Glück ist nur ein Traum – Und der Schmerz ist die Wirklichkeit.
Prolog
Harry wurde durch ein stetiges, pochendes Geräusch geweckt.
Verwirrt setzte er sich im Bett auf und folgte einer schnellen Eingebung, blickte zum Fenster.
Und tatsächlich... Auf dem Fenstersims saß seine Hedwig, den kleinen Schnabel gegen die Scheibe klopfen lassend. Harry sprang aus dem Bett und vergaß schlagartig die angenehme Wärme, die es inne gehabt hatte. Mit ein paar kurzen Schritten war er beim Fenster und machte es so leise, doch auch so schnell wie möglich auf. Hedwig sprang auf die Fensterbank über, was ihr Mühe bereitete, denn ein dicker Brief, fast schon ein kleines Päckchen war an eines ihrer Beine gebunden. Verwundert beugte sich der Junge vor, öffnete den festen Knoten um das Objekt zu lösen.
Als dies geschehen war, schwang Hedwig ihre Flügel und flatterte auf Harrys Schulter, die er ihr anbot.
Nachdenklich betrachtete er den dicken Brief in seinen Händen. Es stand kein Absender darauf, kein Siegel oder irgendetwas anderes... Es war einfach nur ein pergamentener Umschlag.
Hedwig schuhute leise in seinem Ohr. Harry spürte, wie sie ihren gefiederten Kopf schutzsuchend gegen seine Schläfe schmiegte.
„Was hast du denn?", murmelte er fürsorglich, „Warum bist du denn so nervös?"
Vorsichtig hob er eine Hand und fuhr ihr damit über den federnden Kopf. Hedwig war ganz offensichtlich aufgeregt. Doch warum? Was war geschehen oder wo war sie gewesen, wo etwas geschehen war, dass sie aus der Ruhe brachte?
Harry machte das Fenster mit der freien Hand wieder zu und ging zu seinem Bett. Unterwegs setzte er seine Schneeeule auf einem Schrank ab, auf dem auch ihr Käfig stand. Hedwig war schon seit ein paar Tagen nicht mehr bei ihm gewesen. Wahrscheinlich hatte sie Hunger und Durst.
Den dicken Brief in seinen Händen betrachtend, ließ sich Harry auf sein Bett sinken. Von wem er wohl stammte? Draco? – Sicher nicht. Das war so gut wie unwahrscheinlich. Dumbledore oder McGonagall? – Auch nicht. Vor den Ferien wurde eindeutig verkündet, dass das nächste Schuljahr nicht stattfinden sollte. Ron oder Hermione? – Sicher auch nicht. Seit dem letzten Schuljahr hatte er kaum etwas mit ihnen zu schaffen. Wer sollte ihm denn sonst einen Brief schicken? Und warum sollte er ihn unbeschriftet lassen?
Harry schüttelte über sich selbst den Kopf. Es gab nur eine Möglichkeit heraus zu finden, was es mit dem Brief auf sich hatte. Er musste ihn öffnen! So einfach war das.
Vorsichtig löste er das schwarze Siegelwachs, welches spärlich auf den Umschlag getropft war. Erstaunt bemerkte er, dass seine Finger leicht zitterten. Warum war er denn aufgeregt? Warum hatte er das seltsame Gefühl, dass dieser Brief nichts Gutes verhieß?
Als er ein mehrfach zusammen gefaltetes Blatt aus dem Umschlag zog, rutschten gleichzeitig noch zwei Bilder in der Größe des Briefes heraus. Sie fielen lautlos auf den Parkettboden und Harry ließ sie dort, kümmerte sich erst um den eigentlichen Brief. Langsam faltete er ihn auseinander und war erstaunt, als er sah, dass nur wenige Zeilen auf dem Papier standen. Die Tinte war schwarz und formte sich zu einer verschlungenen Handschrift zusammen, die er nicht kannte. Doch das seltsamste war, dass die Buchstaben lebendig erschienen. Es war fast so, als würden sie jede Sekunde verschwimmen oder neue Wörter bilden wollen...
Harry las, das Schaudern auf seinem Rücken ignorierend.
Was war, ist noch immer. Man kann es nicht ignorieren, nicht vergessen.
Du lebst mit einer Lüge, Harry Potter.
„Nein", flüsterte Harry in die Stille seines Zimmers, blickte plötzlich mit erschrockenem Ausdruck in den Augen auf. Du lebst mit einer Lüge, Harry Potter. – Diesen Satz hatte schon einmal jemand zu ihm gesagt. Und dieser jemand, dieser jemand...
Der Junge schluckte, legte das Blatt auf seinen Schoß und beugte sich vor, um die zwei zuvor heruntergefallenen Bilder aufzuheben. Es waren zwei Fotos. Eines davon, das scheinbar neuere, war von ihm selbst. Er lag dort auf dem Boden, ein schwarzer Umhang war über seine Schultern gelegt und er schlief. Harry hatte das Foto zuvor noch nie gesehen, aber das er es war, stand außer Frage, außerdem wusste er, wer das Bild gemacht hatte...
Lächelnd, da wenige schöne Erinnerungen in ihm aufgekommen waren, legte er das Foto beiseite und betrachtete nun das Zweite. Es zeigte einen schwarzhaarigen Jungen. Seine Augen waren stechend grün und die schwarzen Augenbrauen verliehen dem Gesicht etwas Düsteres, Mürrisches. Das alles wurde von einem kaum sichtbaren, kalten Lächeln auf den Lippen unterstrichen...
Harry stockte der Atem. Dieser Junge - er sah so aus wie er selber. Aber er war es nicht. So schauen konnte er nicht oder er hatte es zumindest nie bemerkt. Aber nein... er konnte es nicht sein... nicht er, aber... aber... er.
Mit plötzlich zitternden Fingern hob Harry sein eigenes Foto, auf dem er schlief, vom Bett auf und hielt es neben das Zweite. Die Ähnlichkeit war erschreckend... und sie machte ihm Angst. Angst und ließ eine Befürchtung in ihm entstehen...
Du lebst mit einer Lüge... einer Lüge...
Harry hörte auf einmal einen Schrei in seinen Ohren. Und er bemerkte nicht einmal, dass er es war, der schrie.
A/N:
Ich sag nur eins: Reviews please!
