Disclaimer: Alles gehört natürlich J.K. Rowling. Vielen, vielen Dank für eure reviews yvymaus, Drake, MaxCat, Chillkroete, Matjes, KaoruKenshin, Nadja, Moonlight und Alex.

Ach ja, noch mal zur Erinnerung: Beim nächsen Kapitel geht das rating hoch. Es ist dann R. Nuir damit ihr euch nicht wundert.

@MaxCat: Doch deine Drohung hat genützt. Ich zittere schon am ganzen Leib und war auch ganz brav.

@Chillkroete: Gut erkannt (grins)

@Kaoru: Was macht denn deine Schreibblockade? Hoffentlich ist sie bald überwunden.

@Alex: Ich schreibe momentan in jeder freien Minute. Ehrlich gesagt leidet die Uni etwas. (seufz)

@Maxine: Ich drück dir noch mal ganz fest die Daumen für deine Hausarbeit.

Einen ganz lieben Dank an meine superschnelle Betaleserin Jenny (DeadlySins)

16. Dracos Geheimnis

Am späten Nachmittag lief Harry mit Ron zur großen Halle, wo das alljährliche Halloweenfest stattfinden sollte. Harry war nicht besonders gut gelaunt. Er konnte immer noch an nichts anderes denken, als an Draco.

"Sag mal Ron, wo steckt denn Hermione?" fragte er, um sich abzulenken. "Will sie etwa nicht mit zum Festessen kommen?"

Ron lächelte. "Doch. Sie wollte nur kurz in der Bibliothek etwas nachgucken. Du weißt doch wie sie ist. Im Moment ist sie völlig begeistert von Magischem Schutz und da hat sie etwas über irgend so einen Talisman von Salazar Slytherin gehört, der hergestellt wurde um . . ." Ron konnte nicht ausreden, da Harry ihn am Arm packte. Er hatte vor ihnen auf der Treppe Draco Malfoy gesehen. Draco stand mitten auf einer Treppenstufe und hatte beide Hände vor das Gesicht geschlagen. Er schien das Gleichgewicht nicht halten zu können und schwankte stark.

Oh Merlin, er wird fallen, dachte Harry und sprang nach vorne.

Er packte Dracos Schultern, in dem Moment als der Junge nach vorne stürzte und riss ihn nach hinten. Sie fielen beide hart auf die Treppe und Harry fing Draco mit seinen Armen auf. Draco stöhnte und sein gesamter Körper bäumte sich auf, wie unter einem Krampf. Seine Hände tasteten umher und seine linke Hand fand schließlich Harrys. Er packte so fest zu, dass Harry aufschrie. Draco wand sich in seiner Umarmung und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Ron starrte auf die beiden herab. "Was ist mit ihm?" fragte er erschüttert.

"Ich weiß nicht, vielleicht eine Art Anfall" Harry stöhnte und versuchte seine Hand frei zu bekommen. "Hol Hilfe Ron!"

Ron rannte los und Harry war mit Draco allein. Der Junge war völlig weggetreten. Er schien nicht wahr zu nehmen, wo er sich befand. Harry, der völlig hilflos war, versuchte ihn zu beruhigen, indem er ihm zuredete und mit der freien Hand hektisch über seine Schultern strich, aber es half nichts. Draco zuckte in seinen Armen hin und her und verstärkte seinen Griff um Harrys Hand noch.

"Es wird alles gut Draco, Ron holt Hilfe", hörte Harry sich selber flüstern. Er strich mit der freien Hand eine verschwitzte Haarsträhne aus Dracos Gesicht. Draco hatte die Augen geschlossen und biss die Zähne fest zusammen. Harry sah, dass er starke Schmerzen haben musste. Er zog den Jungen fester in seine Umarmung. "Ich hätte dir schon viel früher helfen sollen", flüsterte er. "Was ist nur mit dir los?"

Dracos rechte Hand war zu einer Faust geballt, so fest, dass die Fingerknochen weiß hervortraten. Er presste sie auf die Stelle unterhalb seines Halses und öffnete sie dort langsam. Das Seltsamste war, dass kein Laut über seine Lippen kam, obwohl er sich in Harrys Armen wie unter großen Qualen wand. Es war fast unmöglich, ihn fest zu halten und Harry musste seine ganze Kraft aufwenden, damit Draco sich nicht von ihm losriss und auf die Treppe fiel. Er legte einen Arm um Dracos Schultern, um ihn zu schützen. Sie waren so auf der Treppe gelandet, dass Draco halb auf Harry lag und trotz dem Ernst der Situation konnte Harry nicht anders als zu bemerken, wie angenehm sich Dracos Körper anfühlte, der sich auf seinem bewegte. Um ehrlich zu sein war es ziemlich atemberaubend.

Im nächsten Moment kam Ron mit Professor Lupin zurück. Lupin erkannte die Situation mit einem Blick. Ohne zu fragen hob er Draco mit Leichtigkeit vom Boden auf. Harry musste ebenfalls aufstehen, da Draco seine Hand nicht losließ, und neben Professor Lupin zum Krankenflügel laufen.

Lupin legte den sich immer noch wie unter großen Qualen windenden Draco auf ein freies Bett. Harry ließ sich auf einen Stuhl daneben fallen und krümmte sich zusammen. Er hatte das Gefühl, dass seine Hand, die Draco umklammerte wie ein Schraubstock, kurz davor war zu brechen. Ron schüttelte ungläubig den Kopf.

"Sogar wenn er bewusstlos ist, tut er dir noch weh."

"Ron, hol Professor Snape!" rief Lupin. "Beeil dich." Ron drehte sich auf dem Absatz um. Madam Pomfrey erschien mit einem nassen Tuch, das sie Draco auf die Stirn legte. Draco zuckte vor der Berührung zurück. Harry konnte nur noch auf den pochenden Schmerz in seiner Hand achten. Er versuchte mit der anderen noch einmal Dracos schlanke Finger zu lösen, aber es wirkte, als ob sie eher brechen würden, als seine Hand los zu lassen. "Es tut weh", stöhnte er gequält.

Aber Draco schien es noch viel schlechter zu gehen. Er wurde von Krämpfen geschüttelt und bog seinen Kopf zurück, als habe er schreckliche Schmerzen. Dabei gab er immer noch keinen Laut von sich, sondern presste die Lippen fest aufeinander.

Bevor Harry überhaupt mit ihm gerechnet hatte, tauchte Professor Snape auf. Er stürzte auf Dracos Bett zu und sah Harry wütend an, als sei der an allem schuld. Dann nahm er eine kleine Flasche aus seinem Umhang, öffnete sie und hielt sie Draco an die Lippen, wobei er seinen Hinterkopf mit der anderen Hand festhielt. Draco drehte abrupt seinen Kopf zur Seite, aber sobald der erste Tropfen der Flüssigkeit seine Lippen berührt hatte, entspannte er sich. Auch sein Griff um Harry Hand wurde lockerer, aber er ließ sie nicht los. Harry ließ ebenfalls nicht los und strich mit dem Daumen über Dracos Handrücken. Immer noch fühlte er nichts anderes als seine Hand, aber jetzt nicht mehr weil sie schmerzte. Der Gedanke Dracos Hand zu halten jagte heiße Schauer durch seinen Körper.

Madam Pomfrey sah Snape fragend an. "Ein sehr starker Entspannungstrank.", erklärte der.

"Ich habe ihn bereits vor einer Weile für Mr. Malfoy gebraut." Remus Lupin nahm Ron bei den Schultern und führte ihn aus dem Zimmer. An der Tür trafen sie auf Professor Dumbledore.

"Sehen sie sich das an!" fuhr Snape auf. "Das können wir nicht verantworten. Noch einmal schafft der Junge das nicht. Eigentlich ist es völlig unmöglich, dass er es bislang durchgehalten hat, ohne umzukippen. Eine weitere Folter morgen steht er nicht durch." "FOLTER?" Harry sprang auf. Er war kalkweiß im Gesicht geworden. "Draco wird gefoltert?"

Dumbledore legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Glaub mir bitte Harry, dass ich das nie zulassen würde, wenn ich irgendeine Möglichkeit hätte es zu verhindern. Aber der Grund . . ."

Harry schüttelte die Hand ab. Er zitterte vor Wut. "Es darf niemand gefoltert werden, aus überhaupt keinem Grund. Wie konnte das zugelassen werden? Warum hat ihn niemand von hier weggebracht? Warum hat ihm niemand geholfen?"

"Harry, wenn du mich erklären lassen würdest . . ."

"Dafür gibt es keine Erklärung. Das hätte niemals passieren dürfen." Harry schnappte nach Luft. Er war außer sich. "Draco kann nichts getan haben wofür er das verdient hat." Er zeigte auf Dracos völlig verausgabten Körper.

Dann wurde ihm übel. Er presste eine Hand vor den Mund und rannte aus der Krankenstation, in den nächsten Waschraum. Dort kniete er vor der Toilette nieder, aber obwohl er von Würgekrämpfen geschüttelt wurde, konnte er sich nicht übergeben.

Minuten später saß er wie ein Häufchen Elend mit angezogenen Knien gegen die kalte Wand gelehnt und zitterte am ganzen Körper. Was konnte er tun? Er musste Draco von hier wegbringen, bevor er morgen wieder gefoltert werden konnte. Allein bei dem Gedanken daran wurde ihm schon wieder schlecht. Das durfte er nicht zulassen. Harry überlegte fieberhaft, wohin er ihn bringen konnte und schließlich hatte er eine Idee. Er stützte sich an der Wand ab, als er aufstand und ging auf wackligen Beinen zurück in das Krankenzimmer. Draco war jetzt zum Glück alleine. Er lag erschöpft und schwer atmend mit geschlossenen Augen in seinem Bett. Sein Gesicht war genau so weiß wie das Laken.

Harry trat neben ihn ans Bett und strich ihm sanft über die Stirn. Er fühlte plötzlich eine solche Zuneigung in sich aufsteigen, dass sein Herz raste. Er wollte Draco beschützen, er wollte sich um ihn kümmern und er wollte nicht zulassen, dass er je wieder leiden würde. Er beugte sich zu Draco hinunter und der schlug die Augen auf.

"Potter?" flüsterte er leise.

"Shh. Ich bring dich von hier weg Draco. Mach dir keine Sorgen, du wirst nicht mehr gefoltert. Kannst du aufstehen?"

Draco sah ihn völlig überrascht an. "Hast du mich eben Draco genannt?" Harry zuckte die Schultern. "Komm jetzt, bevor noch jemand auftaucht. Im Moment ist die Schule leer, weil alle beim Halloweenfest sind."

Draco blickte ihn misstrauisch an. "Warum willst du mir helfen?"

"Du hast mir im Sommer geholfen, jetzt helfe ich dir."

Draco setzte sich langsam auf und griff mit der Hand schon wieder an die Stelle oberhalb seines Solar Plexus. Die Bewegung, die Harry mittlerweile so gut kannte. "Ich bin total benebelt", murmelte er. "Dieser verflixte Trank."

"Er hat dir aber geholfen." Harry nahm Dracos Handgelenk, aber als er merkte, wie schwach der Junge noch war, legte er ihm den Arm um die Hüfte. Sein Atem ging plötzlich schneller. Es fühlte sich unbeschreiblich an, Draco im Arm zu halten. Er zog ihn näher an sich heran und Draco ließ es geschehen. Er legte sogar ebenfalls einen Arm um Harry, um besseren Halt zu haben. "Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen soll Potter, aber noch so eine Behandlung stehe ich im Moment nicht durch."

Harry überlegte, dass es jetzt sehr gut gewesen wäre, den Tarnumhang bei sich zu haben. Was würde irgendein Schüler denken, wenn er Draco Malfoy und Harry Potter Arm in Arm durch die Schule laufen sehen würde? Aber jetzt war es zu spät, ihn zu holen und zum Glück waren wirklich alle auf dem Fest, so dass sie auf ihrem Weg zur Peitschenden Weide niemandem begegneten. Draco hing in Harrys Armen, so dass der ihn fast mehr tragen musste, als dass der Junge selbst lief.

Vor der Weide angekommen, hielt Harry Draco mit dem linken Arm fest und zückte mit der rechten seinen Zauberstab. Mit einem "Wingardium Leviosa" ließ er einen kleinen Stein auf den Knopf fallen, der die Weide ruhig stellte. Dann zog er Draco weiter.

"Wohin willst du mit mir?" fragte Draco erschöpft.

"Wir müssen nur noch durch diesen Tunnel." Harry ließ Draco so sanft wie möglich durch den Eingang rutschen und kletterte hinterher. "Bald bist du in Sicherheit. Los, weiter." Sie kamen nur langsam vorwärts, da es sehr eng im Tunnel war und sie nebeneinander gehen mussten.

"Wenn es mit nicht so schlecht ginge, dann würde ich mich ja darüber beschweren, wie schmutzig es hier ist!" sagte Draco und rümpfte die Nase

Harry lächelte. "Aha. Dann scheint es dir ja schon etwas besser zu gehen. Pass auf, es gibt hier Wurzeln, über die man leicht stolpern kann." Er zog Draco ein wenig näher an sich als nötig.

"Potter, wenn du mich noch fester umarmst, kriege ich keine Luft mehr."

"Ach sei still. Freu dich, dass ich dir helfe. Ich könnte dich auch einfach hier liegen lassen." Draco grinste. "Nein, das könntest du nicht."

Sein enges Oberteil rutschte and der Stelle, an der sich Harrys Hand befand ein wenig hoch und Harry konnte seine nackte Haut fühlen. Das ließ kleine Blitze durch seinen Körper zucken und er musste sich zusammenreißen, um die Stelle nicht mit seinen Fingern zu streicheln. Täuschte er sich, oder lehnte Draco sich ein wenig dichter an ihn?

"Wir sind gleich da." Harry keuchte, halb vor Anstrengung, die es kostete Draco fast zu tragen, halb vor etwas anderem, das auch mit Draco zu tun hatte, worüber er aber lieber nicht genauer nachdenken wollte. "Dann kannst du dich hinlegen."

"Hm. Aber du kannst mich jetzt loslassen. Ich kann alleine laufen, der Anfall ist vorbei." Malfoy ließ ihn los und strauchelte. Harry streckte seinen Arm aus und hielt ihn aufrecht. Draco machte sich nicht noch einmal von ihm los. "Verdammt Potter, ich hatte wirklich gehofft, dass es mir wenigstens erspart bleibt, vor dir in Ohnmacht zu fallen, aber du musst wirklich jedes Mal Zeuge sein, wenn ich versage."

"Erstens hat Umkippen, wenn man gequält wird nichts mit Versagen zu tun und zweitens bist du auch immer als erster zur Stelle, wenn bei mir etwas schief geht, um darauf herum zu hacken."

Draco zuckte die Schultern. "Jeder hat seine Aufgaben im Leben."

"Aha und deine ist es, mir das Leben schwer zu machen?"

"Unter anderem, ja."

"Ach Draco." Harry zog ihn wieder fester an sich.

Draco wich nicht zurück. "Warum bist du heute nur so anhänglich? Du kriegst wohl nicht mehr genug Zuneigung, seit Wiesel und Granger es miteinander treiben."

Harry schnappte nach Luft.

"Ach, Entschuldigung, ihr seid ja Gryffindors. Da treibt man es ja nicht miteinander, sondern macht Liebe."

"Ich glaube, dir geht es wieder gut", murmelte Harry, ein wenig rosa im Gesicht. Er war froh, dass sie an der Tür ankamen die zur Heulenden Hütte führte. Er stieß sie auf und führte Draco hindurch.

Draco sah sich neugierig um, während Harry ihn die Treppe hoch schleppte und sich schließlich mit ihm auf das Bett fallen ließ. "So, hier bist du erstmal in Sicherheit. Ich gehe gleich noch mal zurück, um dir Decken und etwas zum Essen zu holen."

Draco ließ sich zurück auf das Bett sinken. Harry sah auf ihn hinunter und schluckte. Am liebsten hätte er Draco gefragt, ob er ihm dabei helfen sollte, seine Kleider auszuziehen. Er hätte ihm wirklich liebend gern, dieses enge T-Shirt über den Kopf gezogen und dabei seine Hände über Dracos Oberkörper wandern lassen, der sich so schlank und muskulös unter dem Stoff abzeichnete. Er schüttelte irritiert den Kopf. Was dachte er da eigentlich? Wieso dachte er darüber nach Draco auszuziehen? Er hatte ihn hierher gebracht, um ihm zu helfen, nicht um ihn . . .

Schon wieder. Harry wurde rot und war froh, dass Draco die Augen geschlossen hatte. Und was für wunderschöne lange Wimpern er hatte. Eine Strähne seines silbernen Haares hing ihm über die Augen und Harry konnte sich nicht davon abhalten, sie sanft zur Seite zu streichen. Draco schlug die Augen auf. "Was?" fragte er schläfrig und räkelte sich ein wenig auf dem Bett.

Harry sah schnell weg. "Nichts."

Harry?"

"Ja?"

"Danke, dass du mich weggebracht hast."

Harry sah ihn überrascht an. "Das war doch selbstverständlich. Ich konnte doch nicht einfach zusehen, wie du zu Grunde gehst."

Draco sah ihn aus seinen silbern blitzenden Augen an. "Ich finde das nicht so selbstverständlich. Kein anderer hat angeboten mir zu helfen. Na ja, außer Snape mit seinem blöden Trank."

Harry sah fasziniert in Dracos Augen. Diese silberne Farbe war einfach unglaublich. "Sag mal Draco", fragte er langsam "Stimmt es eigentlich, dass du nicht gerne berührt wirst?" Im nächsten Moment biss er sich auf die Lippen. Warum hatte er nicht gleich gefragt, ob es Draco störte, wenn er ihm einen runter holte?

Draco zuckte ein wenig zusammen. "Woher hast du das?"

Harry war froh, dass er keine spöttische Bemerkung machte. Er war jetzt schon rot genug im Gesicht. "Na ja, das habe ich so gehört", sagte er ausweichend.

Draco verzog das Gesicht. "Stimmt. Ich mag das wirklich nicht. Ich finde es unangenehm, wenn mich jemand anfasst. Ich ertrage das einfach nicht." Er schüttelte sich ein bisschen. Harry sah verwundert auf ihn hinab. "Das habe ich noch nicht bemerkt. Du schienst nie etwas dagegen zu haben, wenn ich dich berührt habe. Beim Quidditch oder so. Und im Sommer hast du sogar gesagt, ich soll mich richtig an dir festhalten . . ."

Draco sah ihn fast ein wenig überrascht an. "Stimmt. Es macht mir nichts aus, wenn du mich berührst." Er sah fast so aus, als würde ihm das gerade zum ersten Mal bewusst werden. "Ich weiß auch nicht, ich mag deine Hände irgendwie." Er stockte.

"Ehrlich?" Harry hielt sich seine Hand überrascht vor das Gesicht. Er fand, dass sie nichts Besonderes war. Schön geformt, aber ein bisschen rau vom Quidditch.

"Deine Hände sind schön Draco." Er hob Dracos linke Hand vom Bett auf und hielt seine rechte dagegen. Dracos Hand war genau so lang wie seine, aber schlanker und feingliedriger. Sie sah gegen Harrys sehr weiß und zerbrechlich aus.

Beide Jungen starrten eine Weile fasziniert auf ihre aneinander liegenden Hände. Harry krümmte seine, so dass die Fingerspitzen langsam an Dracos Fingern entlang glitten. Dann bog Draco ebenfalls die Finger, so dass ihre Hände nun ineinander verschlungen waren. Harry atmete schneller. Kleine Blitze schienen von seiner Hand aus durch seinen Körper zu zucken. Dracos Hand war kühl und fühlte sich so angenehm an, dass er sie am liebsten nie mehr losgelassen hätte. Niemals hätte er gedacht, dass es sich so umwerfend anfühlen könnte, eine Hand in seiner eigenen zu halten. Durch Draco ging plötzlich ein Ruck. Er wollte seine Hand zurückziehen, aber Harry hielt sie fest.

"Wolltest du nicht etwas zu essen holen?" Dracos Stimme zitterte. Harry schreckte auf, wie aus einem Traum. "Ja", er ließ Draco los und sprang vom Bett. "Ich bin gleich wieder hier!"

Er rannte durch den Gang zurück und auf den Haupteingang des Schlosses zu und fühlte sich so leicht, wie schon lange nicht mehr. Niemals hatte er gedacht, dass man sich so fühlen konnte. Er hatte immer angenommen, dass Fliegen das Höchste der Gefühle war, zu dem ein Mensch fähig war, aber das kam nicht dem Gefühl gleich, das er jetzt empfand. Alles was vorher mit Draco gewesen war, war plötzlich nebensächlich. Er wollte nur so schnell wie möglich wieder Dracos Hand berühren. Er dachte nicht darüber nach, warum er sich plötzlich so fühlte. Es war einfach zu angenehm, dieses Prickeln im Bauch, diese Leichtigkeit in seinen Gliedern. Zum ersten Mal seit langem kam ihm etwas vollkommen richtig und gut vor. Es ging nur darum so schnell wie möglich etwas zu essen zu bekommen, um schnell wieder bei Draco zu sein. Das war alles woran er denken konnte.

Sein Plan war die Hauselfen zu bestechen, damit sie ihm etwas von dem Festmahl mitgaben und dann in seinen Schlafraum zu gehen, um ein paar Decken und den Tarnumhang zu holen. Dann wollte er so schnell es ging wieder zurück zu Draco.

Der erste Teil des Plans klappte vorzüglich. Winky, die jetzt in der Küche arbeitete, deckte ihn mit mehr Nahrungsmitteln ein, als er in einer Woche verspeisen konnte.

Der zweite Teil des Plans klappte überhaupt nicht. Als er mit ein paar Decken bepackt und mit dem unter seinen Pullover geschobenen Tarnumhang aus dem Schlafsaal kam, rannte er Hermione und Ron in die Arme.

"Harry, wir haben dich überall gesucht!" rief Hermione. "Wir haben uns . . ."

"Solche Sorgen gemacht", beendete Ron ihren Satz. Jetzt sprachen die beiden schon wie Fred und George. Nicht mal eine Woche waren sie zusammen und schon schienen sie nur noch in der Ersten Person Plural zu reden. Harry fühlte Ärger in sich aufsteigen. Gerade jetzt konnte er die beiden überhaupt nicht gebrauchen.

"Malfoy wird gesucht. Du hast doch nichts mit seinem Verschwinden zu tun, oder?" fragte Ron irritiert als er die Decken sah.

"Und wenn?" fragte Harry bissig. "Du hast doch gehört, was Snape gesagt hat! Er wird gefoltert."

"Harry" sagte Hermione unglücklich und fasste nach Rons Hand. "Hast du schon darüber nachgedacht, warum er gefoltert werden könnte? Und warum Dumbledore das zulassen könnte?"

"Nein", sagte Harry wahrheitsgemäß. "Es ist mir auch egal. So etwas darf nicht sein, unter keinen Umständen."

"Unter gar keinen?" fragte Ron ernst.

Harry sah misstrauisch zwischen seinen Freunden hin und her. Sie wirkten beide ziemlich geknickt und schienen sich in ihrer Haut nicht wohl zu fühlen.

"Was?" Harry ließ die Decken und den Proviant fallen. "Was ist los?"

Ron und Hermione sahen sich schweigend an. Schließlich räusperte sich Ron. "Hermione hat einen Verdacht."

"So?"

"Hör es dir doch wenigstens an, Harry", bat Hermione. "Ron hat mir alles erzählt und ich habe ein bisschen nachgeforscht. Ich meine die Frage ist doch: warum wird Draco gefoltert?" Harry zog die Augenbrauen hoch.

Ron sprang Hermione zu Hilfe. "Doch offensichtlich, weil er etwas weiß, das sie aus ihm herausbekommen wollen."

Harry verschränkte die Arme. "Ich höre?"

"Harry", sagte Hermione sanft. "Warum habe ich das Gefühl, dass du denkst, dass wir dich angreifen wollen? Wir machen uns doch nur Sorgen."

Harry versuchte etwas weniger feindselig zu gucken. "Also gut, was denkt ihr?" Hermione holte tief Luft. "Es kann sein, dass Malfoy ein Geheimnis-Wahrer ist." Harry hielt sich am Treppengeländer fest. Sein Griff war so stark, dass seine Fingerknöchel weiß wurden. Hermione redete schnell weiter, wohl wissend, dass das für Harry ein sehr heikles Thema war.

"Alles spricht dafür. Vor allem, dass er während seines Anfalls keinen Ton über die Lippen gebracht hat, als sei etwas in ihm verschlossen. Und dass er nicht angefasst werden wollte. Ich habe gelesen, dass das manchmal bei Geheimnis-Wahrern passiert, als wollten sie das Geheimnis dadurch schützen. Und da Malfoy noch nie gerne angefasst wurde, kann es gut sein, dass das durch seinen Zustand verstärkt wurde . . ."

"Und was", sagte Harry mit einer sehr leisen, gefährlichen Stimme "gibt dann irgendwem das Recht, dieses Geheimnis aus ihm heraus zu zwingen?"

Hermione und Ron sahen sich wieder mit einem Blick an, der Harry fast zur Weißglut trieb.

"Das haben wir auch überlegt", gestand Ron. "Und die einzige Möglichkeit die uns einfiel, war dass Malfoy der Geheimnis-Wahrer von Du-Weißt-Schon- Wem ist."

Das traf Harry wie ein Schlag in die Magengrube. Er krümmte sich zusammen und ließ sich auf die Treppe fallen.

"NEIN" schrie er. "Unmöglich! Wie könnt ihr nur so etwas denken." Er war so wütend, dass er am liebsten auf seine beiden besten Freunde losgegangen wäre. Und das schlimmste war: er befürchtete, dass sie Recht haben könnten. Warum sonst, sollte es Dumbledore mit ansehen, dass ein Junge gefoltert wurde?

"Harry!" flüsterte Hermione, als er aufsprang an ihnen vorbei stürmte. Sie zögerten einen kurzen Moment, bevor sie ihm durch die Portrait-Höhle folgten und das reichte Harry, um den Tarnumhang überzuwerfen. Er wartete, bis die beiden an ihm vorbeigelaufen waren. Dann rannte er, so schnell es ging, wenn man sich fühlte als sei in seinem Inneren eine Sturmflut ausgebrochen, zurück zur Peitschenden Weide. In seinem Kopf drehte sich alles. Er wünschte sich mit jeder Faser seines Seins, dass Ron und Hermione nicht Recht hatten, dass es irgendeine andere Erklärung gab. Auch wenn er sich verbot bewusst darüber nachzudenken, das schlimmste war, dass er instinktiv fühlte, dass dieses Gefühl, welches er jetzt plötzlich Draco gegenüber empfand nie mehr ganz weggehen würde. Es war einmal ausgebrochen und würde immer ein Teil von ihm sein, so sehr er sich auch dagegen wehrte und egal was Draco tat.

Er ließ seinen Tarnumhang fallen und stolperte die Treppe hoch.

Als er die Tür zu dem Zimmer aufstieß, in dem Draco sich befand, war er nur noch ein schlotterndes Etwas.

Draco war aufgestanden und stand ihm gegenüber im Zimmer.

"Draco, warum wirst du gefoltert?" keuchte Harry. "Bitte sag mir, dass du kein Geheimnis-Wahrer bist!"

Draco sah ihn hart an. "Doch. Ich bin Geheimnis-Wahrer."

Harry schlug die Hände vor das Gesicht und taumelte. "Also hatte Hermione Recht." In seiner Stimme lag seine ganze Verzweiflung. "Du bist Voldemorts Geheimnis-Wahrer."

"Harry Potter." Draco machte zwei Schritte, so dass er direkt vor ihm stand. "Ich bin der Geheimnis-Wahrer meines Vaters."

Harry stöhnte auf und fiel vor Draco auf die Knie.