Hallo! Hier kommt schon das nächste Kapitel und wahrscheinlich lade ich dieses Wochenende noch eins hoch. Das erscheint dann am Sonntag. Wieder mal ganz lieben Dank für eure reviews. Ich habe mich so gefreut!

@Chillkroete: Na, das wuedre mich ja schon mal interessieren, was dir dazu eingefallen ist. (grins)

@DeadlySins: Hi, das freut mich ja, dass du nichts auszusetzen hast, meine liebe Betaleserin. (smile)

@Maxine: (knuschelt) Jaja, ich hau ja schon in die Tasten.

@MaxCat: Ja ne? Wenn man bedenkt, dass er von Draco ist. (smile)

@Matjes: Vielen dank. Ja, es sind dieselben Farben, die Oliver gesehen hat.

@SilentRose: Haaahaha, ja stimmt. Böses foul.

@Jacky: Die Farben sind eine Wirkung der Bonbons, die auch Oliver gegessen hat.

@Romilly: Ich wird sie mir bei Gelegenheit mal angucken.

@Tinkalili: Hoff du hast eine schöne Zeit im Urlaub. Sind bestimmt mindestens zwei neue Kapitel da, wenn du zurückkommst. (knuddel)

@Dracos-Honey: Vielen Dank, ja ich beeile mich mit meinen Kapiteln ziemlich.

Disclaimer: Immer noch alles J.K. Rowlings Eigentum.

Ganz lieben Dank wieder an meine Betaleserin Jenny.

27. Schatten in der Nacht

Auch wenn es gar nicht so einfach war, das zuzugeben, war es doch sehr angenehm Harry Potter wieder im Arm zu halten. Draco wusste nicht was im Moment mit dem Jungen los war. Harry hatte nur irgendetwas von Farben gemurmelt. Vielleicht war es eine Art Traum, vielleicht war er einfach überanstrengt. Im Grunde war es Draco egal und wenn er ganz ehrlich war, war ihm Harrys Zustand sogar ganz recht. So konnte er zumindest hier mit ihm liegen bleiben. Sie hatten gar keine andere Wahl. Sollten Blaise und Pansy doch denken was sie wollten, sollten sie doch nach ihm suchen. Hier würden sie ihn sicher nicht finden. Und wenn sie doch kommen sollten, hatten sie immer noch Harrys Tarnumhang.

Natürlich hatte Draco längst vermutet, dass Harry so etwas besaß. Im dritten Schuljahr war es vielleicht noch leicht gewesen, ihn zu täuschen, aber inzwischen hatte er herausgefunden, wie es Harry damals gelungen war, ihn so zu erschrecken. Er lächelte leicht. Komisch eigentlich, dass er bei dem Gedanken daran keine Bitterkeit mehr empfand. Es kam ihm fast selbst amüsant vor, wenn er daran dachte, wie er damals vor der Heulenden Hütte vor Harrys schwebenden Kopf davongelaufen war. Damals war er selbst fast so naiv gewesen wie Harry jetzt.

Er glaubte, dass Harry mittlerweile eingeschlafen war. Jedenfalls lag er ruhig und wand sich nicht mehr in Dracos Armen. Nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte . . .

Schaudernd dachte er daran, was passiert wäre, wenn Harry diesmal nicht gerettet worden wäre. Er hatte schon immer gewusst, dass es Menschen und Wesen gab, die Harry Potter töten wollten. Aber er hatte nie genauer darüber nachgedacht, was das bedeutete. Eigentlich war es immer nur ein weiteres Zeichen dafür gewesen, wie wichtig Der Junge der lebt war. Er war so etwas besonderes, dass es sogar Leute gab, die ihn umbringen wollten. Es war nur eine weitere Tatsache gewesen, die Dracos Hass geschürt hatte.

Dass der Dunkle Lord Harry Potter tot sehen wollte war einfach eine unumstößliche Wahrheit, ein Fakt, mit dem Draco aufgewachsen war. Es war genauso selbstverständlich, wie dass Voldemort und Dumbledore Feinde waren, oder dass Slytherins und Gryffindors sich hassten. Es war einfach natürlich und Draco hatte nie über die Konsequenzen nachgedacht. Heute begriff er zum ersten Mal, wie zerbrechlich Harry war. Dass er tatsächlich sterben konnte und dann einfach nicht mehr da sein würde. Aber eine Welt ohne Harry Potter war völlig unvorstellbar, völlig unmöglich. Eine Welt ohne ihn wollte Draco nicht mehr. In der Nacht, als er Harry vor seinem Schlafraum gefunden hatte war er völlig überwältigt gewesen. Harry hatte so verletzlich und hilflos gewirkt.

Draco dachte seitdem nicht mehr darüber nach, was er wirklich für Harry fühlte. Er ließ es dabei bewenden, dass er gern in seiner Nähe war und ihn gern berührte. Das konnte er vor sich selbst eingestehen. Über alles andere wollte er sich lieber gar nicht so genau im Klaren sein.

Er rückte näher an Harry heran und zog das andere Ende der Decke über ihre ineinander verschlungenen Körper. Es war ein bisschen hart auf dem Steinfußboden, aber es war nicht kalt. Dazu war Harry viel zu warm. Sein schlanker Körper strahlte so viel Hitze aus, dass er fast wie eine menschliche Sonne war. Draco kuschelte sich wohlig an ihn. Er wollte nicht daran denken, was Morgen sein würde. Er wollte wenigstens für eine Nacht die Gedanken an seinen Vater vergessen, die ihn ständig verfolgten. Obwohl jetzt keiner mehr versuchte, das Geheimnis aus ihm herauszubekommen, hatte er immer noch ein schlechtes Gefühl und machte sich große Sorgen. Natürlich konnte er nichts tun als abwarten. Wenigstens heute Nacht wollte er nur an Harry denken und mit diesem Gedanken einschlafen.

Als er aufwachte, merkte er als erstes, dass es kalt war. Harry war nicht mehr da. Mit einem Ruck setzte er sich auf. Der Platz auf der Decke neben ihm war leer. Sein Herz krampfte sich zusammen. Harry wäre nicht einfach weggegangen, ohne ihm Bescheid zu sagen und genau das war es, was ihm Angst machte. Schließlich wusste er, dass Harry schlafwandelte. Der Junge war gerade erst der letzten Gefahr entronnen und Draco hatte eben noch selber darüber nachgedacht, dass es viele gab, die ihm den Tod wünschten. Warum war er eingeschlafen, anstatt Harry zu beschützen? Warum hatte er sich nicht mehr Sorgen um Harrys seltsamen Zustand gemacht? Dracos Atem ging schneller und er hörte sein Herz hart gegen seinen Brustkorb schlagen. Harry konnte noch nicht lange weg sein. Seine Seite der Decke fühlte sich immer noch ein wenig warm an.

Draco sprang auf und sah sich gehetzt um. Wohin war Harry gegangen? Er versuchte schnell und ruhig nachzudenken, obwohl seine Gedanken rasten und sein Gehirn zu keiner klaren Überlegung fähig zu sein schien. Er verkrampfte die Hände zu Fäusten und versuchte sich zu konzentrieren.

Alles war gut, solange Harry nicht das Schloss verlassen hatte. Solange er nicht durch die Phoenix-Barriere ging, war er in Sicherheit.

Draco rannte zum nächsten Fenster. Es war ziemlich weit oben in die Wand eingelassen. Er zog sich daran hoch, so dass er auf dem Fensterbrett saß. Angestrengt starrte er nach draußen in die Dunkelheit.

Als er eine einzelne kleine Gestalt durch die Dunkelheit wanken sah, wurde ihm so schwindelig, dass er fast rückwärts aus der Fensternische gefallen war. Ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt. "HARRY!" brüllte er, obwohl klar war, dass der Junge ihn von hier niemals hören konnte. Seine Kehle schnürte sich so eng zusammen, dass er kaum noch atmen konnte. Die Gestalt bewegte sich langsam vorwärts und stolperte oft, als habe sie ihre Bewegungen nicht selbst unter Kontrolle, aber trotzdem bewegte sie sich zielstrebig auf die Phoenix-Barriere zu.

Draco glitt von dem Fenstersims und stützte sich an der Wand ab. Seine Knie zitterten so sehr, dass er um ein Haar auf den Boden gesunken wäre, aber das durfte er nicht. Er musste zu Harry. Er musste ihn aufhalten und er musste sich beeilen. Vielleicht war es schon zu spät, aber über diese Möglichkeit wollte Draco lieber gar nicht nachdenken. Er war auf dem höchsten Turm von Hogwarts und er musste nach unten.

Wie ein Pfeil schoss er durch die Gänge und flog die Treppen herunter. Er konnte sich nicht erinnern, schon einmal in seinem Leben so gerannt zu sein. Der schreckliche Gedanke zu spät zu kommen trieb ihn an. Wenn er Harry nicht rechtzeitig erreichte, würde er mit Sicherheit sterben und das durfte er nicht. Es war völlig undenkbar, dass Harry Potter starb. Er hatte bislang alles überlebt. Er hatte sogar Dinge überlebt, die hunderte von starken erwachsenen Zauberern getötet hatten, also würde er jetzt auch nicht zu Grunde gehen, nur weil er schlafwandelte. Das schien einfach völlig absurd und verkehrt zu sein. Das durfte einfach nicht passieren.

Draco sprang über das Geländer der letzten Treppe, stürzte durch das Tor in den Schnee hinaus und sah Harry im Mondlicht, das vom Schnee reflektiert wurde vor sich.

Er war zu spät gekommen. Harry war schon fast an der Barriere angelangt und dahinter waberten schwarze Schatten, die bereits auf ihn zu warten schienen. Draco verschwendete seine Zeit nicht damit noch einmal Harrys Namen zu rufen. Er wusste, dass der Junge nicht reagieren würde. Ohne im Laufen inne zu halten, stolperte er weiter, die Kälte kaum bemerkend. Wenn Harry tatsächlich durch die Phoenix-Barriere ging, würde er ihm eben folgen. Alles war besser, als hier zurückzubleiben. Draco stellte sich darauf ein, gleich in die Dunkelheit des Verbotenen Waldes einzutauchen und von den wogenden Schatten darin empfangen zu werden. Harry hatte sich der Barriere bis auf wenige Meter genähert. Draco war nur noch einige Schritte von dem dunkelhaarigen Jungen entfernt, aber es waren einige Schritte zu viel.

Er würde Harry nicht mehr einholen.

Einen Moment bevor er die Barriere erreichte, strauchelte Harry plötzlich und fiel in den Schnee. Er rappelte sich zwar sofort wieder auf, aber die wenigen Sekunden genügten Draco um ihn zu erreichen. Er schlang von hinten die Arme um Harry und riss ihn zurück. Er war überrascht, als Harry wild nach ihm schlug und trat, aber nicht so überrascht, dass er ihn losgelassen hätte. Sie waren gefährlich nah an der Barriere und Draco glaubte zu sehen, wie sich die Gestalten dahinter wütend bewegten und gierig nach ihnen griffen. Schaudernd versuchte er Harry weiter zurück zu ziehen, aber der Junge wehrte sich aus Leibeskräften. Fast gelang es ihm sich los zu reißen und nur mit der Kraft der Verzweiflung schaffte es Draco, ihn unter Kontrolle zu halten.

"Lass mich los!" schluchzte Harry plötzlich. "Ich muss zu ihnen."

Draco gelang es mit aller Kraft die er aufbringen konnte ihn in den Schnee zu drücken und sich auf ihn zu setzen. Er hielt Harrys Arme fest und presste sie in den Schnee. Harry wand sich unter ihm und bäumte sich verzweifelt auf.

"Harry!" schrie Draco. "Hör auf!"

Harry gelang es ihn abzuschütteln. Draco fiel in den Schnee und Harry kroch weiter auf die Barriere zu.

"NEIN!" schrie Draco und hielt ihn an einem Bein fest. Harry trat nach ihm und Draco stieß einen Schmerzensschrei aus. Der Schnee war überall. In seiner Kleidung, in seinen Augen, in seinem Mund. Er wusste kaum noch wo oben und unten war. Er wusste nur, dass er um jeden Preis Harry festhalten musste. Noch einmal richtete er sich mit letzter Kraft auf und stürzte sich auf ihn. Diesmal lag er auf Harry und drückte ihn mit seinem ganzen Körper nieder. Zum Glück schienen sich jetzt auch Harrys Kräfte zu erschöpfen, jedenfalls wehrte er sich nicht mehr so vehement. Draco bemerkte erschrocken, dass ihm Tränen über die Wangen strömten.

"Bitte, lass mich los", flüsterte er. "Ich muss zu ihnen. Ich muss ihnen helfen."

"Zu wem musst du?" keuchte Draco atemlos.

"Zu ihnen!" stöhnte Harry. "Zu Draco und Oliver und Fred und George. Sie sind alle da drin." Draco sah ihn entsetzt an. "Harry ich bin doch hier. Ich bin doch bei dir."

"Bitte, ich muss zu Draco. Er braucht mich." Harrys Stimme war so verzweifelt, dass es Draco einen Stich in der Brust gab. Er strich über Harrys Gesicht. "Harry, ich bin es doch. Ich bin bei dir."

Harry merkte, dass Dracos Griff sich etwas lockerte und er versuchte wieder zu entkommen. Draco reagierte sofort und verstärkte seinen Griff.

"Sie werden alle sterben", schluchzte Harry. "Draco!"

Draco fand es unglaublich, wie sehr es ihn schmerzte, dass Harry ihn nicht erkannte, aber das war im Moment nicht ihr größtes Problem. Sie mussten aus dem Schnee heraus. Er fühlte seine Bewegungen langsamer werden und auch Harrys Körper wurde unter ihm immer kälter. Er gab kaum noch Wärme ab und auch sein Zittern wurde schwächer, was, wie Draco wusste ein schlechtes Zeichen war. Wenn sie noch länger hier lagen, würden sie erfrieren. Es musste etliche Grade unter Null sein. Das Problem war, dass er sich kaum bewegen konnte. Sobald er seinen festen Griff um Harry lockerte, versuchte der Junge wieder zu entkommen und sie waren so gefährlich nah an der Barriere.

Plötzlich hatte Draco eine Eingebung. Immer noch auf Harry liegend hob er die Hände zu seinem Hals und tastete nach der Drachenkette. Sie hatte ihm in diesem Schuljahr sehr viel geholfen und sie hatte ihn auch davor beschützt sein Geheimnis zu verraten, aber jetzt war es Zeit, sie abzugeben.

Seine klammen Hände brauchten eine Weile, um die Kette zu ertasten und noch länger, um den Verschluss zu öffnen. Dabei musste, er auch noch aufpassen, dass Harry, der immer noch verbissen kämpfte, obwohl seine Kräfte merklich nachließen sich nicht von ihm losmachte. Draco spürte ein Gefühl des Verlustes durch seinen Körper strömen, als er das Amulett von seinem Hals nahm. Es war fast so ein Gefühl, als würde man aus heißem Wasser in einen eiskalten Raum kommen. Im selben Moment machte Harry noch einen Versuch von ihm frei zu kommen und um ein Haar hätte Draco die Kette in den Schnee fallen lassen. Dann hatte er Harry wieder unter Kontrolle. Es war sehr schwierig, ihm das Amulett um den Hals zu legen. Harry wand sich unter ihm und Dracos Finger waren fast steif gefroren.

"Du brauchst sie mehr als ich", flüsterte er, während er die Kette endlich verschloss. Sie schmiegte sich sofort an Harrys Haut und wurde unsichtbar. Im selben Moment entspannte sich Harry und ließ sich in den Schnee zurücksinken. Draco atmete erleichtert auf.

Harry öffnete die Augen und sah Draco völlig abwesend an. "Mir ist so kalt", flüsterte er mit bebender Stimme. Einen Moment lang hätte sich Draco, der von der Anstrengung völlig geschafft war, am liebsten neben Harry in den Schnee sinken lassen. Dann erfroren sie eben zusammen. Er hatte gehört, dass Erfrieren ein sehr schöner Tod sein sollte und im Moment kam ihm nichts verlockender vor, als sich einfach hinsinken zu lassen. Aber schließlich hatte er Harry nicht gerettet, damit sie beide hier verendeten.

Von Harry konnte er keine Unterstützung erwarten, da der immer noch völlig benommen war. Draco richtete sich mit großer Anstrengung auf und zog Harry mit sich hoch.

"Was machen wir hier draußen?" Harrys Stimme versagte fast. "Na, was wohl?" fragte Draco bissig. "Du bist mal wieder schlafgewandelt. Du musst dir das unbedingt abgewöhnen. Das ist ja lebensgefährlich. Noch mal kann ich nicht deine Haut retten."

Irgendwie tat es gut so gehässig zu sein. Er fühlte, wie seine Lebensgeister zurückkehrten. Er legte einen Arm um Harry und zog ihn mit zurück in Richtung des Schlosses. Sie mussten es unbedingt bis dahin schaffen, bevor er wieder in den Schnee stürzte. Er war sich sicher, dass er nicht die Kraft haben würde noch einmal aufzustehen.

Plötzlich stockte Harry und versteifte sich.

"Was?" fragte Draco wütend, aber er konnte die Verzweiflung in seiner Stimme nicht ganz verbergen. Sie mussten aus dieser Kälte heraus. Harry, der direkt im Schnee gelegen hatte, war noch viel durchgefrorener als er selbst. Und er konnte seine Füße und Hände schon nicht mehr fühlen.

"Ich . . . ich muss sie retten!" Harry sah Draco mit großen Augen an.

"Du musst niemanden retten, außer dich selbst!" schrie Draco ihn an. "Du Idiot! Wenn wir noch länger hier draußen bleiben, erfrieren wir beide. Du hast nur geträumt."

"Nein", sagte Harry leise, aber zu Dracos Erleichterung ließ er sich weiter ziehen. Weg von der Phoenix-Barriere. "Das war kein Traum. Ich habe es ganz deutlich vor mir gesehen. Oliver und die Zwillinge. ich weiß wo sie sind." Harry sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Sie sind hinter der Tür"

Draco starrte ihn an. "Hinter welcher Tür?"

Plötzlich veränderte sich Harrys Blick. Er schien klarer zu werden und Draco, der ihn fest im Arm hielt fühlte, dass Leben in seinen Körper zurückströmte. "Was habe ich gerade gesagt?" fragte er.

"Irgendetwas von einer Tür", erwiderte Draco schroff. Er sah auf. Das Schloss war nicht mehr so weit entfernt. Sie würden es vielleicht schaffen. Harry hob eine Hand zu seinem Kopf. "Ich erinnere mich überhaupt nicht mehr. Ich muss geträumt haben."

In dem Moment als er das sagte, hatte Draco plötzlich ein seltsames Gefühl, als würde irgendetwas daran nicht stimmen. Als wäre irgendetwas an der ganzen Situation falsch. Aber er hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Er musste all seine Konzentration und Energie darauf verwenden, nicht zu stolpern.

Als sie endlich das Schloss erreichten und durch die Torflügel wankten, wäre er am liebsten mit Harry einfach auf dem Boden der Eingangshalle sitzen geblieben. Aber das war unmöglich. Auch hier war es noch so kalt, dass sie sich in ihrem jetzigen Zustand zumindest eine Lungenentzündung holen würden.

"Schaffst du es bis zu meinem Gemeinschaftsraum?" fragte er Harry. Harry nickte. Sein Blick war wieder glasig und Draco war klar, dass er ihn so schnell wie irgend möglich warm bekommen musste.

Er konnte nur hoffen, dass sich niemand im Gemeinschaftsraum aufhielt. Oder wenn doch, dass diejenigen fest schliefen. Es waren nicht mehr viele Slytherins in Hogwarts, seit der Kampf ausgebrochen war. Das überraschte Draco nicht. Einige waren so weit er wusste selbst Kinder von Todessern, aber die waren fast alle schon am Anfang dieses Schuljahres nicht zurückgekommen. Aber seit der Krieg offen ausgebrochen war, war es klar, dass man es als Slytherin in Hogwarts unerträglich schwer haben würde, da jeder aus den anderen Häusern einen verdächtigte mit den Dunklen Truppen im Bündnis zu stehen. Daher hatten die meisten Eltern ihre Kinder nach Hause geholt. Einige der Jüngeren schliefen seitdem im Gemeinschaftsraum um sich nicht einsam zu fühlen. In den Nächten zuvor hatte Draco bei ihnen Wache gehalten. Schließlich war er Vertrauensschüler und dafür verantwortlich, dass sich die Jüngeren sicher fühlten.

Um zu vermeiden, dass jemand sie zusammen sah, ließ er Harry gegen die Mauer vor dem Gemeinschaftsraum gelehnt stehen. Harry sank sofort daran herab.

"Ich bin gleich wieder da", sagte Draco. Er flüsterte das Passwort vor dem Eingang. Die Wand öffnete sich und er trat leise ein. Der Gemeinschaftsraum war heute leer, bis auf Pansy und Blaise, die sich in einem Sessel vor dem Feuer zusammengerollt hatten. Wahrscheinlich hatten sie ihn überall gesucht, dann hier auf ihn gewartet und waren schließlich eingeschlafen. Blaises lila gefärbte Harre leuchteten im Feuerschein. Draco lächelte. Er mochte den Jungen, auch wenn er ihm erst dieses Jahr wirklich aufgefallen war. Er wunderte sich manchmal warum Blaise nicht in ein anderes Haus sortiert worden war. Zwar war er ehrgeizig, aber vor allem war er loyal. Obwohl seine Eltern ihn unbedingt aus Hogwarts wegholen wollten, hatte er sich strikt geweigert, da er bei Draco und Pansy bleiben wollte. Schließlich hatte sein Vater beschlossen, ihn zu holen, aber die Phoenix- Barriere war ihm zuvorgekommen. Nun konnte keiner mehr Hogwarts betreten und es war zu gefährlich das Schloss zu verlassen, da sie nicht wussten, was mittlerweile alles hinter dem Schutzwall auf sie lauerte.

Draco seufzte leise. Er zitterte immer noch. Die Kälte schien sich bis zu seinen Knochen durchgefressen zu haben. Sein gesamter Körper fühlte sich an, wie ein Eisblock.

Er ging um Harry zu holen, der wie ein Häufchen Elend zusammengekauert auf dem Boden saß. Die Kälte schüttelte ihn.

Draco zog ihn hoch. "Gleich wird dir wärmer", sagte er tröstend und war überrascht, dass seine Stimme so . . . sanft klang.

"Draco, irgend etwas stimmt nicht. Ich habe das Gefühl, ich müsste mich an irgendwas erinnern, aber ich schaffe es nicht. Es war so wichtig . . ."

"Ist, schon gut. Jetzt ist es am wichtigsten, dass wir warm werden. Sei ganz still, sonst wachen Pansy und Blaise auf. Er legte wieder einen Arm um Harry und zog ihn mit sich in das Badezimmer der Vertrauensschüler. "Zieh dich aus", befahl er, während er sich um das Wasser kümmerte. Es musste so warm sein, wie möglich, ohne sie zu verbrennen.

Harry begann sich auszuziehen. Sein Blick war immer noch abwesend. Draco wusste, dass er nachdachte. Plötzlich sah er auf und seine Augen blitzten. "Du hast mich gerettet!" Draco zuckte zurück. Damit hatte er nicht gerechnet. "Na ja, so würde ich das nicht sagen." Harry kam auf ihn zu und umarmte ihn. "Danke" flüsterte er. "Das werde ich dir nie vergessen."

Draco antwortete nicht, aber er stieg mit Harry zusammen in die dampfende Badewanne und fühlte sich endlich völlig in Sicherheit. Irgendeine Stimme in seinem Kopf wollte ihm immer noch sagen, dass etwas nicht stimmte, dass etwas faul war, aber er schob sie zur Seite. Er würde morgen darüber nachdenken. Ihnen würde nichts mehr geschehen. Er würde Harry ab jetzt beschützen. Dieser Idiot konnte ja offensichtlich nicht auf sich selbst aufpassen. Sobald sie in Dracos Zimmer waren rollte sich Harry völlig erschöpft auf Dracos Bett zusammen. Aber er schloss nicht die Augen, sondern beobachtete ungeduldig Draco, der die Tür abschloss.

Draco sah sich suchend im Zimmer um.

"Was machst du?" fragte Harry schläfrig. "Komm doch ins Bett."

"Ich gucke, wo ich den Schlüssel am besten verstecke, damit eine gewisse idiotische Person nicht noch einmal in den Schnee hinaus rennt und mich dazu zwingt bis auf die Knochen durchzufrieren."

Harry lächelte. Dracos Blick fiel auf seine Schreibtischschublade. Er schloss sie ab, stellte einen Stuhl davor, steckte den Schlüssel unter sein Kopfkissen und legte sich darauf. Bis Harry es diesmal schaffte, die Tür aufzubekommen, würde er selbst längst aufgewacht sein. Zufrieden drehte er sich zu Harry um. Harry rückte näher an ihn heran und schlief schon fast in der Bewegung ein.

Draco schloss ebenfalls die Augen und während er in den Schlaf hinüberdriftete, fiel ihm ein, was ihm die ganze Zeit seltsam vorgekommen war:

Harry hatte diesmal keinen gewöhnlichen Alptraum gehabt. Dagegen hätte die Drachen-Kette nichts bewirkt. Sie schützte nur vor Magie. Harry musste von irgendetwas beeinflusst worden sein.

Aber es war zu spät wieder aufzuwachen. Der Schlaf hielt ihn bereits gefangen.

*Dunkelheit, Schatten. Die Dunkelheit war tief und schien alles zu verschlucken, so dass er kaum etwas erkennen konnte.

Trotzdem glaubte er einen Schemen an einer der Wände ausmachen zu können und als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, nahm er wahr, dass er menschliche Umrisse hatte. Die Arme der Gestalt waren links und rechts des Körpers an die Wand gekettet und der Kopf war gesenkt. Lange silberne Haare verdeckten das Gesicht.

"Was wollt ihr noch von mir?" fragte Lucius mit brechender Stimme. Es klang, als müsse er sich konzentrieren, um überhaupt sprechen zu können. "Habt ihr nicht was ihr wolltet?" In der verschlingenden Dunkelheit ertönte ein Geräusch, das die grausige Nachahmung eines Lachens sein konnte. Es klang so fremdartig und kalt, dass sich in seinem Körper alles zusammenzog.

"Lucius, mein alter Freund", zischte die Stimme, die nicht exakt menschlich war. "Vertraust du mir nicht? Du wirst noch früh genug erfahren, was ich will."

Lucius hob mühsam den Kopf. Das alte Glitzern war aus seinen Augen verschwunden. Sie schienen stumpf und leer. "Was habt ihr vor?" Warum das alles hier? Ich verstehe nicht." Lucius Blick wanderte durch den Raum. Für einen Moment glaubte der Beobachter in der Dunkelheit noch mehr Schemen zu erkennen, die menschliche Umrisse hatten. Aber sie bewegten sich nicht, also konnten sie nicht lebendig sein.

"Lumos" wisperte die verstörende Stimme und im schwachen Licht, das daraufhin aufleuchtete, konnte er eine vermummte Gestalt erkennen. An der Stelle an der sich die Augen befinden sollten, glommen zwei rote Lichter. Ihr zu Füßen kauerte eine weitere zusammengesunkene Gestalt.

"Ich habe dir gesagt, Lucius, dass ich einen Treuebeweis von die erwarte", raunte die Stimme.

"Ich habe getan, was ihr verlangt habt." Lucius Stimme klang jetzt fester. "Auch wenn ich eure Wahl nicht verstehe. Warum ein fünfzehnjähriger Junge als Geheimniswahrer, wenn ihr auch einen eurer Anhänger wählen könntet?" Er blickte auf die zusammengekauerte Gestalt neben dem Dunklen Lord. "Ihn zum Beispiel."

"Er hat schon einmal als Geheimniswahrer versagt."

Das Wesen am Boden jaulte auf und sank noch tiefer in sich zusammen. "Lucius" die Stimme klang jetzt wie mit dunklem Samt überzogen. "Ich vertraue keinem meiner Anhänger. Es gehört zu ihrer Natur, nicht vertrauenswürdig zu sein. Nein, Lucius, ich habe niemandem, der mir so treu ergeben ist wie dir dein Sohn. Außerdem hat er einen starken Willen. Das ist der Grund, warum ihn gerne in meine Reihen aufnehmen würde, wie du weißt."

Lucius hob mit einem Ruck den Kopf. "Das muss Draco selbst entscheiden. Ich werde ihn dir nicht ausliefern, wie ein Opferlamm. Er wird seine Seite selbst wählen."

"Wie du meinst. Aber höre mich erst an und entscheide dann, ob du immer noch so denkst."

Der Dunkle Lord näherte sich dem an die Wand geketteten Mann bis auf ein paar Schritte. "Dass du deinen Sohn dazu überlistet hast, dein und damit indirekt mein Geheimniswahrer zu sein, genügt mir nicht als Treuebeweis. Du besitzt zwei Dinge, die für mich wertvoll sind und eins davon beanspruche ich für mich. Du kannst wählen, welches."

Lucius sah ihn durchdringend an. "Wovon sprichst du?"

"Nun, das eine ist natürlich Draco."

"Du kennst meine Meinung dazu. Ich werde dir meinen Sohn nicht einfach überlassen."

"Und das andere . . ." Der Dunkle Lord trat noch näher an sein Opfer heran. Der Beobachter sah, wie er eine behandschuhte Hand ausstreckte und damit über Lucius eisblasse Haut strich. Ihm wurde übel.

"Du weißt, Lucius, wie charismatisch ich früher war. Ich gedenke nicht für ewig in diesem zusammengesetzten Körper zu bleiben vor dem alle, sogar meine treuesten Diener, angewidert zurückweichen."

Ein ersticktes Geräusch entrang sich Lucius' Kehle. "Jetzt verstehe ich. Ihr wollt mir meinen Körper nehmen. Daher habt ihr sie hierher gelockt. Ihre Lebensenergie soll als Katalysator dienen."

Der Dunkle Lord warf einen kurzen Blick, auf die Schemen, die sich in der Dunkelheit abzeichneten. "Richtig. Ich sehe, du hast dich bereits mit dem Ritual des Körpertausches befasst. Also weißt du auch, dass du noch bis zum nächsten Neumond in deinem hübschen Körper verweilen darfst. Du darfst wählen, ob du sterben, oder in einem anderen Körper weiterleben willst."

Lucius schien in sich zusammen zu sinken, aber seine Stimme war fest. "Dann nimm meinen Körper und lass mich sterben. Das ist besser als eine so unselige Halbexistenz zu führen wie ihr. Aber lasst Draco in Ruhe."

"Du überrascht mich Lucius. Nicht durch deinen Edelmut. Ich weiß, dass dein Sohn dir das Wichtigste auf der Welt ist. Er war schon immer deine Schwachstelle. Nein, du überrascht mich, weil du tatsächlich annimmst, dass ich dir eine Wahl lasse."

Lucius starrte ihn an und ballte die Hände zu Fäusten. Seine Handgelenke wanden sich in den Ketten. "Wovon redest du?"

"Lass mich dir etwas erklären Lucius. Eine recht amüsante Geschichte. Ich hätte meine Energiequellen sehr viel leichter irgendwo anders hernehmen können und nicht ausgerechnet aus Hogwarts. Tatsächlich war der Aufwand dafür sehr groß und ich musste mir etwas einfallen lassen, um meine Köder dort zu verteilen. Zusätzlich musste ich einen Teil meiner Armee im Dunklen Wald positionieren, um meine Fänge einzusammeln. All das nahm ich nur auf mich, da ich, wie du weißt gegen Hogwarts und gewisse Personen, die sich darin aufhalten eine besondere Abneigung hege." Der Dunkle Lord trat zu den menschenähnlichen Umrissen und der Beobachter erkannte, dass es sich tatsächlich um Menschen handelte, auch wenn sie sich nicht bewegten. Sie schienen wie versteinert. "Nun, das Ironische ist, dass mein Lockstoff nicht einmal die erwünschte Wirkung hatte. Das Gedankengift hat sich nicht so gut in Hogwarts verteilt, wie ich gehofft hatte und hat schließlich nur diese drei lächerlichen Gestalten hergeführt." Er zeigte auf die versteinerten Figuren. "Aber das Glück hat sich heute Nacht zu meinen Gunsten geändert. Zuerst habe ich tatsächlich IHN erwischt. Endlich. Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet. Du kannst dir nicht vorstellen, was für ein Gefühl es war, plötzlich in SEINE Gedanken eindringen zu können und ihn langsam in die Dunkelheit zu locken." Die roten Augen funkelten gefährlich. "Dann wurde er mir entrissen." Die Stimme klang plötzlich gar nicht mehr menschlich, sondern wie das Zischen einer Kobra. Dann ertönte wieder das widerliche Lachen. "Aber schließlich ist doch alles nach meinem Willen gegangen, denn nun habe ich deinen Sohn."

"Nein", keuchte Lucius und bäumte sich in den Ketten auf. "Du kannst nicht in Dracos Gedanken dringen. Das ist unmöglich. Ich habe ihm . . ." Lucius verstummte.

Der Dunkle Lord sah ihn an. "Wieso sollte es unmöglich für mich sein? Nein, Lucius, ich habe ihn. Und ihm brauche ich nicht einmal etwas vorzugaukeln. Ich brauche ihn nur uns beobachten zu lassen. Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet dein Sohn einmal als Köder für IHN dienen würde? Und jetzt bekomme ich sie beide."

In das grässliche Lachen hinein hörte Draco die Stimme seines Vaters: "Komm nicht hierher, Draco! Bitte bleib weg!"*