A/N: Und hier nun der vierte Teil. Dank an alle, die die Geschichte bisher gelesen und gereviewt haben, in diesem Fall besoders Koishii^_^
Ebenfalls einen riesigen Dank an Caron für ihr Beta!
Gewidmet ist die Geschichte immer noch der kleinen, gestressten Werwölfin, die nun endlich wieder in Knuschelnähe ist!^_~
Also dann, viel Spaß und happy C&Cing!
~~**~~
Aya wusste nicht, wie lange er schon ziellos umherwanderte. Tief in Gedanken über sich selbst, das Orakel und die Worte wie auch Taten, die zwischen ihnen gefallen waren, war er durch das waldähnliche Gebiet gelaufen, solange, bis er selbst nicht mehr konnte.
Der Hunger nagte an ihm, sein Magen erinnerte ihn wieder und wieder daran, dass er immer noch nichts gegessen hatte. Zeit, nach Hause zu gehen, in die kleinen Räumlichkeiten zurückzukehren.
Zeit, seinem Nemesis ins Gesicht zu schauen und die Stärke zu haben, jede Provokation an sich vorbeiziehen zu lassen, als wäre sie nichts. Zeit, diesen ganzen Tag hinter sich lassen mit dem Wissen, dass morgen der Ring entgültig beseitigt sein würde.
Zeit zu vergessen, was er Crawford beinahe angetan hätte. Nach morgen würde er das alles hier verdrängt haben, dann würde alles so weitergehen wie bisher, ohne Komplikationen. Er würde für seine Schwester sorgen, Missionen erledigen, ein geregeltes Leben führen.
Ayas Beine trugen ihn zielsicher zurück zu seinem Apartment, als er schließlich den Schlüssel in das Schloss steckte und herumdrehte. Es war schon komisch....dieses Schloss knackte immer erst leise, bevor es nachgab und ihn hineinließ.
Es war komisch, dass ihm das gerade jetzt auffiel.
Der rothaarige Mann betrat lautlos das mittlerweile dunkle Apartment. Wann war die Sonne untergegangen? Er musste es wohl verpasst haben....
Still und ruhig lagen die Räume vor ihm, ließen keinen Hinweis auf die früheren Geschehnisse zu, nur der omnipräsente, Übelkeit erregende Geruch von verbranntem Fett lag wie Nebel in der Luft, schien auf dem kleinen Korridor hin und her zu wabern. Es war, als könne Aya beinahe die dickflüssigen Dunstwolken der kondensierten Luft erkennen, wenn er genau hinsah.
Doch das war nur Einbildung. Hier war nichts.
Außer einem deutlich lauten Ticken der Küchenuhr, der Aya nun einen Besuch abstattete um festzustellen, dass es schon neun Uhr war. Solange war er weg gewesen?
Aya hob erstaunt eine Augenbraue bedauerte dies jedoch nicht. Je weniger Zeit ihm mit Crawford blieb, desto besser. Sich nun endgültig Essen zubereitend, verschob er alle Gedanken daran in die hinterste Ecke seines Bewusstseins und biss herzhaft in das dick belegte Brot. Genau wie er freute sich auch sein Magen über die Arbeit, die er nun zu tun hatte und brummte glücklich, ein fast schon störendes Geräusch in der Stille des Abends.
Im Glauben, dass Crawford sich im Schlafzimmer befand, begab sich der rothaarige Assassin in das Wohnzimmer und pfläzte sich dort mit einer schwungvollen Bewegung auf die Couch und legte die Beine hoch. Endlich konnte er sich die Ruhe gönnen, die er brauchte, um morgen vollkommen konzentriert an seine Arbeit zu gehen.
Und doch holte ihn nun ein leises, kaum merkliches Geräusch aus seinen Gedanken, ließ ihn beinahe zusammenzucken und seinen Blick ruckartig zum Sessel fahren, der - ihm abgewandt - am Fenster stand. Es war eines dieser antiquiert anmutenden Möbelstücke mit hoher Lehne, rotem, samtigen Überzug und herrlich breit.
Doch ungeachtet der Bequemlichkeit des Sessels wusste Aya plötzlich, was die Ursache der Laute war und es gefiel ihm nicht. Bedeutete es doch, dass.....
Mit einer geschmeidigen Bewegung stand der jüngere Mann auf und erkannte, was er nicht hatte sehen wollen. Den schwarzhaarigen Amerikaner, wie er, die Beine angezogen und seine Arme darum geschlungen, im Sessel saß...oder lag.....und schlief. Wenn auch unruhig, denn die sonst so makellose Stirn des Orakels war in tiefen Falten der Sorge, wenn nicht sogar Furcht. Seine gesamte Gestalt zitterte unmerklich, die schlanken Finger waren bis zur Anspannung ineinander verwoben, gleich einem Anker, den Crawford brauchte, um nicht in den endlosen Abgründen seiner Albträume zu versinken.
Aya ertappte sich dabei, dass er, wie am Abend zuvor, losgelöst und seiner Umgebung keine Beachtung schenkend auf sein Gegenüber starrte, bezaubert durch die perfekt-muskulöse Form des Mannes, fasziniert durch die dunklen Stellen der Hautabschürfung, der Hämatome, die nun nicht mehr einzig und allein das Werk Lasgos waren. Wundersam beleuchtet und besänftigt durch das Mondlicht, welches nun voll bläulich-weiß in das Zimmer und damit auf die Gestalt vor ihm fiel.
Jetzt, im Schlaf sah der Schwarz ganz und gar nicht aus wie der ruchlose Assassin, den Aya hasste. Eher....
Ein anscheinend besonders gewalttätiger Traumfetzen ließ Crawford jäh zusammenzucken und gequält aufstöhnen. Die Hände, eben noch ineinander verflochten, lösten sich und versuchten, das Gesicht vor unsichtbaren Angreifern zu schützen, die Dämonen wegzustoßen, welche ihn verfolgten und schließlich einholten.
Vollkommen in Trance betrachtete Aya das grausame Spiel, kam seinem Nemesis Zentimeter für Zentimeter näher, beugte sich zu ihm herab und berührte ihn. Es elektrisierte, berauschte ihn, die weiche, warme Haut unter seinen Händen zu spüren, die Anspannung wegzustreichen, den älteren Mann solange zu beruhigen, bis sich die tiefen Falten auf der Stirn nach und nach lösten und die Gestalt vor ihm ihre eigentliche Ruhe wiedererlangte.
In diesem Augenblick zählte nichts, weder die Taten des heutigen Tages, noch der Hass, noch die morgige Mission.
Das Mondlicht war von Bedeutung, wie es auf den Amerikaner hinabschien, wie es seine Gestalt in hellem, dunklem Licht einhüllte. Crawford selbst war es. Sein Leid war es. Ayas Berührungen waren es.
Wieder und wieder fuhr der rothaarige Assassin über das geschundene Gesicht, löste mit jedem Strich ein wenig mehr Anspannung in den Zügen Crawfords, selbst ungewohnt fasziniert und verzaubert.
Die offenen Augen des Mannes vor ihm bemerkte er erst nach ein paar Sekunden, konnte dann jedoch auch nicht reagieren. Zu wenig Bosheit und Spott strahlten sie aus, um ihn abzustoßen, zu wenig Feindseligkeit war darin, um ihn die Hand senken zu lassen.
Und dennoch wurden seine Finger plötzlich zu schwer, um noch weiter von ihm aufrecht erhalten zu werden, irgendetwas ließ ihr Gewicht scheinbar auf das Zehnfache anwachsen, wenn nicht sogar mehr.
So ließ er sie langsam sinken, seine violetten, ruhigen Tiefen immer noch mit denen des Orakels verbunden, ineinander verflochten, verwoben, verbunden.
Keiner von ihnen sagte etwas, aus verschieden und dennoch gleichen Motiven.
Doch dann blinzelte Crawford, löste den Bann und Aya richtete sich ruckartig auf. Was auch immer ihn in diesem Moment besessen hatte war verschwunden und das war auch gut so. Er vermisste es nicht, ganz im Gegenteil.
Ebenso der Schwarz. Er wandte nun den Blick ab, eine zweifelsohne ungewöhnliche Geste, doch passend für diesen Augenblick. Sie hatten sich nichts zu sagen, so beließen sie es dabei. Erklärungen waren für Ayas Handeln nicht nötig, auch wenn es unverständlich gewesen war.
Der rothaarige Mann drehte sich weg und überließ seinem Feind das Wohnzimmer, um sich selbst zu seinem Bett zu gesellen, das - wie ihm in einer Welle der Häuslichkeit auffiel - seit zwei Tagen nicht gemacht worden war. Zuhause hätte es so etwas nicht gegeben, flüsterte ihm seine eigene, empört-näselnde Stimme ein.
Nein, das stimmte in der Tat. Zuhause war er derjenige, der für Ordnung sorgte und wenn es sein musste, auch Rügen austeilte, deren Empfänger meist Youji oder Ken waren.
Aya seufzte leise und ließ seinen Blick über die von Kampfspuren gezeichneten, weißen Laken gleiten und stockte. Er trat näher heran und fand Bestätigung für das, was er vermutet hatte. Da war Blut.....Crawfords Blut. Und Aya konnte sich ohne Zweifel vorstellen, woher genau die mittlerweile rostbraune, getrocknete Flüssigkeit kam.
Mit einem Ruck wandte er sich ab. Wären da noch mehr Blutflecken gewesen, wenn er sich.....
....wenn er sich nicht rechtzeitig hätte aufhalten können? Nein, hätte Crawford IHN nicht aufgehalten, dann sicherlich. Denn es war nicht Aya gewesen, der zur Vernunft gekommen war, es waren das eigentümliche Handeln, die scharfen, kritisierenden Worte des Orakels gewesen, die ihn davon abgebracht hatten.
Hatte der Amerikaner es vorhergesehen?
Möglich war es, schon alleine aufgrund der Vision, die er unmittelbar davor gehabt hatte.
Aya fragte sich, ob es eine andere Zukunft gegeben hatte, die nun vernichtet war. Eine Zukunft, in der er sich an dem älteren Mann vergangen hatte, sich gerächt hatte für das, was seiner Familie widerfahren war. Wie wäre diese Zukunft verlaufen?
Genau genommen wollte er es nicht wissen.
Aya ergriff eines der noch sauberen Laken, bezog das Bett neu und warf das schmutzige Stück Stoff achtlos in die Ecke. Weg damit! Weg mit den Erinnerungen an das, was am ersten Tag geschehen war! Weg mit dem Bild Crawfords, das sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt hatte. Diese absolut hilflose Position...in dem Wissen, das gerade etwas Schreckliches geschehen war......
Der rothaarige Assassin ließ sich auf das Bett fallen und schloss die Augen.
Morgen würde es anstrengend werden.....
Sein Atem beruhigte sich langsam, seine Glieder entspannten sich, bereiteten sich für den Schlaf vor, die näherschleichende Bewusstlosigkeit.
Sein Bewusstsein glitt hinüber ins Reich der Teilrealität, in der sich Wunsch und Wirklichkeit ineinander mischten, in der die Gedanken am Stärksten flossen. Er hatte schon immer leicht einschlafen können, eine Kunst seines Körpers, mit der viele nicht gesegnet waren.
Aya warf einen Arm über sein Gesicht, eine typische Geste immer dann, wenn er auf dem Rücken, nicht auf der Seite schlief.
Nur einen Moment, dann war er eingeschlafen....
Oder auch nicht.
Aya hätte den Vogel verfluchen können, der laut protestierend an seinem Fenster vorbeizog und ihn mit einem Ruck aus seinem leichten Schlaf holte. Und nun....einmal wieder in das Reich der Lebenden geholt, konnte er seine Nachtruhe nicht aufnehmen. So sehr er es auch versuchte, es gelang ihm nicht.
Leise fluchend setzte der rothaarige Mann sich auf und rieb sich die müden, doch gleichzeitig wachen Augen. Das durfte nicht wahr sein! Hatten sich denn alle Mächte gegen ihn verschworen? Er wünschte sich doch nur ein paar Stunden gesunden Schlaf, damit morgen alles reibungslos ablaufen konnte!
Er dachte an das, was ihm normalerweise gegen vereinzelt vorkommende Schlaflosigkeit half: ein heißes, entspannendes Bad. Nicht, dass er hier nicht die Möglichkeiten dazu hatte, ganz im Gegenteil. Er hatte eine Badewanne und was für eine. Ob er sie allerdings jetzt nutzen konnte, das war die Frage.....
Auf der anderen Seite jedoch stellte sich ihm die Frage, warum er es nicht machen sollte. Crawford konnte ihm egal sein. Und bevor er hier noch weiter lag und sich unruhig hin und herwälzte....
Aya schälte sich aus seiner Bettdecke und stand ächzend auf. Also auf ins Bad, auf ins heiße, angenehm entspannende Wasser!
Als er den Raum verließ, warf er einen kleinen Blick nach links in das Wohnzimmer und hoffte, den Amerikaner schlafend vorzufinden. Er sah ihn zwar nicht, wusste aber, dass der ältere Mann immer noch in dem Sessel saß. Woher, das konnte er nicht sagen, vielleicht Intuition.
Er betrat das sanft-braun gekachelte Zimmer und ließ mit einem Gähnen heißes Wasser in die Wanne, welche sich nach und nach mit der durchsichtigen Flüssigkeit füllte und den kleinen Raum mit Nebelschwaden verklärte. Er warf einen Blick in den Spiegel.
Nicht er. Nur sein rotes Haar. Das war es, was hervorstach. Zumindest das, was er durch das beschlagene Glas sehen konnte. Seine dunkelroten, fast schon violett angehauchten Haare, welche er von seinem Vater geerbt hatte.
Aya seufzte und drehte sich abrupt von seinem zweidimensionalem Ich weg. Erinnerungen waren nicht gut, sie führten zu nichts. Zu rein gar nichts.
Er drehte den Wasserhahn zu und tauchte in das heiße, dampfende Wasser ein, für einen Moment einer wohligen, leicht beißenden Hitze ausgesetzt, die ihn den Atem einziehen ließ. Er liebte diesen ersten Moment, in dem ein leichter Schmerz seinen ganzen Körper überzog, um sich danach in körperdeckende Wärme umzuwandeln. Der Moment, in dem er die Augen schloss und alles um sich herum vergaß.
So auch jetzt. Noch schnell nach Lavendel duftende Substanz dem Wasser hinzufügend, legte er schließlich den Kopf zurück und ließ sich völlig treiben, ungeachtet der eigentlich Situation. Nach und nach beruhigte er seinen Atem, seinen Herzschlag, ließ all seine Sinne im Gleichklang fließen.
Nur er, die Wärme, das leicht glucksende Wasser, wenn er sich bewegte, seine Glieder streckte.
Er ließ sich langsam nach unten gleiten, tauchte bis zum Kinn in die andere, angenehmere Welt ein, ließ sich treiben...weiter und weiter....die Entspannung wandelte sich in Müdigkeit, in süßen, ihn umarmenden Schlaf.
Schlaf, der nun in einem gewaltigem Schub über ihn kam, für diesen Moment erlösend und Aya vollkommen vergessen ließ, dass dieser Zustand eine Gefahr für ihn darstellte.
Seine Gedanken verschwammen, ließen nichts als sanfte schwarze Leere zurück, während auch nun sein Gesicht von dieser herrlichen Wärme umhüllt wurde, er sich voll und ganz seinen Träumen hingab.
Nur um im nächsten Moment schmerzhaft und ruckartig aus eben diesen herausgerissen zu werden.
Völlig orientierungslos öffnete Aya panisch seine Augen, sah sich wild suchend um, was genau das nun ausgelöst hatte und blieb an einer großen, ihn überragenden, zudem männlichen Gestalt hängen. Und an dunklen Augen, die ihn wutentbrannt anfunkelten, während starke Hände ihn schmerzhaft an den Oberarmen umklammert hielten.
WAS...?!
Der rothaarige Mann blinzelte verwirrt. Was war passiert? Um ehrlich zu sein, wusste es Aya nicht. Er hatte sich ins Wasser gelegt um zu entspannen, was ihm auch tatsächlich gelungen war.....und dann....dann war er eingeschlafen. Im Wasser.
Völlig schockiert erwiderte der rothaarige Mann den wütenden Blick seines Gegenübers, dessen eine Hand nun wie zum Schlag erhoben schien, sich dann jedoch senkte und ihn zusammen mit der Anderen freigab.
"Man könnte meinen, Fujimiya...", spottete das Orakel ungehalten. "...dir liegt nichts an deinem Leben oder du bist einfach zu ungeschickt es zu führen. Sag mir, was von Beidem ist es?"
Aya wusste, dass sein Gesichtsausdruck alles andere als intelligent war, doch er konnte nichts dagegen machen. Zu sehr war sein Gehirn damit beschäftigt, die Informationen zu verarbeiten, die nun auf ihn einströmten.
Schon wieder....es war schon wieder passiert.....und schon wieder hatte Crawford ihn vor dem Schlimmsten bewahrt....
Warum?
Eine ungewohnte Röte schoss ihm in die Wangen, als er sich mit seiner eigenen Ungeschicktheit konfrontiert sah. Ja....der Schwarz hatte Recht, man könnte ihn für suizidgefährdet oder unfähig halten.....
Welch Demütigung, dann auch noch vom Feind gerettet zu werden!
"Gefällt dir, was du siehst?", fauchte er, halb, um seine eigene Verlegenheit zu überspielen, halb um das Orakel von jeglichen, unangenehmen Gedanken abzubringen, die er noch hegen mochte.
Crawford ging nicht sofort auf diese offensichtliche Provokation ein, sondern musterte den rothaarigen Assassin gründlich, ließ seinen Blick langsam und scheinbar genüsslich über den vor ihm ausgebreiteten, nackten Körper gleiten. Und Aya hielt dieser Inspektion mehr oder minder gefasst stand, musste sich beherrschen, nicht seine Beine anzuziehen und seine bleiche Haut vor den Augen des Amerikaners zu verbergen....zumindest die etwas intimeren Stellen.
So ließ er es zähneknirschend über sich ergehen und erwiderte schließlich wütend den Blick spöttischer, dunkler Augen.
Die sich nun mit voller Intensität auf ihn selbst richteten und seine violetten, aufgebrachten Seen ruhig betrachteten.
Crawford blieb ihm die Antwort schuldig, als er sich über seinen Feind beugte, seine Hände an beiden Seiten der Wanne abstützte und leise lächelte.
"Ob es mir gefällt....?"
Alleine der sanfte, doch gleichzeitig mehr als furchteinflößende Ton ließ Aya schlucken. Was hatte er sich nun schon wieder eingehandelt? Vor allem, worauf würde es hinauslaufen?
Wie durch einen feinen Nebel bekam er mit, dass das Orakel näher und näher auf ihn zukam, dass der sanfte Atem des älteren Mannes über seine erhitzte und feuchte Haut strich. Aya schauderte leicht bei dem Gedanken an die Nähe des anderen, beim seichten, männlich-frischen Geruch, der nun in seine Nase drang. Auch bei der Vorstellung an das, was folgen würde.....
Er wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, was es war, wusste nicht, warum er sich selbst und Crawford nicht zurückhielt. Vielleicht genoss er es einfach zu sehr, diese Nähe, die Erotik, die der anderen Mann im Moment ausstrahlte. Vielleicht war es auch die ganze Situation, der Stress, welcher danach verlangte, hinausgelassen zu werden.
Er zuckte leicht zusammen, als nun weiche, zarte Lippen sein Ohr, seine Halsbeuge berührten, den finiten Körperkontakt herstellten. Es fühlte sich nicht unnatürlich oder sogar abartig an, nichts davon, auch nicht die Tatsache, dass es sein Feind war, der diese Gefühle in ihm auslöste.
Eine Gänsehaut breitete sich über seinen ganzen Körper aus, als die kurzen Barthaare des Amerikaners über seine eigene, empfindliche Haut strichen. Als das Orakel sich direkt zu ihm wandte, seine Augen ruhig und klar.
In diesem einen Moment spiegelte sich Aya vollkommen in seinem Feind wider. Wusste, dass sie Ying waren. Und Yang. Konnten nicht ohne das andere.
"Ob das, was ich sehe, mir gefällt?", wiederholte der Amerikaner Ayas vorherige Frage weich flüsternd und lächelte kaum merklich, als er mit einer Hand über die Wange des rothaarigen Assassins strich. Wie zart...wie weich.....
Unberührt?
Nein...sicherlich nicht.
Die Hand erweiterte ihren Kreis, strich über Haaransatz bis zu den Schläfen hinunter an das Kinn, wusste mit erfahrener Sicherheit, welchen Bahnen sie folgen musste, um dem Weiß Schauder um Schauder zu entlocken.
Sie wanderte nach unten, über den entblößten Brustkorb, zog dort Linien der androgynen Muskelstränge nach, reizte und liebkoste zugleich. Kein Ton, kein Laut entkam den Beiden. Alles, was sie verband war der sinnliche Körperkontakt und ihre Augen, die tief ineinander verwoben waren. Die auch jetzt noch miteinander um die Vorherrschaft kämpften.
Aya spürte, wie sein Hüftknochen zart nachgezeichnet wurde und der erwünschte Eindringling schließlich nach unten wanderte, an die Innenseiten seiner Oberschenkel und ihn dazu trieb, sich leicht zu versteifen und gleich darauf wieder zu entspannen. Just in diesem Moment gab es kein Misstrauen, was zwischen ihm und dem Schwarz stand, keinen Hass, nur Verlangen. Lust. Der Wunsch nach Ekstase, ausgelöst durch seinen Feind.
Die Hand, die allgegenwärtige Hand, hatte nun ihr Ziel erreicht, fuhr mit kaum spürbaren Berührungen über den Schaft des jüngeren Mannes, ließ ihn nun doch zusammenzucken und das schlaffe Stück Fleisch zwischen seinen Beinen zum Leben erwachen.
Crawford lächelte sanft. Ein Ausdruck, den Aya noch nie auf dem Gesicht des Orakels gesehen hatte. In diesem Moment war es das, was der Weiß sich wünschte. Kein Hohn, kein Spott, keine Verachtung.
Der leichte Kontakt, eben noch im unteren Teil seines Körpers, wanderte nun wieder hoch, umschloss sein Kinn und zog es ein Stück hoch.
"Du gefällst mir genauso wenig wie Lasgo, als er sich mir aufgezwungen hat", flüsterte Crawford eiskalt lächelnd und stieß sich mit einer heftigen Bewegung von dem rothaarigen Weiß ab.
Für einen Moment realisierte Aya nicht, was genau sein Gegenüber ihm damit gesagt hatte, auch nicht, welch ungeheure Beleidigung ausgesprochen worden war, doch dann traf es ihn wie ein Faustschlag in den Magen.
Der Schock danach, der bittere Geschmack der Erniedrigung, der Demütigung in seinem Mund, seinem gesamten Körper, erfüllte ihn so sehr, dass er gar nicht erst bemerkte, wie sein Feind das Bad verließ, die Tür mit einer entgültigen, lauten Geste hinter sich schloss und ihn zurückließ.
Allein.
Gedemütigt.
Erregt.
Aya knurrte wütend und ließ seinen Kopf regelrecht gegen die harten Kacheln in seinem Nacken fallen. Alles.....er war für alles bereit gewesen, nur nicht DAFÜR. Dass der ältere Mann ihn abwies, dass er ihm so aufzeigte, wie falsch diese kurz aufflammende Leidenschaft war.
Und das Schlimmste war, dass Aya es ihm noch nicht einmal verübeln konnte.....wieso dachte er, dass es soweit hätte kommen können? Hatte er denn vollkommen vergessen, was dem Orakel zugestoßen war?
Der rothaarige Mann schloss gepeinigt seine Augen und atmete tief ein. Nein, er würde nicht noch einmal seinem Drang nachgeben und die Spannung auf diesem Weg aus seinem Körper entweichen lassen.
Zur Hölle mit den impulsiven Gedanken, die ihn im Laufe dieser vierundzwanzig Stunden regelrecht überrannt hatten! Wo war seine Selbstbeherrschung geblieben, sein eiserner Wille, sich seinen Körper Untertan zu machen? Wo war die kalte Überlegenheit Abyssinians, die ihm sonst so hilfreich war?
Im Moment zwischen seinen Beinen.....
Ayas Hände umklammerten eisern den Rand der Badewanne. Zurück mit all den Hormonen, dem Adrenalin in seinen Blutbahnen!
Und nun....ohne äußere Einflüsse, beruhigte sich seine Libido nach und nach, verschwand allmählich, genauso wie die Erektion zwischen seinen Beinen, bis er schließlich in der Lage war, sich aus seiner feuchten Herberge zu erheben und abzutrocknen, um etwaigen Gegebenheiten kühl und unnahbar entgegenzutreten.
~~**~~
Ebenfalls einen riesigen Dank an Caron für ihr Beta!
Gewidmet ist die Geschichte immer noch der kleinen, gestressten Werwölfin, die nun endlich wieder in Knuschelnähe ist!^_~
Also dann, viel Spaß und happy C&Cing!
~~**~~
Aya wusste nicht, wie lange er schon ziellos umherwanderte. Tief in Gedanken über sich selbst, das Orakel und die Worte wie auch Taten, die zwischen ihnen gefallen waren, war er durch das waldähnliche Gebiet gelaufen, solange, bis er selbst nicht mehr konnte.
Der Hunger nagte an ihm, sein Magen erinnerte ihn wieder und wieder daran, dass er immer noch nichts gegessen hatte. Zeit, nach Hause zu gehen, in die kleinen Räumlichkeiten zurückzukehren.
Zeit, seinem Nemesis ins Gesicht zu schauen und die Stärke zu haben, jede Provokation an sich vorbeiziehen zu lassen, als wäre sie nichts. Zeit, diesen ganzen Tag hinter sich lassen mit dem Wissen, dass morgen der Ring entgültig beseitigt sein würde.
Zeit zu vergessen, was er Crawford beinahe angetan hätte. Nach morgen würde er das alles hier verdrängt haben, dann würde alles so weitergehen wie bisher, ohne Komplikationen. Er würde für seine Schwester sorgen, Missionen erledigen, ein geregeltes Leben führen.
Ayas Beine trugen ihn zielsicher zurück zu seinem Apartment, als er schließlich den Schlüssel in das Schloss steckte und herumdrehte. Es war schon komisch....dieses Schloss knackte immer erst leise, bevor es nachgab und ihn hineinließ.
Es war komisch, dass ihm das gerade jetzt auffiel.
Der rothaarige Mann betrat lautlos das mittlerweile dunkle Apartment. Wann war die Sonne untergegangen? Er musste es wohl verpasst haben....
Still und ruhig lagen die Räume vor ihm, ließen keinen Hinweis auf die früheren Geschehnisse zu, nur der omnipräsente, Übelkeit erregende Geruch von verbranntem Fett lag wie Nebel in der Luft, schien auf dem kleinen Korridor hin und her zu wabern. Es war, als könne Aya beinahe die dickflüssigen Dunstwolken der kondensierten Luft erkennen, wenn er genau hinsah.
Doch das war nur Einbildung. Hier war nichts.
Außer einem deutlich lauten Ticken der Küchenuhr, der Aya nun einen Besuch abstattete um festzustellen, dass es schon neun Uhr war. Solange war er weg gewesen?
Aya hob erstaunt eine Augenbraue bedauerte dies jedoch nicht. Je weniger Zeit ihm mit Crawford blieb, desto besser. Sich nun endgültig Essen zubereitend, verschob er alle Gedanken daran in die hinterste Ecke seines Bewusstseins und biss herzhaft in das dick belegte Brot. Genau wie er freute sich auch sein Magen über die Arbeit, die er nun zu tun hatte und brummte glücklich, ein fast schon störendes Geräusch in der Stille des Abends.
Im Glauben, dass Crawford sich im Schlafzimmer befand, begab sich der rothaarige Assassin in das Wohnzimmer und pfläzte sich dort mit einer schwungvollen Bewegung auf die Couch und legte die Beine hoch. Endlich konnte er sich die Ruhe gönnen, die er brauchte, um morgen vollkommen konzentriert an seine Arbeit zu gehen.
Und doch holte ihn nun ein leises, kaum merkliches Geräusch aus seinen Gedanken, ließ ihn beinahe zusammenzucken und seinen Blick ruckartig zum Sessel fahren, der - ihm abgewandt - am Fenster stand. Es war eines dieser antiquiert anmutenden Möbelstücke mit hoher Lehne, rotem, samtigen Überzug und herrlich breit.
Doch ungeachtet der Bequemlichkeit des Sessels wusste Aya plötzlich, was die Ursache der Laute war und es gefiel ihm nicht. Bedeutete es doch, dass.....
Mit einer geschmeidigen Bewegung stand der jüngere Mann auf und erkannte, was er nicht hatte sehen wollen. Den schwarzhaarigen Amerikaner, wie er, die Beine angezogen und seine Arme darum geschlungen, im Sessel saß...oder lag.....und schlief. Wenn auch unruhig, denn die sonst so makellose Stirn des Orakels war in tiefen Falten der Sorge, wenn nicht sogar Furcht. Seine gesamte Gestalt zitterte unmerklich, die schlanken Finger waren bis zur Anspannung ineinander verwoben, gleich einem Anker, den Crawford brauchte, um nicht in den endlosen Abgründen seiner Albträume zu versinken.
Aya ertappte sich dabei, dass er, wie am Abend zuvor, losgelöst und seiner Umgebung keine Beachtung schenkend auf sein Gegenüber starrte, bezaubert durch die perfekt-muskulöse Form des Mannes, fasziniert durch die dunklen Stellen der Hautabschürfung, der Hämatome, die nun nicht mehr einzig und allein das Werk Lasgos waren. Wundersam beleuchtet und besänftigt durch das Mondlicht, welches nun voll bläulich-weiß in das Zimmer und damit auf die Gestalt vor ihm fiel.
Jetzt, im Schlaf sah der Schwarz ganz und gar nicht aus wie der ruchlose Assassin, den Aya hasste. Eher....
Ein anscheinend besonders gewalttätiger Traumfetzen ließ Crawford jäh zusammenzucken und gequält aufstöhnen. Die Hände, eben noch ineinander verflochten, lösten sich und versuchten, das Gesicht vor unsichtbaren Angreifern zu schützen, die Dämonen wegzustoßen, welche ihn verfolgten und schließlich einholten.
Vollkommen in Trance betrachtete Aya das grausame Spiel, kam seinem Nemesis Zentimeter für Zentimeter näher, beugte sich zu ihm herab und berührte ihn. Es elektrisierte, berauschte ihn, die weiche, warme Haut unter seinen Händen zu spüren, die Anspannung wegzustreichen, den älteren Mann solange zu beruhigen, bis sich die tiefen Falten auf der Stirn nach und nach lösten und die Gestalt vor ihm ihre eigentliche Ruhe wiedererlangte.
In diesem Augenblick zählte nichts, weder die Taten des heutigen Tages, noch der Hass, noch die morgige Mission.
Das Mondlicht war von Bedeutung, wie es auf den Amerikaner hinabschien, wie es seine Gestalt in hellem, dunklem Licht einhüllte. Crawford selbst war es. Sein Leid war es. Ayas Berührungen waren es.
Wieder und wieder fuhr der rothaarige Assassin über das geschundene Gesicht, löste mit jedem Strich ein wenig mehr Anspannung in den Zügen Crawfords, selbst ungewohnt fasziniert und verzaubert.
Die offenen Augen des Mannes vor ihm bemerkte er erst nach ein paar Sekunden, konnte dann jedoch auch nicht reagieren. Zu wenig Bosheit und Spott strahlten sie aus, um ihn abzustoßen, zu wenig Feindseligkeit war darin, um ihn die Hand senken zu lassen.
Und dennoch wurden seine Finger plötzlich zu schwer, um noch weiter von ihm aufrecht erhalten zu werden, irgendetwas ließ ihr Gewicht scheinbar auf das Zehnfache anwachsen, wenn nicht sogar mehr.
So ließ er sie langsam sinken, seine violetten, ruhigen Tiefen immer noch mit denen des Orakels verbunden, ineinander verflochten, verwoben, verbunden.
Keiner von ihnen sagte etwas, aus verschieden und dennoch gleichen Motiven.
Doch dann blinzelte Crawford, löste den Bann und Aya richtete sich ruckartig auf. Was auch immer ihn in diesem Moment besessen hatte war verschwunden und das war auch gut so. Er vermisste es nicht, ganz im Gegenteil.
Ebenso der Schwarz. Er wandte nun den Blick ab, eine zweifelsohne ungewöhnliche Geste, doch passend für diesen Augenblick. Sie hatten sich nichts zu sagen, so beließen sie es dabei. Erklärungen waren für Ayas Handeln nicht nötig, auch wenn es unverständlich gewesen war.
Der rothaarige Mann drehte sich weg und überließ seinem Feind das Wohnzimmer, um sich selbst zu seinem Bett zu gesellen, das - wie ihm in einer Welle der Häuslichkeit auffiel - seit zwei Tagen nicht gemacht worden war. Zuhause hätte es so etwas nicht gegeben, flüsterte ihm seine eigene, empört-näselnde Stimme ein.
Nein, das stimmte in der Tat. Zuhause war er derjenige, der für Ordnung sorgte und wenn es sein musste, auch Rügen austeilte, deren Empfänger meist Youji oder Ken waren.
Aya seufzte leise und ließ seinen Blick über die von Kampfspuren gezeichneten, weißen Laken gleiten und stockte. Er trat näher heran und fand Bestätigung für das, was er vermutet hatte. Da war Blut.....Crawfords Blut. Und Aya konnte sich ohne Zweifel vorstellen, woher genau die mittlerweile rostbraune, getrocknete Flüssigkeit kam.
Mit einem Ruck wandte er sich ab. Wären da noch mehr Blutflecken gewesen, wenn er sich.....
....wenn er sich nicht rechtzeitig hätte aufhalten können? Nein, hätte Crawford IHN nicht aufgehalten, dann sicherlich. Denn es war nicht Aya gewesen, der zur Vernunft gekommen war, es waren das eigentümliche Handeln, die scharfen, kritisierenden Worte des Orakels gewesen, die ihn davon abgebracht hatten.
Hatte der Amerikaner es vorhergesehen?
Möglich war es, schon alleine aufgrund der Vision, die er unmittelbar davor gehabt hatte.
Aya fragte sich, ob es eine andere Zukunft gegeben hatte, die nun vernichtet war. Eine Zukunft, in der er sich an dem älteren Mann vergangen hatte, sich gerächt hatte für das, was seiner Familie widerfahren war. Wie wäre diese Zukunft verlaufen?
Genau genommen wollte er es nicht wissen.
Aya ergriff eines der noch sauberen Laken, bezog das Bett neu und warf das schmutzige Stück Stoff achtlos in die Ecke. Weg damit! Weg mit den Erinnerungen an das, was am ersten Tag geschehen war! Weg mit dem Bild Crawfords, das sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt hatte. Diese absolut hilflose Position...in dem Wissen, das gerade etwas Schreckliches geschehen war......
Der rothaarige Assassin ließ sich auf das Bett fallen und schloss die Augen.
Morgen würde es anstrengend werden.....
Sein Atem beruhigte sich langsam, seine Glieder entspannten sich, bereiteten sich für den Schlaf vor, die näherschleichende Bewusstlosigkeit.
Sein Bewusstsein glitt hinüber ins Reich der Teilrealität, in der sich Wunsch und Wirklichkeit ineinander mischten, in der die Gedanken am Stärksten flossen. Er hatte schon immer leicht einschlafen können, eine Kunst seines Körpers, mit der viele nicht gesegnet waren.
Aya warf einen Arm über sein Gesicht, eine typische Geste immer dann, wenn er auf dem Rücken, nicht auf der Seite schlief.
Nur einen Moment, dann war er eingeschlafen....
Oder auch nicht.
Aya hätte den Vogel verfluchen können, der laut protestierend an seinem Fenster vorbeizog und ihn mit einem Ruck aus seinem leichten Schlaf holte. Und nun....einmal wieder in das Reich der Lebenden geholt, konnte er seine Nachtruhe nicht aufnehmen. So sehr er es auch versuchte, es gelang ihm nicht.
Leise fluchend setzte der rothaarige Mann sich auf und rieb sich die müden, doch gleichzeitig wachen Augen. Das durfte nicht wahr sein! Hatten sich denn alle Mächte gegen ihn verschworen? Er wünschte sich doch nur ein paar Stunden gesunden Schlaf, damit morgen alles reibungslos ablaufen konnte!
Er dachte an das, was ihm normalerweise gegen vereinzelt vorkommende Schlaflosigkeit half: ein heißes, entspannendes Bad. Nicht, dass er hier nicht die Möglichkeiten dazu hatte, ganz im Gegenteil. Er hatte eine Badewanne und was für eine. Ob er sie allerdings jetzt nutzen konnte, das war die Frage.....
Auf der anderen Seite jedoch stellte sich ihm die Frage, warum er es nicht machen sollte. Crawford konnte ihm egal sein. Und bevor er hier noch weiter lag und sich unruhig hin und herwälzte....
Aya schälte sich aus seiner Bettdecke und stand ächzend auf. Also auf ins Bad, auf ins heiße, angenehm entspannende Wasser!
Als er den Raum verließ, warf er einen kleinen Blick nach links in das Wohnzimmer und hoffte, den Amerikaner schlafend vorzufinden. Er sah ihn zwar nicht, wusste aber, dass der ältere Mann immer noch in dem Sessel saß. Woher, das konnte er nicht sagen, vielleicht Intuition.
Er betrat das sanft-braun gekachelte Zimmer und ließ mit einem Gähnen heißes Wasser in die Wanne, welche sich nach und nach mit der durchsichtigen Flüssigkeit füllte und den kleinen Raum mit Nebelschwaden verklärte. Er warf einen Blick in den Spiegel.
Nicht er. Nur sein rotes Haar. Das war es, was hervorstach. Zumindest das, was er durch das beschlagene Glas sehen konnte. Seine dunkelroten, fast schon violett angehauchten Haare, welche er von seinem Vater geerbt hatte.
Aya seufzte und drehte sich abrupt von seinem zweidimensionalem Ich weg. Erinnerungen waren nicht gut, sie führten zu nichts. Zu rein gar nichts.
Er drehte den Wasserhahn zu und tauchte in das heiße, dampfende Wasser ein, für einen Moment einer wohligen, leicht beißenden Hitze ausgesetzt, die ihn den Atem einziehen ließ. Er liebte diesen ersten Moment, in dem ein leichter Schmerz seinen ganzen Körper überzog, um sich danach in körperdeckende Wärme umzuwandeln. Der Moment, in dem er die Augen schloss und alles um sich herum vergaß.
So auch jetzt. Noch schnell nach Lavendel duftende Substanz dem Wasser hinzufügend, legte er schließlich den Kopf zurück und ließ sich völlig treiben, ungeachtet der eigentlich Situation. Nach und nach beruhigte er seinen Atem, seinen Herzschlag, ließ all seine Sinne im Gleichklang fließen.
Nur er, die Wärme, das leicht glucksende Wasser, wenn er sich bewegte, seine Glieder streckte.
Er ließ sich langsam nach unten gleiten, tauchte bis zum Kinn in die andere, angenehmere Welt ein, ließ sich treiben...weiter und weiter....die Entspannung wandelte sich in Müdigkeit, in süßen, ihn umarmenden Schlaf.
Schlaf, der nun in einem gewaltigem Schub über ihn kam, für diesen Moment erlösend und Aya vollkommen vergessen ließ, dass dieser Zustand eine Gefahr für ihn darstellte.
Seine Gedanken verschwammen, ließen nichts als sanfte schwarze Leere zurück, während auch nun sein Gesicht von dieser herrlichen Wärme umhüllt wurde, er sich voll und ganz seinen Träumen hingab.
Nur um im nächsten Moment schmerzhaft und ruckartig aus eben diesen herausgerissen zu werden.
Völlig orientierungslos öffnete Aya panisch seine Augen, sah sich wild suchend um, was genau das nun ausgelöst hatte und blieb an einer großen, ihn überragenden, zudem männlichen Gestalt hängen. Und an dunklen Augen, die ihn wutentbrannt anfunkelten, während starke Hände ihn schmerzhaft an den Oberarmen umklammert hielten.
WAS...?!
Der rothaarige Mann blinzelte verwirrt. Was war passiert? Um ehrlich zu sein, wusste es Aya nicht. Er hatte sich ins Wasser gelegt um zu entspannen, was ihm auch tatsächlich gelungen war.....und dann....dann war er eingeschlafen. Im Wasser.
Völlig schockiert erwiderte der rothaarige Mann den wütenden Blick seines Gegenübers, dessen eine Hand nun wie zum Schlag erhoben schien, sich dann jedoch senkte und ihn zusammen mit der Anderen freigab.
"Man könnte meinen, Fujimiya...", spottete das Orakel ungehalten. "...dir liegt nichts an deinem Leben oder du bist einfach zu ungeschickt es zu führen. Sag mir, was von Beidem ist es?"
Aya wusste, dass sein Gesichtsausdruck alles andere als intelligent war, doch er konnte nichts dagegen machen. Zu sehr war sein Gehirn damit beschäftigt, die Informationen zu verarbeiten, die nun auf ihn einströmten.
Schon wieder....es war schon wieder passiert.....und schon wieder hatte Crawford ihn vor dem Schlimmsten bewahrt....
Warum?
Eine ungewohnte Röte schoss ihm in die Wangen, als er sich mit seiner eigenen Ungeschicktheit konfrontiert sah. Ja....der Schwarz hatte Recht, man könnte ihn für suizidgefährdet oder unfähig halten.....
Welch Demütigung, dann auch noch vom Feind gerettet zu werden!
"Gefällt dir, was du siehst?", fauchte er, halb, um seine eigene Verlegenheit zu überspielen, halb um das Orakel von jeglichen, unangenehmen Gedanken abzubringen, die er noch hegen mochte.
Crawford ging nicht sofort auf diese offensichtliche Provokation ein, sondern musterte den rothaarigen Assassin gründlich, ließ seinen Blick langsam und scheinbar genüsslich über den vor ihm ausgebreiteten, nackten Körper gleiten. Und Aya hielt dieser Inspektion mehr oder minder gefasst stand, musste sich beherrschen, nicht seine Beine anzuziehen und seine bleiche Haut vor den Augen des Amerikaners zu verbergen....zumindest die etwas intimeren Stellen.
So ließ er es zähneknirschend über sich ergehen und erwiderte schließlich wütend den Blick spöttischer, dunkler Augen.
Die sich nun mit voller Intensität auf ihn selbst richteten und seine violetten, aufgebrachten Seen ruhig betrachteten.
Crawford blieb ihm die Antwort schuldig, als er sich über seinen Feind beugte, seine Hände an beiden Seiten der Wanne abstützte und leise lächelte.
"Ob es mir gefällt....?"
Alleine der sanfte, doch gleichzeitig mehr als furchteinflößende Ton ließ Aya schlucken. Was hatte er sich nun schon wieder eingehandelt? Vor allem, worauf würde es hinauslaufen?
Wie durch einen feinen Nebel bekam er mit, dass das Orakel näher und näher auf ihn zukam, dass der sanfte Atem des älteren Mannes über seine erhitzte und feuchte Haut strich. Aya schauderte leicht bei dem Gedanken an die Nähe des anderen, beim seichten, männlich-frischen Geruch, der nun in seine Nase drang. Auch bei der Vorstellung an das, was folgen würde.....
Er wusste zu diesem Zeitpunkt nicht, was es war, wusste nicht, warum er sich selbst und Crawford nicht zurückhielt. Vielleicht genoss er es einfach zu sehr, diese Nähe, die Erotik, die der anderen Mann im Moment ausstrahlte. Vielleicht war es auch die ganze Situation, der Stress, welcher danach verlangte, hinausgelassen zu werden.
Er zuckte leicht zusammen, als nun weiche, zarte Lippen sein Ohr, seine Halsbeuge berührten, den finiten Körperkontakt herstellten. Es fühlte sich nicht unnatürlich oder sogar abartig an, nichts davon, auch nicht die Tatsache, dass es sein Feind war, der diese Gefühle in ihm auslöste.
Eine Gänsehaut breitete sich über seinen ganzen Körper aus, als die kurzen Barthaare des Amerikaners über seine eigene, empfindliche Haut strichen. Als das Orakel sich direkt zu ihm wandte, seine Augen ruhig und klar.
In diesem einen Moment spiegelte sich Aya vollkommen in seinem Feind wider. Wusste, dass sie Ying waren. Und Yang. Konnten nicht ohne das andere.
"Ob das, was ich sehe, mir gefällt?", wiederholte der Amerikaner Ayas vorherige Frage weich flüsternd und lächelte kaum merklich, als er mit einer Hand über die Wange des rothaarigen Assassins strich. Wie zart...wie weich.....
Unberührt?
Nein...sicherlich nicht.
Die Hand erweiterte ihren Kreis, strich über Haaransatz bis zu den Schläfen hinunter an das Kinn, wusste mit erfahrener Sicherheit, welchen Bahnen sie folgen musste, um dem Weiß Schauder um Schauder zu entlocken.
Sie wanderte nach unten, über den entblößten Brustkorb, zog dort Linien der androgynen Muskelstränge nach, reizte und liebkoste zugleich. Kein Ton, kein Laut entkam den Beiden. Alles, was sie verband war der sinnliche Körperkontakt und ihre Augen, die tief ineinander verwoben waren. Die auch jetzt noch miteinander um die Vorherrschaft kämpften.
Aya spürte, wie sein Hüftknochen zart nachgezeichnet wurde und der erwünschte Eindringling schließlich nach unten wanderte, an die Innenseiten seiner Oberschenkel und ihn dazu trieb, sich leicht zu versteifen und gleich darauf wieder zu entspannen. Just in diesem Moment gab es kein Misstrauen, was zwischen ihm und dem Schwarz stand, keinen Hass, nur Verlangen. Lust. Der Wunsch nach Ekstase, ausgelöst durch seinen Feind.
Die Hand, die allgegenwärtige Hand, hatte nun ihr Ziel erreicht, fuhr mit kaum spürbaren Berührungen über den Schaft des jüngeren Mannes, ließ ihn nun doch zusammenzucken und das schlaffe Stück Fleisch zwischen seinen Beinen zum Leben erwachen.
Crawford lächelte sanft. Ein Ausdruck, den Aya noch nie auf dem Gesicht des Orakels gesehen hatte. In diesem Moment war es das, was der Weiß sich wünschte. Kein Hohn, kein Spott, keine Verachtung.
Der leichte Kontakt, eben noch im unteren Teil seines Körpers, wanderte nun wieder hoch, umschloss sein Kinn und zog es ein Stück hoch.
"Du gefällst mir genauso wenig wie Lasgo, als er sich mir aufgezwungen hat", flüsterte Crawford eiskalt lächelnd und stieß sich mit einer heftigen Bewegung von dem rothaarigen Weiß ab.
Für einen Moment realisierte Aya nicht, was genau sein Gegenüber ihm damit gesagt hatte, auch nicht, welch ungeheure Beleidigung ausgesprochen worden war, doch dann traf es ihn wie ein Faustschlag in den Magen.
Der Schock danach, der bittere Geschmack der Erniedrigung, der Demütigung in seinem Mund, seinem gesamten Körper, erfüllte ihn so sehr, dass er gar nicht erst bemerkte, wie sein Feind das Bad verließ, die Tür mit einer entgültigen, lauten Geste hinter sich schloss und ihn zurückließ.
Allein.
Gedemütigt.
Erregt.
Aya knurrte wütend und ließ seinen Kopf regelrecht gegen die harten Kacheln in seinem Nacken fallen. Alles.....er war für alles bereit gewesen, nur nicht DAFÜR. Dass der ältere Mann ihn abwies, dass er ihm so aufzeigte, wie falsch diese kurz aufflammende Leidenschaft war.
Und das Schlimmste war, dass Aya es ihm noch nicht einmal verübeln konnte.....wieso dachte er, dass es soweit hätte kommen können? Hatte er denn vollkommen vergessen, was dem Orakel zugestoßen war?
Der rothaarige Mann schloss gepeinigt seine Augen und atmete tief ein. Nein, er würde nicht noch einmal seinem Drang nachgeben und die Spannung auf diesem Weg aus seinem Körper entweichen lassen.
Zur Hölle mit den impulsiven Gedanken, die ihn im Laufe dieser vierundzwanzig Stunden regelrecht überrannt hatten! Wo war seine Selbstbeherrschung geblieben, sein eiserner Wille, sich seinen Körper Untertan zu machen? Wo war die kalte Überlegenheit Abyssinians, die ihm sonst so hilfreich war?
Im Moment zwischen seinen Beinen.....
Ayas Hände umklammerten eisern den Rand der Badewanne. Zurück mit all den Hormonen, dem Adrenalin in seinen Blutbahnen!
Und nun....ohne äußere Einflüsse, beruhigte sich seine Libido nach und nach, verschwand allmählich, genauso wie die Erektion zwischen seinen Beinen, bis er schließlich in der Lage war, sich aus seiner feuchten Herberge zu erheben und abzutrocknen, um etwaigen Gegebenheiten kühl und unnahbar entgegenzutreten.
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