Disclaimer:  das Übliche!

„Nun liebe Kinder gebt fein acht

 Ich bin die Stimme aus dem Kissen

 Ich hab euch etwas mitgebracht

 Hab es aus meiner Brust gerissen

 Mit diesem Herz hab ich die Macht

 Die Augenlieder zu erpressen

 Ich singe bis der Tag erwacht

 Ein heller Schein am Firmament

 Mein Herz brennt"

                                (Rammstein)

Kapitel 15

Ich saß bei Licia in der Kammer und betrachtete mit großem Interesse meine Handflächen.

Licia schloss die Fensterläden und setzte sich kopfschüttelnd neben mich.

„Also ich fass das nicht! Da lässt man dich mal einen Abend allein und schon stellst du die unglaublichsten Dinge an! Und auch noch direkt hier im Garten, was denkst du wohl, was jetzt los wäre, wenn nicht ich, sondern Mutter euch entdeckt hätte?"

„Du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass ich mich im Garten mit ihm zu einem Stelldichein verabredet hab?" fragte ich ungläubig.

„Was ist denn dann passiert? Los, erzähls mir, aber wehe du lässt was aus!"

„Ich wollte nur das nächste tote Tier so früh wie möglich entsorgen, also hab ich mich auf einem Baum versteckt. Und na ja, dann ist der Ast gebrochen, auf dem ich gesessen hab und ich bin ihm genau in die Arme geplumpst!"

„Soweit, so gut. Aber warum in aller Höllen Namen warst du so spärlich bekleidet? Du sahst aus, als ob du ihn gleich unter die nächste Hecke ziehen wolltest, um ihn zu vernaschen!"

„Ich konnte doch nicht ahnen, dass so etwas passiert! Glaub mir doch endlich, Schwesterchen!"

Malicia seufzte.

„Na schön. Aber ist dir überhaupt bewusst, wie leichtsinnig das war? Der hätte dich über die Schulter werfen und mitnehmen können! Sharra, er hätte dich vergewaltigen können!" Licia schien die ganze Sache mehr mitgenommen zu haben als mich selbst.

Darauf hatte ich keine Antwort parat, obwohl ich mir sicher war, das das nicht passiert wäre. Er hatte die Chance dazu gehabt und sie nicht wahrgenommen. Und überhaupt, wenn er so genau wusste, wo mein Zimmer lag, hätte er auch versuchen können, mich einfach zu entführen. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, das diese Argumente Licia nicht überzeugen konnten. Also schwieg ich lieber und ließ ihre Schimpftirade widerspruchslos über mich ergehen.

„Licia, schau mich an! Es geht mir gut!"

„Ja ja, ich sehe es! Aber.."

„Darf ich dich vielleicht dezent daran erinnern, wer es war, der mich zu dieser ungewöhnlichen Liaison ermutigt hat? Na, irgendwelche Ideen?"

Sie musste lachen.

„Also gut, ich gebe mich geschlagen, aber sei demnächst gefälligst ein bisschen vorsichtiger, wenn ich bitten darf! Ich wache vielleicht nicht jedes Mal rechtzeitig auf, um dich vor ihm zu retten!"

„Ach komm, erzähl mir nicht, dass du deinen Waldläufer nicht hier im Garten getroffen hast!"

„Ha! Hab ich auch nicht!"

„Lüg mich nicht an!" ich drohte ihr mit dem Finger.

„Hab ich aber wirklich nicht!"

„Liciiiiaa.."

„Na schön, wenn du´s unbedingt wissen willst, wir haben uns immer am Weiher getroffen, nachdem Sonya uns fast einmal im Garten erwischt hätte!"

Und damit war unser Disput auch schon vergessen.

Am nächsten Morgen suchte Tante Milikka mich im Gewächshaus auf, um das Mondfest zu planen.

Da es dieses Mal auf ein besonders glücksverheissendes Datum fiel, hatte sie einige Freundinnen und entfernte Verwandte aus entlegenen Höhlen dazu eingeladen und sie wollte, dass ich den Trank für uns alle braute. Diese Forderung überraschte mich nicht. In meiner Höhle hatte ich bereits etliche Male den traditionellen Zaubertrank für das Fest gebraut und da ich eine der besten, wenn auch jüngsten, Trankbrauer in unserer Sippe war, war er stets gut gelungen und so etwas sprach sich herum. Ich sagte zu und begann noch am selben Tag mit den Vorbereitungen. Mit Kaits Hilfe beschaffte ich mir den größten Kessel, den wir im gesamten Haus hatten finden können und machte mich ans Werk. Zuerst ein paar Liter Wasser in den Kessel hinein. Dann geschälte und fein geschnittene Borunwurzeln und eine Handvoll zerdrückte Fenchelsamen dazu. Nachdem ich das eine Stunde lang gut eingeweicht hatte, machte ich Feuer unter dem Kessel. Es kamen hinein eine Flasche Fledermausblut, eine getrocknete Würgefeige, geriebenes Horn vom Riesenhirsch, eine gute Handvoll Nieswurz, reichlich frisches Rungenkraut und exakt vier Tropfen Nesselextrakt. Ich rührte mit Sorgfalt in dem dampfenden Kessel und fühlte mich in meinem Element. Kait, die mir geschickt assistiert hatte, betrachtete mich voller Bewunderung.

„Und was passiert jetzt?"

„Jetzt lassen wir das zwei Tage lang bei kleinster Hitze einköcheln und zweimal am Tag gießen wir noch einen Liter aus der großen braunen Flasche rein. Hast du das noch nie mit deiner Mutter zusammen gemacht?"

„Mutter meint, ich wäre noch zu jung für so einen komplizierten Trank. Aber das ist noch nicht alles, oder?" sie deutete auf die Flasche.

„Nein, da hast du recht. Aber die Zauber, die dem Trank seine volle Wirkung geben, dürfen erst bei Vollmond von der ranghöchsten Hexe, also deiner Mutter gesprochen werden!"

„Aber Vollmond ist ja auch schon übermorgen. Ich freue mich schon. Großtante Serafina kommt und sie hat mir eine Halskette mit einem Talisman dran versprochen. Kennst du Großtante Serafina?"

„Natürlich. Sie hat meine Mutter vor zwei Jahren besucht und mir einen Ring mit einem Bernstein drin geschenkt!"

„Kommt Tante Cassandra auch hierhin?"

„Ich bezweifle das meine Mutter zu uns kommt. Oberhexe Zelandona braucht sie doch in der Höhle!"

„Vermisst du deine Mutter denn gar nicht?"

Ich dachte eine Weile darüber nach.

„Natürlich vermisse ich sie schon ein wenig, aber ich habe ja jetzt euch hier oben. Und ihr habt mich doch auch gern, oder?"

Kait strahlte mich an.

„Natürlich haben wir dich gern! Du bist doch unsere Schwester!"

Ich musste über soviel kindlichen Enthusiasmus lächeln.

Am Nachmittag hatten wir die Generalanprobe für unsere Kleider.

Streng genommen waren sie bereits fertig, aber es musste noch hier und da eine Naht geändert oder eine Verzierung angenäht werden. Staunend betrachteten wir uns in dem Spiegel, den Kait voller Eifer für uns hielt. Sonya hatte sich schmollend mit der Bemerkung, dass sie das alles nicht interessiere sonst wohin verzogen. Sie waren uns gut gelungen. Ich trug ein rotes, rücken- und bauchfreies Lederbustier, das an Stelle von Trägern zwei dünne Silberkettchen besaß und tiefe Einblicke garantierte. Dazu hatte ich einen bodenlangen Rock aus der scharlachroten Seide genäht, der sich eng an meine beiden Beine schmiegte und links und rechts bis auf zwei gute Handbreit über den Knien geschlitzt war. Ich legte meinen Kettengürtel aus reinstem Mithril an, ein Erbstück, an den ich bereits die schwarzen, mit Silberfäden durchwirkten Schleier geknotet hatte. Meinen gut anderthalb Meter langen Handschleier hatte ich noch an beiden Enden mit Granatsplittern und winzigen Silberkügelchen bestickt.

Malicia trug ein mitternachtsblaues kurzärmliges und bauchfreies Oberteil, das am Saum silberne Fransen hatte. Ihr Rock war ähnlich wie meiner geschnitten, hatte aber hinten noch eine winzige Schleppe, was sehr edel aussah. Sie legte ihren Gürtel mit den silbernen Schleiern an und schlang sich den Handschleier um die Schultern, den sie mit Goldperlen bestickt hatte.

Derart gekleidet und geschmückt fühlten wir uns wie Königinnen!

Meine Tante gesellte sich zu uns und betrachtete uns lächelnd. In ihren Händen hielt sie eine Schmuckschatulle, Zwergenarbeit, vermutete ich.

Malicia bekam von ihr eine Kette mit einem wunderschönen Anhänger aus Blautopaz, der rundherum mit kleinen Diamanten eingefasst war.

Mir aber schenkte sie lange, schwingende Ohrringe aus Mithril, die die Form von zwei Schlangen hatten, die sich umschlangen. Sie hatten Rubinsplitter als Augen. Ich war sprachlos über dieses königliche Geschenk und wollte es zurückweisen, aber davon wollte Milikka nichts hören und drängte sie mir auf. Und ich musste zugeben, sie passten wirklich hervorragend zu meinem Kleid!

Bitte reviewt, das würde mich ganz ungemein freuen!!!