Disclaimer: Muss ich das wirklich noch mal sagen?
„Der Mond scheint voll und klar,
taucht die Welt in bleiches Licht.
Nebel –sonderbar-
Verschleiern Sein und Sinne.
Magisch strahlt der Ort,
zieht uns an mit seiner Macht.
Ich muß fort –es ist Walpurgisnacht!
Stetig steil bergauf.
Dorthin wo das Feuer lodert.
Zieht uns in ihren Bann
Der Gottheit wilde Meute.
Nah an der Feuersglut
Verschmelzen wir zu einem Körper
Werden Eins mit der Walpurgisnacht!
Rundherum ums helle Feuer
Rundherum im wilden Tanz
Kreisen Körper, Geister. Blicke
Berühren sich im Fluge!"
(Schandmaul)
Kapitel 18
Irgendetwas war im Busch.
Das spürte Mauhur ganz genau. Eine ganze Gruppe fremder Frauen war vor wenigen Stunden ganz entspannt und vergnügt zu Fuß durch den Wald gegangen, geradewegs auf das Haus zu, in dem sein Engel wohnte.
Was ging da nur vor? Er und Norgak hatten sie aus dem Gebüsch heraus beobachtet, stets darauf bedacht, unentdeckt zu bleiben. Dann waren sie der kleinen Prozession bis zum Waldesrand gefolgt. Er hatte sie genau betrachtet. Sie kleideten sich und sprachen genau so wie sein Engel. Verwandte von ihr? Ab und zu schnappte er ein paar Gesprächsfetzen auf. Ein Fest? Heute Nacht? Sehr interessant! Sie würden da sein und alles aus sicherer Entfernung beobachten. Vielleicht konnte er seinen Engel, Asharra, verbesserte er sich in Gedanken, sehen, sie vielleicht sogar zu ihm locken!
Was für ein schöner Name, Asharra! Das R verwandelte sich in seiner Kehle in ein Schnurren. Er war so in Gedanken, dass er beinah einen weiteren Gesprächsfetzen überhört hätte.
„Wie ich höre, hat Milikka eine Nichte bei sich zu Besuch, eine von Cassandras Töchtern, nicht wahr?"
„Ganz recht! Ihre Jüngste, ich glaub sie heißt Asharra!"
Mauhur spitzte die Ohren. Redeten die alten Weiber da etwa von SEINER Asharra? Er schnaubte. Etwas mehr Respekt gefällig, wenn ihr diesen Namen benutzt, dacht er sich.
„War das nicht Die, die so missgebildet ist?"
Wie bitte, missgebildet?
„Nein, nicht missgebildet."
Mauhur atmete aus.
„Nur hässlich wie die Nacht, hab ich gehört! Arme Cassandra, aber ein faules Ei ist wohl immer dabei!"
HÄSSLICH? Sein Engel hässlich? Hatten diese alten Vetteln keine Augen im Kopf? Ein lieblicheres Geschöpf als seinen Engel gab es in ganz Mittelerde nicht!
Neben ihm war Norgak vor Entsetzen der Unterkiefer runtergeklappt. Seine Augen waren groß wie Tomaten.
„Und weswegen ist sie jetzt bei Milikka?"
„Ich weiß nicht genau, vielleicht hat sie was ausgefressen. Wir können später Iphania fragen, die müsste es wissen!"
Die Gruppe betrat die schließlich die Lichtung und entzog sich ihren Blicken. Mauhur und Norgak kehrten zu ihrem Lager zurück und ließen ihrer Wut freien Lauf.
Mauhur holte aus und schlug mit voller Kraft gegen einen Baum, so dass er zu zittern anfing.
„Was sind das bloß für Leute, das sie so über sie reden?"
Norgak klappte endlich seinen Mund wieder zu.
„Wir müssen sie da weg holen!"
„Was sagst du da?" Mauhur hörte für einen Moment auf, den Baum zu malträtieren.
„Das wolltest du doch eh von Anfang an, oder nicht? Und so, wie es aussieht, tun wir ihr sogar einen Gefallen!"
„Sie wegholen?" wiederholte Mauhur zweifelnd.
„Und damit es ihr so allein unter Männern nicht einsam ist, können wir die Kleine, die immer in ihrer Nähe ist, auch mitnehmen!" schloss er mit einem hinterlästigen Lächeln.
„Was, die Andere auch? Hat die der eine Tritt in die Eier nicht gereicht?" Mauhur grinste bei der Erinnerung an Norgaks mädchenhaftes Kreischen, als die Kleine ihm am See genau in die Kronjuwelen getreten hatte. Der kleinere Uruk hatte die nächsten zwei Tage damit verbracht, sich ein provisorisches Suspensorium zu basteln. Er hatte selten so gelacht! Norgak verzog gekränkt das Gesicht.
„Das wird mir so schnell kein zweites Mal passieren! Aber du denkst ja auch immer nur an dich! Ich will auch eine Frau! Und wenn wir erst die Eine haben, wird die Kleine sicherlich freiwillig mitgehen, na was meinst du, Großer Anführer?" Norgak grinste ihn anzüglich an.
„Wir werden sehen! Erst mal will ich sehen, was das für ein Fest ist und dann sehen wir weiter!"
Norgak schmollte.
Wir standen vor Licias großem Spiegel und musterten uns kritisch.
Ich legte die Schlangenohrringe an und bürstete ein letztes Mal mein Haar.
„Mach nicht so ein saures Gesicht, Sharra! Du siehst bezaubernd aus, das Kleid wird ihn umhauen!"
Ich musste lächeln.
„Du bist auch wunderschön, Schwester! Du siehst schon fast ein bisschen elbisch aus!" schloss ich grinsend.
„Wie bitte, willst du mich beleidigen?" fragte Licia schockiert.
„Natürlich nicht, ich hab doch nur Spaß gemacht! Du bist jeden Zoll eine verführerische, gefährliche Hexe!"
„Na dann ist ja gut!"
Es klopfte und Kait-Eleni steckte ihren Kopf zur Türe hinein.
„Mutter lässt euch ausrichten, dass ihr euch beeilen sollt, sie gehen gleich los!"
„Sag ihr, wir kommen sofort!" Licia rückte ihre Kette zurecht.
„Haben wir alles?"
„Ja!"
„Dann lass uns gehen!"
Als wir mit den Anderen aus dem Haus traten, war die Sonne schon fast untergegangen. Wir gingen zu Nova und Lili hinüber und bewunderten ihre Kleider. Dann entzündete meine Tante eine einzige Fackel und führte uns an. Auf dem Weg zur Festwiese hakte Licia sich bei mir unter.
„Na, aufgeregt?"
„Darauf kannst du Gift nehmen!"flüsterte ich.
„Wir haben die wichtigsten Leute auf unserer Seite, versuch dich ein wenig zu entspannen!"
„Licia, was wird geschehen, wenn ich ausgerechnet von ihm ein Kind bekommen sollte?" fragte ich ängstlich.
Licia schluckte.
„Das liegt in Shoras Hand, fürchte ich. Aber jetzt still, wir sind schon fast da!"
Wir erklommen den Hügel und Tante Milikka entzündete mit ihrer Fackel das große Feuer. Die Scheite loderten auf und Flammen leckten an dem Kessel mit dem Zaubertrank. Wir stimmten das erste Lied an. Einige unserer Schwestern hatten Trommeln mitgebracht und gaben den Takt an. Das Lied ging über in den ersten gemeinsamen Tanz, zu dem wir uns an den Händen fassten. Dann sprach meine Tante die magischen Worte über dem Kessel, die dem Trank die eigentliche Kraft gaben. Sie füllte einen großen Schädel, der als zeremonielles Trinkgefäss diente, bis zum Rand, nahm den ersten Schluck und reichte ihn weiter.
Als sie vor mir stehen blieb steckte sie mir blitzschnell eine kleine Phiole zu. Das Elixier. Ich steckte es in meinen Gürtel und nahm den Schädel entgegen.
„Für die Göttin, Schwester" sagte sie zu mir.
„Für die Göttin, Schwester und Ruhm und Ehre für das Haus!" erwiderte ich traditionsgemäß.
Ich nahm einen tiefen Zug und reichte ihn an sie zurück. Milikka nickte mir zu und reichte dann Licia den Schädel.
Mein Hals brannte. Der Lakh´cha war stärker, als ich erwartet hatte. Ich bemerkte wie Milikkas Mundwinkel zuckten. Sie musste noch etwas an den Trank getan haben, als ich nicht dabei war! Die euphorisierende Wirkung setzte fast augenblicklich ein. Eine entspannende Wärme breitete sich von meinem Magen aus in meinem restlichen Körper aus. Ich spürte, wie sich meine Sorgen auf einer weichen weißen Wolke aus dem Staub machten und nur den Wunsch nach Vergnügen zurückließen. Neben mir kicherte Malicia wie ein Teenie und als ich sie ansah, merkte ich, dass ihre Pupillen unnatürlich geweitet waren. Aber der Lakh´cha wirkte bereits so stark, dass ich mich nicht mehr erinnern konnte, oder wollte, warum das wichtig war.
Nachdem die letzte von uns aus dem Schädel getrunken hatte, leerte Milikka den Rest aus dem Gefäß in die Flammen.
„Heute Nacht sind wir hier, die Eine zu ehren, die alles lenkt! Ihr zu Ehren feiern wir! Ihr zu Ehren opfern wir!"
Bei diesen Worten war Iphania vorgetreten, auf die das Los gefallen war, und schnitt der ersten Ziege die Kehle durch. Leuchtend rotes Blut ergoss sich über den Hügel.
Das Fest war eröffnet!
Die Trommeln setzten wieder ein und Malicia und Lillith zogen mich mit vereinten Kräften in den Kreis der Tänzer. Meine Sicht verengte sich zu einem Wirbel aus Flammen und den bunten Schleiern meiner Schwestern. Ausgelassen jagten Licia und ich uns um das Feuer, sprangen hoch, so dass unsere Röcke flatterten und fuchtelten mit den Handschleiern umher. Der Sternenhimmel über mir und das satte Gras unter meinen nackten Füssen vermittelten mir ein Gefühl von Unvergänglichkeit. Schließlich signalisierte Licia mir, dass sie eine Pause brauchte. Wir zogen uns zum Kessel zurück, in dessen unmittelbarer Umgebung es so etwas wie eine Insel der Ruhe gab. Stumm betrachteten wir einen Augenblick die Tanzenden, um wieder zu Atem zu kommen. Ich stellte mit Erleichterung fest, dass mein Kopf wieder ein wenig klarer geworden war. Licia stupste mich an.
„Sieh mal, dort am Waldesrand! Die ersten Männer kommen langsam!"
Ich folgte ihrem Blick.
Tatsächlich, am Fuß des Hügels hatten sich einige Gestalten gesammelt, die das bunte Treiben aufmerksam beobachteten.
„Mutter muss die Schutzzauber erheblich gelockert haben, wenn jetzt schon so viele da sind! Na ja, vielleicht wollte sie, dass für jede einer da ist."sie tat das Thema mit einem Achselzucken ab.
„Komm, lass uns ein Stück Fleisch essen, Tanzen macht hungrig!"
Wir verließen den sicheren Kreis der Tanzenden und gingen zu der Opferziege hinüber, die inzwischen in handliche Portionen zerlegt worden war. Wir nahmen uns jeder ein blutiges rohes Stück und hockten uns zum Essen auf einen Baumstumpf. Der metallische Geschmack von Blut in meinem Mund schärfte meine Sinne auf ein übernatürliches Maß. Ich spürte den Atem eines Mannes auf der nackten Schulter von Tante Milikka, hörte das geheimnisvolle Brodeln auf dem Grund des Kessels, der gut zwanzig Meter von mir entfernt war und schmeckte den Hauch des nahenden Sommers in der Luft. Mein Geist dehnte sich aus und für einen kurzen Moment war ich außerhalb meines Körpers und betrachtete das Geschehen aus der Sicht eines vorbeifliegenden Raben. Dann war der Augenblick vorbei und ich blickte in Novas Gesicht, die mir ihren Becher in die Hand drückte und mir einen Schluck aufdrängte.
„Hat sie es dir gegeben, das Elixier, meine ich?"
Ich holte die kleine Phiole aus meinem Gürtel und zeigte sie ihr.
„Gib sie mir, ich habe die perfekte Idee, wem man damit eine Freude machen könnte!" sagte sie schadenfroh.
„Versuch es ja nicht bei Milikka, sie würde es merken und dann bekomme ich Ärger!"
„Wer redet denn hier von deiner Tante, Schätzchen? Ich hatte jemand ganz anderen im Sinn!" sie deutete mit dem Kinn in Iphanias Richtung.
Licia und ich mussten kichern. Nova schnappte sich die Phiole und verschwand in der Menge.
Hinter uns räusperte sich jemand.
Wir drehten uns um und sahen in ein Gesicht mit goldenen Haaren, spitzen Ohren und blauen Augen. Sehr kalten blauen Augen. Ein Elb!
„Wenn ich mich vorstellen darf, meine Damen, mein Name ist Dorhian!"
Ohoh, Cliffhanger! Ja, auch ich kann gemein sein (*händereib*), aber wenn ihr lieb seid und fleißig reviewt, geht´s auch schnell weiter!
~Kyrillia~
