A/N: Ja, ich bin's wieder einmal, das ewig am Kapitelanfang nervende
Stoffpferd *lol* Ich frag mich jedes Mal, ob sich das hier wirklich jemand
durchliest...aber ihr kennt mich, ich bin beharrlich und schreibe immer
wieder meinen Kommentar! *ächz* Nun, ich hoffe, dieses Chap gefällt euch
halbwegs, weiß ja nicht, was ihr so davon denkt...ach, reviewt einfach, ja?
*liebschau*
@ Blackpearl: Anatomisch gesehen wäre es möglich, dass sie die Verletzung überlebt hätte, und zwar, wenn die Klinge sie zwischen Ileum und Colon ascendens getroffen hätte, da an diesem Punkt kein lebenswichtiges Organ, oder gar eine Aorta liegt, zwar hätte sie viel Blut verloren, aber eine Überlebenschance wäre gegeben *g* *lol* Danke für das aufmerksame Lesen, ich hoffe, die Story enttäuscht dich nicht!
@ Andjudar: Ups...dummer Fehler meinerseits *lol* *knutschi*
@ alle anderen: danke für das Lesen und Reviewen, welchen Ansporn hätte ich ohne eure Reviews? Dankäääää!!!
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Kapitel 12: Ein Sturkopf kommt selten allein
Die Nacht war relativ ruhig. Filegon und Ranwé hielten die ganze Zeit über Wache, zunächst konnten sie einen weiteren Überfall durch eine dieser Orkbanden nicht ausschließen. Filegon war tapfer für seine Schwester gewesen, wollte sie wenigstens nicht noch mehr beunruhigen, doch im tiefen Inneren seines Herzens hatte er Angst. Panische Angst, um genau zu sein. Einem erneuten Angriff hatten sie nichts zur Wehr zu setzen, denn keiner von ihnen hatte noch die Kraft zu kämpfen. Zudem fehlte es ihnen an richtigen Waffen.
Lalaithwen hatte keine Angst mehr, noch schlimmer, sie fühlte sich leer und taub, konnte nicht wirklich begreifen, was ihnen zugestoßen war. Vor ihr lag dieser Elb, bewusstlos und schwer verwundet, manchmal wand er sich im Schlaf hin und her und stöhnte unter Schmerzen. Lalaithwen erhoffte sich jedes Mal, dass er endlich aufwachen würde, doch es schien, als hielten ihn finstere Träume in seiner Besinnungslosigkeit gefangen. Er durfte nicht sterben, er durfte es einfach nicht. Sie wollte es nicht so und allein deshalb durfte es nicht geschehen. Mit diesen wirren Gedanken schlief Laith zusammengekauert ein, wurde aber durch jedes noch so leise Geräusch aufgeweckt. Zum Schutz und der Sicherheit zog sie ihren Dolch, noch immer klebten getrocknete Blutreste daran, doch die Klinge war so scharf wie zuvor. Laith schloss ihre Hand fest um den Griff der Hiebwaffe, dabei umfassten ihre Finger die Klinge so fest, dass frisches Blut von ihren Fingern rann und herab auf ihren Mantel tropfte. Doch sie spürte keinen Schmerz, ihr Tastsinn war vom Schock betäubt. Sie lächelte müde, als sich das warme Rot mit dem trockenem Schwarz vermischte, bevor sie erneut zusammensank und einschlief, doch diesmal weckte sie nichts mehr auf, bis der nächste Morgen graute, sie war zu schwach, wusste nicht, wie sie das alles hatte durchstehen können... .
~*~*~
Legolas öffnete die Augen. Zaghaft, ja, fast ängstlich schlug er seine Lider auf, das einstige Blau seiner Augen war fast gänzlich schwarz. Durch die Dunkelheit hatten sich seine Pupillen stark geweitet. Nun, es war nun nicht mehr ganz dunkel, es erschien ihm, als würde jeden Moment die Sonne ihre warmen Strahlen in dieses...Zelt...hereinschicken. Moment mal...Zelt? Legolas blinzelte verwirrt. Einmal. Zweimal. Dreimal. Tatsächlich! Er lag bis zum Hals zugedeckt in einer Art Zelt. Überrascht wollte er sich aufrichten, wurde aber durch einen schrecklichen Schmerz in seiner Brust zurückgehalten. Stöhnend schlug er die Decke ein wenig zurück und fasste vorsichtig mit der Hand über die glatte Haut seiner Brust. Eine tiefe Schnittwunde breitete sich auf seiner Haut aus und langsam aber sicher kam die Erinnerung zu Legolas zurück. Vor seinem inneren Auge sah er Unmengen von Orks, es war Nacht gewesen, als sie die Reisenden überfallen hatten...Ranwé...war bewusstlos umgekippt und Filegon wurde von den anderen getrennt...Pernoth war in den Wald geflüchtet, nachdem seine Pferde gescheut und die Flucht ergriffen hatten. Mitsamt dem Karren und den darauf befindlichen Waren preschten sie in die Dunkelheit davon. Legolas war es in diesem Moment, als könne er noch das panische Hufgetrappel und Wiehern der Haflinger hören, das Schrammen des Holzes gegen starke Eichenstämme und das beständige Gekreisch dieser Kreaturen. Bei diesem Gedanken lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken und eine Gänsehaut breitete sich auf seinen Armen aus. Ja...dieses Gekreisch ging in Mark und Bein über.
Langsam, um seinen Oberkörper vor weiteren schmerzlichen Bewegungen zu bewahren, strich er sich mit der rechten Hand über den Kopf. Er fühlte sich wie nach einer durchzechten Nacht, jedenfalls ließ ihn sein Kopfschmerz das denken. Wenigstens drehte sich nichts vor seinen Augen, das war schon mal ein positives Zeichen. Aber wo bei Iluvatar war er hier? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sich die Orks eine Auszeit nahmen und geduldig abwarteten, bis ihre Opfer ein Zelt aufgebaut und vielleicht noch ein Stückchen Lembas zu sich genommen hatten. Er versuchte noch immer in seinen Erinnerungen nachzuhaken...da klaffte einfach eine Lücke! Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Kampf gegen die Orks, hauptsächlich, um den besinnungslosen Ranwé zu beschützen...dann hatte er Lalaithwen etwas zugerufen...ja...und dann...sah er sie gedanklich zusammengekrümmt auf dem unfreiwilligen Schlachtfeld stehen, mit diesem Orkschwert im Bauch... .
Legolas schreckte hoch und wurde sofort von seinen Brustschmerzen belehrt, dass er dies doch bitte unterlassen solle. Lalaithwen...genau, daran konnte er sich erinnern, wie sie von diesem Brocken von einem Ork attackiert und verletzt worden war...und dann...nur noch Schwärze...bis dahin reichte sein Gedächtnis. Doch was war nur in der Zwischenzeit geschehen? Erst jetzt blickte er sich sorgfältig in dieser Art Zelt, das ihn umgab, um. Nur vereinzelt durchdrangen erste Sonnenstrahlen die dicken Wolldecken, erhellten sein Nachtlager, oder was immer es war, nur zu einem kleinen Bruchteil. Sein erster Blick suchte nach seiner Kleidung...wer hatte ihn nur ausgezogen und anscheinend noch versorgt? Da! Da lag sein grünes Gewand und sein Mantel. Ordentlich zusammengelegt schien es nur darauf zu warten, dass Legolas es anzog. Gleich daneben lehnte sein Bogen und der dazugehörige Köcher an der Zeltwand. Der Elb lehnte sich langsam nach vorn, um sich seine Ausrüstung näher anzuschauen, zu kontrollieren, ob sie vollzählig war. Dabei stieß er versehentlich und noch halb benommen einen Wasserkrug um. Ehe Legolas ihn wieder hinstellen konnte, ergoss sich das restliche Wasser über etwas im Schatten liegenden. Unmittelbar schreckte eine in Decken eingehüllte Gestalt hoch und schlug panisch um sich. Legolas, nicht minder geschockt, griff geschwind nach seinem Bogen, ließ ihn aber stöhnend gleich wieder fallen. Er bekam kaum Luft, jede Bewegung versetzte ihm einen Hieb in die Brust. Seine Augen verließen den Schatten nicht, der sich mit ihm im Zelt befand. Hatte diese Gestalt etwa die ganze Zeit über bei ihm gesessen?
"Wer oder was bist du?", fragte er und seine raue Stimme überraschte ihn selbst. "Erst schüttet Ihr mir diese Kräuterbrühe auf den Kopf und jagt mir einen Heidenschrecken ein, und dann fragt Ihr noch so blöd, wer ich bin...", stöhnte eine höhere Stimme, ebenso unter Schmerzen, wie es schien, auf.
Langsam dämmerte es Legolas: "Lalaithwen?"
"Jawoll...das Objekt Eures überdimensionalen Hasses höchstpersönlich...", ächzte sie weiter und beugte sich vornüber, er bemerkte, wie krampfhaft sie die Arme um ihren Körper klammerte. "Oh...verflucht...da nickt man mal kurz ein und wird gleich wieder dafür bestraft...", seufzte sie und jetzt konnte er ihr vertrautes ironisches Leuchten in den Augen erkennen. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln der Erleichterung auf seinen Lippen aus. "Warum grinst Ihr bitteschön so blöd? Das ist also der Dank dafür, dass ich so eine verdammte Angst um Euch...", sie sprach nicht weiter, räusperte sich nur kurz und sein überraschter Blick traf den ihren. Eine ganze Weile saßen sich die beiden Elben gegenüber, als würden sie Poker spielen und einen kleinen Nervenkrieg ausfechten. Lalaithwen starrte ihn verunsichert an, hatte sie ihre Gedanken wirklich ausgesprochen? Jedenfalls schaute er sie so an, als ob sie es getan hätte, seine blauen Augen drückten eine Art Verwirrung aus, aber ein leises Lächeln umspielte immer noch sein schönes Gesicht. Moment...schön?
Ohne es wirklich mitzubekommen errötete sie und senkte hastig den Kopf. Legolas runzelte die Stirn, konnte nicht unbedingt verstehen, warum die kleine Elbe so reagierte. Sie lachte kurz auf, was ihn nur noch mehr verwunderte und fuhr sich mit der rechten Hand zerstreut durchs Haar. "Was ist mit deiner Hand?", fragte er, als er die blutenden Schnittwunden an ihren Fingern erblickte und lehnte sich vornüber, doch sein Brustkorb sträubte sich gegen auch nur ähnliche Bewegungen und der Elb verbiss sich krampfhaft ein Aufstöhnen, lehnte sich stattdessen langsam zurück in die Decken. Laith hatte sich sofort seine Schulter gekrallt und ihm geholfen, ihre Hand strich vorsichtig unterhalb der Wunde über seine Brust, um ihm beim Zurücklehnen behilflich zu sein. Dies geschah eher rein aus Reflex, nicht wirklich überlegt. (außerdem: WANN tat Lalaithwen schon mal etwas Überlegtes?) Mit einem fragenden Ausdruck in den Augen zwinkerte er sie kurz an, sie biss sich vor lauter Verlegenheit auf die Unterlippe.
"Entschuldigt bitte...ähm...", stammelte sie leise und im Gegensatz zu Legolas, der sich ein
Lachen ernsthaft verkneifen musste, weil sie so bedeppert vor ihm saß, fand sie die ganze Sache nicht lustig. "Macht doch nichts...", murmelte er leise, wollte aber jeden Moment in schallendes Gelächter ausbrechen. Lalaithwen, die sturköpfige, großmäulige Diebin vom Dienst hatte sich in ein zahmes, verschüchtertes Mäuschen verwandelt. Das verschaffte dem Prinzen eine außerordentliche Genugtuung, sie so zu sehen. Sie war wirklich nicht mehr als eine kleine, unbedeutende Elbe, die vorgab, stark zu sein, aber in Wirklichkeit nur ein kleines, schutzloses Mädchen war. Wie Legolas es schon immer gedacht hatte. Er sprach seine Gedanken aber nicht aus, sondern musterte sie für einen langen Augenblick. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck äußerster Verschämtheit, doch ganz konnte die Röte in ihrem Angesicht die Erschöpfung nicht verdecken. "Was ist nun mit deiner Hand...?", fragte er leise. "Ach das...ist nichts...wirklich...", stammelte sie selbst ein wenig überrascht, ihr eigenes Blut zu sehen, erst kurz darauf fiel ihr ein, dass sie sich an den Dolch geklammert hatte. Legolas erwiderte nichts, schaute nur nachdenklich auf ihre Hand, die sie schnell in ihren Schoß legte, eigentlich, um die Aufmerksamkeit des Elben von ihr wegzulenken. Doch dadurch bemerkte Legolas erst ihre viel schlimmere Verletzung und als er den blutdurchtränkten Stoff auf ihrem Bauch sah, erinnerte er sich an das Schwert, das dieser Ork ihr in den Körper gerammt hatte.
Schnell wand er den Blick von ihr ab, er sollte trotz der Geschehnisse nicht vergessen, wie sie ihn enttäuscht hatte und jetzt nicht den lieben, fürsorglichen Elben spielen. Sie beharrte doch so oder so darauf, immer alles allein hinzubekommen, wieso sollte er dann nach ihrem Wohlbefinden fragen? Dass sie ihm wegen ihrer Verletzung leid tat, hatte nicht zu bedeuten, dass er ihr gleich wieder vertraute oder alles verziehen war.
"Wo...sind die anderen...Ranwé und Filegon?", fragte er nur kühl und richtete sich wieder auf. "Draußen...es geht ihnen gut, und...Euer Pferd ist auch wieder da...nur von Pernoth und dem Karren fehlt jede Spur...", murmelte sie nachdenklich. "Mmh...", machte der Elb und griff behände nach seinem Gewand, zog es sich schneller über, als Lalaithwen auch nur herüberschauen konnte und befreite sich von den Decken.
"Euer Hoheit...mit Verlaub, ich halte das für keine gute Idee, aufzustehen, Ihr seid noch immer sehr schwach..."
Legolas lachte nur und schüttelte mit dem Kopf: "Eine nichtsnutzige Diebin, noch dazu eine, der ich nicht einmal vertrauen würde, wenn mein Leben von ihr abhinge, will mir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe?" Lalaithwen schluckte. Das hatte gesessen! Was bitteschön sollte denn das jetzt? Sein Leben hing schon einmal bereits von ihr ab...wie schade, dass er das verpennt hatte. "So ist es, mein Herr", erwiderte sie innerlich brodelnd. Legolas, überrascht von ihrer gelassenen Antwort, schaute sie einen Moment mit zusammengekniffenen Augen an, eigentlich hatte er erwartet, dass sie wieder aufspringen und davonrennen würde. Eines musste man der Kleinen lassen, sie konnte einen immer wieder überraschen. "Legt Euch wieder hin, ich hole die anderen, wenn Euch meine Gesellschaft zuwider ist", sagte sie gefasst und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und stieg aus dem Zelt nach draußen. Legolas dachte indes angestrengt darüber nach, ob er nicht doch zu unüberlegt über sie gespottet hatte...manchmal bereute er das, was er gesagt hatte... .
~*~*~
Es dauerte nicht lange, da stürzte Ranwé freudestrahlend in das kleine Zelt und schlug die Hände wie ein kleines Kind zusammen, als er Legolas aufrecht in seinem Bett sitzen sah. "Wurde ja auch Zeit, dass du aufwachst, Schlafmütze", lachte er und klopfte ohne weiter nachzudenken (also wie immer) auf die Schulter des Elben. "Was ist passiert...ich kann mich nur noch grob an den gestrigen Überfall erinnern...", murmelte Legolas. "Ha, da fragst du leider den Falschen...ich habe selbst nicht gerade viel mitbekommen, wie du sicherlich weißt. Irgendwann am frühen Morgen wurde ich von Filegon geweckt und gemeinsam haben wir dieses kleine Lager errichtet...keine Spur von irgendwelchen weiteren Orks...ziemlich seltsam, wenn du mich fragst...Lalaithwen hat sich die ganze Nacht um dich gekümmert...ich war schon fast neidisch auf dich...schließlich hattest du das Vergnügen, von ihr entkleidet zu werden", quasselte Ranwé wie aufgezogen.
Legolas nickte nachdenklich und fuhr sich geistesabwesend über die Brust, schaute dabei auf den umgekippten Wasserkrug. Lalaithwen hatte sich um ihn gekümmert, ihn versorgt, obwohl sie selbst schwer verletzt worden war...und obwohl er sie nicht gerade nett behandelt hatte. Warum überhaupt hatte er sie vorhin so harsch behandelt? Es war mit Sicherheit sein verletzter Stolz, sein missbrauchtes Vertrauen, aber sie hatte ihn auch verärgert, nicht nur enttäuscht. Er beschloss, sich jetzt auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen.
"Aber schließlich hatte sie mich auch zum Karren zurückgezogen, ich wette ganz Düsterwald darauf, dass sie mich mag!", fuhr Ranwé gut gelaunt fort, doch der Prinz hörte ihm gar nicht mehr zu. Eine ganz andere Frage ging ihm nun durch den Kopf: Warum waren Filegon und seine Schwester nicht einfach wie Pernoth fortgelaufen, als sich die Gelegenheit bot...Ranwé und er selber waren bewusstlos, was hatte sie daran gehindert, wegzulaufen und sie im Stich zu lassen? Schließlich wusste niemand im Düsterwald davon, dass er und sein Freund auf die Reisenden gestoßen waren, niemand wusste etwas von den Geschwistern. Glaubten sie etwa, dass Laith dadurch nicht in Lorien festgehalten würde? Zutrauen konnte er ihr solche Gedanken...sie konnte wirklich naiv sein...gerade deswegen würde er sich nicht erweichen lassen. "Was grinst du so vor dich hin?", hörte er plötzlich Ranwé fragen und blinzelte überrascht zu ihm herüber. "Was?"
"Mmh, ich merke schon, du brauchst noch ein bisschen Ruhe...Filegon und ich haben beschlossen, das Lager so lange stehen zu lassen, bis du wieder auf den Beinen bist...und...lass dir ein bisschen Zeit zum Gesundwerden, ja? Lalaithwen braucht sicherlich noch Trost und ein bisschen Zuwendung, nach dem Schock, den sie hatte...", grinste er anzüglich und wollte sich gerade zum Gehen umdrehen, als Legolas ihn zurückhielt: "Schock?"
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"Was ist los mit dir Schwesterchen...du bist ja fleißig wie ein Bienchen...so kennt man dich ja gar nicht...", grinste Filegon, als er Lalaithwen mit zusammengepressten Lippen an dem errichteten Lager herumwerkeln sah. Sie erwiderte nichts, schien sich auf das Zusammenlegen von Decken zu konzentrieren. "Hey...hör auf damit, du musst dich noch genauso schonen, wie Legolas...sag mal...hörst du mir überhaupt zu?"
"Wenn ich es täte, ginge es mir auch nicht besser", murrte sie und ging hektisch ihrer Arbeit nach. Filegon, wohlwissend, dass sie auch an der Schulter verletzt war, packte sie wütend und zwang sie so, sich zu ihm umzudrehen. "Au, was soll das, du blöder Kerl?", fuhr sie ihn an und versuchte, um sich zu schlagen und sich so aus seinem schmerzhaften Griff zu befreien. "Laith, ich habe dich wirklich langsam satt...dein Starrsinn bringt dich doch nirgendwohin..." "Dann verklag' mich doch, oh, großer, weiser Bruder...", fauchte sie ihm zu und wimmerte vor lauter Schmerz, als er seinen Griff verstärkte, "Was willst du eigentlich? Mich umbringen?"
"Bei deiner Dickköpfigkeit könnte man so etwas schon in Betracht ziehen!"
"Was willst du von mir...lass mich los...", ächzte sie. "Du benimmst dich richtig eigenartig, so kenne ich dich gar nicht...es hat mit Legolas zu tun, oder? Sag mir endlich, warum du dich wie ein Kleinkind aufführst!", sagte er streng, lockerte aber ein wenig den Griff, er wollte ihr nicht weh tun, aber sie war manchmal wie ein wildes Tier, das man erst zähmen musste. "Der kann mir gestohlen bleiben...", seufzte sie und schließlich gelang es ihr, sich von ihm loszureißen. "Ach ja, auf einmal? Das sah gestern noch ganz anders aus...Laith, du hast neben ihm gehockt, als hinge dein Leben von seinem ab!" "Ja, gestern", warf sie ein, "Gestern war er ja auch noch zu besinnungslos und zu schwach, um mir weitere Bosheiten an den Kopf zu werfen..."
Filegon seufzte und musterte seine Schwester einen Moment lang, bevor er leise sprach: "Warum, Laith..., warum behandelt ihr euch gegenseitig so komisch? Ihr seid wirklich wie Hund und Katze...wenn man diesen eigenartigen Sprichwörtern der Menschen Glauben schenken kann..." "Kann dir doch egal sein...", murmelte sie und schaute auf ihre Füße. Filegon schüttelte den Kopf und sagte: "Bitte...wie du meinst, aber wirf mir nicht vor, dass ich dich nicht verstehe...ich kann es nämlich gar nicht, wenn du dich so schrullig benimmst...", und wand sich von ihr ab. Lalaithwen ballte die Hände zu Fäusten und rief ihrem Bruder hinterher: "Mir doch egal, ob ich schrullig bin oder nicht, eines weiß ich, auf einen Bruder wie dich kann ich gern verzichten"
Das war Filegon zu viel, er drehte sich noch einmal um und mit wütender Stimme stritt er sich mit ihr weiter. "Ach so ist das...bitte, warum hab ich dich auch aus dem Kerker herausgeholt?" "Das frage ich mich auch, das hätte uns beiden großen Ärger erspart...", fuhr Lalaithwen fort und ihre Augen blitzten auf vor lauter Wut. "Ich glaube, Legolas hat schon Recht gehabt, als er sagte, dass du schwierig bist"
"Schön, dann tu dich doch mit ihm zusammen und schließe Blutsbruderschaft", schrie sie ihn an und wäre am liebsten ihr gesamtes Schimpfwörtervokabular durchgegangen, als ein stechender Schmerz, von ihrem Bauch ausgehend, ihren ganzen Körper durchlief und sie fast in die Knie zwang. "Laith...?", fragte Filegon, zwar noch immer wütend, aber nun auch noch besorgt, besonders, als sie nichts erwiderte. Schnell lief er zu ihr hinüber und hielt sie, bevor sie gänzlich zusammenbrach. "Laith, Laith, ist alles in Ordnung?" Er zog sie behutsam zurück in seine Arme und ließ sich auf den Boden nieder. "Laith?" "So ein Mist, dass das immer in solchen Momenten passieren muss, wenn ich wütend auf dich bin...", stöhnte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht, "dann ist wieder alles so, als wäre nichts gewesen..." "Ich kann mir auch weiterhin eine Schlammschlacht mit dir liefern, wenn du das willst", lächelte er aufmunternd. Lange konnten sie sich einfach nicht böse sein, dazu hatten sie in ihrem Leben schon viel zu viel gemeinsam durchgemacht. "Das hättest du wohl gern...", murmelte sie und hielt sich den Bauch. "Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass du dich ausruhen sollst..."
"Wer von uns beiden ist jetzt der größere Sturkopf?", sagte sie heiser, die Augen fest verschlossen. "Sagen wir Gleichstand?", grinste er und sie stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen, als er anfing, zu lachen. "Das kannst du vergessen, ich werde meinen Dickkopf schon durchsetzen...", lachte sie mit ihm. Er strich ihr durch das lange Haar und brachte es ganz durcheinander. "Ich hasse es, wenn du das machst", seufzte sie und lehnte sich gegen seine Brust. "Was glaubst du, warum ich es überhaupt mache?", grinste er und betrachtete dann ihre Wunde. "Ich glaube, du brauchst eine neue Art Verband...sonst reißt die Wunde immer wieder von neuem auf...und ich fürchte, wenn wir sie nicht bald richtig versorgen, kann die Wunde tödlich sein", sagte Filegon dann ernst, worauf sie nur langsam nickte.
"Warte...", murmelte er und zog seinen Mantel aus, um eine Art Kissen zusammenzufalten. Dann legte er es auf den Boden und ließ Lalaithwens Kopf vorsichtig darauf hinabsinken. "Ich bin gleich wieder da", flüsterte er ihr zu und sie sah ihn daraufhin in Legolas' Zelt verschwinden. "Wehe du erzählst ihm was, dann kannst du was erleben", murmelte Lalaithwen vor sich hin und starrte dann in den wolkenfreien Himmel, mit jedem Herzschlag pulsierte der Schmerz durch ihre Venen. Sie war so unglaublich müde, hatte die vergangene Nacht kaum geschlafen. Doch der stete Schmerz hinderte sie daran, auch nur die Augen zu schließen.
"Na, meine Schöne..."
"Ranwé, hau gefälligst ab und lass mich in Ruhe leiden..."
"Oh...kann die holde Schönheit meinen Namen aussprechen, ich fühle mich geehrt", murmelte der Elb und hockte sich neben sie, strich ihr mit der Handfläche sanft über das Gesicht. "Was soll das, ich bin doch keine Hauskatze...hör auf, mich zu betatschen, sonst lange ich dir eine!", fluchte sie und wich seiner Hand aus. "Warum bist du so abweisend mit gegenüber?", fragte er leise und grinste plötzlich nicht mehr so blöd. "Du gehst mir auf den Keks...geh zurück in dein Zelt und geselle dich zu deinem griesgrämigen Freund...", seufzte sie und legte den Kopf zur Seite, wandte den Blick von ihm ab. Ranwé setzte sich nun ganz neben sie und starrte seufzend in den Himmel. Minutenlanges Schweigen folgte und Lalaithwen betete zu den Valar, dass Filegon doch bald zurückkommen möge, oder dieser lästige Schürzenjäger von allein abziehe. "Tut dir die Verletzung sehr weh?", fragte er vorsichtig und komischerweise erkannte Laith diesmal nicht die übliche Großspurigkeit in seiner Stimme. `Nein, ich tu nur so...´, dachte sie genervt, doch stattdessen murmelte sie knapp: "Es ist erträglich...", und hoffte, Ranwé würde jetzt endlich die Klappe halten, doch er blieb ausdauernd. "Sieht schlimm aus...ich...ich wollte dir etwas sagen, Lalaithwen..."
Die junge Elbe verdrehte die Augen und zeigte sonst keine Reaktion. "Ich...wie soll ich es sagen...", stammelte er und Lalaithwen beendete den Satz in Gedanken: `...bin der größte Trottel in ganz Düsterwald´. Er stammelte noch einige Zeit so herum, Laith wollte ihm am liebsten die Zunge abschneiden, damit er zu guter Letzt schwieg, bis er endlich die Worte hervorbrachte: "Ich wollte dir danken, dass du mein Leben gerettet hast..." "Hab ich doch gar nicht", murmelte sie gelangweilt, das entsprach teilweise sogar der Wahrheit. Größtenteils war es Legolas gewesen, der seinem Freund die kaltblütigen Orks vom Halse gehalten hatte. Ranwé saß einen ziemlich langen Augenblick stumm da und schaute verwirrt drein. "Wie...?", fragte Ranwé und Laith ließ ihn gar nicht aussprechen: "Hör zu, du liebestoller Elb, Legolas hat dir den Hintern gerettet, klar? Ich hab mit der Sache nichts am Hut, also tu mir den Gefallen und lass mich in Ruhe!" Ranwés Gesichtsausdruck glich einmal mehr dem eines Kindes, das gleich einen Weinkrampf bekommen würde. Laith bereute den schneidenden Ton in ihrer Stimme und fügte hinzu: "Tut mir leid...ich...bin wohl ein bisschen mit den Nerven runter...hör zu, ich brauch jetzt etwas Ruhe, in Ordnung?" Ranwé konnte oder wollte es einfach nicht schnallen und wurde durch ihre Reue nur wieder ermutigt: "Ich kann dir aber gern Gesellschaft leisten, ich bin auch ganz still...ein stiller Bewunderer, sozusagen..."
"Geh und nerv Legolas, klar?", fuhr sie ihn wütend an, denn dieser Elb merkte es einfach nie, wenn er nervte oder zu aufdringlich war. Ranwé trat erschrocken zurück und hielt die Hände vor seiner Brust, als besänftigende Geste. "Schon gut, schon gut...ich bin schon weg, aber wenn du ein bisschen...Trost oder jemanden zum Anlehnen brauchst..." "...weiß ich ja, wo ich NICHT hingehe...vielen Dank...", flüsterte sie vor sich hin, sodass Ranwé es nicht hören konnte. "Nun, ich werde mich ein wenig in der Gegend umsehen, in der Hoffnung, dass du mich vermisst...", fügte er hinzu. `Darauf kannst du lange warten...´, dachte sie nur und atmete tief durch. Als wäre es abgesprochen gewesen, trat Filegon wieder aus dem Zelt hervor, als Ranwé gerade Anstalten machte, Laith allein zu lassen. "Da bist du ja endlich...sag mal, hast du diesen Wachhund auf mich gehetzt?", fragte sie müde, als er vorsichtig ihre Wunde freilegte. "Ranwé? Schätzchen, den würde ich nicht einmal zu dir schicken, wenn mein Leben davon abhinge...der Kerl ist einfach nur triebgesteuert und ich glaube, er ist scharf auf dich..." "Ach, was du nicht sagst? Diese Erfahrung durfte ich schon während der ganzen Reise machen...", seufzte Laith und kniff die Augen zusammen, als Filegon den Verband wechselte. Tränen sammelten sich in ihren Wimpern, der Schmerz war fast nicht auszuhalten.
"Wie...du hast doch nicht etwa nachgegeben?", Filegon schaute sie regelrecht schockiert an, sodass sie lachen musste. Das hätte sie aber besser nicht getan, denn allein schon zu sprechen konnte anstrengend sein mit diesem Schmerz, aber Lachen? Warum schaufelte nicht schon mal einer ihr Grab?
"Mensch, Filegon, du bist blöd...du weißt doch, dass es mir weh tut, wenn ich lache...", atmete sie schwer, hatte aber noch immer ein breites Grinsen auf dem Mund. "Na was ist denn nun...?"
"Natürlich nicht...viel lieber würde ich mich mit einem Zwerg einlassen, als mit einem dieser blöden, reinblütigen Elben...", sagte sie überraschend ernst. Filegon legte den Kopf schief und musterte sie nachdenklich. "Was...kommt jetzt wieder eine "Ich-bin-dein-großer-Bruder-Standpauke"?", fragte sie, weil ihr Bruder wieder diesen erzieherischen Ausdruck im Gesicht hatte. "Nein, aber das mit den Zwergen meinst du doch nicht ernst? Wenn du ihn küssen wolltest, müsstest du dich erst einmal durch ein haariges Unterholz kämpfen!", sagte er genauso ernst, wie sie es zuvor getan hatte. Laith stupste ihn nur freundlich in die Seite und lächelte. Filegon erwiderte diese Geste, bevor er die Wunde fertig verbunden hatte und half ihr dann dabei, wieder auf die Füße zu kommen. Laith klopfte die Erde von ihrem Mantel, und war damit beschäftigt, sich einen Zopf zu binden, als Filegon sagte: "Apropos blöde reinblütige Elben...da will dich einer sprechen..."
Lalaithwen hielt inne, hielt ihre Haare fester und runzelte die Stirn. "Legolas bat mich, dich zu ihm zu schicken...", fuhr er fort und beobachtete jede ihrer Gesten. Zunächst band sie sich den Zopf zuende, strich sich dann nervös eine Strähne hinter das Ohr und senkte den Blick. "Prima...jetzt spielst du schon seinen Laufburschen." "Laith, ist es wieder an der Zeit, überzureagieren?", schmunzelte er. Eine ähnliche Reaktion hatte er erwartet, wenn er mit ihr von Legolas sprach. "Laith, was ist denn? Du tust ja gerade so, als wäre er ein Ungeheuer."
"Filegon, weißt du, er ist manchmal wirklich nett zu mir und in solchen Momenten denke ich immer: Prima, sind also nicht alle Elben so fies und doof, wie ich dachte. Ich denke immer, ich könnte mich normal mit ihm unterhalten, einfach so, weißt du? Und dann...", ihre Stimme wurde immer leiser, als sie schließlich hinzufügte: "Und dann ist er plötzlich so kalt und...ach...er sagt die Wahrheit...das ist ja das Schlimme..."
Filegon wurde nicht so recht schlau aus den Worten seiner kleinen Schwester und seufzte deutlich hörbar. "Was? Ach, ich wusste, dass das wieder losgeht...", murmelte sie nervös, sie konnte nicht verstehen, warum dieser Elb jetzt wieder nach ihr verlangte, wollte er sie wieder beleidigen und verletzen? Sie konnte diesen Prinzen einfach nicht verstehen. "Laith, ich will dir wirklich keine Moralpredigt halten, aber ganz egal, was er zu dir sagt, du solltest lernen, dass es manchmal besser ist, einfach zu grinsen, so fies und verletzend Worte auch sein können. Lass dich nicht so schnell aufbringen...so kenne ich dich nämlich gar nicht, du sonst so schlagfertiges Mädchen...", sagte er sanft lächelnd und strich ihr die widerspenstige Strähne, die sich wieder in ihr Gesicht gelegt hatte, hinter das Ohr. "Geh und zeig ihm, dass sich eine kleine Elbe von Niemandem unterkriegen lässt...", sagte er weiter und ihre Lippen formten ein vorsichtiges Lächeln: "Das klingt fast so, als ob du ihn nicht leiden kannst..."
"O doch, ich finde, er ist ein ganz angenehmer Zeitgenosse...jedenfalls hat er mich noch nicht beleidigt...oder Ähnliches...", grinste er und kniff ihr in die Nase (wieder eine Geste, die ergänzenswert auf ihrer "Lass-das-ich- hass-das"-Liste gewesen wäre). "Ab mit dir in die Höhle des Löwen...und lass dich nicht anknabbern!", grinste er und schob sie an ihren Schultern in Richtung Zelt. "Ich mag diese Zweideutigkeit in deinen Worten nicht", grinste sie und drehte sich um. Bevor sie in Legolas' Unterkunft trat, umfasste sie ihr Medaillon fester.
~*~*~
Das Tageslicht wurde von den Wolldecken aufgefangen und kaum hindurchgelassen. Legolas saß auf dem improvisierten Bett und wartete darauf, dass Lalaithwen zu ihm kommen würde. Er konnte noch immer kaum glauben, was Ranwé ihm erzählt hatte. Und Filegon hatte ähnliche Andeutungen gemacht. Sie hatte, ganz auf sich allein gestellt, gegen die letzten Orks gekämpft und dann die ganze Nacht in der Kälte und der furchteinflößenden Dunkelheit an seiner Seite gewacht. Schließlich war sie keine reinblütige Elbe, wie Filegon ihm eines Nachts beiläufig erzählt hatte, der solche Bedingungen nichts angehabt hätten. Außerdem war sie selber äußerst ernst verletzt, ihre Nachtwache musste aus einem stetigen Wechsel von Ohnmacht und schlimmen Schmerzen gewesen sein. Er erinnerte sich allein an die vergangene Situation am Lagerfeuer, als sie zitternd vor Kälte am Karren gelehnt saß.
Legolas wurde aus seinen Gedanken gerissen, als der Zeltvorhang gelüftet wurde und helles Tageslicht das schöne Gesicht des Elben umspielte. Lalaithwen war eingetreten und ließ nun den Vorhang los, stand reglos vor ihm und schien ins Leere zu schauen. "Hier bin ich...", sagte sie zaghaft, ohne ihn anzuschauen. "Setz dich, bitte...", sagte er leise und deutete ihr mit einer Handbewegung, sich neben ihn zu setzen. Das ließ in Lalaithwens Kopf gewaltig die Alarmglocken schillern, das war einfach zu nah! In seiner Nähe fühlte sie sich immer so hilflos, so gefangen...wie Tage zuvor im Kerker Düsterwalds, als er bei ihr gewesen war und ihre Wunde versorgt hatte. Laith kam sich an diesem Tage vor, wie ein kleines Kind, welches zu klein und zu schwach war. Sie presste die Lippen zusammen und ließ sich neben ihm nieder, sein Gewand hatte er angezogen, es war jedoch aufgeknöpft, sodass der Stoff, so leicht er auch sein mochte, nicht schmerzend auf seine Brust drückte. Eine ganze Zeit lang saßen beide nur da und sagten kein Wort und Lalaithwen erinnerte sich an eine ähnliche Situation, als er sie wieder aus ihren Gedanken weckte.
"Wie geht es dir?", fragte er knapp, aber nicht so streng, wie sie es vielleicht erwartet hätte. Geistesabwesend strich ihre Hand über ihren Bauch, die andere umfasste unauffällig das Medaillon. "Gut...", brachte sie nur hervor und fragte sich von neuem, warum sie in seiner Nähe einfach kein Wort herausbrachte...damals im Kerker war sie noch schlagfertig ihm gegenüber gewesen, aber jetzt, frei von allen Ketten, war sie nur ein stammelndes, schüchternes Kind. "Wirklich?", fragte er nach und schaute sie direkt an. Laith hatte ein mulmiges Gefühl in ihrem schmerzenden Bauch. Was sollte diese Frage? Hatte ihm irgendeiner der anderen etwas erzählt, was er eigentlich nicht wissen musste? Oder kam jetzt wieder eine Gemeinheit im Bezug auf ihre geistige Gesundheit? (Das traute sie ihm traurigerweise mittlerweile zu) Sie nickte nur langsam und verzog keine Miene. Legolas seufzte, setzte sich noch ein bisschen aufrechter hin und beugte sich zu ihr herüber. Im gleichen Moment, ohne es aber wirklich zu bemerken, wich sie zurück, wie ein scheues Reh. Er suchte ihre Augen, fand sie schließlich und hielt sie in seinem Blick gefangen. `Wenn er jetzt meine Gedanken liest´, dachte Laith provisorisch, `bin ich wirklich bald geistig labil´ Sie unterdrückte den inneren Drang, laut loszulachen, bei diesem Gedanken. Sie war nervös, das war alles.
Legolas wand den Blick nicht von ihr ab, dass es ihr beinahe unheimlich vorkam. Es war ihr fast, als würde er durch sie hindurchsehen können. "Weißt du was, Lalaithwen,...?", murmelte er leise und sie war sich sicher: Ja, jetzt kommt endlich die nächste Gemeinheit, hat ja lange genug gedauert... . Laith atmete tief durch und schüttelte den Kopf. "Ranwé und Filegon erzählten mir von deinem...wie soll ich sagen...Schock...", sprach er langsam, jede ihrer Reaktionen genau beobachtend. Fast so wie Filegon, dachte sie in diesem Moment. Sie schluckte, erwiderte aber immer noch nichts. "Ich wusste das nicht...und...wollte dich nicht so grob behandeln, verzeih... . Du musst schreckliche Stunden durchgemacht haben...", flüsterte er fast nur noch, doch Lalaithwen hörte jedes einzelne Wort und jede Silbe, der Klang seiner Stimme, drangen tief in ihr Herz vor, zu tief. Was sollte das?
"Und ich möchte dir dafür danken, dass du...wahrscheinlich...Ranwé und mir das Leben gerettet hast."
"Das habe ich nicht, Euer Hoheit, an meiner Tat ist nichts Heldenhaftes...ich hatte Angst, größere Angst, als Ihr sie Euch vorstellen könnt...", sie wollte noch viel mehr sagen, doch sein Blick brachte sie zum Schweigen. "Und trotzdem bist du geblieben...und nicht fortgelaufen, wie ich es wohl erwartet hätte...wieso?"
Auf alles war Laith gefasst gewesen, aber nicht auf solch eine Frage. "Wieso?", wiederholte sie verwirrt und kämpfte gegen den pochenden Schmerz in ihrer Schulter, der durch das krampfartige Umklammern des Medaillons ausgelöst wurde. "Ist die Frage so schwer?", fragte er. Da! Da war sie...die Gemeinheit! Oder zumindest der Anflug einer gemeinen Bemerkung! Sie biss sich auf die Unterlippe und senkte den Kopf, bevor sie antwortete: "Ich...warum hätte ich weglaufen sollen? Ich wusste nicht einmal, wie ich es vollbracht habe, aufrecht zu stehen...Filegon war irgendwo im Wald, es war stockfinster und überall diese abscheulichen Wesen...wie hätte ich Euch da zurücklassen können...?" Oje...jetzt war es raus...das, was sie ihm auf keinen Fall antworten wollte.
"Du erhoffst dir doch nicht, dass ich dich nicht den Wachen in Lorien übergeben werde?", fragte er ruhig, aber seine Augen spiegelten diesen misstrauischen Ausdruck wieder, den sie schon so oft in seinem Gesicht gesehen hatte. "Wisst Ihr, Euer Hoheit, in einer solchen Situation konnte ich nicht klar denken, meint Ihr wirklich, dass ich so kaltblütig berechnend war in all der Angst, dem Blut und dem grässlichen Gestank der Orkleichen? Ich habe nicht einmal in Betracht gezogen, diese Nacht zu überleben, Lorien war in unerreichbarer Ferne in meinen Gedanken. Genügt Euch das als Antwort?", Lalaithwen bemühte sich, nicht aufgebracht zu klingen, aber das schien beinahe unvermeidlich. Legolas lächelte unerwartet und Laith schloss die Augen. Es war einfach immer wieder das Gleiche mit ihm.
Sie fühlte plötzlich seine Hand auf der ihren und schaute augenblicklich zu ihm auf. "Lalaithwen...", begann er, und sein Lächeln war unerwartet sanft, "So habe ich das nicht gemeint...es ist nur...du musst mich auch einmal verstehen...es ist nicht leicht für mich, dir so schnell wieder zu vertrauen." Das Lächeln schwand nach und nach, doch sein Blick ruhte noch immer auf ihr. "Dann tut es am besten nicht", murmelte sie mit gebrochener Stimme und zog ihre Hand unter der seinen weg. Er wollte etwas erwidern, sie daran hindern, schon wieder kopflos und stur wegzugehen, ohne richtig mit ihm geredet zu haben, als plötzlich Ranwés Stimme laut ertönte.
"Schnell, kommt mit, ich habe etwas gefunden, schnell", rief er von draußen. Legolas und Lalaithwen tauschten einen kurzen Blick, dann half sie ihm wortlos auf und folgte ihm nach draußen. Ranwé stand mit weit aufgerissenen Augen da, Filegon war erschrocken herbeigelaufen und fragte: "Was ist denn?"
"Pernoths Karren...ich habe ihn gefunden...", flüsterte der Elb.
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It's done: Kapitel 12 ist vollendet, ich hoffe, ich kann auf eure Review zählen? Wirklich, es spornt mich an!!! Danke noch einmal an alle, die nicht beim Lesen der Story eingenickt sind und ne Review dagelassen haben! *schmatz*
*warn* Kapitel 13 ist in Arbeit...*g*
@ Blackpearl: Anatomisch gesehen wäre es möglich, dass sie die Verletzung überlebt hätte, und zwar, wenn die Klinge sie zwischen Ileum und Colon ascendens getroffen hätte, da an diesem Punkt kein lebenswichtiges Organ, oder gar eine Aorta liegt, zwar hätte sie viel Blut verloren, aber eine Überlebenschance wäre gegeben *g* *lol* Danke für das aufmerksame Lesen, ich hoffe, die Story enttäuscht dich nicht!
@ Andjudar: Ups...dummer Fehler meinerseits *lol* *knutschi*
@ alle anderen: danke für das Lesen und Reviewen, welchen Ansporn hätte ich ohne eure Reviews? Dankäääää!!!
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Kapitel 12: Ein Sturkopf kommt selten allein
Die Nacht war relativ ruhig. Filegon und Ranwé hielten die ganze Zeit über Wache, zunächst konnten sie einen weiteren Überfall durch eine dieser Orkbanden nicht ausschließen. Filegon war tapfer für seine Schwester gewesen, wollte sie wenigstens nicht noch mehr beunruhigen, doch im tiefen Inneren seines Herzens hatte er Angst. Panische Angst, um genau zu sein. Einem erneuten Angriff hatten sie nichts zur Wehr zu setzen, denn keiner von ihnen hatte noch die Kraft zu kämpfen. Zudem fehlte es ihnen an richtigen Waffen.
Lalaithwen hatte keine Angst mehr, noch schlimmer, sie fühlte sich leer und taub, konnte nicht wirklich begreifen, was ihnen zugestoßen war. Vor ihr lag dieser Elb, bewusstlos und schwer verwundet, manchmal wand er sich im Schlaf hin und her und stöhnte unter Schmerzen. Lalaithwen erhoffte sich jedes Mal, dass er endlich aufwachen würde, doch es schien, als hielten ihn finstere Träume in seiner Besinnungslosigkeit gefangen. Er durfte nicht sterben, er durfte es einfach nicht. Sie wollte es nicht so und allein deshalb durfte es nicht geschehen. Mit diesen wirren Gedanken schlief Laith zusammengekauert ein, wurde aber durch jedes noch so leise Geräusch aufgeweckt. Zum Schutz und der Sicherheit zog sie ihren Dolch, noch immer klebten getrocknete Blutreste daran, doch die Klinge war so scharf wie zuvor. Laith schloss ihre Hand fest um den Griff der Hiebwaffe, dabei umfassten ihre Finger die Klinge so fest, dass frisches Blut von ihren Fingern rann und herab auf ihren Mantel tropfte. Doch sie spürte keinen Schmerz, ihr Tastsinn war vom Schock betäubt. Sie lächelte müde, als sich das warme Rot mit dem trockenem Schwarz vermischte, bevor sie erneut zusammensank und einschlief, doch diesmal weckte sie nichts mehr auf, bis der nächste Morgen graute, sie war zu schwach, wusste nicht, wie sie das alles hatte durchstehen können... .
~*~*~
Legolas öffnete die Augen. Zaghaft, ja, fast ängstlich schlug er seine Lider auf, das einstige Blau seiner Augen war fast gänzlich schwarz. Durch die Dunkelheit hatten sich seine Pupillen stark geweitet. Nun, es war nun nicht mehr ganz dunkel, es erschien ihm, als würde jeden Moment die Sonne ihre warmen Strahlen in dieses...Zelt...hereinschicken. Moment mal...Zelt? Legolas blinzelte verwirrt. Einmal. Zweimal. Dreimal. Tatsächlich! Er lag bis zum Hals zugedeckt in einer Art Zelt. Überrascht wollte er sich aufrichten, wurde aber durch einen schrecklichen Schmerz in seiner Brust zurückgehalten. Stöhnend schlug er die Decke ein wenig zurück und fasste vorsichtig mit der Hand über die glatte Haut seiner Brust. Eine tiefe Schnittwunde breitete sich auf seiner Haut aus und langsam aber sicher kam die Erinnerung zu Legolas zurück. Vor seinem inneren Auge sah er Unmengen von Orks, es war Nacht gewesen, als sie die Reisenden überfallen hatten...Ranwé...war bewusstlos umgekippt und Filegon wurde von den anderen getrennt...Pernoth war in den Wald geflüchtet, nachdem seine Pferde gescheut und die Flucht ergriffen hatten. Mitsamt dem Karren und den darauf befindlichen Waren preschten sie in die Dunkelheit davon. Legolas war es in diesem Moment, als könne er noch das panische Hufgetrappel und Wiehern der Haflinger hören, das Schrammen des Holzes gegen starke Eichenstämme und das beständige Gekreisch dieser Kreaturen. Bei diesem Gedanken lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken und eine Gänsehaut breitete sich auf seinen Armen aus. Ja...dieses Gekreisch ging in Mark und Bein über.
Langsam, um seinen Oberkörper vor weiteren schmerzlichen Bewegungen zu bewahren, strich er sich mit der rechten Hand über den Kopf. Er fühlte sich wie nach einer durchzechten Nacht, jedenfalls ließ ihn sein Kopfschmerz das denken. Wenigstens drehte sich nichts vor seinen Augen, das war schon mal ein positives Zeichen. Aber wo bei Iluvatar war er hier? Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sich die Orks eine Auszeit nahmen und geduldig abwarteten, bis ihre Opfer ein Zelt aufgebaut und vielleicht noch ein Stückchen Lembas zu sich genommen hatten. Er versuchte noch immer in seinen Erinnerungen nachzuhaken...da klaffte einfach eine Lücke! Das letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Kampf gegen die Orks, hauptsächlich, um den besinnungslosen Ranwé zu beschützen...dann hatte er Lalaithwen etwas zugerufen...ja...und dann...sah er sie gedanklich zusammengekrümmt auf dem unfreiwilligen Schlachtfeld stehen, mit diesem Orkschwert im Bauch... .
Legolas schreckte hoch und wurde sofort von seinen Brustschmerzen belehrt, dass er dies doch bitte unterlassen solle. Lalaithwen...genau, daran konnte er sich erinnern, wie sie von diesem Brocken von einem Ork attackiert und verletzt worden war...und dann...nur noch Schwärze...bis dahin reichte sein Gedächtnis. Doch was war nur in der Zwischenzeit geschehen? Erst jetzt blickte er sich sorgfältig in dieser Art Zelt, das ihn umgab, um. Nur vereinzelt durchdrangen erste Sonnenstrahlen die dicken Wolldecken, erhellten sein Nachtlager, oder was immer es war, nur zu einem kleinen Bruchteil. Sein erster Blick suchte nach seiner Kleidung...wer hatte ihn nur ausgezogen und anscheinend noch versorgt? Da! Da lag sein grünes Gewand und sein Mantel. Ordentlich zusammengelegt schien es nur darauf zu warten, dass Legolas es anzog. Gleich daneben lehnte sein Bogen und der dazugehörige Köcher an der Zeltwand. Der Elb lehnte sich langsam nach vorn, um sich seine Ausrüstung näher anzuschauen, zu kontrollieren, ob sie vollzählig war. Dabei stieß er versehentlich und noch halb benommen einen Wasserkrug um. Ehe Legolas ihn wieder hinstellen konnte, ergoss sich das restliche Wasser über etwas im Schatten liegenden. Unmittelbar schreckte eine in Decken eingehüllte Gestalt hoch und schlug panisch um sich. Legolas, nicht minder geschockt, griff geschwind nach seinem Bogen, ließ ihn aber stöhnend gleich wieder fallen. Er bekam kaum Luft, jede Bewegung versetzte ihm einen Hieb in die Brust. Seine Augen verließen den Schatten nicht, der sich mit ihm im Zelt befand. Hatte diese Gestalt etwa die ganze Zeit über bei ihm gesessen?
"Wer oder was bist du?", fragte er und seine raue Stimme überraschte ihn selbst. "Erst schüttet Ihr mir diese Kräuterbrühe auf den Kopf und jagt mir einen Heidenschrecken ein, und dann fragt Ihr noch so blöd, wer ich bin...", stöhnte eine höhere Stimme, ebenso unter Schmerzen, wie es schien, auf.
Langsam dämmerte es Legolas: "Lalaithwen?"
"Jawoll...das Objekt Eures überdimensionalen Hasses höchstpersönlich...", ächzte sie weiter und beugte sich vornüber, er bemerkte, wie krampfhaft sie die Arme um ihren Körper klammerte. "Oh...verflucht...da nickt man mal kurz ein und wird gleich wieder dafür bestraft...", seufzte sie und jetzt konnte er ihr vertrautes ironisches Leuchten in den Augen erkennen. Unwillkürlich breitete sich ein Lächeln der Erleichterung auf seinen Lippen aus. "Warum grinst Ihr bitteschön so blöd? Das ist also der Dank dafür, dass ich so eine verdammte Angst um Euch...", sie sprach nicht weiter, räusperte sich nur kurz und sein überraschter Blick traf den ihren. Eine ganze Weile saßen sich die beiden Elben gegenüber, als würden sie Poker spielen und einen kleinen Nervenkrieg ausfechten. Lalaithwen starrte ihn verunsichert an, hatte sie ihre Gedanken wirklich ausgesprochen? Jedenfalls schaute er sie so an, als ob sie es getan hätte, seine blauen Augen drückten eine Art Verwirrung aus, aber ein leises Lächeln umspielte immer noch sein schönes Gesicht. Moment...schön?
Ohne es wirklich mitzubekommen errötete sie und senkte hastig den Kopf. Legolas runzelte die Stirn, konnte nicht unbedingt verstehen, warum die kleine Elbe so reagierte. Sie lachte kurz auf, was ihn nur noch mehr verwunderte und fuhr sich mit der rechten Hand zerstreut durchs Haar. "Was ist mit deiner Hand?", fragte er, als er die blutenden Schnittwunden an ihren Fingern erblickte und lehnte sich vornüber, doch sein Brustkorb sträubte sich gegen auch nur ähnliche Bewegungen und der Elb verbiss sich krampfhaft ein Aufstöhnen, lehnte sich stattdessen langsam zurück in die Decken. Laith hatte sich sofort seine Schulter gekrallt und ihm geholfen, ihre Hand strich vorsichtig unterhalb der Wunde über seine Brust, um ihm beim Zurücklehnen behilflich zu sein. Dies geschah eher rein aus Reflex, nicht wirklich überlegt. (außerdem: WANN tat Lalaithwen schon mal etwas Überlegtes?) Mit einem fragenden Ausdruck in den Augen zwinkerte er sie kurz an, sie biss sich vor lauter Verlegenheit auf die Unterlippe.
"Entschuldigt bitte...ähm...", stammelte sie leise und im Gegensatz zu Legolas, der sich ein
Lachen ernsthaft verkneifen musste, weil sie so bedeppert vor ihm saß, fand sie die ganze Sache nicht lustig. "Macht doch nichts...", murmelte er leise, wollte aber jeden Moment in schallendes Gelächter ausbrechen. Lalaithwen, die sturköpfige, großmäulige Diebin vom Dienst hatte sich in ein zahmes, verschüchtertes Mäuschen verwandelt. Das verschaffte dem Prinzen eine außerordentliche Genugtuung, sie so zu sehen. Sie war wirklich nicht mehr als eine kleine, unbedeutende Elbe, die vorgab, stark zu sein, aber in Wirklichkeit nur ein kleines, schutzloses Mädchen war. Wie Legolas es schon immer gedacht hatte. Er sprach seine Gedanken aber nicht aus, sondern musterte sie für einen langen Augenblick. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck äußerster Verschämtheit, doch ganz konnte die Röte in ihrem Angesicht die Erschöpfung nicht verdecken. "Was ist nun mit deiner Hand...?", fragte er leise. "Ach das...ist nichts...wirklich...", stammelte sie selbst ein wenig überrascht, ihr eigenes Blut zu sehen, erst kurz darauf fiel ihr ein, dass sie sich an den Dolch geklammert hatte. Legolas erwiderte nichts, schaute nur nachdenklich auf ihre Hand, die sie schnell in ihren Schoß legte, eigentlich, um die Aufmerksamkeit des Elben von ihr wegzulenken. Doch dadurch bemerkte Legolas erst ihre viel schlimmere Verletzung und als er den blutdurchtränkten Stoff auf ihrem Bauch sah, erinnerte er sich an das Schwert, das dieser Ork ihr in den Körper gerammt hatte.
Schnell wand er den Blick von ihr ab, er sollte trotz der Geschehnisse nicht vergessen, wie sie ihn enttäuscht hatte und jetzt nicht den lieben, fürsorglichen Elben spielen. Sie beharrte doch so oder so darauf, immer alles allein hinzubekommen, wieso sollte er dann nach ihrem Wohlbefinden fragen? Dass sie ihm wegen ihrer Verletzung leid tat, hatte nicht zu bedeuten, dass er ihr gleich wieder vertraute oder alles verziehen war.
"Wo...sind die anderen...Ranwé und Filegon?", fragte er nur kühl und richtete sich wieder auf. "Draußen...es geht ihnen gut, und...Euer Pferd ist auch wieder da...nur von Pernoth und dem Karren fehlt jede Spur...", murmelte sie nachdenklich. "Mmh...", machte der Elb und griff behände nach seinem Gewand, zog es sich schneller über, als Lalaithwen auch nur herüberschauen konnte und befreite sich von den Decken.
"Euer Hoheit...mit Verlaub, ich halte das für keine gute Idee, aufzustehen, Ihr seid noch immer sehr schwach..."
Legolas lachte nur und schüttelte mit dem Kopf: "Eine nichtsnutzige Diebin, noch dazu eine, der ich nicht einmal vertrauen würde, wenn mein Leben von ihr abhinge, will mir vorschreiben, was ich zu tun und zu lassen habe?" Lalaithwen schluckte. Das hatte gesessen! Was bitteschön sollte denn das jetzt? Sein Leben hing schon einmal bereits von ihr ab...wie schade, dass er das verpennt hatte. "So ist es, mein Herr", erwiderte sie innerlich brodelnd. Legolas, überrascht von ihrer gelassenen Antwort, schaute sie einen Moment mit zusammengekniffenen Augen an, eigentlich hatte er erwartet, dass sie wieder aufspringen und davonrennen würde. Eines musste man der Kleinen lassen, sie konnte einen immer wieder überraschen. "Legt Euch wieder hin, ich hole die anderen, wenn Euch meine Gesellschaft zuwider ist", sagte sie gefasst und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und stieg aus dem Zelt nach draußen. Legolas dachte indes angestrengt darüber nach, ob er nicht doch zu unüberlegt über sie gespottet hatte...manchmal bereute er das, was er gesagt hatte... .
~*~*~
Es dauerte nicht lange, da stürzte Ranwé freudestrahlend in das kleine Zelt und schlug die Hände wie ein kleines Kind zusammen, als er Legolas aufrecht in seinem Bett sitzen sah. "Wurde ja auch Zeit, dass du aufwachst, Schlafmütze", lachte er und klopfte ohne weiter nachzudenken (also wie immer) auf die Schulter des Elben. "Was ist passiert...ich kann mich nur noch grob an den gestrigen Überfall erinnern...", murmelte Legolas. "Ha, da fragst du leider den Falschen...ich habe selbst nicht gerade viel mitbekommen, wie du sicherlich weißt. Irgendwann am frühen Morgen wurde ich von Filegon geweckt und gemeinsam haben wir dieses kleine Lager errichtet...keine Spur von irgendwelchen weiteren Orks...ziemlich seltsam, wenn du mich fragst...Lalaithwen hat sich die ganze Nacht um dich gekümmert...ich war schon fast neidisch auf dich...schließlich hattest du das Vergnügen, von ihr entkleidet zu werden", quasselte Ranwé wie aufgezogen.
Legolas nickte nachdenklich und fuhr sich geistesabwesend über die Brust, schaute dabei auf den umgekippten Wasserkrug. Lalaithwen hatte sich um ihn gekümmert, ihn versorgt, obwohl sie selbst schwer verletzt worden war...und obwohl er sie nicht gerade nett behandelt hatte. Warum überhaupt hatte er sie vorhin so harsch behandelt? Es war mit Sicherheit sein verletzter Stolz, sein missbrauchtes Vertrauen, aber sie hatte ihn auch verärgert, nicht nur enttäuscht. Er beschloss, sich jetzt auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen.
"Aber schließlich hatte sie mich auch zum Karren zurückgezogen, ich wette ganz Düsterwald darauf, dass sie mich mag!", fuhr Ranwé gut gelaunt fort, doch der Prinz hörte ihm gar nicht mehr zu. Eine ganz andere Frage ging ihm nun durch den Kopf: Warum waren Filegon und seine Schwester nicht einfach wie Pernoth fortgelaufen, als sich die Gelegenheit bot...Ranwé und er selber waren bewusstlos, was hatte sie daran gehindert, wegzulaufen und sie im Stich zu lassen? Schließlich wusste niemand im Düsterwald davon, dass er und sein Freund auf die Reisenden gestoßen waren, niemand wusste etwas von den Geschwistern. Glaubten sie etwa, dass Laith dadurch nicht in Lorien festgehalten würde? Zutrauen konnte er ihr solche Gedanken...sie konnte wirklich naiv sein...gerade deswegen würde er sich nicht erweichen lassen. "Was grinst du so vor dich hin?", hörte er plötzlich Ranwé fragen und blinzelte überrascht zu ihm herüber. "Was?"
"Mmh, ich merke schon, du brauchst noch ein bisschen Ruhe...Filegon und ich haben beschlossen, das Lager so lange stehen zu lassen, bis du wieder auf den Beinen bist...und...lass dir ein bisschen Zeit zum Gesundwerden, ja? Lalaithwen braucht sicherlich noch Trost und ein bisschen Zuwendung, nach dem Schock, den sie hatte...", grinste er anzüglich und wollte sich gerade zum Gehen umdrehen, als Legolas ihn zurückhielt: "Schock?"
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"Was ist los mit dir Schwesterchen...du bist ja fleißig wie ein Bienchen...so kennt man dich ja gar nicht...", grinste Filegon, als er Lalaithwen mit zusammengepressten Lippen an dem errichteten Lager herumwerkeln sah. Sie erwiderte nichts, schien sich auf das Zusammenlegen von Decken zu konzentrieren. "Hey...hör auf damit, du musst dich noch genauso schonen, wie Legolas...sag mal...hörst du mir überhaupt zu?"
"Wenn ich es täte, ginge es mir auch nicht besser", murrte sie und ging hektisch ihrer Arbeit nach. Filegon, wohlwissend, dass sie auch an der Schulter verletzt war, packte sie wütend und zwang sie so, sich zu ihm umzudrehen. "Au, was soll das, du blöder Kerl?", fuhr sie ihn an und versuchte, um sich zu schlagen und sich so aus seinem schmerzhaften Griff zu befreien. "Laith, ich habe dich wirklich langsam satt...dein Starrsinn bringt dich doch nirgendwohin..." "Dann verklag' mich doch, oh, großer, weiser Bruder...", fauchte sie ihm zu und wimmerte vor lauter Schmerz, als er seinen Griff verstärkte, "Was willst du eigentlich? Mich umbringen?"
"Bei deiner Dickköpfigkeit könnte man so etwas schon in Betracht ziehen!"
"Was willst du von mir...lass mich los...", ächzte sie. "Du benimmst dich richtig eigenartig, so kenne ich dich gar nicht...es hat mit Legolas zu tun, oder? Sag mir endlich, warum du dich wie ein Kleinkind aufführst!", sagte er streng, lockerte aber ein wenig den Griff, er wollte ihr nicht weh tun, aber sie war manchmal wie ein wildes Tier, das man erst zähmen musste. "Der kann mir gestohlen bleiben...", seufzte sie und schließlich gelang es ihr, sich von ihm loszureißen. "Ach ja, auf einmal? Das sah gestern noch ganz anders aus...Laith, du hast neben ihm gehockt, als hinge dein Leben von seinem ab!" "Ja, gestern", warf sie ein, "Gestern war er ja auch noch zu besinnungslos und zu schwach, um mir weitere Bosheiten an den Kopf zu werfen..."
Filegon seufzte und musterte seine Schwester einen Moment lang, bevor er leise sprach: "Warum, Laith..., warum behandelt ihr euch gegenseitig so komisch? Ihr seid wirklich wie Hund und Katze...wenn man diesen eigenartigen Sprichwörtern der Menschen Glauben schenken kann..." "Kann dir doch egal sein...", murmelte sie und schaute auf ihre Füße. Filegon schüttelte den Kopf und sagte: "Bitte...wie du meinst, aber wirf mir nicht vor, dass ich dich nicht verstehe...ich kann es nämlich gar nicht, wenn du dich so schrullig benimmst...", und wand sich von ihr ab. Lalaithwen ballte die Hände zu Fäusten und rief ihrem Bruder hinterher: "Mir doch egal, ob ich schrullig bin oder nicht, eines weiß ich, auf einen Bruder wie dich kann ich gern verzichten"
Das war Filegon zu viel, er drehte sich noch einmal um und mit wütender Stimme stritt er sich mit ihr weiter. "Ach so ist das...bitte, warum hab ich dich auch aus dem Kerker herausgeholt?" "Das frage ich mich auch, das hätte uns beiden großen Ärger erspart...", fuhr Lalaithwen fort und ihre Augen blitzten auf vor lauter Wut. "Ich glaube, Legolas hat schon Recht gehabt, als er sagte, dass du schwierig bist"
"Schön, dann tu dich doch mit ihm zusammen und schließe Blutsbruderschaft", schrie sie ihn an und wäre am liebsten ihr gesamtes Schimpfwörtervokabular durchgegangen, als ein stechender Schmerz, von ihrem Bauch ausgehend, ihren ganzen Körper durchlief und sie fast in die Knie zwang. "Laith...?", fragte Filegon, zwar noch immer wütend, aber nun auch noch besorgt, besonders, als sie nichts erwiderte. Schnell lief er zu ihr hinüber und hielt sie, bevor sie gänzlich zusammenbrach. "Laith, Laith, ist alles in Ordnung?" Er zog sie behutsam zurück in seine Arme und ließ sich auf den Boden nieder. "Laith?" "So ein Mist, dass das immer in solchen Momenten passieren muss, wenn ich wütend auf dich bin...", stöhnte sie mit schmerzverzerrtem Gesicht, "dann ist wieder alles so, als wäre nichts gewesen..." "Ich kann mir auch weiterhin eine Schlammschlacht mit dir liefern, wenn du das willst", lächelte er aufmunternd. Lange konnten sie sich einfach nicht böse sein, dazu hatten sie in ihrem Leben schon viel zu viel gemeinsam durchgemacht. "Das hättest du wohl gern...", murmelte sie und hielt sich den Bauch. "Siehst du, ich hab dir doch gesagt, dass du dich ausruhen sollst..."
"Wer von uns beiden ist jetzt der größere Sturkopf?", sagte sie heiser, die Augen fest verschlossen. "Sagen wir Gleichstand?", grinste er und sie stieß ihm mit dem Ellenbogen in die Rippen, als er anfing, zu lachen. "Das kannst du vergessen, ich werde meinen Dickkopf schon durchsetzen...", lachte sie mit ihm. Er strich ihr durch das lange Haar und brachte es ganz durcheinander. "Ich hasse es, wenn du das machst", seufzte sie und lehnte sich gegen seine Brust. "Was glaubst du, warum ich es überhaupt mache?", grinste er und betrachtete dann ihre Wunde. "Ich glaube, du brauchst eine neue Art Verband...sonst reißt die Wunde immer wieder von neuem auf...und ich fürchte, wenn wir sie nicht bald richtig versorgen, kann die Wunde tödlich sein", sagte Filegon dann ernst, worauf sie nur langsam nickte.
"Warte...", murmelte er und zog seinen Mantel aus, um eine Art Kissen zusammenzufalten. Dann legte er es auf den Boden und ließ Lalaithwens Kopf vorsichtig darauf hinabsinken. "Ich bin gleich wieder da", flüsterte er ihr zu und sie sah ihn daraufhin in Legolas' Zelt verschwinden. "Wehe du erzählst ihm was, dann kannst du was erleben", murmelte Lalaithwen vor sich hin und starrte dann in den wolkenfreien Himmel, mit jedem Herzschlag pulsierte der Schmerz durch ihre Venen. Sie war so unglaublich müde, hatte die vergangene Nacht kaum geschlafen. Doch der stete Schmerz hinderte sie daran, auch nur die Augen zu schließen.
"Na, meine Schöne..."
"Ranwé, hau gefälligst ab und lass mich in Ruhe leiden..."
"Oh...kann die holde Schönheit meinen Namen aussprechen, ich fühle mich geehrt", murmelte der Elb und hockte sich neben sie, strich ihr mit der Handfläche sanft über das Gesicht. "Was soll das, ich bin doch keine Hauskatze...hör auf, mich zu betatschen, sonst lange ich dir eine!", fluchte sie und wich seiner Hand aus. "Warum bist du so abweisend mit gegenüber?", fragte er leise und grinste plötzlich nicht mehr so blöd. "Du gehst mir auf den Keks...geh zurück in dein Zelt und geselle dich zu deinem griesgrämigen Freund...", seufzte sie und legte den Kopf zur Seite, wandte den Blick von ihm ab. Ranwé setzte sich nun ganz neben sie und starrte seufzend in den Himmel. Minutenlanges Schweigen folgte und Lalaithwen betete zu den Valar, dass Filegon doch bald zurückkommen möge, oder dieser lästige Schürzenjäger von allein abziehe. "Tut dir die Verletzung sehr weh?", fragte er vorsichtig und komischerweise erkannte Laith diesmal nicht die übliche Großspurigkeit in seiner Stimme. `Nein, ich tu nur so...´, dachte sie genervt, doch stattdessen murmelte sie knapp: "Es ist erträglich...", und hoffte, Ranwé würde jetzt endlich die Klappe halten, doch er blieb ausdauernd. "Sieht schlimm aus...ich...ich wollte dir etwas sagen, Lalaithwen..."
Die junge Elbe verdrehte die Augen und zeigte sonst keine Reaktion. "Ich...wie soll ich es sagen...", stammelte er und Lalaithwen beendete den Satz in Gedanken: `...bin der größte Trottel in ganz Düsterwald´. Er stammelte noch einige Zeit so herum, Laith wollte ihm am liebsten die Zunge abschneiden, damit er zu guter Letzt schwieg, bis er endlich die Worte hervorbrachte: "Ich wollte dir danken, dass du mein Leben gerettet hast..." "Hab ich doch gar nicht", murmelte sie gelangweilt, das entsprach teilweise sogar der Wahrheit. Größtenteils war es Legolas gewesen, der seinem Freund die kaltblütigen Orks vom Halse gehalten hatte. Ranwé saß einen ziemlich langen Augenblick stumm da und schaute verwirrt drein. "Wie...?", fragte Ranwé und Laith ließ ihn gar nicht aussprechen: "Hör zu, du liebestoller Elb, Legolas hat dir den Hintern gerettet, klar? Ich hab mit der Sache nichts am Hut, also tu mir den Gefallen und lass mich in Ruhe!" Ranwés Gesichtsausdruck glich einmal mehr dem eines Kindes, das gleich einen Weinkrampf bekommen würde. Laith bereute den schneidenden Ton in ihrer Stimme und fügte hinzu: "Tut mir leid...ich...bin wohl ein bisschen mit den Nerven runter...hör zu, ich brauch jetzt etwas Ruhe, in Ordnung?" Ranwé konnte oder wollte es einfach nicht schnallen und wurde durch ihre Reue nur wieder ermutigt: "Ich kann dir aber gern Gesellschaft leisten, ich bin auch ganz still...ein stiller Bewunderer, sozusagen..."
"Geh und nerv Legolas, klar?", fuhr sie ihn wütend an, denn dieser Elb merkte es einfach nie, wenn er nervte oder zu aufdringlich war. Ranwé trat erschrocken zurück und hielt die Hände vor seiner Brust, als besänftigende Geste. "Schon gut, schon gut...ich bin schon weg, aber wenn du ein bisschen...Trost oder jemanden zum Anlehnen brauchst..." "...weiß ich ja, wo ich NICHT hingehe...vielen Dank...", flüsterte sie vor sich hin, sodass Ranwé es nicht hören konnte. "Nun, ich werde mich ein wenig in der Gegend umsehen, in der Hoffnung, dass du mich vermisst...", fügte er hinzu. `Darauf kannst du lange warten...´, dachte sie nur und atmete tief durch. Als wäre es abgesprochen gewesen, trat Filegon wieder aus dem Zelt hervor, als Ranwé gerade Anstalten machte, Laith allein zu lassen. "Da bist du ja endlich...sag mal, hast du diesen Wachhund auf mich gehetzt?", fragte sie müde, als er vorsichtig ihre Wunde freilegte. "Ranwé? Schätzchen, den würde ich nicht einmal zu dir schicken, wenn mein Leben davon abhinge...der Kerl ist einfach nur triebgesteuert und ich glaube, er ist scharf auf dich..." "Ach, was du nicht sagst? Diese Erfahrung durfte ich schon während der ganzen Reise machen...", seufzte Laith und kniff die Augen zusammen, als Filegon den Verband wechselte. Tränen sammelten sich in ihren Wimpern, der Schmerz war fast nicht auszuhalten.
"Wie...du hast doch nicht etwa nachgegeben?", Filegon schaute sie regelrecht schockiert an, sodass sie lachen musste. Das hätte sie aber besser nicht getan, denn allein schon zu sprechen konnte anstrengend sein mit diesem Schmerz, aber Lachen? Warum schaufelte nicht schon mal einer ihr Grab?
"Mensch, Filegon, du bist blöd...du weißt doch, dass es mir weh tut, wenn ich lache...", atmete sie schwer, hatte aber noch immer ein breites Grinsen auf dem Mund. "Na was ist denn nun...?"
"Natürlich nicht...viel lieber würde ich mich mit einem Zwerg einlassen, als mit einem dieser blöden, reinblütigen Elben...", sagte sie überraschend ernst. Filegon legte den Kopf schief und musterte sie nachdenklich. "Was...kommt jetzt wieder eine "Ich-bin-dein-großer-Bruder-Standpauke"?", fragte sie, weil ihr Bruder wieder diesen erzieherischen Ausdruck im Gesicht hatte. "Nein, aber das mit den Zwergen meinst du doch nicht ernst? Wenn du ihn küssen wolltest, müsstest du dich erst einmal durch ein haariges Unterholz kämpfen!", sagte er genauso ernst, wie sie es zuvor getan hatte. Laith stupste ihn nur freundlich in die Seite und lächelte. Filegon erwiderte diese Geste, bevor er die Wunde fertig verbunden hatte und half ihr dann dabei, wieder auf die Füße zu kommen. Laith klopfte die Erde von ihrem Mantel, und war damit beschäftigt, sich einen Zopf zu binden, als Filegon sagte: "Apropos blöde reinblütige Elben...da will dich einer sprechen..."
Lalaithwen hielt inne, hielt ihre Haare fester und runzelte die Stirn. "Legolas bat mich, dich zu ihm zu schicken...", fuhr er fort und beobachtete jede ihrer Gesten. Zunächst band sie sich den Zopf zuende, strich sich dann nervös eine Strähne hinter das Ohr und senkte den Blick. "Prima...jetzt spielst du schon seinen Laufburschen." "Laith, ist es wieder an der Zeit, überzureagieren?", schmunzelte er. Eine ähnliche Reaktion hatte er erwartet, wenn er mit ihr von Legolas sprach. "Laith, was ist denn? Du tust ja gerade so, als wäre er ein Ungeheuer."
"Filegon, weißt du, er ist manchmal wirklich nett zu mir und in solchen Momenten denke ich immer: Prima, sind also nicht alle Elben so fies und doof, wie ich dachte. Ich denke immer, ich könnte mich normal mit ihm unterhalten, einfach so, weißt du? Und dann...", ihre Stimme wurde immer leiser, als sie schließlich hinzufügte: "Und dann ist er plötzlich so kalt und...ach...er sagt die Wahrheit...das ist ja das Schlimme..."
Filegon wurde nicht so recht schlau aus den Worten seiner kleinen Schwester und seufzte deutlich hörbar. "Was? Ach, ich wusste, dass das wieder losgeht...", murmelte sie nervös, sie konnte nicht verstehen, warum dieser Elb jetzt wieder nach ihr verlangte, wollte er sie wieder beleidigen und verletzen? Sie konnte diesen Prinzen einfach nicht verstehen. "Laith, ich will dir wirklich keine Moralpredigt halten, aber ganz egal, was er zu dir sagt, du solltest lernen, dass es manchmal besser ist, einfach zu grinsen, so fies und verletzend Worte auch sein können. Lass dich nicht so schnell aufbringen...so kenne ich dich nämlich gar nicht, du sonst so schlagfertiges Mädchen...", sagte er sanft lächelnd und strich ihr die widerspenstige Strähne, die sich wieder in ihr Gesicht gelegt hatte, hinter das Ohr. "Geh und zeig ihm, dass sich eine kleine Elbe von Niemandem unterkriegen lässt...", sagte er weiter und ihre Lippen formten ein vorsichtiges Lächeln: "Das klingt fast so, als ob du ihn nicht leiden kannst..."
"O doch, ich finde, er ist ein ganz angenehmer Zeitgenosse...jedenfalls hat er mich noch nicht beleidigt...oder Ähnliches...", grinste er und kniff ihr in die Nase (wieder eine Geste, die ergänzenswert auf ihrer "Lass-das-ich- hass-das"-Liste gewesen wäre). "Ab mit dir in die Höhle des Löwen...und lass dich nicht anknabbern!", grinste er und schob sie an ihren Schultern in Richtung Zelt. "Ich mag diese Zweideutigkeit in deinen Worten nicht", grinste sie und drehte sich um. Bevor sie in Legolas' Unterkunft trat, umfasste sie ihr Medaillon fester.
~*~*~
Das Tageslicht wurde von den Wolldecken aufgefangen und kaum hindurchgelassen. Legolas saß auf dem improvisierten Bett und wartete darauf, dass Lalaithwen zu ihm kommen würde. Er konnte noch immer kaum glauben, was Ranwé ihm erzählt hatte. Und Filegon hatte ähnliche Andeutungen gemacht. Sie hatte, ganz auf sich allein gestellt, gegen die letzten Orks gekämpft und dann die ganze Nacht in der Kälte und der furchteinflößenden Dunkelheit an seiner Seite gewacht. Schließlich war sie keine reinblütige Elbe, wie Filegon ihm eines Nachts beiläufig erzählt hatte, der solche Bedingungen nichts angehabt hätten. Außerdem war sie selber äußerst ernst verletzt, ihre Nachtwache musste aus einem stetigen Wechsel von Ohnmacht und schlimmen Schmerzen gewesen sein. Er erinnerte sich allein an die vergangene Situation am Lagerfeuer, als sie zitternd vor Kälte am Karren gelehnt saß.
Legolas wurde aus seinen Gedanken gerissen, als der Zeltvorhang gelüftet wurde und helles Tageslicht das schöne Gesicht des Elben umspielte. Lalaithwen war eingetreten und ließ nun den Vorhang los, stand reglos vor ihm und schien ins Leere zu schauen. "Hier bin ich...", sagte sie zaghaft, ohne ihn anzuschauen. "Setz dich, bitte...", sagte er leise und deutete ihr mit einer Handbewegung, sich neben ihn zu setzen. Das ließ in Lalaithwens Kopf gewaltig die Alarmglocken schillern, das war einfach zu nah! In seiner Nähe fühlte sie sich immer so hilflos, so gefangen...wie Tage zuvor im Kerker Düsterwalds, als er bei ihr gewesen war und ihre Wunde versorgt hatte. Laith kam sich an diesem Tage vor, wie ein kleines Kind, welches zu klein und zu schwach war. Sie presste die Lippen zusammen und ließ sich neben ihm nieder, sein Gewand hatte er angezogen, es war jedoch aufgeknöpft, sodass der Stoff, so leicht er auch sein mochte, nicht schmerzend auf seine Brust drückte. Eine ganze Zeit lang saßen beide nur da und sagten kein Wort und Lalaithwen erinnerte sich an eine ähnliche Situation, als er sie wieder aus ihren Gedanken weckte.
"Wie geht es dir?", fragte er knapp, aber nicht so streng, wie sie es vielleicht erwartet hätte. Geistesabwesend strich ihre Hand über ihren Bauch, die andere umfasste unauffällig das Medaillon. "Gut...", brachte sie nur hervor und fragte sich von neuem, warum sie in seiner Nähe einfach kein Wort herausbrachte...damals im Kerker war sie noch schlagfertig ihm gegenüber gewesen, aber jetzt, frei von allen Ketten, war sie nur ein stammelndes, schüchternes Kind. "Wirklich?", fragte er nach und schaute sie direkt an. Laith hatte ein mulmiges Gefühl in ihrem schmerzenden Bauch. Was sollte diese Frage? Hatte ihm irgendeiner der anderen etwas erzählt, was er eigentlich nicht wissen musste? Oder kam jetzt wieder eine Gemeinheit im Bezug auf ihre geistige Gesundheit? (Das traute sie ihm traurigerweise mittlerweile zu) Sie nickte nur langsam und verzog keine Miene. Legolas seufzte, setzte sich noch ein bisschen aufrechter hin und beugte sich zu ihr herüber. Im gleichen Moment, ohne es aber wirklich zu bemerken, wich sie zurück, wie ein scheues Reh. Er suchte ihre Augen, fand sie schließlich und hielt sie in seinem Blick gefangen. `Wenn er jetzt meine Gedanken liest´, dachte Laith provisorisch, `bin ich wirklich bald geistig labil´ Sie unterdrückte den inneren Drang, laut loszulachen, bei diesem Gedanken. Sie war nervös, das war alles.
Legolas wand den Blick nicht von ihr ab, dass es ihr beinahe unheimlich vorkam. Es war ihr fast, als würde er durch sie hindurchsehen können. "Weißt du was, Lalaithwen,...?", murmelte er leise und sie war sich sicher: Ja, jetzt kommt endlich die nächste Gemeinheit, hat ja lange genug gedauert... . Laith atmete tief durch und schüttelte den Kopf. "Ranwé und Filegon erzählten mir von deinem...wie soll ich sagen...Schock...", sprach er langsam, jede ihrer Reaktionen genau beobachtend. Fast so wie Filegon, dachte sie in diesem Moment. Sie schluckte, erwiderte aber immer noch nichts. "Ich wusste das nicht...und...wollte dich nicht so grob behandeln, verzeih... . Du musst schreckliche Stunden durchgemacht haben...", flüsterte er fast nur noch, doch Lalaithwen hörte jedes einzelne Wort und jede Silbe, der Klang seiner Stimme, drangen tief in ihr Herz vor, zu tief. Was sollte das?
"Und ich möchte dir dafür danken, dass du...wahrscheinlich...Ranwé und mir das Leben gerettet hast."
"Das habe ich nicht, Euer Hoheit, an meiner Tat ist nichts Heldenhaftes...ich hatte Angst, größere Angst, als Ihr sie Euch vorstellen könnt...", sie wollte noch viel mehr sagen, doch sein Blick brachte sie zum Schweigen. "Und trotzdem bist du geblieben...und nicht fortgelaufen, wie ich es wohl erwartet hätte...wieso?"
Auf alles war Laith gefasst gewesen, aber nicht auf solch eine Frage. "Wieso?", wiederholte sie verwirrt und kämpfte gegen den pochenden Schmerz in ihrer Schulter, der durch das krampfartige Umklammern des Medaillons ausgelöst wurde. "Ist die Frage so schwer?", fragte er. Da! Da war sie...die Gemeinheit! Oder zumindest der Anflug einer gemeinen Bemerkung! Sie biss sich auf die Unterlippe und senkte den Kopf, bevor sie antwortete: "Ich...warum hätte ich weglaufen sollen? Ich wusste nicht einmal, wie ich es vollbracht habe, aufrecht zu stehen...Filegon war irgendwo im Wald, es war stockfinster und überall diese abscheulichen Wesen...wie hätte ich Euch da zurücklassen können...?" Oje...jetzt war es raus...das, was sie ihm auf keinen Fall antworten wollte.
"Du erhoffst dir doch nicht, dass ich dich nicht den Wachen in Lorien übergeben werde?", fragte er ruhig, aber seine Augen spiegelten diesen misstrauischen Ausdruck wieder, den sie schon so oft in seinem Gesicht gesehen hatte. "Wisst Ihr, Euer Hoheit, in einer solchen Situation konnte ich nicht klar denken, meint Ihr wirklich, dass ich so kaltblütig berechnend war in all der Angst, dem Blut und dem grässlichen Gestank der Orkleichen? Ich habe nicht einmal in Betracht gezogen, diese Nacht zu überleben, Lorien war in unerreichbarer Ferne in meinen Gedanken. Genügt Euch das als Antwort?", Lalaithwen bemühte sich, nicht aufgebracht zu klingen, aber das schien beinahe unvermeidlich. Legolas lächelte unerwartet und Laith schloss die Augen. Es war einfach immer wieder das Gleiche mit ihm.
Sie fühlte plötzlich seine Hand auf der ihren und schaute augenblicklich zu ihm auf. "Lalaithwen...", begann er, und sein Lächeln war unerwartet sanft, "So habe ich das nicht gemeint...es ist nur...du musst mich auch einmal verstehen...es ist nicht leicht für mich, dir so schnell wieder zu vertrauen." Das Lächeln schwand nach und nach, doch sein Blick ruhte noch immer auf ihr. "Dann tut es am besten nicht", murmelte sie mit gebrochener Stimme und zog ihre Hand unter der seinen weg. Er wollte etwas erwidern, sie daran hindern, schon wieder kopflos und stur wegzugehen, ohne richtig mit ihm geredet zu haben, als plötzlich Ranwés Stimme laut ertönte.
"Schnell, kommt mit, ich habe etwas gefunden, schnell", rief er von draußen. Legolas und Lalaithwen tauschten einen kurzen Blick, dann half sie ihm wortlos auf und folgte ihm nach draußen. Ranwé stand mit weit aufgerissenen Augen da, Filegon war erschrocken herbeigelaufen und fragte: "Was ist denn?"
"Pernoths Karren...ich habe ihn gefunden...", flüsterte der Elb.
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It's done: Kapitel 12 ist vollendet, ich hoffe, ich kann auf eure Review zählen? Wirklich, es spornt mich an!!! Danke noch einmal an alle, die nicht beim Lesen der Story eingenickt sind und ne Review dagelassen haben! *schmatz*
*warn* Kapitel 13 ist in Arbeit...*g*
