Der zweite Test
In Space – City erklang das harte Wecksignal, an das sich Wesley Crusher nicht gewöhnen konnte. Er stand auf, und obwohl er sich wie gerädert fühlte, hatte er es sehr eilig. Der Kadett duschte ausgiebig und zog sich die Uniform vom Tag des ersten Tests an. In die Hosentasche steckte er das Bild und das duftende Taschentuch.
Beim Frühstück traf er Angela, die so aussah wie er sich fühlte, aber er sprach sie nicht darauf an. "Das wird ein Abschied auf Raten." Wesley versuchte witzig zu sein.
"Du hast recht, denn ich habe von Commodore Bartsch den Befehl erhalten, Dich zum Labor 3 zu begleiten." Es klang alles andere als begeistert.
"Was fürchtest Du?" fragte Wesley nach. Das Frühstück war genau wie die anderen Speisen das Einzige, was ihn an zuhause erinnerte.
"Einen langen, qualvollen Abschied, Dein Verschwinden und eine unangenehme Begegnung mit dem hiesigen Wesley Crusher." Angela hatte es geschafft, alle Sorgen in einem Satz unterzubringen. Wesley nickte anerkennend und ließ sie weiterreden. "Dein Doppelgänger ist vermutlich genauso bescheuert wie der Rest der Klasse."
"Kann sein. Komm, wir genießen die gemeinsame Zeit," schlug Wesley vor. So beeilten sich beide mit dem Essen und verließen das Gebäude. Da sie viel Zeit hatten, nahmen sie einen besonders langen Weg zum Labor 3. Jetzt, am frühen Morgen, war alles friedlich. Die rot aufgehende Sonne beleuchtete den Tau auf den Pflanzen. Alles wirkte dadurch leicht verschwommen, fast wie in einem Traum.
Im Labor 3 wartete schon die Gruppe zusammen mit Dr. Josephs und Commodore Bartsch. "Na, Sie beide sehen so aus, als wäre Schlaf letzte Nacht Mangelware gewesen." begrüßte sie der Vorgesetzte.
"Ist das ein Wunder?" regte sich Angela ohne Vorwarnung auf.
"Immer mit der Ruhe," mischte sich der Arzt ein.
"Wenn alles gut geht, ist Kadett Crusher innerhalb der nächsten 10 Minuten wieder zuhause." Der Projektleiter wirkte zuversichtlich.
"Was ist, wenn mir der hiesige Typ nicht gefällt? maulte Angela.
"Sie sitzen mit ihm nur in einer Klasse und sollen ihn ja nicht heiraten," antwortete der Commodore. "Ihre Projektzeit endet ohnehin in drei Wochen. Danach sind Sie nicht mehr hier auf der Akademie."
Der Satz schien Angela zu beruhigen. Schon kam von Commander Green die Aufforderung, die letzte Computersequenz zu starten. " Gleich," sagte der junge Mann. Er ging zu Angela und nahm sie fest in die Arme. Dabei gab er ihr den längsten Kuß ihrer Freundschaft. Das war zwar nicht vorschriftsmäßig, trotzdem mischte sich keiner der Ranghöheren ein.
Nach einer ganzen Weile ließ der Kadett seine Freundin los und ging in den angrenzenden Raum.
Das Labor 3 bestand aus zwei Teilen. Im Hauptraum mit den wichtigsten Computern hielten sich nur Commander Green und Wesley Crusher auf. Im Vorraum waren die restlichen Personen und die Überwachungscomputer. Zielstrebig setzte sich der Kadett an die Kontrollen: die Endphase begann. Nach 3 Sekunden gab es einen Blitz von 1 Sekunde. Der ganze Platz war in ein so helles Licht getaucht, daß alle die Augen schlossen. Die Computer aber zeichneten alles auf.
Als der Spuk vorbei war, saß ein völlig erschöpfter Mann auf dem Stuhl. Langsam drehte er sich um. Sein Gesichtsausdruck war fragend. "Wo bin ich?"
Die meisten Beobachter erschraken leicht. Dieser Mann war total anders als der, der diesen Platz gerade "verlassen" hatte. Ein Dreitagebart zierte sein Gesicht und seine Bewegungen waren eher aggressiv als diszipliniert. Selbstgefällig ging er nach nebenan und begrüßte die Anwesenden mit einem "Ich hoffe, ich bin wieder zuhause. Die andere Realität war fürchterlich." Er schaute sich um und sah alte Bekannte, die weder ihn noch sein Benehmen kritisierten. Erst beim zweiten Rundblick sah er die Frau, die für eine Kadettenuniform zu alt war. Der junge Mann sah sie provozierend an. "Oh, eine Neue. Du gefällst mir. Die Projektleitung sucht die Leute anscheinend nach dem Aussehen aus. Gefällt mir. Wir sollten uns mal unterhalten"
Angela schaute ihn ungläubig an und wurde kreidebleich. Mit diesem Wesley wollte sie nichts zu tun haben. So verließ sie das Labor, um sich sofort mit ihrem eigentlichen Chef, Admiral Hansen, in Verbindung zu setzen. Auf der Akademie wollte sie auf keinen Fall bleiben.
Wieder zuhause
Wesley Crusher saß an den Kontrollen. Als der junge Mann das letzte Feld berührte, sah er nichts mehr und schien dabei zwischen Raum und Zeit zu schweben. Es war ähnlich wie beim Beamen, nur schien dieser Zustand länger anzuhalten. Nachdem das Leuchten nachgelassen hatte, öffnete er vorsichtig die Augen. Er saß im Labor, war nun aber allein. Plötzlich ging hinter ihm eine Tür auf und vertraute Personen betraten den Raum: Dr. Josephs, Commander Green und eine freundlich lächelnde Admiral Brent. Sie ging auf ihn zu und begrüßte den jungen Mann – nicht unbedingt nach Vorschrift – per Handschlag.
"Ich hoffe, Sie sind der Richtige." Die weißhaarige Frau musterte den vorschriftsmäßig gekleideten Kadetten kritisch. "Ich denke schon. Willkommen daheim, Mr. Crusher. Ihr Doppelgänger war leider eine sehr unangenehme Erscheinung." Wesley lächelte vorsichtig. Das klang recht vertraut.. Gleichzeitig fiel ihm etwas ein. Hektisch faßte er in beide Hosentaschen, als ob der Zeitfaktor noch von Bedeutung wäre. Seine Ahnung hatte sich als richtig erwiesen: Das Bild war verschwunden, aber in der rechten Hand hielt er das Taschentuch. Zögernd hielt er es an die Nase. Gottseidank war nicht alles verschwunden. Er nahm ein paar tiefe Atemzüge, die ihn auf wehmütige Gedanken brachten, bis er sich daran erinnerte, wo er sich befand. Admiral Brent berührte ihn vorsichtig am Arm. "Ist alles in Ordnung, Mr Crusher?" fragte sie fürsorglich.
"Ja, dieser Duft erinnert mich nur an jemanden," lautete seine kurze Antwort. Vom Taschentuch ging ein weiblicher Parfümduft aus: dezent, doch stark genug, daß ihn die Umstehenden wahrnehmen konnten. Keiner der Personen sagte etwas dazu - sie waren sicher, daß der junge Mann ihnen zu gegebener Zeit von seinen Sorgen erzählen würde.
"Kadett, Sie gehen jetzt mit Dr. Josephs und lassen sich gründlich untersuchen. Auch eine Phasenanalyse soll durchgeführt werden. Wenn alles in Ordnung ist, treten Sie morgen früh Ihren Dienst wieder an. Wegtreten!"
"Ja, Sir!" lautete die kurze Antwort.
Wie alle es erwarteten, waren die medizinischen Werte in Ordnung. Nach einem kurzen Aufenthalt in seinem Quartier, das er leer vorfand, ging er in den Speisesaal.
Dort trafen so nach und nach die anderen ein. Wesley war überglücklich, als er Joshua erblickte. Spontan stand er auf und begrüßte seinen Freund, der nicht wußte wie ihm geschah, mit einer langen Umarmung. Joshua war das peinlich und so schob er seinen Klassenkameraden zielstrebig von sich. Dann sah er Wesley fragend an. Die Umstehenden fanden die Situation auch etwas merkwürdig und verfolgten neugierig das Geschehen.
Wesley schien die Gedanken seines Freundes zu erraten. "Man, bin ich froh, Dich wiederzusehen." Diese Begrüßung erschien dem jungen Mann genauso rätselhaft, wie das Verhalten seines Freundes in letzter Zeit.
Joshua holte tief Luft. "Bist Du sicher, daß Du hier richtig bist?" Wesley sah sich um. Keiner der Umstehenden machte anzügliche Bemerkungen, sondern alle warteten auf den nächsten Satz. 'Ja,' dachte Wesley, 'so kenne und liebe ich die Akademie.' Er nickte nur kräftig.
"Erzähle mir bitte, was hier in letzter Zeit passiert ist," forderte Wesley seinen Freund zu einem Bericht auf.
"Nicht viel," begann Joshua vorsichtig. Die anderen Kadetten hatten sich einen Platz in der Nähe gesucht, um den Dialog verfolgen zu können. "Marc Powell wurde wegen des Vorfalls mit Theresa der Akademie verwiesen. Captain Behrens hat ihn, soweit ich weiß, wegen Körperverletzung angezeigt. Das zivile Verfahren läuft noch. Theresa kommt trotzdem nicht zurück." Der junge Mann machte eine Pause und trank einen großen Schluck Tee. "Sie hat Dir einen Brief geschrieben. Captain Sotek gab ihn mir gestern. Ich hielt es nicht für angebracht, ihn Deinem Doppelgänger auszuhändigen."
Die Kadetten beendeten die Mahlzeit und gingen zurück zum Quartier. Joshua erzählte derweil weiter.
"Mir fiel sofort auf, daß etwas schiefgelaufen war. Der Typ hat sich mehr als daneben benommen. Ich glaube, alle sind froh, daß er wieder weg ist."
Im Zimmer reichte er Wesley das Pad. Dieser fing an, den Inhalt zu lesen. Plötzlich verlor sich sein Blick in der Ferne. Er hatte eine Idee. Wesley setzte sich an den Computer und gab ein paar Daten ein. Das Ergebnis deckte sich nicht mit seinen Wünschen. Für Theresa gab es keinen Ersatz. Eine Person, auf die die Beschreibung von Angela paßte, schien es hier nicht zu geben. Also blieben ihm nur die Erinnerungen an die Erlebnisse in der anderen Realität.
Als Joshua die Bemühungen seines Freundes sah, wurde er neugierig. "Wie ist es Dir eigentlich ergangen? Wo warst Du? Oder sollte ich besser fragen, wann?"
Wesley schaute seinen Freund intensiv an. "Die zeitliche Differenz betrug 2 Tage. Der Ort lag am Mississippi. Was ich erlebt habe, reicht mir für die nächste Zeit. Das muß sich hier nicht wiederholen."
Joshua gab es auf. Sein Freund würde ihm im Moment nicht mehr erzählen Er wandte sich den Hausaufgaben zu.
Déjà Vu
Am nächsten Morgen trafen sich die beiden Kadetten mit dem Rest des Nova – Geschwaders. Die Besprechung dauerte nur kurz, danach beorderte der Fluglehrer die Gruppe ins Holodeck 3 zum Üben. Der spezielle Teil des Fluges wurde dreimal wiederholt. Der vorgesetzte Offizier entschied, daß die Kadetten am nächsten Morgen zum realen Trainingsflug antreten sollten. Wesley war sichtlich erleichtert: eine Parallele schien sich nicht anzubahnen. Das Geschwader sollte für die Abschlußfeier einen Beitrag leisten, aber der Schwierigkeitsgrad des im Holodeck Geübten war nicht besonders hoch.
Joshua versuchte noch einmal seinen Freund aus der Reserve zu locken. "Du scheinst Dich zu langweilen. Mußtet ihr etwas anderes vorführen?"
Wesley überlegt nicht lange. "Nein," lautete die kurze Antwort. Wenn er an den Flugbefehl dachte, war das nicht einmal gelogen. Damit war für die beiden das Thema erledigt.
In der Zeit, die für die Erledigung der Hausaufgaben gedacht war, rief Nicholas Locano sein Team zu einer Besprechung in sein Quartier.
Als die vier Mitstreiter vollzählig anwesend waren, erhob er sich aus dem Sessel. "Ich habe mir etwas überlegt." Seine Stimme klang selbstbewußt." Das Flugmanöver von heute morgen ist zwar nicht schlecht, aber ich habe gestern noch etwas Besseres gefunden. Das zu fliegen ist eine echte Herausforderung."
Die beiden Frauen und Joshua waren neugierig geworden, während Wesleys Gesicht weiß wurde und er keinen Ton heraus bekam. Seine Erinnerungen wurden schlagartig geweckt.
Nicholas startete die Wiedergabe. Auf dem Bildschirm wurde das von Wesley befürchtete Manöver sichtbar. Die beiden Frauen waren wie ihr Geschwaderführer Feuer und Flamme, Joshua hatte Bedenken. "Nic, das Manöver ist zu gefährlich. Das schaffen wir niemals. Schon gar nicht ohne Simulatortraining."
Nicholas setzte eine Verschwörermine auf. " Was denkst Du, Wesley?"
Der Angesprochene schreckte hoch. "Du weißt, daß es verboten wurde, nachdem alle Kadetten bei einem Trainingsflug ums Leben kamen."
"Klar weiß ich das," trumpfte der Kadett auf. "aber die waren nicht das Nova– Geschwader. Wir sind die Besten. Vergiß das nicht,"
Jetzt mischte sich die blonde Bajoranerin ein. " Wenn wir es nicht schaffen, wer dann?"
"Keiner. Es gibt Dinge, die funktionieren nur am Computer."
Nicholas mischte sich ein. "Ich will keinen Streit. Ab 18 Uhr haben wir Holodeck 2. Ich habe das Programm. Wir können es zum Trainieren nutzen. Wo liegt das Problem? Wir können mehrmals üben. Wenn wir es nicht schaffen, fliegen wir eben das Originalprogramm."
Mit seinen Worten und dem optimistischen Tonfall brachte er alle auf seine Seite. Sicher waren sie die Besten und Feiglinge waren sie auch nicht. Alle stimmten zu, auch wenn sich Wesley sich damit etwas zurückhielt. Nicholas bemerkte das Zögern des besten Einzelfliegers: " Daß Du zögerst, wundert mich. Auf der Enterprise hast Du bestimmt einiges erlebt, was gefährlicher war." Er sah Wesley fest in die Augen. "Jetzt tu nicht so, als würde sich Captain Picard immer 100%ig an die Vorschriften halten."
‚Verdammt,' dachte der flugerfahrene Kadett. 'So ganz unrecht hat er nicht. Ab und gab es Geschichten, wo er die Befehle sehr großzügig ausgelegt hat. Aber er hat nie das Schiff oder die Mannschaft unnötig gefährdet. Die Crew hatte immer Erfolg . Ab und zu mußte der Captain seine Handlungsweise vor einem Admiral rechtfertigen, aber großen Ärger gab es nie. Vielleicht sind wir beim Simulatortraining nicht so gut, und Nic gibt seinen verrückten Plan auf.' Sollte es doch nach Nics Wünschen gehen, so hoffte Wesley, daß seine Anwesenheit das Desaster verhindern würde. Der hiesige Ersatzmann Paul war jetzt nicht anwesend. Das hieß, daß Nic unbedingt in dieser Besetzung fliegen wollte. Paul war zwar gut, aber manchmal vorlaut, deshalb war er auch nicht erste Wahl. Nic vertraute ihm nicht vollständig..
Nachdem Wesley Crusher alles durchdacht hatte, stimmte er zu.
"Okay, laß uns üben." Energisch stand er auf. Der Geschwaderführer ließ seinem größten Kritiker den Vortritt. Alle anderen folgten. Wie eine Verschwörergruppe arbeiteten sie schweigend. Nicholas hatte es geschafft, das Programm in den Computer zu überspielen, ohne daß der Sicherheitsalarm ausgelöst wurde.
Die Kadetten bestiegen ihre holografischen Raumschiffe. 'Bleib ganz ruhig," mahnte sich Wesley. ‚"es ist ja nur ein Spiel."' Danach hatte ihn die Realität fest im Griff, denn das Holoprogramm war perfekt. Er sah den Weltraum und war von diesem Anblick genauso ergriffen wie in der Vergangenheit. Die Erde sah er von oben, dann ging es vorbei an Mars und Jupiter. Als der Saturn mit seinen Ringen sichtbar wurde, machte sich tiefe Ruhe in ihm breit. Das schwierige Manöver klappte einwandfrei. Das brennende Plasma sah in der Dunkelheit des Alls wunderschön, fast perfekt, aus. Während dieser Flugsequenz blieb keine Zeit zum Nachdenken. Da mußte jeder Handgriff sitzen. 2 Minuten nach dem Höhepunkt endete das Programm. Die Gruppe traf sich am Eingang, wo Nicholas noch eine Änderung eingab. Die beiden Mädchen wirkten sehr angespannt. Joshua war nervös. Er war von Nic gleich nach dem Ende angeschnauzt worden: "Junge, Du mußt Abstand halten. Beinahe wärst Du mit Sito zusammengeprallt."
Josh nickte nur. Ihm war der Fehler sofort aufgefallen und daher hatte er die Flugbahn noch etwas korrigieren können.
"So, Leute, weiter geht es" trieb der Geschwaderführer seine Freunde an. Er wußte genau, daß zuviel Grübeln die Leistungsfähigkeit herabsetzte. Von den anderen kam kein Widerspruch. Das Szenario begann von vorn. Wesley wurde unsicher, weil er auf der anderen Seite von Josh flog. Wenn dieser seine Maschine in die andere Richtung übersteuerte, bedeutete das für ihn eine Katastrophe. Wieder kam der Hauptteil schneller als ihm lieb war. Für die Schönheit des Manövers konnte Wesley sich diesmal nicht begeistern. Dennoch verlief alles ohne Zwischenfälle.
"Ihr wart große Klasse," lobte ein strahlender Nic die anderen, von denen keiner ein Wort sagte. In ihren Gesichtern spiegelte sich Zufriedenheit.
"Kommt, aller guten Dinge sind drei," trieb Nic seine Mitflieger an. In seiner Stimme gab es nicht die Spur eines Zweifels. Das vermittelte zusätzlich Sicherheit. Auch für Wesley gab es nur noch die Pseudo- Realität und seine innere Ruhe. Keine Zweifel, keine Fragen drangen aus seinem Unterbewußtsein an die Oberfläche. Alles hatte er bestens abgeschirmt. Der schwierige Punkt des Manövers kam abermals schneller als erwartet. Hatte Nicholas die Einstellung erneut verändert? Ein Blick auf die Zeitanzeige bestätigte diese Vermutung nicht. ‚Verdammt Wes, Du hast geträumt.' Mit schnellen Bewegungen nahm er die nötigen Veränderungen vor. "Gut," lobte er sich selbst. "Du hattest genug Platz nach allen Seiten."
Nach dem Training gingen die Kadetten zurück in ihre Quartiere. "So möchte ich morgen unseren Flug erleben. Ihr habt es gesehen: das Ganze ist ein Kinderspiel!"
Jeder stimmte ihm zu. Wesley und Josh gingen zu ihrem gemeinsamen Quartier. "Ich hatte schon meine Zweifel, aber wenn man übt, ist alles halb so schlimm." Josh war leicht euphorisch. " Was ist aber, wenn es morgen zum Beispiel leichte Strömungen gibt oder andere Raumschiffe unserem Übungsgebiet zu nahe kommen? Wenn das jemand mitbekommt, können wir uns einen neuen Beruf aussuchen, dann fliegen wir von der Akademie." Josh winkte nur ab. Wesley sah ein, daß er seinen Freund nicht umstimmen konnte. Bei ihm selbst wurden wieder die Erinnerungen an Space - City wach. So legte er sich nur schweigend ins Bett und hoffte, daß sein Gewissen ihn schlafen ließ.
Die Katastrophe
Pünktlich schreckte das Wecksignal die beiden Kadetten aus dem Schlaf. Wesley Crusher hatte die Nacht gut überstanden und war tatsächlich ausgeschlafen. In diesem Zustand meldete sich aber sein Gewissen, und die Zweifel kehrten zurück. Er versuchte trotzdem ruhig zu wirken. Das Einzige, was ihn im Moment beruhigte, war das Taschentuch in seiner Hosentasche. Der Duft war für ihn noch immer so stark, daß er eine Flut von Gefühlen auslöste. Der junge Mann versuchte sich darauf zu konzentrieren, so daß nur die Sehnsucht nach Angela sein Denken beherrschte. Das war einfacher, als sich seinem Gewissen zu stellen und trotzdem ruhig zu bleiben.
Beim Frühstück war er froh, daß keiner mit ihm reden wollte. Das ganze Geschwader war in Gedanken versunken. Sito schien fast in einer Art Trance zu sein und betete bajoranische Texte herunter. Josh war schweigsam. Nur die anderen beiden taten so, als wäre alles normal und unterhielten sich über die neueste Entwicklung der Steuerkonsolen.
Um 7 Uhr 30 brach die Gruppe auf, weil der Start für 8 Uhr vorgesehen war. Die wendigen, perfekt gewarteten Raumschiffe warteten im Hangar auf ihre Piloten. Die Mitglieder der Gruppe sprachen nicht miteinander, aus Angst, sie könnten sich durch ein falsches Wort noch in letzter Minute verraten.
Wesley bestieg seine Maschine, wie er es am Tag zuvor auf dem Holodeck getan hatte, und bediente die Steuerkonsole. Sie bekamen die Starterlaubnis genau um 8 Uhr. Die Maschinen lösten sich in der üblichen Reihenfolge vom Boden. Schnell ließ das Geschwader die Erde hinter sich. Aufgrund der aktuellen Planetenkonstelation war Jupiter das nächste Ziel. Erst jetzt verfiel Kadett Crusher wieder ins Grübeln. Seine Handflächen wurden feucht. Noch hatte der junge Mann Zeit. Er nahm das Taschentuch aus der Hose und hoffte, daß der Duft ihn beruhigen würde.. Es klappte tatsächlich. Noch 3 Minuten bis zum kritischen Zeitpunkt. Der Geschwaderführer fragte nach dem Status der Piloten und Maschinen. Von allen kam ein sicheres "Okay".
Jetzt begann der nicht genehmigte Teil des Fluges.
Kadett Crusher zündete die Triebwerke und sah gleich darauf in seiner Nähe eine Explosion, die dort nicht hingehörte.
"Verdammt, wir sind doch gescheitert. Verzeih mir, Angela." Das waren seine letzten Gedanken, bevor er den Notfalltransporter bediente. Danach fiel er in tiefe Bewußtlosigkeit.
