Disclaimer: Blablabla..siehe vorherige Kapitel.

Ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes Osterfest und habt euch gut erholt!

"Nach vielen Zaubernächten,

 da wurd mir endlich klar

 Das auf dem Besen reiten

 stets was Besondres war!

 Nun flieg ich übers Land dahin

 und merke voller Freude,

 wie wunderschön ich bin!"

                    (Die Streuner)

Kapitel 6

In dieser Nacht schlief ich ausgesprochen schlecht.

Ich wälzte mich in meinem schmalen Bett von einer Seite zur Anderen, aber ich fand einfach keine Ruhe. Wir mussten unbedingt einen Weg finden, unsere zurückgelassene Kleidung wiederzuholen. Außerdem wollte ich wissen, wie es den beiden Orks gelungen war, unbeschadet den Wald zu durchqueren und so nah an unser Haus heranzugelangen, ohne dass auch nur Einer von uns es bemerkt hatte.

Am meisten aber ärgerte es mich, dass ich nicht früher bemerkt hatte, dass wir nicht alleine waren. Dabei hatte ich doch so ausgesprochen scharfe Sinne, viel schärfer als die meiner Schwestern. Bei Shoras Kesseln, es waren Orks! Ich hätte sie hören müssen, als sie sich durch das Unterholz angeschlichen hatten, ich hätte sie wittern müssen und ich hätte die Unruhe des Waldes in meinen Knochen spüren müssen, der die Eindringlinge im Gegensatz zu mir sehr wohl bemerkt hatte! Ich machte mir schwere Vorwürfe. Aber jetzt war es nun einmal passiert und nicht nur ich, sondern auch Licia musste die Folgen tragen!

Nach etlichen Stunden des Herumwälzens und Lamentierens beschloss ich aufzustehen. Wenn ich schon nicht schlafen konnte, konnte ich auch genau so gut etwas Nützliches tun! Ich kramte in meiner Truhe und förderte aus ihren Tiefen mein nicht gerade spärliches Rüstzeug hervor. Meine Mutter war nicht müßig gewesen. Sie hatte schon früh erkannt, dass ich viel mehr zur Kriegerin denn zur Hexe taugte. Ich hatte einen kräftigen Körper und der wollte gefördert und bewegt werden. Also sorgte sie dafür, dass ich schon früh von unserer Waffenmeisterin ausgebildet wurde, die mir mit Geduld und jahrelanger Erfahrung beibrachte, wie ich meine Kräfte beherrschen und maßvoll einsetzen konnte. Ich war geübt im Schwertkampf, Stabkampf und unbewaffnetem Nahkampf. Am liebsten aber waren mir meine Zwillingsdolche, die nicht nur zur Selbstverteidigung taugten, sondern auch sonst vielfach einsetzbar waren. Als ich noch in den Höhlen lebte, hatte ich sie jeden Tag bei mir getragen, an der Oberfläche jedoch war ich faul und unvorsichtig geworden, wie ich missbilligend bemerkte.

Ich kleidete mich an, gürtete die Dolche und beschloss, von nun an etwas aufmerksamer als sonst durch den Tag zu gehen.

Am Nachmittag besuchte mich Licia im Gewächshaus.

Auch sie sah aus, als hätte sie nicht gerade viel Schlaf bekommen, denn sie wirkte leicht abwesend und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Ich brühte uns einen belebenden Tee auf und wir kuschelten uns auf die mit Pelzen belegte Eckbank in meiner Kräuterküche.

„Sharra, weißt du, was das für Gestalten waren, die uns da aufgelauert haben?"

„Das waren doch Orks, warum fragst du?"

„Das waren keine Orks, da bin ich mir sicher!"

„Wie kannst du dir da so sicher sein, Licia, man konnte sie doch noch nicht mal ganz sehen!"

„Sharra, ich verbringe schon mein ganzes Leben an der Oberfläche, glaub mir ich weiß, wie Orks aussehen und das waren ganz sicher keine!"

„Aber was waren sie dann?"

„Wenn ich das nur wüsste, Schwester. Meinst du, wir sollten es meiner Mutter erzählen?"

Ich setzte meine Tasse ab.

„Wäre das wirklich so ratsam?"

„Du hast recht, dann lässt sie uns die nächsten Wochen bestimmt nicht mehr alleine rausgehen, und ich ertrage es nicht immerzu nur im Haus zu sein!"

„Besser, wir regeln das alleine, Licia. Als erstes müssen wir wissen, ob unsere Kleider noch am Ufer liegen, oder ob sie sie mitgenommen haben!"

Licia blickte mit leuchtenden Augen von ihrem Becher auf.

„Wann willst du nachsehen, heut nacht? Ich komme mit!"

„Ich will nicht, dass du dich unnötig in Gefahr begibst, ich gehe lieber alleine Schwester!"

„Das könnte dir so passen, Sharra. Natürlich komme ich mit! Vier Augen sehen mehr als zwei und wenn sie uns angreifen sollten, werden meine Zauber nützlicher sein als deine, gib es doch zu! Und erzähl mir nicht, du könntest gegen beide gleichzeitig kämpfen, glaubst du nicht, ich hätte nicht bemerkt, dass du heute deine Dolche trägst?"

„Also gut, aber wo wir gerade von meinen Dolchen reden, wenn du mich begleiten willst, dann musst du dich aber zumindestens etwas von mir im Kampf unterweisen lassen, sonst nehm ich dich nicht mit! Hast du einen Dolch oder ein Messer?"

„Ich habe ein Stilett zu meiner Volljährigkeitsfeier bekommen, das müsste reichen! Ich hole es nach der Abendmahlzeit und dann können wir trainieren, bis es dunkel wird. Und dann gehen wir zum Weiher!"

Ich seufzte.

„Na schön, aber zieh Hosen und Stiefel an und nehm auch einen dunklen Umhang mit, ich fürchte, das wird kein Kinderspaziergang!"

Licia plauderte noch ein Weilchen aufgeregt über dieses oder jenes Detail unserer geplanten Mission, aber ich war müde und meine Gedanken schweiften immer wieder ab zu den goldgelben Luchsaugen, die mich so aufmerksam mit einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen betrachtet hatten, und ich wusste nicht, ob ich mich fürchten oder freuen sollte.