Titel: Rape me
Teil: 21-26
Autor: Shinigami und Koryu
E-Mail: Louis_Angel@gmx.net und koryu@gmx.at
Warnung: violence, language, confusion (nicht unbedingt alles in diesem Teil)
Fandom: Reality
Rating: PG-16
Inhalt: Chris entdeckt auf dem Weg zur Uni Otoko, der bewusstlos am Boden liegt, und hilft ihm. Und genau das stellt sich als großer Fehler heraus, wie er später lernen muss.

21.

Nachdem Otoko sich die Haare gewaschen und sie sich von Chris trocken föhnen hatte lassen, war er wieder ins Bett gesunken. Er war nicht mehr müde, aber er wollte Chris auch nicht stören, deshalb schwieg er, biss es draußen langsam dunkel wurde. "......Chris....? Bist du nicht müde von dem g-ganzen Lernen?"

Gerade wollte Chris den Kopf schütteln, doch dann musste er gähnen. "Na ja, ein bisschen.", antwortete er mit einem leichten Grinsen. "Aber ich brauche auch nicht mehr lange."

"Was musst du denn m-machen....?", erkundigte sich der blonde Junge und beugte sich ein wenig aus dem Bett.

"Na ja, die ganzen psychologischen Theorien, die Grundannahmen, das Menschenbild und die verschiedenen Fachbegriffe. Es geht um ganz verschiedene Bereiche. Manche beschäftigen sich mit dem Lernen, manche mit der Kommunikation und so weiter." Er klappte sein Buch zu. "Aber ich habe jetzt auch keine Lust mehr."

Leicht eingeschüchtert zog sich Otoko zurück. "I-ich wollte d-dich nicht n-nerven..."

"Du nervst mich nicht. Ich habe nur keine Lust mehr zum Lernen." Er wollte gerade noch etwas sagen, als Schritte auf dem Gang zu hören waren. "Mom?" Doch weiter kam er nicht, denn gleich darauf wurde die Tür geöffnet.

Mit einem erleichterten Seufzen trat seine Mutter in sein Zimmer. "Chris... Ich bin so froh dich endlich wieder bei mir zu haben.... Das heute Mittag konnte man ja wohl kaum als Wiedersehen bezeichnen....", sagte sie und umarmte ihren Sohn erst einmal. Sie hatte Otoko noch nicht bemerkt, denn der hatte sich schleunigst unter der Decke verkrochen und wagte es nun kaum noch zu atmen.

Chris ließ es mit einem leicht gequältem Lächeln über sich ergehen. Er überlegte, ob er seiner Mutter etwas von Otoko sagen sollte. Natürlich nicht, wer er wirklich war, doch dass er hier war, sollte er ihr vielleicht nicht verheimlichen. Oder doch?

Seine Mutter ließ ihn erst nach einer Minute wieder frei. Mit einem mütterlich kritischen Blick musterte sie ihren Sohn. "Nun erzähl schon.... War es schlimm? Ich hab dich schrecklich vermisst..." Sie lächelte Chris warm an und steuerte auf Chris' Bett zu, weil es in Chris' Zimmer keine anderen Sitzgelegenheiten gab.

"Es ging eigentlich." Da bemerkte er, dass sie Otoko gleich entdecken würde. Besser, wenn er ihr es so sagte, sonst wurde sie noch misstrauisch. "Ähm, Mom, da solltest du dich nicht hinsetzen." Er deutete auf Otoko. "Du zerquetscht sonst meinen Freund."

Verwundert blickte seine Mutter auf den Jungen in Chris Bett. "D-deinen Freund? Oh... Ich habe dich gar nicht bemerkt...", sagte sich entschuldigend und hielt Otoko die Hand hin. "Freut mich, dich kennen zu lernen, mein Name ist Juliette." //Was macht einer von Chris' Freunden in seinem Bett.....?// Noch immer musterte sie Otoko eindringlich, dem das überhaupt nicht angenehm war.

"M-mein Name i-ist O-otoko...", brachte dieser hervor und schüttelte Juliettes Hand.

//Jetzt hält sie mich für pervers.// "Otoko schläft heute Nacht bei uns, weil... er Ärger mit seinen Eltern hat."

"Mit deinen Eltern?" Erst nun fielen Juliette die bläulichen Stellen in Otokos Gesicht auf. "Haben sie dich etwa geschlagen?", fragte sie entsetzt.

Hilflos wandten sich die eisblauen Augen an Chris. "N-nein... es..."

//Vielleicht war die Idee doch nicht so gut...// "Ich denke, es ist besser, wenn wir das Thema einfach lassen, ok?" Irgendwie hatte er ein schlechtes Gewissen, wenn er seine Mutter anlog. Aber er konnte ihr doch nicht die Wahrheit sagen. Chris ging zu Otoko und seiner Mutter und setzte sich neben dem Jungen aufs Bett. "Es geht ihm schon viel besser, ich hab sogar gekocht. Also mach dir keine Sorgen, ja?"

//Wieso reagiert er auf einmal so? Ist da etwa noch mehr dahinter?// Schweigend betrachtete Juliette ihren Sohn. "...Wenn.... ihr Probleme habt, dann sagte es bitte gleich, ok?"

"Klar." //Ich kann es nicht, so leid es mir tut.// Er versuchte sie anzulächeln, doch er scheiterte daran. "Na ja... Ich denke, wir werden dann schlafen gehen... Morgen gehe ich noch mal zu Neal, ich muss ja erst am Dienstag zur Uni."

Seufzend wandte sich seine Mutter ab. "Ok... Dann schlaft gut, ihr beiden...." Sie drehte noch einmal lächelnd den Kopf zu ihnen und schloss dann die Türe hinter sich.

Mit einem leisen Seufzen ließ sich Chris mit dem Oberkörper zurück auf sein Bett fallen. "Das wäre geschafft..."

Unsicher streckte Otoko seine Hand aus und strich Chris' sanft durchs Haar. "...M-macht es i-ihr n-nichts aus?"

"Ich denke, nicht. Sie wird sich zwar sonst etwas denken, aber das ist jetzt egal." Gähnend streckte Chris sich. "Hm... Bin ich froh, wieder in einem weichen Bett schlafen zu können."

Otoko nickte und machte sich daran aus dem Bett zu klettern. Doch bevor er auf beiden Beinen stand, knickte er ein und fiel zu Boden. Er stöhnte gepresst auf und krallte seine Finger in seinen linken Unterschenkel.

Sofort kniete Chris neben ihm. "Was ist passiert?" Vorsichtig half er dem anderen, sich wieder langsam aufzurichten.

Krampfhaft schüttelte Otoko den Kopf. Chris' Hilfeversuche machten alles nur noch schlimmer. "...W-wo..... i-ist mein..... M-mantel...?!"

"Wieso willst du das wissen?" Dann wurde es Chris klar. "Hey Otoko, sag jetzt nicht, dass du dir etwas spritzen willst!" Chris' Stimme hatte einen flehenden Unterton und er hoffte, dass er Otoko so dazu bewegen konnte, es zu lassen.

Otoko griff nach Chris' Arm und hielt ihn fast schmerzhaft fest. "Wo?!", knurrte der zerbrechliche Junge schon fast.

"Otoko! Lass den Scheiß, hörst du?!" Er war erstaunt darüber, dass Otoko noch so viel Kraft hatte. Es würde wieder Streit geben, doch Chris wollte nicht, dass der andere sich etwas spritzte. Nicht schon wieder.

Die ersten Schweißperlen bildeten sich auf Otokos Haut. "A-aber es tut w-weh, verdammt!!"

"Bleib ruhig, bitte." Chris stand auf, zog Otoko in die Höhe und drückte ihn auf sein Bett. "Ich helfe dir, das hier durchzustehen, ok?"

Verzweifelt sah Otoko zu Chris hoch. "A-aber C-chris... I-ich w-werde s-schreien!! I-ich kann d-das nicht.... D-deine Mutter.... B-bitte.... Gib mir den Mantel!"

//Mist! Dann würde sie gleich kommen...// "Otoko, verdammt! Ich versuche dir zu helfen!" Immer noch drückte er den anderen mit seinem Gewicht nach unten, doch nun hatte er keine Hand mehr frei, um Otoko am schreien zu hindern.

Keuchend wand sich der blonde Junge unter Chris. "B-bitte..... hnn.... Es tut weh!! Nur ein k-kleines bisschen!"

"Komm schon... Ich kann doch nicht so liegen bleiben..." Schon fast verzweifelt suchte Chris nach einer Lösung für das Problem, doch außer Otoko niederzuschlagen fiel ihm nichts ein. Und das wollte er beim besten Willen nicht.

Der beißende Schmerz in Otokos Bein machte ihn wahnsinnig und er kaute auf seiner Unterlippe, bis sie zu bluten begann.

//Scheiße! Ich muss die Tür abschließen und ihn irgendwie zum Schweigen bringen. Sei doch still... Bitte...//

Als Otoko es wirklich nicht mehr aushielt, bäumte er sich auf und stöhnte schmerzerfüllt. "....M-mein Bein! Bitte..... hör auf! Hör auf! Hör auf!!!"

Sofort drückte Chris ihn wieder zurück. //Was mache ich nur, was mache ich nur? Verdammt! Dann eben das.// Schnell presste er seine Lippen auf Otokos und versuchte, die Laute, die aus der Kehle des Jungen kamen, so gut wie möglich zu ersticken.

Panisch riss Otoko die Augen auf und versuchte nun, stockend durch die Nase zu Atmen.

//Was um alles in der Welt tue ich hier?!// Chris konnte das Blut auf den Lippen des anderen schmecken. //Was, wenn er Aids hat? Es wäre hundertmal besser gewesen, ihn doch niederzuschlagen. Verdammt!// Aber jetzt ließ es sich sowieso nicht mehr ändern. Er würde nachher den Mund mit Mundwasser ausspülen. Das musste reichen. Jetzt hatte er sich erst einmal um Otoko zu kümmern. Der Junge schien sich mittlerweile wieder ein wenig beruhigt zu haben, denn er atmete nicht mehr so heftig ein und aus. Bekam er überhaupt Luft? Langsam löste er sich wieder von Otoko und ließ seine Hände los. "Hast du dich ein bisschen beruhigt?", fragte Chris leise. Immer noch saß er auf Otokos Hüften.

Er bekam erst einmal keine Antwort von Otoko, denn der hatte die Augen geschlossen und atmete in kleinen, aber schnellen Zügen ein und aus. ".....G-g.... g-gib m-mir den......... M-mantel........"

"Du bekommst ihn nicht.", antwortete Chris leise aber bestimmt. "Ich könnte dir aber eine Tablette gegen die Schmerzen geben, wenn du willst.", fügte er nach kurzem Überlegen hinzu.

Nun öffnete Otoko seine Augen doch. "Diese verdammten Tabletten nützen doch gar nichts!", keifte er und versuchte sich aufzurichten.

Sofort wurde er von Chris daran gehindert. "Ich gebe dir deine Drogen nicht, Ende der Diskussion!"

"Sie gehören mir!.... Komm schon.... Nur ein wenig.... Ich bitte dich.... Du kannst mit mir machen, was du willst!..... Bitte..." Otoko redete nur noch leise, aber komischerweise war sein Stottern verschwunden.

Chris saß regungslos auf Otoko und blickte ihn mit einer Mischung aus Wut und Mitleid in den Augen an. "Du würdest also deinen Körper auch für deine Drogen verkaufen?"

Ein verächtliches Lächeln legte sich auf Otokos Lippen. "Ach komm schon, sei nicht so überrascht..... Mein Körper ist sowieso nichts wert..... Die Hauptsache ist doch nur, dass ich gut Lutschen kann oder eng bin...... oder?"

Eine Ohrfeige war das einzige, was Otoko als Antwort bekam. Wortlos stand Chris auf und ging zur Tür, um sie abzuschließen. Danach nahm er wie schon das letzte Mal den Schlüssel und hängte ihn sich an einer Kette um den Hals. "Wie willst du es dieses Mal, mit oder ohne Gürtel?", fragte er in einem Tonfall, der seine Wut auf den anderen nur erahnen ließ.

Etwas verwundert fasste sich Otoko an die Wange, aber sein Lächeln war nicht ganz verschwunden. Er setzte sich auf und massierte seelenruhig die immer noch ein wenig verkrampften Muskeln am Oberschenkel. "....Ach weisst du... ich steh nicht so auf Leder..."

Ohne auf Otokos Kommentar einzugehen öffnete Chris die Türen von seinem Kleiderschrank und suchte sich etwas zu schlafen heraus, was er dann auch anzog. "Dein Mantel ist nicht hier im Zimmer und glaub nicht, dass ich dir sage, wo du ihn findest. Es würde also nichts bringen, wenn du mir den Schlüssel wegnimmst und dich rausschleichst." Kurze Zeit räumte er noch auf seinem Schreibtisch herum, dann stand er wieder vor dem Bett. "Willst du mit der Hose schlafen?"

"Dumm geboren und nichts dazugelernt, was?", fragte Otoko grinsend und stand leicht schwankend auf. "Für was hältst du mich eigentlich, hm?" Er schnappte sich eine Sicherheitsnadel von Chris' Schreibtisch und ging damit zur Tür. "Was denkst du, wie lange ich für die Türe brauchen werde?"

"Also doch mit Gürtel.", sagte Chris mehr zu sich selbst als zu Otoko und nahm ihm die Sicherheitsnadel wieder weg. "Leg dich aufs Bett, sofort!"

"Was bekomme ich dafür?", war die schnelle 'Antwort' auf den Befehl.

"*Keine* zweite Ohrfeige!", zischte Chris.

"Ja, dafür bin ich auch.", meinte Otoko und blieb bei der Türe stehen. "Ach.... Hat deine Mutter gute Ohren?"

"Tja, dann du mir keine andere Wahl." Chris öffnete die oberste Schreibtischschublade und holte das keine Päckchen mit weißem Pulver heraus. "Du wollest es nicht anders." Mit schnellen Schritten ging Chris zum Fenster und öffnete es. Dann riss er das Plastik auf und die weiße Substanz vermischte sich mit dem Schnee unter dem Fenster.

Otokos Augen verengten sich zu Schlitzen. ".....Du schuldest mir fünfzig Dollar.... Ich hoffe, das ist dir bewusst...."

Nachdem er das Fenster geschlossen hatte, drehte Chris sich um. "Dann komm doch und hol sie dir, wenn du dich traust."

Lächelnd schüttelte Otoko den Kopf. "...So etwas solltest du zu *mir* nicht sagen..." Kaum hatte Otoko das gesagt, ging er auch schon auf Chris los. Mit einer kurzen Handbewegung und einem gestellten Bein hatte er Chris zu Boden geworfen.

Doch anstatt sich zu wehren grinste Chris Otoko nur an. "Mach nur weiter so. Das ist der schnellste Weg, um zu Polizei zu kommen. Und ich muss noch nicht einmal etwas dafür tun."

"Oh, oh, oh... Sieh an, lernst du etwa von mir...?", hauchte Otoko grinsend. Doch weiter kam er gar nicht, denn ein neuer Krampf ließ ihn zusammenzucken. Er verzog das Gesicht und ließ von Chris ab. "...D-doch nicht jetzt...!", presste er hervor und krallte seine Finger in den steinharten Muskel.

//Das er so etwas mit seinen Verletzungen durchsteht, hätte ich nicht gedacht. Aber jetzt ist es ja gleich vorbei...// Ohne Hast stand Chris auf und holte einen seiner Gürtel aus dem Kleiderschank. Da der andere Junge ihn überhaupt nicht beachtete, hatte er kaum Mühe, Otokos Handgelenke zu packen und mit Hilfe des Gürtels zusammenzubinden. Ohne auf das Jammern des anderen zu hören hob er ihn hoch und trug ihn zum Bett. "Wenn du diesen Scheiß nicht nehmen würdest, müsstest du jetzt auch nicht so leiden."

"Nein!! Du verstehst das nicht!! Du verstehst es nicht!! Ich will es nicht sehen!!! Bitte!", schrie der blonde Junge und zerrte an dem Gürtel. "Ich will nicht!!"

Chris presste seine Hand auf den Mund des Jungen. "Was willst du nicht sehen?" Nur langsam lockerte er seinen Griff etwas.

Wimmernd zog sich Otoko zusammen. "...I-ich wollte das n-nicht..." Zittrig atmete er ein und blickte Chris mit Tränen in den Augen an.

Nun nahm Chris seine Hand wieder ganz von Otokos Mund. "Bist du wieder normal?", fragte er skeptisch und war sich nicht sicher, ob Otoko ihm nur etwas vorspielte.

Sofort krallte sich Otoko an Chris' Hand. "...W-wieso h-hast du es weggeschüttet?.... I-ich brauche e-es doch..."

"Es macht aus dir einen völlig anderen Menschen, merkst du das nicht?"

"N-nein!" Energisch schüttelte Otoko den Kopf. "E-es l-lässt mich d-doch bloß v-vergessen!"

"Es lässt dich vergessen, wer du bist, ja." Chris' Blick wurde weicher. "Wenn du das hier überstanden hast, Otoko, dann wird es viel besser, verstehst du das denn nicht? Wenn du eine Zeit ohne deine Drogen auskommst, dann brauchst du sie nicht mehr, wenn du es wirklich willst."

Schluchzend blickte Otoko in Chris' Augen, doch dann wandte er sich ab und krümmte sich keuchend unter einem erneuten Krampf zusammen. "....W-wieso w-willst du.... m-mir d-das.... a-antun?!!"

"Weil ich dir helfen will. Ich hab es dir versprochen und jetzt tue ich es auch." Er holte ein Taschentuch und wischte damit über Otokos feuchte Wangen. "Du schaffst es, da bin ich mir ganz sicher."

Ohne es zu merken, bohrten sich Otokos Fingernägel in Chri' Haut. Der Schmerz, der sich langsam in seinem ganzen Körper ausbreitete, trieb ihn dazu. ".....W-w-wenn ..... d-du m-mir ..... n-nur ein wenig.... geben würdest....?", stammelte er hoffnungsvoll.

Chris verzog leicht das Gesicht, drückte Otokos Hand aber nicht weg. "Es ist weg, Otoko. Ich könnte dir nichts geben, selbst wenn ich es wollte."

"...ah.... es tut aber so weh....!! B-bitte.... L-lass mich s-schlafen!...." Otokos blonde Haare klebten ihm im Gesicht und seine Augen wurden immer trüber. "...L-lass mich... s-sterben..."

Doch Chris schüttelte nur den Kopf. "Mach die Augen zu, ok? Stell dir etwas schönes vor und denk an nichts anderes mehr. Nur noch an diese eine Sache." Sanft redete er auch Otoko ein und hoffte, dass es funktionieren würde.

"N-nein! Nein! Ich will sie nicht schließen! Ich will es nicht sehen! Ich will es nicht schon wieder sehen!!"

"Psst. Komm schon, beruhig dich." Langsam legte Chris die Hand über Otokos Augen. "Hab keine Angst, ich bin bei dir. Stell dir etwas schönes vor, Otoko.", wiederholte er seine Forderung noch einmal.

Ruckartig zuckte Otoko zurück. Seine Augen waren vor Schreck geweitet. "...N-nein...... n-nein!", wimmerte er. "...T-tu... tu das n-nicht... H-hör auf damit..."

//Vielleicht ist das wirklich der falsche Weg... Wenn er sich an nichts Schönes erinnern kann, wie sollte es dann funktionieren?// Entmutigt nahm Chris seine Hände wieder zurück. "Tut mir leid, ich dachte wirklich, es würde funktionieren."

Immer noch zitternd starrte Otoko auf Chris Brust. "....V-v.... v-vielleicht k-könntest d-du mich... n-noch m-mal b-bewusstl-los schlagen...."

Chris ließ sich neben Otoko auf das Bett fallen. "Ich will das nicht noch einmal tun..." Mit einem Seufzen zog er Otoko zu sich. "Ich mache alles falsch... Verdammt!"

Ein wenig verwirrt war der blonde Jungen von dieser Aktion schon, aber er merkte sofort, wie ihm Chris' Wärme auch gut tat.

"Ich weiß langsam wirklich nicht mehr, was ich machen soll, Otoko...Es ist eine bescheuerte Situation..." Ein Gähnen unterdrückend sah Chris den anderen an. "Ich will dir helfen und das einzige was ich erreiche ist, dass du noch mehr Schmerzen hast."

"N.... nein.... s-so.... so geht es...... e-einigermaßen.... D-du b-bist w-warm.....", meinte er und legte seinen Kopf leicht an Chris Brust.

Langsam fielen Chris' Augen zu, doch bevor er sich erlaubte, einzuschlafen, lockerte er noch den Gürtel um Otokos Handgelenke und befreite dessen Hände somit von dem Stück Leder. "Ich hoffe, du kannst so schlafen..."

"J-ja.... d-danke....", stammelte Otoko, doch er dachte nicht einmal daran, wirklich seine Augen zu schließen und zu schlafen, denn die Erinnerungen, die ihn schon so lange quälten, wollte er nicht wieder sehen.

Ein gemurmeltes 'Schlaf gut.' war das letzte, was Chris von sich gab, bevor er endgültig die Augen schloss und bald darauf einschlief.

Für Otoko wurde diese Nacht die reinste Hölle. Er wollte und konnte nicht schlafen, denn die Entzugserscheinungen ließen kein bisschen nach. Ab und zu wimmerte er auf, wenn es besonders schlimm wurde, aber er wollte Chris nicht aufwecken und so versuchte er, so leise wie möglich zu sein.
Chris wachte am nächsten Morgen mit einem seltsamen Geschmack im Mund auf. Verwundert darüber, nicht von Beny geweckt worden zu sein, blickte er auf seine Armbanduhr und stellte erschrocken fest, dass er verschlafen hatte. Es war kurz vor neun Uhr, dabei begann das Frühstück viel früher. Wieso hatte Beny ihn nicht geweckt?! Doch bevor er sich weiter darüber ärgern konnte, fiel ihm ein, dass er wieder bei sich Zuhause war und nicht im Knast. Seufzend ließ Chris sich wieder ins Bett zurückfallen und streckte sich gähnend.

"B-b-bist d-du w-wach....?", fragte eine krächzende Stimme.

Erschrocken sah Chris neben sich. //Otoko?// Dann erinnerte er sich an den gestrigen Tag. "Ja.", antwortete er verspätet und richtete sich wieder auf. "Wie geht es dir?"

Otoko hatte tiefe dunkle Ringe unter den Augen und so wie er dalag, schien es nicht gerade bequem zu sein. "....M-mir..... i-ist... ü-übel....", brachte er knapp hervor.

"... So siehst du auch aus." Chris stand auf, ging vom Bett runter und schloss die Tür auf. "Du kannst gleich ins Bad..."

Otoko nickte nur, rührte sich aber nicht vom Fleck.

Nochmals streckte Chris sich, dann ging er zum Bett zurück und hob Otoko hoch. "Musst du dich übergeben?", fragte er, während er den anderen ins Bad trug.

"I...i-ich glaube sch-schon...", stammelte Otoko und versuchte ein paar Mal tief durchzuatmen.

Dort angekommen setzte er ihn ab und schloss die Tür. "Tu dir keinen Zwang an."
Immer noch leicht zitternd saß Otoko am Boden und lehnte seinen Rücken an die kühle Wand. ".......D-d....d-dabei w-war die S-suppe so l-lecker....."

Chris hatte sich inzwischen die Zähne geputzt. "Wenn es dir wieder besser geht, kannst du ja wieder etwas haben."

Otoko ließ ein angedeutetes Lächeln sehen. "....D-danke...."

"Willst du duschen?", fragte Chris, während er sich sein T-Shirt auszog.

"J-ja... g-gerne...." Staksig versuchte sich Otoko aufzurichten.

//Er ist noch ziemlich schwach... Kein Wunder, wenn er jetzt auf Entzug ist.// Sofort ging Chris zu Otoko und zog ihn hoch. //Aber wahrscheinlich ist es noch nicht vorbei...// "Schaffst du das überhaupt? Oder soll ich dir helfen?"

"....W-wird schon gehen....", meinte Otoko und stütze sich an der Wand ab, bis er zu der Dusche gelangt war. "M-mach d-dir n-nicht u-unnötig S-sorgen um mich..." Mit zitternden Händen öffnete er die Knöpfe an seinem Hemd.

"Wie du meinst." Trotzdem blieb Chris vor der Dusche stehen, damit er eingreifen konnte, sollte Otoko sich nicht mehr halten können.

Otoko zog sich weiter aus und betrachtete dann die Verbände, die er bis eben völlig vergessen hatte. "Oh... D-die sind ja auch n-noch da... Die müssen auch w-weg, ja?", fragte er Chris.

"Sicher. Moment." Chris stellte sich hinter Otoko und begann die Verbände zu lösen. Als die dunkel gefärbte Haut darunter zum Vorschein kam, fühlte er sich noch schlechter als gestern, als er sie das letzte Mal gewechselt hatte. //Sie sehen jedes Mal schlimmer aus.//

Otoko erschauderte kurz, denn die Verbände hatte ihn doch ein wenig gewärmt. Aber jetzt freute er sich auf das warme Wasser, das er bald auf seiner Haut spüren würde. Er bemerkte gar nicht, dass er das Wasser schon anstellte und Chris immer noch in der Duschkabine war.

"Halt, noch nicht!" Schnell schaltete Chris das Wasser ab. "Du musst schon warten, bis ich draußen bin."

Erschrocken starrte Otoko Chris an. "Oh... o-oh g-gomen... I-ich hab nicht n-nachgedacht...." Ein scheues Lächeln legte sich auf Otokos Lippen.

Tropfend stieg Chris aus der Dusche und zog den Duschvorhang zu. "Schon gut." Er sah an sich herunter. //Mist, alles nass.// Sofort landete die durchnässte Hose in der Badewanne. //Jetzt muss ich wohl noch warten...// Als Beschäftigung holte er sich Otokos Verbände und rollte sie wieder auf.

Nach etwa zehn Minuten schien Otoko immer noch nicht aufhören zu wollen mit duschen. Er genoss das warme Wasser und er fühlte sich besser als an den vorherigen Tagen.

Nachdem Chris mit den Verbänden fertig war, wusste er nicht mehr, was er machen sollte. Also starrte er gelangweilt an den Duschvorhang und sah zu, wie er sich bewegte, wenn Wasser gegen ihn spritze.

Eher widerwillig stellte Otoko nach einer Viertelstunde endlich das Wasser ab zog den Duschvorhang zur Seite. Verwirrt blinzelte er Chris an. "D-du b-bist noch h-hier?"

Jetzt erst merkte Chris, dass er nicht nur den Duschvorhang angestarrt hatte, sondern auch Otoko durch ihn hindurch. Schnell stand er auf und holte dem Jungen ein Handtuch. "Wo sollte ich sonst sein?"

"I-ich dachte du w-würdest w-wieder lernen gehen..." Er griff nach dem Handtuch und begann sich abzutrocknen. "Das hat w-wirklich g-gut getan..."

"Ich will auch noch duschen... Nass war ich ja sowieso schon." Mit einem leichten Grinsen entledigte Chris sich noch seiner Boxershorts und ging an Otoko vorbei in die Dusche. "Frische Wäsche ist in dem Schrank neben dem Waschbecken."

Otoko wollte noch etwas sagen, aber da hatte Chris den Duschvorhang schon vorgezogen und so ging er schweigend zu dem Schrank, um sich etwas zum Anziehen rauszusuchen. Etwas hilflos wühlte er in den Kleidungsstücken herum.

Nun duschte Chris sich gründlich. Er liebte es, endlich den ganzen Dreck von sich herunter zu bekommen. Das Wasser zu seinen Füßen färbte sich langsam schwarz, leider ging die Farbe schon wieder aus seinen Haaren heraus und sie wurden wieder heller. Doch im Moment störte ihn das wenig.

Als Otoko endlich etwas gefunden hatte, von dem er glaubte es anziehen zu dürfen, war Chris immer noch am Duschen und so zog sich der blonde Junge schnell um. Vielleicht ein wenig zu schnell, denn immerhin war er immer noch auf Entzug und so krampfte sich sein Körper wieder zusammen. Er brach in die Knie und schnappte nach Luft. //Mist! Mist! Verdammter Mist!!// Augenblicklich wurde ihm wieder übel und der ganze Raum schien sich zu drehen. //Reiß dich zusammen! Bitte!//

Doch davon bekam Chris überhaupt nichts mit. Das Rauschen des Wassers war alles, was er im Moment hören konnte und wollte.

Mit Mühe und Not schaffte es Otoko, sich zu der Toilette zu schleifen. Sein Kopf begann zu dröhnen als er sich über die Schüssel beugte. Er würgte leicht und als sich seine Bauchmuskeln zusammenkrampften musste er sich endgültig übergeben. Mit geweiteten Augen starrte er die rötliche Flüssigkeit an, bevor er zur Seite kippte.

Chris schrak auf, als er plötzlich einen dumpfen Knall hörte. Schnell stellte er das Wasser ab und stieg aus der Dusche heraus. Dann sah er Otoko neben der Toilette liegen. //Scheiße!!// Klitschnass kniete er sich neben dem Jungen hin. "Otoko?! Otoko, hey, bist du noch wach?"

Otoko hörte, dass Chris nach ihm rief und er wollte auch darauf reagieren, aber sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Er hatte überall Schmerzen und wollte nur noch seine Ruhe haben.

//Verdammt!// Dann entdeckte Chris den Blutstropfen in Otokos Mundwinkel. //Scheiße, das ist doch nicht normal... Was mache ich denn nur?// Vorsichtig hob Chris Otoko hoch, trug ihn wieder in sein Zimmer und legte den Jungen in sein Bett. //Ich muss einen Arzt rufen, da führt kein Weg dran vorbei.// Im Bad holte er sich noch ein Handtuch und wickelte es sich um die Hüfte, dann rannte er die Treppe herunter, um die Nummer von seinem Hausarzt zu suchen. Seine Mutter war nirgends zu sehen, wahrscheinlich war sie schon bei der Arbeit. Die Nummer war schnell gefunden und so tippte er sie ein. //Ich hoffe nur, er hat Zeit.//

Nach ein paar Klingeltönen antwortete eine junge Frauenstimme. "Praxis Dr. Miller. Kann ich Ihnen helfen?"

"Ja, hier ist Chris Neeson. Ich habe ein Problem. Ein Freund von mir ist eben zusammengebrochen, hat sich übergeben und Blut gespuckt. Ich habe keine Ahnung, was ich machen soll."

"Hat er etwas Schlechtes gegessen? Oder ist sonst etwas passiert?", fragte die Stimme seelenruhig.

"Nein, er..." Er konnte ihnen doch nicht von den Drogen erzählen, aber andererseits würden sie es sowieso herausfinden, wenn sie Otoko untersuchen würden. "... Er ist auf Entzug und es geht ihm beschissen. Können sie mir nicht sagen, was ich machen soll?""Auf Entzug? Es könnte eine Magenschleimhautentzündung mit darauffolgender Magenschleimhautblutung vorliegen und der Entzug könnte das Ganze verschlimmert haben. Er sollte umgehend in ein Krankenhaus gebracht werden."

"In ein Krankenhaus? O-ok... In welches denn?"

"Am besten in das Nächstmögliche. Kennen sie das an der St. Barbara-Street?"

"Nein. Ich habe sowieso kein Auto hier." Nervös überlegte Chris, wen er alles fragen konnte.

"Können sie nicht einen Freund darum bitten? Oder rufen sie am besten eine Ambulanz, soll ich ihnen die Nummer geben?", fragte die Frau nun etwas besorgter.

"....C-chris.......?", krächzte eine Stimme hinter Chris. Otoko hatte sich erhoben und hielt sich an die Wand geklammert auf dem Beinen.

"Eine Ambulanz wäre gut.", antwortete Chris schnell. Er schrieb sich schnell die Nummer auf, die man ihm sagte und legte dann auf. "Otoko, leg dich wieder hin, bitte. Wahrscheinlich hast du eine Magenschleimhautentzündung, sagen sie."

"...W-was....?" Verwirrt blickte er Chris aus trüben Augen an.

"Leg dich hin!", befahl er Otoko härter als erwartet, aber wenn es wirklich so schlimm war, dann hatte er jetzt keine Zeit, mit dem anderen zu streiten. So schnell es ging rief er die Nummer der Ambulanz an, erklärte mit kurzen Worten dem Mann, der abhob, was die Sprechstundenhilfe des Arztes gesagte hatte und nannte seine Adresse. Dann legte er auf und eilte zu Otoko, der mittlerweile auf dem Sofa lag.

Fragend blickte ihn der blonde Junge an. "...I-ist d-das schlimm...?", fragte er leise und wirkte ziemlich verstört.

"Ja, leider." Chris strich ihm beruhigend über die Stirn. "Ich habe es nicht so gemeint, aber du solltest eben nicht hier so rumlaufen..." Chris sah an sich herunter. "Ich ziehe mich eben an, ok? Und lauf nicht weg."

"H-habe ich n-nicht vor...", stammelte Otoko und legte die Hand auf den leicht schmerzenden Bauch.

So schnell es ging rannte Chris in sein Zimmer und zog sich um. Gleich darauf war er wieder bei Otoko. "Sie werden gleich kommen..." Er sah zum Tisch und entdeckte einen kleinen Zettel darauf. //Ist der von Mama?//

"W-wer w-wird k-kommen? H-hast du e-etwa...... d-die Polizei g-gerufen?", fragte Otoko und starrte Chris dabei angsterfüllt an.

"Nein, natürlich nicht. Die Ambulanz. Keine Angst, dir passiert nichts." Chris überflog den Zettel. //Er kommt von der Geschäftsreise zurück? Wahrscheinlich wegen Neal.// Eine weitere Nachricht wurde auf den Zettel geschrieben, die davon handelte, dass Chris mit Otoko im Krankenhaus war.

"A-ambulanz? W-werden d-die mich n-nicht v-verpfeifen?"

"Nein, das werden sie nicht. Ich werde ihnen irgend eine Geschichte erzählen, damit sie es nicht tun, ok?"

"O-ok...." Bevor Otoko noch irgendetwas anderes sagen konnte, klingelte es auch schon an der Türe.

22.

//Ich bin schuld an seinen Verletzungen... Wenn ich ihn nicht verprügelt und ihm seine Drogen weggenommen hätte, würde es ihm sicher nicht so bescheuert gehen.// Auf den Fingernägeln kauend saß Chris im Wartesaal und malte sich die schlimmsten Sachen aus, die mit Otoko passieren konnten.
Nach etwa einer Dreiviertelstunde kam ein Mann mit weißem Kittel auf ihn zu. "Sind Sie Chris Neeson?"

Sofort stand Chris auf. "Ja, bin ich."

"Ihrem... Freund sollte es bald besser gehen, wir behalten ihn zu Beobachtung noch einen Tag hier, aber dann sollte er wieder nach Hause können.... Falls er so etwas hat."

Am liebsten hätte Chris eine passende Antwort gegen, doch er hielt sich zurück. "Darf ich zu ihm?"

Der Arzt zog eine Augenbraue hoch. "Das sollten Sie... Er wirkt ziemlich verstört und hat die ganze Zeit nach Ihnen verlangt."

"In welchem Zimmer ist er?", fragte Chris hastig. Er hatte keine Lust mehr, seine Zeit mit diesem arroganten Arzt zu vergeuden.

"Zimmer 204."

"Danke." So schnell es ging rannte Chris dort hin.
Als Chris ins Zimmer trat lag Otoko wie verloren in dem großen weißen Bett. Doch als Otoko ihn erkannte fing er sofort an, leicht zu lächeln. "B-bin i-ich froh d-dich zu s-sehen..."

//Er sieht so krank und zerbrechlich aus...// "Wie geht es dir?"

"I-ich d-denke b-besser.... o-oder?" Etwas hilflos sah sich Otoko um. "S-sie haben mir neue Verbände gegeben....."

Chris setzte sich an die Bettkante. "Schön... Denkst du, du hältst es die Nacht über hier aus?"

"I-ich muss hier bleiben... A-aber die werden doch merken dass ich.... i-ich meine...."

"Ich sagte doch, sie wissen es schon. Niemand wird dir etwas tun, die Leute wollen doch auch nur ihr Geld haben."

Schon wieder stockte Otoko der Atem. "A-aber ich habe doch gar kein G-geld..."

Ein leicht gequältes Lächeln erschien auf Chris' Lippen. "Ich habe deine Verletzungen verursacht, also trage ich auch die Konsequenzen." //Auch wenn es wahnsinnig teuer wird.// Er wollte gar nicht an die Kosten denken, die auf ihn zu kamen.

Langsam senkte Otoko den Kopf. "....Ich frage mich immer wieder,... w-wieso du das für mich tust,... a-aber wenn ich das tue fühle i-ich mich irgendwie schlecht. I-ich sollte wohl deine Güte nicht in Frage stellen und einfach f-froh sein, d-dass es jemanden w-ie dich gibt...."

"Denk nicht weiter darüber nach..." //Sonst tue ich es auch noch und komme zur Vernunft.// "Ich komme Morgen früh wieder, ok?"

"K-kannst du.... nicht noch ein wenig bleiben...?", fragte Otoko hoffnungsvoll.

"Klar." Chris setzte sich ein wenig bequemer hin und nahm nach kurzem Zögern Chris' Hand. "War es denn schlimm?"

Otoko verzog leicht das Gesicht. "...Es war ekelhaft..."

"Ich will es mir gar nicht vorstellen..." Während er mit Otoko sprach, sah Chris sich in dem leeren Raum um. Die anderen drei Betten im Raum waren zur Zeit nicht belegt. "Wenn ich dich morgen abhole, wirst du allein bei mir bleiben müssen... wenn du versprichst, dass du nichts anstellst. Ich muss wieder zur Uni."

"I-ich werde mir Mühe geben, dass alles heil b-bleibt.", meinte Otoko und grinste leicht.

"Mein Vater kommt heute Abend zurück, wegen Neal. Ich werde ihm sagen, dass du da bist, dann hast du keine Probleme mit ihm, denke ich." Gerade, als er noch etwas sagen wollte, grummelte Chris' Magen. "Wir haben noch gar nicht gefrühstückt... Du kannst jetzt gar nichts zu essen vertragen, ne?"

"N-nein..." Otoko schüttelte den Kopf. "Ich w-würde wohl auch gar nicht runterkriegen..."

"Ich geh kurz und hol mir was. Dann komme ich wieder, ok?" Schnell stand Chris auf, denn sein Hunger verschlimmerte sich von Sekunde zu Sekunde.

//......Vielleicht haut er jetzt ab.... für immer...... Aber ich hätte es ja auch verdient.....// Hilflos sah sich Otoko in dem Zimmer um. //.....Die werden ganz schön mit mir schimpfen, wenn sie Geld wollen und erfahren, dass ich keines hab......//

"Ok?", fragte Chris nochmals.

"J-ja... g-geh..." Otoko schluckte trocken und schüttelte dann leicht den Kopf. "........N-n........ nein e-es ist ok.... Geh ruhig...."

//Hat er Angst, dass ich nicht wieder komme?// Erst zögerte Chris noch, doch das unangenehme Gefühl in seinem Magen zwang ihn zu einer Entscheidung. "Es dauert nicht lange, versprochen." Dann war er schnellen Schrittes aus dem Raum verschwunden.

//E-er hat es versprochen.... D-dann wird er wieder kommen..... Er hält seine Versprechen! Er kommt wieder!// Otoko hob seine weiße Hand und legte sie sich auf die Brust. //......W-was ist das bloß?.... Es tut weh..... aber es ist gar nicht da...... Was ist das.......?//
Chris versteckte ein Gähnen hinter seiner Hand. "Ich denke ich sollte jetzt gehen..." Er war jetzt schon mehrere Stunden bei Otoko im Krankenhaus und mittlerweile war es Abend geworden.

"D-danke, d-dass du da g-geblieben bist....", murmelte Otoko. Er selbst war auch müde und sogar schon fast am schlafen, denn immerhin hatte er die letzte Nacht kein Augen zugetan.

Ein aufmunterndes Lächeln erschien auf Chris' Lippen. "Morgen früh komme ich wieder und nehme dich mit nach Hause."

"Hmm.... I-ich hoffe,... d-die mögen m-mich nicht und w-wollen mich nicht n-noch hier behalten...."

"... Eine Nacht reicht. Schlaf gut." Er strubbelte Otoko kurz durch die Haare. In den letzten paar Stunden hatte er sich dem Jungen näher denn je gefühlt, auch wenn sie nicht sonderlich viel geredet hatten. Die Zeit war wie im Flug vergangen und jetzt machte es ihn doch etwas traurig, den anderen allein lassen zu müssen.

"D-du auch..... T-träum was Sch-schönes....", nuschelte der blonde Junge und kuschelte sich in die Decke.

"Bis morgen." Ein letzter Blick, dann hatte Chris das Krankenzimmer verlassen.
Eigentlich hätte Otoko wie ein Stein geschlafen, aber die Krankenschwestern sausten immer wieder in sein Zimmer und fragten irgendwelche Sachen, auf die er dann nicht einmal mehr bewusst antwortete. Aber irgendwann tief in der Nacht wurde er auch von den Schwestern in Ruhe gelassen und er fand ein wenig Ruhe bis sieben Uhr morgens, als es schon wieder an der Türe klopfte.

Obwohl keine Antwort folge, trat Chris leise ein. Otoko schlief inmitten der vielen Kissen und sah dabei noch kränklicher aus als sonst, da seine weiße Haut sich fast nicht von dem Stoff abhob. Mit vorsichtigen Schritten ging er zu dem Bett des Jungen.

Natürlich bemerkte ihn Otoko nicht. Normalerweise wäre er bei jedem noch so kleinen Geräusch aufgewacht, aber in diesem weichen Bett gab es für Otoko einfach nichts anderes als zu schlafen.

Ein Lächeln breitete sich auf Chris' Gesicht aus, als er den anderen so friedlich daliegen sah. //Irgendwie niedlich...// Er beugte sich über das große Bett und strich Otoko sanft über die Stirn. "...Na, Schlafmütze...?"

Ein entnervtes Seufzen war zu hören. ".....Ich weiß es nicht......", nuschelte er und drehte sich auf die andere Seite.

Das Lächeln wurde langsam zu einem Grinsen. "Was weißt du nicht, hm?"

"...Hnn..... w-was ist.....?", fragte Otoko nun müde und drehte den Kopf, damit er den Störenfried anblinzeln konnte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Junge endlich merkte, wer vor ihm stand. "Ch-chris?"

"Sicher. Wer sollte ich sonst sein?"

"....I-ich d-dachte du k-kommst e-erst morgen.....?", war die eindeutig noch nicht ganz wache Frage.

"Laut meinem Wecker ist es das bereits." Mit einem leisen Lachen richtete sich Chris wieder auf. "Du scheinst gut geschlafen zu haben."

"....J-ja.... E-es war so weich...... U-und ich so müde....." Otokos eisblaue Augen waren auf Halbmast. Er hob die Arme, schlang sie um Chris Nacken und zog ihn zu sich runter. "D-danke, d-dass du w-wieder da b-bist....", flüsterte er leise.

"Wie geht es dir?", fragte Chris und bekam gleichzeitig eine Gänsehaut, weil er Otokos Atem auf seiner Haut spüren konnte.

"....I-ich fühle mich w-wie frisch... ü-überfahren...."

Daraufhin musste Chris leicht lachen und seine anfängliche Unsicherheit, die er in letzter Zeit immer spürte, wenn er Otoko nahe war, verflog. "Das muss sicher ein tolles Gefühl sein."

Langsam löste sich Otoko wieder und ließ Chris frei. Er versuchte sich aufzusetzen und strampelte langsam die Decke zurück. ".....M-man g-gewöhnt s-sich daran..."

Chris warf kurz einen kritischen Blick auf die Verbände. "Tut es noch sehr weh?"

"E-eigentlich schon... A-aber d-das ist h-halb so schlimm, w-wie.....N-nein, i-ist egal....", stammelte Otoko unsicher uns blickte dann zur Seite.

"Wenn du Schmerzen hast, dann sag es mir, ja? Sonst kann ich nicht versuchen dir zu helfen..." Dass er Otoko so verletzt sah, verletzt weil er ihm nicht geglaubt hatte, machte ihn fast wahnsinnig. "Gehen wir zurück?"

"J-ja... g-gerne... W-wo sind denn m-meine Kleider?" Im Zimmer sah er sie auf den ersten Blick nicht und stand er wenige Sekunden nachdem er die Frage gestellte hatte im Krankenhausnachthemd neben dem Bett.

Im Schrank fanden sie die beiden schließlich. Chris wartete geduldig, bis Otoko fertig war, dann gingen sie zusammen aus dem Krankenhaus. Die Rechnung hatte Chris bereits bei seiner Ankunft bezahlt, auch wenn sie für ihn wirklich astronomisch hoch war. Die Fahrt mit der Straßenbahn zwar recht unangenehm, weil sehr viele Leute unterwegs waren, doch schließlich ging auch die zu Ende und so befanden sie sich bald wieder in Chris' Straße.

"I-ist d-dein Vater z-zu Hause?", fragte Otoko nach einer Weile des Schweigens. "W-weiss er, dass i-ich ein P-penner b-bin?"

"Nein.", antwortete Chris nach kurzem Zögern. "Du bist ein Freund und hast Ärger mit deinen Eltern, das weiß er. Und er wird es akzeptieren."

"W-wirklich....? H-hast d-du denn m-meine K-kleider versteckt?"

"Sie sind in meinem Zimmer und er hat keinen Grund, da herumzuschnüffeln. Außerdem hat er im Moment andere Sorgen... Er ist wegen Neal hier. Aber lassen wir das jetzt.", meinte Chris, als er den Schlüssel ins Schloss steckte und umdrehte.

Unsicher betrat Otoko hinter Chris das Haus. Er erschauderte, denn für ihn hatte das Haus plötzlich eine ganz andere Aura.

Auch Chris hatte sich verändert. Seine Haltung wirkte leicht versteift und seine Bewegungen, mit denen er sich die Jacke und die Schuhe auszog, waren hastiger als sonst. Er mochte seinen Vater nicht besonders und war froh, dass dieser meist auf Geschäftsreise war, obwohl dieser ihm oder den anderen Familienmitgliedern gegenüber nie handgreiflich geworden war. Er war ihm schlicht und ergreifend unsympathisch.

Unbewusst versuchte sich Otoko immer wieder hinter Chris zu verstecken, obwohl ja bis jetzt niemand sonst in dem Haus zu sein schien.

Mit schnellen Schritten steuerte Chris auf die Treppe zu, Otoko immer hinter sich, und war froh, dass er nicht zurückgerufen wurde. Anscheinend waren seine Eltern beide schon weg.

Doch kaum hatte Chris die Hälfte der Treppe hinter sich gebracht, tauchte ein große Gestalt am oberen Treppenende auf. "Chris? Wo warst du?", fragte eine strenge Stimme, die den blonden Jungen hinter Chris sofort zusammen zucken ließ.

//Zu früh gefreut.// "Ich hab meinen Freund geholt, das habe ich beim Frühstück doch gesagt.", antwortete er genervt.

"Sieht mir aber mehr nach einem Mädchen aus, geh mal zu Seite.", zischte der Vater und kam ein paar Schritte die Treppe runter.

"Er ist ein Junge, willst du vielleicht noch eine Untersuchung machen?", fragte Chris jetzt schon gereizter. Die ewige Fragerei seines Vaters ging ihm schon lange auf die Nerven. Selbst wenn Otoko ein Mädchen wäre, was wäre denn daran auszusetzen?

"F-freut m-mich, Sie k-kennen zu l-lernen... I-ich bin O-otoko...", versuchte der Junge den ersten Schritt zu wagen und streckte Chris' Vater die Hand hin, welche natürlich grosspurig ignoriert wurde.

"Otoko? Was ist dass den für ein Name?"

"Ein Name wie jeder andere auch." Chris nahm Otokos Hand und zog ihn hoch. "Ich würde jetzt gerne in mein Zimmer, wenn du erlaubst."

"Ich dachte du gehst heute wieder in die Vorlesung? Hast ja schließlich auch lange genug Pause gehabt, oder?" Chris Vater wollte einfach nicht locker lassen und dass sein Sohn im Gefängnis war, verletzte doch auch seinen Stolz.

"Ich gehe nachher!"

"Und was machst du jetzt?"

"Jetzt gehe ich nach oben. Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, also lass mich jetzt vorbei, ok?" Wenn er seinen Vater vorhin in Gedanken unsympathisch genannt hatte, dann wusste er jetzt kein Wort für das, was er empfand. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein, so mit ihm zu reden?

"Ich will nur nicht, dass du wieder etwas Dummes anstellst!", zeterte sein Vater und wandte sich langsam zum Gehen.

Chris verkniff sich eine giftige Antwort und ging mit Otoko an seinem Vater vorbei. Ohne ein weiteres Wort zu sagen betrat er mit dem anderen sein Zimmer und schloss die Tür gleich darauf hinter sich. //Er wird jedes Mal nerviger, wenn ich ihn zu Gesicht bekomme.//

Sanft berührten Otokos kalte Hände Chris' Gesicht und strichen über die angespannten Muskeln. "...M-magst d-du deinen V-vater nicht?"

Ein kurzes Kopfnicken bestätigte Otokos Annahme. "Würdest du so jemanden mögen, der dir dauernd hinterher schnüffelt?", fragte er leise.

"I-ich weiss n-nicht..." Langsam zog Otoko die Hände wieder zurück. "...V-vielleicht s-schon..."

"Er ist ein Idiot, aber ich sehe ihn ja sowieso nicht oft... Die meiste Zeit ist er auf irgend welchen Geschäftsreisen. Ich dachte eigentlich, er hätte sich gebessert." Chris hielt Otokos Hände fest. "Du darfst dich von ihm nicht unterkriegen lassen, hörst du?"

Verwirrt sah Otoko ihn an. "Eh...e... j-ja.... w-werde ich nicht...." Und endlich bekam auch Otokos Gesicht mal eine andere Färbung. Seine Wangen wurden leicht rot.

"... Bleib einfach hier... im Zimmer..." Seine letzten Worte hatte er gar nicht mehr genau mitbekommen, denn das einzige, worauf er sich im Moment konzentrierte, war Otokos Gesicht. //Wieso wird er auf einmal rot? ... Und wieso... nein, das ist idiotisch!//

"....J-ja... I-ich habe s-sowieso k-keine L-lust auf ein w-weiteres Z-zusammentreffen m-mit deinem Vater...." Verlegen versuchte Otoko Chris' Blick auszuweichen.

Langsam ließ Chris Otoko wieder los. "...Ich muss in einer Viertelstunde gehen... Brauchst du noch etwas?"

Hastig zog Otoko seine Hände zu sich und versteckte sie unter seinen Armen. "Nein i-ich habe alles...... Denke ich doch..."

"Ok... Ich komme um..." Er sah kurz auf seinen Plan. "Etwa um 16 bis 17 Uhr wieder. Wenn du Durst bekommst, ich hab hier etwas." Chris deutete auf zwei Wasserflaschen unter seinem Schreibtisch. "Falls du doch noch Hunger bekommst, rede mit meiner Mutter. Sie gibt dir auf jeden Fall etwas."

"Ja... vielleicht...." Langsam entfernte sich der blonde Junge von Chris und setzte sich neben dem Bett auf den Boden.

"Mein Bett kannst du ruhig benutzen." Chris wollte den Raum eben verlassen, doch dann grinste er und kam auf Otoko zu. "Na los, du brauchst doch nicht auf dem kalten Boden zu sitzen."

Staksig erhob sich Otoko und sah dem anderen Jungen nun wieder in die Augen. "Dabei ist der Boden in deinem Zimmer doch gar nicht kalt..."

Chris' Grinsen wurde breiter. "Egal. Machs gut..." Schnell verabschiedete er sich mit einem kurzen Kuss auf Otokos Lippen, dann war er auch schon aus dem Zimmer verschwunden.

Wie Feuer begannen Otokos Lippen zu brennen. //.....I-ist das wahr.......? H-hat er mich jetzt wirklich von sich aus.....// Ungläubig strich er sich mit einem Finger über die kribbelnden Lippen.
Ohne auf die Worte, die sein Vater im nachrief, zu hören, rannte Chris die Treppe hoch. Den ganzen Tag hatte er sich ausgemalt, was Otoko alles anstellen konnte und er hoffte, dass dieser keine von Chris' Phantasien verwirklicht hatte. Chris klopfte kurz an seiner Zimmertür an, dann öffnete er sie und trat ein.

Otoko saß mitten im Zimmer auf dem Boden. Nur langsam hob er den Kopf. ".....S-schon.... d-da?", nuschelte er leise.

Sofort blieb Chris stehen. "Otoko? ... Was ist mit dir los?" //Hat er etwa wieder Drogen genommen? Er ist so seltsam... Aber... wie hätte er welche bekommen können?//

"N-nichts..... w-wieso....?" Sein Mund lächelte Chris an, doch seine Augen waren getrübt.

Besorgt kniete Chris sich zu Otoko. Er sah ihm prüfend ins Gesicht. "Was hast du genommen?"

"W-was meinst du damit? I-ich hab d-dir nichts geklaut...", stammelte der blonde Junge.

"Das meine ich nicht. Welche Drogen hast du genommen? Du bist doch total benebelt davon."

"Ich h-habe keine Drogen genommen!"

Chris spürte seinen Ärger wieder hochkommen, doch er hielt sich noch zurück. "Wieso benimmst du dich dann so?"

"I-ich weiss doch auch nicht... .E-es ist ei-einfach so...."

"... Wirklich?"

"Ja, verdammt noch mal! Ich lüge dich nicht an!" Sofort biss sich Otoko auf die Lippen und drehte sich weg. "G...g-gomen...."

"... Ok..." Zögernd zog Chris Otoko in seine Arme. "Es tut mir leid... Ich hab einfach Angst um dich..."

"...A-angst...... w-wieso....?" Widerstandslos ließ sich Otoko ins Chris Arme sinken.

//Weil du mir inzwischen etwas bedeutest...// Doch Chris sprach seine Gedanken nicht aus, sondern genoss es einfach, Otokos zierlichen Körper zu umarmen.

"...Chris.....?"

"Ja?", murmelte dieser.

"....W-wieso a-antwortest du mir nicht.....?"

Chris schluckte trocken. "... I-inzwischen bedeutest du mir einiges, Otoko...", antwortete er schließlich.

Otoko konnte es nicht fassen. Hatte er sich eben wirklich nicht verhört? Als wenn er sich an einen Traum klammern wollte, klammerte er sich an Chris.

Unsicher, was er machen sollte, sah Chris auf Otoko herunter.

"....D-das ist k-komisch......", nuschelte Otoko nach einer Weile.

"...Was?" Obwohl der Boden normalerweise unbequem war, kam er Chris im Moment weicher vor als alles andere. Und langsam aber sicher musste er sich eingestehen, warum es so war, denn eigentlich wusste er es schon längst.

"....I-ich fühle m-mich so komisch.... D-das i-ist das e-erste Mal, d-dass sich j-jemand um mich S-sorgen macht..."

Chris musste lächeln. "Gewöhn dich lieber daran."

"......Arigatou....", wisperte Otoko und drehte sich in Chris Armen.

"Das heißt danke, nehme ich an..." Immer noch zögernd beugte Chris sich langsam runter. //Bitte lass mich das Richtige tun...//

"....j-ja...." Otoko hatte den Kopf ein wenig gesenkt und bemerkte nicht, dass sich Chris zu ihm runterbeugte.

"Otoko?"

Sofort hob Otoko den Kopf an und erschrak fast ein wenig, als er Chris' Gesicht so dicht vor seinem sah.

"Ich mag dich wirklich...", haucht Chris und senkte seine Lippen vorsichtig auf Otokos.

Wie heute schon einmal begannen Otokos Lippen zu brennen. Er konnte nicht anders und schloss die Augen. //...So sehr habe ich noch nie eine Berührung genossen.... und du schenkst sie mir von dir aus.......//

//Es muss das Richtige sein... Es fühlt sich so gut an.// Überwältigt von diesen neuen Gefühlen vergaß Chris beinahe seine Nervosität. Doch trotzdem begann er nur zögernd an Otokos Lippen zu saugen. //Es ist so anders als mit Alice.//

Die Wärme, die Chris Lippen in Otoko auslöste, begann seinen ganzen Körper in Besitz zu nehmen. Er fühlte sich so geborgen und sicher bei Chris. Er fühlte sich sogar..... glücklich. Erschrocken löste sich Otoko von Chris und legte die Hand auf seine angenehm warmen Lippen. "......D-das... w-wieso machst du das?.... D-das d-darf doch gar n-nicht sein...."

Leicht enttäuscht sah Chris zu Otoko, dann blickte er zu Boden. Seine ganzen Befürchtungen, er könnte etwas Falsches tun, kamen wieder doch. Er hatte es schon getan. "Tut mir leid..."

Anscheinend hatte sich Otoko schon wieder in etwas hereingesteigert. Er schüttelte ungläubig den Kopf und starrte vor sich auf den Boden. "D-d-dass darf n-nicht sein.... I-ich d-darf nicht g-gücklich s-sein......", stotterte der blonde Junge.

"Otoko..." Chris verstand nun überhaupt nicht mehr, was das Ganze zu bedeuten hatte. "Otoko, ich habe keine Ahnung, was los ist, aber bitte hör auf damit. Ich tu es nie wieder, wenn du es nicht willst.", flehte er.

Mit angstgeweiteten Augen sah Otoko wieder hoch zu Chris. "...D-du darfst nicht nett zu mir sein!... I-ich h-habe so w-was gar nicht verdient! D-du musst mich d-doch hassen nach all dem!"

"Aber... das tue ich eben nicht... Was ist so schlimm daran?"

Der zierliche Körper begann wieder zu zittern und erste Tränen waren zu sehen. "...Es kann nicht sein! N-nein!!"

Hilflos sah Chris zu Otoko. "...Wieso nicht?"

"I-ich b-bin s-schlecht.... I-ich habe n-nicht das Recht dazu, glücklich zu sein..."

"Wieso hörst du nicht endlich damit auf, Otoko? Hast du nicht schon genug gelitten?"

"Genug gelitten?!" Fast spöttisch sah ihn Otoko an. "Ich habe einen Menschen umgebracht!! Da gibt es nicht genug zu leiden!!"

Mit einem Seufzen schüttelte Chris den Kopf. "Bitte sei leiser, sonst ist mein Vater gleich hier."

"T-t-tut m-mir l-leid....", stammelte der blonde Junge und kroch eiligst weg von Chris an die nächstbeste Wand.

Nun ließ Chris endgültig die Schultern hängen. Nach einer kurzen Pause stand er auf und räumte seine Tasche weg. "Ich geh nach unten und mach mir etwas zu essen. Hast du Hunger?"

"N-n-nein......... T-tut m-mir l-leid........" Von Tränen geschüttelt blieb Otoko in der Ecke sitzen.

Einen Moment lang sah Chris Otoko stumm an, dann ging er wieder zu ihm zurück und kniete sich vor dem anderen hin, damit er mit ihm auf Augenhöhe war. "Du solltest langsam anfangen, die Vergangenheit zu vergessen... Es bringt nichts, wenn du dich ewig damit quälst."

"S-so etwas k-kann i-ich doch n-nicht einfach v-vergessen....", nuschelte Otoko und versuchte, Chris Blick auszuweichen.

"Versuch es, ja?" Doch mehr als ein aufmunterndes Lächeln brachte Chris nicht zustande. Seine Enttäuschung, über die neue Mauer, die Otoko zwischen ihnen aufgebaut hatte, war zu groß. "Ich brauche nicht lange." Damit ging er aus dem Raum.

Schluchzend verbarg Otoko sein Gesicht in seinen Armen. ".....w-wie..... wie soll ich es v-vergessen, w-wenn e-es immer noch a-an mir klebt.....?", wimmerte er.

Unten in der Küche angekommen setzte Chris sich erst einmal, stützte die Hände auf der Tischplatte auf und schloss die Augen. //Wieso musste das jetzt passieren? Es lief so gut und dann so etwas. Ach verdammt!// Er war nicht wütend auf Otoko, nein, viel mehr auf sich, weil er es mal wieder ruiniert hatte. Wie damals...

Eine sanfte Hand strich Chris durch die Haare. "...Chris? Geht es dir gut?", fragte die Stimme seiner Mutter.

Überrascht sah Chris auf. Er hatte für einen Moment ganz vergessen. "Nein, wenn ich ehrlich bin, geht es mir nicht besonders.", antwortete er in einem traurigen Tonfall.

"Ist es wegen Neal...?", fragte seine Mutter und versuchte so warm wie möglich zu lächeln.

"Auch... Aber eigentlich ist es mehr wegen Otoko."

Nun war seine Mutter wirklich überrascht. "O-otoko? Was ist denn mit ihm?"

Doch Chris schüttelte den Kopf. "Ich kann es dir nicht sagen... Er würde es nicht wollen. Aber... ich weiß nicht... Es ist einfach bescheuert... alles..."

Juliette war durch die Worte nun wirklich verletzt. "Aber Chris.... Du kannst mir doch vertrauen... Wenn du Probleme hast, kannst du immer zu mir kommen...."

"Mama, nimm es dir nicht so zu Herzen, aber ich kann nicht mit dir darüber reden. Wenn die Situation etwas klarer ist, dann vielleicht, aber nicht jetzt... Außerdem, ist er hier und ich will nicht, dass er davon etwas mitbekommt."

"Meinst du deinen Vater?"

Chris nickte.

Traurig lächelte Juliette ihren Sohn an. "Der hat sich doch schon längst wieder in seinem Büro verschanzt..."

Nun überlegte Chris doch, ob er es seiner Mutter erzählen sollte. Doch andererseits... Sie liebte seinen Vater und würde es ihm bestimmt sagen. "Wie dem auch sei..." Er stand auf und nahm sich einen Apfel. "Ich geh wieder nach oben."

"Soll ich euch etwas kochen?", schlug seine Mutter vor und wollte eigentlich nicht, dass Chris schon ging.

"Nein danke, er hat keinen Hunger. Und mir reicht der Apfel."

"Oh.... ok..." Und damit verschwand seine Mutter wieder im Wohnzimmer.

//Und schon wieder habe ich jemanden verletzt.//

Als Chris wieder ins Zimmer trat, war Otoko nicht mehr da.

//Scheiße! Ist er etwa abgehauen?// Sofort rannte Chris zum Fenster, doch das war verschlossen. "Otoko? Wo bist du?" Schnell ging er wieder zurück in den Flur. //Ist er etwa die Treppe runter, als ich in der Küche war?// Doch dann hörte er seltsame Geräusche aus dem Bad kommen. //Ist er das?//

Die Tür zum Bad war zu aber nicht verschlossen. In seiner Angst wäre er beinahe unangemeldet hereingeplatzt, doch dann besann er sich eines besseren und klopfte an.

Doch als sich nichts rührte, öffnete Chris die Tür langsam. Otoko stand mit dem Rücken zu ihm und so konnte Chris nicht erkennen, was dieser dort tat. Leise schloss er die Türe wieder. "Otoko?"

Wieder keine Reaktion. Anscheinend war der blonde Junge viel zu sehr in das vertieft, was er tat.

"Was tust du da?" Als Chris näher kam, sah er, dass Otoko sich anscheinend nur die Hände wusch. Doch wie er es tat, wunderte Chris schon sehr. "Hey, deine Haut ist schon ganz rot, du musst es doch nicht so fest machen."

Nicht nur Otokos Hände waren rot. Seine Augen waren vom Weinen genauso gerötet. Doch Chris nahm er immer noch nicht wahr. Mit immer ruckartigeren Bewegungen versuchte er, seine Haut zu reinigen. "....E-es muss ab...... e-es muss....", murmelte er aggressiv und biss sich auf die Lippen.

//Was meint er?// Vorsichtig nahm Chris Otokos Handgelenke und hielt sie fest. "Beruhig dich doch... bitte..."

Verstört starrte Otoko auf die fremden Hände, die ihn daran hinderten, weiter zu machen. "...W-was....?" Fragend blickte er Chris nun an. "I-ich... ich will es nur w-weg b-bekommen...."

"Was denn? Was muss ab, hm?", fragte Chris.

".....D-das........ das Blut....", stammelte Otoko und versuchte ohne Kraft, seine Handgelenke wieder frei zu bekommen.

Chris zog Otoko an sich, dessen Rücken an seine Brust. "Lass es, bitte."

Am liebsten hätte sich Otoko einfach in Chris Arme geschmiegt, doch stattdessen verkrampfte er sich. ".....A-aber.... w-wie soll i-ich es s-sonst v-vergessen?"

"Wir finden einen Weg, aber hör bitte jetzt damit auf." Chris nahm Otoko die Seife aus der Hand und trocknete die wunde Haut ab.

Beschämt ließ es Otoko über sich ergehen. "....I-ich m-mache d-dir doch n-nur Probleme...."

"Das ist doch jetzt egal." Er zog den Jüngeren näher an sich und hob ihn hoch. "Du solltest jetzt schlafen, es war ein anstrengender Tag. Ohne eine Antwort abzuwarten, trug Chris Otoko zurück in sein Zimmer.

23.

Die nächsten Tage war Chris wieder auf mehr Abstand gegangen. Zum einen, weil er wollte, dass Otoko sich beruhigte und zum anderen, weil er doch etwas verletzt war, auch wenn er sich dumm dabei vorkam. Doch wenigstens hatte es so bis Freitag keine besonderen Vorkommnisse mehr gegeben.

Als Otoko am frühen Nachmittag aufwachte, war er wieder alleine im Bett. Es war erstaunlich, wie lange er in dem weichen Bett schlafen konnte. Immer noch schlaftrunken sah er sich um. Es war warm, es roch frisch nach Chris' Duschgel und die Sonne schien draußen schon lange ihren Dienst angetreten zu haben.

Chris selbst war schon vor Stunden zur Uni gegangen, doch er hatte Otoko einen Zettel hingelegt, auf dem die Uhrzeit stand, an der er wieder zurückkommen würde.

Den Zettel würdigte Otoko nur mit einem schnellen Blick. Ihn hatte Zeit noch nie groß interessiert. Hauptsache Chris würde wiederkommen. Schließlich musste er wieder kommen, er wohnte ja auch hier.

Seufzend zog er die Decke über sich. Das Wetter passte so ganz und gar nicht zu seiner Laune. Es tat ihm weh, dass Chris die letzten Tage kaum mit ihm sprach, andererseits wollte er ja eigentlich genau das.

Doch bevor er den Gedanken weiterführen konnte, hörte er schon den dumpfen Knall der Haustür, die zugeschlagen wurde. Chris schien schon zurück zu sein.

Otoko entschloss sich, Chris entgegen zu gehen und stand auf. Als der erste Schwindel verflogen war, tapste er in Chris' Schlafanzug die Treppe runter.

Aus der Küche waren Geräusche zu hören, Töpfe klapperten und Plastik wurde zerrissen. Da Chris' Eltern von heute Morgen bis zum Sonntag Abend nicht da sein würden - unter anderem um mit einem befreundeten Arzt über Neals Zustand zu reden - , hatte auch niemand gekocht und Chris nahm an, dass Otoko langsam wieder normales Essen vertragen konnte. Also machte er Spaghetti.

Als Otoko die Küche betrat, stand Chris mit dem Rücken zu ihm gewandt da. "B-bist du s-schon da?"

Leicht erschrocken drehte Chris sich um. Er hatte nicht erwartet Otoko um diese Zeit im wachen Zustand vorzufinden. Sonst hatte er immer bis zum Abend geschlafen. "Wie du siehst....", antwortete er verspätet. "Wie sieht es mit deinem Appetit aus?"

"I-ich weiss n-nicht so recht.....", stammelte der Junge und schlang die Arme um sich. Chris' Tonfall war wieder so kalt.

"Willst du eine Decke?"

"...N-nein... i-ich..... Mir ist nicht kalt....." Wie zur Bestätigung ließ er die Arme wieder sinken. Dass sich dabei der Verband löste und runter hing, merkte Otoko nicht.

"Wie du meinst." Chris drehte sich wieder um und gab die Nudeln in das mittlerweile kochende Wasser. "Meine Eltern sind über das Wochenende weg. Wir sind also ganz allein."

Nickend nahm der blonde Junge dies zur Kenntnis. "Ch-chris....? H-hasst du mich jetzt?", fragte er leise.

Chris stand immer noch mit dem Rücken zu Otoko und überlegte, war er antworten sollte. Natürlich hasste er den anderen nicht. In den letzten Tagen hatte er viel über seine neuartigen Gefühle nachgedacht, aber er war zu keinem Ergebnis gekommen. Außerdem musste er den Stoff nachholen, den er in der Uni verpasst hatte. Er wollte nicht, dass Otoko noch einmal so ausrastete wie am Dienstag Abend, also hatte er sich zurückgehalten und nicht mehr über seine Empfindungen gesprochen. "Nein, das tue ich nicht.", antwortete er leise.

"W-würdest du m-mich wieder küssen....?" Otoko war selbst überrascht, dass er das gefragt hatte und blickte nun scheu zur Seite.

Verwirrt drehte Chris sich um. "Nicht, wenn du dann wieder einen Anfall hast...."

"I-ich weiss nicht, was i-ich machen soll, C-chris.." Er biss sich auf seine spröden Lippen. "I-ich haben das Gefühl, e-etwas Schreckliches zu tun, wenn ich Glück e-empfinde...."

//Du bist nicht er einzige, der nicht weiß, war er machen soll....// Der überkochende Topf erinnerte Chris an das Essen. Schnell drehte er sich um und drehte die Temperatur herunter. Als er fertig war, wandte er sich wieder Otoko zu. "Du könntest versuchen, es einfach hinzunehmen."

"I-ich weiss ni-nicht, ob i-ich das sch-schaffen k-kann..." Den Tränen nahe wandte sich Otoko ab. "....G-gomen nasai...... I-ich bin w-wohl einfach zu blöd dafür....."

"Das bist du nicht!", erwiderte Chris barscher, als gewollt. "Otoko, bitte, hör auf damit. Versuchen kannst du es immer." Er ging zu ihm und nahm ihm nach kurzem Zögern in den Arm.

Sofort vergrub der Junge sein Gesicht an Chris' Brust. Er zitterte leicht, dann war ein leises Schluchzen zu hören.

"Ich war in den letzten Tagen nicht besonders nett zur dir, tut mir leid." Erst jetzt bemerkte Chris, dass sich einer der Verbände von dem fragilen Körper gelöst hatte. "Vielleicht sollten wir kurz ins Bad um die Verbände auszutauschen. Oder willst du noch duschen?"

"N-nein.... nein..... bitte... H-halt mich e-einfach.....", wisperte Otoko leise.

//Er sollte wirklich etwas essen..... So dünn und zerbrechlich, wie er ist.// Während er langsam über den schmalen Rücken strich, fiel ihm erst auf, dass Otoko trotz der Verbände schon viel besser aussah. //Vielleicht liegt es auch nur daran, dass er mal ein warmes Bett zum Schlafen hat.//

Langsam hob Otoko den Kopf wieder und sah mit seinen eisigblauen Augen in Chris' stechendgrüne. "....I-ich scheine dir auch weh getan z-zu haben, m-mit meinem blöden Verhalten...." Sanft strich er über Chris Wange.

".....Das ist ok.... Jetzt geht es dir ja wieder besser." Chris lächelte aufmunternd.

"...I-ich....", doch weiter sprach der blonde Junge gar nicht. Er hatte die Arme um Chris' Nacken geschlungen und schmiegte sich an Chris' Körper.

Die Zeituhr, die Chris sich für die Spaghetti gestellt hatte, klingelte, doch im Moment machte ihm das wenig aus. In diesem Augenblick galten seine Gedanken nur Otoko.
Verbissen versuchte Otoko, die Spaghetti möglichst normal zu essen, war aber nicht immer so gut klappte. Kurze Zeit später hatte der Junge mehr Sauce im Gesicht, als an den Spaghetti selbst.

Bei dem Anblick musste Chris grinsen. "Soll ich dir helfen?", fragte er amüsiert.

"H-helfen.....? W-wie denn?" Verwirrt sah ihn Otoko an.

Chris Grinsen wurde breiter. "So." Er wickelte mit Hilfe eines Löffels ein paar Spaghetti auf seine Gabel. "Mach den Mund auf."

Brav tat Otoko, was ihm gesagt wurde und er sperre seinen Mund weit auf.

Erstaunlicherweise machte es Chris mehr als Spaß, Otoko zu füttern. Der anderen lachte sogar ein wenig und es gefiel Chris, ihm dabei zuzusehen. Seinen eigenen Hunger vergaß er dabei schon nach kurzer Zeit.

"C-chris. I-ich kann nicht mehr....", stöhnte Otoko nach ein paar Bissen. "....Ich b-bin jetzt wirklich satt....."

"Na gut.", meinte Chris und schob sich nun eine Gabel mit Nudeln selbst in den Mund. "Wenigstens hattest du ein bisschen."

"S-so viel wie in dieser Woche h-habe ich noch nie gegessen.... und l-lecker w-war es auch..."

Mit mehr als einem Lächeln konnte Chris nicht antworten, denn er kaute immer noch auf den Nudeln rum.

"D-dir hängt d-da noch was raus....", stammelte Otoko und wischte über Chris' Lippen.
Nuschelnd drehte sich Otoko auf die andere Seite des Bettes. Er wurde darauf aber sanft aus seinem traumlosen Schlaf gerissen, als er Chris' Atem auf seinem Gesicht spürte. Er öffnete die Augen, konnte aber erst mal gar nichts erkennen, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.

Chris lag mit leicht geöffneten Lippen, das Gesicht Otoko zugewandt, neben diesem und schlief friedlich. Dass Otoko ihm schon wieder die Decke geklaut hatte, schien ihn nicht zu stören.

Sofort setzte sich wieder ein schlechtes Gewissen in Otokos Kopf fest. //Wieso darf ich nicht einfach glücklich sein.....? Das Ganze wird mir zu viel.....// "....Gomen....", hauchte er leise und beugte sich vor, um Chris Lippen mit seinen zu verschließen.Davon wachte Chris allerdings sofort auf. Desorientiert begriff er einen Moment lang nicht, was gerade vor sich ging. Doch nachdem ihm das klar wurde und er seine Überraschung über Otokos Verhalten überwunden hatte, begann er den Kuss zu erwidern.

Seufzend schmiegte sich Otoko enger an Chris. Das schlechte Gewissen war nicht weg, im Gegenteil, es hatte sich noch verschlimmert. Doch er wollte es versuchen, genauso, wie es Chris gesagt hatte.

Nach einer Weile löste Chris sich ein wenig atemlos von Otoko, ließ die Augen aber geschlossen. Der Körper des Jungen war mittlerweile ganz und gar nicht mehr kalt und Chris genoss dessen Wärme.

Leise wimmernd vergrub Otoko sein Gesicht in Chris' Halsbeuge. "....E-es.... I-ich fühle mich so wohl b-bei dir, a-aber.... e-es tut weh....."

Chris zog die Decke etwas mehr zu sich. "Shhhht..... Mach dir jetzt keine Gedanken darüber. Lass uns schlafen, ok?"

"N-nein.... b-bitte.....K-küss m-mich ein letztes Mal..."

//Nichts lieber als das.// Einen Arm legte Chris in Otokos Nacken und zog ihn so leicht an sich. "So oft du willst.", hauchte er leise, ehe er sanft Otokos Lippen mit seinen berührte.
Gegen neun Uhr konnte Chris nicht mehr schlafen und ging ins Bad. Als er sich kurz im Spiegel betrachtete, erinnerte er sich an die Küsse von der letzten Nacht. //Habe ich dieses Mal vielleicht ein bisschen mehr Glück?// Völlig in Gedanken zog er sich seine Boxershorts aus und stieg in die Dusche.

Chris' Wärme vermissend wachte auch Otoko wenig später auf. "....Chris....?", krächzte er und stand dann auf, um ins Bad zu taumeln.

Wohlig seufzend massierte Chris sich das Shampoo in die Haare. //Die Farbe geht immer noch raus....Wann hört das denn endlich auf?// Seit er fünfzehn war, hatte Chris immer wieder seine eigentlich dunkelblonden Haare schwarz gefärbt. Seine Naturhaarfarbe gefiel ihm einfach nicht.

"....D-du hast gefärbte Haare?", platzte es aus Otoko, der den anderen ein wenig beobachtet hatte.

//Ich habe ihn gar nicht gehört....// Verwundert, aber keineswegs erschrocken blickte Chris zu Otoko. "Ja..... seit einer Weile schon..."

"H-hab i-ich gar nicht gemerkt....", meinte Otoko und sah zum Waschbecken. "K-kann ich mir kurz das Gesicht waschen?"

"Klar. Du kannst auch duschen." Mit einem leichten Grinsen fügte Chris hinzu: "Nach oder mit mir."

Mit einem scheuen Lächeln wandte sich der blonde Junge dem Waschbecken zu. "I-ich werde m-mir doch lieber nur den K-kopf waschen."

"Wie du willst." //Obwohl es schade ist.// Chris duschte ausgiebig, seifte sich ein und genoss es, sich wieder richtig sauber zu fühlen.

Auch Otoko ließ sich viel Zeit, um sein Gesicht zu waschen. Er hatte mittlerweile entdeckt, wie erfrischend es sein konnte, wenn man sich eine Ladung Wasser ins Gesicht spritzte.

Als Chris fertig war, stieg er aus der Dusche und suchte sich ein Handtusch heraus, das er sich dann um die Hüfte wickelte. "Sag mal, willst du nicht mal wieder raus?"

"R-raus?" Etwas unsicher sah ihn Otoko an. "...I-ich weiss nicht..."

"Wie du willst. Wir könnten vielleicht in den Park ein wenig spazieren gehen oder so. Was du willst, *wenn* du willst." Für seine Haare nahm sich Chris ein dunkles Handtuch, da seine Mutter sich dauernd beschwerte, dass er alle Handtücher durch das Haarfärben verderben würde.

"W-wenn du mitkommst...?", stammelte Otoko nach kurzem Nachdenken.

"Klar." Zuversichtlich rubbelte Chris sich die Haare trocken. Das Wochenende war mehr als erfolgreich gewesen: er war Otoko näher gekommen, verstand sich wieder besser mit ihm und der andere hatte seine Entzugserscheinungen nur die ersten Tage bei Chris gehabt. Es ging bergauf.
Schweigend ging Otoko neben Chris her. Es war komisch für ihn, wieder draußen zu sein. "...I-ich habe die Sterne und den M-Mond nicht mehr gesehen bei dir...."

Nachdenklich sah Chris zu dem Jungen. "Du hättest nur etwas sagen müssen."

Sofort schüttelte Otoko den Kopf. "I-ich wollte sich nicht sehen... Sie h-hätten mich nur wieder ausgelacht...."

"Glaubst du das immer noch? Ich meine, es geht dir nicht mehr so schlecht wie vorher, oder?", fragte Chris, während sie langsam durch den Park gingen.

"....N-nein.... v-vielleicht b-beschimpfen sie mich jetzt...." Seufzend schmiegte sich Otoko an den größeren Jungen. "....A-aber d-das ist mir egal... S-solange du b-bei mir bist...."

Um dem anderen zumindest ein bisschen Trost zu schenken, legte Chris den Arm um ihn. "Ich bin solange da, wie du mich brauchst."
Mit einem langgezogenen Gähnen streckte Chris sich auf dem Sofa, auf dem er mit Otoko wieder vor dem Fernseher lag. Gerade kam die Vorschau auf die Spielfilme des nächsten Monats.

"F-fehrnseh schauen ist wirklich interessant...", murrte Otoko und war schon wieder nahe daran, einzuschlafen.

"Hm..... Nach einer Weile nicht mehr so sehr....." Langsam strich Chris durch Otokos lange Haare. //Eine seltene Haarfarbe....// Seit Otoko seine Haare regelmäßig wusch, sah man das auch.

"....F-findest du es langweilig?", fragte Otoko, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. Leise schnurrend genoss der Junge die Streicheleinheiten.

//Es scheint ihm zu gefallen. Ob ich.....?// Unentschlossen sah er auf Otoko herab, der halb über ihm lag. //Ich kann es ja immer noch lassen, wenn er es nicht mag.// Seine Hand rutschte weiter nach unten, kraulte sanft Otokos Nacken und strich leicht über seinen Hals.

Augenblicklich zog der kleinere Junge die Schultern hoch. "D-das kitzelt!", empörte sich Otoko, kicherte aber dabei.

Chris küsste ihn als Antwort auf den blonden Haarschopf. "Sag, wenn es dich stört.", murmelte er.

Mit einer seltsam geschmeidigen Handbewegung griff Otoko nach Chris Händen. "E-es kitzelt bloß....", sagte er leise und küsste dann die Innenfläche von Chris' Hand.

Der bekam davon eine Gänsehaut.

Lächelnd drehte sich Otoko um und sah Chris in die Augen. "D-danke für alles, was du mir gegeben hast...."

".....Gern geschehen..... mehr als gern." Seine Hand in Otokos Nacken zog diesen leicht zu sich.

Nun war Otokos Gesicht nur noch wenige Zentimeter von Chris' entfernt und er konnte den warmen Atem des anderen fühlen.

Jeder noch so scheue oder gewagte Kuss von Otoko war eine neue Sensation für Chris. Er selbst hatte erst eine Freundin gehabt, bei der es ganz und gar nicht so war, allerdings hatte diese ‚Beziehung' nur vierzehn Tage gedauert. Bei Otoko glaubte er wirklich jemanden gefunden zu haben, den er lieben lernen konnte. Wenn da nicht Otokos Vergangenheit wäre.

Vorsichtig und sanft bewegte der blonde Junge seine Lippen gegen Chris'. Er hatte die Augen geschlossen und merkte nicht, wie sich eine Träne daraus fortstahl.

Chris jedoch bemerkte es schon. Ein wenig traurig löste er sich von Otoko. "Willst du nicht?"

Verwirrt blinzelte ihn Otoko an "W-was....? Wieso m-meinst du?"

"Du weinst."

Ungläubig wischte sich der Junge über die Wange und war auch ziemlich überrascht, als er merkte, dass er wirklich weinte.

"Ich werde nichts tun, was du nicht willst....." Chris wollte noch etwas hinzufügen, ließ es aber dann doch.

"....N-nein.... E-es gefällt mir doch auch...", stammelte Otoko.

"Dann ist ja gut....." Chris zog Otoko ein bisschen mehr zu sich ihn, da es so bequemer für ihn war. Vorsichtig strich er über Otokos Rippen. "Tut es noch weh?"

"K-kaum noch..." Doch so wie er die Luft anhielt, schien es ihn immer noch zu schmerzen.

Natürlich fiel Chris das auf und so nahm er seine Hand wieder weg. Er griff nach der Fernbedienung für den Fernseher und suchte eine Weile die Kanäle ab, bis er eine Sendung gefunden hatte, die ihm gefiel. "Wenn du lachen willst, Otoko, dann musst du nur eine Talkshow ansehen."

"W-wieso.....?" Verwirrt und auch ein wenig neugierig versuchte Otoko dem Thema der Show zu folgen. ".....ü-über was reden die?"

"Sex."

".......U-über...... so was redet i-ihr.....? Soll das lustig sein?"

Chris musste grinsen. "Die Meinungen mancher Leute sind lustig. Aber über manche Themen kann man mehr lachen."

"....Ach so..." Mehr konnte Otoko nicht sagen, er empörte sich gerade stillschweigend über die durch Schönheitsoperationen entstellte Frau, die gerade ausgiebig über ihr Sexualleben plapperte.

Dann kam das Thema Aids zur Sprache. //Die Wahrscheinlichkeit, dass er es hat, dürfte recht hoch sein.... Aber die Ärzte im Krankenhaus haben nichts gesagt. Gehört eine Blutanalyse nicht dazu, wenn man behandelt wird? Vielleicht sollte ich einfach mal anrufen.//

Entnervt seufzend legte Otoko seinen Arm um Chris Brust und kuschelte sich an ihn.

//Wenn es doch immer so friedlich bleiben könnte...// Lächelnd strich er Otoko durchs Haar, während er dem Fernseher nur seine halbe Aufmerksamkeit schenkte.

"M-machst du das auch?", fragte Otoko, nachdem ein gerade mal Vierzehnjähriger über seine Erfahrungen mit dem Staubsauger sprach.

Fast entsetzt sah Chris Otoko an. "Nein!"

"H-hab ja nur ge-gefragt....", nuschelte Otoko, nachdem ihm schon die nächste Frage auf der Zunge brannte. "H-hast du denn schon mal mit einem Mann geschlafen?"

Als Antwort schüttelte Chris nur den Kopf. Was sollte das jetzt?

"Möchtest du.....?"

Chris musste schlucken. "I-ich weiß nicht....." //Das war eindeutig der falsche Sender.//

Langsam hob Otoko den Kopf. "....Wieso nicht....?"

Allmählich wurde es Chris zu viel. "Ich hab nie darüber nachgedacht...."

"Wirklich nicht......? Ich dachte, das würden alle tun...."

//Vielleicht schon.... ein, zwei mal...//

Sanft strich Otoko über Chris Wange. "Ich habe es mir mit dir schon vorgestellt....", hauchte er leise.

"...Aha..."

Ein sarkastisches Lächeln lag auf Otokos Lippen. "....Ich wünschte, man würde an so was keine Freude haben...."

//Wie meint er das jetzt?//, doch Chris zog es vor, nichts zu erwidern.

"....Chris.... Findest du mich schön?"

"Ja"

".....Du hast einen beschissenen Geschmack."

"Danke." Nun grinste Chris wieder etwas. //Hoffentlich ist das Thema damit erst einmal beendet.//

".......Baka... Bedankst dich, wenn ich dich beleidige...." Otoko schüttelte leicht den Kopf und richtete sich auf.

Chris streckte ihm die Zunge heraus. "Ich lasse mich eben von dir nicht beleidigen."

"Hast du dich schon... und das ohne Gegenwehr... Bist du etwa ein Masochist?"

"Ganz genau."

"So?" Grinsend beugte sich Otoko zu Chris runter. ".... Wo hast du denn deine Peitschchen versteckt....?", fragte er hauchend.

Amüsiert ging Chris auf das Spielchen ein. "Such sie doch, wenn du sie haben willst."

"Hm..." Schulterzuckend und mir gelangweiltem Gesichtsausdruck sah Otoko zur Seite. "Wenn es denn schon sein muss, nehme ich lieber meine Fingernägel dazu...."

"Tu, was du nicht lassen kannst." Mit einem Lächeln umfasst er Otokos Gesicht, zog ihn zu sich und küsste ihn wieder, wie schon so oft an diesem Tag.

"...Wie du...... wünschst...", nuschelte Otoko gegen Chris Lippen und schob gleich darauf seine Hände unter Chris Shirt. Erst strich er nur sanft über die Brust des anderen, doch kurze Zeit später hatte Chris die erste Schramme von Otoko auf seiner Haut.Chris verzog leicht das Gesicht. "Vielleicht solltest du es doch lieber lassen.", meinte er, nachdem er den Kuss wieder abgebrochen hatte.

"Willst du etwa schon kneifen, du Weichei?" Grinsend funkelte Otoko Chris an. Er schnappte nach Chris Lippe und saugte fest daran.

//Er wirkt auf einmal viel sicherer... Wieso?// Chris schloss die Augen und öffnete nur zu gerne den Mund. Dass Otoko die Initiative ergriff, war eine schöne Abwechslung.

Nachdem Chris Lippe schon fast zu schmerzen anfing, löste sich Otoko wieder von Chris. "....Soll ich weitermachen?"

"Ich bin kein Masochist, das war ein Scherz... Aber küssen darfst du mich immer...", antwortete Chris leicht atemlos.

"Sogar vor deinen Eltern...?" Mit einem spitzbübischen Lächeln hatte sich Otoko auf Chris' Hüften gesetzt.

"Ich weiß nicht, ob sie das gerne sehen würden... Eher nicht..." Chris hätte nur zu gerne wieder den schmalen Körper gestreichelt, doch er wollte ihm nicht wehtun und ließ es deshalb.

"Ein eher nicht heißt für mich ja.", raunte Otoko und biss sanft in Chris Hals.

"Vor meinem Vater solltest du dich in Acht nehmen." Chris neigte den Hals zur Seite und genoss Otokos Liebkosungen.

"Hmm... Dem blas ich einen, dann hält er die Klappe....", nuschelte Otoko und leckte mit seiner Zunge bis zu Chris' Ohrläppchen.

//Was?// Chris drückte Otoko leicht von sich. "Meinst du das ernst?"

"Ja sicher, was denkst du denn......?... Oder warte... Willst du mich etwa für dich ganz alleine haben?" Grinsend richtete sich Otoko auf. "Möchtest du deine kleine Missgeburt in einen goldenen Käfig stecken, den du niemandem zeigen wirst?"

"Was ist denn jetzt auf einmal los?", fragte Chris irritiert.

"Was denn? Ich will dich doch nur ein wenig verwöhnen. Das gefällt dir doch, oder?" Sanft wie zuvor strich Otoko über Chris' Brust und massierte sie leicht.

Doch Chris hielt seine Hände fest. "Hör auf, bitte."

"Was denn?" Trotzig sah er auf Chris runter. "Hat dich die Vorstellung, dass ich deinem Vater ein wenig Spaß schenken würde, so abgeturnt?"

"Ich will nicht, dass du sonst etwas machst, nur weil du denkst, du schuldest mir etwas."

"Aber das macht man doch, wenn man Lust darauf hat, oder?" Grinsend beugte sich Otoko wieder zu Chris runter. "Du hast dir in der Schule sicher schon mal einen runtergeholt, weil du 'nen Ständer hattest, oder?"

"Das ist aber wirklich etwas anderes."

"Ach quatsch! Wo liegt denn da der Unterschied?"

"Das ist doch egal. Ich will es nicht, ganz einfach."

"Vorhin wolltest du es aber noch."

"Jetzt nicht mehr."

"Ach komm schon.... Ich werde schon dafür sorgen, dass du wieder willst... Hab ja schließlich Übung darin."

"Es reicht, Otoko. Ich sagte nein!" Chris war inzwischen wirklich wütend auf Otoko, drückte den anderen weg und stand auf.

"Langweiler!", zischte der blonde Junge. Er streckte sich auf dem Sofa aus und schloss die Augen.

Gereizt holte Chris seine Bücher und setzte sich an den Esstisch, um zu lernen.

24.

Otoko schreckte auf, als sich die Wohnzimmertür schloss. Verwirrt sah er sich um. Er lag auf dem Sofa und Chris schien gerade hoch zu gehen. //Wieso hat er mich nicht geweckt?// Ein wenig verwirrt stand Otoko auf und ging Chris nach.

Doch anstatt mit Otoko zu reden, ging Chris ins Bad und schloss sogar ab, was er bisher noch nie getan hatte.

Wie vor den Kopf gestoßen stand Otoko vor der Badezimmertür. //....Will er jetzt plötzlich alleine im Bad sein.....? Na gut, dann warte ich eben....// Ächzend setzte sich Otoko auf den Boden und wartete dann.

Auch als Chris aus dem Bad kam, ignorierte er Otoko. In seinem Zimmer zog er sich um und ging gleich darauf ins Bett.

Eigentlich wollte Otoko gleich nach Chris ins Bad, aber dessen Verhalten störte ihn und so ging er Chris nach. Unschlüssig blieb er vor dem Bett stehen. "....C-chris.....?"

"Ich schlafe heute Nacht alleine. Bleib im Wohnzimmer oder sonst wo, ist mir egal. Aber geh raus!", fauchte Chris ihn an.

Erschrocken trat Otoko ein paar Schritte zurück. "W-was i-ist d-denn ?.... W-was h-hab i-ich denn g-gemacht....?"

"Lass! Mich! In! Ruhe!"

Einige Sekunden blieb Otoko zitternd vor Chris Bett stehen, bis er sich umdrehte und auf dem schnellsten Wege das Haus verließ. //...W-wieso sagt er so etwas? Was habe ich ihm denn getan?!// In seiner Verstörtheit hatte der blonde Junge sogar vergessen, sich eine Jacke anzuziehen und rannte jetzt in Jeans und Pullover draußen durch die kalte Nacht. Er wusste nicht wirklich, wo er hinwollte, Hauptsache weg von Chris. Er schien ihn nun doch zu hassen. //....Dabei dachte ich, er würde es wirklich ernst meinen...// Mit Tränen in den Augen fand er sich plötzlich in den Seitengassen der Stadt wieder.

Chris bemerkte davon nichts und dachte, Otoko wäre jetzt im Wohnzimmer. //Ich hab jetzt wirklich keine Lust auf ihn. Das vorhin hat mir echt gereicht.// Leise grummelnd schloss er die Augen und schlief bald ein.
Am Morgen wachte Chris verwundert auf, da ihm Otokos Wärme fehlte. //Ach ja, ich hab ihn rausgeschmissen...// Verschlafen stand er auf und ging die Treppe herunter ins Wohnzimmer, doch die Couch war leer.

//Wo ist er hin?// Chris schaute eben im Eingang nach und entdeckte, dass die Haustüre ein wenig offen stand. //Ist er etwa weggelaufen? ... Scheiße, ich hätte nicht so wütend auf ihn sein dürfen.// Schnell rannte Chris nach oben und zog sich an, dann lief er nach draußen und machte sich auf die Suche nach Otoko. //Hoffentlich finde ich ihn.//

Allerdings wusste Chris nicht so genau, wo er hätte suchen sollen, er hatte zwar eine leichte Vorahnung, aber die verdrängte er lieber.

Doch nachdem er fast eine Stunde erfolglos in der Stadt herumgelaufen war, hatte er keine Wahl, als auch in der Gegend zu suchen, in der bekanntlich Drogengeschäfte abgewickelt wurden. Und dort wurde er wirklich fündig.

Leicht zitternd und mit geschlossenen Augen saß Otoko an eine Mauer gelehnt da. Seine Lippen wahren schon fast blau vor Kälte.

"Otoko!" Sofort war Chris bei ihm und ging neben dem Jungen in die Knie. "Scheiße, warum hast du das gemacht?"

Nur langsam öffnete Otoko die Augen, aber sie blickten unfokussiert an Chris vorbei. "......W-was d-denn? ... L-lass.... m-mich i-in R-ruhe...."

"Nein! Sag mir erst, warum du abgehauen bist?!" Erschrocken über den Zustand, in dem Otoko sich befand, redete er mit ihm harscher als er wollte. Er war doch alles so gut gelaufen und nur durch ihren Streit hatte er alles wieder kaputt gemacht.

Ruckartig hob Otoko seine bebende Hand und versuchte Chris wegzudrücken. ".... D-du w-wolltest..... m-mich... j-ja nicht.... i-ihn d-deiner... N-nähe haben..... I-ich b-bin... d-dir wohl... l-langweilig g-geworden.....", stammelte er und musste immer wieder nach Luft schnappen.

"Ich war wütend, weil du so einen Scheiß dahergeredet hast. Aber ich wollte dich doch nicht ganz rausschmeißen... Ich hab einfach ein bisschen Ruhe gebraucht. Mehr nicht." Verzweifelt versuchte Chris Otoko hochzuheben, doch der wehrte sich, wenn auch nur schwach.

"F-fass m-mich n-nicht an!!", keifte Otoko und musste kurz darauf husten. Er löste sich von Chris und hielt sich an der Wand fest, um nicht zu Boden zu gehen. //.......E-es dreht sich alles........// "....Wa-was denn...? W-was hab.... i-ich denn so... Schlimmes... g-gesagt....?", keuchte er. "D-dass es.... kizelt.... W-was i-ist da.... daran so schlimm......?"

"Du hast danach noch ganz andere Sachen gesagt, aber das ist doch jetzt egal. Komm schon, bitte, lass mich dich heimbringen."

"ICH HAB, VERDAMMTNOCHMAL, KEIN ZUHAUSE!!!" Weinend brach Otoko in die Knie. "......I-ich gehöre n-nicht z-zu dir.....", wisperte er leise und begann wieder zu husten.

"Otoko, du wirst hier zugrunde gehen. Ich will das nicht. Wieso kannst du das nicht verstehen?" Er presste Otoko an sich. "Bitte, du bist ganz kalt."

Schluchzend hing Otoko in Chris' Armen. ".....E-es..... es tut.... s-so w-weh....", keuchte er leise.

Chris hob den anderen hoch. "Es hört wieder auf. Ganz sicher." //Wegen mir ist er wieder rückfällig geworden. Nur wegen mir.//

"N-nein.... I-ich muss..... ich.... muss m-mehr h-haben.....I-ich sterbe......" Im Delirium griff Otoko immer wieder nach etwas, was gar nicht da war.

Otoko lag schwer in Chris' Armen, doch der trug den Jungen weiter durch die Straßen wieder zurück zu ihm nach Hause. "Das wirst du nicht. Das lasse ich nicht zu, Otoko, du wirst weiterleben und du wirst auch wieder von diesen bescheuerten Drogen weg kommen."

"........N-nein......... L-lass...... lass es s-sein...... n-nicht..... noch einmal.....", wimmerte Otoko.

"Chris? Hey Chris!"

Verwirrt drehte Chris sich um und blickte ihn ein bekanntes Gesicht.

Etwas verwirrt blickte ihn Janine an. "...Brauchst du Hilfe?" Sie sah auf den wimmernden Körper in Chris' Armen.

"Janine..." Eine Sekunde überlegte er, ob er ihr etwas vorlügen sollte, doch er entschied sich dagegen. "Ja, wahrscheinlich schon."

"Was ist mit ihm?", fragte sie und trat näher an Chris heran.

"Er hat schon wieder Drogen genommen." Chris schüttelte den Kopf, als könnte er so seine Fehler rückgängig machen. "Es ist alles wegen mir, Janine. Wenn ich nicht so wütend gewesen wäre, hätte er das nicht getan."

Erneute Verwirrung lag in Janines Blick. "Wer ist er überhaupt?"

"Ein Freund von mir. Ich erkläre euch beiden alles, aber ich muss ihn jetzt irgendwo hinbringen, wo es warm ist. Er ist eiskalt."

"O-ok.... Warte, stütz du die linke Seite, ich stütz ihn auf der rechten." Sie legte sich Otokos Arm um ihre Schultern.

".........C-chris....... h-hör endlich....... a-auf...."

"Nein. Wenn es dir wieder besser geht, kannst du mich beschimpfen, wie du willst, aber jetzt nicht." Gemeinsam mit Janine brachte Chris Otoko wieder zu sich nach Hause und verfrachtete ihn ins Bett.

Stöhnend und hustend wand sich der dünne Junge auf dem Laken. "....A-a.... a-alles.... d-dreht.... s-sich..... C-chris...."

"Ihm geht es wirklich nicht gut..."

"Es ist schlimmer als das letzte Mal..." Chris ließ eine Schmerztablette in ein Glas Wasser fallen und hoffte, das würde Otoko ein wenig helfen. Er setzte sich hinter dem Jungen aufs Bett und zog seinen Oberkörper zu sich, damit er halbwegs aufrecht saß. "Trink." Damit hielt er Otoko das Glas an die Lippen.

".....N-nein........ E-es..... k-kommt g-gleich a....... alles hoch......", röchelte der blonde Junge und konnte kaum noch die Augen offen halten.

"Bitte, es wird deine Schmerzen vermindern." Chris versuchte es nochmals.

".....I-ich.... k-kann ....nicht......" Langsam kippte Otoko vornüber. Röchelnd blieb er auf der Decke liegen, bis ein Ruck durch seinen Körper ging und er sich übergab.

"Oh mein Gott!" Janine stand sofort auf den Beinen und rannte in Badezimmer.

Chris verzog leicht das Gesicht. "Wir sollten vielleicht auch gleich ins Bad gehen." Er stand auf und trug Otoko nach nebenan.
Immer noch ziemlich mitgenommen von dem Kampf, Otoko zu versorgen, starrte Janine vor sich auf die Tischplatte.

Michael saß verwirrt neben ihr. Er selbst wusste noch nicht, was los war.

Chris setzte sich zu den beiden. "Ich sollte euch wohl endlich erzählen, was los ist..."

"Das solltest du... Ich habe nämlich keine Ahnung, worum es geht...", meinte Michael und strich Janine sanft über den verspannten Rücken.

Etwas verlegen blickte Chris auf seine Hände. "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... Nun ja, Otoko ist der Grund, warum ich im Gefängnis war... Aber inzwischen hat sich einiges geändert. Ich hab ihn bei mir aufgenommen, weil ich ihm aus Wut über das mit Neal etwas schlimmes angetan habe..."

"....W-was? Der Kerl, der dich in Gefängnis gebracht hat, ist hier?", fragte Michael empört.

Auch Janine hob verwundert den Kopf.

"Es ist nicht seine Schuld... Er ist verwirrt und wie es aussieht, psychisch krank. Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall bin ich an seinen schlimmen Verletzungen schuld, da ich ihn zu Unrecht beschuldigt habe, Neal etwas angetan zu haben... Ich weiß selbst nicht, warum ich das alles tue." Chris raufte sich die Haare. "Alles um mich herum ist ein Chaos und ich blicke überhaupt nicht mehr durch."

".....Du hilfst ihm also, weil du Schuldgefühle hast?" Doch bevor Chris auf Michaels Frage eingehen konnte, fiel ihm Janine ins Wort.

"Ich habe gerade demjenigen geholfen, der dich ins Gefängnis gebracht hat?! Hätte ich das gewusst....."

"Er kann wirklich nichts dafür." Es war für beide sichtbar, dass Chris mit sich rang und es ihm schwer fiel, mit ihnen zu reden. "... Außerdem... glaube ich,... ich habe mich in ihn verliebt..."

Stille. Ungläubig starrten ihn seine Freunde an.

Chris sank immer mehr in sich zusammen. "... Es ist nun einmal so...", versuchte er sich schwach zu verteidigen.

"...C-chris... B-bist du dir sicher, dass du dich gleich verliebt hast? I-ich meine... vielleicht redest du dir das ja nur ein..."

"Ich glaube schon, dass es so ist. Ich weiß, es ist absurd. Er ist ein Penner und außerdem drogenabhängig, aber eigentlich ist er ein netter Kerl... Er zeigt es eben nicht so oft..." Unsicher sah Chris auf und blickte seine Freunde an. "Wenn ihr jetzt gehen wollt, dann werde ich euch nicht aufhalten..."

"....N-nein.... nein... Es ist zwar..... ein... rechter Schock für uns.... Versteh uns nicht falsch, ok? Aber so etwas hätten wir jetzt wirklich nicht erwartet.... Du bist immerhin unser Freund.... und wegen so was.... werden wir dich nicht hängen lassen....", meinte Michael und versuchte aufrichtig zu lächeln.

"Danke." Langsam fühlte Chris sich ein wenig sicherer. "... Ich weiß nicht, wie es weiter geht... Vielleicht hat es auch gar keinen Sinn, aber ich will es wenigstens versuchen..."

"Na ja... Da können wir dir nur ne große Portion Glück wünschen..."

Ein gedämpftes Stöhnen ließ Chris hochschrecken. "Ich sehe eben nach ihm." Schnell ging er in sein Zimmer, doch Otoko redete lediglich im Schlaf und war nicht aufgewacht.

Der blonde Junge war mittlerweile nassgeschwitzt und wälzte sich unruhig in dem frisch bezogenen Bett. "......Hnn.... nein..."

Chris befühlte die Stirn des Jungen. //Immer noch so heiß...// "Es ist alles ok, Otoko. Keine Angst.", versuchte er den anderen zu beruhigen.

Schwer atmend griff Otoko nach Chris' Hand.

"Was ist los, hm?", fragte der sanft.

".........C-chr... is..........?"

"Ja, ich bin hier, Otoko. Ich passe jetzt auf dich auf."

"......B-bist..... du nicht mehr.... w-wütend......?", fragte Otoko leise. Er hatte die Augen immer noch geschlossen.

"Nein, bin ich nicht. Überhaupt nicht mehr."

Langsam wurde der Druck um Chris Hand leichter und kurz darauf fiel Otokos Hand zur Seite. "....Danke......."

Bei diesem Anblick zog es Chris fast das Herz zusammen. //Als ob er stirbt.// Er hob die Decke und legte Otokos Arm darunter, deckte ihn dann gut zu. "Schlaf gut... Ich bin unten..."

Otoko reagierte nicht mehr, aber sein Atem war immer noch schnell.

Mit einem Seufzen ging Chris wieder nach unten. //Auch wenn sie geschockt sind, sie scheinen es ganz gut aufgenommen zu haben...//

Die zwei flüsterten nur leise miteinander und verstummten sofort, als Chris das Zimmer betrat.

//Oder auch nicht.// Dass seine Freunde sich so verhielten, schmerzte ihn. Aber hätte er etwas anderes erwarten können?

"Lebt er noch?", fragte Michael dann, als Chris sich hinsetzte. Er kassierte dafür einen Stoss in die Rippen von Janine.

"Alles ok." Wieder saß Chris da und wusste nicht, was er tun sollte. Am liebsten hätte er sich in sein Bett gelegt und an überhaupt nichts mehr gedacht. Doch das war jetzt nicht möglich.

"....Chris.... Was hast du jetzt überhaupt vor? Er... kann doch nicht ewig bei dir bleiben... Was sagen deine Eltern dazu?"

"Meine Eltern werden ihn, vielleicht auch mich rausschmeißen... Mein Vater wird es auf jeden Fall versuchen..." Chris' Blick auf die Tischdecke wurde zunehmend hoffnungsloser. "Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll... Vielleicht sollte ich das Ganze einfach vergessen..."

"...Oh Mann..... Das Leben meint es wohl nicht gut mir dir.....", seufzte der andere Junge und strich sich durch die Haare.

"Nicht besonders..." //Andererseits habe ich ihm versprochen, dass ich auf ihn aufpasse... Ich kann mein Versprechen nicht schon wieder brechen...// Chris ließ seinen Blick durch den Raum streichen und blieb an der Uhr hängen. Es war gerade Mittag und er hatte heute noch gar nichts gegessen. "Ich sollte wohl etwas zu essen machen.", meinte er leise, mehr zu sich selbst.

"Nein... Lass mal, wir gehen jetzt lieber... Helfen können wir dir ja nicht wirklich....", meinte Michael und stand mit Janine zusammen auf.

"Ok..." Auch Chris stand auf. Einerseits fühlte er sich schlecht, weil er seine Freunde loswerden wollte, aber andererseits freute er sich, endlich allein zu sein. Er brachte sie noch mit zur Tür. "Bis morgen dann..."

"Und wenn du nicht kommst, werd ich dich persönlich holen kommen, ist das klar?" Lächelnd schlug ihm Michael auf die Schultern.

"Bye..."

"Ist gut." Einen Moment wartete Chris, dann schloss er die Tür. //Ja, es ist wirklich ein Trümmerhaufen... Was soll ich nur machen?//

Was Chris sofort aus den Gedanken riss, war ein Poltern aus seinem Zimmer.

Ein paar Sekunden später riss Chris seine Zimmertüre auf. "Otoko?!"

Schwankend stand der blonde Junge im Raum. "...W-wo...... wo ist.... mein Mantel?"

Für einen Augenblick sah Chris den anderen nur an, dann fiel er plötzlich kraftlos auf seine Knie. "Nein... nicht schon wieder...", murmelte er leise.

Langsam ging auch Otoko vor Chris in die Knie. "...D-du..... hast m-mir...." Er hustete ein paar mal, bis er wieder weiterreden konnte. ".....Du h-hast es m-mir w-wieder a-alles w-weggenommen.... o-oder....?", nuschelte er lehnte seine Stirn an Chris' Schulter.

"Ja...", antwortete der andere. Seine Verzweiflung war deutlich in seinem Tonfall zu hören. "Ich hab es wieder getan..."

"...D-das w-war...... t-teuer...... W-wieso k-kaufe i-ich...... das Zeug.... e-eigentlich noch? Du nimmst e-es mir s-sowieso w-weg........" Otokos Gewicht wurde immer schwerer und er sank ganz an Chris.

"Ich halte das nicht mehr aus, Otoko..." Chris' Stimme war nur noch ein leises Schluchzen. Langsam legte er die Arme um Otoko. "Ich bin mit meiner Kraft am Ende."

"......W-wegen...... mir....?", hauchte Otoko.

"...Wegen allem..."

".....Lass uns sterben...." Lächelnd hob Otoko die Hand und strich über Chris' Hals. "....Stirb...mit..... mir...."

Erschrocken riss Chris die Augen auf. "W-was? Aber..." Er war verzweifelt, ja, aber sterben wollte er deshalb noch nicht. "Nein... das ist nicht, was ich will..."

".....Was... dann....?"

"Ich weiß nicht... irgend eine Möglichkeit gibt es immer... Aber jetzt schon aufgeben..." Langsam schüttelte er den Kopf. "Nein, das will ich nicht."

"...Schmeiß.... mich weg.... Das... wäre eine Möglichkeit......"

"Nein..." Erst zögerte Chris noch, doch dann sprach er weiter. "I-ich denke, ich habe mich in dich verliebt... Ich will nicht, dass unsere Freundschaft plötzlich ein Ende hat..."

Ein schwaches Grinsen zierte Otokos Züge. "...Du bist zu süß.... für diese Welt...."

"Otoko... Wenn du den Entzug schaffst, dann sieht alles wieder ganz anders aus... Es gibt so viele Sachen, die du tun könntest, um aus diesem Leben herauszukommen..."

Erschöpft schloss Otoko die Augen. ".....In den Kindergarten.... gehen?"

"Nein... das nicht..." Chris stand auf und trug Otoko zurück ins Bett. "Ich überlege mir etwas."

"A-aber bleib hier....... b-bitte...."

"Ich habe nicht vor, zu gehen." Gleich darauf legte sich Chris neben den Jungen. //Zu etwas anderem bin ich im Moment sowieso nicht zu gebrauchen.//

Mit leicht verzerrtem Gesichtsausdruck kuschelte sich Otoko an Chris.

//Vielleicht sollte ich einfach mein Studium abbrechen... und so lange meinen Spaß haben, wie es geht...// Mit diesen düsteren Gedanken schloss Chris die Augen, doch schlafen wollte er nicht. Otokos Entzug war noch lange nicht überstanden.

25.

Lange konnte sich Otoko nicht in seinen fiebrigen Träumen halten, denn eine Weile später wurde die Haustüre aufgerissen, was ihn zusammenzucken ließ.

Chris war inzwischen doch eingedöst und diese Geräusche konnten ihn nicht wecken, denn er war sie von Neal gewöhnt.

Mit verschwommener Sicht blickte Otoko in die Dunkelheit. Er wusste nicht genau, was ihn eben geweckt hatte, aber er verfluchte es, als die ganzen Schmerzen wieder auftauchten.

"Chris? Wir sind wieder zu Hause!", drang die Stimme von Juliette hoch.

"Hm... nein...", murmelte Chris leise und legte sich in eine andere Position.

"......C-chris....", krächzte Otoko leise und versuchte den schlafenden Jungen wach zu rütteln, doch dazu hatte er schlichtweg keine Kraft.

"Chris? Schläfst du etwa schon?" Die Stimme war nun deutlicher zu hören als vorher.

Nun öffnete Chris doch seine Augen. "Was ist denn?", fragte er Otoko leise. //Wollte ich nicht wach bleiben?//

Otoko musste er noch ein paar mal tief Luft holen, bevor er weiterreden konnte. "...D-deine.... M-mutter.......i-ist..." Weiter kam er nicht, denn die Türe von Chris' Zimmer wurde aufgemacht und schon stand Chris Mutter im Zimmer.

"Chris?", fragte sie leise.

Ein fragendes "Hm?" war alles, was Chris antwortete. Er musste erst einmal richtig aufwachen.

"Ah, bist du doch wach...", und schon leuchtete das Licht der Zimmerlampe durch den Raum.

Gepeinigt presste Otoko die Augen zusammen und vergrub sein Gesicht an Chris' Brust.

Verwirrt starrte Juliette das Szenario an. "..."

"Was ist los?", fragte Chris nun nochmals, doch diesmal an seine Mutter. Mit halb geöffneten Augen blickte er zu ihr herüber. Wieso musste sie es auch gleich so hell machen?

"E-entschuldige... I-ich dachte, du wärst a-alleine... W-was macht ihr da überhaupt?"

"Schlafen."

"Wieso in einem Bett, du hättest doch die Matratze holen können!"

"Wieso schreist du so rum? Du machst mir Kopfweh." Chris rieb sich die Augen, dann richtete er sich langsam auf. "Er hat Schmerzen, ich wollte ihn nicht allein lassen."

Otoko hatte seinen Kopf in das Kissen gedrückt und ignorierte, was Chris mit seiner Mutter redete, er wollte einfach nur Ruhe haben.

"Schmerzen? Wieder? Er sollte mal zum Arzt gehen...."

"Er war im Krankenhaus. Und die haben ihn wieder entlassen. Bitte Mama, ich will, dass er weiter schläft. Können wir das nicht ein anderes Mal bereden?"

"Dann lass ihn alleine und komm runter...", meinte seine Mutter ernst und drehte sich weg.

"Ich bin auch müde!"

"Du kannst nachher schlafen.", sagte Juliette und verließ das Zimmer.

"Blöde Kuh!", zischte Chris ihr hinterher. Er drehte sich zu Otoko und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Hey..."

Dieser zuckte leicht zusammen und sah Chris dann erschrocken an. "...W-was.....?", nuschelte er.

Chris hauchte ihm einen Kuss auf die verschwitzte Stirn. "Ich muss eben nach unten, meine Eltern wollen mit mir reden."

Otoko nickte nur leicht und kuschelte sich dann in die Decke.

"Ich bin gleich wieder da." Damit stand Chris auf und ging nach unten.

Da warteten seine Eltern auch schon am Esstisch auf ihn. Schweigend und mit ernster Miene forderten sie ihn mit ihren Blicken auf, sich hinzusetzten.

"Ah, jetzt bekomme ich wohl Ärger, ja?", fragte Chris griesgrämig, setzte sich aber.

"Wenn du so weitermachst, ja.", entgegnete sein Vater ruhig.

"Mit was weitermachst?"

"So frech zu sein. Aber darum geht es nicht..."

"Worum denn dann?" Die Neugier in Chris' Stimme war nur zum Teil gespielt, seine Selbstsicherheit aber auf jeden Fall.

"Diesen Otoko..... Wir haben es ja akzeptiert, dass er bei uns war, weil er Streit mit seinen Eltern hat, aber er kann nicht immer bei uns bleiben! Wir dachte er würde nach ein paar Tagen wieder gehen... jetzt ist er schon über eine Woche hier. Wer ist er überhaupt? Geht er denn nicht zu Schule?"

//Ach weißt du, Arschloch, er ist meine persönliche Hure und muss nicht mehr zur Schule gehen. Er weiß schon alles, was er wissen muss.// Doch Chris konnte sich noch zurückhalten, diese Worte auszusprechen. "Er ist mein Freund und er geht nicht mehr zur Schule, nein. Wieso ist das so wichtig? Essen tut er doch sowieso nicht viel."

"Und was ist mit seinen Eltern? Machen die sich keine Sorgen um ihren Sohn?", klinkte sich die Mutter in das Gespräch ein. "Er scheint krank zu sein, wir sollten es ihnen sagen!"

//Abhauen scheint wirklich eine gute Idee zu sein...// "Seine Eltern sind tot, ich hab dich angelogen."

Fassungslos starrte ihn seine Mutter an. "Tot?", fragte sie ungläubig.

Chris' Vater verzog keine Miene. "Du solltest uns nicht anlügen.", sagte er gefährlich ruhig. "Woher kommt er dann? Von der Strasse?"

"Du scheinst ja gut informiert zu sein." //Ich werde abhauen, jetzt reicht es mir. Ihr könnt mich mal!//

Blitzschnell griff sein Vater nach Chris' Kragen.

"Claire!!" Entsetzt hielt ihn Juliette fest.

"Lass los!", knurrte Chris' Vater und wandte sich wieder seinem Sohn zu. "Du bringst uns einfach so einen Penner ins Haus?! Spinnst du eigentlich?! Er könnte uns beklauen!"

"Ich schließe meine Zimmertür ab, wenn ich schlafen gehe.", antwortete Chris ruhig.

"Nein! Raus mit ihm! Er gehört nicht in unser Haus!", brüllte Chris' Vater nun.

Beschwichtigend strich Juliette über seinen Arm. "Bitte, Claire. Beruhig dich doch! Bis jetzt ist doch auch noch nichts passiert..."

"Nichts passiert?! Er schläft mit diesem Gesindel in einem Bett!", entgegnete Claire und funkelte Chris an. "Ich hoffe, dir ist klar, dass ich hier keinen Sohn brauche, der mit männlichen Straßenhuren rummacht!"

"Man nennt sie auch Stricher, Vater.", meinte Chris mit einem leichten Grinsen und stand auf. "Und keine Angst, ab Morgen brauchst du dich nicht mehr darum zu kümmern."

"Was soll das heißen....?", verlangte sein Vater knurrend zu wissen.

"Das heißt, dass du dich nicht mehr für mich schämen musst." Mit diesen Worten drehte Chris sich um und ging die Treppe nach oben.

"Chris! Chris!! Bleib gefälligst hier!!", brüllte ihm sein Vater nach.

"Du kannst mich mal!", schrie Chris zurück.

Scheinbar wurde der Streit nun weiter unter dem Vater und der Mutter ausgetragen, denn ihre Stimmen waren immer noch zu hören.

"Blödes Arschloch.", murmelte Chris vor sich hin, während er sein Zimmer betrat. Leise ging er zu seinem Bett und legte sich wieder neben Otoko. //Schläft er wieder?//

Diese Frage wurde ihm sofort beantwortet, als Otokos Hand nach ihm Griff und zitternd zu sich zog. ".......G-gomen ....n-nasai..."

"Wieso das?", war Chris' leise Frage darauf.

"I-ich..... m-mache.... ich mache a-alles... k-kaputt... I-ich hätte n-niemals g-geboren werden s-sollen d-dann........ h-hättest d-du... j-jetzt k-keinen S-streit....", stammelte Otoko und schluchzte leise.

"Shht... ist schon gut. Es ist nicht deine Schuld. Mit meinem Vater habe ich mich noch nie richtig verstanden.

Nach Luft japsend drückte Otoko Chris enger an sich.

"Ich werde morgen früh von hier abhauen, Otoko. Mit dir. Ist das ok?"

Entsetzt löste sich Otoko von Chris. "W-was.... a-aber......... W-was ist m-mit deinem Studium....?"

"Das ist erst einmal egal." Chris legte die Arme um Otoko und zog ihn wieder zu sich. "Du musst jetzt schlafen, Kleiner, damit du wieder zu Kräften kommst."

"...N-nein... I-ich will nicht..." Die kalten Finger Otokos griffen nach Chris' Hand. Zitternd zog er sie hoch und küsste sanft die Innenseite.

"Es wäre aber mit Sicherheit besser.", murmelte Chris. Doch anstatt Otoko weiter zu überreden, dass er schlief, strich er ihm sanft über den Rücken. "Was ist mit deinen Wunden?"

"....N-nebensächlich.... I-ich h-habe d-das Gefühl, d-die K-krämpfe k-kommen g-gleich w-wieder....."

//Mist.// "... Gibt es irgend etwas, was dich davon ablenken könnte?"

Ein leises Seufzen war zu hören. "....V-vielleicht, w-wenn das Fieber s-steigt... D-dann b-bekomme i-ich es nicht mehr m-mit....."

"Das ist aber nichts, was ich machen kann."

"...D-dann v-versuch mich einfach zu i-ignorieren... j-ja?"

"Als ob dir das helfen würde." Einen Moment überlegte Chris. "Ich kann dir heißen Tee machen oder Suppe, wenn du willst. Ich hab unten einen Tee, der dich bestimmt leichter schlafen lässt."

"N-nein.... D-das wird sch-schon... G-geh nicht n-noch mal r-runter.... B-bleib einfach h-hier..."

"Gut... Aber morgen solltest etwas essen." //Ich warte, bis meine Eltern weg sind, dann kann ich in Ruhe meine Sachen zusammensuchen... Aber wohin soll ich nur gehen? Michael und Janine kommen nicht in Frage. Zum einen mögen sie Otoko nicht, was ich ja verstehen kann, und zum anderen würde meine Mutter sofort bei ihnen nach mir fragen.//

Stumm blieb Otoko neben Chris liegen. Seine Lungen brannten und ein erstes Ziehen war in seinem Bein zu spüren. Er versuchte sich aber so wenig wie möglich anmerken zu lassen, denn das Chris heute schon einmal fast zusammengebrochen war, hatte er doch so halbwegs mitbekommen und jetzt wollte er dem anderen Jungen nicht noch mehr Probleme machen.

"Ich lass dich nicht alleine, Otoko." Während Otoko stumm seine Schmerzen aushielt, dämmerte Chris wieder ein.
Irgendeinmal in der Nacht hatte es Otoko doch geschafft, sich in seine Fieberträume zu verkriechen. Es waren zwar keine angenehmen Träume, aber das war nicht der Grund, was ihn immer wieder kurz aufwachen ließ. Als die ersten Sonnenstrahlen durch Chris Vorhänge drangen, lag Otoko zusammengekauert da. Er atmete angestrengt und war einfach nur patschnass.

Chris lag mit ein wenig Abstand von Otoko im Bett. Ihm war es einfach zu heiß geworden. Doch abgesehen davon schien er ganz entspannt zu schlafen.

Keuchend zuckte der blonde Junge zusammen und riss Chris damit aus dem Schlaf. Mit verzerrtem Gesichtsausdruck krallte sich Otoko in die Decke und versuchte jegliche weiteren Geräusche zu vermeiden.

Müde sah Chris zu dem anderen, doch als er begriff, wie es Otoko gerade ging, war er hellwach. "Otoko? Mist, sind es die Krämpfe?"

Mehr als zu einen Nicken war Otoko nicht im Stande. Er krampfte sich so sehr in die Decke, dass man sogar sehen konnte, wie sich seine Fingerknöchel weiß färbten.

Sofort rutschte Chris zu dem anderen. "Otoko..." //Irgend etwas muss ich doch für ihn tun können...//

Ein leises Wimmern drang über Otokos Lippen. "....D-das....... das geht.... v-vor-.... bei....."

"Wenn du doch Tabletten willst... Dann bekommst du sie..."

Verwundert blickte ihn der blonde Junge an. "...T-tabletten.... D-du...... h-hast... w-weche....?"

"Nur Schmerztabletten."

Leicht enttäuscht schloss Otoko die Augen. "....V-vielleicht..... b-bringt...... es ja.. was...", keuchte er.

"Einen Moment..." Chris stand auf und ging ins Bad. Erst da fiel ihm auf, das er schon wieder nicht abgeschlossen hatte. //Hätte ich es auch gemacht, bevor meine Eltern nach Hause gekommen waren, dann hätte ich jetzt nicht so einen Ärger am Hals.// Er musste eine Weile suchen, bis er in dem kleinen Schrank über dem Waschbecken eine Schachtel Schmerztabletten fand. ‚Eine bis zwei für einen Erwachsenen pro Einnahme, nicht mehr als vier pro Tag', stand auf der Packung. //Also erst einmal zwei.// Er füllte einen Zahnputzbecher mit Wasser, nahm die zwei Tabletten und ging wieder zurück in sein Zimmer.

Fast sehnsüchtig sah ihn Otoko an. Er löste sich von der Decke und versuchte sich aufzusetzen, die Augen dabei auf Chris' Hand fixiert.

//Dachte ich es mir... An die Schachtel sollte ich ihn nicht rankommen lassen...// "Du musst sie unzerkaut herunterschlucken, wenn es geht." Er gab Otoko eine der Tabletten und hielt ihm das Glas hin.

"N-nur e-eine.....", stammelte Otoko und blickte Chris flehend an.

"Zwei. Aber nimm erst einmal die eine."

"O-ok...", stammelte er und schluckte die erste Tablette runter.

//So, wie es ihm im Moment geht, wird es nicht leicht, von hier wegzugehen... Wahrscheinlich sollte ich erst einmal ein Motelzimmer oder so etwas nehmen.// "Trink noch etwas mehr Wasser, die sind ziemlich stark."

Nickend nahm Otoko einen kleinen Schluck. Dass die Tabletten stark waren, war ihm eigentlich nur recht.

"Ich werde eben nachschauen, ob meine Eltern noch da sind, ja? Hier ist die zweite Tablette." Er gab Otoko nun auch die andere.

"D-danke...", nuschelte Otoko und warf sich sofort die zweite in den Mund. Das Wasserglas ließ er halbvoll neben dem Bett stehen.

Chris sah sich im Erdgeschoss um und warf auch einen Blick in die Garage. Seine Eltern waren beide weg. Zum Glück. Also konnte er sich in aller Ruhe seine Sachen nehmen und verschwinden.

Doch bevor Chris wieder nach oben gehen konnte, entdeckte er einen Zettel am Kühlschrank. Als er ihn zu lesen begann, merkte er sofort an der Handschrift, dass er von seiner Mutter war.

"Lieber Chris. Ich weiß, du bist sehr verärgert wegen gestern Abend, aber du solltest uns auch verstehen. Schließlich machen wir uns Sogen um dich und so ein Junge ist nicht der richtige Umgang für dich. Bitte mach keine Dummheiten. Wir werden heute noch einmal in Ruhe darüber sprechen. Mom."

"Dann bin ich wohl auch nicht mehr der richtige Umgang für euch, denn ich lasse ihn mir nicht wegnehmen." //Aber andererseits will ich nicht von hier weg...//
Doch Chris hatte es getan. Jetzt waren er und Otoko hier in diesem Motelzimmer, das sie vorrübergehend bewohnen würden. //Es ist schon seltsam hier. Ich fühle mich wie in einem schlechten Film.//

Unsicher und ein wenig vor Kälte schlotternd sah sich Otoko um. Er hatte ein kleinen Rucksack mit ein wenig Kleidung am Rücken, den er dann neben das Bett stellte. "...B-bist.. du dir s-sicher, d-dass d-du das willst.....?", fragte Otoko und hustete dann leicht.

"Ja, sagte ich doch." Die Sachen, die er getragen hatte, lagen auf dem Tisch. "Bist du sehr müde?", fragte Chris, während er das Geld, welches er von seinem Konto abgehoben hatte, zählte.

"...N-nein... nicht mehr...." Er tapste zu Chris und schmiegte sich an ihn. "...D-du... Chris.... w-was i-ist jetzt... m-mit deinen S-studium....?"

"Ich weiß nicht. Ich hab ziemlich viel verpasst und richtig Lust habe ich im Moment auch nicht..." Mit einem Lächeln legte Chris die Arme um Otoko. //Eher auf etwas anderes, aber das ist jetzt egal.//

"...A-aber du m-machst dir doch d-deine Z-zukunft k-kaputt w-wegen m-mir...." Mit wässrigen Augen sah Otoko zu Chris hoch.

"Im Moment interessiert mich das nicht." Chris beugte sich zu Otoko runter. "Mach dir keine Sorgen deswegen, ok?"

"...H-hai...", nuschelte Otoko und wich leicht zurück. "...I-ich bin krank... D-du solltest m-mir vielleicht nicht zu n-nahe kommen..."

Für einen Moment dachte Chris, Otoko meinte die psychische Krankheit, die Chris bei ihm vermutete, doch dann fiel ihm ein, dass er bestimmt nur seine Erkältung meinte. "So schlimm ist es doch auch nicht." //Ich muss unbedingt mehr darüber nachlesen.//

"...S-schlimm vielleicht n-nicht.... A-aber a-ansteckend..."

"Egal." Chris streckte sich. "Ich werde nachher ein paar Sachen zu essen kaufen, was möchtest du haben?"

So wirklich hielt sich Otoko nicht dafür berechtigt, etwas zu sagen. "...P-pommes....?"

"Kann ich dir mitbringen." Mit einem Lächeln sah Chris zu dem anderen. "Du kannst auch mitkommen, wenn du willst."

"I-ich werde l-lieber e-erstmal d-duschen g-gehen..."

"Brauchst du Hilfe?" Chris zog seine Jacke aus und legte sie auf einen der beiden Stühle. "Falls du zusammenbrichst, sollte ich lieber dableiben."

"D-das w-wird sch-schon gehen...", meinte Otoko und zog selbst auch die Jacke aus. "D-du hast mir j-ja T-tabletten g-gegeben..."

//Trotzdem bleibe ich so lange noch hier.// "Ok." Auch Chris' Schuhe wurden ausgezogen, dann legte er sich auf seinen Teil des Doppelbettes. //Die an der Rezeption haben ganz schön blöd geschaut. Aber das ist wirklich unwichtig. Ich sollte mir einen Job suchen... Wenn es gut läuft, könnte ich das Studium ja weitermachen... Kommt darauf an, wie es Otoko geht.//

Ein wenig verwirrt, weil Chris trotzdem hier blieb, ging Otoko ins Badezimmer und zog sich aus. Er hätte den großen Spiegel im Badezimmer am liebsten kaputt geschlagen, als er sich darin erkannte. Stattdessen blickte er weg und ging unter die Dusche.

//Aber er hat sich wirklich gebessert... Er scheint sich wirklich ändern zu wollen.// Mit einem Seufzen sah Chris zur Badezimmertür. "..."

Sich frischer fühlend trottete Otoko aus dem Bad. Er lächelte leicht, als er sich neben Chris auf das Bett fallen ließ.

Ohne die Augen zu öffnen drehte sich Chris zu dem anderen. "Hm... Du riechst gut.", murmelte er leise, als er mit den Lippen leicht Otokos Hals berührte.

Das ließ den anderen Jungen leicht zusammen zucken. "I-ich h-habe ja a-auch frisch g-geduscht..", murmelte er leise.

Nun öffnete Chris doch die Augen. "Magst du das nicht?"

"A-aber i-ich will d-dich doch n-nicht anstecken....", stotterte Otoko mit geröteten Wangen.

"So leicht werde ich nicht krank. Außerdem ist es nur eine Erkältung." Sanft strich Chris über Otokos Wange. "Hast du etwas gegen einen Kuss?"

"...N-nein...", hauchte der blauäugige Junge.

"Gut." Ohne zu zögern zog Chris Otoko ein wenig näher zu sich und berührte dessen Lippen mit seinen. //Schon allein dafür würde ich von daheim abhauen.// Er hätte den Kuss am liebsten sofort vertieft, doch er hatte Angst, Otoko zu verschrecken.

Chris' Berührung genießend schloss Otoko die Augen. //....Wie kann er bloß so gut zu mir sein....//

Langsam öffnete Chris seinen Mund, begann behutsam an Otokos Oberlippe zu saugen. Als er merkte, dass der blonde Junge den Kuss erwiderte, fühlte er sich zum ersten Mal an diesem Tag wieder glücklich. //Wieso können sie nicht verstehen, dass du nicht schlecht bist?//

Leise seufzend strich Otoko durch Chris' Haare. Dass er von den Schmerztabletten ein wenig benebelt war, half seinen wohligen Gefühlen nach.

Die Gefühle, die Otoko bei Chris auslöste, waren allerdings schon fast als zu positiv zu nennen. Als er das bemerkte, drückte er den anderen leicht von sich weg. "Entschuldigung... Ich müsste mal ins Bad.", meinte er kurz angebunden.

Verwirrt sah ihm Otoko nach. "....W-was i-ist denn.....?" Doch Otokos Frage blieb unbeantwortet, denn Chris hatte die Türe schon hinter sich geschlossen.

Mit geröteten Wangen sah Chris an sich runter. "Toll. Nach nur einem Kuss bekomme ich 'nen Ständer. Wunderbar." Gereizt zog Chris seine Sachen aus und verschwand in die Dusche, in der eben noch Otoko gewesen war.

//I-ist ihm etwa schlecht geworden wegen mir...?// Traurig verzog sich Otoko unter die Decke. //...Sein Mitleid reicht wohl nicht dafür....//

Nach etwa zehn Minuten kam Chris wieder heraus, mit nassen Haaren und noch leicht feucht schimmernder Haut. "Otoko? Schläfst du schon?" Etwas verwundert blickte Chris zu dem kleinen Hügel unter der Decke, der wohl Otoko war.

Obwohl der Junge noch wach wahr, reagierte er nicht. //....Er soll machen, was er will... Er muss sich nicht um mich kümmern... Er hat schon genug für mich getan..//

Eigentlich hatte Chris vorgehabt, sich erst einmal anzuziehen, doch wie es schien, ging es Otoko wieder schlecht. "Otoko? Hast du Schmerzen?" Er beugte sich über das Bett und zog die Decke leicht hoch. "Sag doch, was ist?"

Sofort zog Otoko die Decke wieder an sich. "A-alles ok... Mach dir keine S-sorgen... Geh l-lieber e-einkaufen..."

//Hat er es bemerkt und ist jetzt sauer?// "Otoko, das musst du falsch verstanden haben. Ich wollte nicht verletzen. Es ist einfach so passiert." Er zog nochmals die Decke von Otokos Gesicht. "Bitte, sei mir nicht böse."

Verstört blickte ihn die eisblauen Augen an. "W-wenn d-du so w-was nicht w-willst, m-musst du es nicht machen! Du hast genug f-für mich getan!"

"Natürlich will ich es. Ich hätte dich nicht mitgenommen, wenn ich das nicht wollte. Es tut mir leid, Otoko. Ich habe einfach nicht so viel Erfahrung in solchen Dingen, deswegen ist es passiert." Chris strich vorsichtig durch Otokos Haare. "Bist du sehr böse?"

"...I-ich dachte, d-du machst d-das,.... .w-weil du... weil du i-immer noch S-schuldgefühle h-hast....", stammelte Otoko.

"Ich habe dir doch gesagt, dass ich mich in dich verliebt habe... Und das meinte ich ernst."

Erneut färbten sich Otokos Wangen rot. "....A-arigatou...."

"Ich würde dich gerne nochmals küssen... Aber ich traue meinem Körper nicht so ganz." Entschuldigend lächelte Chris ihn an.

"...w-wieso.....?"

"Na ja... Ich kann nicht garantieren, dass es nicht noch mal passiert."

Nun war Otoko vollends verwirrt. ".....D-das was passiert?"

//Er hat es gar nicht bemerkt...// "Na ja..." Nun zögerte Chris doch, aber er hatte damit angefangen, also musste er es dem anderen auch sagen. "Es... hat mich doch mehr erregt, als ich wollte..."

In Sekundenschnelle weiteten sich Otokos Augen. ".....E-erregt.......?", fragte er ungläubig.

"...Ja..."

"....G-geh... b-bitte e-eink-kaufen...."

//Scheiße.// "...Ok." Hastig stand Chris auf und zog sich an. //Mist. Ich hätte das nicht sagen dürfen.//

"...V-vergiss.... d-die P-pommes nicht... j-ja?"

"Bestimmt nicht." Schnell nahm Chris seine Jacke sowie den Geldbeutel und schlüpfte in die Schuhe. "Sei mir bitte nicht böse, ja?", meinte er noch, bevor er das Motelzimmer verließ.

".......B-bin i-ich nicht...... E-eher.... v-verängstigt.....", murmelte Otoko und schloss die Augen.

26.

Etwa eine Stunde später kam Chris wieder, mit einer Tasche unter dem Arm und dem versprochenen Schälchen Pommes in der Hand. Leise trat er ein, falls Otoko wieder schlafen sollte.

Was dieser auch tat. Seelenruhig schnuffelnd lag er im Bett, während die Decke nur die Hälfte seines Körpers bedeckte.

//Er sieht so niedlich aus... Und ich hab ihn verschreckt.// Mit einem Lächeln auf den Lippen legte Chris die eingekauften Sachen auf den Tisch. "Otoko, ich hab dir die Pommes mitgebracht."

"Hmm......" Mehr bekam Chris nicht zur Antwort.

//Sie werden doch kalt, wenn er sie nicht bald isst.// Erst wollte er sich über Otoko beugen, doch dann erinnerte er sich, was vorhin passiert war. //Nicht noch einmal.// Also setzte er sich nur neben den anderen und strich ihm mit der Hand über das Gesicht.

Otokos Augenbrauen zuckten leicht nach oben und er drehte langsam den Kopf zur Seite. "Hnn..... w-was....?" Verschlafen blinzelte er Chris an.

"Ich hab deine Pommes hier.", antwortete dieser.

"....P-pommes.....?" Blinzelnd richtete sich Otoko auf und rieb sich ungelenk die Augen. "...A-ach so.... D-danke sehr...", bedankte er sich lächelnd und hielt nach den Pommes Ausschau.

"Sie sind hier." Chris ging zu dem Tisch, holte sie für Otoko und gab sie ihm.

Unerwartet begann Otoko wie ein kleines Kind zu strahlen. "Hmm... t-toll!"

Der Ältere setzte sich neben ihn. "Lass es dir schmecken."

Darauf bekam Chris keine Antwort, denn Otoko war schon dabei, die Pommes zu essen.

Chris selbst hatte schon in der Imbissbude gegessen. Aus der Tasche, die er mitgebracht hatte, holte er noch eine Flasche Cola heraus und warf sie zu Otoko aufs Bett.

Etwas unsicher linste Otoko auf die Flasche. //....Die sollte ich in der nächsten halben Stunde wohl nicht öffnen...//

"Ich hab auch noch Wasser mitgebracht, falls du das lieber möchtest. Ich wollte eigentlich nur kurz das Zeug vorbei bringen und dann noch mal rausgehen, um einen Job zu suchen."

Mampfend wollte Otoko Protest ansetzten, merkte aber dann, dass er wirklich erst runterschlucken sollte, bevor er mit Chris zu reden anfing. "...M-matte... K-kannst du heute nicht einfach h-hier bleiben?..... I-immerhin h-haben w-wir d-das e-erste M-mal richtig R-ruhe.. o-oder?"

"Natürlich kann ich das." Chris drehte sich wieder von der Tür weg. //Ich kann es auch morgen machen.// Er räumte noch ein wenig in den Sachen herum, die er mitgebracht hatte, dann setzte er sich wieder auf seine Betthälfte. //Er scheint sich beruhigt zu haben.//

Otoko hatte tatsächlich die ganze Portion verputzt und leckte sich jetzt die Finger ab. "...D-das war l-lecker...", meinte er und blickte lächelnd zu Chris.

"Das nächste Mal kannst du auch mitkommen und dann suchst du dir selbst etwas aus." Als Chris zu Otoko hinübersah und das Lächeln entdeckte, konnte er nicht anders, als es zu erwidern. //Er ist so niedlich... so verdammt niedlich.//

Nun wurde Otoko wieder ernst. "T-tut mir l-leid wegen vorhin... B-bis jetzt h-hab i-ich mit e-erregten L-leuten k-keine s-so guten Erfahrung g-gemacht...", stammelte der Junge mit gesenktem Kopf.

"Das ist verständlich... Du musst dich nicht dafür rechtfertigen." Er legte eine Hand unter das Kinn des Jungen. "Es ist ok, Otoko. Wirklich. Es war ja auch ein Fehler von mir und nicht von dir."

Wieder lächelnd schmiegte Otoko seine Wange in Chris' Hand und schloss die Augen. "...I-ich fühle m-mich s-so g-glücklich... und doch hab ich irgendwie Angst...."

"Das vergeht schon..." Sanft küsste Chris Otoko auf die Stirn. "Ich werde nichts tun, was du nicht willst."

Immer noch mit geschlossenen Augen hob Otoko den Kopf und verschloss Chris' mit seinen Lippen. //..Ich liebe dich....//

Überrascht, aber dennoch glücklich begann Chris den Kuss zu erwidern. Dass Otoko ihn sofort wieder küssen würde, hätte er nicht gedacht.

Der blonde Junge ließ sich nach hinten fallen und zog Chris dabei mit sich. Etwas unsicher öffnete er den Mund und ließ seine Zunge über Chris Lippen gleiten.

Mit einem wohligen Seufzen öffnete nun auch Chris den Mund, um Otoko Einlass zu gewähren. Er stützte sich mit den Händen rechts und links neben dem Kopf des anderen ab, um ihn mit seinem Gewicht nicht zu verletzen.

Otoko schlang die Arme um Chris und strich ihm sanft über den Rücken. Seine Zunge stieß neckend gegen Chris'.

//Nie wieder lasse ich dich gehen...// Als Otoko ihn streichelte, bekam Chris eine Gänsehaut. Atemlos versuchte er das Zungenspiel weiterhin zu erwidern, doch schon bald ging ihm die Luft aus.

Als sich Chris von Otoko löste, schnappte Otoko nach Luft. "...D-du w-wirst noch krank.... wegen mir...."

"Liebeskrank.", grinste Chris. Leicht erschöpft ließ er sich neben Otoko fallen und lächelte ihn an.

"M-möchtest d-du mehr...?", fragte Otoko leise und strich, wie so oft über Chris' Wange.

"Mehr als gerne." Diesmal war es Chris, der den anderen auf sich zog.

Nur kurz ließen Zweifel Otoko auf seine Lippen beißen, dann schloss er wieder die Augen suchte nach Chris' Lippen. // Ich muss ihn etwas zurückgeben.//

//Aber meinte er nicht, er hätte Angst?// Der Kuss fiel nur sehr kurz aus, denn Chris bemerkte schnell, wie versteift Otoko wieder war. "Du musst das nicht machen, nur weil ich es will."

"Nein.. I-ich will dir doch auch etwas z-zurückgeben..."

"Das hast du schon, mehr als genug." Chris hoffte den anderen mit einem Lächeln aufmuntern zu können. "Komm schon, du wolltest den Tag doch genießen."

"J-ja.... a-aber mit dir....."

"Ich sagte schon, ich bleibe." Nun kam Chris eine Idee. Er setzte sich auf und ging zu seinem Koffer hin. "Ich weiß etwas."

Ein verwirrtes "Eh?" entwich Otokos Kehle, als er Chris nachsah und sich aufsetzte.

Eine kleine Flasche Massageöl war das, was Chris suchte und auch gleich darauf in seiner Tasche fand. Mit ihr und immer noch einem Lächeln auf den Lippen ging er wieder zu Otoko zurück. "Ziehst du dein Hemd aus?"

"W-w-was ist das....?", fragte Otoko und starrte die Flasche entsetzt an.

Chris brauchte etwas Zeit um zu verstehen, warum Otoko die Flasche als bedrohend empfand. "Nur Massageöl. Für die Haut.", versicherte er dem anderen.

"...Oh.... o-ok....." Unsicher lächelnd drehte sich Otoko um und entledigte sich seines Hemdes.

"Leg dich am besten auf den Bauch." Als Otoko genau das tat, setzte sich Chris neben ihm auf die Bettdecke. Die dunklen Verfärbungen der Haut des anderen waren immer noch gut zu erkennen, doch sie waren schon merklich verblasst.

"D-das du so w-was bei dir h-hast...", murmelte Otoko leise.

"Es war ein Geschenk von Janine. Ich dachte, es könnte ganz nützlich sein.", antwortete Chris, während er sich ein wenig von dem Öl auf die Handflächen träufelte und nun anfing, Otoko über den Rücken zu streichen.

"W-willst du e-es d-denn an mich v-verschwenden....?"

"Ich halte das nicht für eine Verschwendung." Es war für Chris ein wenig unbequem, neben Otoko zu sitzen, während er ihn massierte. "Kann ich mich auf deine Hüften setzen? Es würde so besser gehen."

"...Hn... o-ok...." Leicht schläfrig legte Otoko seinen Kopf auf seine Arme und schloss die Augen.

Also setzte Chris sich auf Otokos Hüften und massierte ihn so weiter. Als er merkte, dass Otoko sich mehr und mehr entspannte, musste er wieder lächeln.

"Hmm... Das fühlt sich toll an....", schnurrte der blonde Junge nach einer Weile.

"Freut mich." Konzentriert bewegte Chris seine Hände, strich vorsichtig über die Rückenmuskulatur des anderen und umging die verletzten Stellen. Es war ewig her, dass er das letzte Mal jemanden massiert hatte, doch anscheinend hatte er nichts verlernt.

"....Könntest du das nicht auch vorne machen....?"

"Klar kann ich." Chris stand auf und setzte sich für einen Moment neben Otoko, damit der sich umdrehen konnte.

Lächelnd drehte sich Otoko auf den Rücken.

Gleich darauf saß Chris wieder auf den Hüften des anderen und ließ sich neues Öl auf die Hände tropfen. Auch Otokos Oberkörper war von dunklen Flecken übersäht und sah nicht besser aus als der Rücken. Gerade, als Chris mit der Massage wieder beginnen wollte, fiel ihm etwas auf. //Er hat aufgehört zu stottern... wie neulich auf dem Sofa...//

Erwartungsvoll sah ihn Otoko an. "...Was ist....?"

"Nichts." Weiter in Gedanken versunken fing Chris wieder mit der Massage an. //Stimmt es nun, was ich vermute, oder liege ich komplett falsch?//

Seufzend schloss Otoko die Augen und ließ den Kopf wieder in die Kissen zurücksinken.

//Aber es scheint ja alles normal zu sein...// Also verwarf Chris seine Bedenken wieder und widmete sich ganz seiner Aufgabe.

Die Massage genießend regte sich der blonde Junge einige Minuten nicht mehr. Doch dann hob er plötzlich seine Arme und strich aufreizend über Chris' Oberschenkel. "....Das machst du wirklich seeehr gut....", raunte Otoko.

//Falsch gedacht.// "Wieso lässt du niemanden an dich ran, Otoko? Immer wenn ich dir zu nahe komme, scheinst du in eine andere Persönlichkeit zu wechseln. Ich habe ein paar Sachen dazu in einem meiner Psychologiebücher gelesen.", meinte Chris und überging so Otokos Aussage.

Für einen Augenblick sah ihn Otoko fragend an, doch dann begann er belustigt zu Lächeln. "....Was soll denn das jetzt werden...? Ist das ein neues Spiel?"

"Das ist mein voller Ernst.", fuhr Chris unbeeindruckt fort. "Weißt du, es ist eine Art Abwehrmechanismus, was du da einsetzt. Wenn es das ist."

"Ah... schon klar, du versuchst mich jetzt also von was zu heilen, ja?"

"Das kann ich nicht. Ich kann nur nicht verstehen, dass du so viel Angst vor mir hast."

Das Lächeln wich nicht von Otokos Lippen. "Aber, aber... Ich habe doch keine Angst vor dir...", hauchte er und richtete sich, so gut es ging auf. Mit graziösen Bewegungen schlang er die Arme um Chris und zog ihn zu einem Kuss zu sich.

Doch anstatt es zu genießen, drückte Chris Otoko von sich. "Ich will das nicht, wenn du so bist, Otoko. Du bist nicht du selbst, nicht der Otoko, den ich kenne."

Schmollend schob Otoko seine Unterlippe vor. "...Na ja.... Vielleicht hast du dich ja auch einfach getäuscht und ich bin Otokos wahres Ich..." Nun grinste der blonde Junge wieder.

"Das glaube ich weniger." //Ob er einfach wieder normal wird, wenn ich ihn in Ruhe lasse?// Genau das wollte Chris ausprobieren. Er stand auf und nahm das Massageöl mit, um es wieder aufzuräumen.

"Hmmm.... Mann... Chris.... Was soll das Ganze? ... Du darfst mich ja schon nennen, wie du willst... Was soll ich denn noch tun....? Sag mir, wie du mich haben willst! Das kann ich ja nicht von selbst merken." Otoko stand auf und folgte Chris, schlang die Arme um ihn und strich ihm über die Brust.

Skeptisch blickte Chris den anderen an. "Was ist los mit dir? Willst du unbedingt Sex oder warum bemühst du dich so um mich?"

"Du hast doch gesagt, dass du mehr willst....", flüsterte Otoko leise gegen Chris' Ohr.

Doch Chris befreite sich aus der Umarmung. "Ich hab´s mir anders überlegt."

".....Wieso bist du so schlecht gelaunt? .... Hast du etwa einen anderen?"

Bei dieser Frage musste Chris nun wirklich lachen. Bisher war ihm das Ganze nicht sehr lustig vorgekommen, aber Otokos Anschuldigung schien eher aus irgend einem Liebesfilm zu kommen als aus seinem Leben. "Wieso sollte ich jemand anderen haben?"

"Weil du mich nicht willst...."

"Ich will dich nicht so. Werd wieder normal, Otoko."

"Verdammt, ich bin normal!! Das einzige nicht normale ist, dass du zu mir die ganze Zeit Otoko sagst!"

"Wie sollte ich dich sonst nennen?"

"Na so, wie ich heiße natürlich!"

"Und wie heißt du?", fragte Chris mit einem Seufzen.

"Sag bloß, das hast du lauter Otoko vergessen?!"

Beinahe verzweifelte Chris. "Nun sag es doch endlich."

"Mike! Mein verdammter Name ist Mike!!" Otoko schien nun wirklich sauer zu sein und drehte sich von Chris weg. "Das glaub ich ja einfach nicht...", fluchte er leise und ging zurück zum Bett.

"Mike... aha..." Mehr als verwirrt sah Chris zum Bett. //Er tut so, als würde er mich schon lange kennen... Aber, mit dieser 'Persönlichkeit' habe ich doch bisher erst zweimal geredet.//

Immer noch grummelnd warf sich Otoko auf das Bett und zog die Decke über sich.

Als er sich aus seiner Starre gerissen hatte, setzte Chris sich auf den Boden neben dem Bett. "Hör zu... Mike... Es tut mir leid. Das alles verwirrt mich wirklich. Ich habe deinen Namen bisher noch nie gehört."

Knurrend biss sich Otoko auf die Lippen. "Ja klar! Du kennst mich also gar nicht? Schön! Fein! Hätte nicht gedacht, dass du dir solche Mühe gibst, wenn du mich abservierst!"

"Abservierst? Aber... nein, das verstehst du falsch." //Das muss er sich ausgedacht haben... Ich leide doch nicht an Amnesie.//

Trotzig drehte sich Otoko zu Chris um. "Was verstehe ich falsch?! Du machst frisch fröhlich mit mir rum und wenn du mehr willst und ich es dir geben will, ziehst du den Schwanz ein und kennst mich nicht mehr!"

"Aber ich habe dich doch nur massiert.", gab Chris verzweifelt von sich.

"Und was ist mit Samstagabend? Huh?"

"Das auf dem Sofa? ... So viel war das doch auch nicht..."

Nun verzog Otoko seine eisblauen Augen zu zornigen Schlitzen. "...So... Nichts war das also...? Toll! Das hat dir überhaupt nichts bedeutet?!"

"Ich meinte, ich hab kaum etwas gemacht." //Das ist total verrückt... Ich dachte, ich hätte herausgefunden, was mit Otoko ist, aber das passt überhaupt nicht dazu.// "Es tut mir leid, jetzt sei doch nicht so sauer auf mich."

Immer noch wütend funkelte ihn Otoko an, doch dann griff er nach Chris und zog ihn an sich. Seine Lippen presste er hart auf Chris'.

Ein ersticktes Keuchen entkam Chris' Kehle, als Otoko ihn so überraschend küsste.

Der blonde Junge ließ nicht locker. Er gab Chris keine Chance, sich gewaltlos von dem Kuss zu trennen.

Nach kurzer Zeit gab Chris auf und begann den Kuss zu erwidern. Doch er war es nicht gewöhnt, dass Otoko so stürmisch war und so ging ihm schon nach kurzer Zeit die Luft aus.

Aber er war nicht der einzige, der nach Luft rang, als Otoko sich von Chris löste. Schwer atmend sah er Chris in die Augen. "Und das bedeutet dir auch nichts, ja?"

"Natürlich bedeutet es mir etwas.", antwortete Chris atemlos.

Nun wurde Otoko wieder etwas sanfter. ".....wirklich?"

"Ja."

"....Mann..... Du verwirrst mich wirklich...."

"Du mich auch." Immer noch ein wenig außer Atem stand Chris auf und setzte sich auf das Bett.

Sofort zog Otoko Chris zu sich. "...Egal... Hauptsache wir sind jetzt zusammen...", nuschelte Otoko und strich durch Chris' Haare.

Der ließ erst einmal alles mit sich machen, ohne sich zu wehren. //Ich verstehe das nicht...//

"....Du willst es doch auch....", hauchte Otoko gegen Chris' Lippen, bevor er sie wieder mit seinen verschloss. Er schmiegte sich enger an Chris und ließ seine Hand langsam unter dessen Pulli gleiten.

//Aber das ist nicht Otoko...//, ging es Chris durch den Kopf. Doch als er Otokos Zunge an seinen Lippen fühlte, konnte er nicht anders, als den Mund zu öffnen und der fremden Zunge mit seiner zu begegnen.

Neckend stupste Otoko gegen Chris' Zunge und forderte sie dann zu einem kleinen Kampf heraus. Er strich mit seiner Hand über die warme Haut des größeren Jungen und massierte sie.

//Er ist es nicht...// Doch so sehr Chris sich auf wehren wollte, er konnte es nicht. Er hatte sich, auch wenn ihm das selbst nicht bewusst war, nach genau dem gesehnt, was jetzt Otoko, bzw. Mike ihm bereit war zu geben.

Schon nach kurzer Zeit löste sich Otoko von Chris' Lippen und schmiegte seine Lippen stattdessen an dessen Hals. Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht, als er spürte, wie schnell sich Chris' Brustwarzen zusammenzogen.

Ein genüssliches Seufzen entkam aus Chris' leicht geöffneten Lippen, als er den Kopf zurücklegte und die Augen schloss.

"...So ist's gut...", murmelte Otoko leise und drückte Chris ganz nach hinten. "....Genieß es einfach...." //...Schließlich werde ich ja dafür bezahlt....// Grinsend schob der blonde Junge Chris' Pulli hoch, bevor er sich runterbeugte und mit seiner Zunge kleinen Bahnen über Chris' Brust leckte.

Das ungewohnte Kitzeln ließ Chris seinen Bauch einziehen. Er öffnete die Augen wieder und sah Otoko schon fast leidend an. //Wieso tut er das? Ich verstehe das einfach nicht...//

Als Otoko seine Lippen wieder auf Chris' Haut senkte, saugte er langsam und fest daran. Seine Hand ließ er derweilen unauffällig zu Chris Hosenbund gleiten.

Der biss sich auf die Lippen. Unsicher griff er nach Otokos Haaren und strich durch sie hindurch.

Dieser hob gleich darauf den Kopf an und leckte kurz über Chris' Finger, bevor er ihn in den Mund nahm und daran zu saugen begann. Da Chris davon ein wenig abgelenkt war, knöpfte Otoko flink dessen Hose auf und ließ seine Hand darunter verschwinden.

Ein Stöhnen unterdrückend blickte Chris zur Seite. Auf einmal war ihm das Ganze mehr als peinlich. Seine einzigen Erfahrungen in diese Richtung waren mit Alice und die waren mehr als kläglich.

Sanft drehte Otoko Chris' Gesicht wieder zu sich. "...Sieh mich an...." Er lächelte Chris an, als dieser eher widerwillig den Kopf wieder Otoko zuwandte. "...Lass es einfach raus...", hauchte der blonde Junge und strich in diesem Moment über Chris' wachsende Erektion.

Um Otokos Blick zu entgegen, schloss Chris wieder die Augen. Doch er konnte nicht sagen, dass ihm nicht gefiel, was Otoko tat. Es war einfach zu gut. Viel besser, als wenn er es sich selbst machte und auch viel besser als mit Alice.

"...So hässlich bin ich nun auch wieder nicht...", stichelte Otoko und leckte kurz über Chris' Lippen.

"...Bist du auch nicht...", brachte der mühsam hervor.

"Was dann...? Sag mir, was ich bin..." Langsam fing Otoko an, Chris' Erektion zu streicheln.

"... Verführerisch...", antwortete Chris nach einem neuerlichen Seufzen.

"Was noch....?"

"... Berauschend..." Es verwirrte Chris' immer noch, was Otoko tat, aber andererseits machte es ihn wirklich an. Sein Atem ging schon merklich schneller.

"...Berauschend...? Hnn... warte noch... So weit ist es noch nicht...", schnurrte er und funkelte Chris mit seinen eisblauen Augen an.

Doch der bemerkte es nicht, denn er hatte die Augen immer noch geschlossen und genoss Otokos Berührungen.

Dieser rutschte nun weiter runter und zog Chris' Hose flink weiter runter. "...So ist es doch schon angenehmer, oder....?" Mit seinen schlanken Fingern strich er über Chris' Oberschenkel, dann beugte er sich runter und saugte an der Haut unter Chris' Bauchnabel.

Nun konnte Chris' ein zaghaftes Aufstöhnen nicht mehr verhindern. Inzwischen war sein ganzer Körper von einer Gänsehaut überzogen.

Langsam fuhr Otoko mit seiner Zunge in kreisenden Bewegungen immer weiter hinunter, bis er an Chris' Glied angekommen war. Flüchtig küsste er dessen Spitze.

Als Chris das spürte, dachte er, er würde auf der Stelle kommen. Doch noch konnte er sich zurückhalten. Seine Hände verkrampften sich im Laken.

"Na, na... Halt dich zurück, Junge....", nuschelte Otoko, bevor er seine Lippen um Chris' Glied schloss. //...Sonst hättest du ja gar nichts davon...//

Mit weit aufgerissenen Augen starrte Chris Otoko an. //Oh mein Gott!!//

Fast gelangweilt begann Otoko an dem harten Fleisch in seinen Mund zu saugen. //...Kann ja nicht lange dauern, bei dem.....//

Während Chris' Lust mehr und mehr durch Geräusche ihren Ausdruck fand, verkrampften sich seine Hände immer fester in dem weichen Untergrund.

//...Eines muss man ihm lassen... Er hat eine geile Stimme....//, dachte Otoko bei sich und fuhr mit seiner Zunge über den Schaft von Chris' Glied.

Doch nach kurzer Zeit konnte Chris sich nicht mehr weiter zurückhalten. Mit einem langgezogenen, gestöhnten 'Otoko' ergoss er sich in dem Mund des anderen.

Otoko leckte kurz Chris' Glied sauber, bevor er den Kopf hob und auf den schwer atmenden Chris hinuntersah.

Der nahm erst einmal gar nichts von seiner Umgebung wahr und versuchte sich zu beruhigen.

Wie eine Katze krabbelte Otoko zu Chris hoch und schmiegte sich an ihn.

Chris sah ihn mit verklärt wirkenden Augen an und begann dann zu lächeln. "Danke.", hauchte er atemlos und küsste Otoko kurz.

"...Nichts zu danken...", nuschelte Otoko und strich über Chris' entblößten Bauch. "...Ist mein Job..."

//Job?// Doch Chris war im Moment viel zu erschöpft, um darüber nachzudenken.

Otoko lachte kurz auf und fing dann an, an Chris' Ohrläppchen zu knabbern. ".....Sag mal....", fragte er hauchend. "...wie lange hast du mich eigentlich gekauft...?"

Verwirrt blinzelte Chris. Und langsam dämmerte es ihm. //Oh nein... ach verdammt, warum habe ich auch mitgemacht?// Doch anstatt Otoko, oder besser gesagt Mike, die Wahrheit zu sagen, murmelte er nur: "Noch ne Weile..." Er wollte jetzt keinen Ärger mit dem anderen haben.

"Hmm.... Noch ne Weile... Gut..." Lächelnd schlang Otoko die Arme um Chris. "....Bei dir macht es ja fast Spaß....."

//Ich glaube, mir ist schlecht.// Mit leicht verzogenem Gesicht schloss Chris die Augen. //Ich hätte es doch von Anfang an wissen müssen.//

"...Hey... Was ist denn...?", fragte Otoko leise und strich mit seiner Nasenspitze sanft über Chris' Hals. "...Hast du jetzt ein schlechtes Gewissen...hm?" Doch auf Antwort wartete er gar nicht erst. "....Erzähl mir von ihm.... Du musst ja echt verschossen in ihn sein, wenn du ihn dir bei mir vorstellen kannst...."

"Ich will jetzt wirklich nicht darüber reden.", murmelte Chris und drehte den Kopf weg. //Ich will von hier weg... von ihm...//

Murrend löste sich Otoko von Chris. "...Bist ja doch bloß ein Langweiler...."

"Finde dich damit ab." Chris drehte sich auf die andere Seite. //Ich habe zwar gesagt, dass ich hier bleibe, aber das hier ist sowieso nicht Otoko. Und diesen Mike kann ich nicht mehr lange ertragen.// Er stand auf und zog sich die Hose wieder richtig an. //Ich könnte doch noch nach einem Job schauen.//

"Hmmm... Werd ich schon... Spätestens, wenn ich die Kohle sehe...", nuschelte Otoko und deckte sich zu.

//Hoffentlich ist er wieder normal, wenn ich zurückkomme.// "Ich bin vielleicht in einer Stunde wieder da." Chris versuchte möglichst gleichgültig zu klingen, doch er hoffte, dass Otoko das gemietete Zimmer nicht verließ, solange er weg war.

"Ja, ja.... Kleiner Tipp... Du solltest diesen Otoko vielleicht heute nicht mehr treffen, der merkt sofort, was du getan.... was du hast machen lassen..."

"Danke.", gab Chris gereizt zurück.

"Bis später..." Noch kurz hob Otoko die Hand zum Abschied, dann kuschelte er sich endgültig in die Decke.

Mit einem letzten 'Bye.' verließ Chris das Zimmer.

*