"bla bla" - gesprochenes Wort

/bla bla/ - Gedanken

Verzweifelung? Fehlentscheidung. Rache!

Teil 4

Instinktiv tastete er nach dem Lichtschalter neben der Tür. Sein Blick fiel auf das Bett am

anderen Ende des Zimmers. Yohji lag wie leblos darauf. Sein rechter Arm baumelte herunter,

die Waffe war ihm aus der Hand gefallen.

Omis Tränen rannen ungehindert sein Gesicht herunter. "Warum Yohji? Wieso tust du so

was?"

Der Angesprochene rührte sich nicht. Omi trat zu ihm ans Bett und fragt noch einmal mit

gebrochener Stimme "Warum?"

Yohji öffnete die Augen und sah zu ihm empor. "Siehst du, was für ein Versager ich bin? Ich

schaffe es nicht mal, dir meinen Anblick zu ersparen. Selbst dazu bin ich zu feige." Er deutete

auf die Kugel, die in der Wand steckt.

Omi wollte nicht darüber nachdenken, dass Yohji sich tatsächlich so einfach aus dem Leben

stehlen wollte. Er brauchte Antworten.

Leichter Alkoholgeruch stieg von Yohji auf. Nicht viel, aber doch genug, um zu merken, dass

er mehr als nur ein Glas getrunken hatte.

Erneut stellte Omi seine Frage. "Warum Yohji? Warum Freitag und warum heute?"

Lange Zeit erhielt er keine Antwort. Omi hatte sich schon abgewandt und wollte das Zimmer

wieder verlassen, als Yohji zu sprechen ansetzte. "Weißt du, ich bin hetero... Mein Leben lang

war ich fest davon überzeugt. Und dann kommst du und lächelst mich jeden Tag an.

Irgendwann merkte ich, dass ich darauf wartete, mit dir allein zu sein. Deine Nähe zu spüren.

Ich konnte das nicht länger ertragen. Ich wollte mich davon überzeugen, dass ich nichts für

dich empfinde. Deswegen Freitag. Doch kaum warst du mit mir in diesem Keller, konnte ich

gar nicht anders. Du bist wie ein geheiligtes Wesen. Wie ein Engel, der herabgestiegen ist, um

meine Seele zu heilen. Ich wollte dir zeigen, wie schön die Liebe sein kann..."

"An diesem Tag hast du das auch. Ich habe mir gewünscht, dass du es bist, der diese Dinge

mit mir tut, ich..." Omi hörte auf zu reden, als er die Tränen in Yohjis Gesicht sah. Der Mann

sah so verzweifelt aus. Als ob ihn diese Worte zerstören würden.

"Oh Gott. Omi. Es tut mir so leid. Ich bitte dich, verz..."

Omi unterbrach in grob. "Warum hast du es getan? Was habe ICH dir getan? Du hast mein

Vertrauen gebrochen und mich bis aufs Tiefste verletzt. In mir gibt es nichts mehr, nur noch

einen Haufen Scherben. Verdammt noch mal, wozu das Ganze? WIESO?" Er hatte sich in

Rage geredet. Schrie ihm das letzte Wort förmlich entgegen.

Yohji setzte sich im Bett auf und zog Omi zu sich heran. "Wieso? Ich weiß es nicht. Zuerst

war ich nur wütend, weil es dir egal war, wer das mit dir getan hatte. Ich habe mich in die

Wut reingesteigert. Wenn es dir egal ist, ob du mit mir oder mit Aya schläfst, dann war es dir

doch auch egal, was mit dir im Bett passiert. Wenn ich liebe, dann will ich, dass diese Person

NUR mich will. Nicht, dass es ihr oder ihm egal ist, mit wem sie sonst schläft. Ich war rasend

eifersüchtig.

Als ich wieder zu Sinnen kam, hast du unter mir gelegen und geweint. Ich habe es nicht

ausgehalten, deine Tränen zu sehen. Es hat mir einen Stich ins Herz versetzt. ICH war es, der

dir das antat. Doch es war schon zu spät. Mein Körper wollte die Erlösung, und ich war zu

schwach und zu feige. Ich habe einfach weitergemacht." Er schwieg und starrte nach unten.

Omi hob die Hand, um ihm die Tränen aus den Augen zu wischen, doch Yohji hielt ihn davon

ab.

"Fass mich nicht an. Ich habe dir einmal wehgetan. Deine Nähe... ich weiß nicht, ob es nicht

wieder passiert. Besser, du lässt mich allein." Er schob Omi von sich weg. "Geh."

Omi zögerte, gab dann aber nach. Morgen oder vielleicht auch übermorgen würde er noch

einmal mit Yohji reden. Jetzt waren die Emotionen noch zu frisch.

Hatte ihn Yohji jetzt abgewiesen, weil er ihn nicht mehr wollte? Oder, weil er ihn zu sehr

wollte? Omi wusste die Antwort nicht.

Als er den Flur überquerte, merkte er, dass weder Aya noch Ken gekommen waren, als der

Schuss fiel. Beide waren wohl nicht zu Hause. Aus seiner Sicht war es besser so, sie

brauchten von dieser Episode nichts zu erfahren.

Er starrte noch lange in die Luft, als er in seinem Bett lag. Leise konnte er das Schluchzen von

der anderen Seite des Ganges hören. Und da hatte er an diesem Morgen noch geglaubt, dass

dieser Tag perfekt war.

Omi wachte auf, als die Sonne schon hoch am Himmel stand. Er wunderte sich, warum ihn

keiner geweckt hatte, als er zur Schule musste. Doch momentan war ihm das egal. Die

Schmerzen hatten sich ungehindert überall in seinem Körper ausgebreitet. Er spielte kurz mit

dem Gedanken einfach im Bett liegen zu bleiben, als er einen Brief sah, den jemand unter der

Tür durchgeschoben hatte.

In ihm lag ein einfacher weißer Zettel. "Trotz allem, was ich getan habe. Ich liebe dich. Bitte

erinnere dich an den Freitag. Für mich war es der schönste Tag in meinem Leben. Ich hoffe,

für dich auch. Sayounara."

Omi riss die Tür zu Yohjis Zimmer auf. Es war sofort erkennbar, dass der Bewohner

ausgezogen war. Die kleinen persönlichen Gegenständen waren verschwunden, das Foto von

ihnen allen war vom Schreibtisch genommen worden. Er öffnete Schränke und Schubladen.

Ein Großteil der Kleidung war weg. Yohji war fortgegangen.

Omi wartete auf seine Rückkehr. Doch Yohji kam nicht zurück. Weder am nächsten Tag,

noch nach einer Woche oder einem Monat. Das Jahr schlich dahin. Weihnachten kam, Omi

bestand die Aufnahmeprüfung für die Universität, er wurde achtzehn. Doch Yohji war immer

noch verschwunden.

Auf den Tag genau ein Jahr nach diesem schrecklichen Dienstag im Mai stand Omi wieder in

Yohjis Zimmer. Es war noch genauso, wie er es an dem Mittwochmorgen gefunden hatte.

Er hatte heimlich gehofft, dass Yohji heute zurückkommen würde, aber diese Hoffnung hatte

sich zerschlagen.

Yohji war gegangen. Er hatte den Koneko und Weiß verlassen. Was aber viel mehr

schmerzte, war der Gedanken, dass er ihn verlassen hatte.

Omi hatte ihm vergeben. Er würde nie vergessen, was geschehen war, wahrscheinlich würde

er Yohji auch nie vollständig verstehen können. Aber er hatte ihm vergeben.

Omi zog die Tür zu Yohjis Zimmer hinter sich zu und schloss ab. Die Tür würde solange

geschlossen bleiben, bis Yohji wieder zu ihm zurückkehrte. Er würde den Glauben daran

nicht verlieren. Yohji musste einfach wieder zurückkommen. Ansonsten wäre alles sinnlos

gewesen, was er durchlebt hatte.

TBC.