nur darauf, gerufen zu werden." In der Tat hatte sich vor dem Büro des Schuldirektors eine kleine Gruppe, bestehend aus einer totenbleichen Florence, einem besorgten Remus und dem Sirius-Hund, sowie den Professoren McGonagall, Trelawney, Flitwick und Madam Sprout. Die Professoren tuschelten untereinander, während Remus nervös vor dem Wasserspeier, der den Zugang zum Dumbledore's Büro verschloss, hin und her lief. Florence hatte sich auf den Sockel der Statue niedergelassen und starrte ins Nichts. Als sich der Wasserspeier bewegt, sprang sie eilig auf und wäre fast über Sirius gestolpert, der vor ihren Füßen gesessen und Remus bei seinem Marathonlauf über den Korridor beobachtet hatte. "Wie schön, daß ihr alle schon da seid! Kommt doch bitte mit nach oben, Professor Snape ist noch bei mir und er würde sich sicherlich freuen, zu sehen, wie besorgt seine Kollegen um ihn sind!", Albus lächelte verschmitzt und zwinkerte über seinen Brillenrand hinweg Florence zu, die noch bleicher zu werden schien - falls das überhaupt noch ging. Albus und Florence gingen als Letzte die Treppe zum Büro hoch, wobei sie sich ein bißchen zurückfallen ließen. "Wie geht es ihm?", flüsterte Florence. "Nicht so gut. Er hat keine besonders angenehmen Ferien gehabt. Aber er ist heil und gesund, wenn du das meinst... Und er steht auch unter keinem Fluch." Als die beiden das Büro erreichten, war Severus sichtlich bemüht, seine übliche mürrische Miene zu wahren, während die anderen Professoren ihn umringten, seine Hände schüttelten und ihn mit Fragen bombardierten. Als Florence im Türrahmen erschien, stockte ihm der Atem und sein Magen schien in ihm zu hüpfen, während sein Herz seine Leistung für einen kurzen Augenblick verdreifachte. Florence starrte Severus an und begann für einen Augenblick zu Taumeln, bevor ein Ruck durch ihren Körper ging und sie sich zu einem unauffälligen Lächeln durchrang - eigentlich wollte sie ihm lieber um den Hals fallen - oder doch lieber wieder die Treppe hinunter laufen? 'Reiß dich zusammen!', schoß es ihr durch den Kopf. Aber es war schwer, einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn die Gefühle verrückt spielten. Letztendlich entschied ihr Körper. Zuerst wurde alles um sie herum schwarz, dann sank sie ohnmächtig zu Boden. *** Madam Pomfrey unterhielt sich lang mit Florence in ihrer kleinen Wachstube am Eingang zum Krankenflügel, bevor sie langsam nickte. Florence stand von dem unbequemen Holzstuhl auf, zog sich ihren Umhang über und verließ mit entschlossener Miene den Raum und den Krankenflügel. Zurück ließ sie die nachdenkliche ältliche Krankenhexe, die sie bereits als Schulanfängerin in Hogwarts behandelt hatte. So viele Jahre lagen zwischen der wütenden, unbeherrschten "Grünen Flo" und der entschlossenen und äußerst planvoll vorgehenden Erwachsenen, die ihr gerade eben einen Schwur abgenommen hatte, der es Madam Pomfrey unmöglich machte, sich an jemand anderen zu wenden. Poppy Pomfrey konnte ihr Wissen nur mit sich selbst und Florence teilen - versuchen, die Jüngere irgendwie zur Vernunft zu bringen... Aber das war mehr als aussichtslos. Direktor Dumbledore würde sie mit Fragen löchern - die anderen Professoren, die Zeugen von Flo's Ohnmacht waren natürlich auch, doch nur Albus Dumbledore war ein wirkliches Problem. Ihm hatte sie in der Vergangenheit immer nachgegeben - ob sie wollte oder nicht. Madam Pomfrey blickte an den Regalen im Raum entlang - ihre Sammlung von medizinischen Nachschlagewerken war höchst beeindruckend. Es gab wahrscheinlich keine Krankheit, sei sie nun menschlich, magisch, elbisch, trollisch oder sonstwie, die sich nicht in ihren Büchern finden lassen ließ. Seufzend stand die Krankenhexe auf und begab sich an die Arbeit: sie mußte eine harmlose kleine Krankheit finden, die sie den Professoren und besonders Albus Dumbledore als Erklärung anbieten konnte. Und sie durfte nicht zu selten sein... *** Draco's Herz machte einen kleinen Hüpfer, als er seinen Mentor zum ersten Mal nach seinem Verschwinden wiedersah. Professor Snape hatte ihn auf sein Klopfen an der Bürotür hin hinein gebeten und Draco hatte zuerst seinen Kopf um die halb geöffnete Tür herum gestreckt, mit dem ersten Lächeln seit Wochen auf seinem spitzen Gesicht. Der Hauslehrer der Slytherins saß an seinem Schreibtisch und korrigierte die Hausaufgaben, die die Schüler im Laufe der Ferien angefertigt hatten. Filch hatte sie an seiner Statt angenommen und Snape nach Jahrgangsstufe gebündelt überreicht. "Professor?" Severus schaute von den Pergamenten eines Schülers des dritten Jahres auf und lächelte unwillkürlich, als Draco Malfoy die Tür hinter sich schloss und in den Raum hinein trat. "Mr. Malfoy - was treibt sie zu mir?", fragte Severus nicht unhöflich. "Ich wollte Ihnen nur mitteilen, daß sich in den Ferien in unserem Haus nichts Ungewöhnliches ereignet hat!" 'Nein, nicht in Slytherin...', dachte Severus und musterte den blonden jungen Mann vor sich. Draco war im letzten Jahr - oder war es nur seit Weihnachten? - urplötzlich erwachsen geworden. Als Draco nach Hogwarts kam, war er ein verwöhnter, boshafter Junge - ein typischer Malfoy. 'Was ist ein typischer Malfoy?' Und nun stand ein siebzehnjähriger Erwachsener vor ihm - nichts wirkte mehr kindlich an ihm. Seine Augen hatten irgendwann in den letzten Monaten eben jene unschuldige Neugier verloren, die viele junge Erwachsene noch für lange Zeit mit sich trugen. Bis sie zum ersten Mal wirklich enttäuscht wurden und sich mit der harten Realität auseinandersetzen mußten. 'Kein Wunder, daß Draco so erwachsen wirkt, oder?' Severus schüttelte seine Gedanken ab und durchbrach die kurze Stille, die sich in der Zwischenzeit eingestellt hatte: "Setzen Sie sich, Mr. Malfoy! Wenn Sie schon freiwillig zu mir kommen, kann ich Ihnen auch gleich die Fragen stellen, weswegen ich Sie ohnehin hätte rufen lassen! Etwas Tee vielleicht?" *** "Schnuffel! Bei Fuß!", rief Remus dem Sirius - Hund hinterher, als dieser plötzlich von seiner Seite sprang und auf einen Laden mit Quidditch - Ausrüstung zulief. Remus Lupin und Sirius Black hatten die Gespräche mit ihren Verbündeten in der Winkelgasse abgeschlossen gehabt und wollten den Rest des Nachmittags dazu nutzen, noch etwas zu Bummeln. Der Zug nach Hogsmeade würde erst am frühen Abend wieder fahren, es blieben ihnen also noch einige Stunden. "Noch so eine Aktion und ich kaufe dir die passende Leine zu deinem Halsband, hast du mich verstanden?", sagte Remus, als er Sirius eingeholt hatte. Als Antwort bekam er ein lautes Knurren. "Was willst du eigentlich hier?", fragte Remus und Sirius winselte. Im Schaufenster waren diverse Artikel für Quidditch und Besenpflege ausgestellt - alle enorm reduziert. Remus betrachtete die angebotenen Waren und fragte dann: "Möchtest du, daß wir etwas für Harry besorgen?" Sirius kläffte zustimmend und gemeinsam betraten sie den menschenleeren Laden. Eine kleine Glocke klingelte leise, als sie beim Öffnen und Schließen der Tür gestreift wurde. Es dauerte eine Weile, bis ein alter Zauberer mit dicken Brillengläsern auf der Nase aus dem Hinterzimmer kam und hinter den Verkaufstresen trat. Verwundert schob der Alte seine Brille zurecht und ein freudiges Strahlen erhellte seine sorgenvolle Miene: "Oh, Kundschaft! Womit kann ich Ihnen dienen?" "Wir suchen Etwas für einen jungen Mann, der leidenschaftlich gern Quidditch spielt - als kleines Mitbringsel sozusagen!", antwortete Remus und biss sich sogleich auf die Zunge, doch der Verkäufer schien sich nicht daran zu stören, daß Remus mit 'wir' sich und seinen Hund meinte. In der Tat war der alte Zauberer viel zu beschäftigt damit, sofort allerlei Krimskrams aus den Regalen zu ziehen und sie wortreich auf dem Tresen zu präsentieren. Fast eine halbe Stunde lang plapperte der Alte vor sich hin und zeigte Remus Etliches - vom sich selbst heizenden Handschuh ("Besonders für die Wintersaison geeignet!") bis hin zu den edelsten Besenpflegesets ("Die Lappen sind verzaubert, so daß sich die Politur fast von selbst einreibt!"). In der ganzen Zeit betrat niemand sonst den Laden und Remus fühlte sich langsam unwohl. Die ganze Winkelgasse war recht leer, aber noch gab es Hexen und Zauberer, die sich in der Ladenstraße aufhielten und einkauften. Doch mit dem geschäftigen Treiben, der Plaudereien am Straßenrand und der sonst so gelösten Stimmung, die früher hier herrschte, hatte das alles nichts mehr zu tun. Tatsächlich huschten nur wenige Gestalten am Schaufenster vorbei und steuerten hauptsächlich jene Läden an, die das Notwendigste für den Zaubereibedarf bereit hielten. "Entschuldigen Sie bitte,", unterbrach Remus den Redeschwall des Verkäufers, "ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber sehr viele Kunden haben Sie wohl nicht, oder?" Der Verkäufer räusperte sich und seine Miene blieb ausdruckslos, als er antwortete: "Nein, zur Zeit nicht. Vor ein paar Wochen sah das noch ganz anders aus. Aber selbst das war kein Vergleich zu dem, was vor der Rückkehr von Sie - wissen - schon - wem hier manchmal los war, besonders kurz vor Schulanfang!" Der Alte schüttelte nun den Kopf und sein Gesicht wurde zornig. "Seit dem Fall von Askaban traut sich kaum noch jemand hierher in die Winkelgasse. Ich habe die Preise gesenkt und mußte doch alle meine Angestellten entlassen, weil ich sie nicht mehr bezahlen konnte. In der Nocturngasse hingegen laufen die Geschäfte angeblich besser als je zuvor - dieses vermaledeite Schwarzmagierpack braucht sich ja nun nicht mehr zu verstecken!" Erschrocken fuhr der Verkäufer zusammen, als ihm bewußt wurde, was er gerade zu einem ihm völlig Fremden gesagt hatte. Remus jedoch lächelte ihm beruhigend zu und nickte: "Aber das wird sich auch wieder ändern - vielleicht nicht gleich morgen, aber ewig wird Sie - wissen - schon - wer nicht an der Macht bleiben. Damals hat ihn ein kleiner Junge gestoppt, zwar nicht für immer, aber auch Harry Potter ist älter geworden, wissen Sie?" "Harry Potter!", der Alte seufzte, "Was macht der eigentlich zur Zeit? Wissen Sie das?", fragte er neugierig und Remus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Hoffentlich für meinen Unterricht lernen! Ich bin sein Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, müssen Sie wissen..." Was nun folgte, versetzte Remus und Sirius in Erstaunen und beschämte sie zugleich. Der Verkäufer kam um den Tresen gestürzt und schüttelte Remus heftigst die Hand, während er nach hinten in den Laden rief: "Emma! Komm sofort nach vorn! Hier ist ein Lehrer von Harry Potter! Koch uns einen Tee! Und bring Kekse mit!", an Remus gewandt fuhr er freudig strahlend fort: "Sie müssen uns alles über den jungen Potter berichten! Ist er ein guter Schüler? Natürlich ist er das, er ist schließlich Harry Potter! DER Harry Potter!" Eine dicke weißhaarige Hexe mit einer geblümten Schürze kam aus dem Hinterzimmer gerannt und wedelte aufgeregt mit ihren kurzen plumpen Armen, umwuselte die beiden Männer ("Kenneth! So eine Ehre! Das ich das in diesen Zeiten noch erleben darf!" - "Beruhig dich, wo ist der Tee, Emma?" - "Ach du meine Güte, ich bin gleich wieder da!") und war schneller wieder verschwunden, als ihre kurzen Beine vermuten ließen. Zwei Stunden später (der Ladenbesitzer hatte noch einige befreundete Kollegen aus den anderen Läden herbeigerufen) verließen Remus und Sirius vollbepackt den Laden. Sirius trug natürlich nichts, aber er stupste seinen Freund, der vor lauter ihm aufgedrängten Päckchen und Paketen ("Nehmen Sie! Das ist ein Geschenk für Harry Potter!") nichts mehr sehen konnte, in die richtige Richtung, um noch den letzten Zug nach Hogsmeade zu erwischen. Als sie im Zug saßen und die Geschenke für Harry (Remus hatte zwar versucht, zu bezahlen, scheiterte aber an den viel zu begeisterten Ladenbesitzern, die ihm sein Geld immer wieder zurück in den Umhang geschoben hatte) um sich herum aufgetürmt hatten, seufzte Remus tief: "Erinnere mich bitte daran, NIE WIEDER Harry's Namen zu erwähnen, wenn wir einkaufen gehen." Sirius winselte und wedelte mit dem Schwanz. "Wir können Harry unmöglich alle diese Sachen schenken! Er steht so schon unter genug Erwartungsdruck - wenn wir ihm nun dieses ganze Zeug geben, wird er nur noch nervöser! Also alter Freund, was sollen wir nun tun?" Sirius kläffte und deutete mit dem Kopf zur Tür. Remus verstand und zog die Vorhänge zu ihrem Abteil zu, damit sich Sirius verwandeln konnte. "Einen Teil sollten wir ihm jetzt schon geben, meine ich! Ich wollte ihm ja eh' etwas schenken... Was sonst noch so vorgefallen ist, braucht er ja erstmal nicht zu wissen. Wenn der ganze Spuk vorbei ist, geben wir ihm die restlichen Pakete und sagen, von wem sie sind.", meinte Sirius und streckte sich ausgiebig, wobei er sich gerade noch beherrschen konnte und nicht unter seinem Halsband kratzte. Remus nickte. "Ja, das klingt vernünftig. Ich werde die Sachen in meinem - unserem - Zimmer stapeln und einen Brief beilegen, es könnte ja sein, daß keiner von uns... die Gelegenheit hat, Harry nach..." "Ich weiß, was du meinst. Wir werden das schon schaffen. Du wirst schon sehen!" Was aufmunternd klingen sollte, klang irgendwie hohl und Sirius schaute betreten zu Boden. Remus klopfte ihm noch kurz auf die Schulter, bevor er sich wieder zurück in Schnuffel verwandelte. "Aber es tut gut zu wissen, daß doch noch viele außerhalb des Widerstands gegen Voldemort sind. Sie unternehmen zwar nichts gegen ihn, aber wenigstens unterstützen sie ihn auch nicht. Hoffentlich enttäuschen wir sie nicht...", murmelte Remus und schaute in den immer dunkler werdenden Abendhimmel, während sich der Zug im Eiltempo nach Hogsmeade bewegte. *** "Nun denn! Hat noch jemand von Ihnen Fragen zum theoretischen Teil?", fragte Florence die Klasse Siebtklässler von Gryffindor und Slytherin, und klopfte sich den Kreidestaub aus dem Umhang. Die Tafel hinter ihr war vollgeschrieben mit physikalischen und magischen Formeln, die alle für das Apparieren gebraucht wurden - zumindest theoretisch. Praktisch mußte man nur ein Gefühl dafür bekommen, doch es war sicherer, im Notfall auch über die Hintergründe der Bewegung durch den Raum innerhalb von wenigen Sekunden zu kennen. Zögerlich erhoben sich einige Hände und Florence seufzte innerlich. Seit über 3 Monaten ging sie nun mit den Schülern diesen Stoff durch - zum Abschluß hatte sie zusammen mit den Gryffindors und den Slytherins noch einmal alles zusammengetragen an der Tafel. Sie wollte keine Klausur schreiben lassen, bevor sie nicht wenigstens versucht hatte, ihre Schülern das Ganze praktisch auszuprobieren zu lassen. Bei den meisten kam der letzte Kick zum Verständnis ja bekanntlich in der Praxis - und würde den Notendurchschnitt der Klasse erheblich heben, wenn sie erst danach eine Klausur schreiben ließ. Florence rief einen nach dem anderen der Fragesteller auf und ermutigte die anderen in der gemischten Klasse, zu antworten, wobei sie Hermine Granger mehrmals einige giftige Blicke zuwarf, als diese jede der Fragen allein beantworten wollte. Zum Schluß der Stunde teilte Florence der Klasse mit, daß sie sich zur nächsten gemeinsamen Stunde vor dem Schulschloß treffen würden. Sie mußten erst einen Platz außerhalb der Bannmauern aufsuchen, um das Apparieren zu üben. Während die Schüler aus der Klasse strömten, ließ sich Florence schwer auf einen Stuhl neben ihrem Lehrerpult fallen und seufzte. Nach dem Mittagessen hatte sie den gleichen Kampf noch einmal vor sich - diesmal mit den Ravenclaws und den Hufflepuffs. Unbemerkt betrat Severus ihr Klassenzimmer und trat an Florence heran, die gedankenverloren aus dem Fenster schaute. "Hallo Zicke!" Florence fuhr vor Schreck zusammen und starrte ihren Besucher ungläubig an. "Hallo Sturkopf!" Es war das erste Mal, daß sich die beiden seit Severus' Rückkehr allein trafen. Florence hatte den Kopf zu voll (und es war ihr unangenehm), um zu ihm in den Kerker zu kommen. Auch Severus war etwas flau im Magen - vor 10 Tagen hatte der Unterricht wieder begonnen und er hatte noch immer nicht alle Hausaufgaben, die sich in den Ferien in Filch's Büro gestapelt hatten, zu Ende korrigiert. Normalerweise hatte er für diesen Berg zum Einen mehr Zeit, zum Anderen hatte er in den letzten Tagen viel nebenher geträumt und Zeit verloren. Letztendlich hatte er sich dann aber doch dazu durchgerungen, Florence aufzusuchen. "Wie geht es dir?" "Nicht so toll. Aber ich verstehe jetzt, warum du deine Schüler manchmal bei lebendigem Leib häuten möchtest!", antwortete Florence und versuchte sich ein wenig zu entspannen, was ihr allerdings nicht gelang. "Häuten? Bei lebendigem Leib? Gute Idee... bisher waren mir nur diverse Gifte und der eine oder andere Fluch eingefallen..." Auch Severus war nervös und angespannt. "Wenn dir ein guter Fluch einfällt, teil ihn mir doch mal mit. Ich hätte im Moment jede Menge Verwendung dafür." Florence stand auf und begann die Tafel zu wischen. Unsicher, was er nun tun sollte, stand Severus eine Weile hinter ihr und beobachtete sie. Diese Frau war ihm ein Rätsel und würde es vermutlich auch bis zum jüngsten Tag bleiben. Da sie keine Anstalten machte, mit ihm zu reden, wandte er sich zur Tür und wollte das Klassenzimmer wieder verlassen, als Florence hinter ihm her rief: "Warte!" Severus hielt in der Bewegung inne und das Blut schoß ihm in die Ohren, als er sich zu Florence umdrehte. "Entschuldige, ich bin im Moment nicht so wirklich zurechnungsfähig, glaube ich...", begann Florence kleinlaut und ihre Wangen schimmerten rosa. Sie legte den Schwamm auf dem Pult neben sich ab und kam auf Severus zu. "Ich habe nur keine Ahnung, was nun werden soll..." Severus warf seine Haare zurück, bevor er heiser krächzte: "Das fragst du mich? Ich weiß es doch auch nicht." "Ich meine..", Florence machte eine hilflose Geste und blieb vor Severus stehen, "ich... ich hab dich wirklich vermisst. Die ganzen Jahre über und dann komme ich hierher und der ganze Zirkus fängt wieder von vorn an!" Severus schluckte. Das ihre Beziehung leidenschaftlich war konnte ihnen niemand absprechen, nicht einmal sie selbst. Aber sie hatte auch etwas zutiefst Zerstörerisches an sich. Diese Liebe tat weh - zwar war der Schmerz nicht immer unangenehm, aber... "Vom logischen Standpunkt aus gesehen sollten wir uns ganz weit voneinander fernhalten. Und das haben wir ja auch versucht. Und daß das nicht gut geht, haben wir ja auch gemerkt." Florence grinste und Severus verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die wohl ein angedeutetes Lächeln sein sollte. "Aber nun so zu tun, als ob nichts um uns herum wäre, um das wir uns sorgen müßten, ist auch nicht das Wahre. Wir können nicht einfach ein Paar sein, wenn um uns herum alles zusammen bricht, oder?" Florence hatte lange diese Rede geübt. Sie hatte genau das sagen wollen, was nun aus ihrem Mund kam und plötzlich verloren die Worte ihren Sinn. Klangen blutleer und theoretisch. Was würde sie tun, wenn Severus ihr zustimmte? Wäre sie dann wirklich glücklich? Severus straffte seinen Körper - er hatte genau gemerkt, was gerade vor sich ging. 'Gute Rede, Kleines... Aber so einfach kommst du mir nicht noch einmal davon!', dachte er bei sich und sagte laut: "Wenn ich dazu auch mal etwas sagen darf..." Florence war völlig aus dem Konzept und ihre Augen weiteten sich: Was würde nun kommen? Severus trat einen Schritt auf sie zu und beugte sich zu ihr hinunter: "Halt jetzt einfach mal die Klappe, ja? Du hast nämlich was bei der Sache übersehen..." Ihre Gegenwehr gegen den nun folgenden Kuß war nur schwach und unehrlich - und nicht von langer Dauer.
