Disclaimer:

siehe Teil 1

Rating:

PG-13

Author's Note:

Vielen Dank an Twix, die so lieb war, meinen Stories auf ihrer Homepage ein neues Zuhause zu geben!!!

Feedback:

Ist natürlich wie immer sehr willkommen. Bitte an dreamy@inorbit.com.


Twists of Time


von Dreamy


2. Die wahre Bedeutung von Frieden

Manche Dinge würden sich nie ändern. – Chakotay dachte, dass er sich nach all den Jahren eigentlich an diesen Anblick gewöhnt haben müsste, aber irgendwie erstaunte er ihn immer noch.

Kathryn als Gärtnerin.

Sie lag im Gras, ihre Kaffeetasse neben sich und pflanzte, wie jeden Frühling, ein paar neue talaxianische Tomatenstauden. Und sie wirkte zufrieden. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie er sie zum ersten Mal so gesehen hatte. Vor 28 Jahren.

Es war ein wundervoller, sonniger Tag gewesen. Er hatte Pläne für den Bau ihres ersten Bootes gemacht und Kathryn hatte damit begonnen, ihr frisch angelegtes Beet mit talaxianischen Tomaten zu bepflanzen. In den zwei Jahren, die er sie damals kannte, hatte sie es immer wieder geschafft, ihn zu überraschen, aber dass ihr Gartenarbeit Spass machen könnte, hätte er wirklich nicht erwartet. Nein, als Gärtnerin hätte er sie sich nie vorstellen können. Das hatte er ihr auch gesagt, als er sie zum ersten Mal so sah...

Genau wie heute war sie an jenem Tag neben ihrem Gemüsebeet im Gras gelegen und hatte ihre Kaffeetasse neben sich gestellt. Sie sah wirklich bezaubernd aus. Das blaue Kleid, die Hände voller Erde und ihre strahlenden Augen machten es schon damals schwer, sich vorzustellen, dass diese Frau vor zwei Monaten noch ein Raumschiff kommandiert hatte.

Heute, nach 28 Jahren, war es geradezu unmöglich.

Wie damals schien sie auch diesmal völlig in ihrer Arbeit aufzugehen. Eigentlich tat Kathryn das immer. Egal, ob sie ein Schiff kommandierte oder ihre Aufmerksamkeit bloß einigen Tomaten widmete. Nur, dass sie bei letzterem eine Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlte, wie er sie an ihr auf der Voyager nie gesehen hatte. Für Chakotay war dies ein erstes Zeichen gewesen, dass sie nun offenbar doch bereit war, sich an ein Leben hier – ein Leben mit ihm – zu gewöhnen. Zum ersten Mal schien sie tatsächlich zu versuchen, eine Verbindung zu ihrem neuen Zuhause herzustellen.

Zugegeben, nachdem ihre Forschungsausrüstung zerstört worden war, blieb ihr ohnehin keine Wahl mehr, aber trotzdem war er angenehm überrascht gewesen, wie bereitwillig Kathryn sich von diesem Tag an, ihrem neuen Leben angepasst hatte. Fast schien es, als seien mit der Möglichkeit einer Rückkehr in ihre Position als Captain auch alle Beschränkungen, die ihr diese auferlegt hatte, verschwunden.

Er erinnerte sich noch genau, wie er ihr an jenem Nachmittag die Pläne für sein Boot gezeigt hatte. Sie war von der Idee begeistert gewesen. Und tatsächlich hatte ihnen dieses Boot noch viele schöne Erinnerungen beschert. Besonders gerne dachte Chakotay noch an ihre erste Fahrt den Fluss hinauf zurück...

Sie waren schon früh aufgebrochen, hatten einen Picknickkorb mitgenommen und Badesachen eingepackt, mit der Absicht Mittags an einem schattigen Plätzchen Rast zu machen und sich im kühlen Fluss ein wenig zu erfrischen. Tatsächlich wurde es ein ungewöhnlich heißer Tag und als sie am späten Vormittag keine zwanzig Kilometer westlich einen wunderschönen See erreichten, beschlossen sie hier zu bleiben. Eine langgezogene, leicht bewaldete Halbinsel reichte fast bis zur Mitte des Sees und nach kurzem Suchen entdeckten sie an ihrem südwestlichsten Ende den idealen Platz. Das mediterrane Klima erlaubte es hier sogar einigen palmenähnlichen Bäumen zu wachsen. Vermutlich lag es am Wasser, vielleicht auch am nährstoffreichen Boden, aber aus irgendeinem Grund hatte Chakotay jene Bäume nirgendwo sonst in dieser Gegend gesehen. Erst viel später fand er heraus, dass sie gewöhnlich nur wesentlich weiter südlich oder ungefähr 200 km östlich am Meer wuchsen. Aber jene kleine Halbinsel war eben etwas Besonderes. Ihr Westufer war von Palmen bestanden, die sich wie Perlen an einer Kette aufreihten und einen wunderschönen weissen Sandstrand säumten, der im Sonnenuntergang zart orange leuchtete. In der Nähe der südwestlichsten Spitze fanden sie an jenem Tag eine kleine Bucht, an deren Ufer sich die Vegetation gelichtet hatte, so dass der Strand in eine kleine grasbewachsene Lichtung überging. Ein Platz zum Träumen – und zum Verführen, dachte Chakotay lächelnd – an dem sie im Laufe der Jahre gemeinsam unzählige laue Nächte neben einem kleinen Lagerfeuer verbracht hatten. Wie oft hatten sie nebeneinander im Sand in der kleinen Bucht gelegen und die Sterne beobachtet? Und wie oft hatten sie schließlich ihre Aufmerksamkeit nicht mehr dem Himmel gewidmet, sondern einander.... – Es war zwar noch Frühling, aber die letzten zwei Wochen waren ungewöhnlich warm gewesen. Vielleicht würde er Kathryn vorschlagen, die Gelegenheit zu ergreifen und einige Erinnerungen aufzufrischen.

Immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen ging er langsam auf die im Gras sitzende Frau zu, die völlig in ihre Arbeit vertieft war.

"Kathryn, Darling, ..." begann er und als sie aufblickte, ließ er sich neben ihr nieder.

~~~

"....Eine Art Wurmloch durch die Zeit? Wie vor eineinhalb Jahren, als wir dann auf diesen Mr. Telek M'Ror trafen?"

"Nein, Neelix. Es gibt zwar gewisse Ähnlichkeiten, aber diese Anomalie ist völlig anders aufgebaut", antwortete Harry. "Die bisher ausgewerteten Daten, die unsere Sensoren gesammelt haben, während die Voyager durch den Tunnel gezogen wurde, deuten darauf hin, dass der Aufbau hier längst nicht so klar strukturiert ist, wie bei einem gewöhnlichen Wurmloch. Wir haben es hier mit einem unglaublichen Phänomen zu tun. Keine der Datenbanken der Sternenflotte deutet darauf hin, dass jemand schon mal auf so etwas getroffen ist."

"Faszinierend. Aber haben Sie auch eine Möglichkeit gefunden, wie wir zurückreisen können? Ich muss wohl nicht ausführen, weshalb ein dauerhafter Aufenthalt in dieser Zeit nicht in Frage kommt. Irgendwelche konkreten Vorschläge, Miss Torres, Mister Kim?" wandte sich Tuvok an B'Elanna und Harry, die, nachdem die Reparaturarbeiten angelaufen waren, in den letzten paar Stunden versucht hatten, die gesammelten Daten so weit wie möglich auszuwerten.

"Nein, im Moment leider nicht. Uns stehen allerdings auch noch längst nicht alle Daten zur Verfügung. Durch die vielen kaputten Konsolen und die anderen Schäden ist es schwierig Zugriff zu erlangen. Außerdem gibt es jede Menge anderer Reparaturen..." Harry blickte beinahe entschuldigend in die Runde.

"Also sitzen wir hier erstmal fest? 28 Jahre in der Zukunft! Das gibt's doch nicht. Wie schaffen wir es nur immer, in solche Situationen zu kommen?" Tom Paris stützte die Ellbogen auf den Tisch, senkte den Kopf, schlug die Hände darüber zusammen und starrte resigniert auf die Tischplatte.

Vor ungefähr acht Stunden waren sie durch die Anomalie geschleudert worden. Nach dem anfänglichen Schock war man schnell zur Routine übergegangen, hatte Verletzte versorgt und mit den erforderlichen Reparaturen begonnen. Irgendwie kann man sich wohl an alles gewöhnen, dachte Tom.

Auf den ersten Blick war es auch nicht so schlimm.

Niemand war ernsthaft verletzt worden. Zumindest in dieser Hinsicht hatten sie Glück gehabt.

Der Doktor hatte sich kurz zugeschaltet, berichtete aber nur von 17 Leichtverletzten, die größtenteils kleinere Schnittwunden davongetragen hatten, als sie von umherfliegenden Splittern ihrer explodierenden Konsolen getroffen worden waren. Die weniger Glücklichen hatten ein paar gebrochene Knochen und verstauchte Gelenke, aber nichts, was das geniale Hologramm nicht problemlos innerhalb kurzer Zeit wieder in Ordnung bringen konnte. Ein wenig Ruhe und schon Morgen – nein, heute, korrigierte sich Tom mit einem Blick auf den Chronometer, der inzwischen 5:47 Bordzeit anzeigte – könnten die meisten ihren Dienst wieder aufnehmen. Glücklicherweise stand der Schichtwechsel ohnehin kurz bevor, als sie in die Anomalie gezogen wurden, weshalb eine Ablösung für die Verletzten gleich zur Stelle war. Auch war so kaum eine Änderung im Dienstplan notwendig gewesen, da die nächste Schicht derer, die verletzt worden waren, ohnehin erst 16 Stunden später beginnen würde. Sie hatten also genug Zeit, um sich zu erholen.

Der Voyager ging es da schon schlechter.

Zunächst einmal waren die Langstreckensensoren keine zwei Minuten nachdem Harry ihre Position festgestellt hatte, ausgefallen. Als dann die Schadensmeldungen eintrafen, mussten sie feststellen, dass fast überall auf dem Schiff Konsolen auf Grund von Überladungen schon während ihres holprigen Kurztrips durch die Anomalie explodiert waren. Die Brücke schien davon ausnahmsweise durch einen glücklichen Zufall verschont geblieben zu sein, weshalb es hier auch keine Verletzten gegeben hatte. Der Warpantrieb war vorübergehend ausgefallen, aber B'Elanna zeigte sich zuversichtlich, dass auch dieses Problem in einigen Stunden behoben sein würde. Ansonsten mussten nur noch ein paar Relais ausgetauscht werden, – doch auch das konnte nach Toms Erfahrung im Delta Quadranten schon ein Problem darstellen, – und auf Deck 7 und 11 musste die künstliche Gravitation wieder hergestellt werden, die teilweise ausgefallen war. Aber auch hier war glücklicherweise niemand zu Schaden gekommen war, außer vielleicht durch den Spott der Kollegen, die einen schier endlosen Vorrat an dämlichen Witzen zum Thema "den-Boden-unter-den-Füssen-verlieren" zu haben schienen. – Wenigstens hatte dieser kleine Zwischenfall dazu beigetragen, die Moral der Crew wieder etwas zu heben.

Alles in allem waren sie diesmal recht glimpflich davongekommen.

Wenn man mal davon absah, dass sie sich in der falschen Zeit befanden. – Und, was noch viel schlimmer war: Dass offensichtlich keiner wirklich wusste, wie sie in ihre Zeit zurückkehren konnten.

Die ersten zehn Minuten dieses Treffens war noch relativ normal gewesen. Die aktualisierten Schadensberichte und Einschätzungen, wie lange die Reparaturen dauern würden. Man beschränkte sich zunächst darauf, die Probleme zu lösen, die man lösen konnte. Doch nachdem diese Punkte abgehandelt waren, konnte man das eigentliche Thema schließlich nicht mehr umgehen. – Nicht, dass Tuvok das versucht hätte. Das Problem würde sich in diesem Fall zwar vielleicht mit (Hilfe) der Zeit lösen, aber sicher nicht von selbst. Doch jetzt diskutierten sie schon seit fast einer halben Stunde und schienen noch keinen Schritt weiter gekommen zu sein.

Sie kannten auf Grund der Daten, die die Langstreckensensoren vor ihrem Ausfall geliefert hatten, die derzeitige Sternkonstellation und so sie sich auch wünschten es wäre anders, – jedenfalls wünschte sich Tom das; er bezweifelte, dass Tuvok darin irgendeinen Sinn gesehen hätte, denn gleichgültig was man sich wünschte, die Situation würde sich dadurch allein nicht ändern – so klar war es auch, dass eben jene Daten nur einen Schluss zuließen: Sie waren durch die Anomalie fast drei Jahrzehnte in die Zukunft gereist. – Ihre Zukunft, soweit sie das feststellen konnten. Tja, wenigstens befanden sie sich nicht noch in einem Paralleluniversum. Höchstwahrscheinlich jedenfalls.

Sonst hatte sich an ihrer Position glücklicherweise kaum etwas geändert. Sie befanden sich nun sogar näher an ihrem Ziel, dem Sonnensystem, in dem sie den Captain und den Commander zurückgelassen hatten, als zuvor. Statt fast einer Woche, waren sie jetzt nur noch knapp zwei Tage entfernt. – Doch leider nutzte ihnen das im Augenblick wenig. Denn wie man es auch drehte und wendete, sie waren offensichtlich in der falschen Zeit.

"Mr. Paris, so interessant eine Antwort auf diese Frage auch sein könnte, sie würde nichts an der aktuellen Situation ändern." Tuvok sah ihn beinahe erwartungsvoll an. "Ich darf Sie deshalb bitten, solche Kommentare in Zukunft für sich zu behalten und statt dessen einen konstruktiven Beitrag zur Lösung unseres Problems zu leisten." Tom wusste, dass es sich trotz der höflichen Formulierung keinesfalls um eine Bitte handelte. Vielmehr war das wohl die vulkanische Version von: Wenn du nichts zu sagen hast, dann halt die Klappe oder verschwinde. – Und das war die höfliche Interpretation. Doch nicht Tuvoks Ermahnung beunruhigte Tom, sondern seine Aufforderung, dass auch er sich an der Diskussion beteiligen sollte. Normalerweise hätte der Pilot einen Witz oder zumindest eine flapsige Bemerkung darüber gemacht, dass der Vulkanier sich ausgerechnet an ihn wandte, wenn er nicht weiter wusste, aber diesmal nicht. Tuvok stand der Situation offenbar genauso hilflos gegenüber wie sie alle. Und das erschien Tom nun wirklich beunruhigend.

"Ok, Tuvok, vermutlich hätte ich das für mich behalten sollen, aber im Moment fällt mir wirklich Nichts ein", gab er daher auch mit unerwartet ruhiger Stimme zu und meinte nach einem müden Blick in die Runde: "Und so wie's aussieht, bin ich nicht der Einzige. – Hören Sie, es ist doch wohl offensichtlich, dass uns im Moment einfach die Ideen ausgegangen sind. Es ist schon kurz vor sechs. Die meisten von uns hatten die Alpha- oder Beta-Schicht und haben jetzt die ganze Nacht durchgearbeitet. Also ich hätte zumindest gegen ein Frühstück nichts einzuwenden. Und eine kleine kreative Pause tut uns sicher allen gut. Außerdem würde ich vorschlagen, dass wir die Voyager erstmal in Sicherheit bringen und reparieren. Denn in dem Zustand, in dem wir jetzt gerade sind, schaffen wir es ohnehin kein zweites Mal durch die Anomalie." Dann wandte er sich an B'Elanna. "Wie lang wird das Ding noch da sein?"

Die Chefingenieurin warf ihm einen skeptischen Blick zu und antwortete schließlich zögernd. "Das lässt sich nicht genau sagen. Die Übergänge zwischen den verschiedenen Zeiten sind innerhalb der Anomalie nicht klar definiert. Es ist, als würden Raum und Zeit in ihr verschmelzen und nicht mehr als getrennte Größen existieren. Entsprechend sind auch ihre Übergänge in das normale Raum-Zeit-Kontinuum fließend. Auf Grund der uns zu Verfügung stehenden Daten, die wir während des Flugs durch die Anomalie gesammelt haben, können wir annehmen, dass sich ihr Ausgang in dieser Zeitlinie über einen Zeitraum von 14-17 Tagen erstreckt. Unter Berücksichtigung unserer Flugbahn und der Kräfte, die in der Anomalie herrschen, würde ich sagen, dass wir nicht allzu weit von ihrem temporalen Zentrum in dieser Zeitlinie entfernt sein können. Nach allem, was wir wissen, dürften wir also wahrscheinlich noch 7 oder 8 Tage haben, bevor sie verschwindet – oder eigentlich bevor wir verschwinden, also jenen Teil dieser Zeitlinie verlassen, den sie einnimmt. Um Genaueres zu sagen, fehlen uns im Moment noch die Daten."

"Also läuft uns das Ding nicht davon", fasste Tom in seiner typischen Art zusammen.

"Ja, könnte man so sagen", stimmte B'Elanna ihm nun sichtlich entnervt zu.

"Ok, dann warten wir doch einfach erstmal ab, bis wir Zugriff auf alle Daten haben und sie vollständig ausgewertet sind. Wenn uns weitere Informationen zur Verfügung stehen, dann finden wir auch eine Lösung. Bisher ist uns doch immer was eingefallen. Wir können uns ja in ein paar Stunden wieder treffen?" wandte sich Tom nun wieder an Tuvok, der bisher schweigend zugehört hatte.

"Aber wir können doch nicht einfach –", fing Harry zu protestieren an.

"Harry. Ich will doch genauso zurück in unsere Zeit. Aber im Moment scheint keinem von uns irgendwas Brauchbares einzufallen." Wie zur Bestätigung gähnte Neelix in diesem Moment. Entschuldigend blickte er zu Harry: "Tut mir leid, aber ich denke Tom hat recht."

"In der Tat", stimmte da auch Tuvok zu und fügte mit einer hochgezogenen Augenbraue hinzu, "Lieutenant Paris' Vorschlag entbehrt nicht einer gewissen Logik." Während Tom Tuvok angesichts dieses unerwarteten Lobes nur einen höchst verblüfften Blick zuwarf, versuchten Harry und B'Elanna, nun sichtlich amüsiert, ein Grinsen zu unterdrücken.

Von dieser Reaktion völlig unbeeindruckt, fuhr der Vulkanier fort: "Lieutenant Torres, die Reparatur des Warpantriebs hat oberste Priorität. Da wir vorläufig nicht mit einer schnellen Rückkehr in unsere Zeit rechnen können, sollten wir auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Ich muss wohl nicht betonen, dass unter Berücksichtigung unserer Situation, der Kontakt mit anderen Spezies unter allen Umständen vermieden werden sollte. Fähnrich Kim, versuchen Sie mit den zu Verfügung stehenden Mitteln so viel wie möglich über diese Anomalie in Erfahrung zu bringen und führen Sie die Auswertung der bisher gesammelten Daten fort. Lieutenant Paris, setzen Sie Kurs auf das nächste Sonnensystem und suchen Sie nach einem geeigneten Platz, um die Voyager zu reparieren. Und bitte denken Sie daran, wir wollen nicht entdeckt werden."

"Von niemandem? Was ist mit dem Captain und dem Commander? Ich meine, wenn das hier wirklich unsere Zukunft ist, dann könnten sie doch noch auf dem Planeten sein. – Vielleicht könnten sie uns ja helfen, wenn wir mit ihnen Kontakt aufnehmen?"

"Ein interessanter Vorschlag, aber zu diesem Zeitpunkt halte ich eine solche Maßnahme für verfrüht. Falls sich Captain Janeway und Commander Chakotay noch auf dem Planeten befinden, haben wir keinen Grund zu der Annahme, dass sie über eine Möglichkeit verfügen, uns zu helfen. Ebensowenig wissen wir, ob dies überhaupt in ihrem Interesse läge."

"Was wollen Sie damit sagen?" rutschte es B'Elanna sichtlich verärgert heraus. "Die beiden würden uns nie im Stich lassen."

"Nein, sicherlich nicht, Miss Torres. Aber 28 Jahre sind eine lange Zeit. – Wenn sie uns tatsächlich behilflich wären und wir dadurch in der Lage wären, erfolgreich in unsere Zeit zurückzukehren, dann würden wir damit ihre Zukunft zerstören. Ein Interessenkonflikt ihrerseits wäre also nicht unwahrscheinlich. Oder haben Sie vergessen, dass wir vor diesem Zwischenfall unterwegs waren, um den Captain und den Commander wieder an Bord zu holen?"

"Nein", erwiderte B'Elanna nun sichtlich betreten.

"Wenn das alles war? – Sie haben Ihre Befehle. Geben Sie der Frühschicht die nötigen Instruktionen und ruhen Sie sich dann in Ihren Quartieren aus. Wir werden uns um 14:00 wieder hier treffen – nach einer kleinen "kreativen Pause"", meinte der Vulkanier mit erhobener Augenbraue und Blick auf Tom Paris. "Wegtreten."

Damit begann die Versammlung sich langsam aufzulösen. Nur Tuvok blieb noch im Konferenzraum zurück. Beinahe nachdenklich sah er aus dem Fenster und zur Anomalie. In das vibrierende Grün und Blau hatte sich an diesem Ende noch gleißendes weißes Licht gemischt. Ein imposanter Anblick. Dennoch ertappte sich Tuvok einmal mehr bei dem Wunsch, wieder als taktischer Offizier und Sicherheitschef zu arbeiten und Captain Janeway diesen Platz zu überlassen.

Dann spürte er wie das Schiff wendete und sah, wie die Anomalie langsam aus seinem Blickfeld verschwand. Tom Paris hatte seinen Befehl offenbar ausgeführt. Die Voyager hatte wieder Kurs auf das Sonnensystem genommen, in dem sie ihre kommandierenden Offiziere vor sieben Wochen allein auf einem Planeten zurücklassen mussten. – Vor mehr als 28 Jahren, korrigierte sich Tuvok im Gedanken.

~~~

Wie fast jeden Tag wurde Kathryn auch heute von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die durch das große Fenster schienen und den Raum zu erhellen begannen. Sie liebte es am Morgen von ihrem Bett aus zu sehen, wie die Schatten der Nacht langsam durch das Licht, das den neuen Tagesanbruch verkündete, verdrängt wurden. Doch noch mehr liebte sie den freien Blick auf den Himmel. Besonders jetzt, an den ersten warmen Frühlingstagen, präsentierte er sich tagsüber in tiefblauer Unendlichkeit und nachts wie mit Brillanten besetzter, schwarzer Samt.

Der sternklare Nachthimmel hatte sie schon als Kind fasziniert. Sie erinnerte sich an laue Sommernächte in Indiana, in denen sie am Fenster ihres Zimmers saß und oft stundenlang die Sterne beobachtete. Wie sie davon träumte, eines Tages zu ihnen zu reisen. Ein Wunsch, so alt wie die Menschheit. Und doch lange Zeit für so viele unerfüllbar.

Vielleicht schien ihr ein Raum ohne Fenster deshalb so deprimierend. Er war nicht nur vollkommen abgeschlossen, sondern ohne künstliche Lichtquelle herrschte darin absolute Dunkelheit. Kathryn erinnerte sich mit Grauen an die Zeit, als sie noch ein Fähnrich war und ihr Quartier im Inneren des Schiffes lag. Obwohl sie eigentlich eine sehr private Person war, verbrachte sie bei dieser Mission einen erstaunlich großen Teil ihrer Freizeit in Gemeinschaftsräumen, weil sie von dort einen freien Blick auf die Sterne und die scheinbare Unendlichkeit des Alls hatte, die sie so liebte. Seit damals hatte Kathryn bei ihren Schlafzimmern immer darauf geachtet ein Fenster zu haben, von dem aus man den Himmel sehen konnte. Und so war dies auch eines der ersten Dinge gewesen, die Chakotay bei seinen Plänen für den Anbau dieses Zimmers berücksichtigt hatte.

Natürlich hatten sie ihre ursprüngliche Unterkunft im Laufe der Jahre noch erheblich weiter ausgebaut, nicht zuletzt weil sie einfach zu klein geworden war, aber mit diesem Raum hatte alles begonnen. Er war ihr erster wirklicher Anbau gewesen. Ihr gemeinsames Schlafzimmer.

So viele Erinnerungen waren hier.

Im ganzen Haus, eigentlich auf dem ganzen Planeten.

Abgesehen von ihrem Zuhause als Kind in Indiana hatte sie sich nirgends mehr so daheim gefühlt wie hier. Auf keinem Raumschiff, in keiner ihrer Wohnungen und bei niemandem, nicht einmal bei Mark, mit dem sie so viele Jahre zusammen war. Nein, New Earth war anders. Und das lag wohl hauptsächlich an Chakotay. Dank ihm hatte sie hier zum ersten Mal in ihrem Leben Wurzeln geschlagen. Hatte ein eigenes Heim geschaffen, ein Haus gebaut, eine Familie gegründet. Ein Leben aufgebaut...

Und sie wusste es zu schätzen. Seit 30 Jahren ist er immer an ihrer Seite gewesen, wenn sie ihn brauchte. Zuerst nur als Erster Offizier, dann auch als Freund und schließlich als so viel mehr. Er hatte mit ihr gelacht und geweint, sich mit ihr gestritten und sich wieder versöhnt. Er war für sie da. In guten wie in schlechten Tagen. Und sie ebenso für ihn.

Mit einem Lächeln auf den Lippen hob sie den Kopf und sah auf Chakotay hinunter, der noch friedlich schlief. Sein Brustkorb hob und senkte sich leicht als er leise schnarchte. Seine Haare waren grau geworden, nur hier und da noch ein paar schwarze Strähnen, er hatte Falten bekommen und war durch die tägliche körperliche Arbeit hagerer, wenn auch muskulöser geworden.

Er hatte sich verändert, war älter geworden. – Wie sie auch.

Und als sie ihn so ansah, war sie einmal mehr glücklich, dass es Chakotay gewesen war, mit dem sie hier strandete. Sie konnte sich nicht vorstellen, mit jemand anderem alt zu werden.

Mit diesem Gedanken senkte sie ihren Kopf wieder auf seine Brust und lauschte den ruhigen, regelmäßigen Schlägen seines Herzens und dem Geräusch seiner tiefen Atemzüge. Sie wusste nicht, wie lange sie so dalag, aber nach einiger Zeit merkte sie, wie sein Schnarchen verstummte und sein Herz schneller zu schlagen begann. Er wachte auf. Langsam schlang sich sein Arm um ihre Taille und drückte ihren schmalen Körper an seinen.

Wenn sie jetzt nicht aufstünde, würden sie ihr Bett diesen Vormittag kaum noch verlassen.

Nicht, dass das etwas Schlechtes gewesen wäre, und an jedem anderen Tag wäre Kathryn auch gerne dazu bereit gewesen, aber heute hatte sie noch eine Menge zu tun. Sie würde noch die Anpflanzungen in ihrem Garten beenden und dann Vorbereitungen für ihren kleinen Ausflug treffen müssen.

Gestern Nachmittag hatte Chakotay vorgeschlagen, ihrer kleinen Insel mal wieder einen Besuch abzustatten. Natürlich willigte sie nur zu gern ein und so würden sie Morgen aufbrechen und ein paar schöne Tage an ihrem Lieblingsstrand verbringen. Kathryn freute sich schon darauf. Aber eben deshalb musste sie jetzt aufstehen, ihre Gartenarbeit zu Ende bringen und die nötigen Sachen zusammenpacken.

Langsam erhob sie sich und blickte Chakotay in die Augen. Die Liebe, die sie in seinen warmen braunen Augen sah und auch die kaum versteckte Leidenschaft, die darin flackerte, ließen Kathryn ihre Pläne für den Tag beinahe vergessen. Sie brachte gerade noch ein heiseres "Guten Morgen" zu Stande.

"Morgen, Liebling", antwortete er, bevor er sie wieder an sich zog und küsste.

"Chakotay, ich habe heute noch eine Menge zu erledigen." Sie unternahm einen halbherzigen Versuch sich seinen Armen zu entziehen, aber das ließ er nicht zu. "Wirklich, Schatz! Ich hab noch einige Pläne für heute und – ", versuchte sie es noch einmal.

"Ich auch." Seine Augen glänzten fast schwarz als er sie unterbrach und küsste. "Ich denke, du kannst deine noch um eine Stunde verschieben." Zärtlich strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und sah ihr tief in die Augen, bevor er sie wieder küsste. "Oder zwei?" diesmal rollte er sie auf den Rücken, so dass sie unter ihm lag und begann mit sanften Küssen ihren Hals hinunter zu wandern. "Oder länger..."

~~~

B'Elanna stürzte durch den Korridor. Sie war spät dran. Nachdem Tuvok das Meeting beendet hatte, war sie mit Harry frühstücken gegangen und sie hatten beim Essen alles, was sie bisher über die Anomalie wussten, nochmal durchgesprochen. Danach war sie in ihr Quartier gegangen, hatte geduscht und versucht ein paar Stunden zu schlafen, aber schon gegen 11:00 zog es sie wieder zurück in den Maschinenraum.

Die Reparaturarbeiten gingen unter Careys Aufsicht zum grössten Teil planmäßig voran. Der Warpantrieb funktionierte wieder und auch sonst lief es relativ gut, wenn man mal von der Reparatur der vielen explodierten Konsolen absah. Da es ihnen aber wenigstens gelungen war, zumindest einen Teil der Konsolen über die sekundäre Energieversorgung wieder in Betrieb zu nehmen, standen B'Elanna endlich neue Daten über die Anomalie zur Verfügung. Und so vertiefte sich die Chefingenieurin, nachdem sie die aktualisierten Reparaturberichte gelesen und sich mit Harry über die neuesten Daten bezüglich der Anomalie ausgetauscht hatte, auch prompt wieder in diese Lektüre und merkte gar nicht, wie die Zeit verflog. Erst als ihr Kommunikator piepste und Tom sie an das Treffen erinnerte, warf sie einen Blick auf den Chronometer und stellte erschrocken fest, dass es höchste Zeit war.

Als sie den Konferenzraum erreichte, waren natürlich alle anderen schon da. Sie war die letzte. Wie schön. Und Tuvok hob mal wieder missbilligend eine Braue. Hatte der Kerl denn nichts anderes zu tun? Manchmal wünschte sich B'Elanna, er würde einfach mal ausrasten, wie jeder andere Mensch auch. Aber Tuvok war eben kein Mensch, sondern Vulkanier. Und deshalb sah er keinen Sinn darin, lautstark zu streiten. Ihre temperamentvolle klingonische Seite sah das anders, aber ihre menschliche Seite war nur ein wenig verlegen wegen ihrer Verspätung. Was wiederum ihre klingonische Seite nur noch mehr in Rage brachte.

"Entschuldigung", brachte sie deshalb nur zähneknirschend und ein wenig außer Atem hervor. Falls Tuvok ihren Ärger bemerkte, ließ er es sich nicht anmerken.

"Nachdem wir nun vollzählig sind, lassen Sie uns beginnen. – Lieutenant Paris, wie lange noch bis zu unserer Ankunft im nächsten Sonnensystem?"

"Mit dem Warpantrieb in voller Funktion noch etwa 40 Stunden. In Kommunikationsreichweite befinden wir uns in knapp vier Stunden. – Falls wir uns doch noch entschließen Kontakt aufzunehmen", fügte Tom hastig hinzu. "Der zweite Planet gehört, wie wir ja wissen auch zur M-Klasse. Ich werde uns so in den Orbit bringen, dass wir im Planetenschatten bleiben. Es ist zwar schwieriger unsere Vorräte bei Nacht aufzustocken und wir müssen wahrscheinlich Shuttles zur anderen Planetenseite aussenden, aber dafür ist es auf diese Weise auch schwieriger, uns zu entdecken. Besonders vom dritten Planeten aus."

"Gut, machen Sie wie geplant weiter." Damit wandte sich Tuvok von Tom ab und Neelix zu: "Mr. Neelix, überprüfen Sie die Lager und stellen Sie eine Liste mit allen benötigten Vorräten zusammen."

Der kleine Talaxianer nickte eifrig. "Selbstverständlich, Captain."

"Kes, wie ist die Lage auf der Krankenstation?"

"Der Doctor hat alle Verletzten behandelt und wieder entlassen. Bis auf Lieutenant Ayala werden alle ihren Dienst zum nächsten Schichtbeginn wieder aufnehmen können. Der Doctor ist besorgt wegen der Gehirnerschütterung des Lieutenants und hält ihn deshalb noch nicht wieder für diensttauglich."

"Und wann wird Mr. Ayala seinen Dienst voraussichtlich wieder aufnehmen können?"

"Wenn es keine unerwarteten Komplikationen gibt, sollte er Morgen zur Alpha-Schicht wieder zum Dienst erscheinen können", antwortete Kes mit der für sie typischen Ruhe.

"Danke, Kes. – Lieutenant Torres, wie gehen die Reparaturen voran?"

"Im Wesentlichen wie geplant. Der Warpantrieb ist seit vier Stunden wieder in Betrieb, die künstliche Schwerkraft auf den Decks 7 und 11 ist auch wieder hergestellt, nur beim Austauschen der Relais haben sich einige Probleme ergeben. Die Langstreckensensoren sind nur zu ungefähr 60% wieder einsatzfähig und ihre volle Kapazität werden sie erst wieder erreichen, wenn der Energiekreislauf der Voyager wieder reibungslos funktioniert. Die Gelpacks sind glücklicherweise in Ordnung, aber durch die Überladungen in so vielen Konsolen ist es unmöglich überall Überbrückungen zu installieren. In den kritischen Bereichen laufen die Konsolen deshalb vorläufig nur über die sekundäre Energieversorgung. Leider ist deren Kapazität begrenzt, was bedeutet, dass es noch eine Weile dauern wird, bis wir die übrigen Konsolen wieder in Betrieb nehmen können. Denn sobald wir eine Konsole repariert haben, gibt es eine Überladung in der nächsten. Wir müssen also für die Reparaturen die einzelnen Sektionen von den Energieverteilungsknoten abtrennen, damit die komplette Energiezufuhr für alle Konsolen in der Sektion unterbrochen ist. – Und das dauert." B'Elanna verzog den Mund. "Wahrscheinlich zwei oder drei Tage."

"Unsere Zeit hier ist sehr begrenzt. Ich autorisiere Sie deshalb alles nötige Personal auch aus anderen Bereichen abzuziehen, um die Reparaturen zu beschleunigen", erstaunt blickte die Chefingenieurin auf. Seit wann übertrug ihr der Vulkanier so viel Verantwortung? "Ja, Sir. Danke."

"Damit wären wir dann beim letzten Punkt unserer Tagesordnung und dem Hauptgrund für dieses Treffen angekommen. Mr. Kim, Ms. Torres, sind Sie in der Zwischenzeit zu neuen Erkenntnissen bezüglich des Phänomens gelangt, das für unser Hiersein verantwortlich ist?"

Nach einem kurzen Blick zu Harry begann die Chefingenieurin: "Ich fürchte, ja. Leider scheinen wir auf konventionellem Weg nicht zurückreisen zu können. – Um es kurz zu machen: Die Kräfte in der Anomalie sind einfach zu groß. Sie ist offenbar im Kollabieren begriffen, wodurch sich ihre Kräfte auf kleinerem Raum intensivieren. Ein Schiff von der Grösse der Voyager würde einfach zerrissen. Davon abgesehen, würde bei einer Rückreise ein nicht unerhebliches Risiko bestehen, dass wir in der falschen Zeit landen."

"Was schlagen Sie also vor?"

"Nach allem, was wir über diese Anomalie wissen, erstreckt sie sich über mehrere Zeitlinien. Wo exakt sie beginnt und endet konnten wir leider nicht bestimmen, aber es scheint sich um fließende Übergänge zwischen den verschiedenen Zeiten zu handeln. Und es sieht so aus, als gäbe es für jeden Punkt in der Vergangenheit auch einen in der Zukunft."

"Also doch Paralleluniversen?" warf Tom ein.

"Nein. Nicht, soweit ich das beurteilen kann. Sie gehören ursprünglich alle zu einer Zeitlinie. Wenn diese in verschiedene Versionen gesplittet wurde, dann erst in den letzen 28 Jahren. – Versuchen sie sich die Zeit als Linie vorzustellen. Theoretisch gibt es unendlich viele solcher Linien, wir nennen diese parallel verlaufenden Zeitlinien Paralleluniversen. Aber hier befinden wir uns immer noch in unserer Zeitlinie. Nur sind wir gewissermaßen linear nach Vorne gereist. Die Anomalie könnte man auf diese Weise einfach als unsere Abkürzung in der Zeit betrachten."

"Verstehe."

"Also, da sich die Anomalie über einen längeren Zeitraum geöffnet hat – nach den neuesten Daten und der Geschwindigkeit, mit der sie kollabiert zu urteilen etwa 15 Tage – müssten wir eigentlich nur einen Weg finden uns selbst eine Warnung zu schicken, bevor die Anomalie die Voyager "verschluckt". Dann geschieht diese Zukunft niemals."

"Und ich muss mir diesen Vortrag nie anhören?"

"Sie haben's erfasst, Paris."

"Und wie wollen wir uns nun diese Nachricht schicken?"

"Das ist eben das Problem," meldete sich Harry nun erstmals zu Wort. "Normale Radiowellen können die Anomalie ebensowenig verlassen, wie Materie, die eine bestimmte Masse überschreitet. Die normale Kapazität einer Sonde wird also nicht ausreichen, um uns eine Nachricht zu senden." Er wandte sich an Tuvok. "Lieutenant Torres und ich haben schon einige Möglichkeiten besprochen, die Sendeleistung zu steigern, aber wir müssten die Normalleistung zumindest verdoppeln und nach meinen Kalkulationen kommen wir mit den bisherigen Verbesserungen höchstens auf 25 –30%."

In diesem Moment piepte Tuvoks Kommunikator und die aufgeregte Stimme des diensthabenden Brückenoffiziers erklang. "Captain Tuvok, wir werden gerufen."

Augenblicklich begannen die Führungsoffiziere hinter Tuvok aus dem Konferenzraum zu strömen und ihre Positionen auf der Brücke einzunehmen. Von wem wurden sie gerufen? Der Captain und der Commander sollten die Voyager mit der ihnen überlassenen Ausrüstung nicht von ihrem Planeten aus entdecken können, wenn sie sich aus dieser Richtung näherten. Doch offensichtlich war ihre Ankunft nicht unbemerkt geblieben.


"Bericht, Lieutenant."

"Sir, wir empfangen eine Nachricht. – Nur audio. Es gelingt mir keine Peilung des Signals. Ich kann den Sender nicht lokalisieren."

Tuvok zögerte nur einen Augenblick, bevor der den Befehl gab: "Stellen Sie durch."

"New Earth an das unbekannte Schiff. Sie befinden sich in vidiianischem Raum. Identifizieren Sie sich." Ungläubige Stille herrschte auf der Brücke, als die ihnen wohl bekannte, weibliche Stimme verstummte.

Der erste, der sich schließlich wieder fing, war Tom Paris. "New Earth?" fragte er mit einem Grinsen, als er sich umdrehte.

~~~

"Sie antworten nicht. Ich hab' irgendwie ein komisches Gefühl, Chakotay."

"Vielleicht ist nur ihre Kommunikation ausgefallen. So was haben wir doch schon früher erlebt. Stell' den automatischen Ruf einfach auf Wiederholung und lass uns noch ein bisschen abwarten. Wenn sie in einer Stunde noch nicht geantwortet haben und immer noch in Richtung unseres Systems unterwegs sind, dann rufen wir Renan und er wird nötigenfalls ein Schiff herschicken."

"Ja, du hast natürlich Recht, Schatz." Ganz überzeugt war Kathryn noch nicht, aber Chakotay schaffte es immer irgendwie, sie zu beruhigen. Und auch jetzt fiel es ihm leicht, sie ein wenig abzulenken. "Komm, wir fangen schon mal damit an, für Morgen zu packen." Er ergriff ihre Hand, zog sie vom Computer weg in seine Arme und wollte sie gerade küssen, als ein blinkendes grünes Licht am Computer anzeigte, dass ihre Nachricht beantwortet wurde. Immer noch mit einem Arm um Kathryn berührte Chakotay mit seiner freien Hand die Schaltfläche, um den Ruf des fremden Schiffes entgegenzunehmen.

"Hier spricht Captain Tuvok vom Föderationsraumschiff Voyager. – Captain Janeway?" Mit einer schnellen Bewegung unterbrach Chakotay die Verbindung und wandte sich wieder seiner Frau zu, die auf einmal ganz blass geworden war.

"Oh mein Gott, das kann doch nicht sein." Fassungslos blickte Kathryn Janeway zu ihrem Ehemann. "Das kann doch nur ein Trick sein."

"Vielleicht. Vermutlich. Aber wenn wir nicht antworten, werden wir's nie rausfinden." Aufmunternd lächelte er sie an und drückte sanft ihre Hand. Worte waren unnötig als er sie still seines Beistands versicherte. Er würde auch diesmal an ihrer Seite sein. Wie immer.

Nach einer scheinbaren Ewigkeit tippte Kathryn die Schaltflächen und entschloss sich schließlich zu einer Übertragung mit Bild. Doch auf das was sie sah, war sie nicht vorbereitet. Das Gesicht ihres vulkanischen Freundes, die Brücke der Voyager – und waren das Harry, Neelix und Kes, die da standen?

Für einen Augenblick war Kathryn sprachlos. Abgesehen davon, dass Tuvok die Uniform eines Captains trug, sah alles so aus, wie sie es in Erinnerung hatte. Als wäre kein Tag vergangen. – Als wären sie keinen Tag gealtert! Aber das war unmöglich.

Schließlich antwortete sie: "Mein Name ist Kathryn Janeway. – Aber Sie können unmöglich Tuvok sein. Wer sind Sie wirklich und was wollen Sie hier?" Kathryn sah den Mann auf dem Bildschirm misstrauisch an. Er wirkte tatsächlich wie Tuvok. Wüsste sie nicht, dass seit ihrem letzten Treffen beinahe drei Jahrzehnte vergangen waren, hätte sie geschworen, dass er es war.

"Ich versichere Ihnen Captain, ich bin, wer ich vorgebe zu sein."

"Und warum sollten wir Ihnen das glauben? Woher wissen wir, dass Sie uns nicht anlügen?" fragte nun auch Chakotay misstrauisch.

"Welchen Grund sollte ich haben, Sie anzulügen, Commander?"

B'Elanna hatte sich inzwischen von ihrem Schock erholt und beschloss einzugreifen. Die beiden Personen auf dem Bildschirm mochten fast 30 Jahre älter sein, aber es bestand für sie keinerlei Zweifel daran, dass es sich tatsächlich um Kathryn Janeway und Chakotay handelte. Zwei der Personen, denen sie am meisten in ihrem Leben vertraute. Die Chefingenieurin verließ ihre Station und stellte sich neben Tuvok. "Komm schon, Chakotay. Ihr könntet uns genauso anlügen. Wir haben keinen Grund euch zu vertrauen und ihr habt keinen uns zu vertrauen. So kommen wir nicht weiter. Was erwartest du, soll ich dir ein paar Geschichten aus unserer Zeit beim Maqui erzählen? Ich bin sicher, da gibt's einige, die niemand außer uns beiden kennt. Und für Sie, Captain, und Tuvok gilt sicher dasselbe."

Chakotay sah die junge Halbklingonin nachdenklich an. Sie schien es ehrlich zu meinen und er wollte ihr glauben. Aber konnte das wirklich B'Elanna sein? "Wie kommen Sie hierher?" fragt er schließlich.

Nach einem kurzen Blick auf Tuvok antwortete die Chefingenieurin zögernd: "Nicht weit von hier gibt es eine Anomalie. Sie muss vor ungefähr einer Woche hier aufgetaucht sein. Allem Anschein nach – ..."

Weiter kam B'Elanna nicht, da plötzlich das piepsende Geräusch eines weiteren Rufs erklang und sie unterbrach. Kathryn reagierte zuerst. "Wir werden gerufen. Geben Sie uns ein paar Minuten, wir melden uns dann wieder bei Ihnen. New Earth Ende."

Nachdem sie einmal tief durchgeatmet hatte, um sich zu beruhigen, nahm Kathryn den zweiten Ruf entgegen. Der Bildschirm zeigte diesmal einen leicht ergrauten Vidiianer.

"Renan!"

"Hallo Kathryn, Chakotay!"

"Gibt es einen bestimmten Grund für deinen Anruf?"

"Warum? Störe ich euch gerade?" fragte Renan verschmitzt. "Ich habe tatsächlich einen Grund. In der Nähe eures Sonnensystems tauchte vor einigen Tagen eine ungewöhnliche Anomalie auf. Zuerst erreichten uns nur Gerüchte, aber gestern haben wir ein Schiff dort hingeschickt und jetzt habe ich die Bestätigung erhalten. Offenbar gibt es in ihrer Nähe eine hohe Konzentration an Chronotonpartikeln. – Zeitreisen nicht ausgeschlossen!" lachte er, verstummte dann aber als er die ernsten Gesichter der beiden Menschen sah. "Stimmt was nicht?" erkundigte er sich besorgt.

"Nein, ist schon in Ordnung, Renan." Sie wollten ihren Freund nicht unnötig beunruhigen, solange sie selbst nichts genaues wussten.

"Ok, ich wollte euch nur Bescheid sagen. Wir denken zwar nicht, dass irgendeine Gefahr von der Anomalie ausgeht, solange man genug Abstand einhält, aber ich dachte, ihr solltet es besser wissen."

"Danke für die Information, Renan. Wir wissen das zu schätzen."

"Gut, ich muss jetzt Schluss machen. Hab heute noch tausend Dinge zu erledigen. Also bis bald, Freunde. Delana-Station Ende."

"Sieht so aus, als hätten sie die Wahrheit gesagt." Chakotay wandte sich seiner Frau zu, die noch immer auf den inzwischen schwarzen Bildschirm starrte, als könnte sie das alles nicht glauben. "Liebling?" Erst jetzt hob sie den Blick und sah ihn an.

"Denkst du, sie sind durch die Anomalie aus der Vergangenheit hierher gereist?"

"Nun, das wäre zumindest eine Möglichkeit. Oder hast du eine andere Erklärung?"

"Nein. Aber ich habe immer noch ein komisches Gefühl. Ich meine, wenn das wirklich die Voyager ist..." Sie zuckte hilflos mit den Schultern. Chakotay konnte sie verstehen. So sehr sie das Schiff und seine Crew geliebt hatten, Kathryn und er hatten diesen Lebensabschnitt längst hinter sich gelassen und hier auf New Earth gemeinsam neu angefangen. Mit ihrer Zeit auf der Voyager verbanden sie nur noch Erinnerungen. Bis vor einer Stunde jedenfalls. Aber jetzt?

Sanft zog er sie an sich und für einige Minuten standen sie da und vergaßen den Rest des Universums um sich, das gerade damit begonnen hatte, ihren Frieden zu zerstören.

ENDE Teil 2

August 2002

FORTSETZUNG FOLGT