Kapitel 14 – Only the Lonely (...Get Some Sleep)

Irgendwann, fünfhundert Jahre in der Vergangenheit, vor einer nun endlich geöffneten Tür...

"Na, das wurde aber auch Zeit."

Vegeta erklomm die Stufen zum Palast und verschwand im Inneren ohne seinen aufgebrachten Begleiter oder die streitbaren Göttinnen eines Blickes zu würdigen. Piccolo tat es ihm gleich, während die drei Frauen sich wortlos ansahen.

"Was das wohl nun wieder zu bedeuten hat?" Werdandi zuckte die Schultern. "Kommt Kinder, gleich wird's lustig, das sehen wir uns an."

Dann begaben sich auch die drei Damen ins Innere des Gebäudes.

Sobald Piccolo durch das riesige Portal getreten war, musste er stehen bleiben, um Vegeta nicht anzurempeln, der bereits nach zwei Schritten ins Stocken geraten war. Der Grund dafür war offensichtlich. Die Kinnlade des Namekianers klappte nach unten. War das wirklich derselbe Palast Gottes, der ihm in all den Jahren so vertraut geworden war? Fast konnte er es nicht glauben.

Der Palast den Piccolo kannte, hatte in der Schlichtheit seiner Räume immer eine kühle Strenge ausgestrahlt. Ganz ungleich dem Anblick, der sich hier dem Auge bot.

Die Wände der großen Vorhalle waren mit feinsten Gobelins ausgestattet, die bei näherem Hinsehen recht freizügige Szenen zeigten. Ein großer Springbrunnen in der Mitte des Raumes schoss glitzernde Fontänen in die Luft. Riesige Säulen wurden von bunten Girlanden und wildem Wein umrankt. Leise Musik tönte von irgendwoher, schwerer Jasminduft verwirrte die Sinne und eine warme Sommerbrise strich sanft über die Haut.

Aber das alles war noch nicht das Erstaunlichste. Inmitten dieser Üppigkeit saßen am Brunnenrand vier grazile junge Frauen, die scherzten und lachten. Sobald eine von ihnen die Neuankömmlinge bemerkte, erhoben sie sich und kamen auf Vegeta und Piccolo zu.

"Willkommen in Gottes Palast.", hauchte ein blondes Mädchen verführerisch in Vegetas Ohr, während sie ihm eine Blumengirlande um die Schultern legte.

Der Saiyajin ließ diese Behandlung wortlos über sich ergehen. Piccolo vermutete, dass er ebenfalls den Schock verarbeiten musste. Dann blieb ihm keine Zeit mehr, sich über seinen Begleiter Gedanken zu machen, denn zwei der Mädchen hatten sich ihm zugewandt.

"Sei Willkommen im Reich der Sinnlichkeit und der Freuden."

Eine zierliche Brünette, deren Kleidung nur aus einer knappen weißen Stoffbahn zu bestehen schien, die aufreizend um die Kurven ihres Körpers drapiert war, lächelte den Namekianer an. Auch auf seine Schultern senkte sich eine Blumengirlande.

Ähnlich wie Vegeta war auch er weder in der Lage sich zu bewegen, noch etwas zu erwidern. Er fühlte sich vollkommen überrumpelt.

"Folgt, uns edle Reisende, wir führen Euch zu unserem Herrn."

Das blonde Mädchen ergriff Vegetas Rechte während eine ihrer Freundinnen sich an die andere Seite des Prinzen begab. Dann gingen die beiden langsam durch die Halle und der Saiyajin folgte, wie betäubt, dem leichten Druck an seinen Armen. Piccolo spürte, wie sich auch bei ihm rechts und links jemand unterhakte und dann folgte er seinem Mitreisenden ohne daß er genau wusste, wie ihm geschah.

Hinter ihm kicherte es leise.

"Ich bin immer wieder beeindruckt, wie die Mädels das machen.", sagte Werdandi mit anerkennendem Nicken.

"Diese Nymphen wickeln einfach jeden um den Finger."

Skuld kicherte. Werdandi stimmte mit ein.

"Sind halt echte Profis."

Die Schwestern sahen sich an und nickten. Dann folgten die drei Schicksalsgöttinnen dem Weg, den die kleine Empfangsgesellschaft eingeschlagen hatte.

Wenn die Vorhalle üppig erschienen war, so wurde dieser Eidruck in den nächsten Räumen und Gängen noch gesteigert. Schillernde Intarsienarbeiten zierten die Wände. Goldene Karaffen, weiche Liegestühle, feinste Kissen und Schalen mit reifen Früchten luden alle paar Meter zum Verweilen ein.

Die Nymphen schienen nicht die einzigen Bewohner des Hauses zu sein. Überall sassen, standen und gingen auffallend gutaussehende und auffallend leicht bekleidete Menschen beiderlei Geschlechts, die sich die Zeit mit musizieren, plaudern, tanzen und anderer Kurzweil vertrieben. Hin und wieder entschlüpfte einer Kehle ein melodisches Lachen und sobald sich die Nymphen mit ihren Begleitern näherten, wurden die Neuankömmlinge freundlich gegrüßt.

Schließlich, am Ende eines langen und mehrfach gebogenen Ganges, erreichte das Grüppchen eine hohe Flügeltür.

"Wir sind da.", flüsterte eine rothaarige junge Frau an Piccolos Seite und sah den Namekianer schwärmerisch an.

Majestätisch schwangen die Torflügel auf und gaben den Blick auf einen prunkvollen Thronsaal frei.

An den Wänden rechts und links standen mit Schwertern umgürtete Wachen in Reih und Glied. Goldene Harnische und Helme mit roten Federbüschen spiegelten den hellen Schein wieder, den unzählige Kohlebecken erzeugten. Am Ende einer langen roten Teppichbahn lag, etwas erhöht, auf einem gestuften Podest, ein gewichtiger Mann. Er sah gelangweilt von seiner geschmückten Liege zu den Eintretenden. Mehrfach beringte Finger spielten gedankenverloren mit einer Weinrebe, während er von Zeit zu Zeit an einem goldenen Pokal nippte. Zwei dunkelhäutige Knaben wedelten ihm Luft mit großen Fächern zu. Er war in weissen und roten Stoff gehüllt, den der kundige Betrachter als Toga erkannt hätte. Sein Haupt war von einem Kranz aus grünen Blättern gekrönt. Unterhalb der Liegestatt dieses Mannes sassen auch hier wieder einige junge Leute, die bewundernd zu ihm aufblickten.

"Oh Herr", verkündete das blonde Mädchen. "Die Gäste sind hier."

"Ja,ja die Gäste." antwortete der ‚Herr' abwesend. Piccolo und Vegeta sahen sich geschockt an. Sollte das etwa Gott sein?

"Du bist ein liebes Mädchen, Calypso", fuhr der dicke Mann fort.

Dabei senkte er seinen Pokal und ein Knabe schenkte ihm dienstbeflissen Wein aus einem goldenen Krug nach.

Bei alledem hatte der ‚Herr' die beiden Fremden noch keines Blickes gewürdigt.

Piccolo und Vegeta sahen das Schicksal würdevoll an sich vorbei zu dem Podest schreiten. Dort ließen sich die drei Frauen auf den Stufen nieder, wo ihnen ebenfalls Weinkelche gereicht wurden.

"Nun, Calypso mein Kind, frag die Gäste, was sie hier wünschen und warum sie in meinem Reiche solche Unruhe verbreiten."

Vegeta kochte schon wieder innerlich. Was bildete sich diese Witzfigur von Herrscher eigentlich ein? Was glaubte der, wie er mit dem Prinzen der Saiyajin umspringen konnte? Und was bitteschön, meinte er mit Unruhe stiften? Seine Gedanken wurden von Calypso unterbrochen, die Vegeta für sich schon ‚Blondie' getauft hatte.

"Verzeiht, Fremde."

Das Mädchen lächelte Vegeta an.

"Aber der Herr fragt-"

"Schon gut, ich hab' deinen debilen "Herrn" sehr wohl gehört."

Blondie zuckte zusammen, als Vegeta sie wütend anfuhr. Piccolo zuckte zusammen, als der Prinz von dem Wort ‚debil' Gebrauch machte. Das war definitiv kein guter Anfang, um Hilfe zu erbitten. Bevor Vegeta noch mehr verbalen Schaden anrichten konnte, ergriff der Namekianer das Wort. Ruhig und gelassen erklärte er ihre Situation. Als er geendet hatte, musterte der Mann, er schien tatsächlich Gott zu sein, die beiden interessiert.

"Ihr seid also aus der Zukunft gekommen, um meine Hilfe zu erbitten, einen Freund zu retten, ja?"

Gott wiegte nachdenklich den Kopf. Piccolo bestätigte. Urd hob, Aufmerksamkeit heischend, einen Zeigefinger.

"Ich bin dagegen, ihnen zu helfen. Bedenkt bitte, King Nero, dass diese beiden Früchtchen da", die zwei Zeitreisenden ernteten einen giftigen Blick, "in allen moralischen Prüfungen total versagt haben. Sie sind Eurer Hilfe nicht würdig."

Piccolo hörte Vegeta murmeln. Es klang nach ‚Alte Schachtel', und ‚tausend Tode'. Aber noch riss sich der Saiyajinprinz zusammen, obwohl seine Selbstbeherrschung am seidenen Faden zu hängen schien. Dennoch war der Namekianer erstaunt. Für Vegetas übliche Verhältnisse war er in Anbetracht der Lage wirklich ruhig. Bei allem, was in den letzten zwei Tagen passiert war und wie man sie genasführt hatte, sprach Vegeta zwar immer davon, alles zu vernichten, aber wirklich versucht hatte er es noch nicht. Selbst sein Verhalten auf der Plattform, als er die Tür gewaltsam öffnen wollte, war nur halbherzig gewesen. Piccolo zuckte die Schultern. Vielleicht waren ja sogar Saiyajinprinzen lernfähig.

"Jaja, du hast schon recht, Urd, sie sind unwürdig", sagte King Nero nach einem längeren Schweigen.

King Nero? Dieser Gott hatte definitiv nicht mehr alle Reliquien im Schrank. Dessen war sich Piccolo sicher. Und was hatte der Kerl nur aus dem schönen, reinen Palast gemacht. Hoffentlich kamen sie bald von hier weg.

"Aber sie sind in einer Mission für das Gute unterwegs, sie wollen einen Unschuldigen retten." warf Skuld ein.

"Jaja, Skuld, Du hast natürlich auch recht."

"Es reicht", brüllte Vegeta nun doch los. "Hilf uns oder lass es, aber hör endlich auf mit dieser beknackten Show!"

"Oder, was?", warf Werdandi ein. "Sprengst Du dann alles in die Luft? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir das zulassen würden. Leg Dich nicht mit Göttern an, Vegeta."

Wie wütend er auch war, der Prinz der Saiyajin hatte ein untrügliches Gespür dafür, wann er einem Feind gegenüberstand, der ihm überlegen war. Er musste sich eingestehen, dass die Macht dieser Frauen seine Möglichkeiten eventuell überstieg. Eine Stimme in seinem Innern warnte ihn vor dem Zorn dieser drei ‚Göttinnen', oder was immer sie nun waren. Wenn sie nun tatsächlich über das Schicksal bestimmten...

Werdandi lächelte süffisant und wissend, dann wandte sie sich an Gott.

"Er hat allerdings recht, entscheidet Euch. Die Beiden haben schliesslich nicht in alle Ewigkeit Zeit."

Diese Bemerkung löste ein Kichern bei den Nornen aus. King Nero holte tief Luft.

"Na, gut, ich will mal nicht so sein. Ihr bekommt eine letzte Chance, euch zu beweisen. Ich denke mir noch eine Prüfung aus, aber nicht mehr heute, dafür bin ich jetzt nicht in Stimmung. Morgen..., ja morgen früh. Esst, trinkt, amüsiert euch und morgen früh kommt ihr wieder hierher, dann sehen wir weiter. Und jetzt raus, raus." Er machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Die Nymphen zeigen euch eure Zimmer."

Vegeta und Piccolo fühlten sich wie von einem Windstoß erfasst und wurden nach hinten gedrückt. Sie fanden sich in Begleitung der vier jungen Damen im Gang vor dem Thronsaal wieder. Die Flügeltüren waren nun geschlossen.

"Kommt", Blondie hatte ihr Lächeln wiedergefunden, "lasst und zum Symposion gehen."

Sie wollte nach Vegetas Hand greifen, aber der Prinz liess das nicht zu. Er kreuzte die Arme vor der Brust.

"Was für ein Mist soll das denn jetzt sein? Und sehe ich das richtig, dass wir schon wieder vertröstet worden sind? Ich weiss nicht, wie lange du dir so eine Behandlung gefallen lassen kannst, Piccolo. Die verarschen uns doch bloss am laufenden Band. Dieser Nero und die drei Weiber meinen das doch nicht wirklich ernst."

So hitzköpfig der Saiyajin auch sonst war, ganz Unrecht hatte er mit seiner Behauptung nicht. Seit ihrer Ankunft am gestrigen Tage waren sie noch kein Stückchen weitergekommen. Piccolo musste zugeben, dass er in der Zwischenzeit Vegetas Gefühle teilte. Ihm reichte es auch. Aber was sollten sie denn tun? Debil hin oder her, das waren immerhin Götter. Und wie Werdandi gesagt hatte, man legte sich nicht leichtfertig mit ihnen an. Er wusste das besser als jeder andere.

"Also gut, Vegeta", verkündete der Namekianer schliesslich. "Halte bitte noch dieses eine Mal durch. Das mag zwar wie ein Irrenhaus erscheinen, aber was haben wir zu verlieren - ausser ein paar Stunden? Wir warten bis morgen früh, wenn dann wieder etwas dazwischen kommt, dann unternehmen wir etwas. Aber dieses eine Mal halten wir noch still."

Vegeta zog die Stirn kraus.

"Ich hasse stillhalten."

Dann drehte er sich unvermittelt zu Calypso um, die überrascht die Augen aufriss.

"Gibt's hier was anständiges zu Essen?"

Sie lächelte erfreut.

"Ja natürlich, was euer Herz begehrt. Beim Symposion."

"Dann gehen wir da jetzt hin, was auch immer das ist. Ich habe Hunger."

Einige Stunden später begab sich ein gesättigter, etwas weinschwerer Saiyajin zu seinem Schlafzimmer. Es war vielleicht doch keine so dumme Idee gewesen, bis morgen früh zu warten. Vegeta gähnte. Auch Elitekrieger brauchten Schlaf. Hin und wieder.

Das Symposion hatte sein übriges dazu beigetragen. Eigentlich war es nichts anderes als ein Festmahl mit all diesen Leuten, die hier zu wohnen schienen. Piccolo, der Langweiler, hatte sich schon recht früh zu Bett begeben, während Vegeta die Gelegenheit genutzt hatte, zum ersten Mal seit Tagen wieder auf Saiyajinart zu speisen. Jetzt wollte er nur noch schlafen.

Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer. Es war ein großer Raum an der Außenwand des Palastes. Die Wand der gegenüberliegenden Seite bestand komplett aus Glas. Wenn man davor stand konnte man weit in den unendlichen Sternenhimmel hinauf schauen. Neben einigen kleineren Einrichtungsgegenständen gab es nur ein Möbelstück, dass den Prinzen der Saiyajin jetzt wirklich interessierte. Ein ruhiges, warmes Bett. Er wandte sich der Lagerstatt zu und erstarrte.

Mitten in seinem Bett sass Blondie und lächelte ihn verführerisch an. Soweit er das im Dunkel des unbeleuchteten Raumes erkennen konnte, trug sie nichts am Leibe, was die Bezeichnung "Kleidungstück" verdient hätte. Langsam glitt ein Träger ihrer Nicht-Bekleidung die Schulter herab und ihre Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund. Vegeta konnte es nicht fassen. Das war nun endgültig der Gipfel der Frechheit.

"Raus aus meinem Bett, Tussi! Verschwinde aus meinem Zimmer! Was immer Du glaubst, dass es läuft, es läuft nicht!"

Blondies veführerischer Gesichtsausdruck wandelte sich zu bestürzt, als er das sagte.

"Wie, wie bitte?", stammelte sie. "Was soll denn das heissen? Ich dachte, wo Dein Bett so kalt ist, könnte ich es dir doch ein wenig anwärmen, und dann könnte ich dir vielleicht den Rücken massieren und dann..." Sie lächelte hoffnungsvoll.

"Nein!"

"Echt nicht? Du willst nicht, dass ich bleibe?"

"Was an ‚Nein' hast du nicht verstanden?", fauchte der Prinz.

Ob dieser Antwort schlug die junge Nymphe die Hände vor das Gesicht und begann zu schluchzen. Dabei machte sie immer noch keine Anstalten, das Bett zu verlassen. Vegeta kam ein paar Schritte näher.

"Es sind meine Haare, nicht wahr?", jammerte Calypso. "Oder bin ich zu dick? Meine Oberschenkel gefallen dir nicht, das ist es doch, oder?"

Vegeta zählte wieder einmal bis zehn. Und dann noch einmal. Was bildeten sich die Leute hier alle ein? Piccolo hatte recht, das hier war ein Irrenhaus. Dieses infantile Weib konnte sich doch nicht einfach auf sein Bett setzen und Wasserfall spielen. Es war wirklich unglaublich. Der Saiyajin war nicht wenig verwirrt. Was sollte er denn jetzt machen? Wenn er diese Schickse gewaltsam aus seinem Zimmer beförderte, dann würde das wahrscheinlich die gemeingefährlichen drei Schwestern auf den Plan rufen. Und die alte Urd wollte er noch weniger gern am Hals haben als dieses Häufchen Elend.

"Uhuhu, niemand mag mich", jammerte Calypso gerade.

Vegeta schlug sich eine Hand vor die Stirn. Langsam geriet die Situation ausser Kontrolle. Die Weiber auf diesem Planeten waren einer seiner Sargnägel. Manchmal gab es Zeiten, da wünschte er sich fast Freezer zurück. Der war weniger anstrengend.

Wenn der Prinz der Saiyajin heute überhaupt noch Schlaf bekommen wollte, dann musste er diese Frau möglichst schnell dazu bringen, aus seinem Zimmer zu verschwinden. Die direkte Methode hatte leider versagt. Was nun? Zunächst musste sie aufhören mit diesem lächerlichen Gejaule.

"Ich bin soooo hässlich", schluchzte sie.

Vgeta setzte sich auf eine Ecke des Bettes. Möglichst weit weg von ihr. Dann tat der Ouji etwas, für das er sich selbst zutiefst verabscheute.

"Nein... du, ähh... bist nicht hässlich", sagte er lahm.

Blondie hatte sich in der Zwischenzeit die Bettdecke geschnappt und ihren Kopf darin vergraben.

"Doch, bin ich." klang es gedämpft unter dem Stoff hervor. "Alle meine Freundinnen sind viel hübscher als ich. Und du kannst mich auch nicht leiden."

Dieser Satz wurde begleitet von einem weiteren Weinkrampf. Vegeta verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Das konnte ja heiter werden.

"Hör zu. Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht leiden kann. Ich will bloss meine Ruhe. Ich will schlafen, dass ist alles."

"Das sagst du doch nur aus Höflichkeit. In Wirklichkeit findest du mich abstossend."

"Nein, das tue ich nicht.", wehrte der Prinz ab, "Und ausserdem bin ich niemals höflich. Ich weiss gar nicht wie das geht. Bist du nun endlich zufrieden?"

Sie hob den Kopf und sah ihn aus roten, verweinten Augen an.

"Findest Du meine Oberschenkel zu dick? Ich meine, wir Frauen haben nun mal Probleme in diesem Bereich."

"Nein, Deine Oberschenkel sind in Ordnung. Vielleicht ein wenig untrainiert, aber nicht dick."

Kann es denn wahr sein? Rede ich tatsächlich gerade mit einer verdammten Frau über ihre Figurprobleme? Wie tief kann ein einzelner Mann eigentlich noch sinken?

"Mein letzter Freund hat immer gesagt, meine Beine wären zu dick und mein Busen zu klein und meine Haarfarbe gefiel ihm auch nicht. Dabei bin ich nun mal blond."

"Dein Freund ist ein Idiot."

"Ich habe immer so ein Pech mit Männern, ich gerate immer an die gemeinen, herzlosen Typen."

Aus heiterem Himmel lehnte sie sich an Vegetas Schulter und begann wieder zu weinen. Nur mit Mühe konnte er einen Ki-Blitz unterdrücken. Dann klopfte er ihr mit einer steifen Bewegung zweimal leicht auf den Rücken. Sein Gesichtsausdruck demonstrierte totale Hilflosigkeit.

"So ist das Leben, das passiert. Du..."

Vegeta überlegte angestrengt. Was sagten die Leute immer in diesen hirnlosen Fernsehserien, die sich Bulma regelmässig reinzog?

"...du findest schon noch den richtigen."

Bei allen Göttern, wenn das hier einer erfährt, dann begehe ich Selbstmord oder so etwas.

"Ehrlich?"

Große blaue Augen blickten den Saiyajin fragend an.

"Meinst du das wirklich?"

"Ja, sicher."

"Weißt Du, mein erster Freund, der hat mich wegen einer Anderen sitzen lassen. Das habe ich erst im Nachhinein erfahren, er hat nicht einmal richtig Schluss gemacht..."

Sie begann zu erzählen. Irgendwann kannte Vegeta alle Liebschaften des Mädchens zu Genüge. In der Hoffnung, dass sie, wenn sie endlich einmal mit ihrer Leidensgeschichte fertig war, ihn endlich in Ruhe lassen würde, liess der müde Saiyajin ihre Tirade über sich ergehen. Er lehnte mit dem Rücken am Bettgestell, während ihm immer wieder langsam die Augen zufielen.

Wie viele Stunden war sie nun schon hier und erzählte ihm von ihren verflossenen Lieben? Er wusste es nicht genau.

Hin und wieder sagte er an der richtigen Stelle ‚ja' ‚ach' und ‚'nein, echt jetzt', um die Illusion aufrecht zu erhalten, dass sie ein Gespräch führten.

Einige Male ertappte sich der der Saiyajin sogar dabei, dass er anfing, ihrem femininen Geschwätz zuzuhören. Irgendwie konnte einem die Kleine fast leid tun, ein paar Männer hatten ihr anscheinend wirklich übel mitgespielt. Dabei schien sie doch ganz annehmbar zu sein. Zumindest im Rahmen dessen, was der Saiyajinprinz von einer Frau erwartete. Und das war nicht sehr viel. Wie es aussah suchte sie sich wirklich immer die falschen Männer aus. Er war doch das beste Beispiel.

Wurde sie nicht müde? Die war schlimmer als Bulma und Bulma hatte schon ein grosses Mundwerk. Als Vegeta irgendwann gelangweilt aus dem Fenster sah, stellte er fest, dass sich am Horizont bereits ein Silberstreifen bildete. Nur mühsam unterdrückte er ein Gähnen. Eine halbe Stunde später liess es sich nicht mehr leugnen. Ein neuer Tag brach bereits an. Die Sonne stieg über den Horizont.

"Ach du Schreck. Wie man sich doch verplaudern kann.", sagte Calypso, die in der Zwischenzeit kein bisschen mehr traurig war.

"Ich muss weg. Das es schon so spät ist. Huch!"

Sie sprang auf und huschte zur Tür. ENDLICH!

"Tut mir Leid, dass ich so abrupt abbrechen muss, Vegeta, aber die Arbeit ruft, das verstehst du doch, nicht wahr?"

"Ja, aber sicher verstehe ich das." Er bemühte sich, sich seine grenzenlose Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Sie war bereits an der Tür. Die Hand schon auf der Klinke drehte sie sich noch einmal um.

"Hast du eigentlich eine Freundin, Vegeta?"

Voller Panik erwiderte er "JA!".

"Oh, dann wird sie wohl sehr glücklich mit dir sein. Du bist nicht so, wie die Kerle an die ich geraten bin, und würdest von einer Frau niemals erwarten, dass sie nur für dich kocht und dich bloss mit ihr vergnügen wollen. Du würdest deine Freundin niemals so schlecht behandeln, nicht wahr? Und irgendwie bist du auch wirklich süss."

Sie warf ihm eine scheue Kusshand zu, die so gar nicht zu ihrem Verhalten am gestrigen Abend passte, und dann war sie durch die Tür verschwunden.

Er sank mit ausgebreiteten Armen in die Kissen. Der letzte Satz war zuviel gewesen.

ICH BIN DER PRINZ DER SAIYAJIN! ICH BIN EIN KILLER! ICH BIN BÖSE! ICH BIN FIES UND GEMEIN! UND ICH BIN BESTIMMT NICHT SÜSS! NIEMALS!

Ach, was sollte die Aufregung. Vielleicht würde er ja noch eine Stunde Schlaf bekommen, bevor Piccolo hier auftauchte. Der Namekianer hatte wahrscheinlich die ganze Zeit seelig geschlummert. Vegeta hasste ihn dafür. Er schloss die Augen.

Piccolo hatte sich schon von dem Festessen verabschiedet, da hatte Vegeta noch nicht einmal richtig angefangen. Aber was sollte ein Namekianer auch bei einem Essen. Wenn es eine Sünde gab, der er niemals verfallen würde, dann war es Völlerei. Das erlaubte seine Physiologie nicht. Sollt sich Vegeta ruhig den Bauch vollschlagen, dann würde er vielleicht entsprechend müde und würde ruhig schlafen. Ein Saiyajin, der schlief konnte zumindest nichts in die Luft sprengen.

Ausserem brauchte Piccolo selbst auch ein wenig Ruhe. Dieser ganze Wettbewerb und alles, was danach passiert war, hatte sich als anstrengender erwiesen, als man es zunächst hätte vermuten können.

Piccolo ging in sein Zimmer, wusch und entkleidete sich und legte sich zur Ruhe. Er hatte kaum 10 Minuten gedöst, als es an der Zimmertür leise klopfte. Er richtete sich auf.

"Wer ist da?"

"Ich bin es, Nereida." sagte eine weibliche Stimme. Es war eins dieser Mädchen, die den ganzen Tag nicht von seiner und Vegetas Seite gewichen waren. Piccolo zog sich wieder an, und ging zur Tür. Mit einem Ruck öffnete er sie.

"Was?"

Nereida grinste den Schlechtgelaunten an.

"Du warst so schnell weg, Piccolo. Dabei hast Du doch noch gar nichts gegessen. Falls du Hunger hast, ich habe dir leckere Früchte mitgebracht."

Sie drängte sich an ihm vorbei in das Zimmer. Auf den Händen balancierte sie ein silbernes Tablett mit Obst.

"Ich brauche nichts, danke." sagte Piccolo ein wenig schroff.

Ihm stand jetzt nicht der Sinn nach einer Unterhaltung. Ihr anscheinend schon. Sie platzierte das Tablett auf einem niedrigen Beistelltisch und sich selbst auf einem kleinen Hocker neben seiner Bettstatt.

"Bist du sicher, dass ich so gar nichts für dich tun kann, hm?"

Piccolo war verwirrt. Was in aller Niederhöllen Namen wollte sie noch? Sie hatte das Essen doch gebracht.

"Du hast die Früchte umsonst hergeschleppt. Ich bin Namekianer, wir essen nicht."

Piccolo stand immer noch an der Tür. Hinter sich hörte er eine Stimme. Eine andere Begleiterin, die Rothaarige, stand auf dem Gang.

"Ach da bist du, Nereida. Jetzt sag bloss, du willst Piccolo für dich allein haben. Das kannst du aber vergessen. Er gehört mir."

Mit diesen Worten betrat das Mädchen entschlossen das Zimmer. Piccolos Verwirrung stieg ins Unermessliche, wovon redeten die? Von ihm, so viel war klar. Nur, was wollten sie hier mitten in der Nacht.

Nereida war in der Zwischenzeit aufgestanden.

"Schlag dir das aus dem Kopf. Najade. Ich war zu erst hier. Er ist mein Namekianer! Such dir einen eigenen."

"Ich habe gleich am Anfang gesagt, dass ich ihn will."

"Dafür war ich zu erst hier."

Die beiden Mädchen standen sich kampfbereit gegenüber. Die Luft zwischen ihnen knisterte.

"Ihr irrt Euch alle." sagte eine dritte Stimme vom einem großen, offenen Fenster. Dort vor dem Fenster, auf dem Balkon der zum Zimmer gehörte, stand noch eine schwarzhaarige junge Frau. Sie hatte heute Mittag auch zu ihrem ‚Empfangskommitee' gehört.

"Ich war vor euch allen da."

"Und ich habe mich schon gefragt, wo du steckst, Dryadi," sagte Najade.

Lässig schwang sich Dryadi über das Fensterbrett in den Raum hinein.

"Sieht so aus, als könnten wir uns mal wieder nicht einigen, was? Na dann müssen wir die Entscheidung wohl Piccolo überlassen."

Alle drei sahen den Namekianer herausfordernd an.

"Sie hat recht", verkündete Nereida im Brustton der Überzeugung. "Was sagst du dazu, Piccolo."

Piccolo hatte einige Mühe nachzuvollziehen, was da in seinem Zimmer vor sich ging.

"Am liebsten wäre es mir, ehrlich gesagt, wenn ihr alle drei jetzt gehen würdet, damit ich in Ruhe schlafen kann."

"Ha, mit ‚in Ruhe schlafen' meint er, dass ihr zwei verschwinden sollt." Najade legte besitzergreifend eine Hand auf Piccolos Unterarm.

"Seht es wie es ist, er will seine Ruhe, und zwar mit mir."

Das Najade das Objekt ihrer Begierde berührte, wollten sich die anderen Beiden nicht gefallen lassen. Sie stürmten auf Piccolo zu, dem langsam aber sicher dämmerte, wofür die drei ihn brauchten.

Mit einem Sprung brachte er sich in Sicherheit vor den aufgebrachten Mädchen.

"Das ist unfair, du hast ihn erschreckt, Nereida", sagte Dryadi und blickte zweifelnd zu Piccolo hoch, der ausserhalb ihrer Reichweite an der hohen Decke schwebte. Der Namekianer blickte verstört auf die drei Grazien hinab. Er überlegte kurz, ob er sich ein anderes Zimmer suchen sollte, aber vermutlich würden sie ihm hinterher kommen und alles würde von vorn beginnen. Er musste ihnen klar machen, dass ihm als asexuellem Wesen nichts an menschlichen Fortpflanzungsbräuchen lag.

"Ich bin Namekianer." verkündete er, als ob das eine ausreichende Erklärung darstellen würde.

"Das wissen wir." antwortete Najade. "Jetzt hör auf zu schmollen und komm da runter und dann entscheidest du dich, mit welcher von uns du die Nacht verbringen willst."

Piccolo's Wangen röteten sich ob ihrer Direktheit.

"Ich bin Namekianer. Wir schlafen ALLEIN."

"Oh", kicherte Nereida, "An schlafen hat auch niemand gedacht, Herzchen."

Piccolos Wangen waren nun bei einem tiefen Rot angekommen.

"Nein, ihr begreift nicht, ich habe nicht eure sexuellen Gewohnheiten."

Den Mädchen starrten nun mit offenem Mund.

"Du meinst, du bist keusch?"

"Ja, Nein,... ach, verflucht, es funktioniert in meinem Volk eben anders als bei euch."

"Also, du willst keine von uns?"

Najade schüttelte ungläubig den Kopf.

"Du bist nur ein bisschen schüchtern, aber das macht nichts. Das kriegen wir schon geregelt."

"Darum geht es nicht. Ich bin ASEXUELL! So wie JEDER NAMEKIANER!!"

"Ach so, und ich dachte schon, es wäre etwas schlimmes."

"RAUS, RAUS, ALLE RAUS!!!"

Als Antwort stampfte Nereida energisch mit dem Fuss auf.

"Ich jedenfalls gehe hier keinen Schritt weg, solange die anderen noch hier sind. Nachher werde ich noch ausgebootet."

Die andern beiden erklärten, dass selbiges auch für sie gelte und da die drei nicht gehen wollten, kam Piccolo auch nicht von der Decke herunter.

Das Quartett verharrte schweigend eine halbe Stunde.

Dann brach Piccolo die Stille.

"Also gut, ich komme runter. Aber es gibt keine Fummeleien, verstanden! Ihr behaltet eure Hände und andere Körperteile bei euch. Klar?"

"Sicher, wenn du nur runterkommst."

Die drei nickten. Dann stand Piccolo wieder am Boden.

"Sehe ich das richtig, ihr bleibt jetzt hier bis morgen früh?

Sie nickten wieder.

"Und wenn ich jetzt weg gehe, dann werdet ihr mir folgen, nehme ich an."

Nochmaliges nicken.

"Dann müssen wir wohl diese Nacht überstehen."

Was sollte er tun? Schlafen ging nicht. Die drei leichten Frauenzimmer waren im Stande und legten sich dazu. Normalerweise würde er meditieren, aber sie würden ihn nicht lassen. Schade, dass er nicht auch ein Redeverbot zur Bedingung gemacht hatte.

Es würde eine lange Nacht werden. Warum konnten die drei nicht zu Vegeta gehen? Was wollten sie von ihm? Allerdings waren sie wahrscheinlich besser beraten, wenn sie Vegeta mieden. Wenn Vegeta in seinem Zimmer ein lüsternes Mädchen fand, würde er sie vermutlich pulverisieren.

Piccolo seufzte. Er war nicht gerade soziophil. Und ausgerechnet er war mit drei verrückten Freudenmädchen gestraft.

"Wie wäre es, wenn wir Karten spielen?", schlug er vor.

"Oh ja, wie wäre es mit Strippoker?"

"NEIN!"

"Oh, ok."

Kaum hatte der Saiyajin die Augen zugemacht, klopfte es an der Tür. Er reagierte nicht.

Wenn ich es ignoriere, geht es vielleicht von alleine weg.

Das Klopfen wurde lauter. Dann erklang Piccolos griesgrämiger Bariton.

"Vegeta, was machst Du da drin? Komm raus, wir haben heute noch eine Audienz."

Vegeta erhob sich mühsam und tappte zu Tür.

"Brüll mich noch einmal so an, Namekianer, und du kannst Deine Einzelteile über den ganzen Palast verstreut einsammeln."

Piccolo entging nicht, dass der Prinz dunkle Ringe unter den Augen hatte. Anscheinend war dessen Nacht auch nicht so blendend gewesen. Er selbst hatte Nereida und ihre Freundinnen erst vor einer halben Stunde abschütteln können.

Die beiden Zeitreisenden machten sich auf dem Weg zum Thronsaal. Vor sich hörten sie weibliche Stimmen. Piccolo blieb schlagartig stehen, das waren doch schon wieder die unaussprechlichen Drei.

"Also, dieser Piccolo", hörte er Najade sagen, "war wirklich ein Schatz. Und er war sooo romantisch. Ich glaube, er war ein bisschen in Jede von uns verliebt. Aber weil er keiner von uns das Herz brechen wollte, indem er einer den Vorzug gab, hat er sich unglaublich zurück gehalten. Die ganze Nacht über. Dabei ist er bestimmt ein sehr leidenschaftlicher Mann."

Vegeta bedachte Piccolo, der wieder einmal rot wurde, mit einem langen konsternierten Blick.

"Frag nicht." war alles was der Namekianer sagte. Vegeta lag schon eine bissige Bemerkung auf der Zunge, als er zu seinem Erschrecken die Stimme Calypsos vernahm.

"Und Vegeta, das ist erst ein toller Mann. Er ist ja so unglaublich verständnisvoll und nett und einfühlsam und er kann so gut zuhören."

Vegeta sah starr geradeaus. Auch seine Wangen verfärbten sich sichtlich.

"Wir vergessen das Ganze. Das ist nie passiert." sagte Vegeta leise.

"Ja." antwortete Piccolo tonlos.

Sie nahmen einen anderen Weg zum Thronsaal.

Jaa, liebe Leser, was soll man dazu noch sagen?

Mit den sinnlichen Freuden hat es wohl nicht so geklappt. Und wie immer sind noch tausend Fragen offen. Wird Piccolo Vegeta 17&4 beibringen? Wird Vegeta mit Urd über ihre Probleme sprechen? Wird er dabei lernen, was "schlechtes Karma" bedeutet? Was hat Gott sich für die beiden unerschrockenen Helden ausgedacht und wann werden sie denn nun endlich dem Endziel näher kommen?