Titel: Harry Potter und das Herz der Dunkelheit
Warnung: Später Slash!
Kapitel:1/?
Autor: Natascha
Inhalt Kapitel 1: Harry ist wieder zurück im Ligusterweg. Er weiß nicht, was seit den Ereignissen im letzten Schuljahr in der magischen Welt vor sich geht und macht sich große Sorgen. Da taucht plötzlich ein unerwarteter Besucher auf.
Feedback: natascha.schmidt@web.de Ich freue mich über jedes feedback! Altersbeschränkung: PG-13 (könnte später höher werden) Disclaimer: Nichts hier gehört mir. Alle Charaktere sind Erfindungen J.K. Rowlings. Kategorie: Abenteuer, Liebe, später Slash Betaleserin: Jacey
Ein unerwarteter Besucher
Harry Potter hatte die Sommerferien schon immer gehasst, aber so schlimm wie dieses Jahr waren sie noch nie gewesen. Dafür gab es verschiedene Gründe. Die Dursleys hatten schon mehrfach glaubhaft bewiesen, dass sie nicht zur intellektuellen Oberschicht der Gesellschaft gehörten, aber dennoch hatten sie mittlerweile geschlossen, dass es einen Grund geben musste, warum Harry jeden Sommer bei ihnen verbrachte, obwohl er offensichtlich zahlreiche Freunde in der magischen Welt hatte. Zwar wussten sie nichts von dem Familienzauber, durch den Harry bei ihnen und nur bei ihnen - da sie der letzte Rest seiner Familie waren - völlig in Sicherheit war, aber sie vermuteten so etwas Ähnliches. Darum nützte es Harry nichts mehr mit seinem Paten Sirius Black zu drohen. Onkel Vernon erklärte ihm daraufhin nur mit einem bösartigen Lächeln, dass es ihm jederzeit frei stünde zu gehen und bei seinem berüchtigten Mörder von einem Paten zu leben. Das hätte Harry auch gerne getan, wenn ihm nicht Dumbledore klar gemacht hätte, wie wichtig es für die ganze magische Welt war, dass Harry gerade in diesem Sommer in Sicherheit war.
Onkel Vernon hatte darauf bestanden, dass er die Bedingungen festlegen konnte unter denen Harry den Sommer bei ihnen verbringen durfte. So kam es, dass Harry in Dudleys ehemaligem zweiten Zimmer eingeschlossen war, das während Harrys Abwesenheit als Gästezimmer diente und ein winziges Badezimmer hatte. Auch zu den Mahlzeiten durfte er nicht herauskommen. Stattdessen brachte ihm Tante Petunia ab und zu etwas zu essen herauf. Öfter vergaß sie es jedoch, weshalb Harry ziemlich abgemagert war. Zusätzlich war er in diesem Sommer noch ein ganzes Stück gewachsen, weswegen er jetzt praktisch nur noch aus Haut und Knochen bestand. Ganz im Gegensatz übrigens zu seinem Cousin Dudley, der inzwischen die Ausmaße eines kleinen Planeten erreicht hatte und sicherlich bald eine eigene Umlaufbahn erhalten würde. Tante Petunia hatte in ihrer Weisheit seine Diät, zu der sie sich im letzten Jahr durchgerungen hatte, abgebrochen, mit den Worten sie könne ihren Goldjungen nicht leiden sehen und solche dürren Gespenster, wie beispielsweise Harry, habe sie sowieso noch nie ausstehen können. Dudley hatte seinen Rückstand vom letzten Sommer schnell aufgeholt und konnte jetzt froh sein, wenn er noch seitwärts durch die Türen passte.
Onkel Vernon hatte deutlich gemacht, dass Harry seinen magischen Krimskrams auf keinen Fall in seinem Zimmer haben durfte. Und so war alles was mit Hogwarts auch nur im Entferntesten etwas zu tun hatte im Schrank unter der Treppe eingeschlossen worden: Harrys Schulbücher, sein Kessel, seine Schulroben und Schulkeidung und leider auch sein Zauberstab, ohne den sich Harry völlig schutzlos fühlte. Auch wenn er sowieso nicht außerhalb Hogwarts zaubern durfte, war es doch ein beruhigendes Gefühl, den Stab mit der Phönixfeder an seiner Seite zu wissen. Außerdem hatte er so keine Möglichkeit abzuhauen, selbst wenn er vorgehabt hätte, sich dem Rat seines verehrten Schulleiters zu widersetzen. Denn Onkel Vernon hatte die Gitterstäbe vor den Fenstern, die Ron, Fred und George Weasley vor zwei Jahren zerstört hatten durch Stärkere ersetzt und vor der Zimmertür ein enorm großes Schloss angebracht, das zwar einem Alohomora-Zauber nichts entgegenzusetzen gehabt hätte, das Harry aber in seinem momentanen Zustand niemals ohne die Hilfe seines Zauberstabes aufbekommen hätte.
Hedwig befand sich in Rons Obhut, wo es ihr wahrscheinlich besser erging als in den Sommern zuvor im Ligusterweg. Harry vermisste sie wie verrückt. Er hing sehr an ihr und in all den Sommern zuvor war sie sein Beweis gewesen, dass er sich die magische Welt nicht nur einbildete und dass er nach den Sommerferien wirklich wieder nach Hogwarts zurückkehren konnte. Noch mehr vermisste er allerdings Ron. Harry hätte alles dafür gegeben, sein freundliches sommersprossiges Gesicht vor sich zu haben, damit Ron ihm sagen konnte, dass alles in Ordnung, war, dass alle die Harry kannte und liebte in Sicherheit waren und es ihnen gut ging,
Aber Harry war sich gar nicht sicher, ob Ron ihm alle diese Dinge versichern konnte. Und das war der eigentliche Grund, aus dem es Harry schlecht ging. Bei Merlin, er war es gewohnt von den Dursleys miserabel behandelt zu werden. Früher hatte er in einem Schrank gelebt. Dagegen war dieses Zimmer sogar eine Verbesserung!
Das eigentlich schlimme war, dass er nicht wusste, was in der Welt, in die er wirklich gehörte, vor sich ging. Er wusste nicht, ob Voldemort tatsächlich seine Macht zurück gewonnen hatte, ob Krieg ausgebrochen war, ob sogar noch jemand gestorben war nach. nach. (Oh es tat so weh daran zu denken) nach Cedric.
Und das trieb Harry in den Wahnsinn. Es war unerträglich hier im Ligusterweg eingesperrt zu sein und nicht zu wissen was passierte. Noch nie hatte er sich so machtlos gefühlt. Mit jedem Tag, an dem er keine Nachricht von seinen Freunden erhielt, fühlte er sich schlechter. Wenn dann endlich das heiß ersehnte Klopfen eines Schnabels am Fenster zu hören war und Harry mit zitternden Fingern die Nachricht entgegengenommen und aufgerollt hatte, waren es immer nur kurze nichts sagende Mitteilungen. Es war als hätte sich die gesamte Zauberwelt verschworen ihm nichts zu schreiben, das ihn beunruhigen oder ängstigen könnte. Rons letzter Brief hatte aus zwei Sätzen bestanden:
Hallo Harry
Uns geht es gut, mach dir keine Sorgen. Vielen Dank, dass du mir den Feuerblitz ausgeliehen hast.
Dein Ron.
Harry wusste genau, dass Ron einen längeren Brief geschrieben hätte, wenn wirklich alles in Ordnung gewesen wäre. Es war jetzt zehn Tage her, seit der Brief angekommen war. Beim Gedanken daran, was in zehn Tagen alles passieren konnte, drehte sich Harry der Magen um. Jeden Tag seit dieser letzten Nachricht hatte er am Fenster gestanden, in den Himmel gestarrt und nach dem kleinen schwarzen Punkt Ausschau gehalten, der eine herannahende Eule ankündigte. Pigwidgeon war die einzige Eule, die durch die Gitterstäbe passte. Die anderen mussten draußen sitzen bleiben und warten bis Harry in fliegender Hast eine Antwort geschrieben hatte. Er musste sich beeilen, da Onkel Vernons Hass auf Eulen, der vor vier Jahren entstanden war, sich mittlerweile so weit entwickelt hatte, dass er mit seiner Schrotflinte auf die armen Vögel schoss, wenn er sie in seinem Garten entdeckte. Zum Glück war er ein so schlechter Schütze, dass er nie auch nur annähernd traf.
Ron hatte auch einmal Hedwig mit einer Nachricht geschickt und es hatte Harry besonders leid getan, dass sie draußen sitzen bleiben musste. Nur Pigwidgeon konnte in sein Zimmer kommen und die kleine Eule flatterte jedes Mal glücklich durch den Raum, setzte sich dann auf Harrys Schulter und kuschelte sich voller Zuneigung an seine Wange. Sie veranstaltete nicht mal ihr übliches Tohuwabohu, als wüsste sie, dass Harry dadurch in Schwierigkeiten kommen könnte Es war unwahrscheinlich tröstlich Rons kleinen Steinkauz bei sich zu haben. Als Harry sie mit aufmunternden Worten aus seinem Fenster herausließ und Pigwidgeon voller Tatendrang mit einer Nachricht an Ron davonflog fühlte er sich noch einsamer und hilfloser als vorher.
Seit Anfang der Sommerferien fühlte er einen leisen pochenden Schmerz hinter der Stirn, an der Stelle an der sich seine Narbe befand. Er hatte sich mittlerweile so sehr daran gewöhnt, dass er sich kaum noch vorstellen konnte, wie es war, ohne diesen Schmerz zu leben.
Draußen regnete es in Strömen und es wurde langsam dunkel. Wieder ein Tag ohne Nachricht. Harry fürchtete sich vor der Nacht. Nachts kamen alle Bilder und Erinnerungen auf ihn eingestürzt, die er tagsüber mit einigem Erfolg verdrängen konnte. Wenn er mit offenen Augen im Bett lag, starrten ihn schmerzverzerrte Grimassen aus der Dunkelheit an. Wenn er die Augen schloss, spielten sich furchtbare Szenen hinter seinen Lidern ab, aber am schlimmsten war es, wenn er einschlief. Jedes Mal wachte er mit klopfendem Herzen und oft schweißgebadet auf, ohne sich jedoch daran zu erinnern, was er geträumt hatte. Er hatte schon sehr lange keinen erholsamen Schlaf mehr gehabt und so kam es, dass er heute sehr müde war. Einschlafen konnte er trotzdem nicht und da es nichts Schlimmeres gab, als schlaflos im Bett zu liegen, rollte er sich in dem großen Sessel zusammen, dem einzigen Möbelstück im Zimmer, das ihm gefiel. Seit Dudleys abgelegte Spielsachen in den Dachboden verbannt worden waren, war das Zimmer so aufgeräumt, dass es fast steril wirkte. Tante Petunias Vorstellung einer perfekten Wohnung war, dass alles einen festen Platz hatte und nirgends auch nur die leiseste Andeutung von Unordnung herrschte. Während das harte Bett mit seiner dünnen Decke wenig einladend wirkte, war der Sessel das einzige gemütliche Möbel im Zimmer. Er erinnerte Harry an die großen weichen Ohrensessel im Gemeinschaftsraum von Gryffindor vor dem Kamin und manchmal, wenn er die Augen schloss und sich in den Sessel zurücklehnte konnte er sich fast vorstellen dort zu sein. Mit Hermione und Ron in der Nähe und Dumbledore nur ein paar Korridore entfernt.
Heute wollte diese beruhigende Einbildung jedoch nicht aufkommen. Er hatte so sehr gehofft, heute Nachricht von Ron zu bekommen, oder von Sirius. Hermione hatte natürlich selten eine Eule zur Verfügung und alle Briefe auf dem normalen Postweg hatte sicher Onkel Vernon abgefangen. Von Hagrid hatte er in diesen Ferien noch gar nichts gehört. Noch nicht einmal zu seinem Geburtstag hatte er eine Karte bekommen. Hagrid hätte ihn sicher niemals vergessen und Harry hoffte dass das nur bedeutete, dass er auf seiner Mission sehr viel zu tun hatte. Und wo war Sirius jetzt und Professor Lupin? Das Karussell von Sorgen und schlechten Gedanken in seinem Kopf drehte sich immer weiter und immer schneller.
Der Sessel half heute nicht. Er verstärkte nur noch das schneidende Gefühl, dass er weit weg von Hogwarts, in einer ganz anderen Welt war. Fast einen Monat, genau 28 Tage würde es noch dauern, bis er dahin zurückkehren konnte und Harrys geheime Angst, die er nicht einmal zu denken wagte, war dass er nie mehr nach Hogwarts konnte. Was, wenn es Hogwarts gar nicht mehr gab? Was, wenn es zerstört worden war und er für immer bei den Dursleys leben musste? Harry drehte sich unruhig im Sessel herum. Das konnte er nicht mal zu Ende denken. Nachts fühlte er sich noch einsamer als tagsüber und die Stunden zum Morgen krochen nur so dahin. Er lauschte auf das ständige Prasseln des Regens und es kam ihm vor, als hätten bereits Tage vergangen sein müssen. Die Zeit kroch vor sich hin in seinem kleinen Zimmer im Ligusterweg Nr.4.
In den frühen Morgenstunden musste er wohl in einen unruhigen Schlaf gefallen sein, denn das leise Klopfen am Fenster ließ ihn aufschrecken. Im Dunkeln tastete er nach seiner Brille, die auf der Armlehne des Sessels lag. Für einen Moment glaubte er geträumt zu haben, aber dann hörte er wieder das Klopfen. Sein Magen zog sich zusammen. Würde er endlich wieder eine Nachricht bekommen? Endlich wieder ein Lebenszeichen aus der magischen Welt?
Auf dem Weg zum Fenster stolperte er vor Aufregung über seine Schuhe und wäre fast hingefallen. Da war wieder das Klopfen. Lauter diesmal und sehr viel ungeduldiger. So klopfte doch keine Eule! Vom Schlaf noch mitgenommen, aber zum Zerreißen gespannt torkelte er auf das Fenster zu. Er spähte hinaus und sah nichts. Nicht nur war es immer noch stockduster, der Regen bildete auch einen dichten Vorhang in der Nacht. Er tastete nach dem Fenstergriff und schob gleichzeitig die Gardine aus dem Weg, um das Fenster zu öffnen, als er plötzlich vor Schreck erstarrte. Zwischen den Gitterstäben erschien eine weiße Hand. Fast wäre er zurückgesprungen als die Hand schon wieder ungeduldig gegen die Scheibe klopfte. In dem Moment sah er noch etwas. Ein Streifen Silber in der Dunkelheit, der das bisschen Mondlicht zu reflektieren schien, das durch die Regenwolken drang.
Harry trat noch näher ans Fenster und strengte seine Augen an. Da draußen war eindeutig jemand und Harry schloss messerscharf, dass natürlich kein Muggel vor seinem Zimmer im ersten Stock in der Luft schweben konnte. Endlich öffnete er das Fenster und gleichzeitig gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Allerdings hätte er um ein Haar das Fenster sofort wieder zugeworfen, als er sah, wen er da vor sich hatte. Natürlich. Harry kannte niemand anderen, der obwohl völlig vom Regen durchweicht mit so viel Haltung und Selbstsicherheit auf seinem Besen sitzen konnte. "Endlich Potter, lass mich rein", fauchte Draco Malfoy.
Überraschenderweise brauchte Harry nur einige Sekunden um sich zu sammeln. Seine Gedanken rasten von "Ich träume" über "Ich verliere den Verstand" zu "Was zum Teufel macht Malfoy vor meinem Fenster?". Das war auch die Frage, die er schließlich stellte, obwohl er sich immer noch nicht sicher war, ob er vielleicht mit einer Einbildung redete. "Was machst du vor meinem Fenster?"
Draco lächelte nur höhnisch. "Du kannst auf jeden Fall sicher sein, dass es nicht die große Sehnsucht nach dir war, die mich hergetrieben hat. Und jetzt lass mich rein. Eine Nacht lang im Regen reicht mir, ohne dass ich noch ein paar Stunden vor deinem Fenster dranhängen muss."
Harry versuchte so schnell zu überlegen, wie es in einem halbwachen Zustand möglich war, wenn man gerade entdeckt hat, dass sein Schulfeind sich nur wenige Zentimeter entfernt befindet. Malfoys Vater war Todesser. Einer der engsten Verbündeten Voldemorts. Draco war also sicher nicht hier, um mit ihm Schach zu spielen. Andererseits konnte ihm hier nichts passieren, wegen des Familienzaubers. Außerdem würde Voldemort doch wohl nicht einen fünfzehnjährigen Jungen schicken, um ihn umzubringen? Vielleicht konnte Malfoy ihm erzählen, was in der magischen Welt vor sich ging. Die Verlockung irgendetwas aus der Zauberwelt und sei es auch sein Erzfeind bei sich zu haben, war größer als die Vorsicht. "Ich kann dich nicht reinlassen Malfoy! Es sind Gitter vor den Fenstern.!"
"Dann mach doch um Merlins Willen die Tür auf. Oder hast du etwa Angst vor mir Potter?"
"Träum weiter. Aber die Tür ist abgeschlossen!"
"Na und? Kannst du ohne Granger nicht einmal die einfachsten Sprüche verwenden?" "Malfoy, wir dürfen außerhalb von Hogwarts nicht zaubern" Harry hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als Malfoy zu erzählen, dass er seinen Zauberstab nicht bei sich hatte. Familienzauber hin oder her, er wollte lieber vorsichtig sein.
"Glaub mir, dieses nutzlose Ministerium hat im Moment andere Sorgen, als einen Minderjährigen der Alohomora benutzt", sagte Malfoy lässig. "Aber gut. Ich habe genug von deinen Ausreden. Ich komme jetzt rein." Damit tauchte Malfoy mit einem eleganten Bogen von seinem Fenster weg.
Einige Augenblicke stand Harry an seinem immer noch weit geöffneten Fenster und spähte verwirrt in die Dunkelheit. Dann schlug er das Fenster zu und tastete an der Wand entlang nach dem Lichtschalter. Er ging zu seiner Zimmertür und lauschte auf Schritte auf der Treppe. Aber er hörte nicht das leiseste Knarren und war überrascht als plötzlich direkt auf der anderen Seite der Tür eine Stimme "Alohomora" flüsterte und das Schloss sich öffnete. Er stolperte ein paar Schritte zurück und stand in der Mitte des Raumes, als Draco Malfoy elegant ins Zimmer glitt und sein abschätziger Blick ihn traf. "Potter. Wie siehst du aus? Arbeitest du hier als Vogelscheuche?"
Harry sah an sich herunter. Da er seine Hogwartskleidung nicht haben durfte, trug er mal wieder Dudleys alte Sachen. Und da Harry abgemagert war, während Dudley seinem Ziel den Schwergewichtsrekord in Europa zu brechen immer näher kam, sahen die Kleidungsstücke an Harry tatsächlich noch unmöglicher aus als früher.
Malfoy hingegen sah perfekt aus. Er musste einen Trockenzauber gewirkt haben, denn seine Kleidung und seine Haare waren nicht mehr nass. Er war ebenfalls gewachsen und seine Haare waren etwas länger geworden. Sie reichten jetzt fast bis auf die Schultern, stellte Harry fest. Malfoy war genauso blass wie er selbst, wobei Harry den ganzen Sommer in einem Zimmer eingesperrt gewesen war. Natürlich war Draco immer blass und jede andere Hautfarbe hätte an ihm unnatürlich gewirkt. Er trug schwere Stiefel, eine schwarze, sehr edel aussehende Hosen, ein silbrig glänzendes langärmeliges Oberteil und einen dunkelgrünen weit fallenden Umhang. Makellos wie eine Zeichnung lehnte er lässig im Türrahmen, seinen schwarzen Nimbus 2001 in der Hand und es hob Harrys Stimmung nicht unbedingt, dass er sich momentan im Gegensatz zu Draco tatsächlich wie eine Vogelscheuche fühlte.
"Du hältst es wohl keinen Sommer mehr aus, ohne mir mit deinen Widerlichkeiten auf die Nerven zu gehen, Malfoy!" Unbeeindruckt machte Draco einen Schritt ins Zimmer hinein. "Glaub mir Potter, ich wäre nicht hier, wenn es sich vermeiden ließe." Er rümpfte die Nase. "Scheußliches Zimmer hast du. Na ja, was soll man von einer Muggelbehausung schon erwarten? Ich kann natürlich verstehen, dass sie dich hier wie einen Geisteskranken halten. Mit Gittern vor den Fenstern. Meine Güte du bist hier ja sicherer eingesperrt, als ein Gefangener in Azkaban."
Harry stöhnte innerlich auf. Jetzt wo Draco gesehen hatte, wie er lebte, konnte er sich sicher sein, dass sich nach den Ferien halb Hogwarts das Maul darüber zerriss. Zumindest die Slytherins. Er kramte in seinen Gedanken fieberhaft nach einer passenden Beleidigung. Plötzlich hellte sich seine Mine auf. "Wie ich sehe, bist du unsere hübschen Flüche wieder losgeworden. Schade. Sie standen dir recht gut. Im Großen und Ganzen sahst du mit ihnen besser aus. Sie haben dein hässliches Grinsen ein wenig überdeckt."
Draco zuckte zu Harrys Freude zurück und verzog das Gesicht, fast als befürchte er noch einmal von Harry verhext zu werden. Für Malfoy, der einen extrem großen Wert auf sein Aussehen legte musste die Verzauberung im Hogwarts-Express eine sehr schlimme Erfahrung gewesen sein. Seine eigene Bemerkung erinnerte Harry daran, dass er unbedingt schnell an seinen Zauberstab gelangen musste, bevor Draco merkte, dass er keinen hatte. "Hör auf Potter" zischte Draco "Um mir deine unqualifizierten Kommentare anzuhören bin ich nicht hergekommen."
"So, weswegen denn?" fragte Harry, nun wirklich neugierig, während er immer noch überlegte, wie er unauffällig an seinen Zauberstab kommen konnte. Er musste vorsichtig sein. "Ich brauche ein paar wichtige Informationen von dir." Draco lehnte seinen Nimbus gegen die Wand.
"So? Na gut. Aber bevor ich mir anhöre, was das für Informationen sein sollen, muss ich etwas essen. Ich verhungere." Eigentlich hatte das nur ein Vorwand sein sollen, um nach unten gehen und seinen Zauberstab holen zu können, aber in dem Moment in dem er es sagte, merkte Harry, dass es die Wahrheit war. Tante Petunia hatte ihn heute mal wieder vergessen und obwohl er den ganzen Tag noch nicht mal Appetit gehabt hatte, fühlte er sich jetzt plötzlich als habe er ein riesiges Loch im Bauch.
Malfoy sah ihn wieder abschätzig an. "Du siehst aus, wie ein Skelett, Potter" dann verschwand er mit einer einzigen fließenden Bewegung aus der Zimmertür. Harry lief hinterher. Eigentlich hatte er Draco vor der knarrenden Treppe warnen wollen. Schließlich durften sie die Dursleys, die am anderen Ede des Korridors schliefen, nicht aufwecken. Aber Draco bewegte sich von Natur aus leise wie eine Katze. Harry beobachtete fasziniert, wie er mühelos die Treppe herunter lief und mit seinen Stiefeln weniger Krach machte, als Harry der barfuß war und die knarrenden Stellen der Treppe auswendig kannte.
Schnell ging er an Draco vorbei, der am Fuß der Treppe stehen geblieben war und schob den Riegel des Schranks unter der Treppe zurück. Aus alter Gewohnheit fand seine Hand sofort die kleine Schnur, mit der man das Licht anknipste. Augenblicklich spürte er den Drang zurückzuweichen. Sein ständiger erzwungener Aufenthalt in dem kleinen Schrank früher, hatte bewirkt, dass Harry enge Räume verabscheute. Aber sein Blick fiel auf seine Hogwartssachen und er entspannte sich. Liebevoll strich er über seinen Kessel und seine Bücher. Dann fanden seine Finger so mühelos den Zauberstab, als würden seine Hand und der schlanke Weidenstock zusammengehören. Erleichtert streichelte er über das so vertraute glatte Material und fühlte sich augenblicklich wohler als seit mehreren Wochen.
"Was ist da drinnen?" fragte Malfoy neugierig und drängte sich neben ihn. "Warte mal Potter! Sag bloß das ist dieser Schrank, in dem sie dich als Kind gehalten haben. Kein Wunder, dass du nicht ganz richtig im Kopf bist. Der ist ja tatsächlich winziger, als die Quartiere für die Hauselfen bei mir zu Hause. Ich habe gedacht die übertreiben mal wieder maßlos, als ich das in der Hexenwoche gelesen habe."
"Du liest die Hexenwoche? Also ehrlich Malfoy, ich dachte, das sei sogar unter deinem Niveau." Harry war ernsthaft überrascht.
"Jaja, der Artikel lag zufällig irgendwo rum und da es um Wonderboy ging." Malfoy brach ab. Harry war überrascht, dass er tatsächlich versucht hatte sich zu verteidigen. Er grinste in sich hinein. " Hör mal Malfoy" sagte er. "Ich muss jetzt unbedingt etwas essen. Also nimm bitte deine Nase aus meinem Schrank."
Er ging voraus ins Wohnzimmer und knipste das Licht an. Draco war direkt hinter ihm. Harry fiel auf, dass er vorsichtig darauf bedacht war nichts zu berühren, was nicht unbedingt notwendig war. So weit ging also seine Abneigung gegen Muggel. Vor dem Kamin blieb Draco stehen und betrachtete die Fotos. "Warum bewegen die sich nicht? Und wer ist dieses Nilpferd auf den meisten Bildern?" Draco verzog angewidert die Nase.
"Das sind Muggelbilder. Die können sich nicht bewegen. Und das Nilpferd ist mein Cousin Dudley."
Draco riss die Augen auf und sah ihn ungläubig an. "Das glaube ich nicht. Er sieht dir kein bisschen ähnlich."
Harry grinste. Das war wahrscheinlich das einem Kompliment ähnlichste, was er jemals von Draco bekommen würde. Das hatte der natürlich auch in dem Moment bemerkt, denn er fuhr schnell fort, Harrys Verwandte zu beleidigen. "Ich glaube, das ist die hässlichste Ahnengalerie, die ich je gesehen habe. Die da hat einen Hals wie ein Peruanischer Viperzahn." Als er jedoch mit einem kleinen Seitenblick bemerkte, dass er Harry mit seinen Bemerkungen keineswegs traf, sondern dieser stattdessen amüsiert lächelte, drehte er sich von den Fotos weg. "Na ja, die Weasleys stehen diesen Gesichtsbaracken in nichts nach." Harry knurrte. Endlich hatte es Draco doch noch geschafft, ihn wütend zu machen. "Bloß kein Neid. Es kann schließlich nicht jeder eine Ahnenreihe haben, in der jeder aussieht, wie ein Albino-Kaninchen."
"Wir sind keine Albinos" fauchte Draco und trat zwei Schritte auf Harry zu. "Oder habe ich etwa rote Augen?" (Nein, zumindest im Moment hatte er hellgrau funkelnde Augen aus denen silberne Blitze zuckten) "Und außerdem: lieber silberne Haare als rote." Hocherhobenen Hauptes stolzierte er an Harry vorbei in die Küche. Harry folgte ihm immer noch wütend und öffnete den Kühlschrank.
"Ein Kühlungs-Zauber, Potter?" Ich denke, du hältst dich so streng an die Zauberregeln." "Das ist kein Zauber, sondern Elektrizität. Eine Muggel-Sache." Draco runzelte die Stirn. Es war klar, dass er ihm kein Wort glaubte.
Seit Dudley seine Diät erfolglos abgebrochen hatte, war der Kühlschrank wieder gut gefüllt. Harry nahm sich ein Sandwich und überlegte einen Moment, ob er Draco auch etwas anbieten sollte. Schließlich siegte seine Höflichkeit. "Willst du auch was Malfoy?"
Draco starrte ihn an, als wollte Harry ihn vergiften. "Auf keinen Fall" sagte er. Harry ärgerte sich sofort, dass er gefragt hatte. Sorgfältig beseitigte er alles, was darauf hindeuten konnte, dass er aus seinem Zimmer herausgekommen war und knipste das Licht hinter sich und Draco aus.
Wieder zurück in Harrys Zimmer ließ sich Draco sofort in Harrys Lieblingssessel nieder. Harry setzte sich mit seinem Sandwich aufs Bett. "Also, jetzt rede endlich Malfoy. Wer hat dich hergeschickt und was willst du? Wie bist du überhaupt hergekommen?"
Die ganze Zeit hatte Harry überlegt, ob er Draco fragen sollte, was in der magischen Welt vorging. Es gab zwei Gründe, aus denen er das noch nicht getan hatte. Erstens war er sich nicht sicher, ob es gut war, wenn Draco wusste, wie sehr er von der Außenwelt abgeschnitten war. Vielleicht würde er dieses Wissen gegen Harry verwenden. Und zweitens wusste er nicht, ob gerade Draco so ein guter Informant war. Immerhin stand er auf der anderen Seite und wer konnte wissen, wie verzerrt er die Ereignisse wiedergeben würde?
"Keiner hat mich hergeschickt, eigentlich wollte ich dir Fragen stellen und natürlich bin ich mit meinem Besen hergeflogen. Und jetzt ."
Mit einer einzigen Bewegung stand Draco plötzlich über ihm wie ein Rachegott. Seine Beherrschtheit war von ihm abgefallen und sein Gesicht war wutverzerrt. Sein Zauberstab bohrte sich schmerzhaft in Harrys Hals. Harry schnappte nach Luft und ließ sein Sandwich fallen. Er war zu überrascht, um erschrocken zu sein. Malfoy hatte ihn völlig überrumpelt. "Jetzt will ich von dir wissen, was wirklich passiert ist. Ich habe genug von irgendwelchen Halbwahrheiten und Spekulationen. Sag schon, was ist genau passiert? Immerhin warst du da!"
"Wovon redest du?" keuchte Harry. Draco griff in seine Haare und bog seinen Kopf nach oben, so dass Harry ihn ansehen musste. Der Zauberstab drückte noch fester gegen seinen Hals. Dracos Augen blitzten. Sein ganzer Körper war angespannt und es war klar, dass er alles tun würde, um die Informationen, die er wollte aus Harry herauszubekommen. "Du weißt wovon ich spreche! Was ist nach dem Trimagischen Wettbewerb passiert? Und versuch nicht mich anzulügen. Rede!"
Harry schnappte nach Luft. Er hatte Draco Malfoy noch nie so fest entschlossen gesehen und obwohl er sich in einer schlimmen Lage befand und allen Grund hatte Draco dafür zu hassen, empfand er zum ersten Mal so etwas wie Achtung vor ihm.
"Draco, bist du etwa bis hierher geflogen, nur um zu wissen was passiert ist? Das hättest du nicht tun müssen. Schließlich hättest du einfach deinen Vater fragen können." Komischerweise kam ihm das in dem Moment in dem er es gesagt hatte sehr grausam vor. Obwohl er keinen Grund dazu hatte. Draco hatte niemals irgendwelche Tabus oder Schmerzgrenzen gehabt, die er nicht überschritten hatte. Er hatte Rons Familie beleidigt, Hermiones Abstammung, Harrys Existenz und alles was ihm wichtig war. Aber es war ja nicht nötig, ebenfalls auf dieses Niveau abzusinken. Draco jedoch schien sich nur noch ein wenig mehr anzuspannen, wenn das möglich war. "Also war mein Vater da? Und? Was ist genau passiert?"
Harry gab einen seltsam verzweifelten Laut von sich. Er wusste, dass Draco nicht locker lassen würde, aber es tat weh sich zu erinnern. Es tat weh. Am liebsten wollte er diese Nacht einfach aus seinem Gedächtnis verbannen. Sich zurück zu erinnern war, als würde ein vergifteter Pfeil in sein Gehirn eindringen. Es hatte so lange gedauert, das alles an einen Platz in seinem Gehirn zu verdrängen, an dem es nicht ganz so sehr schmerzte. "Malfoy, bitte nicht." stöhnte er.
"Doch, ich muss es wissen!" Nur dass er in Dracos Augen seinen eigenen Schmerz reflektiert sah, ließ ihn überhaupt nachdenken. Er krümmte sich zusammen. Draco ließ seine Haare los und legte ihm die Hand in den Nacken. Seine unmöglichen silbernen Augen sahen ihn hypnotisierend an. Harry schluckte hart. "Dein Vater war da. Er hat Voldemort die Treue geschworen." ächzte er. "Er hat beschworen, dass er immer bereit war für ihn. Immer auf sein Zeichen gewartet hat, dass er versucht hat, ihn zu finden" Harry fühlte sich als sei ihm die Luft abgeschnürt. Er rang nach Atem. Der Stab bohrte sich schmerzhaft in seine Kehle. "Das kann nicht alles gewesen sein. Denk nach!" befahl Draco.
Harry konnte sich an nichts weiter erinnern. Alles schien schwarz. Und doch, da war noch etwas gewesen. Voldemort hatte noch etwas zu Lucius Malfoy gesagt. was war es gewesen? "Ich kann nicht ." Aber plötzlich war es wieder da. "Und doch bist du von meinem Zeichen geflohen. Ich erwarte das nächste Mal treuere Ergebenheit. Das hat Voldemort zu deinem Vater gesagt." Draco wich sofort von Harry zurück. Harry fasste mit einer Hand an seinen Hals und strich über die Stelle, an der der Zauberstab gewesen war. Draco stand sehr gesammelt über ihm und sah auf ihn herab. Aber er schien durch ihn hindurch zu sehen. Plötzlich schossen alle möglichen Gedanken auf Harry ein. Warum war Draco hier, wenn nicht um ihm weh zu tun? Warum wollte Draco unbedingt wissen, was passiert war? Und warum hatte er sich nie gefragt, warum Lucius Malfoy, der vermeintlich treuste Diener Voldemorts das dunkle Zeichen geflohen war.
Natürlich hatte Bill damals erklärt, dass die Todesser, mehr Angst hatten, als alle anderen. Dass sie Lügen erzählt hatten, um nicht nach Azkaban zu kommen, aber konnten sie dann wirklich so treue Diener Voldemorts sein? Hatte Lucius Malfoy sich wirklich vor der Rückkehr seines Meisters gefürchtet? Harry sah erstaunt zu Draco auf. "Sag mir jetzt warum du hier bist Draco Malfoy!"
"Es geht dich nichts an Potter, aber wenn du es unbedingt wissen musst: Mein Vater hat sich seltsam verändert und ich wollte wissen, was geschehen war." Harry wunderte sich, dass es tatsächlich jemanden gab, der sich um Lucius Malfoy sorgte. Aber immerhin war er Dracos Vater. Harry wusste, dass er, wenn er die Chance gehabt hätte, alles für seine Eltern getan hätte. Vielleicht konnte er Draco zum ersten Mal ein bisschen verstehen.
"Malfoy. Was ist inzwischen passiert?" Er versuchte seine Nervosität zu verbergen und sah angestrengt an Draco vorbei. "Herrscht Krieg?"
Draco ließ sich zurück in den Sessel fallen. Komischerweise antwortete er Harry bereitwillig. "An manchen Stellen sind Kämpfe ausgebrochen, aber noch kein endgültiger Krieg. Nein. Keiner weiß. Was passieren wird. Aber wahrscheinlich wird es Krieg geben."
Der Boden unter Harrys Füßen sank weg. Er fühlte sich, als würde er fallen. Einen Moment lang wollte er Draco anflehen, das zurück zu nehmen und zu gehen, als sei das alles nie passiert, als könne er es dadurch rückgängig machen.
"Es gab noch keine weiteren Toten soweit ich weiß. Nur ein paar Verletzte", murmelte Draco. Harry war so weiß, wie eine Wand. Er wollte sich auf Draco stürzen und ihn erwürgen, dafür, dass Draco das alles gewollt hatte, dass es ihn vielleicht sogar freute. Aber er fühlte sich zu schwach. Er hatte das Gefühl seine Knie würden unter ihm nachgeben, wenn er aufstünde. "Das findest du also gut, ja? Das ist so. so krank."
"Du verstehst überhaupt nichts", fauchte Draco. Harry hatte eine von seinen üblichen Serien von Beleidigungen erwartet. Aber Draco sah plötzlich sehr erschöpft aus. "Ich muss mich ausruhen Potter. Ich muss los, wenn es dunkel wird und so schaffe ich den Rückflug nicht." "Dann ruh dich aus", sagte Harry überrascht "Ich werde dich bestimmt nicht davon abhalten." "Nein. Du würdest dir niemals einen Vorteil daraus verschaffen, dass dein Feind schläft." Das war eine Feststellung, aber Draco schaffte es den Satz wie eine Beleidigung klingen zu lassen. "Natürlich nicht. Das wäre feige" zischte Harry "Und schließlich hat mich der Sprechende Hut nicht nach Slytherin gesteckt."
Draco schoss aus seinem Sessel hoch und stand wieder drohend über ihm. "Aha. Und wenn du Voldemort schlafend erwischen würdest und die Chance hättest, ihn zu vernichten, würdest du es dann nicht tun? Und wenn du es nicht tun würdest, könntet du dir das jemals verzeihen?"
Harry schnappte nach Luft. Er konnte diese Frage nicht beantworten. Warum fragte das ausgerechnet Draco? Und warum jetzt? Aber insgeheim wusste er die Antwort. "Ich weiß nicht was ich tun würde", murmelte Harry und sah auf den Boden. "Ich weiß wirklich nicht." Draco schüttelte den Kopf und sah noch einen Moment auf ihn herab. Dann setzte er sich wieder in den Sessel und begann seine Stiefel aufzuschnüren. "Drachenleder?" fragte Harry. Draco sah erstaunt auf. "Ja. Woher weißt du das denn? Du hast doch einen Sinn für Kleidung wie der Riesen Tintenfisch." Ausnahmsweise musste Harry Draco Recht geben. "Rons Bruder Bill hatte solche Stiefel." erklärte er. "So?" Draco zog nur erstaunt eine Augenbraue hoch. "Hat er in der Zauberlotterie gewonnen, oder ein Bankfach bei Gringotts ausgeräumt?" Harry holte gerade Luft, um zu antworten, sparte sich dann aber die Mühe. Was für einen Sinn machte es, sich vor Draco zu verteidigen? Er hörte sowieso nie zu.
Draco lehnte sich in den Sessel zurück und streckte seine langen Beine über die Lehne. Offensichtlich wollte er sich dort ausruhen. Harry betrachtete seine perfekten schlanken Füße, die jetzt nackt waren und seine eleganten feingliedrigen Hände, die den Umhang fester um seinen Körper zogen. Mit der linken hielt er seinen Zauberstab. Harry fragte sich, ob Draco Malfoy es tatsächlich wagen würde in diesem Zimmer, mit Harry nur zwei Schritten von ihm entfernt einzuschlafen.
Zwei Minuten später war seine Frage beantwortet, denn Draco lag mit geschlossenen Augen, ruhig atmend und offensichtlich schlafend in Harrys Lieblingssessel. Harry konnte enkleines Lächeln nicht zurückhalten. Komisch, wie jung Draco schlafend aussah. So schutzlos. Sein Gesicht war entspannt und frei von dem hämischen Grinsen, das Harry schon so gewohnt war. Um ehrlich zu sein sah er fast. hübsch aus. Mit diesen feinen silbrigen Haaren, die sein Gesicht umschlossen und seiner fast unnatürlich blassen Hautfarbe. Tatsächlich war er so blass, dass er fast zu leuchten schien. Plötzlich schoss die Frage durch Harrys Kopf, ob diese perfekte eisfarbene Haut an einer bestimmten Stelle an Dracos Unterarm befleckt worden war. Er schluckte. Die Vorstellung, dass Dracos Haut das dunkle Zeichen tragen sollte, schien ihm plötzlich unerträglich. Er musste es wissen. Jetzt war seine Chance nachzusehen, Draco schlief fest, er würde sicher nichts bemerken.
Harry erhob sich so leise wie möglich. Sofort schlug Draco die Augen auf und umklammerte seinen Zauberstab fester. Er war also doch nicht so schutzlos, wie Harry angenommen hatte. "Ich wollte nur." murmelte Harry und hob sein Sandwich auf. Draco lehnte sich zurück in den Sessel und schloss die Augen wieder. "Gute Reflexe" dachte Harry, als er sich wieder aufs Bett setzte. Er blickte kurz aus dem Fenster. Es dämmerte bereits. Dann wanderte sein Blick wieder zu der schmalen Figur im Sessel Seltsamerweise war es beruhigend Draco schlafen zu sehen. Seine schönen Hände sahen auf dem dunklen Stoff des Sessels so zerbrechlich aus, sein Atem ging so ruhig und Harry stellte fest, dass er selbst auch schläfrig wurde. Komisch. Seit Wochen hatte er Schwierigkeiten gehabt einzuschlafen, hatte sich sogar davor gefürchtet und jetzt, wo einer seiner größten Feinde direkt vor ihm saß, sehnte er sich plötzlich danach, sich auf dem Bett zusammenzurollen und einzuschlafen. "Du darfst nicht." sagte er zu sich selbst. "Nicht vor Malfoy. Du musst wach bleiben, du musst."
Inhalt Kapitel 1: Harry ist wieder zurück im Ligusterweg. Er weiß nicht, was seit den Ereignissen im letzten Schuljahr in der magischen Welt vor sich geht und macht sich große Sorgen. Da taucht plötzlich ein unerwarteter Besucher auf.
Feedback: natascha.schmidt@web.de Ich freue mich über jedes feedback! Altersbeschränkung: PG-13 (könnte später höher werden) Disclaimer: Nichts hier gehört mir. Alle Charaktere sind Erfindungen J.K. Rowlings. Kategorie: Abenteuer, Liebe, später Slash Betaleserin: Jacey
Ein unerwarteter Besucher
Harry Potter hatte die Sommerferien schon immer gehasst, aber so schlimm wie dieses Jahr waren sie noch nie gewesen. Dafür gab es verschiedene Gründe. Die Dursleys hatten schon mehrfach glaubhaft bewiesen, dass sie nicht zur intellektuellen Oberschicht der Gesellschaft gehörten, aber dennoch hatten sie mittlerweile geschlossen, dass es einen Grund geben musste, warum Harry jeden Sommer bei ihnen verbrachte, obwohl er offensichtlich zahlreiche Freunde in der magischen Welt hatte. Zwar wussten sie nichts von dem Familienzauber, durch den Harry bei ihnen und nur bei ihnen - da sie der letzte Rest seiner Familie waren - völlig in Sicherheit war, aber sie vermuteten so etwas Ähnliches. Darum nützte es Harry nichts mehr mit seinem Paten Sirius Black zu drohen. Onkel Vernon erklärte ihm daraufhin nur mit einem bösartigen Lächeln, dass es ihm jederzeit frei stünde zu gehen und bei seinem berüchtigten Mörder von einem Paten zu leben. Das hätte Harry auch gerne getan, wenn ihm nicht Dumbledore klar gemacht hätte, wie wichtig es für die ganze magische Welt war, dass Harry gerade in diesem Sommer in Sicherheit war.
Onkel Vernon hatte darauf bestanden, dass er die Bedingungen festlegen konnte unter denen Harry den Sommer bei ihnen verbringen durfte. So kam es, dass Harry in Dudleys ehemaligem zweiten Zimmer eingeschlossen war, das während Harrys Abwesenheit als Gästezimmer diente und ein winziges Badezimmer hatte. Auch zu den Mahlzeiten durfte er nicht herauskommen. Stattdessen brachte ihm Tante Petunia ab und zu etwas zu essen herauf. Öfter vergaß sie es jedoch, weshalb Harry ziemlich abgemagert war. Zusätzlich war er in diesem Sommer noch ein ganzes Stück gewachsen, weswegen er jetzt praktisch nur noch aus Haut und Knochen bestand. Ganz im Gegensatz übrigens zu seinem Cousin Dudley, der inzwischen die Ausmaße eines kleinen Planeten erreicht hatte und sicherlich bald eine eigene Umlaufbahn erhalten würde. Tante Petunia hatte in ihrer Weisheit seine Diät, zu der sie sich im letzten Jahr durchgerungen hatte, abgebrochen, mit den Worten sie könne ihren Goldjungen nicht leiden sehen und solche dürren Gespenster, wie beispielsweise Harry, habe sie sowieso noch nie ausstehen können. Dudley hatte seinen Rückstand vom letzten Sommer schnell aufgeholt und konnte jetzt froh sein, wenn er noch seitwärts durch die Türen passte.
Onkel Vernon hatte deutlich gemacht, dass Harry seinen magischen Krimskrams auf keinen Fall in seinem Zimmer haben durfte. Und so war alles was mit Hogwarts auch nur im Entferntesten etwas zu tun hatte im Schrank unter der Treppe eingeschlossen worden: Harrys Schulbücher, sein Kessel, seine Schulroben und Schulkeidung und leider auch sein Zauberstab, ohne den sich Harry völlig schutzlos fühlte. Auch wenn er sowieso nicht außerhalb Hogwarts zaubern durfte, war es doch ein beruhigendes Gefühl, den Stab mit der Phönixfeder an seiner Seite zu wissen. Außerdem hatte er so keine Möglichkeit abzuhauen, selbst wenn er vorgehabt hätte, sich dem Rat seines verehrten Schulleiters zu widersetzen. Denn Onkel Vernon hatte die Gitterstäbe vor den Fenstern, die Ron, Fred und George Weasley vor zwei Jahren zerstört hatten durch Stärkere ersetzt und vor der Zimmertür ein enorm großes Schloss angebracht, das zwar einem Alohomora-Zauber nichts entgegenzusetzen gehabt hätte, das Harry aber in seinem momentanen Zustand niemals ohne die Hilfe seines Zauberstabes aufbekommen hätte.
Hedwig befand sich in Rons Obhut, wo es ihr wahrscheinlich besser erging als in den Sommern zuvor im Ligusterweg. Harry vermisste sie wie verrückt. Er hing sehr an ihr und in all den Sommern zuvor war sie sein Beweis gewesen, dass er sich die magische Welt nicht nur einbildete und dass er nach den Sommerferien wirklich wieder nach Hogwarts zurückkehren konnte. Noch mehr vermisste er allerdings Ron. Harry hätte alles dafür gegeben, sein freundliches sommersprossiges Gesicht vor sich zu haben, damit Ron ihm sagen konnte, dass alles in Ordnung, war, dass alle die Harry kannte und liebte in Sicherheit waren und es ihnen gut ging,
Aber Harry war sich gar nicht sicher, ob Ron ihm alle diese Dinge versichern konnte. Und das war der eigentliche Grund, aus dem es Harry schlecht ging. Bei Merlin, er war es gewohnt von den Dursleys miserabel behandelt zu werden. Früher hatte er in einem Schrank gelebt. Dagegen war dieses Zimmer sogar eine Verbesserung!
Das eigentlich schlimme war, dass er nicht wusste, was in der Welt, in die er wirklich gehörte, vor sich ging. Er wusste nicht, ob Voldemort tatsächlich seine Macht zurück gewonnen hatte, ob Krieg ausgebrochen war, ob sogar noch jemand gestorben war nach. nach. (Oh es tat so weh daran zu denken) nach Cedric.
Und das trieb Harry in den Wahnsinn. Es war unerträglich hier im Ligusterweg eingesperrt zu sein und nicht zu wissen was passierte. Noch nie hatte er sich so machtlos gefühlt. Mit jedem Tag, an dem er keine Nachricht von seinen Freunden erhielt, fühlte er sich schlechter. Wenn dann endlich das heiß ersehnte Klopfen eines Schnabels am Fenster zu hören war und Harry mit zitternden Fingern die Nachricht entgegengenommen und aufgerollt hatte, waren es immer nur kurze nichts sagende Mitteilungen. Es war als hätte sich die gesamte Zauberwelt verschworen ihm nichts zu schreiben, das ihn beunruhigen oder ängstigen könnte. Rons letzter Brief hatte aus zwei Sätzen bestanden:
Hallo Harry
Uns geht es gut, mach dir keine Sorgen. Vielen Dank, dass du mir den Feuerblitz ausgeliehen hast.
Dein Ron.
Harry wusste genau, dass Ron einen längeren Brief geschrieben hätte, wenn wirklich alles in Ordnung gewesen wäre. Es war jetzt zehn Tage her, seit der Brief angekommen war. Beim Gedanken daran, was in zehn Tagen alles passieren konnte, drehte sich Harry der Magen um. Jeden Tag seit dieser letzten Nachricht hatte er am Fenster gestanden, in den Himmel gestarrt und nach dem kleinen schwarzen Punkt Ausschau gehalten, der eine herannahende Eule ankündigte. Pigwidgeon war die einzige Eule, die durch die Gitterstäbe passte. Die anderen mussten draußen sitzen bleiben und warten bis Harry in fliegender Hast eine Antwort geschrieben hatte. Er musste sich beeilen, da Onkel Vernons Hass auf Eulen, der vor vier Jahren entstanden war, sich mittlerweile so weit entwickelt hatte, dass er mit seiner Schrotflinte auf die armen Vögel schoss, wenn er sie in seinem Garten entdeckte. Zum Glück war er ein so schlechter Schütze, dass er nie auch nur annähernd traf.
Ron hatte auch einmal Hedwig mit einer Nachricht geschickt und es hatte Harry besonders leid getan, dass sie draußen sitzen bleiben musste. Nur Pigwidgeon konnte in sein Zimmer kommen und die kleine Eule flatterte jedes Mal glücklich durch den Raum, setzte sich dann auf Harrys Schulter und kuschelte sich voller Zuneigung an seine Wange. Sie veranstaltete nicht mal ihr übliches Tohuwabohu, als wüsste sie, dass Harry dadurch in Schwierigkeiten kommen könnte Es war unwahrscheinlich tröstlich Rons kleinen Steinkauz bei sich zu haben. Als Harry sie mit aufmunternden Worten aus seinem Fenster herausließ und Pigwidgeon voller Tatendrang mit einer Nachricht an Ron davonflog fühlte er sich noch einsamer und hilfloser als vorher.
Seit Anfang der Sommerferien fühlte er einen leisen pochenden Schmerz hinter der Stirn, an der Stelle an der sich seine Narbe befand. Er hatte sich mittlerweile so sehr daran gewöhnt, dass er sich kaum noch vorstellen konnte, wie es war, ohne diesen Schmerz zu leben.
Draußen regnete es in Strömen und es wurde langsam dunkel. Wieder ein Tag ohne Nachricht. Harry fürchtete sich vor der Nacht. Nachts kamen alle Bilder und Erinnerungen auf ihn eingestürzt, die er tagsüber mit einigem Erfolg verdrängen konnte. Wenn er mit offenen Augen im Bett lag, starrten ihn schmerzverzerrte Grimassen aus der Dunkelheit an. Wenn er die Augen schloss, spielten sich furchtbare Szenen hinter seinen Lidern ab, aber am schlimmsten war es, wenn er einschlief. Jedes Mal wachte er mit klopfendem Herzen und oft schweißgebadet auf, ohne sich jedoch daran zu erinnern, was er geträumt hatte. Er hatte schon sehr lange keinen erholsamen Schlaf mehr gehabt und so kam es, dass er heute sehr müde war. Einschlafen konnte er trotzdem nicht und da es nichts Schlimmeres gab, als schlaflos im Bett zu liegen, rollte er sich in dem großen Sessel zusammen, dem einzigen Möbelstück im Zimmer, das ihm gefiel. Seit Dudleys abgelegte Spielsachen in den Dachboden verbannt worden waren, war das Zimmer so aufgeräumt, dass es fast steril wirkte. Tante Petunias Vorstellung einer perfekten Wohnung war, dass alles einen festen Platz hatte und nirgends auch nur die leiseste Andeutung von Unordnung herrschte. Während das harte Bett mit seiner dünnen Decke wenig einladend wirkte, war der Sessel das einzige gemütliche Möbel im Zimmer. Er erinnerte Harry an die großen weichen Ohrensessel im Gemeinschaftsraum von Gryffindor vor dem Kamin und manchmal, wenn er die Augen schloss und sich in den Sessel zurücklehnte konnte er sich fast vorstellen dort zu sein. Mit Hermione und Ron in der Nähe und Dumbledore nur ein paar Korridore entfernt.
Heute wollte diese beruhigende Einbildung jedoch nicht aufkommen. Er hatte so sehr gehofft, heute Nachricht von Ron zu bekommen, oder von Sirius. Hermione hatte natürlich selten eine Eule zur Verfügung und alle Briefe auf dem normalen Postweg hatte sicher Onkel Vernon abgefangen. Von Hagrid hatte er in diesen Ferien noch gar nichts gehört. Noch nicht einmal zu seinem Geburtstag hatte er eine Karte bekommen. Hagrid hätte ihn sicher niemals vergessen und Harry hoffte dass das nur bedeutete, dass er auf seiner Mission sehr viel zu tun hatte. Und wo war Sirius jetzt und Professor Lupin? Das Karussell von Sorgen und schlechten Gedanken in seinem Kopf drehte sich immer weiter und immer schneller.
Der Sessel half heute nicht. Er verstärkte nur noch das schneidende Gefühl, dass er weit weg von Hogwarts, in einer ganz anderen Welt war. Fast einen Monat, genau 28 Tage würde es noch dauern, bis er dahin zurückkehren konnte und Harrys geheime Angst, die er nicht einmal zu denken wagte, war dass er nie mehr nach Hogwarts konnte. Was, wenn es Hogwarts gar nicht mehr gab? Was, wenn es zerstört worden war und er für immer bei den Dursleys leben musste? Harry drehte sich unruhig im Sessel herum. Das konnte er nicht mal zu Ende denken. Nachts fühlte er sich noch einsamer als tagsüber und die Stunden zum Morgen krochen nur so dahin. Er lauschte auf das ständige Prasseln des Regens und es kam ihm vor, als hätten bereits Tage vergangen sein müssen. Die Zeit kroch vor sich hin in seinem kleinen Zimmer im Ligusterweg Nr.4.
In den frühen Morgenstunden musste er wohl in einen unruhigen Schlaf gefallen sein, denn das leise Klopfen am Fenster ließ ihn aufschrecken. Im Dunkeln tastete er nach seiner Brille, die auf der Armlehne des Sessels lag. Für einen Moment glaubte er geträumt zu haben, aber dann hörte er wieder das Klopfen. Sein Magen zog sich zusammen. Würde er endlich wieder eine Nachricht bekommen? Endlich wieder ein Lebenszeichen aus der magischen Welt?
Auf dem Weg zum Fenster stolperte er vor Aufregung über seine Schuhe und wäre fast hingefallen. Da war wieder das Klopfen. Lauter diesmal und sehr viel ungeduldiger. So klopfte doch keine Eule! Vom Schlaf noch mitgenommen, aber zum Zerreißen gespannt torkelte er auf das Fenster zu. Er spähte hinaus und sah nichts. Nicht nur war es immer noch stockduster, der Regen bildete auch einen dichten Vorhang in der Nacht. Er tastete nach dem Fenstergriff und schob gleichzeitig die Gardine aus dem Weg, um das Fenster zu öffnen, als er plötzlich vor Schreck erstarrte. Zwischen den Gitterstäben erschien eine weiße Hand. Fast wäre er zurückgesprungen als die Hand schon wieder ungeduldig gegen die Scheibe klopfte. In dem Moment sah er noch etwas. Ein Streifen Silber in der Dunkelheit, der das bisschen Mondlicht zu reflektieren schien, das durch die Regenwolken drang.
Harry trat noch näher ans Fenster und strengte seine Augen an. Da draußen war eindeutig jemand und Harry schloss messerscharf, dass natürlich kein Muggel vor seinem Zimmer im ersten Stock in der Luft schweben konnte. Endlich öffnete er das Fenster und gleichzeitig gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Allerdings hätte er um ein Haar das Fenster sofort wieder zugeworfen, als er sah, wen er da vor sich hatte. Natürlich. Harry kannte niemand anderen, der obwohl völlig vom Regen durchweicht mit so viel Haltung und Selbstsicherheit auf seinem Besen sitzen konnte. "Endlich Potter, lass mich rein", fauchte Draco Malfoy.
Überraschenderweise brauchte Harry nur einige Sekunden um sich zu sammeln. Seine Gedanken rasten von "Ich träume" über "Ich verliere den Verstand" zu "Was zum Teufel macht Malfoy vor meinem Fenster?". Das war auch die Frage, die er schließlich stellte, obwohl er sich immer noch nicht sicher war, ob er vielleicht mit einer Einbildung redete. "Was machst du vor meinem Fenster?"
Draco lächelte nur höhnisch. "Du kannst auf jeden Fall sicher sein, dass es nicht die große Sehnsucht nach dir war, die mich hergetrieben hat. Und jetzt lass mich rein. Eine Nacht lang im Regen reicht mir, ohne dass ich noch ein paar Stunden vor deinem Fenster dranhängen muss."
Harry versuchte so schnell zu überlegen, wie es in einem halbwachen Zustand möglich war, wenn man gerade entdeckt hat, dass sein Schulfeind sich nur wenige Zentimeter entfernt befindet. Malfoys Vater war Todesser. Einer der engsten Verbündeten Voldemorts. Draco war also sicher nicht hier, um mit ihm Schach zu spielen. Andererseits konnte ihm hier nichts passieren, wegen des Familienzaubers. Außerdem würde Voldemort doch wohl nicht einen fünfzehnjährigen Jungen schicken, um ihn umzubringen? Vielleicht konnte Malfoy ihm erzählen, was in der magischen Welt vor sich ging. Die Verlockung irgendetwas aus der Zauberwelt und sei es auch sein Erzfeind bei sich zu haben, war größer als die Vorsicht. "Ich kann dich nicht reinlassen Malfoy! Es sind Gitter vor den Fenstern.!"
"Dann mach doch um Merlins Willen die Tür auf. Oder hast du etwa Angst vor mir Potter?"
"Träum weiter. Aber die Tür ist abgeschlossen!"
"Na und? Kannst du ohne Granger nicht einmal die einfachsten Sprüche verwenden?" "Malfoy, wir dürfen außerhalb von Hogwarts nicht zaubern" Harry hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als Malfoy zu erzählen, dass er seinen Zauberstab nicht bei sich hatte. Familienzauber hin oder her, er wollte lieber vorsichtig sein.
"Glaub mir, dieses nutzlose Ministerium hat im Moment andere Sorgen, als einen Minderjährigen der Alohomora benutzt", sagte Malfoy lässig. "Aber gut. Ich habe genug von deinen Ausreden. Ich komme jetzt rein." Damit tauchte Malfoy mit einem eleganten Bogen von seinem Fenster weg.
Einige Augenblicke stand Harry an seinem immer noch weit geöffneten Fenster und spähte verwirrt in die Dunkelheit. Dann schlug er das Fenster zu und tastete an der Wand entlang nach dem Lichtschalter. Er ging zu seiner Zimmertür und lauschte auf Schritte auf der Treppe. Aber er hörte nicht das leiseste Knarren und war überrascht als plötzlich direkt auf der anderen Seite der Tür eine Stimme "Alohomora" flüsterte und das Schloss sich öffnete. Er stolperte ein paar Schritte zurück und stand in der Mitte des Raumes, als Draco Malfoy elegant ins Zimmer glitt und sein abschätziger Blick ihn traf. "Potter. Wie siehst du aus? Arbeitest du hier als Vogelscheuche?"
Harry sah an sich herunter. Da er seine Hogwartskleidung nicht haben durfte, trug er mal wieder Dudleys alte Sachen. Und da Harry abgemagert war, während Dudley seinem Ziel den Schwergewichtsrekord in Europa zu brechen immer näher kam, sahen die Kleidungsstücke an Harry tatsächlich noch unmöglicher aus als früher.
Malfoy hingegen sah perfekt aus. Er musste einen Trockenzauber gewirkt haben, denn seine Kleidung und seine Haare waren nicht mehr nass. Er war ebenfalls gewachsen und seine Haare waren etwas länger geworden. Sie reichten jetzt fast bis auf die Schultern, stellte Harry fest. Malfoy war genauso blass wie er selbst, wobei Harry den ganzen Sommer in einem Zimmer eingesperrt gewesen war. Natürlich war Draco immer blass und jede andere Hautfarbe hätte an ihm unnatürlich gewirkt. Er trug schwere Stiefel, eine schwarze, sehr edel aussehende Hosen, ein silbrig glänzendes langärmeliges Oberteil und einen dunkelgrünen weit fallenden Umhang. Makellos wie eine Zeichnung lehnte er lässig im Türrahmen, seinen schwarzen Nimbus 2001 in der Hand und es hob Harrys Stimmung nicht unbedingt, dass er sich momentan im Gegensatz zu Draco tatsächlich wie eine Vogelscheuche fühlte.
"Du hältst es wohl keinen Sommer mehr aus, ohne mir mit deinen Widerlichkeiten auf die Nerven zu gehen, Malfoy!" Unbeeindruckt machte Draco einen Schritt ins Zimmer hinein. "Glaub mir Potter, ich wäre nicht hier, wenn es sich vermeiden ließe." Er rümpfte die Nase. "Scheußliches Zimmer hast du. Na ja, was soll man von einer Muggelbehausung schon erwarten? Ich kann natürlich verstehen, dass sie dich hier wie einen Geisteskranken halten. Mit Gittern vor den Fenstern. Meine Güte du bist hier ja sicherer eingesperrt, als ein Gefangener in Azkaban."
Harry stöhnte innerlich auf. Jetzt wo Draco gesehen hatte, wie er lebte, konnte er sich sicher sein, dass sich nach den Ferien halb Hogwarts das Maul darüber zerriss. Zumindest die Slytherins. Er kramte in seinen Gedanken fieberhaft nach einer passenden Beleidigung. Plötzlich hellte sich seine Mine auf. "Wie ich sehe, bist du unsere hübschen Flüche wieder losgeworden. Schade. Sie standen dir recht gut. Im Großen und Ganzen sahst du mit ihnen besser aus. Sie haben dein hässliches Grinsen ein wenig überdeckt."
Draco zuckte zu Harrys Freude zurück und verzog das Gesicht, fast als befürchte er noch einmal von Harry verhext zu werden. Für Malfoy, der einen extrem großen Wert auf sein Aussehen legte musste die Verzauberung im Hogwarts-Express eine sehr schlimme Erfahrung gewesen sein. Seine eigene Bemerkung erinnerte Harry daran, dass er unbedingt schnell an seinen Zauberstab gelangen musste, bevor Draco merkte, dass er keinen hatte. "Hör auf Potter" zischte Draco "Um mir deine unqualifizierten Kommentare anzuhören bin ich nicht hergekommen."
"So, weswegen denn?" fragte Harry, nun wirklich neugierig, während er immer noch überlegte, wie er unauffällig an seinen Zauberstab kommen konnte. Er musste vorsichtig sein. "Ich brauche ein paar wichtige Informationen von dir." Draco lehnte seinen Nimbus gegen die Wand.
"So? Na gut. Aber bevor ich mir anhöre, was das für Informationen sein sollen, muss ich etwas essen. Ich verhungere." Eigentlich hatte das nur ein Vorwand sein sollen, um nach unten gehen und seinen Zauberstab holen zu können, aber in dem Moment in dem er es sagte, merkte Harry, dass es die Wahrheit war. Tante Petunia hatte ihn heute mal wieder vergessen und obwohl er den ganzen Tag noch nicht mal Appetit gehabt hatte, fühlte er sich jetzt plötzlich als habe er ein riesiges Loch im Bauch.
Malfoy sah ihn wieder abschätzig an. "Du siehst aus, wie ein Skelett, Potter" dann verschwand er mit einer einzigen fließenden Bewegung aus der Zimmertür. Harry lief hinterher. Eigentlich hatte er Draco vor der knarrenden Treppe warnen wollen. Schließlich durften sie die Dursleys, die am anderen Ede des Korridors schliefen, nicht aufwecken. Aber Draco bewegte sich von Natur aus leise wie eine Katze. Harry beobachtete fasziniert, wie er mühelos die Treppe herunter lief und mit seinen Stiefeln weniger Krach machte, als Harry der barfuß war und die knarrenden Stellen der Treppe auswendig kannte.
Schnell ging er an Draco vorbei, der am Fuß der Treppe stehen geblieben war und schob den Riegel des Schranks unter der Treppe zurück. Aus alter Gewohnheit fand seine Hand sofort die kleine Schnur, mit der man das Licht anknipste. Augenblicklich spürte er den Drang zurückzuweichen. Sein ständiger erzwungener Aufenthalt in dem kleinen Schrank früher, hatte bewirkt, dass Harry enge Räume verabscheute. Aber sein Blick fiel auf seine Hogwartssachen und er entspannte sich. Liebevoll strich er über seinen Kessel und seine Bücher. Dann fanden seine Finger so mühelos den Zauberstab, als würden seine Hand und der schlanke Weidenstock zusammengehören. Erleichtert streichelte er über das so vertraute glatte Material und fühlte sich augenblicklich wohler als seit mehreren Wochen.
"Was ist da drinnen?" fragte Malfoy neugierig und drängte sich neben ihn. "Warte mal Potter! Sag bloß das ist dieser Schrank, in dem sie dich als Kind gehalten haben. Kein Wunder, dass du nicht ganz richtig im Kopf bist. Der ist ja tatsächlich winziger, als die Quartiere für die Hauselfen bei mir zu Hause. Ich habe gedacht die übertreiben mal wieder maßlos, als ich das in der Hexenwoche gelesen habe."
"Du liest die Hexenwoche? Also ehrlich Malfoy, ich dachte, das sei sogar unter deinem Niveau." Harry war ernsthaft überrascht.
"Jaja, der Artikel lag zufällig irgendwo rum und da es um Wonderboy ging." Malfoy brach ab. Harry war überrascht, dass er tatsächlich versucht hatte sich zu verteidigen. Er grinste in sich hinein. " Hör mal Malfoy" sagte er. "Ich muss jetzt unbedingt etwas essen. Also nimm bitte deine Nase aus meinem Schrank."
Er ging voraus ins Wohnzimmer und knipste das Licht an. Draco war direkt hinter ihm. Harry fiel auf, dass er vorsichtig darauf bedacht war nichts zu berühren, was nicht unbedingt notwendig war. So weit ging also seine Abneigung gegen Muggel. Vor dem Kamin blieb Draco stehen und betrachtete die Fotos. "Warum bewegen die sich nicht? Und wer ist dieses Nilpferd auf den meisten Bildern?" Draco verzog angewidert die Nase.
"Das sind Muggelbilder. Die können sich nicht bewegen. Und das Nilpferd ist mein Cousin Dudley."
Draco riss die Augen auf und sah ihn ungläubig an. "Das glaube ich nicht. Er sieht dir kein bisschen ähnlich."
Harry grinste. Das war wahrscheinlich das einem Kompliment ähnlichste, was er jemals von Draco bekommen würde. Das hatte der natürlich auch in dem Moment bemerkt, denn er fuhr schnell fort, Harrys Verwandte zu beleidigen. "Ich glaube, das ist die hässlichste Ahnengalerie, die ich je gesehen habe. Die da hat einen Hals wie ein Peruanischer Viperzahn." Als er jedoch mit einem kleinen Seitenblick bemerkte, dass er Harry mit seinen Bemerkungen keineswegs traf, sondern dieser stattdessen amüsiert lächelte, drehte er sich von den Fotos weg. "Na ja, die Weasleys stehen diesen Gesichtsbaracken in nichts nach." Harry knurrte. Endlich hatte es Draco doch noch geschafft, ihn wütend zu machen. "Bloß kein Neid. Es kann schließlich nicht jeder eine Ahnenreihe haben, in der jeder aussieht, wie ein Albino-Kaninchen."
"Wir sind keine Albinos" fauchte Draco und trat zwei Schritte auf Harry zu. "Oder habe ich etwa rote Augen?" (Nein, zumindest im Moment hatte er hellgrau funkelnde Augen aus denen silberne Blitze zuckten) "Und außerdem: lieber silberne Haare als rote." Hocherhobenen Hauptes stolzierte er an Harry vorbei in die Küche. Harry folgte ihm immer noch wütend und öffnete den Kühlschrank.
"Ein Kühlungs-Zauber, Potter?" Ich denke, du hältst dich so streng an die Zauberregeln." "Das ist kein Zauber, sondern Elektrizität. Eine Muggel-Sache." Draco runzelte die Stirn. Es war klar, dass er ihm kein Wort glaubte.
Seit Dudley seine Diät erfolglos abgebrochen hatte, war der Kühlschrank wieder gut gefüllt. Harry nahm sich ein Sandwich und überlegte einen Moment, ob er Draco auch etwas anbieten sollte. Schließlich siegte seine Höflichkeit. "Willst du auch was Malfoy?"
Draco starrte ihn an, als wollte Harry ihn vergiften. "Auf keinen Fall" sagte er. Harry ärgerte sich sofort, dass er gefragt hatte. Sorgfältig beseitigte er alles, was darauf hindeuten konnte, dass er aus seinem Zimmer herausgekommen war und knipste das Licht hinter sich und Draco aus.
Wieder zurück in Harrys Zimmer ließ sich Draco sofort in Harrys Lieblingssessel nieder. Harry setzte sich mit seinem Sandwich aufs Bett. "Also, jetzt rede endlich Malfoy. Wer hat dich hergeschickt und was willst du? Wie bist du überhaupt hergekommen?"
Die ganze Zeit hatte Harry überlegt, ob er Draco fragen sollte, was in der magischen Welt vorging. Es gab zwei Gründe, aus denen er das noch nicht getan hatte. Erstens war er sich nicht sicher, ob es gut war, wenn Draco wusste, wie sehr er von der Außenwelt abgeschnitten war. Vielleicht würde er dieses Wissen gegen Harry verwenden. Und zweitens wusste er nicht, ob gerade Draco so ein guter Informant war. Immerhin stand er auf der anderen Seite und wer konnte wissen, wie verzerrt er die Ereignisse wiedergeben würde?
"Keiner hat mich hergeschickt, eigentlich wollte ich dir Fragen stellen und natürlich bin ich mit meinem Besen hergeflogen. Und jetzt ."
Mit einer einzigen Bewegung stand Draco plötzlich über ihm wie ein Rachegott. Seine Beherrschtheit war von ihm abgefallen und sein Gesicht war wutverzerrt. Sein Zauberstab bohrte sich schmerzhaft in Harrys Hals. Harry schnappte nach Luft und ließ sein Sandwich fallen. Er war zu überrascht, um erschrocken zu sein. Malfoy hatte ihn völlig überrumpelt. "Jetzt will ich von dir wissen, was wirklich passiert ist. Ich habe genug von irgendwelchen Halbwahrheiten und Spekulationen. Sag schon, was ist genau passiert? Immerhin warst du da!"
"Wovon redest du?" keuchte Harry. Draco griff in seine Haare und bog seinen Kopf nach oben, so dass Harry ihn ansehen musste. Der Zauberstab drückte noch fester gegen seinen Hals. Dracos Augen blitzten. Sein ganzer Körper war angespannt und es war klar, dass er alles tun würde, um die Informationen, die er wollte aus Harry herauszubekommen. "Du weißt wovon ich spreche! Was ist nach dem Trimagischen Wettbewerb passiert? Und versuch nicht mich anzulügen. Rede!"
Harry schnappte nach Luft. Er hatte Draco Malfoy noch nie so fest entschlossen gesehen und obwohl er sich in einer schlimmen Lage befand und allen Grund hatte Draco dafür zu hassen, empfand er zum ersten Mal so etwas wie Achtung vor ihm.
"Draco, bist du etwa bis hierher geflogen, nur um zu wissen was passiert ist? Das hättest du nicht tun müssen. Schließlich hättest du einfach deinen Vater fragen können." Komischerweise kam ihm das in dem Moment in dem er es gesagt hatte sehr grausam vor. Obwohl er keinen Grund dazu hatte. Draco hatte niemals irgendwelche Tabus oder Schmerzgrenzen gehabt, die er nicht überschritten hatte. Er hatte Rons Familie beleidigt, Hermiones Abstammung, Harrys Existenz und alles was ihm wichtig war. Aber es war ja nicht nötig, ebenfalls auf dieses Niveau abzusinken. Draco jedoch schien sich nur noch ein wenig mehr anzuspannen, wenn das möglich war. "Also war mein Vater da? Und? Was ist genau passiert?"
Harry gab einen seltsam verzweifelten Laut von sich. Er wusste, dass Draco nicht locker lassen würde, aber es tat weh sich zu erinnern. Es tat weh. Am liebsten wollte er diese Nacht einfach aus seinem Gedächtnis verbannen. Sich zurück zu erinnern war, als würde ein vergifteter Pfeil in sein Gehirn eindringen. Es hatte so lange gedauert, das alles an einen Platz in seinem Gehirn zu verdrängen, an dem es nicht ganz so sehr schmerzte. "Malfoy, bitte nicht." stöhnte er.
"Doch, ich muss es wissen!" Nur dass er in Dracos Augen seinen eigenen Schmerz reflektiert sah, ließ ihn überhaupt nachdenken. Er krümmte sich zusammen. Draco ließ seine Haare los und legte ihm die Hand in den Nacken. Seine unmöglichen silbernen Augen sahen ihn hypnotisierend an. Harry schluckte hart. "Dein Vater war da. Er hat Voldemort die Treue geschworen." ächzte er. "Er hat beschworen, dass er immer bereit war für ihn. Immer auf sein Zeichen gewartet hat, dass er versucht hat, ihn zu finden" Harry fühlte sich als sei ihm die Luft abgeschnürt. Er rang nach Atem. Der Stab bohrte sich schmerzhaft in seine Kehle. "Das kann nicht alles gewesen sein. Denk nach!" befahl Draco.
Harry konnte sich an nichts weiter erinnern. Alles schien schwarz. Und doch, da war noch etwas gewesen. Voldemort hatte noch etwas zu Lucius Malfoy gesagt. was war es gewesen? "Ich kann nicht ." Aber plötzlich war es wieder da. "Und doch bist du von meinem Zeichen geflohen. Ich erwarte das nächste Mal treuere Ergebenheit. Das hat Voldemort zu deinem Vater gesagt." Draco wich sofort von Harry zurück. Harry fasste mit einer Hand an seinen Hals und strich über die Stelle, an der der Zauberstab gewesen war. Draco stand sehr gesammelt über ihm und sah auf ihn herab. Aber er schien durch ihn hindurch zu sehen. Plötzlich schossen alle möglichen Gedanken auf Harry ein. Warum war Draco hier, wenn nicht um ihm weh zu tun? Warum wollte Draco unbedingt wissen, was passiert war? Und warum hatte er sich nie gefragt, warum Lucius Malfoy, der vermeintlich treuste Diener Voldemorts das dunkle Zeichen geflohen war.
Natürlich hatte Bill damals erklärt, dass die Todesser, mehr Angst hatten, als alle anderen. Dass sie Lügen erzählt hatten, um nicht nach Azkaban zu kommen, aber konnten sie dann wirklich so treue Diener Voldemorts sein? Hatte Lucius Malfoy sich wirklich vor der Rückkehr seines Meisters gefürchtet? Harry sah erstaunt zu Draco auf. "Sag mir jetzt warum du hier bist Draco Malfoy!"
"Es geht dich nichts an Potter, aber wenn du es unbedingt wissen musst: Mein Vater hat sich seltsam verändert und ich wollte wissen, was geschehen war." Harry wunderte sich, dass es tatsächlich jemanden gab, der sich um Lucius Malfoy sorgte. Aber immerhin war er Dracos Vater. Harry wusste, dass er, wenn er die Chance gehabt hätte, alles für seine Eltern getan hätte. Vielleicht konnte er Draco zum ersten Mal ein bisschen verstehen.
"Malfoy. Was ist inzwischen passiert?" Er versuchte seine Nervosität zu verbergen und sah angestrengt an Draco vorbei. "Herrscht Krieg?"
Draco ließ sich zurück in den Sessel fallen. Komischerweise antwortete er Harry bereitwillig. "An manchen Stellen sind Kämpfe ausgebrochen, aber noch kein endgültiger Krieg. Nein. Keiner weiß. Was passieren wird. Aber wahrscheinlich wird es Krieg geben."
Der Boden unter Harrys Füßen sank weg. Er fühlte sich, als würde er fallen. Einen Moment lang wollte er Draco anflehen, das zurück zu nehmen und zu gehen, als sei das alles nie passiert, als könne er es dadurch rückgängig machen.
"Es gab noch keine weiteren Toten soweit ich weiß. Nur ein paar Verletzte", murmelte Draco. Harry war so weiß, wie eine Wand. Er wollte sich auf Draco stürzen und ihn erwürgen, dafür, dass Draco das alles gewollt hatte, dass es ihn vielleicht sogar freute. Aber er fühlte sich zu schwach. Er hatte das Gefühl seine Knie würden unter ihm nachgeben, wenn er aufstünde. "Das findest du also gut, ja? Das ist so. so krank."
"Du verstehst überhaupt nichts", fauchte Draco. Harry hatte eine von seinen üblichen Serien von Beleidigungen erwartet. Aber Draco sah plötzlich sehr erschöpft aus. "Ich muss mich ausruhen Potter. Ich muss los, wenn es dunkel wird und so schaffe ich den Rückflug nicht." "Dann ruh dich aus", sagte Harry überrascht "Ich werde dich bestimmt nicht davon abhalten." "Nein. Du würdest dir niemals einen Vorteil daraus verschaffen, dass dein Feind schläft." Das war eine Feststellung, aber Draco schaffte es den Satz wie eine Beleidigung klingen zu lassen. "Natürlich nicht. Das wäre feige" zischte Harry "Und schließlich hat mich der Sprechende Hut nicht nach Slytherin gesteckt."
Draco schoss aus seinem Sessel hoch und stand wieder drohend über ihm. "Aha. Und wenn du Voldemort schlafend erwischen würdest und die Chance hättest, ihn zu vernichten, würdest du es dann nicht tun? Und wenn du es nicht tun würdest, könntet du dir das jemals verzeihen?"
Harry schnappte nach Luft. Er konnte diese Frage nicht beantworten. Warum fragte das ausgerechnet Draco? Und warum jetzt? Aber insgeheim wusste er die Antwort. "Ich weiß nicht was ich tun würde", murmelte Harry und sah auf den Boden. "Ich weiß wirklich nicht." Draco schüttelte den Kopf und sah noch einen Moment auf ihn herab. Dann setzte er sich wieder in den Sessel und begann seine Stiefel aufzuschnüren. "Drachenleder?" fragte Harry. Draco sah erstaunt auf. "Ja. Woher weißt du das denn? Du hast doch einen Sinn für Kleidung wie der Riesen Tintenfisch." Ausnahmsweise musste Harry Draco Recht geben. "Rons Bruder Bill hatte solche Stiefel." erklärte er. "So?" Draco zog nur erstaunt eine Augenbraue hoch. "Hat er in der Zauberlotterie gewonnen, oder ein Bankfach bei Gringotts ausgeräumt?" Harry holte gerade Luft, um zu antworten, sparte sich dann aber die Mühe. Was für einen Sinn machte es, sich vor Draco zu verteidigen? Er hörte sowieso nie zu.
Draco lehnte sich in den Sessel zurück und streckte seine langen Beine über die Lehne. Offensichtlich wollte er sich dort ausruhen. Harry betrachtete seine perfekten schlanken Füße, die jetzt nackt waren und seine eleganten feingliedrigen Hände, die den Umhang fester um seinen Körper zogen. Mit der linken hielt er seinen Zauberstab. Harry fragte sich, ob Draco Malfoy es tatsächlich wagen würde in diesem Zimmer, mit Harry nur zwei Schritten von ihm entfernt einzuschlafen.
Zwei Minuten später war seine Frage beantwortet, denn Draco lag mit geschlossenen Augen, ruhig atmend und offensichtlich schlafend in Harrys Lieblingssessel. Harry konnte enkleines Lächeln nicht zurückhalten. Komisch, wie jung Draco schlafend aussah. So schutzlos. Sein Gesicht war entspannt und frei von dem hämischen Grinsen, das Harry schon so gewohnt war. Um ehrlich zu sein sah er fast. hübsch aus. Mit diesen feinen silbrigen Haaren, die sein Gesicht umschlossen und seiner fast unnatürlich blassen Hautfarbe. Tatsächlich war er so blass, dass er fast zu leuchten schien. Plötzlich schoss die Frage durch Harrys Kopf, ob diese perfekte eisfarbene Haut an einer bestimmten Stelle an Dracos Unterarm befleckt worden war. Er schluckte. Die Vorstellung, dass Dracos Haut das dunkle Zeichen tragen sollte, schien ihm plötzlich unerträglich. Er musste es wissen. Jetzt war seine Chance nachzusehen, Draco schlief fest, er würde sicher nichts bemerken.
Harry erhob sich so leise wie möglich. Sofort schlug Draco die Augen auf und umklammerte seinen Zauberstab fester. Er war also doch nicht so schutzlos, wie Harry angenommen hatte. "Ich wollte nur." murmelte Harry und hob sein Sandwich auf. Draco lehnte sich zurück in den Sessel und schloss die Augen wieder. "Gute Reflexe" dachte Harry, als er sich wieder aufs Bett setzte. Er blickte kurz aus dem Fenster. Es dämmerte bereits. Dann wanderte sein Blick wieder zu der schmalen Figur im Sessel Seltsamerweise war es beruhigend Draco schlafen zu sehen. Seine schönen Hände sahen auf dem dunklen Stoff des Sessels so zerbrechlich aus, sein Atem ging so ruhig und Harry stellte fest, dass er selbst auch schläfrig wurde. Komisch. Seit Wochen hatte er Schwierigkeiten gehabt einzuschlafen, hatte sich sogar davor gefürchtet und jetzt, wo einer seiner größten Feinde direkt vor ihm saß, sehnte er sich plötzlich danach, sich auf dem Bett zusammenzurollen und einzuschlafen. "Du darfst nicht." sagte er zu sich selbst. "Nicht vor Malfoy. Du musst wach bleiben, du musst."
