Disclaimer:  das Übliche!

„Würd ich mich nur traun

 mal richtig hinzuschaun

 hätt sie mich gesehen

 vielleicht

 Wenn ich doch nur wüsste

 Was ich machen müsste

 Hätt ich ihr mein Zimmer

 gezeigt

 Wenns so einfach wär,

 wär es nicht so schwer.."

               (Missfits `Eckis Lied´)

Kapitel 13

Ich saß in meiner Kammer und rieb mir meine verkrampften und zerstochenen Finger. Nähen war noch nie meine Stärke gewesen, aber Schleierkleider durften leider nur ausschließlich ohne Magie hergestellt werden. Ich seufzte und machte mich wieder an die Arbeit. Neben mir saß Licia, der diese Arbeit wie alles andere leicht von der Hand ging. Akkurat und mit kleinen sauberen Stichen nähte sie eine Naht nach der anderen, während ich ihr neidisch dabei zusah. Fünf Tage nähten wir nun schon an unseren Kleidern, wann immer es unsere Pflichten uns erlaubten. Da Malicia mir geholfen hatte, konnte sich auch mein Ergebnis sehen lassen. Wir hatten uns zwei alte, staubige Schneiderpuppen aus dem Keller geholt und die beiden halbfertigen Kleider darauf drapiert. Stolz betrachtete ich das bereits fertige Lederbustier, das hoffentlich an mir genauso verführerisch wirkte wie an der Schneiderpuppe.

Doch eigentlich beschäftigte uns ein ganz anderes Thema.

Vor drei Tagen hatte es angefangen. Als ich morgens das Fenster zum Lüften geöffnet und mich dabei hinausgebeugt hatte, fiel mein Blick direkt auf ein totes Kaninchen, das unter meinem ebenerdigen Fenster lag. Als ich es mir näher anschaute, merkte ich dass das Tier keines natürlichen Todes gestorben war, man hatte ihm den Hals gebrochen!

Sehr seltsam! Warum sollte ein Raubtier seine Beute einfach so liegen lassen. Und normalerweise kamen gar keine Tiere in den Garten, ein einfacher Zauber verhinderte das, denn meine Tante hatte Angst, sie könnten ihr das Gemüse und die kostbaren Kräuter wegfressen. Ich entsorgte das arme Kaninchen und dachte nicht weiter daran.

Am nächsten Morgen lagen auf der Schwelle meines Gewächshauses zwei schöne, dicke Waldhühner, denen man die Hälse umgedreht hatte. Jetzt wurde mir die Sache doch ein wenig unheimlich! Ich erzählte Licia davon, die meinte, wir sollten noch einen Tag abwarten, um zu sehen was passierte.

„Zweimal kann noch Zufall sein, aber bei einem dritten Mal muss wohl etwas anderes dahinterstecken! Oder jemand anderes.." fügte sie gedankenverloren hinzu.

Den Rest des Tages war ich reichlich nervös und fahrig. Ich hatte keine Geduld mit Sonya und schickte sie zu deren Freude eine ganze Stunde früher als üblich ins Haus zurück. Ich zerdepperte einen Blumentopf und stach mir mit der Kräuterharke selbst in den Fuß. Am Nachmittag war ich so fertig, dass ich Kait alleine arbeiten ließ, die so rücksichtsvoll war, mir keine Fragen zu stellen. Nähen wollte ich an diesem Tag nicht mehr und rausgehen auch nicht, da ich fürchtete nicht genügend Nerven für eine weitere Begegnung mit den Uruks zu haben. Ich nahm stattdessen ein heißes Bad und ging danach zu Bett. Doch obwohl ich noch Stunden lang wach lag, konnte ich kein einziges Geräusch hören, das darauf schließen ließ, dass jemand sich in unserem Garten zu schaffen machte.

Licia weckte mich am nächsten Morgen, um gemeinsam mit mir aus dem Fenster zu schauen. Langsam stießen wir die Läden auf und schauten hinaus.

Auf dem Rasen unter meinem Fenster lag ein totes Reh mit einem Pfeil im Bauch.

Und es hatte eine Schleife um.

Eine rote Schleife!

Um den Hals!

Wir schauten uns an.

Dann bekam Licia einen Lachkrampf.

„Oh wie süß, er macht dir Geschenke! Das wir darauf nicht schon früher gekommen sind!"

„Ich finde das nicht lustig!!"

„Darf ich Blumen streuen auf eurer Hochzeit?"

„MALICIA!!"

„Schon gut, reg dich ab! Ich mach ja nur Spaß!"

Sie wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht.

„Aber es ist mal etwas anderes, das musst du zugeben. Viel besser als immer nur billiger Schmuck und klebriger Süßkram!"

„Shoras Kessel, Malicia, wir müssen das Ding rein holen, bevor es jemand sieht. Ich möchte nicht in die Verlegenheit geraten, deiner Mutter erklären zu müssen, warum ein totes Reh, mit einer roten Schleife um den Hals, unter meinem Fenster liegt! Bitte zaubere es hinein!"

Licia tat worum ich sie gebeten hatte und wir bugsierten das Tier auf den Fußboden.

„Was mach ich denn jetzt damit?"

„Wir ziehen ihm das Fell ab, daraus kannst du dir eine kuschelige Decke machen! Die Schinken schaffen wir in die Räucherhütte, Rehschinken ist äußerst delikat, glaub mir! Den Schädel kochen wir aus, den kannst du für okkulte Zwecke gut gebrauchen, aus dem Rücken machen wir Gulasch und den Rest kannst du zu Zaubertrankzutaten verarbeiten!"

Strahlend sah sie mich an.

Ich konnte sie nur anstarren.

„Na wenn du meinst.." brachte ich schließlich zögernd heraus.

„Herrje, der arme Kerl muss ganz schön in dich verliebt sein, wenn er sich solche Mühe mit den Geschenken gibt! Nein, lass mich das machen, mit Magie geht es doch so viel schneller!"

Also setzte ich mich gehorsam auf mein Bett und beobachtete Licia dabei, wie sie das Reh schnell und sauber zerlegte und verpackte. Keine zehn Minuten später lag eine nagelneue Felldecke auf meinem Bett.

Und sie war wirklich kuschelig!