Disclaimer: Armer Tolkien! Für was er nicht alles herhalten muss!
Bisschen retardierendes Moment aber....ich glaub, das wird euch gefallen( Ach ja und wenn es möglich wäre, würde ich auch gerne ich Bruchtal wohnen.
VII Morgen
Das leise Geräusch einer vorsichtig zugezogenen Tür weckte Antonia am nächsten Morgen. Sie blinzete schlaftrunken bei dem Versuch ihre müden Augen dazu zu bewegen, sich zu öffnen. Nach und nach verschwanden endlich die Schlieren in ihrem Blickfeld und sie konnte sich umsehen.
Sanftes morgendliches Sonnenlicht durchflutete den Raum, dessen Wände keine erkennbare geometrische Form bildeten. Er bestand vielmehr aus scheinbar willkürlich angeordneten Ecken und Rundungen, die allerlei Nischen und Vorsprünge bildeten. In einigen davon standen kleine, zierliche Tische aus hellem, fast weißem Holz. Auf den meisten sah sie dünne Vasen mit frischen Blumen, die einen angenehmen Duft verströmten. Antonia entdeckte außerdem eine Truhe mit blanken silbernen Beschlägen, deren Deckel Schnitzereien von Blattwerk zeigte. Zu ihrer Linken verdeckten halbdurchsichtige Vorhänge in zart rosa Pastellfarben den Durchgang zu einem Balkon. Die seidigen Stoffbahnen bewegten sich sacht in der leichten Morgenbrise, die von draußen herein wehte. Wieder bedrängte Antonia das Gefühl, in einem verzauberten Märchenschloss gelandet zu sein.
Dann erinnerte sie sich wieder daran, was sie eigentlich geweckt hatte. Sie setzte sich auf, glücklicherweise diesmal ohne das vertraute Schwindelgefühl, und sah sich nochmals um. Sie war allein. Die Enttäuschung angesichts dieser Tatsache verschwand jedoch, als sie den Abdruck auf den Kissen neben ihr bemerkte. Legolas war also doch bei ihr geblieben. Sie beugte sich vor und- ja, tatsächlich haftete noch ein wenig seines Geruches auf dem cremefarbenen Stoff. Er musste gerade erst den Raum verlassen haben. Für eine Minute überließ Antonia sich ganz dem warmen Glücksgefühl, das dies in ihr auslöste. Es war einfach herrlich, nur zu wissen, dass er in der Nähe war. Dann jedoch beschloss sie aufzustehen. Zur Abwechslung hatte der Schlaf einmal wirklich ihre Erschöpfung vertrieben und sie wollte mehr von diesem sagenhaften Bruchtal zu Gesicht bekommen.
Als erstes meldete sich aber die Wunde auf ihrer Stirn mit einem dumpfen Klopfen zurück. Vorsichtig tastete sie über das Heftpflaster, wurde daraus aber auch nicht schlauer. Der Schmerz war nicht schlimm und würde sich gut verdrängen lassen. Dann inspizierte sie die zahlreichen Schnittwunden, die sie bei dem zweiten Angriff der Unguim davon getragen hatte. Über Nacht waren sie alle zugeheilt und keine davon schien genauere Behandlung zu benötigen.
Barfuss wie sie war, trat sie durch die Vorhänge auf den Balkon hinaus. Direkt rechts neben der Brüstung stürzte ein schmaler Wasserfall, kaum mehr als ein Rinnsal, leise rauschend in die Tiefe. Ein Band aus Silber, in dem die Strahlen der gerade aufgegangenen Sonne schillernde Farbreflexe in allen Schattierungen des Regenbogens entstehen ließen. Antonia streckte die Hand aus und zog sie bedeckt mit kühlen glitzernden Tropfen wieder zurück. Das Wasser fühlte sich auf ihrer Haut wie der seidige Stoff der Vorhänge an. Angezogen von der Feuchtigkeit hatten sich auf dem Sims neben dem Balkon dunkelgrüne Farne und weiches Moos angesiedelt. Ein weißer Schmetterling trank Wasser aus einer kleinen Pfütze, die sich in einer winzigen Vertiefung des Felsens gebildet hatte. Antonias Blick folgte ihm versonnen als er davon flatterte...Von hier aus konnte sie beinahe das gesamte Tal überblicken. Ganz umgeben von hohen Felshängen breitete es sich still und friedlich vor ihr aus. Ein leichter Nebel, der von den unzähligen Wasserfällen stammte, hing wie ein zarter Schleier in der Luft. Antonia vermutete, dass die Morgensonne ihn bald vertreiben würde. Noch allerdings schwebte er über Bruchtal und verlieh ihm damit eine weiche unwirkliche Atmosphäre.
Jäh wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als zwei Arme sie plötzlich von hinten umfassten.
"Gefällt es dir?" klang Legolas' Stimme ganz nah an ihrem Ohr. Sie hatte ihn überhaupt nicht herein kommen hören. Er küsste sie auf den Hals bevor er sie losließ.
"Es ist wunderschön!" antwortet sie, als sie sich zu ihm umdrehte. "Um ehrlich zu sein, kann ich immer noch nicht glauben, dass dies alles hier wirklich ist."
Er lächelte jenes strahlende Lächeln, das seine Augen aufleuchten ließ. "Oh, doch. Wirklicher und wahrscheinlich älter, als du dir vorstellen kannst."
Sie betrachtete,ihn, wie er so im Morgenlicht vor ihr stand. Er musste direkt aus einem der Wasserfälle kommen, denn die hellbloden Haare hingen ihm nass über die Schultern. Auch sein Hemd sah aus, als hätte er es nur rasch über geworfen - es stand halb offen. Wie immer wirkte er frisch und ausgeruht, als hätte das Wort Müdigkeit für ihn keine Bedeutung. Älter, als...
"Legolas, wie alt bist du eigentlich?" Jetzt war sie endlich draußen, die Frage, die sie ihm bisher nicht zu stellen gewagt hatte. Wahrscheinlich aus Angst vor der Antwort.
Er schien zu merken, was in ihr vorging, denn der Blick seiner schönen Augen wurde mit einem Mal sehr ernst. Gleichzeitig glomm in ihnen ein Funken Traurigkeit auf, als wäre er sich nicht sicher darüber, wie sie auf seine Antwort reagieren würde.
"2931 Jahre." Lautete die schlichte Erwiderung. Die Worte klangen flach und ausdruckslos, als hätte er sie nur schwer über die Lippen gebracht.
Antonia spürte, wie ihr das Blut in die Füße sackte. So kam es ihr jedenfalls vor, denn ihr Gehirn hatte keines mehr zum Denken zur Verfügung. Zweitausendneunhundert... das war... unvorstellbar ...unmöglich...unmenschlich -ja, genau das. Ohne es zu merken, verließ sie den Balkon und ließ sich auf das Bett sinken. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. Das war älter als Rom, älter als...war vor 2900 Jahren nicht der troianische Krieg? Sie brachte keinen klaren Gedanken mehr zustande. Gleichzeitig erschreckte es sie, wie leicht diese Auskunft es geschafft hatte, sie aus der Fassung zu bringen. Sie hatte doch geglaubt, dass nichts, was sie in Mittelerde mehr erfahren würde, sie noch überraschen würde.
Die Matratze senkte sich leicht, als Legolas sich neben sie setzte. Ein kurzer Moment des Zögerns, dann fühlte sie sich in die Arme genommen. Vorsichtig, als wüsste er nicht, wie er mit ihrer Verwirrung umgehen sollte. Natürlich - hier in Mittelerde gab es niemanden, der nicht über das Wesen der Elben Bescheid wusste. Keiner hätte sein Alter ungewöhnlich - unfassbar- gefunden.
Instinktiv hatte er wieder das richtige getan, auch wenn Antonia eine Weile brauchte, bis sich das Chaos in ihrem Kopf einigermaßen lichtete. Seine bloße Nähe verfehlte auch diesmal ihre beruhigende Wirkung nicht.
"Es ist nur so: Eigentlich stehe ich nicht auf ältere Männer." Sie brachte dabei sogar ein etwas halbherziges Grinsen zustande. "Aber ich glaube, DAS sprengt wohl jeden Rahmen." Plötzlich beinahe schüchtern blickte sie zu ihm auf. "Ich vergesse nur immer wieder, wie verschieden wir doch sind."
"Und ich, wie wenig du darüber weißt." Zu ihrer Erleichterung war der Ausdruck von Sorge aus seinen Augen verschwunden.
"Oh, ich glaube, das können wir ändern." Wie sollte sie längere Zeit neben ihm auf dem Bett sitzen, ohne auf dumme Gedanken zu kommen? Halbangezogen, wie er war. Noch dazu, wo ihr Kopf an seiner Brust lag und sie mit jedem Atemzug den betörenden Duft seiner Haut in sich aufnahm. Zaghaft, dann immer bestimmter küsste sie zuerst die Stelle, an der ihre Wange ihn eben noch berührt hatte. Langsam wanderten ihre Lippen nach oben. Kurz verweilte sie auf dem Fleck über seinem Schlüsselbein, als sie damit begann, die restlichen Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, und liebkoste dann seinen Hals. Seine blasse Haut fühlte sich dort so weich an, dass sie der Versuchung nicht widerstehen konnte, sanft hinein zu beißen. Sie spürte, wie ihn bei dieser Berührung ein leiser Schauer überlief und sein Atem sich beschleunigte. Ihre Finger hatten endlich den letzten Knopf gelöst. Während sie ihm das Kleidungsstück über die Schultern streifte, bedachte sie ihn mit einem tiefen Kuss, den er leidenschaftlich erwiderte. Den ganzen Aufruhr von Emotionen, der in ihr brodelte, legte sie in diese Berührung. Sie küsste ihn wie eine Verdurstende, deren ganzes Leben von seinen Lippen abhing. Legolas' linke Hand grub sich in ihre Haar während die andere unter ihr T-shirt glitt. Es dauerte nicht lange bis sie sich gegenseitig aller Kleidung entledigt hatten. Die gesamte Sehnsucht der letzten Monate brach sich in einer Flut aus Verlangen Bahn und sie liebten sich begierig bis die Welt um sie herum versank.
"Falls es jedes Mal darauf hinaus läuft, wenn du etwas von mir erfahren willst, bin ich jederzeit gerne bereit, dir Auskunft zu geben." Sagte Legolas schmunzelnd als sie danach nebeneinander lagen.
"Oh, das könnte auf die Dauer ziemlich anstrengend werden." Antwortete Antonia. "Obwohl es da noch so einiges gäbe..." Erschöpft aber glücklich war sie völlig in die Augen ihres Geliebten versunken. Vorhin hätte sie schwören können, den Sternenhimmel in seiner ganzen tiefen Unendlichkeit in ihnen gesehen zu haben. Jetzt kamen sie ihr bis auf das elbenhafte Leuchten wieder gänzlich normal vor. Würde sie es jemals müde werden ihn zu betrachten? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Sein schlanker doch starker Körper strahlte selbst jetzt die angeborene Anmut seines Volkes aus. Es hätte der spitzen Ohren zwischen seinen blonden Haarsträhnen nicht bedurft, um sie an seine Andersartigkeit zu erinnern. "Nun, in manchen Dingen scheint es keinen großen Unterschied zwischen Elben und Menschen zu geben." Neckte sie ihn
"Vielleicht hast du ihn nur noch nicht entdeckt." Erwiderte er ihren anzüglichen Blick. Ein schelmisches Lächeln spielte dabei um seine Mundwinkel.
Antonia war inzwischen ein anderer, ernsterer Gedanke in den Sinn gekommen. Einer, der ihr schon seit einer ganzen Weile im Kopf herum ging. "Warum, Legoals? Aus welchem Grund sind gerade wir zusammen?"
Eine seiner Augenbrauen wanderte fragend in die Höhe. "Was meinst du damit?"
"Ich meine...abgesehen davon, dass wir zwei verschiedenen Arten angehören, stammen wir aus beinahe gegensätzlichen Welten. Eigentlich könnte die Kluft zwischen uns größer nicht sein." Sie seufzte. "Allein die Tatsache, dass wir uns überhaupt begegnet sind, ist dermaßen unwahrscheinlich. Geschweige denn die, dass wir uns lieben."
"Das beschäftigt dich also?" Seine Hand glitt zärtlich an ihrer Wange herab und umfasste ihr Kinn, so dass sie keine Möglichkeit hatte, seinem Blick aus zu weichen. Liebevoll strich sein Daumen über ihre Lippen während er kurz nachdachte. "Die Antwort darauf ist ebenso bedeutsam wie einfach. Ich glaube, man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Es geschieht einfach. Nenne es vorherbestimmt, wenn du magst."
"Sprichst du von so etwas wie Schicksal?" wollte Antonia wissen. Zweifelnd runzelte sie die Stirn. Dieses Wort hatte sie eigentlich schon lange aus ihrem Wortschatz gestrichen. In ihrer naturwissenschaftlich geprägten Weltanschauung hatte es einfach keinen Platz. Schicksal - das war etwas für Leute, die mit Zufall und Statistiken nichts anfangen konnten. Obwohl sie seit ihrem ersten Besuch in Mittelerde einräumen musste, dass immerhin Magie tatsächlich existierte. "Daran glaube ich nicht."
"Das Schicksal existiert unabhängig davon ,ob du an es glaubst oder nicht." Lautete Legolas' ernste Antwort. "Ich habe es während des Ringkrieges selbst oft genug am eigenen Leib erfahren. Außerdem kannst du nicht ernsthaft davon überzeugt sein, dass dies hier nur ein Werk des Zufalls ist." Seine Hand legte sich auf ihren Bauch direkt unterhalb des Nabels. Die angedeutete Rundunge ließ noch nichts von dem neuen Leben, das darunter heran wuchs, erahnen.
Antonia schluckte. So richtig hatte sie sich mit dem Gedanken, dass sie ein Kind erwartete, noch nicht abgefunden. Geschweige denn, sich näher damit auseinander gesetzt. Die letzten 24 Stunden hatten sie mit ihren Ereignissen dermaßen überrollt, dass sie einfach keine Zeit dazu gehabt hatte. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, was dieser Umstand eigentlich bedeutete. Nie hätte sie geahnt, dass diese große Verantwortung so rasch und unerwartet auf sie zukommen würde. Zusätzlich war dies alles andere als eine normale Schwangerschaft. Nun - wenigstens die Frage, ob Elben und Menschen sich vermischen konnten, konnte sie abhaken.
Legolas richtete sich halb auf und legte den Kopf genau auf die Stelle, die zuvor seine Hand berührt hatte. Mit einem gespannten Ausdruck im Gesicht schien er auf etwas zu lauschen. "Ich kann sein Herz schlagen hören. Ganz deutlich." Die Begeisterung in seinen Augen verlieh ihm beinahe etwas jungenhaftes. Bei der Freude, die hörbar in seinen Worten mitschwang, wurde Antonia sofort leichter ums Herz. Wenigstens stand sie dieser Herausforderung nicht alleine gegenüber. Mit seiner Hilfe würde sie das alles schon irgend wie schaffen.
"Werden eigentlich öfter Kinder wie unseres geboren?" fragte sie.
"Im früheren Zeitalter, als mein Volk noch nicht damit begonnen hatte, nach Westen zu segeln, geschah so etwas von Zeit zu Zeit. Jetzt so gut wie nicht mehr. Ich weiss nicht so gut darüber Bescheid. Elrond wird deine Fragen besser beantworten können. Er ist selbst ein Halbelb."
"Was?" Antonia machte ein überraschtes Gesicht. Elrond, der so ehrfurchtsgebietend und weise wirkte, sollte ebenfalls ein Kind beider Völker sein? Unvorstellbar! Bevor sie jedoch auch nur Luft für eine weitere Frage holen konnte, klopfte es an der Tür.
Legolas und Antonia - nackt, wie sie beide waren - tauschten einen beinahe schuldbewussten Blick. Der frühe Morgen war inzwischen längst dem Vormittag gewichen.
"Einen Moment noch!" rief Antonia, als sie beide gleichzeitig aufsprangen und hastig nach ihren Kleidern griffen.
"Na hört mal, ihr Beiden! Ihr könnt schließlich nicht den ganzen Tag verschlafen!" tönte Gimlis Stimme von draußen herein. "Falls ihr da drinnen überhaupt schlaft." Es klang halb ärgerlich, halb amüsiert.
Antonia öffnete die Tür und blickte in das rotbärtige Gesicht des Zwerges. Als er bemerkte, dass die zwei wegen der Eile immer noch reichtlich zerknittert aussahen, verbreiterte sich sein Grinsen noch.
"Ich hab euch doch nicht etwa gestört?" Dabei setzte er einen Blick auf, als könne er kein Wässerchen trüben. In seinen Augen jedoch blitzte der Schlak, den Antonia von ihrem letzten Besuch in Mittelerde noch sehr gut in Erinnerung hatte.
"Wie kommst du denn darauf?" entgegnete sie mit einer gehörigen Portion Spott in der Stimme. "Dir übrigens auch einen guten Morgen."
"Denk dir nichts dabei." Warf Legolas gelassen ein. "Bei Zwergen ist es üblich, Türen halb einzureißen und unverschämte Fragen zu stellen. Sie nennen so etwas höflich."
"Also das ist doch unerhört!" schnappte Gimli verärgert. "Was soll sie denn da für einen Eindruck von uns bekommen! Wenigstens haben Zwerge es nicht nötig, bis in den hellen Tag hinein zu schlafen - oder was auch immer."
"Oh, sie merken es nur nicht, weil sie in ihren dunklen Bergwerken immer den Sonnenaufgang verpassen." Erwiderte der Elb so ernsthaft wie möglich.
Beim Anblick von Gimlis Brustkorb, der sich unter seinem silbernen Kettenpanzer vor Empörung weitete, konnte Antonia sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Es war einfach zu drollig, den beiden ungleichen Freunden zu zusehen. Sie versuchte vergeblich, ihr Kichern hinter vorgehaltener Hand zu verbergen. Zwei Augenpaare wandten sich ihr mit gespieltem Erstaunen zu.
"Ich wüsste außerdem nicht, was an diesen schamlosen Verleumdungen lustig sein sollte!" knurrte Gimli sie an und baute sich vor ihr auf, was angesichts seiner geringen Größe nicht ganz die beabsichtigte Wirkung erzielte.. "Mit euch schwächlichen Menschen brauche ich gar nicht erst anzufangen. Und übrigens..." er deutete auf ihr T-shirt. "...gehört diese Seite nicht nach hinten?"
Antonia blickte an sich herab und stellte peinlich berührt fest, dass der Zwerg recht hatte. Der Kragen war so gut wie überhaupt nicht ausgeschnitten und der einheitlich dunkelroten Stofffläche nach zu schließen, musste der Aufrduck sich auf ihrem Rücken befinden.
"Ähhh,...das kann man anziehen, wie man will....?!" versuchte sie probehalber und setzte ein möglichst unschuldiges Grinsen auf.
"Das, Mädchen, könntest du nicht einmal einem stinkenden, hohlköpfigen Ork erzählen." Lautete die Reaktion des Zwerges bevor er sich abwandte und brummelnd von dannen stapfte.
Damit beschäftigt, möglichst unauffällig aus den kurzen Ärmeln zu schlüpfen und das T-shirt in seine richtige Position zu bringen, folgte Antonia den beiden. Sie hoffte inständig, dass es da, wohin sie gingen, Frühstück oder ähnliches gab. Ihr Magen meldete sich nämlich, anscheinend wütend über seine schmerzhafte Vernachlässigung, lautstark zu Wort. Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal etwas gegessen? Gestern? Sie konnte sich nicht genau erinnern und wusste nur noch, dass sie die Pfannkuchen von Lena abgelehnt hatte. Hunger war aber auf alle Fälle besser, als die nervtötende Übelkeit der letzten Wochen. Auch die allgegenwärtige Erschöpfung ließ heute zum Glück noch auf sich warten. Trotzdem fehlte noch ein ganzes Stück Energie zu ihrem Normalzustand. Aber so wie es aussah, würde sie den in den nächsten Monaten sowieso nicht mehr erreichen.
"Das ist übrigens ein ziemlich merkwürdiger Bursche, den wir da aus deiner Welt noch mitgebracht haben." Wandte Gimli sich an sie. "Keinen Ton hat er gestern mehr von sich gegeben und was war das überhaupt für ein merkwürdiges Ding, mit dem er mir vor der Nase herum gefuchtelt hat?"
Bevor Antonia damit beginnen konnte, sich über Felix im allgemeinen und ihr mehr als spärliches Wissen über Schusswaffen im besonderen zu verbreiten, betraten sie eine der zahlreichen Terrassen und worden dort von einer fremden Elbin begrüsst, die anscheinend auch Legolas und Gimli unbekannt war. Sie stellte sich den dreien als Binala vor und lächelte Antonia freundlich an.
""Die Herrin Arwen schickt mich um nach dir zu sehen.Sie meinte, du seist gestern zu erschöpft gewesen um die Heiler aufzusuchen. Außerdem erschien es ihr nicht so dringlich als, dass es nicht Zeit bis zum nächsten Morgen hätte." Sie hatte eine ungewöhnlich rauhe und tiefe Stimme, die sie Antonia aber nichts desto trotz auf den ersten Blick vertrauenswürdig erscheinen ließ. Ihre langen leicht gewellten Haare flossen ihr dunkelrot über die Schultern und bildeten einen reizvollen Gegensatz zu dem aquamarinblauen Gewand, das sie trug. Es hatte den selben Ton wie ihre großen strahlenden Augen.
Mit dem Versprechen, so bald wie möglich nach zu kommen folgte Antonia der hochgewachsenen Elbin. Sie hatte nicht vor, gleich am ersten Morgen ihre Gastgeberin durch Zurückweisung ihrer Fürsorge vor den Kopf zu stossen. Binala führte sie über mehrere Terrassen und eine hohe geschwungene Brücke, die zwischen zwei gewaltigen Buchen einen brausenden Wasserfall überspannte. Das Gebäude, das sie schließlich betraten, besaß einen gänzlich runden Grundriss. Die Wand und die schlichten Säulen im Inneren wiesen zarte Blau und Grüntöne auf. Weisse Stoffbahnen treilten den Raum in mehrer kleine Abschnitte und auf einem halbhohen Sockel in der Mitte stand eine flache mit Wasser gefüllte Schale. In ihr schwammen Blütenblätter und verschiedene Kräuter, die das Haus mit einem frischen, leicht süßlichen Duft erfüllten.
Binala bedeutet Antonia, sich auf einer der zahlreichen Liegen nieder zu lassen. Nachdem sie sich gesetzt hatte, begutachtete die Heilerin sorgfältig jeden Schnitt, den Antonia an den Unterarmen davon getragen hatte. Sie nahm eines der unzähligen Töpfen und Tiegel, die auf einem kleinen Tisch an der Wand standen und begann, nach Kräutern riechende Salbe auf den Verletzungen zu verteilen.
"Das wird sie besser heilen lassen und außerdem verhindern, dass Narben zurück bleiben." Erklärte die Elbin mit einem Augenzwinkern. "Im Gegensatz zu den Männern können wir Frauen darauf gut verzichten." Antonia erwiderte ihr Lächeln und überließ sich bereitwillig den Händen der anderen. Unter ihren schlanken weissen Fingern begann die Salbe auf ihrer Haut leicht zu prickeln. Es fühlte sich alles andere als unangenehm an.
Das Heftpflaster über ihrer rechten Augenbraue entfernte sie lieber selbst. Sie glaubte nicht, dass die Elbin mit selbstklebenden Wundverbänden vertraut war. Als Binala die kleine Platzwunde behutsam mit einer scharf riechenden Flüssigkeit reinigte, fühlte sich Antonia daran erinnert, wie Legolas sie nach ihrer Rettung vor den Uruk-Hai verarztet hatte. Damals hatte er sie lediglich verwirrt - hatte sie damals jedenfalls geglaubt.
"Die Herrin Arwen hat mir verraten, dass du ein Kind erwartest." Sagte Binala, als sie die Behandlung beendet hatte. "In den letzten Jahren ist es allzu selten geworden, dass ich Schwangere in meiner Obhut hate. Dürfte ich untersuchen, ob mit dem Kind alles in Ordnung ist?"
Wie konnte Antonia ihr diesen Wunsch verweigern, wenn sie so freundlich darum bat? Um ehrlich zu sein, wollte sie lieber nicht wissen, was der Ausdruck "in den letzten Jahren" aus dem Mund einer Elbin bedeutet. 50? 100 Jahre? Nachdem sie sich flach auf den Rücken gelegt hatte, schob Binala ihr das T-shirt hoch und legte beide Hände auf die selbe Stelle unterhalb ihres Bauchnabels wie vorhin Legolas. Die Heilerin schloss die Augen und ein konzentrierter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Eine kleine Falte entstand dabei zwischen ihren Brauen. Antonia fand, dass sie dadurch verletzlicher -ja- fast menschlicher aussah. Gleich darauf spürte sie eine wohltuende Wärme von den Händen der Elbin aus in ihren Unterleib dringen. Sie konnte regelrecht fühlen, wie verkrampfte Muskeln sich entspannten und sich die aufkeimende Müdigkeit ein Stück weit zurück zog.
"Deinem Kind geht es bestens." Meinte Binala schließlich und nahm die Hände von Antonias Bauch. Diese registrierte es mit Bedauern auch wenn ein Teil der heilenden Kraft inihr zurück blieb. "Wenn du vielleicht noch Fragen hast, kannst du jederzeit zu mir kommen." Binalas Lächeln wärmte fast im gleichen Maße wie ihre Hände.
"Naja, es gäbe da schon noch einiges, was ich gerne wissen würde." Gestand Antonia. Instinktiv hatte sie sofort Vertrauen zu der rothaarigen Heilerin gefasst. "Vor allem beschäftigt mich die Frage, in wie weit ein Unterschied zu einer normalen Schwnagerschaft besteht. Und was es mit meiner ständig wieder kehrenden Erschöpfung auf sich hat."
"Oh, das benötigt viele Antworten auf einmal." Entgegnete die Elbin. "Als erstes wird es längern dauern bis dein Kind zur Welt kommt als es bei Menschen üblich ist. Ich würde sagen, dass es in ungefähr 14 Monaten geboren wird."
Antonia blieb vor Schreck der Mund offen stehen. 14 Monate..."Dann bedeutet das, dass es im ganzen 1 1/2 Jahre sind?" Die Fassungslosigkeit war deutlich in ihrer Stimme zu hören. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen?
"Ich weiss, das heisst doppelt so viel Zeit, wie es Menschen normaler weise in Anspruch nimmt." Versuchte Binala sie zu beruhigen. Beschwichtigend legte sie ihrer Patientin die Hand auf die Schulter. "Aber es ist immerhin kürzer als bei meinem Volk. Da dauert es 24 Monate."
Antonia schüttelte verwirrt den Kopf. Was hatte sie eigentlich anderes erwartet? Wild entschlossen klammerte sie sich an ihre Erst-fragen- hinterher-nachdenken-Taktik mit der sie in Mittelerde bisser immer einigermaßen gut über die Runden gekommen war. "Und woher kommt meine Erschöpfung?"
"Die erklärt sich daraus, dass das Kind in die zur Hälfte elbisch ist. Das heisst, es besitzt zu einem großen Teil angeborene Elbenmagie. Dein Körper kommt damit nur schwer zurecht, weil du sie nicht in dir hast. Deshalb die ständige Müdigkeit. Ein Halbelbenkind auszutragen bedeutet für menschliche Mütter eine große Anstrengung."
"Und das soll noch 14 Monate so weiter gehen?" unterbrach Antonia sie verzweifelt. "Ich glaube, da breche ich vorher irgend wann zusammen!"
Binala schüttelte mit einem leicht tadelnden Ausdruck in den dunkelblauen Augen den Kopf. "Nur immer mit der Ruhe! Ich kann dir einen besonderen Tee brauen, durch den du dich besser fühlst. Er stärkt deinen Körper. Allerdings musst du ihn täglich zu dir nehmen."
Antonia nickte zustimmend - erleichtert darrüber, dass wenigstens eines ihrer Probleme teilweise aus der Welt geschafft war.
Ein leises Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit der beiden auf den Eingang. Dort unter dem Torbogen stand Felix und jeder Faser seines Körpers war anzusehen, dass er sich dort alles andere als wohl fühlte.
"Hey Felix, was ist dir denn über die Leber gelaufen?" begrüsste Antonia ihren Freund.
"So ungefähr ein ganzes Heer von merkwürdigen Gestalten." Lautete die missmutige Antwort. Sein Blick wanderte zu Binala hinüber und verdüsterte sich augenblicklich. "Eine davon schickt mich, dich zu holen."
Schnell verabredete Antonia mit der Elbin, dass sie heute Abend wegen des Trankes wieder kommen würde, dann folgte sie ihrem Freund hinaus. "Wer schickt dich und wohin soll ich?"
"Dieser Oberchef - Elrond oder wie er heisst. Ich soll auch mit kommen. Frag mich jetzt aber nicht, worum es geht! Alles was ich mitbekommen habe, war seltsames Geasel von einer wichtigen Nachricht oder so ähnlich."
Antonias Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. Zum einen weil sie überlegte, was so bedeutsam sein konnte, dass Elrond eine Versammlung abhielt , zum anderen, wegen der miserablen Stimmung ihres Freundes.
"Wo hast du mich da nur mit hinein gezogen?" brach es schließlich aus ihm heraus als sie die Brücke überquerten. "Die sind hier alle total durchgedreht. Elben, Zwerge, Zauberer - ich glaub ich bin im falschen Film oder was!"
"Ich habe dir doch gestern das meiste davon erklärt, oder?" Antonia hatte das Gefühl, dass ihre Geduld mit Felix so langsam in ihre Grenzen stieß. Sie hatte damals Mittelerde wenigstens halbwegs akzeptiert. Wenn sie das schaffte, musste es ihm doch auch gelingen! "Musst du denn alles gleich so negativ sehen?" warf sie ihm vor. "Kannst du der Situation denn nichts positives abgewinnen?"
"Das Essen ist verdammt gut." Meinte er ein bißchen kleinlaut.
Darüber musste Antonia trotz allem lachen, denn sie wusste von unzähligen Mensa-Besuchen, welche Mengen Felix verdrücken konnte. "Na immerhin etwas." Entgegnete sie grinsend. Sie glaubte fest daran, dass sich das Problem mit ihrem Freund mit der Zeit von selbst lösen würde.
Jetzt wollte sie erst einmal erfahren, was Elrond mit ihnen so wichtiges zu besprechen hatte.
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So, da ist wieder einmal ein neues Kapitel. Es ist jetzt viertel nach vier Uhr früh und ich bin total am Ende. Deshalb auch die eventuell vielen Tipfehler. In vier Stunden muss ich aufstehen und auf der Hochzeit unseres 1.Geigers Bratsche spielen....Jippie! Der arme....mit der Musikuntermalung....
Falls ihr übrigens genauer wisst, was Halbelben von richtigen Elben unterscheidet, dann mailt es mir. Wichtige Infos....
Bitte keine Drohbriefe wegen folgender Kapitel. Ich fange nächste Woche mein 6 wöchiges Praktikum an. 8 Stunden am Tag. Mal sehen, wie viel da noch fürs schreiben übrigbleibt.... ich werde mich wie immer ganz arg bemühen.
Und schreibt bitte(!!!) weiter so informative Reviews. Hilft echt.
Ein letztes erschöpftes YYYRRRRCH an alle, die auf dem Summer Breeze Festival waren. (Unser ultimativer Kampfschrei neben SSSLLLAAYYEERR!)
Und ich würde wahnsinnig gerne wissen, wie euch mein Gedicht "Engel" gefällt.
Viel Spass noch....mein Bett ruft.
Bisschen retardierendes Moment aber....ich glaub, das wird euch gefallen( Ach ja und wenn es möglich wäre, würde ich auch gerne ich Bruchtal wohnen.
VII Morgen
Das leise Geräusch einer vorsichtig zugezogenen Tür weckte Antonia am nächsten Morgen. Sie blinzete schlaftrunken bei dem Versuch ihre müden Augen dazu zu bewegen, sich zu öffnen. Nach und nach verschwanden endlich die Schlieren in ihrem Blickfeld und sie konnte sich umsehen.
Sanftes morgendliches Sonnenlicht durchflutete den Raum, dessen Wände keine erkennbare geometrische Form bildeten. Er bestand vielmehr aus scheinbar willkürlich angeordneten Ecken und Rundungen, die allerlei Nischen und Vorsprünge bildeten. In einigen davon standen kleine, zierliche Tische aus hellem, fast weißem Holz. Auf den meisten sah sie dünne Vasen mit frischen Blumen, die einen angenehmen Duft verströmten. Antonia entdeckte außerdem eine Truhe mit blanken silbernen Beschlägen, deren Deckel Schnitzereien von Blattwerk zeigte. Zu ihrer Linken verdeckten halbdurchsichtige Vorhänge in zart rosa Pastellfarben den Durchgang zu einem Balkon. Die seidigen Stoffbahnen bewegten sich sacht in der leichten Morgenbrise, die von draußen herein wehte. Wieder bedrängte Antonia das Gefühl, in einem verzauberten Märchenschloss gelandet zu sein.
Dann erinnerte sie sich wieder daran, was sie eigentlich geweckt hatte. Sie setzte sich auf, glücklicherweise diesmal ohne das vertraute Schwindelgefühl, und sah sich nochmals um. Sie war allein. Die Enttäuschung angesichts dieser Tatsache verschwand jedoch, als sie den Abdruck auf den Kissen neben ihr bemerkte. Legolas war also doch bei ihr geblieben. Sie beugte sich vor und- ja, tatsächlich haftete noch ein wenig seines Geruches auf dem cremefarbenen Stoff. Er musste gerade erst den Raum verlassen haben. Für eine Minute überließ Antonia sich ganz dem warmen Glücksgefühl, das dies in ihr auslöste. Es war einfach herrlich, nur zu wissen, dass er in der Nähe war. Dann jedoch beschloss sie aufzustehen. Zur Abwechslung hatte der Schlaf einmal wirklich ihre Erschöpfung vertrieben und sie wollte mehr von diesem sagenhaften Bruchtal zu Gesicht bekommen.
Als erstes meldete sich aber die Wunde auf ihrer Stirn mit einem dumpfen Klopfen zurück. Vorsichtig tastete sie über das Heftpflaster, wurde daraus aber auch nicht schlauer. Der Schmerz war nicht schlimm und würde sich gut verdrängen lassen. Dann inspizierte sie die zahlreichen Schnittwunden, die sie bei dem zweiten Angriff der Unguim davon getragen hatte. Über Nacht waren sie alle zugeheilt und keine davon schien genauere Behandlung zu benötigen.
Barfuss wie sie war, trat sie durch die Vorhänge auf den Balkon hinaus. Direkt rechts neben der Brüstung stürzte ein schmaler Wasserfall, kaum mehr als ein Rinnsal, leise rauschend in die Tiefe. Ein Band aus Silber, in dem die Strahlen der gerade aufgegangenen Sonne schillernde Farbreflexe in allen Schattierungen des Regenbogens entstehen ließen. Antonia streckte die Hand aus und zog sie bedeckt mit kühlen glitzernden Tropfen wieder zurück. Das Wasser fühlte sich auf ihrer Haut wie der seidige Stoff der Vorhänge an. Angezogen von der Feuchtigkeit hatten sich auf dem Sims neben dem Balkon dunkelgrüne Farne und weiches Moos angesiedelt. Ein weißer Schmetterling trank Wasser aus einer kleinen Pfütze, die sich in einer winzigen Vertiefung des Felsens gebildet hatte. Antonias Blick folgte ihm versonnen als er davon flatterte...Von hier aus konnte sie beinahe das gesamte Tal überblicken. Ganz umgeben von hohen Felshängen breitete es sich still und friedlich vor ihr aus. Ein leichter Nebel, der von den unzähligen Wasserfällen stammte, hing wie ein zarter Schleier in der Luft. Antonia vermutete, dass die Morgensonne ihn bald vertreiben würde. Noch allerdings schwebte er über Bruchtal und verlieh ihm damit eine weiche unwirkliche Atmosphäre.
Jäh wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als zwei Arme sie plötzlich von hinten umfassten.
"Gefällt es dir?" klang Legolas' Stimme ganz nah an ihrem Ohr. Sie hatte ihn überhaupt nicht herein kommen hören. Er küsste sie auf den Hals bevor er sie losließ.
"Es ist wunderschön!" antwortet sie, als sie sich zu ihm umdrehte. "Um ehrlich zu sein, kann ich immer noch nicht glauben, dass dies alles hier wirklich ist."
Er lächelte jenes strahlende Lächeln, das seine Augen aufleuchten ließ. "Oh, doch. Wirklicher und wahrscheinlich älter, als du dir vorstellen kannst."
Sie betrachtete,ihn, wie er so im Morgenlicht vor ihr stand. Er musste direkt aus einem der Wasserfälle kommen, denn die hellbloden Haare hingen ihm nass über die Schultern. Auch sein Hemd sah aus, als hätte er es nur rasch über geworfen - es stand halb offen. Wie immer wirkte er frisch und ausgeruht, als hätte das Wort Müdigkeit für ihn keine Bedeutung. Älter, als...
"Legolas, wie alt bist du eigentlich?" Jetzt war sie endlich draußen, die Frage, die sie ihm bisher nicht zu stellen gewagt hatte. Wahrscheinlich aus Angst vor der Antwort.
Er schien zu merken, was in ihr vorging, denn der Blick seiner schönen Augen wurde mit einem Mal sehr ernst. Gleichzeitig glomm in ihnen ein Funken Traurigkeit auf, als wäre er sich nicht sicher darüber, wie sie auf seine Antwort reagieren würde.
"2931 Jahre." Lautete die schlichte Erwiderung. Die Worte klangen flach und ausdruckslos, als hätte er sie nur schwer über die Lippen gebracht.
Antonia spürte, wie ihr das Blut in die Füße sackte. So kam es ihr jedenfalls vor, denn ihr Gehirn hatte keines mehr zum Denken zur Verfügung. Zweitausendneunhundert... das war... unvorstellbar ...unmöglich...unmenschlich -ja, genau das. Ohne es zu merken, verließ sie den Balkon und ließ sich auf das Bett sinken. In ihrem Kopf wirbelte alles durcheinander. Das war älter als Rom, älter als...war vor 2900 Jahren nicht der troianische Krieg? Sie brachte keinen klaren Gedanken mehr zustande. Gleichzeitig erschreckte es sie, wie leicht diese Auskunft es geschafft hatte, sie aus der Fassung zu bringen. Sie hatte doch geglaubt, dass nichts, was sie in Mittelerde mehr erfahren würde, sie noch überraschen würde.
Die Matratze senkte sich leicht, als Legolas sich neben sie setzte. Ein kurzer Moment des Zögerns, dann fühlte sie sich in die Arme genommen. Vorsichtig, als wüsste er nicht, wie er mit ihrer Verwirrung umgehen sollte. Natürlich - hier in Mittelerde gab es niemanden, der nicht über das Wesen der Elben Bescheid wusste. Keiner hätte sein Alter ungewöhnlich - unfassbar- gefunden.
Instinktiv hatte er wieder das richtige getan, auch wenn Antonia eine Weile brauchte, bis sich das Chaos in ihrem Kopf einigermaßen lichtete. Seine bloße Nähe verfehlte auch diesmal ihre beruhigende Wirkung nicht.
"Es ist nur so: Eigentlich stehe ich nicht auf ältere Männer." Sie brachte dabei sogar ein etwas halbherziges Grinsen zustande. "Aber ich glaube, DAS sprengt wohl jeden Rahmen." Plötzlich beinahe schüchtern blickte sie zu ihm auf. "Ich vergesse nur immer wieder, wie verschieden wir doch sind."
"Und ich, wie wenig du darüber weißt." Zu ihrer Erleichterung war der Ausdruck von Sorge aus seinen Augen verschwunden.
"Oh, ich glaube, das können wir ändern." Wie sollte sie längere Zeit neben ihm auf dem Bett sitzen, ohne auf dumme Gedanken zu kommen? Halbangezogen, wie er war. Noch dazu, wo ihr Kopf an seiner Brust lag und sie mit jedem Atemzug den betörenden Duft seiner Haut in sich aufnahm. Zaghaft, dann immer bestimmter küsste sie zuerst die Stelle, an der ihre Wange ihn eben noch berührt hatte. Langsam wanderten ihre Lippen nach oben. Kurz verweilte sie auf dem Fleck über seinem Schlüsselbein, als sie damit begann, die restlichen Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, und liebkoste dann seinen Hals. Seine blasse Haut fühlte sich dort so weich an, dass sie der Versuchung nicht widerstehen konnte, sanft hinein zu beißen. Sie spürte, wie ihn bei dieser Berührung ein leiser Schauer überlief und sein Atem sich beschleunigte. Ihre Finger hatten endlich den letzten Knopf gelöst. Während sie ihm das Kleidungsstück über die Schultern streifte, bedachte sie ihn mit einem tiefen Kuss, den er leidenschaftlich erwiderte. Den ganzen Aufruhr von Emotionen, der in ihr brodelte, legte sie in diese Berührung. Sie küsste ihn wie eine Verdurstende, deren ganzes Leben von seinen Lippen abhing. Legolas' linke Hand grub sich in ihre Haar während die andere unter ihr T-shirt glitt. Es dauerte nicht lange bis sie sich gegenseitig aller Kleidung entledigt hatten. Die gesamte Sehnsucht der letzten Monate brach sich in einer Flut aus Verlangen Bahn und sie liebten sich begierig bis die Welt um sie herum versank.
"Falls es jedes Mal darauf hinaus läuft, wenn du etwas von mir erfahren willst, bin ich jederzeit gerne bereit, dir Auskunft zu geben." Sagte Legolas schmunzelnd als sie danach nebeneinander lagen.
"Oh, das könnte auf die Dauer ziemlich anstrengend werden." Antwortete Antonia. "Obwohl es da noch so einiges gäbe..." Erschöpft aber glücklich war sie völlig in die Augen ihres Geliebten versunken. Vorhin hätte sie schwören können, den Sternenhimmel in seiner ganzen tiefen Unendlichkeit in ihnen gesehen zu haben. Jetzt kamen sie ihr bis auf das elbenhafte Leuchten wieder gänzlich normal vor. Würde sie es jemals müde werden ihn zu betrachten? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Sein schlanker doch starker Körper strahlte selbst jetzt die angeborene Anmut seines Volkes aus. Es hätte der spitzen Ohren zwischen seinen blonden Haarsträhnen nicht bedurft, um sie an seine Andersartigkeit zu erinnern. "Nun, in manchen Dingen scheint es keinen großen Unterschied zwischen Elben und Menschen zu geben." Neckte sie ihn
"Vielleicht hast du ihn nur noch nicht entdeckt." Erwiderte er ihren anzüglichen Blick. Ein schelmisches Lächeln spielte dabei um seine Mundwinkel.
Antonia war inzwischen ein anderer, ernsterer Gedanke in den Sinn gekommen. Einer, der ihr schon seit einer ganzen Weile im Kopf herum ging. "Warum, Legoals? Aus welchem Grund sind gerade wir zusammen?"
Eine seiner Augenbrauen wanderte fragend in die Höhe. "Was meinst du damit?"
"Ich meine...abgesehen davon, dass wir zwei verschiedenen Arten angehören, stammen wir aus beinahe gegensätzlichen Welten. Eigentlich könnte die Kluft zwischen uns größer nicht sein." Sie seufzte. "Allein die Tatsache, dass wir uns überhaupt begegnet sind, ist dermaßen unwahrscheinlich. Geschweige denn die, dass wir uns lieben."
"Das beschäftigt dich also?" Seine Hand glitt zärtlich an ihrer Wange herab und umfasste ihr Kinn, so dass sie keine Möglichkeit hatte, seinem Blick aus zu weichen. Liebevoll strich sein Daumen über ihre Lippen während er kurz nachdachte. "Die Antwort darauf ist ebenso bedeutsam wie einfach. Ich glaube, man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt. Es geschieht einfach. Nenne es vorherbestimmt, wenn du magst."
"Sprichst du von so etwas wie Schicksal?" wollte Antonia wissen. Zweifelnd runzelte sie die Stirn. Dieses Wort hatte sie eigentlich schon lange aus ihrem Wortschatz gestrichen. In ihrer naturwissenschaftlich geprägten Weltanschauung hatte es einfach keinen Platz. Schicksal - das war etwas für Leute, die mit Zufall und Statistiken nichts anfangen konnten. Obwohl sie seit ihrem ersten Besuch in Mittelerde einräumen musste, dass immerhin Magie tatsächlich existierte. "Daran glaube ich nicht."
"Das Schicksal existiert unabhängig davon ,ob du an es glaubst oder nicht." Lautete Legolas' ernste Antwort. "Ich habe es während des Ringkrieges selbst oft genug am eigenen Leib erfahren. Außerdem kannst du nicht ernsthaft davon überzeugt sein, dass dies hier nur ein Werk des Zufalls ist." Seine Hand legte sich auf ihren Bauch direkt unterhalb des Nabels. Die angedeutete Rundunge ließ noch nichts von dem neuen Leben, das darunter heran wuchs, erahnen.
Antonia schluckte. So richtig hatte sie sich mit dem Gedanken, dass sie ein Kind erwartete, noch nicht abgefunden. Geschweige denn, sich näher damit auseinander gesetzt. Die letzten 24 Stunden hatten sie mit ihren Ereignissen dermaßen überrollt, dass sie einfach keine Zeit dazu gehabt hatte. Erst jetzt wurde ihr wirklich bewusst, was dieser Umstand eigentlich bedeutete. Nie hätte sie geahnt, dass diese große Verantwortung so rasch und unerwartet auf sie zukommen würde. Zusätzlich war dies alles andere als eine normale Schwangerschaft. Nun - wenigstens die Frage, ob Elben und Menschen sich vermischen konnten, konnte sie abhaken.
Legolas richtete sich halb auf und legte den Kopf genau auf die Stelle, die zuvor seine Hand berührt hatte. Mit einem gespannten Ausdruck im Gesicht schien er auf etwas zu lauschen. "Ich kann sein Herz schlagen hören. Ganz deutlich." Die Begeisterung in seinen Augen verlieh ihm beinahe etwas jungenhaftes. Bei der Freude, die hörbar in seinen Worten mitschwang, wurde Antonia sofort leichter ums Herz. Wenigstens stand sie dieser Herausforderung nicht alleine gegenüber. Mit seiner Hilfe würde sie das alles schon irgend wie schaffen.
"Werden eigentlich öfter Kinder wie unseres geboren?" fragte sie.
"Im früheren Zeitalter, als mein Volk noch nicht damit begonnen hatte, nach Westen zu segeln, geschah so etwas von Zeit zu Zeit. Jetzt so gut wie nicht mehr. Ich weiss nicht so gut darüber Bescheid. Elrond wird deine Fragen besser beantworten können. Er ist selbst ein Halbelb."
"Was?" Antonia machte ein überraschtes Gesicht. Elrond, der so ehrfurchtsgebietend und weise wirkte, sollte ebenfalls ein Kind beider Völker sein? Unvorstellbar! Bevor sie jedoch auch nur Luft für eine weitere Frage holen konnte, klopfte es an der Tür.
Legolas und Antonia - nackt, wie sie beide waren - tauschten einen beinahe schuldbewussten Blick. Der frühe Morgen war inzwischen längst dem Vormittag gewichen.
"Einen Moment noch!" rief Antonia, als sie beide gleichzeitig aufsprangen und hastig nach ihren Kleidern griffen.
"Na hört mal, ihr Beiden! Ihr könnt schließlich nicht den ganzen Tag verschlafen!" tönte Gimlis Stimme von draußen herein. "Falls ihr da drinnen überhaupt schlaft." Es klang halb ärgerlich, halb amüsiert.
Antonia öffnete die Tür und blickte in das rotbärtige Gesicht des Zwerges. Als er bemerkte, dass die zwei wegen der Eile immer noch reichtlich zerknittert aussahen, verbreiterte sich sein Grinsen noch.
"Ich hab euch doch nicht etwa gestört?" Dabei setzte er einen Blick auf, als könne er kein Wässerchen trüben. In seinen Augen jedoch blitzte der Schlak, den Antonia von ihrem letzten Besuch in Mittelerde noch sehr gut in Erinnerung hatte.
"Wie kommst du denn darauf?" entgegnete sie mit einer gehörigen Portion Spott in der Stimme. "Dir übrigens auch einen guten Morgen."
"Denk dir nichts dabei." Warf Legolas gelassen ein. "Bei Zwergen ist es üblich, Türen halb einzureißen und unverschämte Fragen zu stellen. Sie nennen so etwas höflich."
"Also das ist doch unerhört!" schnappte Gimli verärgert. "Was soll sie denn da für einen Eindruck von uns bekommen! Wenigstens haben Zwerge es nicht nötig, bis in den hellen Tag hinein zu schlafen - oder was auch immer."
"Oh, sie merken es nur nicht, weil sie in ihren dunklen Bergwerken immer den Sonnenaufgang verpassen." Erwiderte der Elb so ernsthaft wie möglich.
Beim Anblick von Gimlis Brustkorb, der sich unter seinem silbernen Kettenpanzer vor Empörung weitete, konnte Antonia sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Es war einfach zu drollig, den beiden ungleichen Freunden zu zusehen. Sie versuchte vergeblich, ihr Kichern hinter vorgehaltener Hand zu verbergen. Zwei Augenpaare wandten sich ihr mit gespieltem Erstaunen zu.
"Ich wüsste außerdem nicht, was an diesen schamlosen Verleumdungen lustig sein sollte!" knurrte Gimli sie an und baute sich vor ihr auf, was angesichts seiner geringen Größe nicht ganz die beabsichtigte Wirkung erzielte.. "Mit euch schwächlichen Menschen brauche ich gar nicht erst anzufangen. Und übrigens..." er deutete auf ihr T-shirt. "...gehört diese Seite nicht nach hinten?"
Antonia blickte an sich herab und stellte peinlich berührt fest, dass der Zwerg recht hatte. Der Kragen war so gut wie überhaupt nicht ausgeschnitten und der einheitlich dunkelroten Stofffläche nach zu schließen, musste der Aufrduck sich auf ihrem Rücken befinden.
"Ähhh,...das kann man anziehen, wie man will....?!" versuchte sie probehalber und setzte ein möglichst unschuldiges Grinsen auf.
"Das, Mädchen, könntest du nicht einmal einem stinkenden, hohlköpfigen Ork erzählen." Lautete die Reaktion des Zwerges bevor er sich abwandte und brummelnd von dannen stapfte.
Damit beschäftigt, möglichst unauffällig aus den kurzen Ärmeln zu schlüpfen und das T-shirt in seine richtige Position zu bringen, folgte Antonia den beiden. Sie hoffte inständig, dass es da, wohin sie gingen, Frühstück oder ähnliches gab. Ihr Magen meldete sich nämlich, anscheinend wütend über seine schmerzhafte Vernachlässigung, lautstark zu Wort. Wann hatte sie überhaupt das letzte Mal etwas gegessen? Gestern? Sie konnte sich nicht genau erinnern und wusste nur noch, dass sie die Pfannkuchen von Lena abgelehnt hatte. Hunger war aber auf alle Fälle besser, als die nervtötende Übelkeit der letzten Wochen. Auch die allgegenwärtige Erschöpfung ließ heute zum Glück noch auf sich warten. Trotzdem fehlte noch ein ganzes Stück Energie zu ihrem Normalzustand. Aber so wie es aussah, würde sie den in den nächsten Monaten sowieso nicht mehr erreichen.
"Das ist übrigens ein ziemlich merkwürdiger Bursche, den wir da aus deiner Welt noch mitgebracht haben." Wandte Gimli sich an sie. "Keinen Ton hat er gestern mehr von sich gegeben und was war das überhaupt für ein merkwürdiges Ding, mit dem er mir vor der Nase herum gefuchtelt hat?"
Bevor Antonia damit beginnen konnte, sich über Felix im allgemeinen und ihr mehr als spärliches Wissen über Schusswaffen im besonderen zu verbreiten, betraten sie eine der zahlreichen Terrassen und worden dort von einer fremden Elbin begrüsst, die anscheinend auch Legolas und Gimli unbekannt war. Sie stellte sich den dreien als Binala vor und lächelte Antonia freundlich an.
""Die Herrin Arwen schickt mich um nach dir zu sehen.Sie meinte, du seist gestern zu erschöpft gewesen um die Heiler aufzusuchen. Außerdem erschien es ihr nicht so dringlich als, dass es nicht Zeit bis zum nächsten Morgen hätte." Sie hatte eine ungewöhnlich rauhe und tiefe Stimme, die sie Antonia aber nichts desto trotz auf den ersten Blick vertrauenswürdig erscheinen ließ. Ihre langen leicht gewellten Haare flossen ihr dunkelrot über die Schultern und bildeten einen reizvollen Gegensatz zu dem aquamarinblauen Gewand, das sie trug. Es hatte den selben Ton wie ihre großen strahlenden Augen.
Mit dem Versprechen, so bald wie möglich nach zu kommen folgte Antonia der hochgewachsenen Elbin. Sie hatte nicht vor, gleich am ersten Morgen ihre Gastgeberin durch Zurückweisung ihrer Fürsorge vor den Kopf zu stossen. Binala führte sie über mehrere Terrassen und eine hohe geschwungene Brücke, die zwischen zwei gewaltigen Buchen einen brausenden Wasserfall überspannte. Das Gebäude, das sie schließlich betraten, besaß einen gänzlich runden Grundriss. Die Wand und die schlichten Säulen im Inneren wiesen zarte Blau und Grüntöne auf. Weisse Stoffbahnen treilten den Raum in mehrer kleine Abschnitte und auf einem halbhohen Sockel in der Mitte stand eine flache mit Wasser gefüllte Schale. In ihr schwammen Blütenblätter und verschiedene Kräuter, die das Haus mit einem frischen, leicht süßlichen Duft erfüllten.
Binala bedeutet Antonia, sich auf einer der zahlreichen Liegen nieder zu lassen. Nachdem sie sich gesetzt hatte, begutachtete die Heilerin sorgfältig jeden Schnitt, den Antonia an den Unterarmen davon getragen hatte. Sie nahm eines der unzähligen Töpfen und Tiegel, die auf einem kleinen Tisch an der Wand standen und begann, nach Kräutern riechende Salbe auf den Verletzungen zu verteilen.
"Das wird sie besser heilen lassen und außerdem verhindern, dass Narben zurück bleiben." Erklärte die Elbin mit einem Augenzwinkern. "Im Gegensatz zu den Männern können wir Frauen darauf gut verzichten." Antonia erwiderte ihr Lächeln und überließ sich bereitwillig den Händen der anderen. Unter ihren schlanken weissen Fingern begann die Salbe auf ihrer Haut leicht zu prickeln. Es fühlte sich alles andere als unangenehm an.
Das Heftpflaster über ihrer rechten Augenbraue entfernte sie lieber selbst. Sie glaubte nicht, dass die Elbin mit selbstklebenden Wundverbänden vertraut war. Als Binala die kleine Platzwunde behutsam mit einer scharf riechenden Flüssigkeit reinigte, fühlte sich Antonia daran erinnert, wie Legolas sie nach ihrer Rettung vor den Uruk-Hai verarztet hatte. Damals hatte er sie lediglich verwirrt - hatte sie damals jedenfalls geglaubt.
"Die Herrin Arwen hat mir verraten, dass du ein Kind erwartest." Sagte Binala, als sie die Behandlung beendet hatte. "In den letzten Jahren ist es allzu selten geworden, dass ich Schwangere in meiner Obhut hate. Dürfte ich untersuchen, ob mit dem Kind alles in Ordnung ist?"
Wie konnte Antonia ihr diesen Wunsch verweigern, wenn sie so freundlich darum bat? Um ehrlich zu sein, wollte sie lieber nicht wissen, was der Ausdruck "in den letzten Jahren" aus dem Mund einer Elbin bedeutet. 50? 100 Jahre? Nachdem sie sich flach auf den Rücken gelegt hatte, schob Binala ihr das T-shirt hoch und legte beide Hände auf die selbe Stelle unterhalb ihres Bauchnabels wie vorhin Legolas. Die Heilerin schloss die Augen und ein konzentrierter Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. Eine kleine Falte entstand dabei zwischen ihren Brauen. Antonia fand, dass sie dadurch verletzlicher -ja- fast menschlicher aussah. Gleich darauf spürte sie eine wohltuende Wärme von den Händen der Elbin aus in ihren Unterleib dringen. Sie konnte regelrecht fühlen, wie verkrampfte Muskeln sich entspannten und sich die aufkeimende Müdigkeit ein Stück weit zurück zog.
"Deinem Kind geht es bestens." Meinte Binala schließlich und nahm die Hände von Antonias Bauch. Diese registrierte es mit Bedauern auch wenn ein Teil der heilenden Kraft inihr zurück blieb. "Wenn du vielleicht noch Fragen hast, kannst du jederzeit zu mir kommen." Binalas Lächeln wärmte fast im gleichen Maße wie ihre Hände.
"Naja, es gäbe da schon noch einiges, was ich gerne wissen würde." Gestand Antonia. Instinktiv hatte sie sofort Vertrauen zu der rothaarigen Heilerin gefasst. "Vor allem beschäftigt mich die Frage, in wie weit ein Unterschied zu einer normalen Schwnagerschaft besteht. Und was es mit meiner ständig wieder kehrenden Erschöpfung auf sich hat."
"Oh, das benötigt viele Antworten auf einmal." Entgegnete die Elbin. "Als erstes wird es längern dauern bis dein Kind zur Welt kommt als es bei Menschen üblich ist. Ich würde sagen, dass es in ungefähr 14 Monaten geboren wird."
Antonia blieb vor Schreck der Mund offen stehen. 14 Monate..."Dann bedeutet das, dass es im ganzen 1 1/2 Jahre sind?" Die Fassungslosigkeit war deutlich in ihrer Stimme zu hören. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen?
"Ich weiss, das heisst doppelt so viel Zeit, wie es Menschen normaler weise in Anspruch nimmt." Versuchte Binala sie zu beruhigen. Beschwichtigend legte sie ihrer Patientin die Hand auf die Schulter. "Aber es ist immerhin kürzer als bei meinem Volk. Da dauert es 24 Monate."
Antonia schüttelte verwirrt den Kopf. Was hatte sie eigentlich anderes erwartet? Wild entschlossen klammerte sie sich an ihre Erst-fragen- hinterher-nachdenken-Taktik mit der sie in Mittelerde bisser immer einigermaßen gut über die Runden gekommen war. "Und woher kommt meine Erschöpfung?"
"Die erklärt sich daraus, dass das Kind in die zur Hälfte elbisch ist. Das heisst, es besitzt zu einem großen Teil angeborene Elbenmagie. Dein Körper kommt damit nur schwer zurecht, weil du sie nicht in dir hast. Deshalb die ständige Müdigkeit. Ein Halbelbenkind auszutragen bedeutet für menschliche Mütter eine große Anstrengung."
"Und das soll noch 14 Monate so weiter gehen?" unterbrach Antonia sie verzweifelt. "Ich glaube, da breche ich vorher irgend wann zusammen!"
Binala schüttelte mit einem leicht tadelnden Ausdruck in den dunkelblauen Augen den Kopf. "Nur immer mit der Ruhe! Ich kann dir einen besonderen Tee brauen, durch den du dich besser fühlst. Er stärkt deinen Körper. Allerdings musst du ihn täglich zu dir nehmen."
Antonia nickte zustimmend - erleichtert darrüber, dass wenigstens eines ihrer Probleme teilweise aus der Welt geschafft war.
Ein leises Räuspern lenkte die Aufmerksamkeit der beiden auf den Eingang. Dort unter dem Torbogen stand Felix und jeder Faser seines Körpers war anzusehen, dass er sich dort alles andere als wohl fühlte.
"Hey Felix, was ist dir denn über die Leber gelaufen?" begrüsste Antonia ihren Freund.
"So ungefähr ein ganzes Heer von merkwürdigen Gestalten." Lautete die missmutige Antwort. Sein Blick wanderte zu Binala hinüber und verdüsterte sich augenblicklich. "Eine davon schickt mich, dich zu holen."
Schnell verabredete Antonia mit der Elbin, dass sie heute Abend wegen des Trankes wieder kommen würde, dann folgte sie ihrem Freund hinaus. "Wer schickt dich und wohin soll ich?"
"Dieser Oberchef - Elrond oder wie er heisst. Ich soll auch mit kommen. Frag mich jetzt aber nicht, worum es geht! Alles was ich mitbekommen habe, war seltsames Geasel von einer wichtigen Nachricht oder so ähnlich."
Antonias Stirn legte sich in nachdenkliche Falten. Zum einen weil sie überlegte, was so bedeutsam sein konnte, dass Elrond eine Versammlung abhielt , zum anderen, wegen der miserablen Stimmung ihres Freundes.
"Wo hast du mich da nur mit hinein gezogen?" brach es schließlich aus ihm heraus als sie die Brücke überquerten. "Die sind hier alle total durchgedreht. Elben, Zwerge, Zauberer - ich glaub ich bin im falschen Film oder was!"
"Ich habe dir doch gestern das meiste davon erklärt, oder?" Antonia hatte das Gefühl, dass ihre Geduld mit Felix so langsam in ihre Grenzen stieß. Sie hatte damals Mittelerde wenigstens halbwegs akzeptiert. Wenn sie das schaffte, musste es ihm doch auch gelingen! "Musst du denn alles gleich so negativ sehen?" warf sie ihm vor. "Kannst du der Situation denn nichts positives abgewinnen?"
"Das Essen ist verdammt gut." Meinte er ein bißchen kleinlaut.
Darüber musste Antonia trotz allem lachen, denn sie wusste von unzähligen Mensa-Besuchen, welche Mengen Felix verdrücken konnte. "Na immerhin etwas." Entgegnete sie grinsend. Sie glaubte fest daran, dass sich das Problem mit ihrem Freund mit der Zeit von selbst lösen würde.
Jetzt wollte sie erst einmal erfahren, was Elrond mit ihnen so wichtiges zu besprechen hatte.
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So, da ist wieder einmal ein neues Kapitel. Es ist jetzt viertel nach vier Uhr früh und ich bin total am Ende. Deshalb auch die eventuell vielen Tipfehler. In vier Stunden muss ich aufstehen und auf der Hochzeit unseres 1.Geigers Bratsche spielen....Jippie! Der arme....mit der Musikuntermalung....
Falls ihr übrigens genauer wisst, was Halbelben von richtigen Elben unterscheidet, dann mailt es mir. Wichtige Infos....
Bitte keine Drohbriefe wegen folgender Kapitel. Ich fange nächste Woche mein 6 wöchiges Praktikum an. 8 Stunden am Tag. Mal sehen, wie viel da noch fürs schreiben übrigbleibt.... ich werde mich wie immer ganz arg bemühen.
Und schreibt bitte(!!!) weiter so informative Reviews. Hilft echt.
Ein letztes erschöpftes YYYRRRRCH an alle, die auf dem Summer Breeze Festival waren. (Unser ultimativer Kampfschrei neben SSSLLLAAYYEERR!)
Und ich würde wahnsinnig gerne wissen, wie euch mein Gedicht "Engel" gefällt.
Viel Spass noch....mein Bett ruft.
