Autor: Diva
Teil: 1/4 (glaub ich...^-^")
Disclaimer: Nicht mir, nie gewesen! Ich hab sie nicht mal angefasst T-T (nur sich gegenseitig anfassen lassen *davonschleich*)
Vorwort: Ha, ich hab Reviews bekommen...*freudentanz* yuchu!!
Hey, ich mag Schuschu auch! Is so ziemlich mein Favorit... zusammen mit Aya (*hust* Flammen der Schuld *hust*) Und am Ende... *g* Aber, ich will ja nicht spoilern. Offene Dramen liegen mir nicht.
Ich mag jeden Chara aus ganz besonderen Gründen! Sogar Farfie... Ich plane eine Entstehungsgeschichte zu Schwarz, aber ich weiß noch nicht, ob das jemand lesen will?? Naya, als ob das meine Idee davon abhalten würde, sich durch meine Finger zu quetschen...Aber meinem Ego würde es helfen...*egovergräbtsich*
However, back to basics: Here we go.


Herzschlag aus Eis

Act one - Longing for your cold embrace

Das Haus war genauso groß und luxuriös, wie er erwartet hatte. Pure Geldverschwendung, wohin er auch sah, dachte Nagi, nachdem er seinen Rundgang durchs Haus beendet hatte. Jetzt saßen sie in einem großen Wohnzimmer, das eher einem Salon aus dem venezianischen London ähnelte, und warteten auf Crawford und ihren Auftraggeber. Still seufzend strich er mit den Fingern über das Samtbrokat eines Kissens, das neben ihm auf dem Sofa lag. Sanft, so sanft. Er fuhr über die beinahe unsichtbaren, dafür aber sehr edlen Stickereien und lächelte verträumt. Ein wunderbares Gefühl, der rauhe Widerstand auf dem glatten Stoff. Ein zaghaftes Gefühl von Halt.
"Weißt du Chibi, wenn du jemanden brauchst, der dich hält...Ich hätte da was im Angebot..."
Nagi zog seine Hand zurück, ruhig und ohne Hast, und erwiderte Schuldigs provokanten Blick kühl. Der Deutsche saß neben ihm und grinste.
"Worauf möchtest du hinaus?" Als Schuldig nur noch breiter grinste, gab er es auf, eine vernünftige Antwort zu erhoffen. "Vergiss es, ich will es gar nicht wissen.", meinte er gelangweilt und wandte sich wieder dem äußerst interessanten Kissen zu. Auf einmal spürte er eine Hand, die sich auf seinen Oberschenkel legte.
Nicht wirklich überrascht, schloss er seine Beine und schob Schuldigs Hand beiseite. Noch weniger davon überrascht, dass die Hand dort nach einer Sekunde
wieder lag, drehte er sich zu Schuldig um und starrte ihn unbeeindruckt an.
"Lass das."
"Was denn, kiddo?" Lasziv grinsend beugte Schuldig sich zu ihm herüber, die Hand weiter zwischen Nagis Beine führend. "Schüchtern?"
"Nimm deine Hand da weg."
"Uhm, sei doch nicht so ein prüdes Spielzeug. Das langweilt mich."
"Nun, ich bin nicht dazu da, dich zu unterhalten."
`Was nicht ist, kann ja noch werden.`
`Ich warne dich.`
`Wovor, Chibi?`
"Ich könnte dir weh tun."
"Nicht doch. So böse Drohungen aus so einem hübschen Mund."
"Hör auf."
"Dass du dich wehrst, überrascht mich."
Nagi funkelte ihn einen Moment an und Schuldig hätte sich bei diesem wundervollen Anblick beinahe selbst vergessen, aber da war das Glühen auch schon wieder erloschen. Verdammt! fluchte Schuldig innerlich. Sein Triumph war so kurz gewesen, dass er ihn nicht hatte genießen können. Nagi war wieder völlig ruhig, die Augen unbeeindruckt und ausdruckslos. "Lass mich in Ruhe, Schuldig."
Eine Stimme wie Eis. Trauriges, verletzendes Eisgeflüster. So ruhig... so kalt, dass es weh tat. Oh wie sehr verlangte es Schuldig danach, dieses kalte Feuer in Nagi zu schüren, bis sie beide darin verbrannten... Aber nicht jetzt, noch nicht, mahnte er sich.
"Hm, na gut, na gut. Aber nur, weil Crawfie sonst bös wird."
Schuldig entfernte sich grinsend und warf Crawford, der just in diesem Moment den Raum betrat, einen unschuldigen Blick zu. "Hi Bradley, du kommst gerade richtig. Nagi-wagi-chan," er legte einen Arm um Nagi, "und ich haben uns gerade gefragt, wann du wohl endlich auftauchen wirst. Haben dich soo furchtbar doll vermisst."
"Aha." Crawford ignorierte Schuldig kühl und machte einen Schritt zur Seite. Hinter ihm trat ein etwas älterer Mann hervor, der sie scharf musterte.
"Nagi, Schuldig, das ist Mister Marten, unser Auftraggeber."
Er hielt zwei Fotos hoch und Nagi zog sie mit seinen Kräften zu sich.
Er musterte die Bilder, auf einem ein Mädchen, auf dem anderen eine junge Frau.
Crawford nickte Mister Marten knapp zu und dieser begann: "Das eine ist meine Tochter, Mika, das andere meine Frau Sophie." Schuldig, der mittlerweile die Fotos vor sich hatte, runzelte die Stirn. Sophie und Mika, schön und gut, aber wer war wer? Beide schienen verdammt jung. Er sah auf, doch Crawford hieß ihm mit einem Blick, jetzt besser keine Fragen zu stellen, also schlüpfte er blitzschnell unbemerkt in den Kopf dieses ominösen Martens und nahm sich die Antwort einfach. Er teilte sie großzügig mit Nagi und beide nahmen ein Foto.
Mika, das blonde Mädchen mit den großen blauen Augen für Nagi und die große Brünette mit dem naiven Gesichtsausdruck für Schuldig. Geschmäcker hatte der Kerl. Wenn seine Frau auch nur einen Tag älter als zwanzig war, würde er sich eigenhändig zu Farfie in die Zelle sperren.
Nagi hörte diese Gedanken mehr oder weniger freiwillig, da sie immer noch verbunden waren, und meinte bloß, dass es sie nichts anginge und er nicht so einen Blödsinn denken solle.
"Und ich kann mich auf euch verlassen," verlangte Mister Martens zu wissen.
"Natürlich.", versicherte Crawford entschlossen.
"Gut." Sein Blick ruhte einen Moment zu lange auf Nagi, als dass es Schuldig hätte entgehen können, dann verabschiedete er sich. "Also, bis dann."
Und schon hatte er auf dem Absatz kehrt gemacht und war mit harschen Schritten im Flur verschwunden.
Schuldig kicherte leise. "Wow, was ein Abgang! Das nenn ich nen sympathischen Kerl. Unser Bradley hätte es nicht besser hinbekommen..."
Wieder ignorierte Crawford Schuldigs Sprüche, obwohl es ihm angesichts der erneuten Erwähnung seines Vornamens schon etwas schwerer fiel.
Sein Blick war unberührt auf Nagi gerichtet. Der Jüngste Assassin verstand, erhob sich leichtfertig und folgte ihm, als er sich umdrehte und ebenfalls in Richtung Flur ging.
"Hey, du kannst mir nicht einfach mein Spielzeug wegnehmen." Maulte Schuldig hinterher, doch niemand antwortete ihm.
"Menno..." Schmollend räkelte er sich dem Sofa entgegen. "...was glaubt der, wer er ist. Einfach mein kleines Püppchen klauen...Pah! Ich krieg es ja doch noch."
Nachdem er sich eine Weile auf dem Sofa geräkelt und letzte Details an seinem Plan verbessert hatte, stand er schließlich auf.
"Uff, na gut, Gut Ding will Weile haben. Geh ich eben erst mal Farfie füttern. Den armen Kerl haben sie in den Keller gesperrt." Er kicherte leise.
Ja, ein bisschen mit Farfie spielen, würde ihn bis zum Abend gut beschäftigen.

+

"Und du machst nie etwas Verrücktes? Keine ekligen Eigenheiten?"
Nagi sah Mika nur irritiert an. Das blonde Mädchen kicherte.
Der Walzer im Hintergrund lief aus, wurde nahtlos gegen einen anderen, etwas leiseren eingetauscht. Sie bewegten sich weiter im Takt, die Mienen unverändert.
"Na, ich meine... zum Beispiel Essgewohnheiten. Ich zum Beispiel steh auf Shrimps mit Honig... Du isst doch, oder?"
Das entlockte Nagi tatsächlich ein leichtes Lächeln. Eigentlich war sie gar nicht so unsympathisch. Relativ gesehen, natürlich.
"Mehr als du bestimmt."
"Ich mein ja nur, du bist so zierlich. Man kann gar nicht unterscheiden, wer von uns das Mädchen ist...so hübsch bist du."
Jede Antwort wäre ihm jetzt unangenehm gewesen, aber er lächelte weiter.
Warum konnte nicht jeder Job so angenehm sein?
Für einen seltsamen Moment lang fühlte er sich völlig entspannt und ruhig. Auf ungezwungene Weise.
Sein Blick schweifte durch den Ballsaal, traf als erstes Schuldig, der am Buffet stand und offensichtlich großen Spaß dabei hatte, mit der Frau ihres Auftraggebers, Sophie, zu flirten. Seine orangenen Haare, der weiße, maßgeschneiderte Anzug, das amüsierte Glitzern in den grünen Augen... Nur ein Blinder hätte ihn übersehen können, so sehr stach er aus der Menge heraus. Nagi zuckte zusammen, als Schuldig seinen Blick auffing und erwiderte... diese dunkle Aura machte ihm Angst... wie Luzifer persönlich. Das amüsierte Grinsen in Schuldigs Gesicht wurde einen Wimpernschlag lang beinahe dämonisch. "Vielleicht hast du gar nicht so Unrecht, Chibi. Wie wär´s mit einem ... Teufelstanz??" Die lautlose Frage bohrte sich in seinen Kopf und dann war der Eindruck auch schon verschwunden, zusammen mit Schuldigs Gestalt vor seinen Augen. Er und Sophie hatten wie von Geisterhand die Plätze getauscht und plötzlich sah er nicht mehr Schuldigs sondern Sophies Gesicht. Er blinzelte verwirrt und konzentrierte sich wieder auf den Körper in seinen Armen, der nur minimal kleiner war als er selbst. Mika lächelte immer noch, als er ihr wieder ins Gesicht sah.
"Sag mal, Nagi, ist es dir unangenehm, mit mir tanzen zu müssen?"
Wieder war einen Moment verwirrt...aber das legte sich so schnell wieder, wie ein sanftes Lächeln auf seine Lippen.
"Nein, ich tanze sehr gerne mit dir." Das war die Wahrheit. Es erfüllte ihn mit großer Ruhe, einfach nur durch den Raum zu schweben, getragen von der Musik und der leichten Umarmung dieses Mädchens. Sie war eine angenehme Auffrischung, eine zarte Brise in den stürmischen Winden, die sonst an ihm zerrten...
Es war ... angenehm.
Wieder verlor sich sein Blick darin, durch den Raum zu schweifen, diesmal traf er Crawford.
Der war nicht ganz so leicht von der Menge zu unterschieden, in seinem kühlen, makellosen Auftreten passte er perfekt zu den ihn umgebenden Geschäftsmännern.
Auch Crawford spürte Nagis Blick, vielleicht hatte er ihn auch vorhergesehen, jedenfalls begegnete er ihm für den Bruchteil einer Sekunde. Genau so lang, wie es nötig war, um in Nagi ein ungutes Gefühl aufsteigen zu lassen.
Irgendetwas war falsch. Er fühlte sich zu gut. Das hier war ein Auftrag. Nachher würde er vielleicht jemanden töten müssen, das sollte sich nicht gut anfühlen.
Das durfte sich nicht gut anfühlen. Was war los? Wo kam die böse Vorahnung her? Mit einem Mal fühlte er sich seltsam fehl am Platz... fremd, irgendwie.
Seine Hände lagen noch an der selben Stelle, wie eben, auf ihre Hüfte und in ihrer Hand, seine Füße bewegten sich immer noch rhythmisch im Takt, schwerelos...selbst das Lächeln lag noch auf seinen Lippen, sanft und ehrlich.
Es war genauso wie noch vor einem Moment und doch erschreckend anders. Seine Bewegungen wurden hohl, waren mit einem Mal so viel langsamer. Seine Umgebung verzerrte sich wie klebriges Kaugummi. Die Töne klangen nur noch gedämpft an seinem Ohr. Falsch...so falsch. Gelächter, Musik... Blicke auf ihm, Menschen um ihn herum. Sein eigener Körper pochte in kalter Erregung. Und er wusste, jetzt war es soweit. Sie kamen.
In der für die anderen friedlichen Idylle des Festes tat es auf einmal einen Knall. Schwarzgekleidete Männe brachen durch die Decke.
Berstendes Glas, überraschte Schreie, nervöses Stimmengewirr und dann... die ersten Schüsse.
"Ruhe! RUHE!! Keiner bewegt sich."
Wie einschnappendes Gummiband wurde Nagi zurück in die Zeit gezerrt, alle Sinne zum Zerreißen gespannt. Gefahr.
Ein Blick zu Crawford... Ein Nicken... Die blauen Augen weiteten sich vor Schreck... Aber Befehl war Befehl... Die Kraft in ihm wuchs... Das Geräusch brechender Knochen vermischte sich mit Schmerzensschreien und in ihm... da war nur ein riesiges Gefühl der Erleichterung... endlich konnte er seine Energie loswerden... Aber irgendetwas fühlte sich falsch an...
Etwas war zu... mächtig... Sein Körper zitterte unkontrolliert.
Er sah noch ein paar vorbeifallender Augen... blaue, braune... jadegrüne...
Dann war alles schwarz.
Wie schon so oft.

+


Nagi sank langsam die Rückwand der Dusche herab, die schmerzenden Augen geschlossen. Sein ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. Mit tauben Fingern tastete er nach dem Schalter, drehte das warme Wasser so weit auf, wie es nur ging. Wärme, er brauchte dringend mehr Wärme.
Während das kochendheiße Wasser auf ihn niederprasselte, seine blasse Haut langsam rot färbte, zog er die Knie an und bettete seinen Kopf auf die darum geschlungenen Arme.
Wenn er nur lange genug hier sitzen würde, sagte er sich, dann würde der Anfall schon vorbei gehen. Hauptsache er blieb ruhig!
Ja, Schmerz ging immer vorbei. Außerdem war es weder das erste Mal, dass er so etwas ertragen müsste, noch war es besonders überraschend gekommen.
Selber Schuld, wenn er seine Kräfte nicht richtig kontrollierte. Er hätte es besser wissen und sie schon gestern entladen müssen. Aber irgendetwas hatte ihn wohl abgelenkt, normalerweise passierte es sehr, sehr selten, dass er das einfach vergaß. Irgendetwas störte sein Gleichgewicht und die Energie durchfloss ihn nicht, sondern staute sich. Das war mehr als gefährlich, denn kein Gefängnis war stark genug, um dieser Kraft standzuhalten, neben der Erde selbst, natürlich. Allein Medium für sie zu sein beanspruchte viele Opfer für sich, forderte seinen Tribut an seinem jungen Körper. Für seine 15 Jahre war er zu klein und zu dünn, alles eine Folge seines übernatürlich hohen Kalorienverbrauchs. Und all die Energiedrinks, Riegel und Medikamente änderten nichts daran, dass er wohl früher sterben würde, als es für ihn vorgesehen war. Mit jedem unkontrollierten Ausbruch verkürzte sich seine Lebensspanne um weitere Wochen, Monate, Jahre.
Seine Augenlider flatterten, er wischte die in seinen Wimpern gefangenen Tropfen weg und starrte dem Wasserstrahl, der weiter auf ihn herab plätscherte, ausdruckslos entgegen. Es war längst nicht mehr so heiß, wie er es zu Anfang gestellt hatte, aber es fiel immer noch gleichmäßig herunter und das war, worauf es ankam. Das Fortspülen. Wasser war ein überaus mächtiger Stoff. Ein starkes Element. Es saugte die überreizten Ladungen aus seinem Körper und riss sie sanft fort, spülte sie einfach in den Abfluss ohne irgendwelche Fragen zu stellen.
Langsam aber sicher kam er wieder zur Ruhe.
Ein letztes Mal spulte sich vor seinem inneren Auge der Kurzfilm ab, der die Geschehnisse des Abends in Bruchstücken wiedergab...
Ein letztes Zittern, Aufbeben, dann war es vorbei.
Das Wasser hatte all seine Erinnerung aus seinen Augen gewaschen, all seine Kraft aus dem Körper... Nur er war zurückgeblieben... Leer, schwer atmend und vor Hitze dampfend... Das Wasser war jetzt völlig kalt, aber sein Körper war warm. Ein seltsam beruhigendes Gefühl.
Er kippte zur Seite und blieb liegen.
Mit einem Mal war er sehr müde...

*

"Weißt du, Farfie, manchmal kannst du echt nerven."
Der Ire kicherte nur und zog das Messer aus der Tischplatte. Seufzend strich Schuldig sich die Haare aus dem Gesicht. Sein Kopftuch lag zusammengefaltet neben ihm.
"Warum bist du eigentlich so durchgeknallt? Nicht mal jetzt kann man sich mit dir unterhalten." Er nahm eines der anderen Messer, die auf dem Tisch herumlagen, griff nach Farfarellos Hand und rammte es hinein. "Du könntest wenigstens irgendetwas sagen! Dein blödes Gegiggel macht mich ganz verrückt."
Wieder war die einzige Reaktion nur ein Lachen von Farfarello. "Du bist doch nich ganz dicht", knurrte Schuldig und stand auf. Unruhig ging er in der Küche auf und ab, nahm eine Orange und begann, mit den Fingernägel langsam die Schale
Abzuziehen (1). Als er fertig war, warf er sie achtlos in den Mülleimer und suchte nach der nächsten Beschäftigung. Farfarello war mittlerweile vom Stuhl gerollt und balgte sich mit dem Messer, zog die scharfe Klinge abwechselnd über die Küchenfliesen und die Haut seiner Arme, wie immer ein fasziniertes Grinsen im Gesicht. Wütend, aus Gründen, die er selbst nicht verstand, sprang Schuldig auf Farfarello zu, packte ihn und begann blindlings auf ihn einzuschlagen.
Dass Farfarello sich nicht wehrte, sondern nur vergnügt quiekte, teilweise regungslos dalag und ihn erwartungsvoll anstarrte, manchmal sogar seine Faust packte und sich ins Gesicht rammte, machte ihn nur noch wütender.
Verdammt noch mal, was sollte das eigentlich alles? Er wollte viel lieber etwas anderes tun, als diesen durchgeknallten Iren vermöbeln. Aber Crawford war immer noch bei Nagi und so lange der da war, hatte er, so ungern er das auch zugab, eh keine Chance auch nur den kleinen Finger von Nagi zu berühren.
"Verdammter Eisklotz!" grummelte er Gedanken an Crawford verschwendend und verpasste Farfarello noch eine. Er griff nach dem Messer, das der Ire immer noch umklammert hielt, zerrte es ihm gewaltsam aus der Hand, wobei Farfarello sich nur wehrte, damit Schuldig ihm wehtat, und zog es ihm schließlich übers Gesicht. Blut quoll hervor, es dauerte allerdings ein bisschen, wahrscheinlich hatte es in seinem Körper nicht mehr besonders viel seit er sich vorhin wieder mal fast zerfleischt hätte. Oder aber es wurde gerade für etwas Anderes benötigt, schoss es Schuldig durch den Kopf und als er an Farfarello herabsah, wurde sein ungutes Gefühl nüchtern bestätigt.
"Du widerst mich an, Idiot." Er ließ das Messer neben Farfarello auf den Boden fallen und erhob sich verächtlich schnaubend. "Du bist die Schläge, die man dir gibt, gar nicht wert. Elender Psychopath." Angewidert davon, dass seine Prügel keine andere Wirkung gehabt hatten, als Farfarello zu erregen, spuckte er eben diesen an und wandte sich ab. Die Wut in ihm brodelte nur noch schlimmer als vorher. Warum, verdammt noch mal, war nicht er jetzt bei Nagi sondern ihr bescheuerter Anführer? Der Kleine war völlig hilflos und so begehrenswert schwach... er sehnte sich danach, jetzt bei ihm zu sein.
Seine Augen funkelten böse, als weiter durch die Küche irrte, sich noch eine Orange griff und das wehrlose Obst langsam schälte, zerquetsche und wieder fortwarf. Scheiße, er musste diese Aggressionen irgendwie loswerden, aber blödes Obst zu quälen half nicht besonders weiter.
Er brauchte einen Menschen. Blut. Todesröcheln. Die Lust, einem Menschen die Luft zum Atmen zu nehmen.
Seine Hände schmatzten, als er sie aneinander rieb und einen Moment gab er sich der Vorstellung hin, dass es wirklich Blut sein könnte, das da die weiße Haut befleckte, aber dann ging die Küchentür auf und allein das Geräusch klärte seine Vision, von dem Anblick, der dann folgte, ganz zu schweigen.
Crawfords eisiger Blick glitt prüfend über das von Schuldig provozierte Chaos in der Küche: Farfarello lag immer noch am Boden, nuckelte an seinem Messer und suhlte sich in einem Gemisch aus Orangenpampe und seinem Blut, während Schuldig am Küchentisch saß und eine Orange nach der andern vernichtete; dann räusperte er sich lautstark und schob seine Brille mit dem Mittelfinger nach oben.
"Wie ich sehe, amüsiert ihr euch prächtig. Sehr erfreulich."
"Ach nein, wer kommt denn da? Warst du lang genug mit Nagi zusammen, ja?"
Schuldig erhob sich und kam Crawford bedrohlich nahe. Dieser jedoch blieb wie gewöhnlich ruhig und rümpfte angesichts der Sauerei an Schuldigs Händen und Klamotten die Nase. "Ich habe ihn bloß zu Bett gebracht, wenn du das meinst. Hätte ich dich das etwas machen lassen sollen? Ich denke nicht."
"Hauptsache du hattest deinen Spaß, was?"
"Nagi hatte einen Anfall und wäre eben in der Dusch beinahe ertrunken. Das verstehe ich nicht unter Spaß."
"Warum, zum Teufel, machst du dir solche Sorgen?"
"Zumindest soviel Gehirn hätte ich dir zugetraut. Ich würde selbst dich aufsammeln. Ihr seid zu wertvoll, um euch einfach verrecken zu lassen."
Schuldig knurrte. Für einen Augenblick schien die Welt zwischen ihren Blicken einzufrieren, bis es Schuldig zu bunt wurde und er kurzerhand seine Hände grinsend an Crawfords Anzug abwischte. Als er sich daraufhin zum Gehen wandte, packte Crawford ihn und hielt ihn zurück.
"Du wirst nicht zu ihm gehen."
"Keine Sorge, Braddy. Momentan steht mir der Sinn eher nach Blut als nach Unschuld. Bis später."
Er wand sich aus Crawfords Griff und verschwand.
Crawford ließ ihn gehen.
Besser er reagierte sich an irgendeinem Menschen ab, als dass er sich an Nagi verging.


*

(1) Ab der richtigen Länge is des kein Prob ^-^ *orangeauseinanderfetz*
(2) Okay, normalerweise wäre Schu jetzt getötet worden, weil er Braddys Anzug dreckig gemacht hat, aber naya Crawfie hatte schon seine Gründe, ihn gehen zu lassen. Ein wütender Schu hätte nur das ganze Haus auseinander genommen und sich nach ein bisschen Ruhe zu sehnen is doch verständlich, oder? Dafür nimmt man auch schon mal ne teure Rechnung in Kauf.

*

Das blasse Mondlicht warf silberne Schatten auf das jugendliche Gesicht.

Schuldig saß an Nagis Bettkante und beobachtete die fragile Gestalt wie verzaubert.
Der kleine Körper wirkte wie eine hilflose Puppe aus weißem Porzellan in einem viel zu großen Bett mit weicher weißer Satinbettwäsche.
Es verlangte ihn danach, dieses Bild perfekter Unschuld mit Blut zu beflecken.
Ein verbotener, sinnlicher Traum, der ihn wie ein Magnet anzog.
Und früher oder später würde er bekommen, was er wollte. So war es immer.

Schuldig streckte seine mentalen Hände nach Nagis Geist aus - und wieder machte er die selbe Erfahrung, wie schon die Male zuvor. Nagis Bewusstsein war völlig leer.
Da waren keine Schilde, die ihn abhielten, nein, da war einfach nichts, was hätte abgeschirmt werden müssen. Die Eindrücke der Welt, Gedanken und Kräfte, selbst Schuldigs Berührung, flossen einfach durch ihn hindurch, so als ob er gar nicht da wäre.

Dieses Kind war eins mit der Welt und gleichzeitig nichts.

Schuldig tastete weiter, er wusste, wonach er suchte. Nagi zog seine Kraft aus dem Zustand seiner Seele. Wenn er völlig leer und eins mit der physikalischen Welt um ihn herum war, war es ihm auch möglich, diese Welt sich zu eigen zu machen und die verborgenen Kräfte so zu lenken, wie er es wollte. Sozusagen wie ein Medium, ein Gefäß für diese Kräfte, zumindest für eine gewissen Zeit, meistens Impulse.
Darin lag seine tragische Unschuld.
Aber da! Schuldig grinste gewinnend. Er hatte es gefunden. Inmitten dieses ruhigen, kühlen Flusses gab es auch einen kleinen Widerstand. Eine Kugel aus Eis, in der Nagi Erinnerungen bewahrte, die er von dem Fluss der Lebensenergie nicht fortreißen lassen konnte. Ob er nun wollte oder nicht, aber dieses letzte Beweisstück seiner Menschlichkeit war da und Schuldig sehnte sich danach, genau dieses Stück zu besitzen. Die Gedanken im Innern dieses Eiskristalls waren so tief verborgen, dass Nagi nicht einmal davon träumte. Schuldig liebte Geheimnisse, sie zogen ihn magisch an. Er ernährte sich von den Gefühlen und Gedanken anderer Menschen, sie waren das Einzige, was er richtig fühlen konnte, und wenn es da tief im Unterbewusstsein ein Stück Erinnerung gab, war es wie eine verboten glänzende Frucht, die er nur zu gerne pflücken würde.
Er wollte Nagi brechen und diese köstliche Frucht der Unschuld aus ihm herausreißen.
Er konnte nicht anders, als das zu wollen. Es war so, als würde dieser Gedanke Tag für Tag mehr Macht über ihn gewinnen. Schmerz, Verzweiflung, Hilflosigkeit... das waren die Gefühle, die er heraufbeschwören würde, um sich daran zu laben. Vielleicht auch Hass und Zorn. Und Lust. Ja, nichts ließ einen Menschen mehr verzweifeln, als sich seinem eigenen Körper unterwerfen zu müssen. Die anderen - oh, so köstlichen - Gefühle würden dann unisono hervor brechen.

Mit einem einzigen, brennenden Herzschlag, der das Blut in wilder Flucht durch die Venen schickte.

Während er so dasaß, an Nagis Bett, und darüber nachdachte, was er mit dem Kleinen alles anstellen würde, merkte er gar nicht, dass sich die Zimmertüre langsam öffnete.
Erst als sich zwei starke Hände auf seine Schultern legten, wurde er sich der Realität um ihn herum wieder bewusst. Es war fast seltsam mit welcher Gewalt er aus diesem verzauberten Traum gerissen wurde. Er wandte den Kopf und sah Crawford an.
"Was willst du hier?" Seine Stimme war ungewohnt leise.
"Die Frage ist, was du hier willst."
"Nichts."
"Dann wird es dir sicherlich auch nichts ausmachen, dein Nichtstun jetzt zu unterbrechen und mitzukommen. Ich muss mit dir reden."
"Hast du solche Sehnsucht nach mir, Bradley?"
Crawford antworte nicht, ließ Schuldig los und schickte sich an, den Raum zu verlassen. An der Tür drehte er sich noch einmal um und bedachte Schuldig mit einem vielsagenden Blick. Dann war er verschwunden.
Ein paar Sekunden verstrichen, bevor Schuldig sich erhob und Nagi ebenfalls allein ließ.

*

"Ich habe es verdammt noch mal satt, dass du dich hier ständig wie die Sittenpolizei aufzuführen versuchst. Was *ich* mache, ist allein *meine* Angelegenheit! Da hast du dich nicht einzumischen!" Er knallte die flachen Hände auf den Schreibtisch und funkelte Crawford wütend an.
Crawford blieb von Schuldigs Ausbruch sichtlich unbeeindruckt. Er rutschte in seinem Stuhl zurück und schob seine Brille zurecht. Allein diese Geste, als hätte er alle Zeit der Welt, regte Schuldig nur noch mehr auf. Gerade als er zu einem neuen Wortschwall ansetzen wollte, hob Crawford die Stimme. "Also gut, Schuldig, ich habe deine Meinung zur Kenntnis genommen..."
"Wie gütig." zischte Schuldig. Crawford fuhr unbeirrt fort.
"...Aber das ändert rein gar nichts an meiner."
"Was willst du damit sagen, Bradley?"
Crawford räusperte sich und strafte Schuldig mit einem eiskalten Blick, was in seiner kargen Körpersprache so viel wie "Nenn mich gefälligst nicht so!" hieß, dann fuhr er fort.
"Ich sage damit, dass ich nicht zulasse, dass du dich an Nagi vergreifst."
"An wem ich mich *vergreife*, ist allein meine Sache. Das geht dich nichts an."
"Es geht mich sehr wohl etwas an. Wie du dich vielleicht erinnerst, trage ich die Verantwortung für das Team. Probleme dieser Art kann ich nicht dulden."
"Probleme dieser Art, so? Entweder kommst du jetzt auf den Punkt oder ich hau ab und hol mir gleich, was ich von ihm brauche."
"Du wirst keinen Finger an Nagi legen. Das würde ihm nicht gut tun. Und ich kann es nicht riskieren, dass die Effizienz des Teams geschwächt wird."
"Bist du sicher, dass es dir nur darum geht?" Grinsend setzte Schuldig sich auf den Schreibtisch und schlug die Beine übereinander. "Willst du es nicht lieber selbst mit ihm machen? Wer weiß, was in deinem kranken Hirn vor sich geht."
Äußerlich zeigte Crawford keine Reaktion, aber seine Augen verrieten, dass in ihm ein kaltes Feuer loderte. Er beugte sich gefährlich ruhig zu Schuldig vor, dann schlug er ohne Vorwarnung zu, packte Schuldig und zwang ihn blitzschnell mit gestrecktem Oberkörper auf den Tisch vor ihm. Die Position war eindeutig.
Seine Lippen waren nah an Schuldigs Ohr, als er zu ihm sprach. "Weißt du, Schuldig, ich könnte dir das Selbe mit dir machen, wie du es Nagi antun willst. Ich könnte deinen hübschen Körper nehmen und brechen und wegwerfen wie eine wertlose Puppe. Dass du bereits befleckt bist, spielt keine Rolle, es würde trotzdem funktionieren. Dafür würde ich schon sorgen." Schuldig gefror, Crawfords ganze Präsenz strahlte eine durch Mark und Bein gehende Kälte aus. "Aber ich werde es nicht tun. Meine Hände sind mir zu schade, um sie in deinem Blut zu waschen. Solltest du jedoch meinen, mir meine Pläne durchkreuzen zu müssen, und es geht dich nicht im Geringsten an, wie die aussehen, werde ich meine Prioritäten neu sortieren. Und glaub mir, Einfallsreichtum bereitet mir keine Probleme." Nach einem kurzen Moment des Innehalten, entließ er Schuldig aus dem Griff und setzte sich in seinem Sessel zurück. Kühl musterte er Schuldig, der sich betont langsam und beiläufig wieder aufrichtete. Schuldig strich sich die Haare zurück und grinste ihn an. Trotzdem wusste Crawford, dass seine kleine Warnung ihre Wirkung nicht verfehlt hatte. Zumindest hoffte er das, sonst...
"Hm, gut, gut. Crawfie will also nicht, dass man den Kleinen anfasst." Schuldig räkelte sich verspielt auf dem Schreibtisch. "Aber ich frage mich, warum. Und den besorgten Papi nehm ich dir sicher nicht ab."
"Wie gesagt, Gründe gehen jemanden wie dich absolut nichts, ich wiederhole, nichts an."
"Jemanden wie mich? Du meinst eine deiner Lakaien, was? Aber ich sag dir was. Mich verarschst du nicht so leicht. Deine bescheuerten Drohungen kannst du dir sonst wo hin schieben. Wenn ich ihn will, werde ich ihn bekommen. Du änderst daran nichts! Aber wenn du so scharf darauf bist, darfst du gerne zugucken...Na, wie wär`s?"
"Du solltest jetzt gehen, Schuldig." meinte Crawford kühl.
"Pah, du wirfst mich raus?" Wieder warf er sein Haar zurück und grinste frech.
"Ja." Der Blick sagte eigentlich alles, aber Schuldig war eben Schuldig und grinste nur noch breiter.
"Und wer sagt, dass ich mich rauswerfen lasse?"
Crawford schickte Schuldig nur einen weiteren, tödlichen Blick, in dem seine ganze unbeugsame Kraft lag... und nach einem Moment des Zögerns gab Schuldig schmollend auf und ging. Eine vorübergehende Ruhe, das wusste Crawford, aber immerhin besser als nichts. Irgendwann würde er diesem nervenden Plappermaul schon noch endgültig den Mund stopfen.
Auf die eine oder andere Weise.

*

Nyahaha, ich liebe es, meine Leser (*winktdendreiLeutenzu*) darüber im Unklaren zu lassen, wer jetzt eigentlich genau was will. Wo ist der Anfang und wer steckt hinter allem? Höhö, wer weiß, vielleicht werden wir es nie erfahren?


However, danke, danke, danke für eure ganzen lieben Reviews und besonders die beiden Emails haben mich echt aufgebaut. Aber ist es fair, dass ein Kapitel NagixSchu beinahe genauso viele Kommentare wie fünf Kapitel AyaxSchu bekommt? Womit ich nicht sagen will, dass ihr diese Story nicht weiter kommentieren sollt (im Gegenteil!!) aber wahrscheinlich stimmt es einfach, dass es nich so viel Aya-Schu-fans gibt. Dabei sind sie so ein geniales Pairing. Was haltet ihr übrigens mal von AyaxBrad? *augenbrauenwackel* Macht halt mal nen Vorschlag^-^

Ich bin jetzt müde und roll mich ins Bett *immernochkrankis*

Ciao, Diva

PS: Herrje, das Kapitel is so kurz geworden... aber ich fand, es war eine gute Stelle, um Schluss zu machen. Ich bin doch gern gemein. Und bevor hier nich nochma so viel Reviews eingegangen sind, schreib ich auch nich weiter *gnadenloseerpressung*
Zu dem Chapter hab ich übrigens "Corners of my mind" von KORN, "Glasgarten" von Goethes Erben und "DIE UNSTILLBARE Gier" von Jim Steinmann(tanz der Vampire) gehört. Sehr empfehlenswert.
Bitte reviewt...