Kapitel 28 - Der Anfang vom Ende
Im ersten Moment war Harry wie gelähmt. Er hielt sich mit einer Hand am Besenstiel fest, mit der anderen betastete er sein Gesicht, seine Augen - sie waren noch da, aber er war völlig blind. Panikerfüllt rief er nach seinen Mannschaftskollegen, doch von ihnen hörte ihn keiner, das Spiel war im vollen Gange - nur Madam Farstalker hörte seinen Ruf. Sie blickte kurz zur Lehrertribüne - Remus war kreideweiß im Gesicht, Severus starrte zur Slytherintribüne hinüber und Albus Dumbledore deutete ein Kopfschütteln an. Sie schaute wieder zu Harry weit über dem Spielfeld hinauf, wie er sich verzweifelt am Besen festhielt und weiter rief. "Silencio.", flüsterte sie und Harry's Rufe wurden leise. Kevin Rabanus drehte plötzlich den Kopf vom Geschehen auf dem Spielfeld weg und hinüber zur Lehrertribüne. Sein Hauslehrer Professor Snape hatte ihn fixiert und murmelte etwas. "Er ist in Gefahr. Und keiner bekommt es mit." Kevin wunderte sich über die Stimme in seinem Kopf - war das Professor Snape? "Sieh hin!" Verwirrt riß Kevin seinen Blick vom Professor weg und suchte mit Blicken das Stadion ab - bis er gut 25 Meter über den anderen Spielern Harry Potter entdeckte, der sich verzweifelt an seinem Besen festhielt. Was war da los? Kevin blinzelte und tat dann etwas, was nur konnte: er versetzte sich in Harry hinein: Kalt und windig, unsicher. Rufe von unten, Geklatsche - Stimmbänder, über die kein Ton kommt - Angst. Verzweiflung. Dunkelheit. Mit offenem Mund starrte der kleine Slytherin nach oben - in die Richtung von Harry Potter, doch er sah ihn nicht mehr - Angstschweiß brach ihm aus, seine Hände verkrampften sich... "Malfoy, Rabanus hat schon wieder einen Anfall!", schrie jemand neben ihm, doch er hörte es nicht. Draco seufzte und kletterte über die Reihen, bis er bei Kevin angekommen war: "Kevin, alles klar?" Er drückte den Erstklässler, der nach ihm gerufen hatte, zur Seite und setzte sich neben Kevin. "Hey, Kleiner! Ich rede mit dir!" Keine Reaktion. Er schüttelte Kevin kurz durch, dann hörte er den Jungen etwas murmeln. Er beugte sich vor und versucht zu verstehen, was sein Schützling tonlos von sich gab: "...hört mich denn niemand? Wo seid ihr? Ich bin blind - so helft mir doch...." Entsetzt fuhr Draco zurück: "Kevin?" Er folgte dem Blick des Jungen und entdeckte Harry Potter unsicher auf seinem Besen gekauert sitzen. "Gib mir mal dein Fernglas! Nu mach schon!", sagte er zu einem Drittklässler in der nächsten Reihe und riß es ihm fast aus der Hand. Eilig stellte er das Fernglas auf die richtige Brennweite ein und konnte Harry nun genauer betrachten, wie er hilflos auf seinem Besen saß und lautlos um Hilfe rief - seine Lippen bewegten sich synchron zu dem Gemurmel, daß Kevin von sich gab. Was immer da auch passierte, zwei Dinge wurden Draco sofort klar; erstens war Potter urplötzlich blind und zweitens Kevin besessen. Oder so etwas ähnliches, zumindest durchlebte er, was Draco's Erzfeind gerade durchmachte. Hin und her gerissen zwischen seinem alten schadenfreudigen Ich und der Sorge um seinen Schützling ließ er das Fernglas sinken. Was sollte er tun? Wenn er jetzt nichts unternahm, würde womöglich er die Schuld für den Zwischenfall bekommen, unberechtigterweise. Er schüttelte noch einmal Kevin heftig durch, doch ohne die Standardohrfeige würde er so schnell nicht wieder zurück in die Wirklichkeit kommen. Und die wollte Draco ihm nicht vor allen Schülern öffentlich geben. Er warf dem Drittklässler das geliehene Fernglas zu und stand auf - sehr zum Ärgernis der Slytherins, die hinter ihnen saßen. Draco blickte sich um - die Lehrertribüne! "Professor Snape! PROFESSOR!!!", brüllte Draco und wedelte wild mit den Armen. Severus Snape hatte das letzte Geschehen aus dem Augenwinkel verfolgt, reagierte zunächst aber nicht. "Severus, es ist gut jetzt.", flüsterte Dumbledore eindringlich und endlich kam Bewegung in den Zaubertranklehrer. Er machte ein verärgertes Gesicht (das konnte er wirklich gut) und drehte sich zur Slytherintribühne, wo Draco immer noch winkend und rufend stand. Er bedeutete Verwirrung und die Frage: "Was ist los?" Draco Malfoy deutete in die Luft, auf Harry Potter. Severus folgte den Gesten und zog seinen Blick scharf. Dann drehte er sich wieder dem jungen Malfoy zu - der hielt sich eine Hand vor die Augen und tastete mit der anderen suchend vor sich her, dann zeigte er noch einmal auf Harry. Severus nickte, stand auf und zog seinen Zauberstab: "Rem perculsam restitio!" Remus Lupin neben ihm seufzte erleichtert auf. Harry's Augenlicht kehrte schlagartig zurück, auch seine Stimme war wieder da und er hörte sich rufen: "HILFEeeee..." Unten auf dem Rasen unter ihm kläffte der große Sirius - Hund, während Madam Farstalker mit besorgtem Blick auf ihn zuflog. "Mr. Potter, was ist denn?", rief sie ihm zu, doch er winkte ab. Harry blickte über die Reihen der Zuschauer, erkannte, daß Professor Snape sich gerade auf der Lehrertribüne wieder setzte, während Draco Malfoy den Erstklässler der Slytherins, den er nun schon seit Monaten mit sich herum schleppte, heftig durchschüttelte. Und Ron und Hermine, die in der letzten Reihe der Gryffindortribüne weltvergessen am Knutschen waren. "Mr. Potter, es ist nicht witzig, nur zum Spaß um Hilfe zu rufen!", empörte sich Madam Farstalker, die nun mit ihrem Besen direkt vor ihm schwebte. "Noch so etwas, und ich ziehe Gryffindor 50 Punkte für Ihr Fehlverhalten ab!" *** "DAS NENNST DU FRIEDEN????", schrie Harry Draco an und drückte ihn am Kragen gegen eine Korridorwand. 'Typisch Potter - erst handeln, dann denken!', dachte der und versuchte den kleineren Harry abzuschütteln, doch der hatte einen eisernen Griff und aus seinen Augen stoben die Funken. "ICH HATTE NICHTS DAMIT ZU TUN!", schrie nun Draco. Harry schnaubte, lockerte aber den Griff, den Draco nun ganz abschüttelte. "Wenn der kleine Rabanus nicht wieder einen seiner Anfälle gehabt hätte, hätte ich überhaupt nichts davon mitbekommen!" Harry trug noch immer sein Quidditch - Trikot, er hatte kaum, daß das Spiel beendet war (240 zu 10 für Gryffindor), nach Malfoy gesucht, doch der hatte das Stadion schon längst verlassen. Pansy Parkinson hatte ihm widerstrebend mitgeteilt, daß Draco einen Erstklässler zum Krankenflügel bringen wollte. Auf dem Weg dorthin hatte Harry ihn geschnappt, als dieser gerade aus dem Krankensaal kam. "Wer war es dann?", fauchte Harry und Draco zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, daß einer unserer Erstkläßler einen Anfall hatte und genau das durchlebte, was dir da draußen passiert ist. Ich habe Professor Snape darauf aufmerksam gemacht und er hat diesen Zauber beendet - was auch immer das für einer war.", brachte Draco hervor. Atemlos kamen nun Ron und Hermine, gefolgt von den schnaubenden und nach Luft ringenden Crabbe und Goyle zu der Szenerie hinzu gerannt. "Was geht hier vor, Harry?", fragte Hermine gehetzt und schlitternd kamen sie und Ron bei dem ungleichen Paar zum Stehen. Doch Harry ließ Draco nicht aus den Augen und fragte: "Du sagtest, er hätte genau das gleiche erlebt?" Malfoy nickte: "Frag ihn doch selbst! Madam Pomfrey will ihn über Nacht zur Beobachtung da behalten. Sein Name ist Kevin Rabanus. Oder denkst du etwa..." Draco sah Harry mißtrauisch an, "Er ist noch ein Erstklässler! Woher sollte er so einen Fluch kennen?" Harry hatte wirklich einen Augenblick gedacht, daß es vielleicht Draco's Schützling war, angestiftet von... ja, von wem eigentlich? Malfoy war völlig entrüstet - und seltsamerweise hatte Harry das Gefühl, daß er wirklich nichts mit der Sache zu tun hatte. "Brauchst du Hilfe?", schnaubte Crabbe, der mit Goyle endlich auch bei der Gruppe angekommen war. "Darf ich die Herrschaften bitten, auseinander zu gehen?", ertönte die Stimme von Direktor Dumbledore und die Schüler zuckten zusammen. Unbemerkt hatte sich eine Gruppe von Lehrern vor dem Krankenflügel aufgebaut: die Professoren Lupin, Snape, McGonagall, Madam Farstalker, Direktor Dumbledore und der schwarze Sirius - Hund, der kurz kläffte. "Mr. Potter, Sie kommen bitte mit, der Rest geht sofort zurück in die Häuser!", schnauzte McGonagall wütend. Bis auf Harry setzten sich die Schüler sofort aber mißmutig in Bewegung, allerdings nicht ohne böse Blicke auszutauschen. Nur Draco Malfoy drehte sich noch einmal kurz zu Harry um - und feixte nicht, obwohl genau das Harry von ihm erwartet hätte. "Harry, komm bitte mit. Wir müssen dir etwas erklären, was diesen jungen Slytherin angeht...", sagte Albus Dumbledore und wies mit der Hand auf die Tür zum Krankensaal. *** Arthur Weasley saß an seinem Schreibtisch im Ministerium für Zauberei und vermisste seinen alten Aufgabenbereich. Wie gern hätte er jetzt eine Hausdurchsuchung gemacht und einen verhexten Fön gefunden - doch stattdessen wühlte er sich auch an diesem Sonntag wieder durch einen immer größer werdenden Aktenberg, der schon lange nicht mehr auf seinen Schreibtisch passte. Auf dem Boden daneben stapelten sich vier meterhohe Säulen mit Formularen und gerade eben brachte ein Bürojunge noch einen Arm voll mit Akten herbei. "Wohin damit, Sir?" Arthur seufzte und zeigte auf den Fußboden. "Irgendwohin, wo noch Platz ist, mein Junge..." Anfangs hatte Mr. Weasley diese Arbeit (Akten der neuesten Festnahmen von vermutlichen Todessern nach Dringlichkeit zur Verhandlung vorsortieren und auf Stichhaltigkeit prüfen) für reine Schikane von Minister Malfoy gehalten, doch mittlerweile wußte er, daß dem nicht so war. Gut, er hätte die eine oder andere helfende Hand schon benötigt, um dieses Chaos zu bewältigen, aber selbst wenn er Malfoy's Lieblingsmitarbeiter gewesen wäre, er hätte keine Hilfe bekommen können. Sämtliche Auroren des Ministeriums waren im Dauereinsatz um Anzeigen nachzugehen und konnten ihren Papierkrieg nicht mehr selbst bewältigen. Also wurden alle verfügbaren Kräfte mit heran gezogen - Beamte mit Kampferfahrung im Außendienst und jeder andere im Kampf mit den Formularen. Die beiden Hexen aus der Postabteilung hatten sich letzte Woche Betten in ihr Büro gestellt - damit sie gelegentlich etwas Schlaf bekamen. Ihr zu Hause hatten die beiden schon seit Wochen nur flüchtig gesehen. Arthur gähnte. Seine Frau schickte ihm dreimal täglich Errol, ihre Eule, mit einem Essenspaket. Gelegentlich knallte das altersschwache Tier sogar nicht gegen irgendetwas, aber von Tag zu Tag wurde der alte Eulerich zusehends schwächer. Wenigstens apparierte Mr. Weasley noch im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern gelegentlich nach Haus - wenn auch nur noch zum Schlafen. Als er Flügelrauschen hörte, warf er sich sofort über seine Akten und zog den Kopf ein - eine Eule war im Anflug! Aber nicht Errol, oder? Nein, das hörte sich nicht nach einer Bruchlandung an... Mr. Weasley öffnete die Augen und sah ein paar Eulenfüße auf seiner Schreibtischlampe. Er hob den Kopf und sah eine ihm unbekannte Eule, die ihm einen Brief auf den Tisch warf. "Danke...", nuschelte er und öffnete den Brief: "Lieber Arthur, herzlichen Glückwunsch zur Wiedereinstellung. Es sind bei uns leichte Komplikationen aufgetreten, die wir aber einigermaßen in den Griff bekommen haben. Allerdings muß ich Dich bitten, und alle anderen auch, sich von nun an ständig bereit zu halten, es kann jederzeit losgehen. Bitte benachrichtige Deine älteren Söhne und Deine Frau, um alles Weitere kümmern wir uns. Ich hoffe, Malfoy benimmt sich Dir gegenüber fair, herzlichste Grüße
Albus Dumbledore"
Hastig kritzelte er einige Zeilen auf die Rückseite des Blattes, das er sofort wieder in den Umschlag steckte, die Adresse durchstrich und durch 'Albus Dumbledore - privat' ersetzte, bevor er alles der Schuleule übergab: "Bring das hier bitte zurück zu Direktor Dumbledore, ja?" Die Eule flatterte durch das geöffnete Fenster davon und Arthur Weasley griff seinen Hut und Umhang - der Aktenberg würde ihm schon nicht davonlaufen. Dann verschwand er mit einem leisen plopp nach Haus - es gab noch viel zu tun und vorzubereiten! *** Florence war schlecht. Ihr Magen machte seit einigen Wochen die wildesten Kapriolen und ihr Kreislauf spielte Achterbahn. Sie wollte das heutige Treffen im Wald schnell hinter sich bringen und flog tief über die Bäume hinweg zur verabredeten Lichtung - normalerweise ging sie zu Fuß und genoß den Duft der Bäume und Gräser. Heute allerdings befürchtete sie, daß ihr der sonst so angenehme Geruch auf den Magen schlagen würde, wenn sie sich zu lang im Wald aufhielt. Und das letzte, was sie wollte war, daß die Vertreter ihrer Verbündeten sie speiend an einen Baum angelehnt vorfanden. Das würde deren Vertrauen in die eh schon riskante Angelegenheit nicht unbedingt stärken... Sie setzte auf einer großen Lichtung auf und stellte ihren Besen neben sich ab - er hielt sich von allein aufrecht - und setzte sich hin. Wie immer war sie etwas zu früh. Sie atmete tief ein und sog damit die Energie in sich auf, die sie benötigte - zu lang schon hatte darauf verzichtet. Eine Sekunde später wußte sie auch wieder, wieso: ihr Magen rumorte und ihr Kreislauf sackte ab. 'Na fein! Du dusselige Kuh bekommst heute aber auch alles wieder hin!', schalt sie sich selbst, zumal sie just in diesem Augenblick Schritte hörte. "Miß Farstalker, nehme ich an...", fragte ein grimmig aussehender Kobold und umfaßte mit beiden Händen die Kragenaufschläge seines Fracks und streckte seinen Bauch vor - eine Geste, die ihm im Bankgeschäft wohl sonst recht nützlich war, mitten im Verbotenen Wald allerdings extrem lächerlich und überheblich wirkte. "Ganz recht. Und sie sind Mr. Harvest, nicht wahr? Wie geht es meinem Konto bei Ihnen?", witzelte Florence und setzte gleich hinzu: "Entschuldigung, ich wollte das nur schon immer mal fragen, wenn ich einen Mitarbeiter von Gringotts mal irgendwo anders als hinter seinem Tresen treffe... Kann ich Ihnen einen Sitzplatz anbieten?" Der Kobold war nicht besonders amüsiert und Florence beeilte sich, aufzustehen und einige Stühle herbei zu zaubern. Nach und nach trafen die Vertreter ihrer Verbündeten ein und Florence begann, von den neuesten Entwicklungen zu berichten - natürlich nicht allzu viel, nur, daß sich die Zeichen mehrten, daß es bald beginnen würde. Und daß der Orden des Phönix sich gut vorbereitet hätte. "Nun, wenn Sie so gut vorbereitet sind, dann frage ich mich, wozu sie noch unsere Hilfe benötigen!", sagte die Vertreterin der Nymphen schnippisch und fügte hinzu: "Immerhin ist das ja wohl ein internes Problem der Zauberer und Hexen!" Ronan, der Zentaur stampfte heftig mit dem Fuß auf, um das entstandene Gemurmel zu beenden und sich Gehör zu verschaffen: "Vor 16 Jahren war Der, dessen Name nicht genannt werden darf, noch ein internes Problem der Zaubererschaft, doch nun betrifft es uns alle, auch die Muggel!" "Pffft!", schnaubte der Kobold namens Harvest, "Die Muggel! Die Hexen und Zauberer haben sich seit über tausend Jahren bemüht, ihre Existenz vor ihnen geheim zu halten. Auch jetzt sehe ich keinen Vertreter von ihnen hier..." "Natürlich nicht!", fiepste eine Lichterfee, "Was sollen Muggel auch schon gegen den Dunklen Lord ausrichten können! Wir verstecken uns doch alle vor ihnen, damit sie sich nicht erschrecken! Wir müssen sie schützen, bis sie soweit sind..." "Könn wa nich die Artenschutzverhandlung verschieben, bis Voldemort Asche is?", donnerte Nahum, der Vertreter der Riesen, und die meisten in der Runde zuckten zusammen, als er den Namen Voldemort aussprach. "Die Hexen und Zauberer haben uns früher verjagt, doch wir helfen ihnen trotzdem!" Nun ließ sich ein Vertreter der Elben vernehmen: "Wenn der Lord erst die Macht über das Reich der Zauberer übernommen hat, wird er nicht zuletzt uns jagen, die Muggel sind nur im Moment noch sein liebstes Ziel, da er noch keine Gelegenheit hatte, uns anderen aufzuspüren. Und was er mit den Vampiren alles schon angestellt hat, wissen wir!" "Jaaaa...", zischte ein Vampir, "Es ist nur eine Frage der Zeit... Wir Vampire haben Britannien schon vor zwei Jahren verlassen... Wenn der Dunkle Lord jetzt nicht gestoppt wird, sind wir ihm alle ausgeliefert... Überall..." So ging es noch eine Weile weiter, die Angst vor Voldemort war bei den meisten Vertretern der verschiedenen kleineren Rassen wohl das Hauptmotiv, sich dem Kampf des Ordens anzuschließen - allein würden sie niemals gegen die Dementoren und die Todesser bestehen können. Florence seufzte innerlich. Sie haßte diese Verhandlungen, die sich ewig in die Länge zogen und doch zu keinem Ergebnis führten, aber heute brauchte sie endlich die letzten Zusagen. Es gab keine Treffen mit allen mehr, bis zum Neumond im Juni - dem Tag, der über ihr eigenes und das Schicksal aller hier Anwesenden entscheiden würde. Außerdem ging ihr der Vertreter der Kobolde auf die Nerven, der jeden Redebeitrag mit Grimassen kommentierte. "Nun, ich glaube, daß sich die meisten von uns hier schon einig sind, doch wie sieht denn nun das Urteil der Kobolde aus?", schaltete sich Florence nun wieder ein, "Oder treffen die Gerüchte zu, daß der Lord Ihnen in einem geheimen Vertrag die Rechte auf unbehelligte Weiterexistenz versprochen hat?" Ein Raunen ging durch die Runde und Mr. Harvest, der Kobold, sprang wütend auf: "So eine Behandlung muß ich mir nicht bieten lassen!" "Nun, einige unserer Vertrauten in der Winkelgasse haben uns aber berichtet, daß vor wenigen Wochen eine Delegation von Todessern mitten in der Nacht Ihr Bankgebäude betreten hat. Und es ist doch anzunehmen, daß für eine vorwiegend auf die Verwaltung von Gold spezialisierte Rasse das Kapital, das die Todesser bei Ihnen festlegen, recht verführerisch ist, oder? Allein die Angriffe auf Muggel, die oft genug dabei geplündert werden, haben Ihrer Bank schon einiges an Einlage gebracht, nicht wahr?", sagte Florence und der Kobold vor ihr rauchte förmlich vor Wut. "Nur ist es nun einmal so, daß auf das Wort vom Dunklen Lord kein Verlass ist. Sobald er genügend Macht zu haben glaubt, wird er sich auch der Dementoren wieder entledigen, aber im Moment braucht er sie noch." Der Kobold fletschte die Zähne, doch Florence sprach ungerührt weiter: "Lord Voldemort ist ein Rassist - der größte von allen. Er sieht nur 'reinblütige' Zauberer als gleichwertig an, alle anderen wird er vernichten oder als Sklaven gebrauchen. Was bedeuten ihm da schon Kobolde, Zwerge oder Feen? Er ist eine Gefahr für alle Lebenden, die es auch weiterhin bleiben wollen!" "Die Kobolde lehnen das Bündnis mit dem Orden ab..", fauchte der Kobold und verließ wutentbrannt die Runde. 'Klasse, Florence! Wieder eine Partei weniger! Mach nur weiter so, und der Titel "Diplomatin des Jahrhunderts" wird endgültig an jemand anderen verliehen werden...', dachte sie bei sich und schaute ihren anderen Verhandlungspartnern unsicher in die Gesichter. Es war der Vertreter der Elben, der den Anfang machte: "Astaldoadarien, unsere Haltung kennst du. Nicht nur, weil du teilweise eine von uns bist, schließen wir uns eurem Kampf an. Auch die Vernunft gebietet es!", erklärte er in dem sanften Singsang, den Florence früher so oft gehört hatte und jeden Tag aufs Neue vermißte. Florence nickte ihm zu und schaute in die Runde: alle der noch Anwesenden Vertreter sagten einem kurzfristigen Bündnis mit den Hexen und Zauberern zu. Zumindest bis Voldemort vernichtet war. Die unterschiedlichen Rassen waren sonst zwar nicht im Kriegszustand miteinander, aber die offizielle Kommunikation war vor einigen Jahrhunderten, als die Muggel begannen, sich immer weiter auszubreiten, unterbrochen worden. Bis vor einigen Monaten. Florence konnte zufrieden sein mit dem Ergebnis, auch wenn die Absage der Kobolde bedeutete, auf einen starken Bündnispartner verzichten zu müssen. 'Onkel Albus wird das genügen müssen, immerhin kann ich auch nicht mehr als hexen...', dachte sie und beendete die Versammlung recht zügig - ihr war immer noch schlecht. *** Severus war nicht wohl bei der Sache, aber er mußte Flo wohl oder übel zum nächsten Unterricht mit den Siebtklässlern vor die Tore von Hogwarts gehen lassen. "Sirius ist bei ihr... Malfoy wird ihr schon nicht mehr als nötig weh tun. Voldemort bevorzugt frische Ware, stimmt's?", versuchte Remus ihn zu beruhigen, doch er erntete von seinem Gesprächspartner nur böse Blicke. Beide saßen allein im Lehrerzimmer und warteten auf ihren nächsten Unterricht. "Meinst du nicht, daß du das etwas zu locker siehst? Weder Malfoy geschweige denn Voldemort sind harmlos. Es macht ihnen Spaß, andere zu verletzen, zu quälen und letztendlich zu töten.", giftete Severus zurück. "Nun, töten werden sie sie nicht, soviel steht fest. Und was sonst geschieht, geschieht eben. Ich sehe das schon ganz klar und nicht zu harmlos. Aber Flo weiß das auch und trotzdem verkriecht sie sich nicht. Und das letzte, das sie will ist, daß wir sie jetzt überfürsorglich beschützen, nicht wahr?" Severus blieb stumm und blickte aus dem Fenster. Seit der letzten Besprechung im Verbotenen Wald hatte er einen dauerhaften Streitzustand mit Florence. Er hatte ihr vorgeworfen, daß sie zu leichtsinnig gewesen wäre und zumindest ihn hätte mitnehmen sollen. Und sie hatte ihm vorgeworfen, daß er sich wie eine Glucke benehmen würde und seine Anwesenheit von einigen ihrer Verhandlungspartner als Mißtrauen ihnen gegenüber aufgefaßt hätte werden können. Außerdem sei sie kein Kind mehr und überhaupt. Ein typischer Streit zwischen ihnen, mit fliegenden Gegenständen und allem, was dazu gehörte. Nur nicht mit einer Versöhnung. Und Severus beschlich das Gefühl, daß es noch lange dauern würde, falls überhaupt, bis sie sich wieder vertragen könnten. *** Vier Wochen lang passierte nichts, während Florence Farstalker vor den Toren Hogwarts unterrichtete. Nun ja, wenn man von einigen Mißgeschicken ihrer Schüler mal absah. Neville Longbottom beförderte sich zwar nicht nach Nebraska, aber er war schon ziemlich weit an Hogsmeade heran gekommen. Als Florence ihn schließlich fand, saß er auf einem Baum fest und schrie vor Schmerzen. Es geschah selten, daß sich jemand in etwas hinein apparierte, doch Neville hatte es geschafft: er hatte sein Bein in einen Ast hinein gezaubert, mit dem er nun verbunden war. Und das war auch der Tag, an dem sich Florence und Severus wieder etwas vertrugen. Es war ihr unmöglich, den armen Longbottom aus dem Baum hinaus zu zaubern, er mußte wieder apparieren, doch dazu war er viel zu aufgeregt. Also hatte Florence "Schnuffel" losgeschickt, um Severus zu holen - immerhin konnte der andere Personen beim Apparieren mitnehmen, gelernt bei den Todessern und nun ausnahmsweise mal nützlich. Nachdem Neville gerettet war, hatte Florence den Unterricht beendet und Severus gebeten, ihr diese Form des Apparierens noch einmal beizubringen. Die dafür angesetzte späte Abendstunde endete im Bett - was nicht hieß, daß sie sich nun nicht mehr über das alte Thema Sicherheit stritten, aber oberflächlich war es erst einmal wieder gut. "Ich würde sagen, für heute ist Schluß!", teilte Florence ihrer siebten Klasse von Ravenclaw und Hufflepuff mit und die Schüler machten sich auf den Rückweg zum Schloß. Sirius, der die ganze Zeit als "Schnuffel" dabei gewesen war, bellte kurz. "Ja doch, ich komme ja schon. Drängel nicht so...", murmelte Florence geistesabwesend und durchwühlte ihre Tasche auf dem Boden nach der Feldflasche mit Wasser - es war Anfang Juni und schon erstaunlich heiß dieses Jahr. Sie spitzte die Ohren und kurz darauf begann "Schnuffel" zu knurren. "Ja, ich weiß... Es beginnt...", sagte sie und richtete sich auf. Lucius Malfoy kam aus dem Schatten der Bäume hervor. "Es wäre besser für den Hund, wenn Sie ihn fortschicken würden, Miß Farstalker..."
Im ersten Moment war Harry wie gelähmt. Er hielt sich mit einer Hand am Besenstiel fest, mit der anderen betastete er sein Gesicht, seine Augen - sie waren noch da, aber er war völlig blind. Panikerfüllt rief er nach seinen Mannschaftskollegen, doch von ihnen hörte ihn keiner, das Spiel war im vollen Gange - nur Madam Farstalker hörte seinen Ruf. Sie blickte kurz zur Lehrertribüne - Remus war kreideweiß im Gesicht, Severus starrte zur Slytherintribüne hinüber und Albus Dumbledore deutete ein Kopfschütteln an. Sie schaute wieder zu Harry weit über dem Spielfeld hinauf, wie er sich verzweifelt am Besen festhielt und weiter rief. "Silencio.", flüsterte sie und Harry's Rufe wurden leise. Kevin Rabanus drehte plötzlich den Kopf vom Geschehen auf dem Spielfeld weg und hinüber zur Lehrertribüne. Sein Hauslehrer Professor Snape hatte ihn fixiert und murmelte etwas. "Er ist in Gefahr. Und keiner bekommt es mit." Kevin wunderte sich über die Stimme in seinem Kopf - war das Professor Snape? "Sieh hin!" Verwirrt riß Kevin seinen Blick vom Professor weg und suchte mit Blicken das Stadion ab - bis er gut 25 Meter über den anderen Spielern Harry Potter entdeckte, der sich verzweifelt an seinem Besen festhielt. Was war da los? Kevin blinzelte und tat dann etwas, was nur konnte: er versetzte sich in Harry hinein: Kalt und windig, unsicher. Rufe von unten, Geklatsche - Stimmbänder, über die kein Ton kommt - Angst. Verzweiflung. Dunkelheit. Mit offenem Mund starrte der kleine Slytherin nach oben - in die Richtung von Harry Potter, doch er sah ihn nicht mehr - Angstschweiß brach ihm aus, seine Hände verkrampften sich... "Malfoy, Rabanus hat schon wieder einen Anfall!", schrie jemand neben ihm, doch er hörte es nicht. Draco seufzte und kletterte über die Reihen, bis er bei Kevin angekommen war: "Kevin, alles klar?" Er drückte den Erstklässler, der nach ihm gerufen hatte, zur Seite und setzte sich neben Kevin. "Hey, Kleiner! Ich rede mit dir!" Keine Reaktion. Er schüttelte Kevin kurz durch, dann hörte er den Jungen etwas murmeln. Er beugte sich vor und versucht zu verstehen, was sein Schützling tonlos von sich gab: "...hört mich denn niemand? Wo seid ihr? Ich bin blind - so helft mir doch...." Entsetzt fuhr Draco zurück: "Kevin?" Er folgte dem Blick des Jungen und entdeckte Harry Potter unsicher auf seinem Besen gekauert sitzen. "Gib mir mal dein Fernglas! Nu mach schon!", sagte er zu einem Drittklässler in der nächsten Reihe und riß es ihm fast aus der Hand. Eilig stellte er das Fernglas auf die richtige Brennweite ein und konnte Harry nun genauer betrachten, wie er hilflos auf seinem Besen saß und lautlos um Hilfe rief - seine Lippen bewegten sich synchron zu dem Gemurmel, daß Kevin von sich gab. Was immer da auch passierte, zwei Dinge wurden Draco sofort klar; erstens war Potter urplötzlich blind und zweitens Kevin besessen. Oder so etwas ähnliches, zumindest durchlebte er, was Draco's Erzfeind gerade durchmachte. Hin und her gerissen zwischen seinem alten schadenfreudigen Ich und der Sorge um seinen Schützling ließ er das Fernglas sinken. Was sollte er tun? Wenn er jetzt nichts unternahm, würde womöglich er die Schuld für den Zwischenfall bekommen, unberechtigterweise. Er schüttelte noch einmal Kevin heftig durch, doch ohne die Standardohrfeige würde er so schnell nicht wieder zurück in die Wirklichkeit kommen. Und die wollte Draco ihm nicht vor allen Schülern öffentlich geben. Er warf dem Drittklässler das geliehene Fernglas zu und stand auf - sehr zum Ärgernis der Slytherins, die hinter ihnen saßen. Draco blickte sich um - die Lehrertribüne! "Professor Snape! PROFESSOR!!!", brüllte Draco und wedelte wild mit den Armen. Severus Snape hatte das letzte Geschehen aus dem Augenwinkel verfolgt, reagierte zunächst aber nicht. "Severus, es ist gut jetzt.", flüsterte Dumbledore eindringlich und endlich kam Bewegung in den Zaubertranklehrer. Er machte ein verärgertes Gesicht (das konnte er wirklich gut) und drehte sich zur Slytherintribühne, wo Draco immer noch winkend und rufend stand. Er bedeutete Verwirrung und die Frage: "Was ist los?" Draco Malfoy deutete in die Luft, auf Harry Potter. Severus folgte den Gesten und zog seinen Blick scharf. Dann drehte er sich wieder dem jungen Malfoy zu - der hielt sich eine Hand vor die Augen und tastete mit der anderen suchend vor sich her, dann zeigte er noch einmal auf Harry. Severus nickte, stand auf und zog seinen Zauberstab: "Rem perculsam restitio!" Remus Lupin neben ihm seufzte erleichtert auf. Harry's Augenlicht kehrte schlagartig zurück, auch seine Stimme war wieder da und er hörte sich rufen: "HILFEeeee..." Unten auf dem Rasen unter ihm kläffte der große Sirius - Hund, während Madam Farstalker mit besorgtem Blick auf ihn zuflog. "Mr. Potter, was ist denn?", rief sie ihm zu, doch er winkte ab. Harry blickte über die Reihen der Zuschauer, erkannte, daß Professor Snape sich gerade auf der Lehrertribüne wieder setzte, während Draco Malfoy den Erstklässler der Slytherins, den er nun schon seit Monaten mit sich herum schleppte, heftig durchschüttelte. Und Ron und Hermine, die in der letzten Reihe der Gryffindortribüne weltvergessen am Knutschen waren. "Mr. Potter, es ist nicht witzig, nur zum Spaß um Hilfe zu rufen!", empörte sich Madam Farstalker, die nun mit ihrem Besen direkt vor ihm schwebte. "Noch so etwas, und ich ziehe Gryffindor 50 Punkte für Ihr Fehlverhalten ab!" *** "DAS NENNST DU FRIEDEN????", schrie Harry Draco an und drückte ihn am Kragen gegen eine Korridorwand. 'Typisch Potter - erst handeln, dann denken!', dachte der und versuchte den kleineren Harry abzuschütteln, doch der hatte einen eisernen Griff und aus seinen Augen stoben die Funken. "ICH HATTE NICHTS DAMIT ZU TUN!", schrie nun Draco. Harry schnaubte, lockerte aber den Griff, den Draco nun ganz abschüttelte. "Wenn der kleine Rabanus nicht wieder einen seiner Anfälle gehabt hätte, hätte ich überhaupt nichts davon mitbekommen!" Harry trug noch immer sein Quidditch - Trikot, er hatte kaum, daß das Spiel beendet war (240 zu 10 für Gryffindor), nach Malfoy gesucht, doch der hatte das Stadion schon längst verlassen. Pansy Parkinson hatte ihm widerstrebend mitgeteilt, daß Draco einen Erstklässler zum Krankenflügel bringen wollte. Auf dem Weg dorthin hatte Harry ihn geschnappt, als dieser gerade aus dem Krankensaal kam. "Wer war es dann?", fauchte Harry und Draco zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, daß einer unserer Erstkläßler einen Anfall hatte und genau das durchlebte, was dir da draußen passiert ist. Ich habe Professor Snape darauf aufmerksam gemacht und er hat diesen Zauber beendet - was auch immer das für einer war.", brachte Draco hervor. Atemlos kamen nun Ron und Hermine, gefolgt von den schnaubenden und nach Luft ringenden Crabbe und Goyle zu der Szenerie hinzu gerannt. "Was geht hier vor, Harry?", fragte Hermine gehetzt und schlitternd kamen sie und Ron bei dem ungleichen Paar zum Stehen. Doch Harry ließ Draco nicht aus den Augen und fragte: "Du sagtest, er hätte genau das gleiche erlebt?" Malfoy nickte: "Frag ihn doch selbst! Madam Pomfrey will ihn über Nacht zur Beobachtung da behalten. Sein Name ist Kevin Rabanus. Oder denkst du etwa..." Draco sah Harry mißtrauisch an, "Er ist noch ein Erstklässler! Woher sollte er so einen Fluch kennen?" Harry hatte wirklich einen Augenblick gedacht, daß es vielleicht Draco's Schützling war, angestiftet von... ja, von wem eigentlich? Malfoy war völlig entrüstet - und seltsamerweise hatte Harry das Gefühl, daß er wirklich nichts mit der Sache zu tun hatte. "Brauchst du Hilfe?", schnaubte Crabbe, der mit Goyle endlich auch bei der Gruppe angekommen war. "Darf ich die Herrschaften bitten, auseinander zu gehen?", ertönte die Stimme von Direktor Dumbledore und die Schüler zuckten zusammen. Unbemerkt hatte sich eine Gruppe von Lehrern vor dem Krankenflügel aufgebaut: die Professoren Lupin, Snape, McGonagall, Madam Farstalker, Direktor Dumbledore und der schwarze Sirius - Hund, der kurz kläffte. "Mr. Potter, Sie kommen bitte mit, der Rest geht sofort zurück in die Häuser!", schnauzte McGonagall wütend. Bis auf Harry setzten sich die Schüler sofort aber mißmutig in Bewegung, allerdings nicht ohne böse Blicke auszutauschen. Nur Draco Malfoy drehte sich noch einmal kurz zu Harry um - und feixte nicht, obwohl genau das Harry von ihm erwartet hätte. "Harry, komm bitte mit. Wir müssen dir etwas erklären, was diesen jungen Slytherin angeht...", sagte Albus Dumbledore und wies mit der Hand auf die Tür zum Krankensaal. *** Arthur Weasley saß an seinem Schreibtisch im Ministerium für Zauberei und vermisste seinen alten Aufgabenbereich. Wie gern hätte er jetzt eine Hausdurchsuchung gemacht und einen verhexten Fön gefunden - doch stattdessen wühlte er sich auch an diesem Sonntag wieder durch einen immer größer werdenden Aktenberg, der schon lange nicht mehr auf seinen Schreibtisch passte. Auf dem Boden daneben stapelten sich vier meterhohe Säulen mit Formularen und gerade eben brachte ein Bürojunge noch einen Arm voll mit Akten herbei. "Wohin damit, Sir?" Arthur seufzte und zeigte auf den Fußboden. "Irgendwohin, wo noch Platz ist, mein Junge..." Anfangs hatte Mr. Weasley diese Arbeit (Akten der neuesten Festnahmen von vermutlichen Todessern nach Dringlichkeit zur Verhandlung vorsortieren und auf Stichhaltigkeit prüfen) für reine Schikane von Minister Malfoy gehalten, doch mittlerweile wußte er, daß dem nicht so war. Gut, er hätte die eine oder andere helfende Hand schon benötigt, um dieses Chaos zu bewältigen, aber selbst wenn er Malfoy's Lieblingsmitarbeiter gewesen wäre, er hätte keine Hilfe bekommen können. Sämtliche Auroren des Ministeriums waren im Dauereinsatz um Anzeigen nachzugehen und konnten ihren Papierkrieg nicht mehr selbst bewältigen. Also wurden alle verfügbaren Kräfte mit heran gezogen - Beamte mit Kampferfahrung im Außendienst und jeder andere im Kampf mit den Formularen. Die beiden Hexen aus der Postabteilung hatten sich letzte Woche Betten in ihr Büro gestellt - damit sie gelegentlich etwas Schlaf bekamen. Ihr zu Hause hatten die beiden schon seit Wochen nur flüchtig gesehen. Arthur gähnte. Seine Frau schickte ihm dreimal täglich Errol, ihre Eule, mit einem Essenspaket. Gelegentlich knallte das altersschwache Tier sogar nicht gegen irgendetwas, aber von Tag zu Tag wurde der alte Eulerich zusehends schwächer. Wenigstens apparierte Mr. Weasley noch im Gegensatz zu anderen Mitarbeitern gelegentlich nach Haus - wenn auch nur noch zum Schlafen. Als er Flügelrauschen hörte, warf er sich sofort über seine Akten und zog den Kopf ein - eine Eule war im Anflug! Aber nicht Errol, oder? Nein, das hörte sich nicht nach einer Bruchlandung an... Mr. Weasley öffnete die Augen und sah ein paar Eulenfüße auf seiner Schreibtischlampe. Er hob den Kopf und sah eine ihm unbekannte Eule, die ihm einen Brief auf den Tisch warf. "Danke...", nuschelte er und öffnete den Brief: "Lieber Arthur, herzlichen Glückwunsch zur Wiedereinstellung. Es sind bei uns leichte Komplikationen aufgetreten, die wir aber einigermaßen in den Griff bekommen haben. Allerdings muß ich Dich bitten, und alle anderen auch, sich von nun an ständig bereit zu halten, es kann jederzeit losgehen. Bitte benachrichtige Deine älteren Söhne und Deine Frau, um alles Weitere kümmern wir uns. Ich hoffe, Malfoy benimmt sich Dir gegenüber fair, herzlichste Grüße
Albus Dumbledore"
Hastig kritzelte er einige Zeilen auf die Rückseite des Blattes, das er sofort wieder in den Umschlag steckte, die Adresse durchstrich und durch 'Albus Dumbledore - privat' ersetzte, bevor er alles der Schuleule übergab: "Bring das hier bitte zurück zu Direktor Dumbledore, ja?" Die Eule flatterte durch das geöffnete Fenster davon und Arthur Weasley griff seinen Hut und Umhang - der Aktenberg würde ihm schon nicht davonlaufen. Dann verschwand er mit einem leisen plopp nach Haus - es gab noch viel zu tun und vorzubereiten! *** Florence war schlecht. Ihr Magen machte seit einigen Wochen die wildesten Kapriolen und ihr Kreislauf spielte Achterbahn. Sie wollte das heutige Treffen im Wald schnell hinter sich bringen und flog tief über die Bäume hinweg zur verabredeten Lichtung - normalerweise ging sie zu Fuß und genoß den Duft der Bäume und Gräser. Heute allerdings befürchtete sie, daß ihr der sonst so angenehme Geruch auf den Magen schlagen würde, wenn sie sich zu lang im Wald aufhielt. Und das letzte, was sie wollte war, daß die Vertreter ihrer Verbündeten sie speiend an einen Baum angelehnt vorfanden. Das würde deren Vertrauen in die eh schon riskante Angelegenheit nicht unbedingt stärken... Sie setzte auf einer großen Lichtung auf und stellte ihren Besen neben sich ab - er hielt sich von allein aufrecht - und setzte sich hin. Wie immer war sie etwas zu früh. Sie atmete tief ein und sog damit die Energie in sich auf, die sie benötigte - zu lang schon hatte darauf verzichtet. Eine Sekunde später wußte sie auch wieder, wieso: ihr Magen rumorte und ihr Kreislauf sackte ab. 'Na fein! Du dusselige Kuh bekommst heute aber auch alles wieder hin!', schalt sie sich selbst, zumal sie just in diesem Augenblick Schritte hörte. "Miß Farstalker, nehme ich an...", fragte ein grimmig aussehender Kobold und umfaßte mit beiden Händen die Kragenaufschläge seines Fracks und streckte seinen Bauch vor - eine Geste, die ihm im Bankgeschäft wohl sonst recht nützlich war, mitten im Verbotenen Wald allerdings extrem lächerlich und überheblich wirkte. "Ganz recht. Und sie sind Mr. Harvest, nicht wahr? Wie geht es meinem Konto bei Ihnen?", witzelte Florence und setzte gleich hinzu: "Entschuldigung, ich wollte das nur schon immer mal fragen, wenn ich einen Mitarbeiter von Gringotts mal irgendwo anders als hinter seinem Tresen treffe... Kann ich Ihnen einen Sitzplatz anbieten?" Der Kobold war nicht besonders amüsiert und Florence beeilte sich, aufzustehen und einige Stühle herbei zu zaubern. Nach und nach trafen die Vertreter ihrer Verbündeten ein und Florence begann, von den neuesten Entwicklungen zu berichten - natürlich nicht allzu viel, nur, daß sich die Zeichen mehrten, daß es bald beginnen würde. Und daß der Orden des Phönix sich gut vorbereitet hätte. "Nun, wenn Sie so gut vorbereitet sind, dann frage ich mich, wozu sie noch unsere Hilfe benötigen!", sagte die Vertreterin der Nymphen schnippisch und fügte hinzu: "Immerhin ist das ja wohl ein internes Problem der Zauberer und Hexen!" Ronan, der Zentaur stampfte heftig mit dem Fuß auf, um das entstandene Gemurmel zu beenden und sich Gehör zu verschaffen: "Vor 16 Jahren war Der, dessen Name nicht genannt werden darf, noch ein internes Problem der Zaubererschaft, doch nun betrifft es uns alle, auch die Muggel!" "Pffft!", schnaubte der Kobold namens Harvest, "Die Muggel! Die Hexen und Zauberer haben sich seit über tausend Jahren bemüht, ihre Existenz vor ihnen geheim zu halten. Auch jetzt sehe ich keinen Vertreter von ihnen hier..." "Natürlich nicht!", fiepste eine Lichterfee, "Was sollen Muggel auch schon gegen den Dunklen Lord ausrichten können! Wir verstecken uns doch alle vor ihnen, damit sie sich nicht erschrecken! Wir müssen sie schützen, bis sie soweit sind..." "Könn wa nich die Artenschutzverhandlung verschieben, bis Voldemort Asche is?", donnerte Nahum, der Vertreter der Riesen, und die meisten in der Runde zuckten zusammen, als er den Namen Voldemort aussprach. "Die Hexen und Zauberer haben uns früher verjagt, doch wir helfen ihnen trotzdem!" Nun ließ sich ein Vertreter der Elben vernehmen: "Wenn der Lord erst die Macht über das Reich der Zauberer übernommen hat, wird er nicht zuletzt uns jagen, die Muggel sind nur im Moment noch sein liebstes Ziel, da er noch keine Gelegenheit hatte, uns anderen aufzuspüren. Und was er mit den Vampiren alles schon angestellt hat, wissen wir!" "Jaaaa...", zischte ein Vampir, "Es ist nur eine Frage der Zeit... Wir Vampire haben Britannien schon vor zwei Jahren verlassen... Wenn der Dunkle Lord jetzt nicht gestoppt wird, sind wir ihm alle ausgeliefert... Überall..." So ging es noch eine Weile weiter, die Angst vor Voldemort war bei den meisten Vertretern der verschiedenen kleineren Rassen wohl das Hauptmotiv, sich dem Kampf des Ordens anzuschließen - allein würden sie niemals gegen die Dementoren und die Todesser bestehen können. Florence seufzte innerlich. Sie haßte diese Verhandlungen, die sich ewig in die Länge zogen und doch zu keinem Ergebnis führten, aber heute brauchte sie endlich die letzten Zusagen. Es gab keine Treffen mit allen mehr, bis zum Neumond im Juni - dem Tag, der über ihr eigenes und das Schicksal aller hier Anwesenden entscheiden würde. Außerdem ging ihr der Vertreter der Kobolde auf die Nerven, der jeden Redebeitrag mit Grimassen kommentierte. "Nun, ich glaube, daß sich die meisten von uns hier schon einig sind, doch wie sieht denn nun das Urteil der Kobolde aus?", schaltete sich Florence nun wieder ein, "Oder treffen die Gerüchte zu, daß der Lord Ihnen in einem geheimen Vertrag die Rechte auf unbehelligte Weiterexistenz versprochen hat?" Ein Raunen ging durch die Runde und Mr. Harvest, der Kobold, sprang wütend auf: "So eine Behandlung muß ich mir nicht bieten lassen!" "Nun, einige unserer Vertrauten in der Winkelgasse haben uns aber berichtet, daß vor wenigen Wochen eine Delegation von Todessern mitten in der Nacht Ihr Bankgebäude betreten hat. Und es ist doch anzunehmen, daß für eine vorwiegend auf die Verwaltung von Gold spezialisierte Rasse das Kapital, das die Todesser bei Ihnen festlegen, recht verführerisch ist, oder? Allein die Angriffe auf Muggel, die oft genug dabei geplündert werden, haben Ihrer Bank schon einiges an Einlage gebracht, nicht wahr?", sagte Florence und der Kobold vor ihr rauchte förmlich vor Wut. "Nur ist es nun einmal so, daß auf das Wort vom Dunklen Lord kein Verlass ist. Sobald er genügend Macht zu haben glaubt, wird er sich auch der Dementoren wieder entledigen, aber im Moment braucht er sie noch." Der Kobold fletschte die Zähne, doch Florence sprach ungerührt weiter: "Lord Voldemort ist ein Rassist - der größte von allen. Er sieht nur 'reinblütige' Zauberer als gleichwertig an, alle anderen wird er vernichten oder als Sklaven gebrauchen. Was bedeuten ihm da schon Kobolde, Zwerge oder Feen? Er ist eine Gefahr für alle Lebenden, die es auch weiterhin bleiben wollen!" "Die Kobolde lehnen das Bündnis mit dem Orden ab..", fauchte der Kobold und verließ wutentbrannt die Runde. 'Klasse, Florence! Wieder eine Partei weniger! Mach nur weiter so, und der Titel "Diplomatin des Jahrhunderts" wird endgültig an jemand anderen verliehen werden...', dachte sie bei sich und schaute ihren anderen Verhandlungspartnern unsicher in die Gesichter. Es war der Vertreter der Elben, der den Anfang machte: "Astaldoadarien, unsere Haltung kennst du. Nicht nur, weil du teilweise eine von uns bist, schließen wir uns eurem Kampf an. Auch die Vernunft gebietet es!", erklärte er in dem sanften Singsang, den Florence früher so oft gehört hatte und jeden Tag aufs Neue vermißte. Florence nickte ihm zu und schaute in die Runde: alle der noch Anwesenden Vertreter sagten einem kurzfristigen Bündnis mit den Hexen und Zauberern zu. Zumindest bis Voldemort vernichtet war. Die unterschiedlichen Rassen waren sonst zwar nicht im Kriegszustand miteinander, aber die offizielle Kommunikation war vor einigen Jahrhunderten, als die Muggel begannen, sich immer weiter auszubreiten, unterbrochen worden. Bis vor einigen Monaten. Florence konnte zufrieden sein mit dem Ergebnis, auch wenn die Absage der Kobolde bedeutete, auf einen starken Bündnispartner verzichten zu müssen. 'Onkel Albus wird das genügen müssen, immerhin kann ich auch nicht mehr als hexen...', dachte sie und beendete die Versammlung recht zügig - ihr war immer noch schlecht. *** Severus war nicht wohl bei der Sache, aber er mußte Flo wohl oder übel zum nächsten Unterricht mit den Siebtklässlern vor die Tore von Hogwarts gehen lassen. "Sirius ist bei ihr... Malfoy wird ihr schon nicht mehr als nötig weh tun. Voldemort bevorzugt frische Ware, stimmt's?", versuchte Remus ihn zu beruhigen, doch er erntete von seinem Gesprächspartner nur böse Blicke. Beide saßen allein im Lehrerzimmer und warteten auf ihren nächsten Unterricht. "Meinst du nicht, daß du das etwas zu locker siehst? Weder Malfoy geschweige denn Voldemort sind harmlos. Es macht ihnen Spaß, andere zu verletzen, zu quälen und letztendlich zu töten.", giftete Severus zurück. "Nun, töten werden sie sie nicht, soviel steht fest. Und was sonst geschieht, geschieht eben. Ich sehe das schon ganz klar und nicht zu harmlos. Aber Flo weiß das auch und trotzdem verkriecht sie sich nicht. Und das letzte, das sie will ist, daß wir sie jetzt überfürsorglich beschützen, nicht wahr?" Severus blieb stumm und blickte aus dem Fenster. Seit der letzten Besprechung im Verbotenen Wald hatte er einen dauerhaften Streitzustand mit Florence. Er hatte ihr vorgeworfen, daß sie zu leichtsinnig gewesen wäre und zumindest ihn hätte mitnehmen sollen. Und sie hatte ihm vorgeworfen, daß er sich wie eine Glucke benehmen würde und seine Anwesenheit von einigen ihrer Verhandlungspartner als Mißtrauen ihnen gegenüber aufgefaßt hätte werden können. Außerdem sei sie kein Kind mehr und überhaupt. Ein typischer Streit zwischen ihnen, mit fliegenden Gegenständen und allem, was dazu gehörte. Nur nicht mit einer Versöhnung. Und Severus beschlich das Gefühl, daß es noch lange dauern würde, falls überhaupt, bis sie sich wieder vertragen könnten. *** Vier Wochen lang passierte nichts, während Florence Farstalker vor den Toren Hogwarts unterrichtete. Nun ja, wenn man von einigen Mißgeschicken ihrer Schüler mal absah. Neville Longbottom beförderte sich zwar nicht nach Nebraska, aber er war schon ziemlich weit an Hogsmeade heran gekommen. Als Florence ihn schließlich fand, saß er auf einem Baum fest und schrie vor Schmerzen. Es geschah selten, daß sich jemand in etwas hinein apparierte, doch Neville hatte es geschafft: er hatte sein Bein in einen Ast hinein gezaubert, mit dem er nun verbunden war. Und das war auch der Tag, an dem sich Florence und Severus wieder etwas vertrugen. Es war ihr unmöglich, den armen Longbottom aus dem Baum hinaus zu zaubern, er mußte wieder apparieren, doch dazu war er viel zu aufgeregt. Also hatte Florence "Schnuffel" losgeschickt, um Severus zu holen - immerhin konnte der andere Personen beim Apparieren mitnehmen, gelernt bei den Todessern und nun ausnahmsweise mal nützlich. Nachdem Neville gerettet war, hatte Florence den Unterricht beendet und Severus gebeten, ihr diese Form des Apparierens noch einmal beizubringen. Die dafür angesetzte späte Abendstunde endete im Bett - was nicht hieß, daß sie sich nun nicht mehr über das alte Thema Sicherheit stritten, aber oberflächlich war es erst einmal wieder gut. "Ich würde sagen, für heute ist Schluß!", teilte Florence ihrer siebten Klasse von Ravenclaw und Hufflepuff mit und die Schüler machten sich auf den Rückweg zum Schloß. Sirius, der die ganze Zeit als "Schnuffel" dabei gewesen war, bellte kurz. "Ja doch, ich komme ja schon. Drängel nicht so...", murmelte Florence geistesabwesend und durchwühlte ihre Tasche auf dem Boden nach der Feldflasche mit Wasser - es war Anfang Juni und schon erstaunlich heiß dieses Jahr. Sie spitzte die Ohren und kurz darauf begann "Schnuffel" zu knurren. "Ja, ich weiß... Es beginnt...", sagte sie und richtete sich auf. Lucius Malfoy kam aus dem Schatten der Bäume hervor. "Es wäre besser für den Hund, wenn Sie ihn fortschicken würden, Miß Farstalker..."
