Disclaimer.  Das Übliche. Siehe vorherige Kapitel !

„Den Wunsch nach andrem Leben

 träumt sie schon lange Zeit,

 doch Gottes Werk zu ändern ist

 ist keine Kleinigkeit !

 Oh Hex´ besinn dich deiner Macht,

 Schönheit´s Kraft des Tages,

 Deine ist die Nacht !"

                        (Die Streuner)

Kapitel 5

Er hatte nicht damit gerechnet, aber der Abend wurde doch noch recht angenehm. Norgaks Schiss vor ihm schien seine bisher eher kläglichen Jagdkünste regelrecht beflügelt zu haben, denn er kehrte mit zwei fetten Kaninchen und einem plumpen dicken Vogel, wohl eine Art Waldhuhn zurück. Es war zwar nicht so reichlich, wie  Mauhur es sich gewünscht hätte, aber ihr ärgster Hunger wurde endlich gestillt. Er nagte den letzten schmackhaften Knochen ab und lehnte sich zurück.

Norgak beäugte ihn zaghaft und versuchte seine Laune zu erkunden. Er scharrte mit den Füßen, spielte nervös mit seinen Essensresten und bot ganz allgemein einen belustigenden Anblick. Mauhur hätte ihn liebend gern noch ein Weilchen zappeln lassen, entschloss sich aber, ihn von seinem Elend zu erlösen.

„Sobald es dunkel wird, brechen wir unser Lager ab und schauen uns den See mal ein bisschen näher an. Wenn mich meine Sinne nicht völlig täuschen, muss es hier irgendwo Leute geben. Und die werden wir finden!"

Ich war unruhig, aber warum war mir ein absolutes Rätsel.

Neben mir planschte Licia ausgelassen im angenehm warmen Wasser unseres Weihers und schien völlig unbekümmert.

Plötzlich bedauerte ich es ungemein so völlig unbewaffnet außer Haus gegangen zu sein, schließlich konnte man nie so ganz genau wissen, was genau sich in diesem Wald herumtrieb! Und dann fiel mir auf, dass wir schon ein gutes Stück von der Stelle entfernt waren, wo wir unsere Kleidung abgelegt hatten. Ich unterdrückte einen farbenprächtigen Fluch, der meine Tante die Schamesröte ins Gesicht getrieben und mir die uneingeschränkte Bewunderung der Säuerlichen Sonya eingebracht hätte und schwamm zu Licia hinüber.

„Sag mal Schwester (die allgemeine Anrede unter Hexen), kommt dir nichts merkwürdig vor?"

„Was sollte merkwürdig sein ´Sharra, es ist eine so wunderschöne klare Nacht. Sieh nur, die Sterne!"

Meine schöne Cousine lachte und versuchte, mich unterzutauchen, ein Unterfangen das angesichts der offensichtlichen Unterschiede unsere Größe und Statur relativ sinnlos war. Ich packte sie am Arm.

„Bitte Licia, laß uns zurückschwimmen! Es wird spät, ich bin müde und außerdem schon ganz aufgeweicht!" Ich zermarterte mir das Hirn nach weiteren Ausreden, um schnellst möglich aus dem Wasser rauszukommen, ohne als Spielverderber dazustehen.

„Sharra, so kenn ich dich ja gar nicht, was ist? Hast du Angst, irgendein heimlicher Verehrer könnte dir gefolgt sein,um dir die Kleider zu klauen?"

„Das ist nicht nett, dass weißt du, also sag so was nicht! Wer könnte sich schon für einen Klotz wie mich erwärmen?"

„Schwesterchen, du bist kein Klotz, glaub es mir! Ich würde einiges dafür geben, nicht mehr die kleine, halbe Portion zu sein, dich ich bin! Guck dir meine Arme und Beine an, wo bei dir Muskeln sind, ist bei mir bloß Wackelpudding!" Licia war über diesem Argument wieder ernst geworden.

„Wäre ich nicht zufällig eine Hexe, ich täte mich gar nicht mehr aus dem Haus trauen, so hilflos, wie ich bin! Aber du bist stark und brauchst dich vor Niemandem zu fürchten, also hör auf zu jammern! Und glaub meiner säuerlichen Schwester bloß kein Wort, an dir sind viel zu viele Rundungen, als dass dich Irgendjemand für einen Mann halten könnte, also wirklich!"

Malicia gab mir eine knochenbrechende Umarmung, die ihre angebliche Kraftlosigkeit Lügen strafte und sah mich an.

„Also weswegen wolltest du aus dem Wasser?"

Ich kam nicht mehr dazu ihr zu antworten, denn in diesem Augenblick hörten wir genau hinter unseren Rücken einen Zweig knacken und einen mühsam unterdrückten Fluch.

Malicia und ich erstarrten.

Mauhur spitzte die Ohren.

Hatte er da nicht gerade etwas gehört? Ja genau, das Plätschern von aufgewühlten Wasser und wenn er nicht schon total verkalkt war, Stimmen und Gelächter.

Sie waren auf der richtigen Fährte. Der See konnte jetzt nicht mehr weit entfernt sein, sie kamen um eine Biegung und schon konnte er ein Glitzern zwischen den Zweigen entdecken. Im Stillen dankte er den Göttern dafür,dass es ihnen die tiefhängenden Trauerweiden ermöglichen würden, sich unbemerkt zu nähern, um diese seltsamen Leute in Ruhe aus der Nähe beobachten zu können.

Es waren Zwei, dass konnte man jetzt schon erkennen, aber um mehr sehen zu können, mussten sie näher ran. Mauhur robbte auf dem Bauch unter einem Gebüsch hinüber bis zu einem großen Stein. Norgak folgte ihm in geringen Abstand und als sie schon fast mit den Nasen am Wasser waren, wagte Mauhur es erst, die Zweige auseinander zuschieben, die ihm den Blick versperrten.

Er wäre wohl ins Wasser gefallen, hätte Norgak ihn nicht in allerletzter Sekunde zurückgezogen.

Keine zwanzig Meter von ihm entfernt schwamm ein Engel im Wasser!

Etwas Lieblicheres hatte er noch nicht gesehen! Haare, schwarz wie Saurons Seele, schwebten wie ein feiner Teppich auf dem Wasser, Wasserperlen glitzerten auf eisenfarbener, unendlich samtig erscheinender makelloser Haut. Der milchige See enthüllte breite, starke Schultern und einen wohlgeformten, äußerst verlockenden Brustansatz. Bei dem Gedanken, was sich unter der Wasseroberfläche noch für Königlichkeiten verbergen mochten, wurde ihm schummrig.

Zum ersten Mal, zum allerersten Mal in seinem Leben, fühlte Mauhur den unwiderstehlichen Drang, ein Bad zu nehmen!!

Wie in einem Traum bewegte er sich Richtung Wasser.

Und zerdrückte dabei einen Ast.

Norgak fluchte.

Sein Engel drehte sich nach ihm um. Große, tief violette katzenhafte Augen blickten direkt in seine, volle dunkle Lippen öffneten sich und entblößten ebenmäßige, spitze Fangzähne, die Mauhur wohlige Schauer über den Rücken jagten.

Dann gab es einen Knall und eine Wasserfontäne und sein Engel samt Begleitung war verschwunden.  

Lasst mich eins klarstellen.

Es ist nicht schön, beim Baden erwischt zu werden.

Erst recht nicht wenn es Nacht ist.

Und man nackt badet.

Aber wenn man

Nachts

Beim Baden im unbekleideten Zustand

Von ORKS erwischt wird

Und sich die Kleidung am anderen Ufer befindet

Und man keinen blassen Schimmer hat, was zu tun ist

Dann ist das ein absoluter Albtraum!

Diese und ähnliche Gedanken zogen durch mein recht durchnebeltes, weil total überfordertes Hirn, als ich hilfesuchend zu Licia blickte. Licia ihrerseits versuchte gerade ein hysterisches Kichern zu unterdrücken, was ihr nicht so recht gelang. Sie kam allerdings recht schnell wieder in irdische Gefilde zurück.

„Was tun wir jetzt?"

„Woher soll ich das wissen, du bist der Zauberspruchexperte!"

„Mein Kopf ist wie leer geblasen!"

„Ist mir egal, lass dir endlich was einfallen!"

Wir entschieden uns dann schließlich für einen Flutzauber um die Spanner zu ersäufen und einen Unsichtbarkeitszauber, um unbemerkt zu fliehen. In der Theorie hörte sich das wirklich gut an und ausnahmsweise klappte es auch in der Praxis.

Nass, nackt und außer Atem kollabierten wir schließlich in meiner Kammer, schon fast euphorisch, weil wir die beiden mit den gelben Katzenaugen so wunderbar ausmanövriert hatten.

Aber unser Triumph währte nicht lange.

Wir hatten unsere Kleider am Ufer liegenlassen!