Kapitel 29 - Die Tore der Hölle

Ich habe lange überlegt, wie ich es schaffen könnte, alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen. Bisher war es mir möglich, die Erinnerungen aller zu einem einheitlichen Bild miteinander zu verweben, doch in den letzten 2 Wochen vor und besonderes während unseres Kampfes gegen Voldemort geschah soviel gleichzeitig, daß mir dies nicht gelingen wollte. Ich habe mich entschlossen, die persönlichen Erinnerungen aller in halbwegs chronologischer Reihenfolge in ihrem nicht überarbeitetem Zustand hinzuzufügen - soweit die betreffenden Personen noch in der Lage waren, mir etwas mitzuteilen. Vielleicht hätte ich früher beginnen sollen mit meiner Niederschrift, aber in den Jahren nach Voldemorts endgültiger Vernichtung geschah zu Vieles, was meiner Aufmerksamkeit bedurfte. Eine der Erinnerungen, die mir besonders schmerzhaft fehlt ist die meiner langjährigen Freundin und Vertrauten Minerva McGonagall, die vor 2 Jahren starb. Und doch war es genau der Zeitpunkt ihrer Beerdigung, der mich in die Lage versetzte, die ersten Aussagen aufzunehmen. Denn dort waren wir alle wieder zusammen gekommen, um Abschied zu nehmen und uns zu erinnern. Ein Jahr lang reiste ich durch die Welt um alle noch lebenden Mitstreiter des Ordens ausfindig zu machen und ihre Erinnerungen festzuhalten. Ein weiteres Jahr habe ich für die Niederschrift gebraucht, doch nun, verehrte Leserschaft, sollt Ihr lesen, was damals wirklich geschah.

Albus Dumbledore, ehemaliger Schulleiter von Hogwarts - Schule für Hexerei und Zauberei

"In der schwersten Stunde der Elbe muß der Dunkle aus dem Schatten treten und den Weg der Kämpfer des Lichts bereiten oder aber die Dunkelheit senkt sich für immer über uns."

Prophezeiung der Zentauren

Florence Farstalker (Astaldoadarien der Elben) Es hatte mich immer vor dem Moment gegraust, in dem ich wieder zu Voldemort gebracht werden würde. Daß Severus es sein würde, der es tun sollte, gab mir zumindest zeitweise ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen, doch als Voldemort seine Pläne änderte und Lucius Malfoy schickte, wurde ich gelinde ausgedrückt besorgt. Panisch trifft es eher. Doch als der Moment gekommen war, blieb ich erstaunlich ruhig. Irgendwie war ich auch erleichtert, nicht mehr warten zu müssen, fast mein ganzes Leben hatte ich schließlich damit verbracht und mich vorbereitet. Als Lucius Malfoy vor mir stand und Sirius in seiner Animagi-Gestalt endlich außer Reichweite war, mußte ich unwillkürlich lächeln. "Schon wieder Sie! Hat Voldemort sonst keinen anderen Laufburschen?" "Nun, als 'Laufburschen' sehe ich mich nun nicht gerade - eher als einen Gesandten. Ich hoffe, Sie haben nicht vor, sich zu wehren? Ich würde gern auf Gewalt verzichten - heute ist es einfach zu heiß dafür...", antwortete mir mein Gegenüber und ich hatte das unbestimmte Gefühl, daß er nervöser war als ich in den gesamten letzten Wochen. "Nein, ich denke, das würde nicht allzu viel bringen. Schließlich haben wir alle unsere Aufgabe in diesem Spiel zu erfüllen, nicht war?", fragte ich und das Lächeln verging mir. "Es ist interessant, daß Sie diese Angelegenheit als ein Spiel betrachten. Ich frage mich, ob Ihnen der Ernst der Situation überhaupt bewußt ist!", meinte Malfoy und nahm mir meinen Zauberstab ab. Er warf ihn achtlos zu meiner Tasche und bedeutete mir, zu den Bäumen hinüber zu gehen, wo er vor einigen Augenblicken hervorgetreten war. "Ich bin mir durchaus völlig darüber im Klaren, was hier gerade geschieht - und was in den nächsten Tagen geschehen wird. Es ist alles vorherbestimmt, Mr. Malfoy. Nur die Details liegen in unserer Macht - bis zu einem gewissen Punkt natürlich nur.", antwortete ich und er zog mich am Arm, damit ich stehenblieb. "Wie schön, daß Sie so vernünftig sind, Miß Farstalker. Mein Lord hat mir zwar die Erlaubnis gegeben, mit Ihnen nach Gutdünken umzugehen, aber wie gesagt, ich verzichte gern auf unnötige Gewalt bei diesem Wetter." Er zog mich an sich und machte sich bereit zum Apparieren, doch meine große Klappe konnte ich in diesem Moment natürlich mal wieder nicht halten: "Erstaunlich - ich hätte nicht gedacht, daß ich mal mit meinem Entführer über das Wetter unterhalten würde..."

Sirius Black

Ich wollte nicht gehen und Florence mit diesem Handlanger Voldemorts allein lassen, aber natürlich mußte ich es tun. Ich zögerte etwas und sie drohte mir einen Fußtritt an, wenn ich mich nicht sofort verziehen würde. Seit unserem Wiedersehen einige Monate vorher hat mich meine alte Schulfreundin ständig überrascht und auch in diesem Moment war es wieder so: sie war so außerordentlich gefaßt und ruhig, als wäre Lucius Malfoy nur ein Bekannter aus der Nachbarschaft, der sie zum Tee einladen wollte. Ich ging, doch nicht allzu weit - ich versteckte mich in meiner Gestalt als "Schnuffel" in einem nahen Gebüsch und beobachtete, wie Malfoy und Florence sich 'kultiviert' unterhielten, bevor er ihr den Zauberstab abnahm und sie in den Schatten einiger naher Bäume brachte. Dort verschwanden sie und ich rannte hinüber zu ihrer Tasche, um sie und den Zauberstab ins Schloß zu bringen. Ich rannte so schnell ich konnte mit Florence' Sachen im Maul zum Schulschloß und wußte plötzlich nicht mehr, an wen ich mich denn nun wenden sollte. Ich entschloß mich für meinen Freund Remus, der noch unterrichtete --Florence beendete die letzten Nachmittagsstunden meistens früher, wenn sie mit ihrem Stoff bereits durch war. Remus hatte die Neigung, seine Stunden gern mal etwas zu überziehen - ich hätte ihn als Schüler dafür gehaßt, um ehrlich zu sein. Ich raste in seine Klasse, warf ihm die Sachen vor die Füße und bellte ohrenbetäubend. Remus stopfte einen Moorgnom zurück in seinen Käfig und entließ seine Schüler augenblicklich. "S.. Schnuffel - wann? Eben? Oh mein Gott..." Er sackte in sich zusammen und ließ sich auf einen Stuhl fallen. "Wir gehen besser gleich zu Dumbledore - oder nein, ich gehe vor und du holst Severus." Ich kläffte zur Antwort und rannte hinunter in die Kerker. Das letzte, was ich wollte, war nun auch noch derjenige zu sein, der Severus Snape von Flo's Entführung zu berichten, aber irgendwer mußte es ja nun tun. Ich bellte vor seiner Bürotür, bis er öffnete. Er hatte wohl geahnt, worum es ging, denn er war bleich wie eine Wand und folgte mir ohne zu zögern zum Büro des Direktors.

Albus Dumbledore

Wir waren alle entsetzt. Ich glaube, niemand aber war so derartig erschüttert wie Severus, was jedoch nur zu verständlich war. Immerhin wurde er nun schon zum dritten Mal von Florence getrennt und nun standen wir endgültig am Scheideweg. Wir stürzten uns alle sofort in die Arbeit und unterrichteten unsere Verbündeten, daß nun der Zeitpunkt des Handelns kurz bevor stand. Alles lief wie geplant und Hogwarts brummte wie ein Bienenstock - ständig flatterten Eulen ein und aus, Besucher kamen und gingen und dennoch schafften es meine Lehrkräfte, die Examina zum Schuljahresende schreiben zu lassen. Madam Hooch brach kurzfristig ihre Studienreise ab und übernahm den Unterricht meiner Nichte. Natürlich bekamen auch die Schüler etwas von dem Treiben mit - erstens sind Kinder nicht dumm und zweitens waren unsere Aktivitäten kaum zu übersehen. Wir hatten noch knapp zwei Wochen bis zum Neumond am 29. Juni. Remus Lupin hatte sich kaum vom Vollmond erholt, als Florence von Lucius Malfoy entführt wurde, aber er stürzte sich sofort mit Harry Potter auf die letzten Lektionen in Angriffszaubern. Sorgen bereiteten mir in diesen Wochen nicht nur meine Lehrer und Schüler, sondern vor allem unsere Bündnispartner - einige wollten nur mit Florence sprechen, andere waren mit Hagrid und Minerva McGonagall als Ersatz zufrieden. Arthur und Molly Weasley mit ihren ältesten Söhne waren für uns eine unglaubliche Stütze - Organisationstalent und unerschütterlicher Optimismus waren schon immer die größte Stärke der Weasleys. Doch Severus konnten auch sie nicht beruhigen, geschweige denn aufheitern. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst, bis wir endlich zuschlagen konnten.

Florence Farstalker (Astaldoadarien der Elben) Ich weiß nicht mehr, wie lang ich in diesem Kerker angekettet saß, bis sich Voldemort endlich einmal bequemte, mich aufzusuchen. Mein Zeitgefühl war völlig durcheinander, außerdem wurde ich öfter ohnmächtig. Mein Kreislauf wurde immer wirrer. Mit diesen dummen Ketten an Händen und Füßen konnte ich nicht einmal mehr als zwei Schritte gehen und nach einiger Zeit wurde mir schon schwarz vor Augen, wenn ich nur versuchte, von meiner Pritsche aufzustehen. Bis auf diese Freiheitsberaubung wurde ich nicht weiter mißhandelt. Lucius Malfoy kam sogar einige Male vorbei und brachte mir Wasser oder dünne Suppe. Die Unterhaltungen, die wir dann führten, waren in den Worten recht gewählt - allerdings war der Inhalt des Gesagten nicht wirklich nett. Trotzdem waren mir seine Besuche im Laufe der Tage zu einem recht amüsanten Zeitvertreib geworden - ich konnte dann endlich mal wieder mein Hirn zu sarkastischen Höchstleistungen anregen. Es ist seltsam, aber ich glaube, bei den Muggeln gibt es dafür einen Ausdruck - "Stockholm-Syndrom" oder so, wenn Entführte mit ihren Entführern sympathisieren... Nun, Sympathie war es nicht unbedingt, aber ich verlor meine letzte Angst vor Malfoy. Ich hatte vor ihm eigentlich immer mehr Angst gehabt als vor Voldemort, vielleicht, weil Malfoy für mich immer noch ein Mensch war, kein abstraktes Monstrum. Und daß die Abgründe einer menschlichen Seele bodenlos sein können, wußte ich schon länger aus meinen Erfahrungen mit Severus. Severus - ich zwang mich ständig, nicht an ihn zu denken. Ich wußte, er würde weit mehr leiden als ich - für mich war es die Erfüllung meines Schicksals - so oder so. Als Voldemort mich das erste Mal aufsuchte, war ich entsetzt. Ich hatte ihn schon früher "getroffen" - damals war er noch ein Mensch und ich jung und relativ unerfahren im Kampf gegen Todesser - nun aber hatte er fast nichts mehr an sich, daß ich im Nachhinein als menschlich bezeichnen würde. "Ahhh... Meine Braut!", begrüßte er mich. "Ahhh... Das Monstrum!", entgegnete ich - ich verfluche meine große Klappe! - und kostete einen Cruciatusfluch. Danach muß ich kurz weggetreten sein, denn das nächste, an das ich mich erinnere, war ein Gespräch zwischen Voldemort und einer Frau auf dem Gang vor meiner Zelle. "... und warum soll der Giftmischer nicht kommen?", fragte Voldemort. "Er könnte uns Schwierigkeiten machen - er ist wankelmütig, mein Gebieter... Ich kann ihn kaum erkennen in der Zukunft...", antwortete die Frau, die wohl seine Beraterin sein mußte. "Aber er könnte sie bei Bewußtsein halten! Ich will mit ihr reden!" Ich überlegte kurz, ob ich ihn herein rufen sollte oder nicht. Er nahm mir die Entscheidung ab und kam von selbst in meinen Kerker. "So, da bist du ja wieder! Ich denke, wir haben noch einiges zu besprechen!", sagte er und grinste mich an. Unnötig zu erwähnen, daß ich nicht halb so erpicht auf dieses Gespräch war wie er.

Arthur Weasley

Die Tage vor der "Großen Schlacht", wie viele unsere Auseinandersetzung mit Sie - wissen - schon - wem nennen, waren gleichzeitig hektisch und quälend lang. Mit meiner Frau und meinen Söhnen war ich die ganze Zeit damit beschäftigt, auch noch die letzten unserer Leute zu sammeln - außerdem hielt Albus Dumbledore es für angebracht, ein Auge auf Gringotts und die Kobolde gerichtet zu halten. Durch Professor Lupin's Besuche in der Winkelgasse hatten wir dort viele neue Informanten gewonnen, die diese Aufgabe erfüllen konnten, schwieriger war es, unsere Auroren zu erreichen. Alastor Moody hatte in den vergangenen drei Jahren viel Zeit damit verbracht, die Mitarbeiter des Ministeriums zu überprüfen, zum Teil mit erschreckenden Ergebnissen. Mindestens 8 unserer Auroren standen unter dem Imperiumsfluch - ausgesprochen wahrscheinlich von Lucius Malfoy, doch sicher waren wir uns nicht. Mein Sohn Bill war durch seine Arbeit als Fluchbrecher in Ägypten geradezu prädestiniert für die Aufgabe, diesen Mitarbeitern den Kopf wieder gerade zu rücken, auch wenn er sonst mehr mit verfluchten Gegenständen und Räumlichkeiten zu tun hatte. Unterstützt wurde er von Alastor, den ich seitdem meinen Freund nenne. Charlie arbeitete Hand in Hand mit Hagrid, wenn ich auch anfangs nicht so recht wußte, was die beiden eigentlich trieben, meine Zwillinge arbeiteten unter Hochdruck an den erforderlich Ablenkungsmaßnahmen, die wir brauchten, um die Todesser zu verwirren. Meine Frau war die gute Seele des Ganzen - ich glaube, es gab in den Tagen vor der Entscheidung niemanden, der nicht von ihr aufgemuntert wurde, wenn man einmal von Professor Snape absieht. Und ich? Ja, ich glaube, ich habe in diesen hektischen Tagen mit jedem einzelnen Mitarbeiter des Ministeriums unter vier Augen gesprochen und eine Eule nach der nächsten nach Hogwarts und den Rest von Britannien geschickt - und natürlich die Antworten bearbeitet. Eine Zeitlang sah unsere Haus aus wie eine Eulerei, ohne Frage. Erstaunlich, daß meine Frau sich nicht über den Eulendreck beschwerte.

Harry Potter

Nachdem Madam Farstalker entführt worden war, fiel der Unterricht für mich völlig aus. Ich hätte mich darüber freuen können, wenn ich nicht stattdessen 12 Stunden täglich mit Professor Lupin trainiert hätte. Meine Freunde Ron und Hermine sah ich kaum noch, meinen Paten Sirius nur noch, wenn er Professor Lupin bei meinem Training unterstützte. Bis zum Schluß wußte ich nicht, welche Rolle ich in dem Kampf gegen Voldemort spielen sollte, auch wenn mir schon klar war, daß es eine wichtige sein mußte. Und das war mir ziemlich unangenehm. Als ich noch bei den Dursleys war, wollte ich etwas Besonderes sein, doch nachdem ich nach Hogwarts kam, wollte ich nichts mehr, als ein normales Leben als Zauberschüler zu führen. Wenn ich gewußt hätte, was für einen Wirbel das Ganze auch in den nächsten Jahren verursachen würde, hätte ich mich wahrscheinlich irgendwo verkrochen, aber das war leider unmöglich.

Severus Snape

Ich wünschte, ich hätte mehr tun können für Albus, aber ich war zuerst wie gelähmt. Es dauerte Tage, bis ich mich an den Vorbereitungen beteiligen konnte und selbst dann schwirrten etliche Leute um mich herum und versuchten, mich aufzumuntern. Als ob ich jemals lächelnd irgendetwas getan hätte, also wirklich! Ich glaube, ich war ziemlich gereizt, sogar mehr als sonst, denn andernfalls hätten mich Minerva und Albus nicht so offensichtlich abgeschirmt. Manchmal fühlte ich mich wie ein hochexplosives Ei, das unbedingt lächeln sollte. Die einzigen, mit denen ich halbwegs normal umgehen konnte, waren der junge Malfoy und der kleine Kevin. Beide taten mir Leid, mehr als ich mir selbst...

Draco Malfoy

Wenn ich geahnt hätte, was Direktor Dumbledore und die Lehrer in Hogwarts ausheckten, dann... Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich dann getan hätte. Vielleicht wäre ich von Kevin nicht so genervt gewesen. Oder ich wäre nicht so oft zu Professor Snape gegangen. Zumindest aber hätte ich nicht versucht, Harry Potter zu einer Antwort zu zwingen. Ich erwischte Potter zwei Tage vor der Großen Schlacht, als er gerade aus einem unbenutzten Klassenraum kam, und er sah ziemlich geschafft aus. "Potter!", rief ich und ging auf ihn zu. "Ich bin nicht in der Stimmung, mit dir zu reden, Malfoy!", fauchte er mich an, doch ich ließ nicht locker: "Du schuldest mir noch eine Antwort! Die Zeit wird knapp und ich will das endlich geregelt haben!" "Malfoy, ich habe im Moment echt anderes im Kopf. Aber wenn du unbedingt willst: es ist mir egal. Du bist mir egal. Laß nur endlich mich und meine Freunde in Ruhe!", sagte er und stapfte davon. Zuerst war ich verwirrt, dann wurde ich allmählich wütend. Ich stand in diesem Korridor und hätte platzen können vor Wut. Ich hatte ihm Frieden angeboten und Potter benahm sich so! Blind vor Wut rannte ich los und wollte zurück in unseren Gemeinschaftsraum, als ich Lavender Brown von den Füßen riss. Ich sah sie einfach nicht, als ich um die Ecke bog und das nächste, an das ich mich erinnere war ihr Schrei und wie wir beide auf dem Boden lagen. "Aua!", heulte sie und hielt sich die Schulter, an der ich sie gerammt hatte. "Es... es tut mir Leid, habe ich dich verletzt?", stammelte ich und meine Wut war verflogen. "Ich weiß nicht - nein, ich glaube nicht.", sagte sie, "Du könntest aber das nächste Mal wirklich etwas mehr aufpassen, Malfoy!" "Was machst du eigentlich hier? Solltest du nicht in eurem Turm sein?", fragte ich sie und half ihr auf. Mit Worten hat sie mir nie auf diese Frage geantwortet, und das war irgendwann auch nicht mehr nötig. Ich ahnte es irgendwie schon damals. Bevor ich mich jedoch mit Lavender weiter beschäftigen konnte, beschäftigte mich vor allem Kevin Rabanus. Es war der Tag der Großen Schlacht, ein Sonntag, als ich früh morgens aufwachte und Kevin an meinem Bett stand und weinte. Er war damals in der ersten Klasse von Hogwarts und litt oft unter Albträumen und Krampfanfällen. Professor Snape hatte mich gebeten, mich besonders um ihn zu kümmern, doch manchmal wurde mir das alles zu viel. Ich selbst hatte nie Geschwister und Kevin sah mich irgendwie als seinen großen Bruder an. Ich hätte mich vielleicht etwas geehrter gefühlt, wenn ich gewußt hätte, welche Verantwortung ich damit übernommen hatte. Fakt jedoch ist, daß ich gegen Mittag genug hatte und Kevin, der immer noch heulte und sich an mich klammerte, zu Professor Snape schleppte. "Professor Snape, ich kann nicht mehr! Morgen ist zwar der letzte Schultag, aber bis dahin halte ich das nicht mehr aus!", sagte ich und schob Kevin von mir weg. "Ich denke, das brauchen Sie auch nicht mehr, Mr. Malfoy. Ich danke Ihnen für Ihre Mühen, doch nun werde ich Mr. Rabanus zu Direktor Dumbledore bringen. Sie können gehen.", sagte Professor Snape und entließ mich. Zuerst war ich erleichtert, doch dann begann ich zu zweifeln.

Severus Snape

Draco Malfoy brachte den letzten Stein ins Rollen. Als er mir Kevin Rabanus brachte, wußte ich, daß es nun an der Zeit war, zu handeln. Ich brachte unseren kleinen Seher zu Albus und wartete ab, was nun geschehen würde. Der Direktor hatte bereits die wichtigsten Leute des Ordens in seinem Büro versammelt, nur Harry Potter fehlte noch. Der kleine Junge an meiner Hand hatte sein Weinen gegen ein ungläubiges Staunen eingetauscht und folgte mir still mit aufgerissenem Mund. Als ich mich setzte, blieb er stehen und fixierte Albus, der noch einige Papiere studierte, äußerst intensiv. "Was haben Sie mit mir vor, Sir?", fragte er mich urplötzlich und ich konnte ihm zunächst nichts entgegnen. Ich wußte zwar, daß der Junge ein Seher war (und wahrscheinlich hätte jedes Kind, daß zu so einer Veranstaltung wie der, die gerade in dem Büro des Direktors stattfand, dasselbe gefragt), aber ich war verwundert und erschrocken zugleich. Was sollte ich antworten? Remus Lupin kam mir zuvor: "Wir brauchen deine Hilfe, Kevin." In den nächsten Minuten weihte mein Kollege und Freund den Jungen halbwegs in unseren Plan ein, den wir monatelang (Albus sogar jahrelang) geheimgehalten hatten - doch Geheimhaltung war nun nichts mehr, was wirklich noch von großem Interesse für unsere Runde war. Die Würfel waren gefallen und was immer jetzt auch geschehen würde, würde geschehen. Der Orden war nicht mehr aufzuhalten. Sollten wir versagen, wäre da immer noch Florence, die die Pläne Voldemorts vereiteln konnte. Und sollte auch sie versagen, würde uns, die wir an diesem Tag in diesem Raum waren, das Nachfolgende wahrscheinlich eh nicht mehr betreffen. Wir würden die Nacht einfach nicht überleben.

Remus Lupin

Als Harry endlich das Büro von Direktor Dumbledore betrat, war die Anspannung im Raum kaum noch zu ertragen. Ich weiß noch, daß ich mir wünschte, Sirius wäre da. Doch der war bereits vor einigen Tagen auf eine Mission gegangen, von der wir nur hoffen konnten, daß sie bis zum Abend erfolgreich beendet sein würde. Mit Sirius hatte ich zu jenem Zeitpunkt bereits einige Jahre zusammen gewohnt und wir waren oft genug aneinander geraten, dennoch war er mein Freund, und einen Freund brauchte ich gerade. Mit Severus war in diesen Tagen kaum ein Gespräch möglich - meistens schwebte er blass und schweigsam um uns herum - und erst sehr viel später sollte ich erfahren, wieviel Selbstbeherrschung er seinerzeit aufbrachte. Natürlich sah man ihm die Anspannung an, umso erstaunter war ich, wie gefasst er bei diesem letzten Treffen vor der "Schlacht" war. Ich hingegen muß gewirkt haben wie ein unter Strom gesetztes Kaninchen, denn Mrs. Weasley drängte mir in abwechselnder Reihenfolge Tee und Kekse auf. Hatte ich Harry genug vorbereitet? Ich wußte es nicht und machte mir schwerste Vorwürfe, immer wieder fielen mir noch einige Zauber und Flüche ein, die jedoch unter der Flut von Tee und Keksen begraben wurden. Mrs. Weasley wußte wohl so ziemlich genau, daß ich Harry noch bis zum letzten Moment mit meinen Ratschlägen bombardiert hätte, daher die Zwangsfütterung. Wie gut, daß Sirius nicht da war...

Harry Potter

Ich konnte nicht anders, als meinen Freunden Ron und Hermine von den bevorstehenden Ereignissen zu erzählen. Ich war es ihnen schuldig. Natürlich erzählte ich ihnen nicht alles - dafür war an diesem Tag zu wenig Zeit, bis Professor McGonagall mich ins Büro des Direktors rufen ließ - dennoch sollten sie wissen, was in ungefähr geschehen würde. Beide waren sie entsetzt - Hermine weinte und Ron war zum ersten (und wohl auch letzten) Mal in seinem Leben völlig mundtot. Von Hermine hätte ich erwartet, daß sie mir entweder erzählt, daß alles viel zu gefährlich sei oder mir Ratschläge gegeben hätte, die sich im Nachhinein (wie sonst üblich) als nützlich erwiesen hätten. Doch sie weinte nur, sehr zu meinem Erstaunen. Ron's Reaktion bereitete mir mehr Kopfzerbrechen. Später gestand er mir, daß er in genau diesem Augenblick endlich seine Ahnungen seine Familie betreffend bestätigt sah - und die fürchterliche Vision gehabt hätte, daß sie alle an diesem Tag hätten sterben können. Alle bis auf ihn und Ginny. Wie gut, daß seine Prophezeiungen genauso unzutreffend waren, wie jene, die Professor Trelawney meistens von sich gab. Auf dem Weg in das Büro von Direktor Dumbledore fiel seltsamerweise sämtliche Nervosität und Anspannung von mir ab. Es war endlich soweit. Wie in Trance betrat ich das Büro, begrüßte alle Anwesenden des Ordens und wartete auf meinen Einsatz.

Florence Farstalker (Astaldoadarien der Elben) Ich war mittlerweile ziemlich geschwächt, woran der bevorstehende Neumond sein Übriges tat, doch ich war trotz allem irgendwie in der Lage, meinen Platz bei der Zeremonie selbst einzunehmen. Ich glaube, ich muß auf die Todesser gewirkt haben wie ein trotziges kleines Kind, daß sich zwar kaum selbst auf den Beinen halten konnte, aber dennoch schwankend und immer wieder umknickend auf die Klippe mit dem Basaltaltar trat. Es war anders, als ich erwartet hatte. Zunächst war nur der "Inner Circle" anwesend, als ich auf dem Altar festgebunden wurde. Der Stein war weder kalt noch warm - oder ich hatte das Gefühl dafür verloren - und Voldemort hielt seine letzte große Ansprache. Ich dämmerte vor mich hin, bis ich vom aufbrausenden Gemurmel der Anwesenden aus meiner Lethargie geschreckt wurde: ich hörte eine mir nur zu vertraute Stimme und wußte wieder, daß ich nicht allein war - Severus war in den Kreis eingetreten und brachte Harry Potter mit. Es gab einige heftige Wortwechsel, bis Voldemort Harry als Opfer für die Zeremonie zuließ und Severus sich bei den anwesenden Todessern einreihen konnte. Es war Voldemorts Beraterin, die höchst eindringlich darauf bestand, Harry nach Vollzug der "Hochzeit" zu opfern - was meine schlimmsten Befürchtungen hinsichtlich ihrer Bösartigkeit weit übertraf.

Sirius Black

Wenn ich noch einmal hätte wählen können, ich hätte mich zu allem anderen, nur nie wieder zu einer Aktion wie dieser bereit gefunden. Daß Hagrid einen Faible für Monster, insbesondere Drachen, hatte, wußten wir alle ja schon seit Ewigkeiten, daß seine Verwandten, die Riesen, allerdings noch verrückter in dieser Sache waren, hätte ich zumindest ahnen können. Ich habe mir nie viel aus Drachen gemacht und wenn mir vorher jemand erzählt hätte, daß ich einmal auf einem reiten würde, festgeklammert an einen Halbriesen, der einen Norwegischen Stachelrücken namens Norbert mit Grölen und Juchzen vorwärtstrieb, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Charlie Weasley ging es wohl nicht anders, denn er wirkte an Madam Maxime geklammert auch nicht besonders glücklich. Er war es gewesen, der die Drachen aus dem rumänischen Reservat, in dem er arbeitete, den Riesen zur Verfügung gestellt hatte - und diese hatten die monströsen Tiere innerhalb kürzester Zeit gezähmt und eingeritten. Wir hatten den ersten Ritt nach Wales bereits vor ein paar Tagen hinter uns gebracht und warteten nun in einem Versteck auf eine Nachricht von Albus Dumbledore. Wir nahmen alle an, daß Voldemort die Zeremonie in der Nähe seines "Anwesens" durchführen wollte, von dem wir nur wußten, daß es irgendwo in Wales sein mußte - und wir lagen richtig. Als die Expresseule von Dumbledore kam, dauerte es nur wenige Minuten, ehe über 300 Drachen mit ihren Reitern in der Luft waren - ein unglaublicher Anblick!

Albus Dumbledore

Wir warteten noch eine Weile, nachdem Severus mit Harry disappariert war und als feststand, daß sie nicht wieder zu unserem Treffpunkt im Verbotenen Wald zurückkehren würden, bat ich Kevin, sich auf Harry zu konzentrieren. Und er machte das ganz hervorragend. Es dauerte nur einige Minuten, dann konnte er uns sagen, wo sich Harry und (zu meiner Erleichterung) auch Severus befanden. Die Zeremonie fand tatsächlich an einem alten Kultort in Wales statt, den wir bereits vor Monaten lokalisiert hatten - Minerva McGonagall und Sybill Trelawney hatten wochenlang die alten Bücher und Aufzeichnungen durchstöbert und waren letztendlich fündig geworden - dennoch bestand ein nicht geringes Restrisiko, daß Voldemort sich für einen anderen Ort entschieden hätte. So aber hatten wir unsere Verbündeten bereits einigermaßen in Stellung gebracht und konnten sie nun per Expresseule benachrichtigen. Wir, die wir uns in Hogwarts getroffen hatten, brachen ebenfalls sofort auf und apparierten in der Nähe. Alastor Moody wagte sich am Weitesten vor und beobachtete die Szenerie, während sich auf der Klippe immer mehr Todesser einfanden. Es war eine für uns und unser Vorhaben äußerst ungünstige Lokalität, da wir uns kaum irgendwo verstecken konnten. Die Küste war rauh und kahl, nur wenige Hügel und Felsen erhoben sich aus der Landschaft und die Dämmerung würde erst kurz vor dem wichtigen Zeitpunkt einsetzen - mit anderen Worten: wir saßen ziemlich auf dem Präsentierteller.

Severus Snape

Ich hätte schreien können, doch ich mußte mich beherrschen, als ich Florence dort auf dem Altar liegen sah. Sie hatten sie in ein weißes Kleid gesteckt und mit verschiedenen Kräutern geschmückt, doch das half alles nicht über die Tatsache hinweg, daß sie unglaublich elend aussah. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch davon überzeugt, daß sie krank und schwach war, doch ich irrte mich gewaltig. Voldemort mißtraute mir, auch wenn er Harry Potter als willkommene Beigabe begrüßte und mir einen Platz bei der Zeremonie im Kreise seiner engsten Vertrauten einräumen mußte. Lucius Malfoy stand einige Meter von mir entfernt, sehr nahe beim Altar ich und hätte nicht sagen können, was in seinem Kopf vor sich ging. Er schien weder besonders furchtsam noch besonders erfreut über die bevorstehende Zeremonie - so weit ich seine Körperhaltung deuten konnte. Immer wieder tastete ich nach dem Zauberstab, den ich Harry abgenommen und in den Tiefen meines Umhangs versteckt hatte, meinen eigenen hielt ich bereits fest umklammert und war bereit, loszuschlagen.

Harry Potter

Zwei Todesser hielten mich fest, die Arme auf den Rücken gebogen und ich wartete, was nun geschehen würde. Die Beraterin von Voldemort schritt nervös vor mir auf und ab, blickte immer wieder abwechselnd zu Madam Farstalker und ihrem Meister, schüttelte den Kopf und beobachtete den Stand der Sonne. Es war wohl schon weit nach acht Uhr abends, als Voldemort endlich seine Rede schloss und sich dem Altar zuwendete. Auf der Klippe hatten sich einige hundert, wenn nicht sogar Tausende Todesser und Dementoren eingefunden und ich bekam es langsam aber sicher mit der Angst zu tun - hatte der Orden überhaupt genügend Kämpfer für diese "Schlacht"? Ein schriller Schrei ließ mich zusammenfahren und brachte Bewegung in dieses Horrorszenario. Voldemorts Beraterin hatte Madam Farstalker auf dem Altar untersucht und plötzlich geschrien: "Mein Lord, die Halbelbe kann kein Kind von Euch empfangen! SIE IST BEREITS SCHWANGER!" "WAS?", brüllte Lord Voldemort und stieß seine Beraterin zur Seite, wobei ihr die Maske verrutschte - und ich vor Schreck wie gelähmt war. "Wer war das? Wieso wußtest du nichts davon?", zischte der Dunkle Lord sie an und diese wies auf Professor Snape, der ziemlich erschrocken aussah. Und dann brach die Hölle los.

Florence Farstalker (Astaldoadarien der Elben) Ich hatte den Gesang meiner elbischen Verwandten bereits einige Minuten zuvor vernommen, doch als Voldemort bewußt wurde, daß er von Severus weit mehr betrogen worden war, als er vermutete, mußten ihn auch alle anderen auf der Klippe vernommen haben können, denn er wurde ständig lauter. Und er stärkte mich. Ich lachte laut auf und begann, mitzusingen. Der Gesang veränderte den Lauf der Sterne und alles - wirklich alles - veränderte sich.

Severus Snape

Ich weiß nicht, wer erschrockener war: Voldemort oder ich. Florence war also schwanger - und wenn ich das richtig sah, von mir. Das war also ihr letzter Trumpf - und ich wieder nur Spielball in einer Partie, die Dumbledore zusammen mit Florence gegen Voldemort spielte. Glaubte ich in diesem Moment wenigstens. Alle Augen richteten sich auf mich, nur nicht die von Lucius Malfoy - der starrte unentwegt auf den Potterjungen. Ich war unentschlossen und Malfoy war es auch, doch die Ankunft der Armee der Riesen aus der Luft, das Drachenfeuer, das Teile der Klippe versengte, das Geschrei und die Flüche hinter mir - all dies holte mich zurück in die Gegenwart. "Malfoy!", brüllte ich und dieser reagierte endlich. "Avada Kedavra!", rief er und einer von Potter's Wächtern brach tot zusammen, während ich nach dem verborgenen Zauberstab suchte und Potter zuwarf - nur er konnte Voldemort endgültig töten.

Albus Dumbledore

Ich war schon damals alt und hatte bis zu dahin wenig wirklich gute Ideen gehabt, auch nach der "Großen Schlacht" hatte ich nur wenige davon - aber uns als Todesser unter die Menge zu mischen, war mit Sicherheit eine meiner besten. Als ich sah, wie viele Anhänger von Lord Voldemort sich zu diesem besonderen Anlaß versammelten wußte ich, daß ihr Oberhaupt wahrscheinlich selbst nicht mehr die Schar seiner Anhängerschaft einschätzen konnte. Und manchmal sind die simpelsten Ideen einfach die genialsten - ohne Frage! Als wir uns enttarnten, hatten wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite - wir waren mitten unter ihnen und konnten sie betäuben, während oben auf der Klippe am Altar ein ganz anderer Kampf stattfand.

Remus Lupin

Der Gesang der Elben veränderte den Lauf der Gestirne für einige Stunden und statt Neumond wurde es an diesem Abend in Wales Vollmond. Ich verwandelte mich in einen Werwolf und hetzte durch die Reihen der Kämpfer, wobei ich mich wahrscheinlich, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, über die Konstellation der Ordenskämpfer gewundert hätte. Wann hat man schon die Gelegenheit mitzuerleben, wie ein Schwarm Lichterfeen auf eine Horde Dementoren losgeht? Oder wie Drachen von Riesen geritten werden? Als ich am Altar ankam, war Peter Pettigrew bereits tot. Voldemort selbst hatte ihn getötet, nachdem Peter einen Wächter von Harry beseitigt hatte, wie mir Harry später berichtete. Ich beachtete das Geschehen nicht weiter und kümmerte mich vor allem darum, die Fesseln von Florence zu zerbeißen, die immer noch gefesselt auf dem Altar lag. Severus war in einen Kampf mit seinen alten Schulfreunden, den Lestranges verwickelt, die trotz der Jahre in Askaban nichts an ihrer Gefährlichkeit eingebüßt hatten. Voldemort selbst kämpfte mit Harry, der sich tapfer schlug. Und mittendrin stand völlig tatenlos Lucius Malfoy - fast, als wäre er zu einer Salzsäule erstarrt.

Florence Farstalker (Astaldoadarien der Elben) Nachdem Remus mich befreit hatte, sammelte ich meine letzten Kraftreserven und versuchte mich zu konzentrieren, was bei dem Lärm um mich herum nicht allzu einfach war. Sirius war inzwischen zusammen mit Hagrid gelandet und kämpfte sich durch die Reihen zu und durch, während Harry Potter verzweifelt die Flüche, die vor allem von Voldemort und seiner Beraterin auf ihn einprasselten, abwehrte. "Remus, kümmere dich um die Beraterin!", rief ich und Remus sprang sofort davon. Für den Moment war ich in Sicherheit - wenn man mal davon absah, daß um mich herum die Hölle los war und die Tore der tatsächlichen Hölle (einer Art Paralleldimension) sich zu öffnen begannen. Mir und meinen Verwandten, den Elben, fiel die Aufgabe zu, dieses mit aller Macht zu verhindern - und die größte Macht, die wir besitzen, liegt in unseren Liedern und unserem Gefühl für die Abläufe der Natur. Es ist schwer, etwas Genaueres dazu zu sagen, da es sich hierbei um eine reine Gefühlssache handelt - entweder man spürt die Kräfte oder eben nicht. Nur durch die Veränderung der Gestirnsabläufe hatte mein Volk die Macht, die Dämonen aufzuhalten - und viele zahlten dennoch mit ihrem Leben dafür. Manchmal frage ich mich, ob die Muggel überhaupt wissen, in was für einer Gefahr sie schwebten...

Harry Potter

Bevor Professor Lupin sich um die Beraterin kümmerte, hatte sie mich mehrfach erwischt - und ich war dankbar dafür, daß sie ebenso schlecht zauberte wie sie kochte. Als Voldemort ihr versehentlich die Maske vom Gesicht riss, hatte ich es irgendwie schon gewußt, daß es Tante Petunia war. Niemand sonst konnte so bösartig darauf bedacht sein, mich zu töten - außer Voldemort selbst. Sie hatte auch magische Fähigkeiten und, wie sich herausstellte, schon vor Jahren an sich entdeckt und war dennoch ein Spätzünder. Ihr ganzer Neid auf meine Mutter - ihre Schwester, und auf mich... Ich sah, wie Sirius, Hagrid und Dumbledore versuchten, zu mir durchzukommen, während ich die wutentbrannten Angriffe von Voldemort abwehrte - und ich sah auch, wie Hagrid an einen Dementor geriet und den Kuß erhielt - ich sah meinen Freund innerlich sterben und wie mein Pate Sirius den "Mörder" in Rauch und Flammen aufgehen ließ. Ich sah, wie Professor Snape angeschlagen taumelte und verbissen mit zwei Todessern kämpfte, während die Drachen über uns kreisten und ihr Feuer vor allem auf die Dementoren spien. Und plötzlich hatte ich die einzige Chance, Voldemort zu töten und ich nutzte sie.

Die "Große Schlacht" dauerte vielleicht nicht länger als eine Stunde, aber manchmal kann eine Stunde länger sein, als ein ganzer Tag. In den Jahren danach fragte ich mich immer wieder, ob ich das Entscheidende wirklich übersehen konnte - oder ob die Prophezeiung überhaupt stimmte. "In der schwersten Stunde der Elbe muß der Dunkle aus dem Schatten treten und den Weg der Kämpfer des Lichts bereiten oder aber die Dunkelheit senkt sich für immer über uns." Wer war nun eigentlich der Dunkle? Severus Snape war mit Sicherheit derjenige, der Harry Potter zu Voldemort brachte und uns damit ermöglichte, sie zu lokalisieren. Außerdem der Vater eines damals noch ungeborenen Kindes, daß Voldemorts letzte Möglichkeit auf Unsterblichkeit verhinderte - ein Schachzug, den sich Florence allein ausgedacht hatte - und dem ich wahrscheinlich nie zugestimmt hätte. Der Streit mit Severus war schon vorprogrammiert, aber daran waren die beiden ja inzwischen gewöhnt... irgendwie... Sirius Black hatte einige nicht weniger dunkle Wesenszüge an sich - auch er hätte nicht gezögert, Peter Pettigrew damals zu töten - er saß in der Dunkelheit von Askaban und brachte die Drachen und Riesen zu der Entscheidungsschlacht - unserem Signal für den Angriff. Nach dem Kampf auf der Klippe wurde er vollständig rehabilitiert und konnte endlich offiziell seine Pflichten als Harry Potter's Pate erfüllen. Peter Pettigrew, ein Todesser aus Opportunismus tötete aus freien Stücken den zweiten Wächter von Harry, damit dieser gegen Voldemort ungehindert antreten konnte. Remus Lupin ist ein Werwolf, der die dunklen Wesenszüge seiner Art mittels eines Zaubertranks (den bezeichnenderweise Severus Snape meisterhaft herstellt) überwinden und meine Nichte Florence befreien konnte, da er bei klarem Verstand war. Und er bezwang Voldemorts engste Vertraute und Beraterin, Petunia Dursley, die aus reinem Neid auf Harry's Mutter und ihre Fähigkeiten nichts unversucht gelassen hatte, ihren Neffen zu vernichten. (Sie war es, die damals der Hauselfe Winky den Trank gab, der Florence in Trance versetzte und während des Fluchsturms in größte Gefahr brachte.) Und dann war da noch Lucius Malfoy, der Voldemort im entscheidenden Moment angriff und damit ablenkte, so daß Harry Potter ihn vernichten konnte. 'Lucius' bedeutet: "der Lichte" - vielleicht war er damit gemeint? Er wußte, daß er die Liebe seiner Frau und seines Sohnes verloren hatte und doch war er bereit, für sie zu sterben. Er war Voldemorts letztes Opfer - und stellte gleichzeitig die Ehre seiner Familie wieder her. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, daß sie es alle waren - und wir auch, mich eingeschlossen. Ja, ich glaube, diese Prophezeiung sagt, daß alles verloren ist, solang wir nicht bereit sind, gelegentlich über unseren Schatten zu springen und uns allen Umständen zum Trotz - manchmal auch unter Gefahr für unser eigenes Leben - dazu entschließen müssen, die Seite des Guten zu wählen. Denn schließlich sind es immer unsere Entscheidungen, nicht unsere Fähigkeiten, die uns zeigen, wer wir sind und was möglich ist.

Albus Dumbledore, ehemaliger Schulleiter von Hogwarts - Schule für Hexerei und Zauberei