Dies Irae –
Kapitel 7: Vorbereitungen
„Er hat mich nicht gefragt!" Mit diesem Worten wurden Hermione Granger von Parvati Patil in ihrem Schlafsaal begrüßt.
„Aber er hat auch keine andere gefragt," erwiderte Hermione matt und unterschlug dabei, was in der Bibliothek vorgefallen war.
„Ich kann da morgen nicht alleine hingehen!"
Hermione seufzte genervt, was Parvati aber gar nicht zur Kenntnis nahm. „Ich werd auch nicht hingehen."
„Warum?" entgegnete Parvati überrascht.
Hermione rollte mit den Augen. „Bitte, frag du mich das nicht auch noch. Lass mich einfach in Ruhe, ja?"
Parvati öffnete den Mund um etwas zu sagen, tat es dann aber doch nicht. Sie setzte sich Hermione, die sich inzwischen auf ihrem Bett niedergelassen hatte, gegenüber hin und musterte sie genau. „Okay, was ist los? Du bist seit ein paar Tagen echt komisch drauf. Vor allem heute."
„Parvati..." begann Hermione langsam, aber weiter kam sie nicht.
„Oh nein!" fuhr Parvati sie an. „Du sagst mir jetzt auf der Stelle, was los ist. Du wirst sonst diese Nacht kein Auge zumachen – das schwöre ich dir!"
Hermione sah Parvati an und erkannte echte Sorge in ihrem Blick. Sie fragte sich, ob sie sich wirklich so seltsam aufführte, wie Harry und Parvati behaupteten. Und obwohl sie am liebsten ein weiteres Mal weggerannt wäre, blieb sie ruhig sitzen und willigte damit ein, mit Parvati zu reden.
„Also," begann ihre Freundin, nachdem sie Hermiones Redebereitschaft erkannt hatte. „Hat Snape dich wieder zur Schnecke gemacht? Oder hast du irgendeine schlimme Nachricht von deinen Eltern bekommen?"
„Nein, das ist es nicht."
„Ja, was ist es dann?" Parvati gestikulierte hilflos. „Jetzt komm schon, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen."
Hermione senkte wieder den Blick. Sie hatte auf dem Weg von der Bibliothek zum Schafsaal etwas Zeit gehabt, nachzudenken und war gerade erst dabei sich selbst einzugestehen, was los war. Und dann mit Parvati darüber sprechen – vor allem nach Parvati Bitte die Vermittlerin zu spielen? „Du wirst mich hassen, wenn ich es dir erzähle."
„Liebes," begann ihre Mitschülerin und imitierte den Tonfall der Fetten Lady, „das würde nur passieren, wenn du dich weiter wie ein wandelndes Rätsel aufführst." Parvati machte eine Pause und bemühte sich den bissigen Tonfall wieder zu verdrängen, der sich oft und gerne bei ihr einschlich. Jetzt war er absolut unpassend. „Ich bin deine Freundin. Du kannst mir alles sagen."
„Na gut," meinte Hermione unsicher, denn sie konnte sich Parvatis Reaktion schon vorstellen. „Ich hab Harry gesagt, dass ich nicht auf den Ball gehen will. Da meinte er, dass er und ich doch zusammen hingehen könnten, weil er auch noch keine Partnerin hat und er dachte, dass ich deswegen nicht hin will. Aber ich hab nein gesagt." Hermione hatte so schnell geplappert, dass sie jetzt kurz nach Luft rang, aber dann noch im selben Augenblick die Luft anhielt und angespannt Parvatis Reaktion erwartete.
Ein leises „Oh." war alles, war von ihrem Gegenüber kam.
Hermione sah sie überrascht und fragend an, doch Parvati saß ganz unbewegt da und schien ganz in Gedanken versunken zu sein.
„Du machst mir Angst," sprach Hermione schließlich leise in die aufgekommene Stille hinein. „Sag was."
„Wir machen uns beide etwas vor, weiß du das?" antwortete Parvati ebenso leise.
Hermiones Verwirrung erreichte einen neuen Hochpunkt, aber sie hatte das unbestimmte Gefühl zu wissen, worauf ihr Gegenüber hinaus wollte. „W-was?"
„Weißt du, was man über dich und Harry sagt?" erwiderte Parvati.
„Ja. Alexia hat die Gerüchteküche etwas geschürt und behauptet, da liefe etwas zwischen uns – aber das stimmt nicht," antwortete Hermione. „Das weißt du doch."
„Ich weiß nur, dass Alexia sehr scharfe Augen hat."
„Das ist doch lächerlich!" blockte Hermione schnell ab und merkte, wie ihr Unwohlsein stieg.
Parvati sah sie nur vielsagend an und schwieg.
„Parvati!"
„Weißt du, ich mag ihn auch," begann Parvati schließlich ganz ruhig. „Aber ganz Hogwarts weiß, dass ihr beide viel besser zueinander passen würdet." Sie lächelte sanft – und aufrichtig. „Und ich will meiner besten Freundin doch nicht ins Gehege kommen."
Mit diesen Worten stand Parvati auf und verließ das Zimmer. Hermione blieb sprachlos zurück. Abgesehen von diesem merkwürdigen Gespräch hatte sich etwas Grundlegendes bei beiden Hexen verändert.
Nach dem Gespräch mit Hermione lief Parvati Patil zielstrebig durch die Gänge von Hogwarts – sie wollte nach draußen. Einfach nur nach draußen, um etwas frische Luft zu schnappen. Vielleicht auch ihre Schwester und Lavender suchen. So weit kam sie jedoch nicht. Ausgerechnet Harry Potter kam ihr plötzlich aus einem Seitengang entgegen.
„Hi, Harry," sagte sie wie beiläufig und wollte einfach weitergehen.
„Parvati, warte kurz," erwiderte er, als sie fast schon an ihm vorbei war. „Weißt du, was mit Hermione los ist?"
Parvati blieb stehen und wandte sich Harry zu. „Es geht ihr grad nicht so gut. Warum fragst du?"
„Ich mache mir Sorgen um sie. Sie verhält sich in letzter Zeit etwas seltsam, aber will nicht sagen, warum."
Parvati zuckte mit den Schultern und legte ein geheimnisvolles Lächeln auf. „Das haben wir Frauen nun mal so an uns."
Harry seufzte leise. „Hat sie irgendwas wegen heute Abend gesagt?"
„Nur, das sie nicht auf den Ball gehen will." Jetzt seufzte Parvati. „Und ich wohl auch nicht," setzte sie melancholisch hinzu.
„Hat dich keiner eingeladen?" fragte Harry erstaunt.
„Doch, schon. Aber nicht, der, mit dem ich hin wollte," erklärte sie langsam. „Aber der Ball ist mir jetzt nicht mehr so wichtig."
„Um Himmels Willen," begann Harry, „Du redest ja fast schon wie Hermione!"
Parvati lächelte. „Nein, dazu verwirre ich dich zu wenig," erwiderte sie, was Harry ein zustimmendes Lächeln entlockte. „Aber ich hätte da eine Idee," fügte sie hinzu, als Harry nichts sagte.
„Und was?"
Sie grinste ihn geheimnisvoll an. „Das verrat ich dir jetzt noch nicht – aber es wird bestimmt ein sehr interessanter Abend."
Harry sah sie stirnrunzelnd und etwas unsicher an. Parvati war schon immer ein Fall für sich gewesen – und er sah genau, dass sie etwas ausheckte. Das ließ ein merkwürdiges Gefühl in seiner Magengegend aufkommen.
„Der Ball beginnt um Acht. Sei einfach kurz vor Acht im Gemeinschaftsraum."
„Na schön," stimmte Harry zögerlich zu.
„Okay!" strahle sie ihn an und lief dann schnellen Schrittes in den Gang, der in den kleinen Innenhof mit Rasen führte.
Harry sah ihr irritiert hinterher und fragte sich, ob es vielleicht am Wetter lag, dass sich alle so komisch aufführten.
Padma Patil, Lavender Brown und Alexia Barrows saßen auf dem kleinen Mäuerchen, das den überdachten Rundgang um den kleinen Innenhof von Hogwarts rahmte. Ihr Gesprächsthema war natürlich der Abend, der kurz bevor stand. Lavender schwärmte gerade von ihrem Ballkleid, als Parvati auf die drei Mädchen zustürzte.
„Hi ihr!" begrüßte Parvati die kleine Versammlung.
„Du strahlst ja so," meinte ihre Schwester Padma. „Hat dich Harry zum Ball eingeladen?"
„Nein," erklärte Parvati fröhlich, was bei den drei anderen Verwirrung aufkommen ließ.
„Dann hast du einen anderen Partner?" fragte Lavender.
„Oder willst du jetzt doch mit Justin hingehen?" fügte Alexia sofort hinzu.
„Nein," antwortete Parvati ungetrübt fröhlich, wozu das Amüsement über die irritierten Gesichter, die sie umgaben, dazu kam. „Aber ich geh auf den Ball."
„Mit wem?" erwiderte ihre Schwester.
„Verrat ich nicht," grinste sie geheimnisvoll.
„Und du bist nur gekommen, um uns das zu sagen?" entgegnete Alexia leicht eingeschnappt.
„Ihr sollt mir bei etwas helfen," verkündete Parvati verschwörerisch. „Wir brauchen ein Kleid für Hermione."
„Hermione?" echote Alexia. „Geht sie etwa mit Harry hin?"
„Sozusagen," antwortete Parvati langgezogen.
„Hm," machte Lavender. „Wo liegt das Problem? Wir gehen einfach mit ihr nach Hogsmeade zum Shoppen."
„Ähm, ja..." erwiderte Parvati. „Sie sagt, sie will nicht auf den Ball."
Padma legte ihrer Schwester die Hand auf die Stirn. „Also Fieber hast du keins, aber du redest nur dummes Zeug."
„Ihr werdet heut Abend schon sehen, dass ich absolut kein dummes Zeug rede. Also – helft ihr mir jetzt? Bitte..."
Alexia seufzte. „Na schön. Ich schätze mal, da ich den Grundsstein gelegt habe, muss ich auch dafür sorgen, dass sich die beiden kriegen."
Lavender grinste. „Tja, das kommt davon, wenn man Gerüchte verbreitet."
Alexia zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, ich würde den beiden damit einen Gefallen tun. Ich wusste ja nicht, dass sie so schwer von Begriff sind."
„Wer ist schwer von Begriff?" erklang Ron Weasleys Stimme.
Die drei Hexen verstummten augenblicklich und musterten Ron, der nun neben ihnen stand einige Sekunden, so dass dieser sich wie auf dem Präsentierteller vorkam und ganz verwirrt und verunsichert dreinblickte.
„Er könnte uns helfen," meinte Alexia schließlich.
„Helfen?" wiederholte Ron. „Äh, klar... ähm, wobei denn?"
Parvati kicherte amüsiert und sah zu ihrer Schwester. „Du hast Recht – er ist süß, wenn er verwirrt ist."
Padma kicherte daraufhin ebenfalls, wurde aber auch etwas rot. Lavender und Alexia ihrerseits hatten größte Mühe, sich ein breites Grinsen zu verkneifen.
Ron räusperte sich und versuchte zu ignorieren, dass ihm die Schwestern scheinbar gerade Punkte auf der Zum-Freund-geeignet-Skala verliehen. „Schön, dass wir das geklärt haben."
Lavender schraubte ihr Grinsen ab und zwang sich wieder ernst zu werden. „Okay, also, wenn ich das richtig verstehe," versuchte sie das vorhergegangene Gespräch zusammenzufassen, „dann hat Parvati für heute Abend ein geheimnisvolles Date zum Ball und auf einmal kein Interesse mehr am begehrtesten Jungen der Schule – und sie will jetzt Hermione mit Harry verkuppeln. Wir sollen ihr dabei helfen, Hermione für den Ball herzurichten und sie aber erst mal überreden, dass sie überhaupt hingeht."
„Na ja, so ähnlich," kommentierte Parvati, während Ron mit hochgezogenen Augenbrauen da stand und eigentlich immer noch nicht wusste, was eigentlich los war.
„Und ich würde sagen, mit dem richtigen Anstoß hat Hogwarts morgen das Traumpaar schlechthin," erklärte Alexia zufrieden.
„Jetzt sag doch mal was, Ron!" forderte Padma ihren sprachlosen Mitschüler auf und schüttelte seufzend den Kopf. „Also, ich hoffe mal, dass du heut Abend gesprächiger bist."
„Heut Abend?" echote Parvati. „Oh, ich verstehe – ihr beide geht zusammen auf den Ball." Sie verkniff sich diesmal das Grinsen und verkniff sich ebenfalls, Ron zu sagen, das es allerhöchste Zeit war, dass er ihre Schwester eingeladen hatte.
„Ja," antwortete Ron schlicht. Er schluckte – es war ihm etwas unangenehm und er hoffte, dass Parvati, die um einiges direkter war, als ihre Zwillingsschwester, ihn jetzt nicht über seine Gefühle für Padma ausfragen würde.
„Also, du könntest dich etwas um Harry kümmern," fuhr Parvati schließlich fort.
„Soll ich ihm sagen, dass er Hermione einladen soll?" erwiderte Ron.
„Nein, nein," schüttelte Parvati in belehrendem Ton den Kopf. „Darum hab ich mich sozusagen schon gekümmert – auch wenn er noch nichts von seinem Glück weiß... Nein, also, du sollst ihn etwas zum Nachdenken bringen. Ihn auf Hermione ansprechen, du weiß schon, etwas aus der Reserve locken. Um alles andere kümmere ich mich heute Abend."
„Warum sagst du uns nicht einfach, was genau du vorhast?" fragte Lavender. „Dann könnten wir dir viel besser helfen."
„Zu viele Köche verderben den Brei," entgegnete Parvati und wandte sich zu Ron. „Du könntest jetzt mal Harry suchen, hm? Mit Padma kannst du heute Abend noch flirten," meinte sie ganz locker.
„Ja, ich geh ja schon," willigte Ron ein und ging mit irritierten Gesichtsausdruck davon.
„So," nickte Parvati zufrieden, „und wir gehen jetzt nach Hogmeade und besorgen ein Kleid für Hermione."
„Sollten wir sie da nicht mitnehmen?" meinte Padma.
„Alexia hat etwa die selben Maße wie Hermione," erklärte Parvati. „Und für den Notfall weiß ich auch nen Spruch, der ein Kleid perfekt sitzen lässt."
