Unfähig ein Wort zu sagen, schaute Akane ihre Schwester an und lies sich von Ranma hinauf in ihr Zimmer tragen. Mit einem Dauerlächeln auf den Lippen legte dieser sie in ihr Bett und strich vorsichtig ein paar Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. "Ich glaube ich hole dir ein paar Eiswürfel" sagte er mit ruhiger Stimme und wollte sich schon zum Gehen wenden, als er von Akane am Handgelenk zurückgezogen wurde. "Ranma . seit wann bist du denn so nett zu mir?" Verwundert blickte Ranma sie an und kniete sich dann vor Akanes Bett. "Aber ich würde doch niemals gemein zu dir sein, dazu bedeutest du mir einfach zu viel." Sprachlos vergrub Akane ihren Kopf im Kopfkissen und beobachtete wie Ranma leise den Raum verließ. Was war nur los mit ihr? Hatte sie sich den Kopf wirklich so sehr angeschlagen? War es denn normal, dass die Sonne blau war und Kasumis Haar lila? Seufzend drehte sich Akane auf die Seite und sah stur die Wand an. Warum war Ranma denn nur auf einmal so nett zu ihr? War das überhaupt Ranma? . aber ihr Ranma würde doch eigentlich ganz anders sein .

"Hier sind die Eiswürfel" ertönte plötzlich Ranmas sanfte Stimme hinter ihr und Akane drehte sich wieder auf den Rücken. Misstrauisch beobachtete sie wie Ranma sich neben ihr aufs Bett setzte und sie mitleidig ansah. "Meine arme kleine Akane" flüsterte er mit leiser Stimme und schaute ihr schüchtern in die Augen. Akane, unfähig auch nur ein Wort zu sagen, starrte Ranma einfach nur an. Erst als er sich vorsichtig nach vorne beugte und versuchte den Beutel mit den Eiswürfeln auf ihre Stirn zu legen, kniff sie verärgert die Augen zusammen und schlug unwirsch seine Hand weg. "Hör auf mich so zu ärgern Ranma!" Verständnislos sah Ranma in Akanes glänzende braune Augen und hob dabei langsam den Beutel wieder vom Boden auf. Akane wurde währenddessen immer unwohler in ihrer Haut. Warum sah er sie auch so an? Und warum machte sie das nur so nervös? Schluckend wendete Akane ihren Blick von Ranma und schaute auf ihre Bettdecke. Seufzend schloss sie die Augen und versuchte krampfhaft an etwas anderes als Ranma zu denken. Auf einmal spürte sie wie etwas Kaltes auf ihre Stirn gelegt wurde und sie öffnete erschreckt die Augen. Gerade wollte sie den Beutel wieder von ihrem Kopf zerren, als ihre Hand zärtlich umschlossen wurde. Mit großen Augen schaute sie hinüber zu Ranma und spürte ein ungewohntes Kribbeln in sich aufsteigen. "Schlaf jetzt lieber ." hörte sie Ranmas Stimme in ihr Ohr flüstern.

Mit leeren angsterfüllten Augen schaute Akane die Decke in ihrem Zimmer an. Die merkwürdige blaue Sonne war schon lange untergegangen, doch Akane lag immer noch in ihrem Bett. Regungslos und unfähig zu schlafen. Das leise Rauschen der umliegenden Bäume drang in ihre Ohren und manchmal war vom Weiten das Bellen eines Hundes zu vernehmen. Akane hatte inzwischen ihre Bettdecke bis hoch zu ihrer Nasenspitze gezogen und schaute nun zu den tanzenden Schatten, die sich an ihren Wänden entlang schlichen. Irgendwie empfand Akane diese Schatten als bedrohlich, jeder in seiner einzigartigen Form schien sich auf sie stürzen zu wollen . Wimmernd schloss Akane die Augen. Sie konnte nicht klar denken, konnte nicht schreien oder um Hilfe rufen . war ganz allein in ihrer neuen Welt. Doch irgendwann übermannte Akane ihre Müdigkeit und sie fiel in einen unruhigen Dämmerschlaf, der sie jedenfalls eine Weile von ihren Gedanken ablenkte.

Nicht das leiseste Knarren war zu vernehmen als Ranma am nächsten Morgen vorsichtig die Tür zu Akanes Zimmer öffnete. Auf Zehenspitzen schlich er sich hinüber zu Akanes Bett und sah lächelnd auf sie hernieder. Wie ein Engel lag sie zwischen ihrer verwühlten Bettdecke und atmete gleichmäßig aus und ein. Räuspernd setzte sich Ranma af die Bettkante und strich mit seiner Hand zärtlich an ihrer Wange entlang. "Akane, du musst aufstehen", sagte er mit leiser Stimme und blickte erwartungsvoll zu Akane. Doch diese drehte sich nur schläfrig auf ihren Rücken und kuschelte sich in ihre Kissen. Grinsend kratze Ranma sich am Kopf und legte den Kopf dann schief auf eine Seite. Nach einiger Zeit atmete er tief ein und beugte sich vorsichtig nach vorne. Ein roter Schleier schlich sich über seine Nase, als er Akane zaghaft auf die Wange küsste und diese erschreckt die Augen öffnete.

Sprachlos sah sie an und strich langsam über ihre Wange. Ranma war inzwischen aufgestanden und blickte schüchtern zu ihr herüber. Doch schon nach kurzer Zeit sprang er in die Luft und wich geschickt Akanes Schlägen aus. "Du Perversling!" zischte diese wütend und rannte mit hochrotem Kopf hinter Ranma her. "Was fällt dir eigentlich ein?" rief sie erschöpft und lehnte sich an eine Wand. "Was fällt dir eigentlich ein" flüsterte sie noch ein zweites Mal und ging seufzend zurück in ihr Zimmer.

"Akane kommst du endlich, das Frühstück ist fertig!" Grummelnd stand Akane vor dem Spiegel in ihrem Zimmer. Sollte sie wirklich so zur Schule gehen? Zweifelnd zog Akane ihre langen weißen Strümpfe bis über die Knie. Sah das nicht irgendwie merkwürdig aus? Mit zusammengekniffenen Augenbrauen drehte sich Akane vor dem Spiegel hin und her. Der knappe faltige Minirock wirbelte dabei in der Luft herum und die dunkelblaue Krawatte flog Akane in das Gesicht. Schulterzuckend ging Akane hinüber zu ihrer Tür und strich sich die weiße Bluse glatt. *Nabiki sagte, dass das hier die Schuluniform sein.*

Räuspernd stieg Akane die letzten Stufen der Treppe herab und blickte erwartungsvoll in die Gesichter ihrer Familie. Diese begrüßten sie fröhlich wie immer und Akane setzte sich auf ihren Platz neben Ranma. Nervös schaute sie hinüber zu Kasumi, die mit ihren lila Haaren wirklich mehr als merkwürdig aussah. Zum Glück hatten sich die anderen nicht verändert. Höflich lächelnd nahm sie ihren Reis entgegen, konnte sich aber nicht daran hindern die ganze Zeit auf Kasumis Haare zu starren. "Was ist denn los Akane, hab ich irgendetwas am Mundwinkel?" fragte Kasumi verwundert, erhielt aber nur ein entschuldigendes Kopfschütteln von Akane.

Nach einiger Zeit tippte Ranma ihr leicht auf die Schulter. "Kommst du Akane? Wir wollen doch nicht zu spät zur Schule kommen!" Ohne sich weiter darüber zu wundern, stand Akane vom Tisch auf, schnappte sich ihre Schultasche und lief hinaus in den Garten. Skeptisch blickte sie sich um. Die ganze Gegend war in ein leuchtendes Blau getaucht und die herüberziehenden Wolken waren in einem warmen Rosa gefärbt. Staunend sah Akane sich um und rührte sich nicht von der Stelle, bis sie sanft von Ranma hinter ihm hergezogen wurde. Ein paar Meter stolperte Akane so den Weg entlang, bis sie sich zornig losriss und erhobenen Hauptes an Ranma vorbeiging. "Du Perversling" sagte sie mit wütender Stimmer im Vorübergehen und lies einen verdutzen Ranma hinter sich zurück. Lachend lief dieser hinterher und zog ihr spielerisch an den wippenden Haaren. "Was hast du denn meine Kleine?" Störrisch holte Akane mit ihrer Schultasche aus und versuchte Ranma damit zu treffen, doch dieser hüpfte schnell auf den nahe liegenden Zaun. "Ich habe gar nichts und ich bin nicht deine Kleine!" schrie sie aufgebracht und lief hinter Ranma her. Grinsend sprang dieser vom Zaun herab, stupste sie leicht auf die Nase und sagte mit leiser Stimme: "Oh doch, dass bist du sehr wohl und das weißt du auch ." Ohne jegliche Regung sah Akane hinter ihm her, bis sie schließlich ihre Fassung wiedergewonnen hatte und fluchend zur Schule lief.

Während des Unterrichts blickte Akane die ganze Zeit über unverwandt aus dem Fenster. Immer wieder fiel ihr Blick auf die strahlende blaue Sonne und sie schloss irritiert die Augen. War die Farbe der Sonne wirklich normal so? Fand nur sie das merkwürdig? Träumte sie das alles nur oder konnte sie sich einfach nicht erinnern? Misstrauisch linste sie herüber zu Ranma. Ein kleines Kribbeln stieg in Akanes Magen auf und sie drehte sich schnell wieder weg. *Warum war Ranma nur so anders?* Diese Frage stellte Akane sich bestimmt eine ganze Stunde lang und kam doch zu keinem Ergebnis. Sie war sich ja noch nicht einmal sicher, ob sie sich darüber freuen sollte oder nicht? Sicher, er war jetzt viel netter zu ihr, aber trotzdem störte Akane etwas . es fehlte etwas .

Gedankenverloren machte sich Akane am Nachmittag auf den Weg nach Hause. Hinter sich hörte sie die schnellen Schritte von Ranma, der anscheinend versuchte sie einzuholen. Aber irgendwie hatte Akane das Gefühl, dass sie lieber allein sein wollte . allein, zum nachdenken . Akane stoppte abrupt, als sich plötzlich vor ihr ein großer Schatten auftat. Verwundert hob sie den Kopf und stolperte ein paar Schritte zurück, als sie in die tränenerfüllten Augen von Kuno blickte. Ein gequältes Lächeln entstand auf seinem Gesicht und er schritt mit einer freundlichen Begrüßung an ihr vorbei. Die Begrüßung zögernd erwidernd folgte Akane mit ihren Augen dem trägen Gang Kunos, als ihr Blick plötzlich an Ranma hängen blieb. Verständnislos lief sie zu ihm und fragte mit aufgeregter Stimme: "Sag mal Ranma, was ist denn mit dem los?" Grinsend verwuschelte Ranma leicht das Haar von Akane und sagte dann mit trockener Stimme: "Aber ich habe dem doch schon vor langer Zeit gesagt, dass er sich dich aus dem Kopf schlagen soll . weil du nämlich mir gehörst!" Stolz schritt Ranma an Akane vorbei und warf sich seine Schultasche über die Schulter.

"Ranma, Ranma warte doch mal!" ertönte Akanes Stimme hinter ihm und er blieb lächelnd stehen. Doch zu seiner Verwunderung sah Akane ihn mit einem bedrohlichen Gesichtsausdruck an. "Ich habe dir doch schon oft genug gesagt, dass du mich nicht immer so verarschen sollst!" schrie sie keifend in sein Gesicht. Ruhig blickte Ranma sie an. "Dann tut mir das Leid", sagte er mit einem leichten Kopfnicken. Allerdings brachte Akane das nur noch mehr zum Kochen: "Du bist ein Trottel Ranma, du bist so ein Trottel!" schrie sie verzweifelt und versuchte Ranma mit ihren Füssen zu treten. Da Ranma immer wieder geschickt auswich, fiel Akane irgendwann erschöpft auf ihre Knie und sah zu wie sich langsam ein paar Tränen an ihrem Gesicht herunterbannten. "Warum bist du nur nicht mehr der selbe?" fragte sie flüsternd, als sie auf einmal zärtlich an der Hand nach oben gezogen wurde.

Traurig schaute sie in die liebevollen Augen von Ranma. Immer schon hatte sie diese Augen geliebt, ihr freches Glänzen . das wunderbare blau . doch nun waren sie ihr irgendwie fremd. Nur abwesend bekam Akane mit, wie Ranma sanft ihre Hüfte umfasste und sie vorsichtig zu sich heranzog. Mit klopfendem Herzen sah sie zu, wie er langsam seine Augen schloss und ihrem Gesicht immer näher kam. Als sie seine zarten Lippen auf den ihren spürte, schloss auch Akane langsam die Augen. Eine ungewohnte Hitze stieg in ihrem Körper auf und für einen kurzen Moment konnte sie sich von all ihren Zweifeln lösen .

Erschrocken stieß sich Akane von Ranma ab, nachdem sie den Kuss beendet hatte. Mit einer Mischung aus Liebe, Trauer und Wut sah sie ihn an und rannte dann ohne ein weiters Wort an ihm vorbei. Mit dem Kuss war einer ihrer sehnlichsten Träume in Erfüllung gegangen . aber trotzdem war sie nicht glücklich. Zweifel stiegen in ihrem Herzen auf, Zweifel die sie weder erklären noch beseitigen konnte. Sie war wie eine Gefangene ihrer Gefühle, wusste weder was falsch noch was richtig war .

To be continued