A/N: Da bin ich wieder. Dieses Mal mit dem letzten Teil. Ich hoffe, er gefällt!
@ kozue: Vielen dank für dein Review! Nein....Crawford und Aya können keine "normalen" Feinde mehr sein, denn sie wissen viel zu viel über den Anderen. Ob Crawford sich jemals wieder erholt...wer weiß ^_~
Also dann. viel Spaß beim Lesen und happy C&Cing! ^_^
~~**~~
Selbst der feurige Sonnenuntergang war jetzt vorbei und hinterließ seine blassroten Spuren am abendlichen Himmel. Es war noch nichts geschehen, außer, dass Lasgo schließlich genug von ihm gehabt und den Raum verlassen hatte. Anscheinend setzte er darauf, dass Crawford das Warten noch zusätzlich zermürben würde, dass er ihn so leichter brechen konnte.
Der dunkelhaarige Mann musste entgegen der Schmerzen, die in ihm tobten, lächeln. Vielleicht hätte Lasgo mit seinem Vorhaben auch Erfolg gehabt, wenn Crawford nicht gewusst hätte, dass bald alles hier in die Luft fliegen würde, den fernen Explosionen nach zu urteilen, die mittlerweile die Stille durchbrachen.
Alles.
Er lehnte am Rande des Bettes, dort, wo Lasgo ihn liegen gelassen hatte. Es war besser so, die Schmerzen ließen sich auf diesem Weg leichter ertragen. Crawford schloss für einen Moment die Augen, als er die vergangenen Ereignisse Revue passieren ließ. Birman war hier, arbeitete anscheinend mit Lasgo zusammen. Eine abtrünnige Perseragentin...wie nett. Ob das Takatorimitglied sich dieser Tatsache wohl bewusst war? Crawford kannte die Antwort nicht, vermutete aber stark, dass es so war, denn sonst hätte Perser Aya wohl kaum auf diese Mission geschickt.
Crawford fuhr hoch, als er hörte, wie die Tür aufging. Schon so früh zurück?, fragte er den älteren Mann in Gedanken. Noch nicht genug?
Während er den Schritten lauschte, die langsam auf ihn zukamen, zwang er sich und seine Muskeln, vollkommen zu entspannen. Schmerzen konnte er dadurch zwar nicht mehr vorbeugen, doch er musste es sich nicht noch schwerer machen, oder?
Den Blick geradeaus gerichtet, nahm er aus den Augenwinkeln wahr, wie Lasgo neben ihm stand und wartete. Worauf?
"Crawford...?"
Das war nicht Lasgo. Das war Aya. Lachen wellte in ihm auf. Aya. Hier. Welch ironische Fügung.
Crawford richtete seinen Blick lächelnd auf den Weißassassin und sah verschwommen in die violetten Augen, die scheinbar emotionslos auf ihn hinabstarrten. Und dennoch....sah er da Entsetzen in den Zügen des jüngeren Mannes...Wut...Mitleid?
"Was ist?", entgegnete er spöttisch die Lippen verziehend. "Will das Kätzchen auch spielen?"
Und trotz seiner verachtenden Worte zuckte er nun unmerklich vor dem jüngeren Mann zurück, als dieser sich zu ihm kniete und ihn sacht bei den Schulter fasste, ihn leicht von sich wegdrehte und sich an seinen Handgelenken zu schaffen machte. Oder vielmehr an den Handschellen, die nach längerem Widerstand nachgaben und aufsprangen, Crawfords Arme die Freiheit schenkten.
Ohne sein Gegenüber anzusehen, streckte er die betroffenen Gliedmaßen und brachte durch einige gezielte Bewegungen die Blutzirkulation wieder in Gang.
"Und was nun?", hauchte er mit zynisch verzogenen Lippen, um seinen eigenen Schmerz und seine gesamte Erscheinung zu überspielen.
Anstatt zu antworten, richtete sich Aya auf und löste mit zwei geschickten Bewegungen die Knöpfe seines Mantels, was Crawford für einen Moment misstrauisch, ja beinahe entsetzt verfolgte. Für einen Augenblick war sie verschwunden, die übliche Fassade der stoischen Ruhe. Jetzt, zu diesem Zeitpunkt erfüllte das Wesen Crawfords ein unheimlicher Schleier von Angst und Unverständnis. Nicht auch noch Aya...
"Steh auf", befahl dieser nun sanft und ein sarkastisches Lachen drang über die Lippen des älteren Mannes.
"Wie denn?"
Aya verzog für einen Moment die Stirn zu einem verwirrten Runzeln, wurde sich dann jedoch bewusst, was genau Crawford meinte und streckte ihm die Hand entgegen.
Und das Orakel ergriff sie.
Ich hätte ihn doch heute Nacht gehen lassen sollen, schoss es Aya durch den Kopf, als er seinem Gegenüber nun schweigend seinen zuvor abgelegten Mantel reichte, dessen Zögern und Erstaunen sehr wohl bemerkte.
Crawford wusste nicht, wieso Aya so handelte, doch er hütete sich, es in Frage zu stellen, nahm den Mantel an sich und streifte ihn schließlich über. Es war ein komisches Gefühl, das nicht mehr ganz so kalte Leder direkt an seiner Haut zu spüren. Er, der normalerweise ausschließlich Anzüge trug, die sich mit weichem, angenehmen Material an seinen Körper schmiegten.
Doch Crawford beschwerte sich nicht, ganz im Gegenteil. Er war in einer merkwürdigen Weise froh über dieses Kleidungsstück, welches er nun schloss und den Gürtel fest um seine Hüfte schnürte.
"Birman ist hier...", durchbrach Ayas Stimme die Stille und Crawford musste unwillkürlich lächeln. Vielleicht bildete er es sich ein, aber es klang, als ob der rothaarige Mann seine Anwesenheit damit erklären wollte.
"Ja...das ist sie", erwiderte er nachdenklich und sah nun endlich in die aufgewühlten, violetten Seen. Es schien, als erwarte Aya von IHM eine Antwort auf die Frage, wieso er betrogen worden war. Wieso eine Person, der er vertraut hatte, ihn so hintergehen konnte. Die Antwort hatte er ihm schon gegeben.....doch gestern noch wollte der Weiß sie nicht hören.
Wie schnell sich Meinungen ändern konnten.
Crawford konnte den Triumph nicht verneinen, der sich nun in ihm ausbreitete. Der sonst so devot ergebene Abyssinian hatte entdeckt, dass die Organisation, für die er kämpfte, alles andere als weiß war. Dass alles erlogen war, was ihm je über Gerechtigkeit gesagt wurde. Dass er selbst wie ein Sklave nach den Regeln Persers und Birmans gelebt und nichts hinterfragt hatte.
Und nun die Quittung bekam.
"Wir sollten hier verschwinden", ließ besagter Mann schließlich das Thema fallen und sah den Schwarzassassin ausdruckslos an. "Ich denke, dass wir im allgemeinen Chaos untergehen werden und unbemerkt entkommen können."
Crawford nickte wortlos und folgte seinem Feind nach kurzem Zögern hinaus auf den Flur, der nun scheinbar menschenleer war und wie ausgestorben vor ihnen lag. Nicht, dass es den älteren Mann störte, ganz im Gegenteil. Er war nicht bedacht darauf, dass er noch einmal Lasgo oder Birman begegnete oder dass er irgendjemandem in die Hände fiel.
Und proportional zu Crawfords Sicherheit nahmen auch die Detonationen innerhalb des Geländes zu, erschüttern jedes Mal wieder ihren Weg nach draußen.
"Hier." Das Orakel sah auf und sah sich direkt mit einer Waffe konfrontiert, die gerade in Augenhöhe vor ihm schwebte und allem Anschein nach von Aya in dieser Position gehalten wurde. "Nimm, vielleicht brauchst du sie."
Crawford musste ob dieser ernst gesprochenen Worte lächeln. Vielleicht? Er war sich SICHER, dass er sie benutzen würde. Er umfasste ohne zu zögern den schweren Griff der Waffe und prüfte, ob sie geladen war. Alles perfekt.....die Jagd konnte beginnen.
Gemeinsam bewegten sie sich gen Ausgang, trafen bis kurz davor auf niemanden, der ihnen gefährlich werden konnte. Erst als sie sich auf den Weg zum Fuhrpark machten, wurde Aya von einem der Wachmänner angegriffen, der ihn zurecht für den Auslöser des Tumults hielt.
Doch bevor der rothaarige Mann sein Katana auch nur ziehen konnte, hatte Crawford die Waffe schon angesetzt und den Dealer durch einen gezielten Kopfschuss getötet.
Nicht auf das überraschte und zugleich misstrauische Gesicht des Jüngeren achtend, bewegte sich das Orakel mit katzenhafter Schnelligkeit voran, hielt sich im Schatten und wartete schließlich, als er merkte, dass Aya immer noch bei der toten Wache stand.
"Was ist? Kann das Kätzchen kein Blut sehen?", reizte Crawford den Weiß, um ihn aus seiner Starre zu lösen und ihn weiterzutreiben.
Es gelang. Aya sah ruckartig auf und fixierte ihn selbst mit einem wütenden Blick, setzte sich dann jedoch in Bewegung und holte den Abstand zwischen ihnen mühelos auf. Er bedachte seinen Nemesis noch kurz mit einem Grollen, um dann an ihm vorbei weiterzulaufen, während nun nicht mehr ganz so fern Explosionen den Abend erhellten und wie drohender Donner auf sie zuwallten.
Auf ihrem Weg aus dem Camp begegneten ihnen immer wieder einzelne Wachen oder Dealer, allesamt verwirrt und wütend, wie es zu den Explosionen gekommen war. Crawford und Aya beantworteten jede dieser Fragen mit einem Lächeln und einem Mord.
Es erstaunte beide, wie gut sie aufeinander abgestimmt waren, auch ohne nur ein Wort zu wechseln. Natürlich, sie waren jeder für sich geschickte Assassini, ausgebildet von Könnern und beide mit einem ungewöhnlichen Talent, schnell und effizient zu töten. Dennoch war es eine Überraschung, dass der Hass im Moment nicht zwischen ihnen stand, sondern sie gemeinsam vorantrieb.
Und so erkämpften sie sich beinahe mühelos den Weg, um schließlich vor der riesigen Halle stehen zu bleiben und sich noch einmal zum Hauptgebäude umzudrehen. Ein wunderschönes Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, sehr gut erhalten...
....und mit der jetzt folgenden Explosion nur noch ein großer, unförmiger Klumpen Steine, Asche und Feuer.
Aya lächelte zufrieden, als er dem Inferno aus sicherer Entfernung beiwohnte. Es war ein gutes Gefühl, Lasgo das zu rauben, was er am Meisten gemocht hatte, was sein Stolz war. Er warf einen Blick auf den Schwarz und bemerkte, wie sich das ausdruckslose Gesicht für einen Moment in teuflische Schadenfreude wandelte, wie die Züge des Amerikaners in das wohlbekannte, arrogante Grinsen wechselten, dann jedoch sorgfältig ausdruckslos wurden.
Er machte eine Handbewegung, die zwar nicht ganz eine Geste der Aufforderung zum Mitkommen, allerdings auch nicht unübersehbar war. Es war das, was er Youji entgegenbrachte, wenn sie gemeinsam einen Auftrag ausführten. Ein Zeichen dafür, dass sie fertig waren, dass Youji aber gerne noch bleiben durfte, wenn ihm danach verlangte.
Doch Crawford verspürte im Augenblick wirklich keine Lust, dort zu bleiben, so folgte er dem Jüngeren in die große Halle und besah sich für einen Moment den großartigen Fuhrpark an verschiedensten Karosserien, die selbst Ayas weißen Porsche in den Schatten stellten.
Das Orakel war bereits bei einem der Wagen, als Aya sich von ihm trennte und in das obere Stockwerk rannte, um dort einige der kleinen Handbomben anzubringen, die er speziell für dieses Gebäude mit sich trug.
Auch wenn er es sich nicht eingestand, bereitete Aya diese Halle die meisten Probleme. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, um sich den Blueprint anzueignen und die genauen Stützpfeiler herauszufinden, so musste er es nun auf gut Glück und mit Intuition versuchen.
Fünf der zehn Bomben für das erste Stockwerk hatte er schon angebracht, als er sich plötzlich einer zweiten Präsenz in unmittelbarer Nähe bewusst wurde. Langsam die Hand zu seinem Katana gleiten lassend, richtete er seinen Blick auf die schemenhafte Gestalt, die sich nun aus den Schatten heraus kristallisierte und mit einem spöttischen Lachen zu erkennen gab, wer sie war.
"Guten Abend, Fujimiya Junior.....was für eine Freude, dich hier zu sehen!", ergriff Schuldig als Erster das Wort und verbeugte sich zynisch vor seinem Gegner, als dieser in einer einzigen Bewegung das Katana zog um sich selbst zu verteidigen.
Doch genau das wurde ihm zum Verhängnis, als nun unsichtbare Hände ihn zwangen, seine Waffe loszulassen, von sich zu werfen und ihn schließlich bewegungslos an Ort und Stelle hielten. Ohne Frage...das war der Telekinet des Teams....wie dumm von ihm, nicht sofort daran zu denken.
Wie dumm.
Aya versuchte noch nicht einmal, sich gegen die Kraft zu wehren, sondern fokussierte seinen ganzen Hass und seine ganze Abscheu gegen den Deutschen, der nun sicheren Schrittes auf ihn zukam und siegessicher lächelte.
"Das Weißkätzchen...so ganz allein....was ist los? Hast du deine Teamkameraden verloren?", fragte er mit falscher Sorge und entgegnete den entblößten Zähnen des Weiß ein Grinsen, welches jeden das Fürchten gelehrt hätte. Doch nicht Aya.....den rothaarigen Mann machte es nur um so wütender.
"Wie wäre es, Schwarz, wenn wir mit fairen Mitteln kämpfen würden? Oder bist du dazu zu feige?", presste Aya zwischen zusammengezogenen Lippen hervor und war mehr als jemals zuvor versucht, dem Telepathen die falschen, grünen Augen aus dem Kopf zu reißen.
"Nana! Was für schreckliche Gedanken, so...böse....", reizte Schuldig ihn ein weiteres Mal und strich seicht seine Wange entlang. "Wie schade, dass ich dich töten muss....aber du weißt ja, Auftrag ist Auftrag...."
Damit drang sein Bewusstsein immer tiefer in Ayas, immer weiter in Regionen, die schon gar nicht mehr aus Gedanken bestanden, sondern aus unbewussten Handlungen, die sein Überleben sicherten. Sein Herzschlag, sein Gehirn, all das lag nun vor dem Deutschen....
Aya war sich am Rande bewusst, dass er schrie. Was sollte er auch anderes tun? Die tobende Agonie in seinem Inneren brannte sich in seine Nervenbahnen, die sich dem Eindringling, dem fremden Bewusstsein verweigerten, sich wehrten, ihn mit allen Mitteln bekämpften.
Nein...wieso so einfach? So schnell? Wieso sollte er jetzt sterben, ausgerechnet jetzt! Das durfte nicht sein, konnte nicht! Seine Schwester.....Aya.....bitte....
Alle rationalen Gedanken waren mit einem Mal verschwunden, ließen Aya nur noch Schmerz und Todesangst. Reduzierten ihn auf ein nicht bewusst lebendes Wesen. Nur noch einen Augenblick, dann.....dann.....
"Schuldig! Lass ihn."
Die scharfe, befehlsgewohnte Stimme ließ das Geschehen für einen Moment regelrecht einfrieren, bis sich alle Anwesenden bewusst waren, wer genau sich aus den Schatten der Halle heraus löste und sich müde an einen der Pfeiler lehnte.
Die Kraft, welche Aya gerade noch vernichten wollte, ließ nun ab von ihm und wieder zu, dass bewusste Gedanken das Gehirn des Weiß füllten, dass er nun zu Boden sackte und dort keuchend liegen blieb, während er sich leise stöhnend seinen Kopf hielt.
Es tat so weh....es tat so weh.......
"Crawford....na endlich. Wir hatten dich schon gesucht. Wieso hast du nicht auf meine Rufe geantwortet?"
Aus dem Nebel von Schmerz heraus war sich Aya bewusst, dass das Orakel aufgetaucht war und gerade eben seinen Tod verhindert hatte. Doch in diesem Moment machte er sich keine Gedanken um das Warum, sondern ließ einfach die Erleichterung durch seine Blutbahnen fließen und sein Herz erreichen, das mit ein paar kräftigen Schlägen eben diese Emotion Kund tat.
"Ich war beschäftigt", lautete die ausweichende Antwort auf Schuldigs Frage, was dieser mit einem Schnauben quittierte.
"Du wirst nachlässig, Orakel", spöttelte der Deutsche und stieß den zu seinen Füßen liegenden Weiß mit der Fußspitze an. "Wie kommt es, dass du ihn verschont hast, hm? Hat der Kleine in dir etwa Zuneigungen geweckt, von denen ich noch nichts wusste?"
Hätte Aya sein Katana gehabt, wäre der Deutsche nun um einen Kopf kürzer und ein Leben ärmer gewesen. Doch gleichzeitig wusste er, dass Schuldig recht hatte, mit dem was er sagte. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn auf diesem Wege loszuwerden. Und dennoch.....
Der rothaarige Weiß kämpfte sich mühsam in eine kniende Position hoch und wurde sich nun auch des dritten Schwarzmitgliedes bewusst, des Telekineten. Nagi Naoe, wie seine Erinnerung ihm zuflüsterte. Ein fünfzehnjähriges Kind, fast ebenso alt wie Omi und genauso professionell, wenn es um ihre Aufträge ging. Dazu noch mit einer tödlichen Gabe ausgestattet.
Sein Kopf, sein ganzer Körper schmerzte. Es schien, als wenn alle Nervenenden ausschließlich Schmerzimpulse aussandten. Schrecklich. Aya stöhnte auf, als eine besonders starke Welle des Feuers durch seinen Körper fuhr und ihn zusammenfahren ließ. Doch etwas vollkommen anderes beherrschte gleichzeitig auch seine Gedanken. Er befand sich alleine unter drei seiner ärgsten Feinde. Er war hilflos, wehrlos, unbewaffnet in Gegenwart eines Orakels, eines Telepathen und eines Telekineten.
Seine Lage sah dementsprechend schlecht aus.
"Steh auf, Abyssinian", durchschnitt die kalte, geschäftliche Stimme Crawfords seine Gedanken und Aya sah schwach auf, nur um mit einer ihm entgegengestreckten Hand konfrontiert zu werden.
Die Hand gehörte dem Amerikaner selbst, wie er jetzt bemerkte.
Ein Entgegenkommen. Ein Hinweis für Schuldig auf ihren momentanen Waffenstillstand. Ein Verbot, dem Weiß auch nur ein Haar zu krümmen.
Er ergriff sie und musste sich prompt schwer auf sein Gegenüber stützten, als er sich in der Senkrechten befand. Zu groß war noch der Schock über die plötzlichen Ereignisse, zu groß die Nachwellen der unbeschreiblichen Agonie.
"Gib mir die restlichen Bomben", orderte der Schwarz leise und Aya fingerte ohne Widerstand an seinem Gürtel herum, um dem Orakel die letzten der zehn Sprengsätze zu überreichen. Dann geleitete er seinen Feind zu einem der Geländer etwas abseits von den übrigen Anwesenden und ließ ihn darauf nieder, um dann anschließend selbst die Arbeit des Weiß zu übernehmen und die letzten, todbringenden Päckchen zu befestigen.
Währendessen stärkte Aya sich selbst und seinen Körper, verbannte nach und nach sämtlichen Schmerz in seinem Inneren, unterdrückte ihn, bis er in der Lage war, klar und für sich selbst zu denken, vor allen Dingen seine Lage richtig einzuschätzen. Er machte sich keine Hoffnungen. Die derzeitige Situation war gefährlich, auch wenn er lebte. Denn was würde passieren, wenn sie diesem Ort entkommen waren?
Er war immer noch ein Weiß, während die anderen Drei seine Feinde repräsentierten. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt Waffenstillstand zwischen ihm und Crawford herrschte, so würde dieser beendet sein, wenn sie den Auftrag erledigt hatten. Dann galt es wieder, gegeneinander zu kämpfen und, wenn es die Umstände erforderten, einander zu töten.
"Es muss sehr viel passiert sein, Abyssinian...", raunte Schuldig ihm ins Ohr und Aya fuhr erschrocken über die plötzliche Nähe des anderen Mannes zusammen. "....wenn Crawford schon DEINEN Mantel trägt, meinst du nicht?"
Aya erahnte, dass in den Worten keineswegs nur Spott mitschwang, sondern vielmehr auch eine unterschwellige Drohung. Schuldig war nicht dumm, das wusste er. Der Telepath sah die Verletzungen des älteren Mannes, wusste, dass das Orakel wahrscheinlich nichts unter dem Kleidungsstück aus Leder trug. Und schließlich war ihm vermutlich auch der vorsichtige, langsame Gang des Amerikaners aufgefallen. Jedes dieser Anzeichen war sicherlich nicht ein eindeutiger Hinweise auf das, was geschehen war, aber alleine die Möglichkeit dessen konnte schon in Betracht gezogen werden.
Und wenn nicht, würde er früher oder später durch einen unbedachten Gedanken seiner Person auf das Geschehene gebracht werden.
"Frag ihn doch selbst", erwiderte Aya eisig und deutete vage mit dem Kopf in die Richtung, in der Crawford verschwunden war. Damit schloss er die Augen und ließ eine dumpfe Welle von Schmerz über sich hinwegwaschen, bevor er seinem Gegenüber erneut unbeeindruckt in die Augen sehen konnte.
"Wir sollten von hier verschwinden", durchbrach die ruhige Stimme Crawfords die Stille zwischen ihnen und ließ sie beide zu dem dunkelhaarigen Mann blicken. Zur leicht verkrampften, unruhigen Gestalt des Amerikaners, die nur in dem schwarzen Ledermantel seines Feindes gekleidet, einige Meter vor ihnen stand und sie erwartend ansah.
Sie gehorchten beide. Aya wie Schuldig.
Crawford führte sie nach unten, nahm zwei der unzähligen Schlüssel aus dem kleinen Büro und warf einen davon Aya zu, der ihn mit einer hastigen Bewegung auffing. Sie würden also in getrennten Wagen fahren und zusehen, dass sie diesem Ort entkamen. Der rothaarige Weiß nickte leicht und steuerte einen der dunklen Mercedes an, dessen Schloss nun praktisch auf Knopfdruck aufsprang und ihn einsteigen ließ, während er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass auch Schwarz dieser Aufgabe nachkamen.
Für einen Moment heftete er seine Augen auf den dunkelhaarigen Amerikaner, wartete auf irgendeine Geste, ein Zeichen und wurde schließlich belohnt, als der ältere Mann sich zu ihm umwandte und ihn mit einem ruhigen Blick bedachte.
Bevor er dann einstieg und sich mit dem Rest von Schwarz auf den Weg machte und seinen Nemesis verließ.
Aya wusste nicht, woher es kam, doch sein Körper schauderte für einen Moment angesichts des Gedankens, dass er nun alleine hier stand, ohne den amerikanischen Mann. Wie oft hatte er sich ihn in den vergangenen drei Tagen einfach weggewünscht, wie oft hatte er seinem Hass nachgegeben? Und nun....war es etwa Enttäuschung darüber, dass Crawford ohne ein weiteres Wort verschwunden war, die ihn schwer schlucken ließ, bevor sich seine Hände um das lederne Lenkrad schlossen und er seinerseits den Fuhrpark verließ.
Nur um ein paar hundert Meter davon entfernt noch einmal anzuhalten, den letzten Knopf der kleinen Fernschaltung zu betätigen und somit das übriggebliebene Gebäude in die Luft zu sprengen. Nun war alles zerstört, der Ring vernichtet.
Und doch war Bitterkeit das Einzige, was er spürte. Das, was Crawford gesagt hatte, Birmans Erscheinen und ihre Kooperation mit Lasgo ließen ihn stark zweifeln. An seiner Aufgabe, an seiner Loyalität, an dem, was Perser vertrat.
Aya erinnerte sich, was Crawford angetan wurde, um vielleicht daraus noch Freude zu ziehen, doch auch das war ihm nicht vergönnt, ganz im Gegenteil. Es war Mitleid, was nun seine Seele beherrschte, Mitleid für einen Feind, den er bis dato nur als Killermaschine gesehen hatte, nun aber einen Einblick bekommen hatte, der unerwünscht war.
Mit laut durchdrehenden Reifen löste er sich eben von diesen Gedanken und machte sich auf den Weg zu den Anderen, zu Youji, Omi und Ken. Den ahnungslosen Assassini.
Wieviel hätte Aya nun für diese Unschuld gegeben.
~~~~~
La fin
By Coco
A/N: Wow. Sie ist fertig. Leute...irgendwie macht das stolz. Ein paar Anekdötkes zu der Geschichte:
°Das Wort Schwarz. Darüber könnte man Abhandlungen schreiben. Schwarz, Schwanz...was immer mein Rechtschreibeprogramm ausgespuckt hat, ich war doch froh, dass mir dieser Verschreiber nie wirklich passiert ist.
°Thematik der Geschichte. Im Allgemeinen war es eine sehr faszinierende Thematik. Das Wechselspiel zwischen Macht und Dominanz, zwischen herrschen und beherrscht werden. Mir hat es gefallen, Crawford in diese Lage zu bringen um zu sehen, wie er reagiert. Und ich mochte es, Aya als den Unwissenden Schoßhund Kritikers darzustellen, der nachher erfährt, dass sein Herrchen nicht gut ist und dass ausgerechnet der Mann, den er hasst, ihm das aufzeigt.
°Lemon in der Geschichte selbst. Glaubt mir...ich HATTE sie fast soweit...die Badewannenszene wäre beinahe ein Stelldichein geworden. Doch nein...so ist es auch ganz gut, denke ich ^_~
°Das Ende: Tja...was meint ihr dazu?
@ kozue: Vielen dank für dein Review! Nein....Crawford und Aya können keine "normalen" Feinde mehr sein, denn sie wissen viel zu viel über den Anderen. Ob Crawford sich jemals wieder erholt...wer weiß ^_~
Also dann. viel Spaß beim Lesen und happy C&Cing! ^_^
~~**~~
Selbst der feurige Sonnenuntergang war jetzt vorbei und hinterließ seine blassroten Spuren am abendlichen Himmel. Es war noch nichts geschehen, außer, dass Lasgo schließlich genug von ihm gehabt und den Raum verlassen hatte. Anscheinend setzte er darauf, dass Crawford das Warten noch zusätzlich zermürben würde, dass er ihn so leichter brechen konnte.
Der dunkelhaarige Mann musste entgegen der Schmerzen, die in ihm tobten, lächeln. Vielleicht hätte Lasgo mit seinem Vorhaben auch Erfolg gehabt, wenn Crawford nicht gewusst hätte, dass bald alles hier in die Luft fliegen würde, den fernen Explosionen nach zu urteilen, die mittlerweile die Stille durchbrachen.
Alles.
Er lehnte am Rande des Bettes, dort, wo Lasgo ihn liegen gelassen hatte. Es war besser so, die Schmerzen ließen sich auf diesem Weg leichter ertragen. Crawford schloss für einen Moment die Augen, als er die vergangenen Ereignisse Revue passieren ließ. Birman war hier, arbeitete anscheinend mit Lasgo zusammen. Eine abtrünnige Perseragentin...wie nett. Ob das Takatorimitglied sich dieser Tatsache wohl bewusst war? Crawford kannte die Antwort nicht, vermutete aber stark, dass es so war, denn sonst hätte Perser Aya wohl kaum auf diese Mission geschickt.
Crawford fuhr hoch, als er hörte, wie die Tür aufging. Schon so früh zurück?, fragte er den älteren Mann in Gedanken. Noch nicht genug?
Während er den Schritten lauschte, die langsam auf ihn zukamen, zwang er sich und seine Muskeln, vollkommen zu entspannen. Schmerzen konnte er dadurch zwar nicht mehr vorbeugen, doch er musste es sich nicht noch schwerer machen, oder?
Den Blick geradeaus gerichtet, nahm er aus den Augenwinkeln wahr, wie Lasgo neben ihm stand und wartete. Worauf?
"Crawford...?"
Das war nicht Lasgo. Das war Aya. Lachen wellte in ihm auf. Aya. Hier. Welch ironische Fügung.
Crawford richtete seinen Blick lächelnd auf den Weißassassin und sah verschwommen in die violetten Augen, die scheinbar emotionslos auf ihn hinabstarrten. Und dennoch....sah er da Entsetzen in den Zügen des jüngeren Mannes...Wut...Mitleid?
"Was ist?", entgegnete er spöttisch die Lippen verziehend. "Will das Kätzchen auch spielen?"
Und trotz seiner verachtenden Worte zuckte er nun unmerklich vor dem jüngeren Mann zurück, als dieser sich zu ihm kniete und ihn sacht bei den Schulter fasste, ihn leicht von sich wegdrehte und sich an seinen Handgelenken zu schaffen machte. Oder vielmehr an den Handschellen, die nach längerem Widerstand nachgaben und aufsprangen, Crawfords Arme die Freiheit schenkten.
Ohne sein Gegenüber anzusehen, streckte er die betroffenen Gliedmaßen und brachte durch einige gezielte Bewegungen die Blutzirkulation wieder in Gang.
"Und was nun?", hauchte er mit zynisch verzogenen Lippen, um seinen eigenen Schmerz und seine gesamte Erscheinung zu überspielen.
Anstatt zu antworten, richtete sich Aya auf und löste mit zwei geschickten Bewegungen die Knöpfe seines Mantels, was Crawford für einen Moment misstrauisch, ja beinahe entsetzt verfolgte. Für einen Augenblick war sie verschwunden, die übliche Fassade der stoischen Ruhe. Jetzt, zu diesem Zeitpunkt erfüllte das Wesen Crawfords ein unheimlicher Schleier von Angst und Unverständnis. Nicht auch noch Aya...
"Steh auf", befahl dieser nun sanft und ein sarkastisches Lachen drang über die Lippen des älteren Mannes.
"Wie denn?"
Aya verzog für einen Moment die Stirn zu einem verwirrten Runzeln, wurde sich dann jedoch bewusst, was genau Crawford meinte und streckte ihm die Hand entgegen.
Und das Orakel ergriff sie.
Ich hätte ihn doch heute Nacht gehen lassen sollen, schoss es Aya durch den Kopf, als er seinem Gegenüber nun schweigend seinen zuvor abgelegten Mantel reichte, dessen Zögern und Erstaunen sehr wohl bemerkte.
Crawford wusste nicht, wieso Aya so handelte, doch er hütete sich, es in Frage zu stellen, nahm den Mantel an sich und streifte ihn schließlich über. Es war ein komisches Gefühl, das nicht mehr ganz so kalte Leder direkt an seiner Haut zu spüren. Er, der normalerweise ausschließlich Anzüge trug, die sich mit weichem, angenehmen Material an seinen Körper schmiegten.
Doch Crawford beschwerte sich nicht, ganz im Gegenteil. Er war in einer merkwürdigen Weise froh über dieses Kleidungsstück, welches er nun schloss und den Gürtel fest um seine Hüfte schnürte.
"Birman ist hier...", durchbrach Ayas Stimme die Stille und Crawford musste unwillkürlich lächeln. Vielleicht bildete er es sich ein, aber es klang, als ob der rothaarige Mann seine Anwesenheit damit erklären wollte.
"Ja...das ist sie", erwiderte er nachdenklich und sah nun endlich in die aufgewühlten, violetten Seen. Es schien, als erwarte Aya von IHM eine Antwort auf die Frage, wieso er betrogen worden war. Wieso eine Person, der er vertraut hatte, ihn so hintergehen konnte. Die Antwort hatte er ihm schon gegeben.....doch gestern noch wollte der Weiß sie nicht hören.
Wie schnell sich Meinungen ändern konnten.
Crawford konnte den Triumph nicht verneinen, der sich nun in ihm ausbreitete. Der sonst so devot ergebene Abyssinian hatte entdeckt, dass die Organisation, für die er kämpfte, alles andere als weiß war. Dass alles erlogen war, was ihm je über Gerechtigkeit gesagt wurde. Dass er selbst wie ein Sklave nach den Regeln Persers und Birmans gelebt und nichts hinterfragt hatte.
Und nun die Quittung bekam.
"Wir sollten hier verschwinden", ließ besagter Mann schließlich das Thema fallen und sah den Schwarzassassin ausdruckslos an. "Ich denke, dass wir im allgemeinen Chaos untergehen werden und unbemerkt entkommen können."
Crawford nickte wortlos und folgte seinem Feind nach kurzem Zögern hinaus auf den Flur, der nun scheinbar menschenleer war und wie ausgestorben vor ihnen lag. Nicht, dass es den älteren Mann störte, ganz im Gegenteil. Er war nicht bedacht darauf, dass er noch einmal Lasgo oder Birman begegnete oder dass er irgendjemandem in die Hände fiel.
Und proportional zu Crawfords Sicherheit nahmen auch die Detonationen innerhalb des Geländes zu, erschüttern jedes Mal wieder ihren Weg nach draußen.
"Hier." Das Orakel sah auf und sah sich direkt mit einer Waffe konfrontiert, die gerade in Augenhöhe vor ihm schwebte und allem Anschein nach von Aya in dieser Position gehalten wurde. "Nimm, vielleicht brauchst du sie."
Crawford musste ob dieser ernst gesprochenen Worte lächeln. Vielleicht? Er war sich SICHER, dass er sie benutzen würde. Er umfasste ohne zu zögern den schweren Griff der Waffe und prüfte, ob sie geladen war. Alles perfekt.....die Jagd konnte beginnen.
Gemeinsam bewegten sie sich gen Ausgang, trafen bis kurz davor auf niemanden, der ihnen gefährlich werden konnte. Erst als sie sich auf den Weg zum Fuhrpark machten, wurde Aya von einem der Wachmänner angegriffen, der ihn zurecht für den Auslöser des Tumults hielt.
Doch bevor der rothaarige Mann sein Katana auch nur ziehen konnte, hatte Crawford die Waffe schon angesetzt und den Dealer durch einen gezielten Kopfschuss getötet.
Nicht auf das überraschte und zugleich misstrauische Gesicht des Jüngeren achtend, bewegte sich das Orakel mit katzenhafter Schnelligkeit voran, hielt sich im Schatten und wartete schließlich, als er merkte, dass Aya immer noch bei der toten Wache stand.
"Was ist? Kann das Kätzchen kein Blut sehen?", reizte Crawford den Weiß, um ihn aus seiner Starre zu lösen und ihn weiterzutreiben.
Es gelang. Aya sah ruckartig auf und fixierte ihn selbst mit einem wütenden Blick, setzte sich dann jedoch in Bewegung und holte den Abstand zwischen ihnen mühelos auf. Er bedachte seinen Nemesis noch kurz mit einem Grollen, um dann an ihm vorbei weiterzulaufen, während nun nicht mehr ganz so fern Explosionen den Abend erhellten und wie drohender Donner auf sie zuwallten.
Auf ihrem Weg aus dem Camp begegneten ihnen immer wieder einzelne Wachen oder Dealer, allesamt verwirrt und wütend, wie es zu den Explosionen gekommen war. Crawford und Aya beantworteten jede dieser Fragen mit einem Lächeln und einem Mord.
Es erstaunte beide, wie gut sie aufeinander abgestimmt waren, auch ohne nur ein Wort zu wechseln. Natürlich, sie waren jeder für sich geschickte Assassini, ausgebildet von Könnern und beide mit einem ungewöhnlichen Talent, schnell und effizient zu töten. Dennoch war es eine Überraschung, dass der Hass im Moment nicht zwischen ihnen stand, sondern sie gemeinsam vorantrieb.
Und so erkämpften sie sich beinahe mühelos den Weg, um schließlich vor der riesigen Halle stehen zu bleiben und sich noch einmal zum Hauptgebäude umzudrehen. Ein wunderschönes Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, sehr gut erhalten...
....und mit der jetzt folgenden Explosion nur noch ein großer, unförmiger Klumpen Steine, Asche und Feuer.
Aya lächelte zufrieden, als er dem Inferno aus sicherer Entfernung beiwohnte. Es war ein gutes Gefühl, Lasgo das zu rauben, was er am Meisten gemocht hatte, was sein Stolz war. Er warf einen Blick auf den Schwarz und bemerkte, wie sich das ausdruckslose Gesicht für einen Moment in teuflische Schadenfreude wandelte, wie die Züge des Amerikaners in das wohlbekannte, arrogante Grinsen wechselten, dann jedoch sorgfältig ausdruckslos wurden.
Er machte eine Handbewegung, die zwar nicht ganz eine Geste der Aufforderung zum Mitkommen, allerdings auch nicht unübersehbar war. Es war das, was er Youji entgegenbrachte, wenn sie gemeinsam einen Auftrag ausführten. Ein Zeichen dafür, dass sie fertig waren, dass Youji aber gerne noch bleiben durfte, wenn ihm danach verlangte.
Doch Crawford verspürte im Augenblick wirklich keine Lust, dort zu bleiben, so folgte er dem Jüngeren in die große Halle und besah sich für einen Moment den großartigen Fuhrpark an verschiedensten Karosserien, die selbst Ayas weißen Porsche in den Schatten stellten.
Das Orakel war bereits bei einem der Wagen, als Aya sich von ihm trennte und in das obere Stockwerk rannte, um dort einige der kleinen Handbomben anzubringen, die er speziell für dieses Gebäude mit sich trug.
Auch wenn er es sich nicht eingestand, bereitete Aya diese Halle die meisten Probleme. Er hatte nicht genug Zeit gehabt, um sich den Blueprint anzueignen und die genauen Stützpfeiler herauszufinden, so musste er es nun auf gut Glück und mit Intuition versuchen.
Fünf der zehn Bomben für das erste Stockwerk hatte er schon angebracht, als er sich plötzlich einer zweiten Präsenz in unmittelbarer Nähe bewusst wurde. Langsam die Hand zu seinem Katana gleiten lassend, richtete er seinen Blick auf die schemenhafte Gestalt, die sich nun aus den Schatten heraus kristallisierte und mit einem spöttischen Lachen zu erkennen gab, wer sie war.
"Guten Abend, Fujimiya Junior.....was für eine Freude, dich hier zu sehen!", ergriff Schuldig als Erster das Wort und verbeugte sich zynisch vor seinem Gegner, als dieser in einer einzigen Bewegung das Katana zog um sich selbst zu verteidigen.
Doch genau das wurde ihm zum Verhängnis, als nun unsichtbare Hände ihn zwangen, seine Waffe loszulassen, von sich zu werfen und ihn schließlich bewegungslos an Ort und Stelle hielten. Ohne Frage...das war der Telekinet des Teams....wie dumm von ihm, nicht sofort daran zu denken.
Wie dumm.
Aya versuchte noch nicht einmal, sich gegen die Kraft zu wehren, sondern fokussierte seinen ganzen Hass und seine ganze Abscheu gegen den Deutschen, der nun sicheren Schrittes auf ihn zukam und siegessicher lächelte.
"Das Weißkätzchen...so ganz allein....was ist los? Hast du deine Teamkameraden verloren?", fragte er mit falscher Sorge und entgegnete den entblößten Zähnen des Weiß ein Grinsen, welches jeden das Fürchten gelehrt hätte. Doch nicht Aya.....den rothaarigen Mann machte es nur um so wütender.
"Wie wäre es, Schwarz, wenn wir mit fairen Mitteln kämpfen würden? Oder bist du dazu zu feige?", presste Aya zwischen zusammengezogenen Lippen hervor und war mehr als jemals zuvor versucht, dem Telepathen die falschen, grünen Augen aus dem Kopf zu reißen.
"Nana! Was für schreckliche Gedanken, so...böse....", reizte Schuldig ihn ein weiteres Mal und strich seicht seine Wange entlang. "Wie schade, dass ich dich töten muss....aber du weißt ja, Auftrag ist Auftrag...."
Damit drang sein Bewusstsein immer tiefer in Ayas, immer weiter in Regionen, die schon gar nicht mehr aus Gedanken bestanden, sondern aus unbewussten Handlungen, die sein Überleben sicherten. Sein Herzschlag, sein Gehirn, all das lag nun vor dem Deutschen....
Aya war sich am Rande bewusst, dass er schrie. Was sollte er auch anderes tun? Die tobende Agonie in seinem Inneren brannte sich in seine Nervenbahnen, die sich dem Eindringling, dem fremden Bewusstsein verweigerten, sich wehrten, ihn mit allen Mitteln bekämpften.
Nein...wieso so einfach? So schnell? Wieso sollte er jetzt sterben, ausgerechnet jetzt! Das durfte nicht sein, konnte nicht! Seine Schwester.....Aya.....bitte....
Alle rationalen Gedanken waren mit einem Mal verschwunden, ließen Aya nur noch Schmerz und Todesangst. Reduzierten ihn auf ein nicht bewusst lebendes Wesen. Nur noch einen Augenblick, dann.....dann.....
"Schuldig! Lass ihn."
Die scharfe, befehlsgewohnte Stimme ließ das Geschehen für einen Moment regelrecht einfrieren, bis sich alle Anwesenden bewusst waren, wer genau sich aus den Schatten der Halle heraus löste und sich müde an einen der Pfeiler lehnte.
Die Kraft, welche Aya gerade noch vernichten wollte, ließ nun ab von ihm und wieder zu, dass bewusste Gedanken das Gehirn des Weiß füllten, dass er nun zu Boden sackte und dort keuchend liegen blieb, während er sich leise stöhnend seinen Kopf hielt.
Es tat so weh....es tat so weh.......
"Crawford....na endlich. Wir hatten dich schon gesucht. Wieso hast du nicht auf meine Rufe geantwortet?"
Aus dem Nebel von Schmerz heraus war sich Aya bewusst, dass das Orakel aufgetaucht war und gerade eben seinen Tod verhindert hatte. Doch in diesem Moment machte er sich keine Gedanken um das Warum, sondern ließ einfach die Erleichterung durch seine Blutbahnen fließen und sein Herz erreichen, das mit ein paar kräftigen Schlägen eben diese Emotion Kund tat.
"Ich war beschäftigt", lautete die ausweichende Antwort auf Schuldigs Frage, was dieser mit einem Schnauben quittierte.
"Du wirst nachlässig, Orakel", spöttelte der Deutsche und stieß den zu seinen Füßen liegenden Weiß mit der Fußspitze an. "Wie kommt es, dass du ihn verschont hast, hm? Hat der Kleine in dir etwa Zuneigungen geweckt, von denen ich noch nichts wusste?"
Hätte Aya sein Katana gehabt, wäre der Deutsche nun um einen Kopf kürzer und ein Leben ärmer gewesen. Doch gleichzeitig wusste er, dass Schuldig recht hatte, mit dem was er sagte. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihn auf diesem Wege loszuwerden. Und dennoch.....
Der rothaarige Weiß kämpfte sich mühsam in eine kniende Position hoch und wurde sich nun auch des dritten Schwarzmitgliedes bewusst, des Telekineten. Nagi Naoe, wie seine Erinnerung ihm zuflüsterte. Ein fünfzehnjähriges Kind, fast ebenso alt wie Omi und genauso professionell, wenn es um ihre Aufträge ging. Dazu noch mit einer tödlichen Gabe ausgestattet.
Sein Kopf, sein ganzer Körper schmerzte. Es schien, als wenn alle Nervenenden ausschließlich Schmerzimpulse aussandten. Schrecklich. Aya stöhnte auf, als eine besonders starke Welle des Feuers durch seinen Körper fuhr und ihn zusammenfahren ließ. Doch etwas vollkommen anderes beherrschte gleichzeitig auch seine Gedanken. Er befand sich alleine unter drei seiner ärgsten Feinde. Er war hilflos, wehrlos, unbewaffnet in Gegenwart eines Orakels, eines Telepathen und eines Telekineten.
Seine Lage sah dementsprechend schlecht aus.
"Steh auf, Abyssinian", durchschnitt die kalte, geschäftliche Stimme Crawfords seine Gedanken und Aya sah schwach auf, nur um mit einer ihm entgegengestreckten Hand konfrontiert zu werden.
Die Hand gehörte dem Amerikaner selbst, wie er jetzt bemerkte.
Ein Entgegenkommen. Ein Hinweis für Schuldig auf ihren momentanen Waffenstillstand. Ein Verbot, dem Weiß auch nur ein Haar zu krümmen.
Er ergriff sie und musste sich prompt schwer auf sein Gegenüber stützten, als er sich in der Senkrechten befand. Zu groß war noch der Schock über die plötzlichen Ereignisse, zu groß die Nachwellen der unbeschreiblichen Agonie.
"Gib mir die restlichen Bomben", orderte der Schwarz leise und Aya fingerte ohne Widerstand an seinem Gürtel herum, um dem Orakel die letzten der zehn Sprengsätze zu überreichen. Dann geleitete er seinen Feind zu einem der Geländer etwas abseits von den übrigen Anwesenden und ließ ihn darauf nieder, um dann anschließend selbst die Arbeit des Weiß zu übernehmen und die letzten, todbringenden Päckchen zu befestigen.
Währendessen stärkte Aya sich selbst und seinen Körper, verbannte nach und nach sämtlichen Schmerz in seinem Inneren, unterdrückte ihn, bis er in der Lage war, klar und für sich selbst zu denken, vor allen Dingen seine Lage richtig einzuschätzen. Er machte sich keine Hoffnungen. Die derzeitige Situation war gefährlich, auch wenn er lebte. Denn was würde passieren, wenn sie diesem Ort entkommen waren?
Er war immer noch ein Weiß, während die anderen Drei seine Feinde repräsentierten. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt Waffenstillstand zwischen ihm und Crawford herrschte, so würde dieser beendet sein, wenn sie den Auftrag erledigt hatten. Dann galt es wieder, gegeneinander zu kämpfen und, wenn es die Umstände erforderten, einander zu töten.
"Es muss sehr viel passiert sein, Abyssinian...", raunte Schuldig ihm ins Ohr und Aya fuhr erschrocken über die plötzliche Nähe des anderen Mannes zusammen. "....wenn Crawford schon DEINEN Mantel trägt, meinst du nicht?"
Aya erahnte, dass in den Worten keineswegs nur Spott mitschwang, sondern vielmehr auch eine unterschwellige Drohung. Schuldig war nicht dumm, das wusste er. Der Telepath sah die Verletzungen des älteren Mannes, wusste, dass das Orakel wahrscheinlich nichts unter dem Kleidungsstück aus Leder trug. Und schließlich war ihm vermutlich auch der vorsichtige, langsame Gang des Amerikaners aufgefallen. Jedes dieser Anzeichen war sicherlich nicht ein eindeutiger Hinweise auf das, was geschehen war, aber alleine die Möglichkeit dessen konnte schon in Betracht gezogen werden.
Und wenn nicht, würde er früher oder später durch einen unbedachten Gedanken seiner Person auf das Geschehene gebracht werden.
"Frag ihn doch selbst", erwiderte Aya eisig und deutete vage mit dem Kopf in die Richtung, in der Crawford verschwunden war. Damit schloss er die Augen und ließ eine dumpfe Welle von Schmerz über sich hinwegwaschen, bevor er seinem Gegenüber erneut unbeeindruckt in die Augen sehen konnte.
"Wir sollten von hier verschwinden", durchbrach die ruhige Stimme Crawfords die Stille zwischen ihnen und ließ sie beide zu dem dunkelhaarigen Mann blicken. Zur leicht verkrampften, unruhigen Gestalt des Amerikaners, die nur in dem schwarzen Ledermantel seines Feindes gekleidet, einige Meter vor ihnen stand und sie erwartend ansah.
Sie gehorchten beide. Aya wie Schuldig.
Crawford führte sie nach unten, nahm zwei der unzähligen Schlüssel aus dem kleinen Büro und warf einen davon Aya zu, der ihn mit einer hastigen Bewegung auffing. Sie würden also in getrennten Wagen fahren und zusehen, dass sie diesem Ort entkamen. Der rothaarige Weiß nickte leicht und steuerte einen der dunklen Mercedes an, dessen Schloss nun praktisch auf Knopfdruck aufsprang und ihn einsteigen ließ, während er aus den Augenwinkeln bemerkte, dass auch Schwarz dieser Aufgabe nachkamen.
Für einen Moment heftete er seine Augen auf den dunkelhaarigen Amerikaner, wartete auf irgendeine Geste, ein Zeichen und wurde schließlich belohnt, als der ältere Mann sich zu ihm umwandte und ihn mit einem ruhigen Blick bedachte.
Bevor er dann einstieg und sich mit dem Rest von Schwarz auf den Weg machte und seinen Nemesis verließ.
Aya wusste nicht, woher es kam, doch sein Körper schauderte für einen Moment angesichts des Gedankens, dass er nun alleine hier stand, ohne den amerikanischen Mann. Wie oft hatte er sich ihn in den vergangenen drei Tagen einfach weggewünscht, wie oft hatte er seinem Hass nachgegeben? Und nun....war es etwa Enttäuschung darüber, dass Crawford ohne ein weiteres Wort verschwunden war, die ihn schwer schlucken ließ, bevor sich seine Hände um das lederne Lenkrad schlossen und er seinerseits den Fuhrpark verließ.
Nur um ein paar hundert Meter davon entfernt noch einmal anzuhalten, den letzten Knopf der kleinen Fernschaltung zu betätigen und somit das übriggebliebene Gebäude in die Luft zu sprengen. Nun war alles zerstört, der Ring vernichtet.
Und doch war Bitterkeit das Einzige, was er spürte. Das, was Crawford gesagt hatte, Birmans Erscheinen und ihre Kooperation mit Lasgo ließen ihn stark zweifeln. An seiner Aufgabe, an seiner Loyalität, an dem, was Perser vertrat.
Aya erinnerte sich, was Crawford angetan wurde, um vielleicht daraus noch Freude zu ziehen, doch auch das war ihm nicht vergönnt, ganz im Gegenteil. Es war Mitleid, was nun seine Seele beherrschte, Mitleid für einen Feind, den er bis dato nur als Killermaschine gesehen hatte, nun aber einen Einblick bekommen hatte, der unerwünscht war.
Mit laut durchdrehenden Reifen löste er sich eben von diesen Gedanken und machte sich auf den Weg zu den Anderen, zu Youji, Omi und Ken. Den ahnungslosen Assassini.
Wieviel hätte Aya nun für diese Unschuld gegeben.
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La fin
By Coco
A/N: Wow. Sie ist fertig. Leute...irgendwie macht das stolz. Ein paar Anekdötkes zu der Geschichte:
°Das Wort Schwarz. Darüber könnte man Abhandlungen schreiben. Schwarz, Schwanz...was immer mein Rechtschreibeprogramm ausgespuckt hat, ich war doch froh, dass mir dieser Verschreiber nie wirklich passiert ist.
°Thematik der Geschichte. Im Allgemeinen war es eine sehr faszinierende Thematik. Das Wechselspiel zwischen Macht und Dominanz, zwischen herrschen und beherrscht werden. Mir hat es gefallen, Crawford in diese Lage zu bringen um zu sehen, wie er reagiert. Und ich mochte es, Aya als den Unwissenden Schoßhund Kritikers darzustellen, der nachher erfährt, dass sein Herrchen nicht gut ist und dass ausgerechnet der Mann, den er hasst, ihm das aufzeigt.
°Lemon in der Geschichte selbst. Glaubt mir...ich HATTE sie fast soweit...die Badewannenszene wäre beinahe ein Stelldichein geworden. Doch nein...so ist es auch ganz gut, denke ich ^_~
°Das Ende: Tja...was meint ihr dazu?
