Disclaimer: L.o.t.R. immer noch dem hoch verehrten Tolkien zu eigen......Der restliche Schwachsinn ist von mir...

V Straße

Antonia verzichtete darauf, den Aufzug anzusteuern. So wie sie ihr Glück am heutigen Tage kannte, befand sich die Kabine sowieso im am weitesten von ihr entfernten Stockwerk. Außerdem kam sie bei einer Treppe nicht in die Verlegenheit, diese ihren Freunden erklären zu müssen. Wenn sie sich nicht ganz täuschte, warfen die drei trotz ihrer schnellen Flucht schon neugierige Blicke in die Runde.

"Glaubst du, jemand könnte versuchen, uns aufzuhalten?" fragte Aragorn als Antonia sie die Treppe hinunter führte. Sie merkte besorgt, dass seine Hand auf dem Griff seines Schwertes lag, der unter seinem Umhang hervor lugte.

"Und was ist das überhaupt für ein merkwürdiges Gebäude?" ließ Gimli sich brummelnd vernehmen. "Baumaterial wie diese Stufen hab ich in meinem Leben noch nicht gesehen - und das will bei einem Zwerg etwas heißen!"

Antonia blickte innerlich seufzend auf den Linoleumbelag unter ihren Füßen. Sie fühlte sich im Augenblick nicht in der Lage, dazu nähere Ausführungen zu machen. "Wir befinden uns in einer Klinik, einem großen Haus, in dem man Kranke behandelt und ich glaube nicht, dass jemand uns daran hindern wird, es zu verlassen." antwortete sie schließlich. "Jedenfalls nicht, wenn wir zügig durch die Eingangshalle marschieren und so tun, als wäre nichts dabei, dass ihr drei ausseht wie aus einem Kostümfilm entlaufen." Als darauf keine Erwiderung folgte, fügte sie hinzu, wenn wir Glück haben, ist ein Freund von mir schon vor dem Gebäude mit seinem ...ähm...Wagen. Dann kommen wir schneller von hier weg."

Die drei nickten nur stumm, auch wenn Antonia sehen konnte, dass ihnen unzählige Fragen auf der Zunge lagen. Wahrscheinlich erinnerten sie sich an einige der Dinge, die sie ihnen damals erzählt hatte und hatten beschlossen, sich von dieser Welt nicht so schnell vor den Kopf stoßen zu lassen. Nun ja, im Gegensatz zu Antonia hatten sie den Vorteil, zu wissen, dass sie in eine andere Welt gewechselt waren.

Die Eingangshalle bot keinen anderen Anblick als vor zehn Minuten, als Antonia sie verlassen hatte. Lieber wäre ihr es natürlich gewesen, sie hätten sie völlig leer vorgefunden. So musste sie den Rest ihrer heute so wieso schon knappen Energie darauf verwenden, dem fragenden Blick aus mindestens zehn weit aufgerissenen Augenpaaren keine Beachtung zu schenken. Die ganze Situation kam ihr plötzlich so absurd vor, dass sie am liebsten in lautes Gelächter ausgebrochen wäre. Sie mussten einen mehr als seltsamen Anblick bieten, wie sie so zielstrebig auf den Ausgang zusteuerten. Jedoch unternahm niemand den Versuch sie aufzuhalten oder auch nur anzusprechen, so dass sie nach kaum einer halben Minute, die Antonia wie eine Ewigkeit erschien, die Glastüren hinter sich ließen und auf den Klinikvorplatz hinaustraten. Antonias Blick eilte hinüber zum Parkplatz, wo sie tatsächlich Felix' alten gelben Mercedes erspähte. Die Erleichterung, die sie bei diesem Anblick verspürte, wurde jedoch schnell von einem anderen Gedanken verdrängt.

"Vielleicht wäre es gut, wenn ich meinen Freund vorwarnen würde." Meinte sie unsicher und blickte ihre drei Freunde von oben bis unten an. "Er rechnet eigentlich nur damit, dass ich allein auftauche und ..naja... "

"Dazu bleibt uns keine Zeit!" betonte Aragorn energisch. "Wenn wir noch lange hier bleiben, werden die Unguim uns aufspüren."

"Wie ich dich kenne, wird dir sicher etwas einfallen." Legolas' Stimme klang aufmunternd doch schwang selbst bei ihm ein gehetzter Unterton mit. Als wäre er innerlich nicht so gelassen, wie er sich nach außen gab. Antonia konnte nicht umhin zu bemerken, wie unglaublich fremdartig er zwischen den geparkten Autos wirkte. Und wie fasziniert sie noch immer von ihm war. Der Elb erwiderte ihren Blick nicht, sondern suchte mit zusammen gezogenen Augenbrauen den beinahe wolkenlosen Himmel ab. "Sie werden bereits von unserem Hiersein wissen. Ihr Spione können sich überall aufhalten." Sein Blick glitt über die zahlreichen Laubbäume neben dem Parkplatz, als erwarte er etwas bestimmtes zu entdecken. Ohne dass sie einen genauen Grund angeben konnte, erschien plötzlich das Bild einer Krähe vor Antonias innerem Auge. Einer Krähe, die sich vorhin ziemlich merkwürdig verhalten hatte... Schnell schob sie diesen Gedanken beiseite. Sie sollte sich lieber eine gute Erklärung für Felix einfallen lassen, als über Vögel nach zu grübeln.

"Hi Felix, schön, dass du schon da bist!" begrüsste sie ihren Freund, als sie mit einem Schwung die Beifahrertür öffnete. "Du hast doch bestimmt nichts dagegen, noch ein paar Kumpel von mir mitzunehmen, oder?"

"Ähm, naja..." ließ sich ihr Freund vernehmen, wie immer etwas langsam, wenn es um nicht- studienbezogenen Sachen ging.

"Danke, das ist echt lieb von dir. Ich geb dir dafür einen aus." Ließ Antonia ihm keine Zeit zum nachdenken. Schnell öffnete sie die hintere Tür, drehte sich um und rief: "Ok, Leute, rein mit euch!"

Allein der Blick, mit dem Gimli den Mercedes musterte, ließ Antonia ahnen, dass das ganze nicht so einfach werden würde. Sie merkte, dass er sich nur schwer zurückhalten konnte, eine entsprechende Bemerkung zu machen. Auch Aragorn sah sie auf eine Weise an, als zweifle er langsam an ihrer geistigen Gesundheit.

"Vielleicht hast du uns nicht richtig verstanden:" er wirkte, als wäre er mit seiner Geduld bald am Ende, was ihm Antonia am heutigen Tag nur allzu gut nachfühlen konnte. "Ich sagte, dass wir so schnell wie möglich von hier verschwinden müssen. Dazu ist es, glaube ich, nicht hilfreich, sich erst einmal ...ähm...irgend wo hinein zu setzten."

Antonia seufzte. Was hatte sie anderes erwartet? Sie selbst hatte sich bei ihrer Ankunft in Mittelerde wahrscheinlich nicht weniger misstrausich verhalten. "Ich versichere dir, dass wir schneller von hier weg kommen werden, als du dir denken kannst. Also steigt bitte einfach ein, wenn ihr eure Flucht nicht zu Fuß antreten wollt."

Der Krieger und der Zwerg bedachten sie immer noch mit reichlich zweifelnden Blicken. Legolas war der einzige, der ihren Worten zu trauen schien. Er schenkte ihr ein kurzes Lächeln, durch das Antonia sich trotz allen Ärgers sofort besser fühlte, und kletterte mit den ihm eigenen fließenden Bewegungen auf den Rücksitz des Wagens. Aragorn und Gimli folgten etwas weniger elegant, dafür brummelte der Zwerg etwas unverständliches in seinen Bart, das Antonia lieber nicht so genau hören wollte.

Leider hatte sich inzwischen auch Felix von seiner ersten Überraschung erholt.

"Moment, Moment!" protestierte er mit abwehrend erhobenen Händen. "Könnte mir das vielleicht mal einer erklären?! Antonia, was machen diese durchgeknallten Life-Rollenspieler auf meiner Rückbank?"

"Oh, Felix, das sind einfach nur Freunde von mir, die ich in der Klinik getroffen hab und die eine Mitfahrgelegenheit brauchen. Alles andere kann ich dir beim Fahren erzählen, ok?" Genervt ließ sie sich auf den Beifahrersitz fallen und griff nach dem Gurt. Sie spürte beinahe sofort, wie die alt gewohnte Erschöpfung sich wieder meldete. Anscheinend waren ihre Energiereserven für diesen Tag aufgebraucht. Kein Wunder, es hatte sich heute auch mehr ereignet, als sonst in einer ganzen Woche.

Felix machte immer noch keine Anstalten, den Wagen zu starten. "Laber keinen Schwachsinn! Das ist mein Auto und ich will wenigstens wissen, wen ich mitnehme. Wo hast du die aufgegabelt? In Aventurien?"

"Wenn du so weiter machst, können wir auch gerne die Plätze tauschen!" fuhr Antonia ihn ärgerlich an. Wie sollte sie ihm denn alles in 10 Sekunden erklären, ohne dass er sie für verrückt hielt? Außerdem hatten sie nur noch wenig Zeit, wenn sie Aragorn Glauben schenkte. "Also tu mir bitte einfach den Gefallen und FAHR LOS!" Die letzten Worte hatte sie beinahe geschrien. Mit ihren Nerven war es heute wirklich nicht mehr weit her.

Wenigstens schien Felix endlich verstanden zu haben, dass es ihr verdammt ernst war, denn er drehte ohne ein weiteres Wort den Schlüssel im Zündschloss, löste die Handbremse und fuhr los. Von hinten konnte sie ein erschrockenes Luftschnappen vernehmen, als der Motor plötzlich zum Leben erwachte und das Auto anfing, sich zu bewegen. Sie brachte jedoch nicht die Kraft auf, darauf einzugehen. Mit diesem Schock konnte sie ihre Freunde getrost alleine lassen. Wer sich mit ekelhaften Wesen wie diesen Uruk-Hai herumschlug, der konnte auch noch eine Autofahrt mit Felix am Steuer verkraften.

"Wohin?" fragte Felix, als sie die Ausfahrt des Parkplatzes erreicht hatten. Die Stimme ihres Freundes klang flach und teilnahmslos. Vielleicht hatte er ja beschlossen, diese ganze konfuse Situation als nicht real hin zu nehmen.

"Eine gute Frage." dachte Antonia. Darüber hatte sie noch keine Überlegungen angestellt. "Ähm, glaubt ihr, es ist eine gute Idee, zu mir nach Hause zu fahren?" wandte sie sich an die drei auf dem Rücksitz.

"Der Ort dürfte keinen großen Unterschied machen." antwortete Legolas Obwohl es unpassend war, drängte sich Antonia der Gedanke auf, wie wunderbar es war, wieder in diese leuchtenden Augen blicken zu können. "Nach allem, was wir wissen, spüren sie die Magie des Übergangs und..." er zögerte einen kurzen Moment "..sie können dich anhand des Steins finden."

Antonias Hand schloss sich unwillkürlich um den Anhänger auf ihrer Brust. Wieder einmal jemand, der alles daransetzen würde, um einen der Steine der Macht in die Hände zu bekommen? "Zu mir nach Hause." nickte sie Felix zu, wobei sie sich bemühte, so aufmunternd wie möglich zu wirken. Ihrem Freund schien diese Anweisung keiner Erwiderung wert zu sein, er setzte einfach den Blinker und bog ab. Da Antonias und Lenas Wohnung so ziemlich am entgegengesetzten Ende der Stadt lag, fuhren sie auf den Stadtring wo sie trotz des nachmittäglichen Verkehrs ziemlich schnell vorankamen. Bald zeigte der Tachometer des Mercedes konstante 60 km/h an und Antonia beschloss, sich wieder ihren drei so plötzlich aufgetauchten Freunden zu widmen.

"Schnell genug?" fragte sie, drehte sich halb in ihrem Sitz um und grinste Aragorn an.

Dieser brachte angesichts der Geschwindigkeit des Autos lediglich ein Nicken zustande. Plötzlich kam ihr eine Idee...

"Diese Unguim, von denen ihr die ganze Zeit sprecht, das sind aber nicht zufällig schwarzhaarige, dunkel gekleidete Elben, oder? Und ihre Spione sind nicht zufällig Krähen?"

Anhand des erschrockenen Ausdrucks der drei hatte sie mit ihrer waghalsigen Vermutung wohl direkt ins Schwarze getroffen.

"Du bist ihnen bereits begegnet?" Legolas' Stimme hörte sich besorgt an. .Seine Hand legte sich sacht auf ihre Schulter und etwas ungemein beruhigendes ging von dieser Berührung aus. Fast war es Antonia, als ließe ihre Erschöpfung etwas nach. Da sie jedoch schon früher Erfahrung mit den Heilkräften des Elben gemacht hatte, wunderte sie sich nicht weiter darüber, sondern genoss einfach das warme Gefühl, das sie durchströmte.

"Ja, ich habe einen von ihnen auf dem Campus vor der Universität gesehen, als er uns beobachtete. Danach in der Vorlesung bemerkte ich eine Krähe, die mich ziemlich lange vom Fensterbrett her anzustarren schien und schließlich..." sie holte tief Luft "...wurden wir auf der Heimfahrt angegriffen. Lena, meine Freundin, wurde von einem Pfeil getroffen und wir hatten daraufhin einen Zusammenstoss mit einem entgegenkommenden Fahrzeug."

"Moment mal!" Felix schien seine Stimme wieder gefunden zu haben. "Lena wurde...was?"

"Sie wurde von einem Pfeil in die Schulter getroffen. Das ganze passierte an der Kreuzung am Stadtpark. Der Schütze muss sich im Gebüsch versteckt haben. Sein Komplize lief über die Straße direkt auf uns zu. Was hätte ich machen sollen, außer zu versuchen, ihm auszuweichen?" Ihre Stimme hörte sich selbst in ihren eigenen Ohren ziemlich schwach an. Wahrscheinlich war doch mehr von Nöten, als Legolas' Anwesenheit um sie wieder her zu stellen. Felix starrte sie aus großen Augen an, obwohl er sich eigentlich auf den Verkehr konzentrieren sollte.

"Von einem Pfeil?" er schien zu glauben, nicht recht gehört zu haben. "Und das erzählst du einfach so, als wäre es das normalste auf der Welt? Welche Verrückten kommen denn bitte auf die Idee, mit Pfeilen um sich zu schießen?"

"Die Verrückten wegen denen wir hier sind." Kam Aragorns ruhige Antwort vom Rücksitz.

Felix wirkte daraufhin nicht weniger irritiert. "Und was haben diese Kerle mit Lena am Hut?"

"Nichts!" erwiderte Antonia müde. "Lena hatte nur das Pech, gerade neben mir im Auto zu sitzen. Eigentlich haben sie es auf mich abgesehen. Jetzt konzentrier dich auf den Straßenverkehr während ich mir ein paar Erklärungen hole!" Ihr Freund war von der ganzen Geschichte noch so verwirrt, dass er ihr widerspruchslos gehorchte. Ihr war ein wenig wohler zumute, als er seinen Blick zurück auf die Straße lenkte. Sie wandte sich wieder an die drei auf dem Rücksitz. "Also, kurz gefasst: Wer sind die und was wollen sie?"

"Die Welt beherrschen selbstverständlich, was für eine dumme Frage!" knurrte Gimli unter seinem roten Bart hervor. Als dem kleinsten war für ihn die Rückbank natürlich am bequemsten. Sofern es sich in einem Kettenpanzer überhaupt bequem sitzen ließ. "Und sie sind absolut verrückt. Nicht das mich das wundern würde. Schließlich handelt es sich um Elben."

Antonia konnte direkt spüren, wie Legolas hinter ihr leicht die Augen verdrehte. Zwischen den beiden ungleichen Freunden schien sich in ihrer Abwesenheit nicht viel verändert zu haben.

"Verrückt ist wohl eine Eigenschaft, die vorzugsweise auf Zwerge zutrifft!" lautete die Entgegnung des Elben. Antonia kam sie eher halbherzig vor. Von ihrer letzten Begegnung war sie besseres gewöhnt.

Und wie immer übernahm Aragorn die Rolle, einzugreifen um ein endloses Wortgefecht schon im Keim zu ersticken. "Es geht hier nicht darum, die Eigenarten von Elben und Zwergen zu diskutieren! Auch wenn wir hier zwei besonders sture Exemplare beider Sorten haben." Damit wandte er sich an Antonia. "Bei den Unguim handelt es sich um Elben, die sich vor langer Zeit der dunklen Seite zugewandt haben. Sie standen jedoch nie völlig unter Saurons Herrschaft sondern verfolgten stets ihre eigenen Ziele. Wie Gimli schon richtig vorweggenommen hat, scheinen sie es wirklich darauf angelegt zu haben, alles Bestehende zu beherrschen. Sie benutzen dazu unter anderem die Steine der Macht. Den Hüter des Steines von Mittelerde haben sie bereits in ihre Gewalt gebracht. Und soweit wir wissen, auch alle anderen. Allein dein Stein fehlt ihnen noch."

"Oh ja, noch mehr gute Nachrichten für heute. Immer nur her damit!" Antonia kam ihre ganze Situation mittlerweile immer absurder vor. "Erst dieser Angriff, dann diese tolle Diagnose und jetzt auch noch das! Wo ist hier bitte der Escape-Knopf? Als Computerspiel wäre das hier das aller letzte."

"Apropos Diagnose..." ergriff Felix wieder das Wort. Zwar hatte er den Blick immer noch auf die Straße gerichtet, aber seine Neugier konnte er trotzdem nicht zurückhalten. "Hab ich dich vorhin am Telefon richtig verstanden? Bist du wirklich...? Und von wem?"

Antonia holte tief Luft. "Ja, bin ich wirklich." Da Felix es jetzt schon angesprochen hatte, konnte sie genau so gut weiter machen. Sie drehte sich halb im Sitz herum und ergriff Legolas' Hand, die immer noch auf ihrer Schulter lag. Sie merkte, dass ihre eigene dabei zitterte. Es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden, für das, was sie ihm sagen wollte. Sie schaffte es nicht einmal, ihm dabei in die Augen zu sehen. "Ich war nicht nur wegen Lena und dem Unfall vorhin im Krankenhaus. Eigentlich hatte ich sowieso einen Untersuchungstermin. Es ist nämlich so...ich bin..."

"...schwanger." vervollständigte der Elb den Satz für sie. Seine Stimme klang dabei ruhig und keinesfalls überrascht.

"Woher...?" Verblüfft blickte sie auf und begegnete einem verschmitzten Blitzen aus seinen strahlenden grün-braunen Augen.

"Ich habe es gespürt, als ich dich vorhin das erste Mal berührte. Vor einem Elben kann man so etwas nicht lange geheimhalten." Er lachte leise und strich ihr liebevoll eine Haarsträhne aus der Stirn. "Jedenfalls nicht, wenn er der Vater ist."

Antonia bemerkte am Rande, wie Felix' Kiefer vor Überraschung nach unten klappte, doch das interessierte sie im Augenblick nicht wirklich. Ungläubig starrte sie immer noch Legolas an, der ihren Blick ruhig lächelnd erwiderte. Wieder einmal hatte sie ihn total unterschätzt. Das kam ganz eindeutig daher, dass sie sich immer noch nicht im klaren darüber war, wie verschieden Elben eigentlich von Menschen waren. Offensichtlich war jedoch, dass er sich freute. Antonia spürte, wie ihr ein Stein vom Herzen fiel. Um ehrlich zu sein, hatte sie sich genau vor diesem Moment ein wenig gefürchtet. Woher hätte sie wissen sollen, wie er auf ihre Eröffnung reagieren würde? Im nachhinein fragte sie sich allerdings, wie sie je an ihm hatte zweifeln können.

"Noch ein Grund mehr, dich in Sicherheit zu bringen." Kam es von Aragorn, der nach allen Seiten besorgte Blicke aus den Autofenstern warf, als erwarte er, jeden Moment angegriffen zu werden. Gimli betrachtete die Szene neben ihm mit einem breiten Grinsen auf seinem bärtigen Gesicht, doch merkwürdigerweise verbiss er sich jeden Kommentar.

"Wo ihr gerade von Sicherheit sprecht..." ließ sich Felix vernehmen, der sich anscheinend von seinem Schock erholt hatte und wieder Luft zum sprechen bekam. "Entweder ich werde langsam so paranoid wie ihr oder der Audi da hinten folgt uns beinahe seit wir den Krankenhausparkplatz verlassen haben. " Er deutete in den Rückspiegel und als Antonia seiner Geste folgte, erkannte sie einen grauen Audi, der hinter ihnen fuhr. Sie hatte nicht darauf geachtet, aber wenn er sich dort seit der Uniklinik befand, obwohl sie inzwischen vom Stadtring abgefahren waren, kam ihr das ganze ziemlich verdächtig vor.

"Es handelt sich um den Mann, mit dem Gimli bei unserer Ankunft ziemlich unsanft zusammen gestoßen ist." meinte Legolas, nach einem kurzen Blick aus dem Rückfenster. "Wieso sollte er uns verfolgen?"

"Um Ärger zu machen." Erklärte Antonia und hörte sich dabei fast so knurrig wie der Zwerg an. "Felix, du erinnerst dich doch bestimmt an Kommissar Bachmann, oder?!"

"Wie könnte ich den vergessen!" ein unwilliges Schnauben begleitete seine Antwort. "Der Kerl ist mir damals mit seiner Mord-Verschwörungs- Theorie gehörig auf die Nerven gegangen. Ist das sein Auto?"

"Antonia nickte. "Sieht ganz so aus. Er ist mir vor Lenas Zimmer über den Weg gelaufen und wie ich ihn kenne, hegt er schon wieder die aberwitzigsten Verdächtigungen. Könntest du vielleicht versuchen, ihn abzuhängen?"

"Ich, einen Bullen abhängen?" Ihr Freund warf ihr einen zweifelnden Seitenblick zu wie um zu überprüfen, ob sie noch alle Tassen im Schrank hatte. Dann jedoch zuckte er mit den Schultern. "Meinetwegen kann ich es ja versuchen. Aber dafür bist du mir später einige Erklärungen schuldig. Wie zum Beispiel, wie du dazu kommst dich von so einem..." Er maß Legolas kurz mit einem abschätzenden Blick"...seltsamen Typen schwängern zu lassen."

Antonia konnte nur mit Mühe eine genervte Reaktion unterdrücken. Wann würde die Menschheit heute endlich aufhören, auf ihren Nerven herum zu trampeln? "Alles klar. Aber jetzt drück auf die Tube!"

Folgsam trat Felix stärker aufs Gaspedal, dass der Wagen einen kleinen Sprung nach vorne machte. Konzentriert umfasste er das Lenkrad fester, denn in der schmalen Straße mit den rechts und links parkenden Autos erwies sich das Beschleunigen als ziemlich kompliziert. Nach einem raschen Blick in den Rückspiegel, in dem der graue Audi inzwischen erheblich kleiner geworden war, lenkte er den Wagen ohne abzubremsen abrupt nach links in eine besonders schmale Seitengasse. Antonia musste sich abstützen, um nicht zu sehr gegen die Tür gedrückt zu werden. Außerdem hätte sie schwören können, dass der Mercedes nur auf zwei Reifen um die Kurve geschlittert war. Sie fragte sich überhaupt, wie Felix dieses halsbrecherische Tempo bei dieser schmalen Fahrbahn beibehalten wollte.

Im nächsten Moment geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Zum einen rollte eine große Metallmülltonne unvermittelt aus einer Einfahrt zu ihrer rechten direkt auf die Straße und versperrte ihnen damit den Fahrtweg. Zum anderen traf etwas schweres hartes die Windschutzscheibe und zerschmetterte sie. Noch bevor Felix auch nur den Fuß vom Gas nehmen konnte, wurden sie von einem Regen aus scharfkantigen Glassplittern überschüttet. Etliche davon schnitten schmerzhaft in Antonias Unterarme, die sie reflexartig emporgerissen hatte um ihr Gesicht zu schützen. Sie spürte die Wärme der Blutstropfen, die an ihnen hinunter liefen Als die Scherben auf ihn niedergingen, verriss Felix unwillkürlich das Lenkrad und verlor die Kontrolle über den Wagen. Hilflos konnte er nicht verhindern, dass der Mercedes eine halbe Drehung vollführte und mit der Seite kreischend an der Mülltonne entlang schrammte. Durch den eigenen Schwung schlitterten das Fahrzeug noch etliche Meter weiter, wobei es das Hindernis vor sich herschob. Dann kamen sie ruckartig an einer Hauswand zum Stehen.

Durch den Aufprall wurde Antonia so heftig gegen die Beifahrertür geschleudert, dass es ihr die Luft aus den Lungen trieb. Für einen Moment wurde ihr beinahe schwarz vor Augen und ihre ganze Umgebung begann um sie herum zu verschwimmen. Wie durch einen dichten Nebel hindurch hörte sie jemanden die Worte "Raus hier!" schreien, konnte jedoch nicht entscheiden, wem die Stimme gehörte. Ohne sich dessen bewusst zu sein, versuchte sie den Gurt zu lösen, der sie an Ort und Stelle festhielt. Was war das nur für klebriges nasses Zeug an ihren Händen, das sie immer wieder abrutschen ließ? Nachdem sie die Schnalle endlich gelöst hatte, in einem Zeitraum, der ihr wie eine halbe Stunde vorkam, in Wirklichkeit jedoch allerhöchstens einigen Sekunden entsprach, suchte sie den Türöffner. Erst nachdem sie ihn ein paar Mal erfolglos betätigt hatte, dämmerte es ihrem benommenen Gehirn, dass sich die Beifahrertür nicht öffnen lassen würde. Der braune Putz der Hauswand einen Zentimeter vor dem Fenster bestätigte diese Vermutung. Noch bevor sie ihr klares Bewusstsein wieder erlangen und zu dem Schluss kommen konnte, das Auto durch die Fahrertür zu verlassen., fühlte sie sich von zwei Händen gepackt und aus dem Wagen gezogen.

"Alles ok, Antonia?" immerhin erkannte sie jetzt Felix' Stimme.

Sie nickte schwach, auch wenn sie sich nicht sicher war, dass sie ohne seine Hilfe stehen konnte.

"Dann sei bitte so freundlich und erklär mir das da!" Erst jetzt bemerkte sie die Furcht, die in seinen Worten mit schwang. Auch die Hand, die sie stützte zitterte leicht.

Als sie seiner Geste folgte, verstand sie schlagartig. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite standen vier hochgewachsene in schwarze Mäntel gekleidete Gestalten. Alle hatten lange schwarze Haare, bleiche Gesichter und dunkle Augen aus denen sie die Gruppe vor dem Mercedes anfunkelten. Sie hatten die roten Stirnbänder abgelegt, so dass Antonia deutlich die charakteristischen spitzen Ohren erkennen konnte. Drei der Ungium -denn um wen sollte es sich sonst handeln?- hielten lange Bogen in der Hand, mit denen sie auf Aragorn, Gimli und Legolas zielten, die alle drei ebenfalls ihre Waffen gezogen hatten.

"Geht beiseite!" rief der vierte Unguim, in dessen rechter Faust ein langes dünnes Messer blitzte. "Wir wollen nur das Mädchen und das Amulett, das es trägt."

"Nicht solange ich es verhindern kann!" knurrte Gimli wütend und verstärkte den Griff um den Stiel seiner zweischneidigen Streitaxt. Die beiden anderen standen in stummen Einvernehmen neben ihm, genau so, dass sie einen Schutzschild vor Antonia und ihrem Freund bildeten. Die Spitze des Pfeils auf Legolas' Bogen zielte genau auf die Brust des feindlichen Anführers. Antonia hatte erlebt, dass er nie ein Ziel verfehlte. Sie konnte die Spannung, die in der Luft lag beinahe mit Händen greifen.

Da unterbrachen quietschende Bremsen das herausfordernde Schweigen. Die Geschwindigkeit des grauen Audi war so hoch, dass er den ersten Unguim nur knapp verfehlte und genau zwischen den Fronten zum stehen kam. Im selben Moment ließen die schwarzhaarigen Angreifer ihre Pfeile fliegen. Dadurch, dass Aragorn Antonia und Gimli rasch zu Boden riss, zischten zwei davon nur knapp über ihre Köpfe hinweg. Der dritte prallte wirkungslos am Fenster des grauen Fahrzeugs ab. Hinter der Windschutzscheibe erkannte Antonia Kommissar Bachmanns entsetzten Gesichtsausdruck. Der Kriminalbeamte erholte sich jedoch augenblicklich von seinem ersten Schock. Innerhalb von Sekundenbruchteilen hatte er die Autotür geöffnet und seine Dienstwaffe in der Hand. Es blieb ihm jedoch keine Zeit, sie abzufeuern. Mit der ihnen eigenen elbenhaften Schnelligkeit gaben die Unguim die nächste Pfeilsalve auf ihre Gegner ab. Ein Geschoss durchbohrte mit tödlicher Genauigkeit den Hals des Polizisten. Wie vom Blitz getroffen stürzte er zu Boden und eine Blutlache breitete sich in erschreckender Geschwindigkeit an der Stelle aus, wo der Schaft aus seiner Kehle ragte.

Legolas bemühte sich seinerseits, ihnen die Angreifer vom Leib zu halten, indem er mehrere Schüsse in rascher Reihenfolge hintereinander aus der Deckung des Wagens heraus auf sie abgab. Seine Bewegungen waren dabei so schnell, dass Antonia ihnen mit bloßem Auge kaum folgen konnte. So tapfer er sich jedoch auch schlug, die Situation war eindeutig aussichtslos. Antonia konnte sich nicht vorstellen, wie sie gegen vier Kämpfer wie diese Unguim bestehen sollten.

Aragorn schien genau die gleiche Schlussfolgerung gezogen zu haben. "Bring uns hier weg!" rief er Antonia zu. "Öffne einen Übergang!"

Antonia nickte. Mit der rechten Hand umfasste sie fest ihr silbernes Amulett mit dem grünen Stein und versuchte, die in ihm schlummernde Kraft zu wecken. Das Metall unter ihren Fingern erwärmte sich etwas, doch reichte ihre Konzentration nicht aus, es ganz zu aktivieren. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Felix auf dem Boden auf die fallengelassene Waffe des Kriminalbeamten zukroch und sie an sich nahm. Im nächsten Moment richtete er sich halb auf die Knie auf und gab über die Motorhaube hinweg einen Schuss auf den am nächsten stehenden Gegner ab. Er traf daneben, denn die Kugel prallte Funken sprühend an der gegenüberliegenden Hauswand ab und sauste als Querschläger davon. Gerade noch rechtzeitig ließ er sich hinter den Audi zurück fallen, so dass der auf ihn gezielte Pfeil nur Millimeter über seinem Kopf vorbei zischte.

"Lass dich nicht ablenken!" schrie Aragorn ihr zu. Seine Stimme schien das einzig feste in diesem Chaos zu sein. "Konzentriere dich ganz auf den Stein!"

Sich nicht ablenken lassen...das war leicht gesagt, wenn um sie herum die Pfeile niedergingen und ihre Freunde neben ihr um ihr Leben kämpften. Doch es war ihre einzige Möglichkeit. Wild entschlossen atmete Antonia tief durch, schloss die Augen und zwang sich, den sie umgebenden Kampf aus ihren Gedanken zu verbannen. Es gelang ihr nicht vollständig doch diesmal erhitzte sich der Stein, wie sie es gewohnt war. Sie öffnete die Augen um einen Strahl aus grünem Licht zu sehen, der zwischen ihren Fingern hervor schoss und ein mehr als mannshohes flammendes Portal bildete.

"Los, wir haben keine Zeit zu verlieren!" Aragorn packte Felix, der mit weit aufgerissenen Augen auf das Gebilde aus grünem Feuer vor ihm in der Luft starrte, und schob ihn vor sich her in das Tor.

Legolas ließ noch einen letzten Pfeil von der Sehne schwirren, dann wandte er sich Antonia zu, die als letzte noch dastand um den Übergang allein durch die Kraft ihres Willens offenzuhalten, und zog sie stark, jedoch mit sanftem Griff, mit sich in die grünen Flammen.



Puh, das ist ja mal wieder ein langes Kapitel! Wenn das so weiter geht, wird aus dem ganzen noch ein richtiger Roman...

Sorry, dass es wieder so lange gedauert hat, aber ich war im Ferienstress. Einen Metalgruss an alle, die auch auf dem Wacken-Open-Air waren. (Hab da ein cooles T-shirt gekauft. Verrate jetzt nicht, was draufsteht...( Es hat was mit Elfen zu tun...)

Vielen Dank für eure Reviews. Ich bekomme ja richtig rote Ohren, wenn ich die so alle durchlese.... Nochmal danke...sie inspirieren mich jedes Mal dazu weiter zu schreiben!!!!

Wie ich auf den Namen Bachmann komme? Um ehrlich zu sein...keine Ahnung. In einer Geschichte, die ich mit 15 geschrieben habe, heisst ein Chemiker so...Aber ansonsten...Ist ja jetzt eh tot...

Ach ja und der Seitenhieb auf die Rollenspieler: Ich grüße alle, die wie ich DSA spielen!