Begegnung mit dem Unbekannten

Jede Faser in Elralias Körper sträubte sich dagegen, die Augen zu öffnen. Doch als sie es endlich schaffte sie einen spaltweit auf zu bekommen, sah sie eine Gestallt über sich gebeugt.

Sie konnte nicht erkennen wer es war, denn alles was sie wahr nahm war vollkommen verschwommen und unklar. Die Sonne stand hoch am Himmel und ließ das Gesicht dieser fremden Person im dunkel stehen, als sich dieser jemand zu Elralia herunter beugte blendeten die Strahlen sie und sie schloss wieder die Augen.

Alles was sie spürte war Taubheit und Schmerz. Ein Blitz der Erinnerung huschte in ihren Kopf auf und sie sah wieder das widerliche Grinsen von ihrem Vater, sie schreckte auf und versuchte aufzustehen, doch diese Person drückte sie wieder bestimmt auf den Boden und untersuchte vorsichtig ihre Wunden.

Elralia wollte sich wehren, die Hand an ihrer Stirn von sich drücken, doch ihre Arme waren schwer wie Stein und sie ließ sie resignierend zur Erde fallen. Sie versuchte wieder die Augen zu öffnen und dann spürte sie nur noch wie sie sanft hoch gehoben und davon getragen wurde. Sie wand sich und versuchte sich aus den Armen dieses Fremden zu befreien, doch ihr Körper war zu keiner wirklichen Bewegung im Stande. Unerträgliche Angst befiel sie und sie zwang sich dazu ihre Augen aufzureißen, als sie es endlich schaffte blickte sie in ein paar hellblaue Augen.

Sie glaubte ihre Augen würden ihr einen Streich spielen, aber sie befand sich wohl tatsächlich in den Armen eines Menschen. Elralia überlegte Krampfhaft wo sie war, dass sie von einem Mann gefunden werden konnte nur eines bedeuten, dass sie noch immer im Reich ihres Vaters war.

Panik befiel ihr Herz und mit einem letzen verzweifelten Versuch, strampelte sie mit ihren Füßen. Sie brachte den Fremden damit kurz aus dem Gleichgewicht, aber dieser fing sich genauso schnell wieder und umfasste Elralia nur noch fester. Er blickte einfach nur stumm auf sie nieder, in seinen Zügen konnte Elralia Verwunderung aber auch verhaltende Wut erkennen und das machte ihr noch mehr Angst.

Sie fürchtete sich vor diesen so eigenartig aussehenden Mann, noch nie hatte sie jemanden gesehen der derartige helle Haare hatte. Es gab in dem Volk ihres Vaters fiele Menschen die Blond waren, aber eine so helle Variante war Elralia noch nie begegnet. Während das Mädchen verzweifelt versuchte zu erkennen wo sie waren, ging der Fremde ohne sie weiter anzusehen in Richtung einer Höhle.

Als Elralia das bemerkte, gab sie einen panischen Laut von sich und startete erneut den Versuch, sich aus seinem Griff zu befreien. Ihre Glieder fühlten sich zwar immer noch taub an, aber sie waren nicht mehr so schwer.

Der blonde Mensch ließ sich dadurch nicht beeindrucken und ging schnurstracks in die Höhle, Elralias Angst wurde mit jedem Schritt den er tat größer. Die Höhle war vollkommen dunkel, nur die vordere Hälfte davon wurde durch die Sonne erhellt, Elralia konnte nicht erkennen wie weit diese Höhle in den Berg hinein ging oder was sich dort drinnen noch alles befand.

Sie wollte weg von diesem Ort, weg von diesem schweigsamen Fremden, der sie immer wieder nur stumm musterte.

Seine Schritte verlangsamten sich und er blieb auf einmal stehen, das sah Elralia als ihre Chance an und stieß ihren Ellbogen mit aller Kraft die sie aufbringen konnte in seinen Brustkorb, der zog ruckartig die Luft ein und ließ Elralia fallen.

Sie landete mit einem dumpfen Aufprall auf den harten Steinboden und blieb erst einmal benommen liegen. Schnellst möglich rappelte sie sich auf und versuchte so schnell wie möglich weg zulaufen, doch der Fremde war schneller und packte sie am Handgelenk. "Lasst mich los! Ich hab euch nichts getan!" schrie Elralia hysterisch und versuchte sich los zu reißen. Sie versuchte in seine Augen zusehen, konnte sie aber nicht richtig erkennen, weil die Höhle schon zu dunkele Schatten über ihn warf. Sie blickte stattdessen auf die schlanke jedoch kraftvolle Hand an ihrem Unterarm und versuchte sie los zu bekommen, was ihr aber misslang.

Panisch blickte sie sich um und fragte dann kaum hörbar "Wo bin ich?" sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, dass sie noch im Reich ihres Vaters wäre, sie kannte diesen Fremden nicht und wenn er ein Spitzel ihres Vaters gewesen wäre, dann hätte sie ihn sicherlich schon das ein oder andere Mal im Palast gesehen. Aber sie konnte sich nicht an ihn erinnern und sie hatte bereits so einige beauftragte Mörder und Spione im Palast ein und ausgehen gesehen.

"Ihr seit im Reich Lothlorien", erklang eine seltsam melodische Stimme. Elralia riss entsetz die Augen auf und bemerkte erst jetzt die zwischen seinen Haaren hervorragenden spitzen Ohren. Sie fing an zu zittern und zerrte verzweifelt an ihrem Arm und schrie voller Angst auf. Sie stand auf den Boden, auf der andren Seite des Flusses und hatte somit gegen die obersten Gesetzten ihres Reiches verstoßen.

"Ihr seit ein Elb!" verwundert lockerte er seinen Griff an ihrem Handgelenk und ging soweit es ihm möglich war, einen Schritt zurück. Elralia riss sich los und wich an die kalte Steinwand zurück, sie sah ihn ängstlich an "Was habt ihr jetzt mit mir vor?"

"Erst einmal werde ich eure Wunden versorgen und dann würde ich gerne erfahren, wieso ihr im Fluss getrieben seid", antworte er ohne Regung und wendete nicht einmal seinen Blick von ihr, dann drehte er sich um und ging zur Feuerstelle, um es neu zu entfachen. Elralia sah sich zitternd um und rutschte kraftlos an der Wand zu Boden, sie versuchte zu verstehen, warum er sie nicht sofort getötet hatte, als dieser Elb sie gefunden hat.

Er kam wieder auf das Mädchen zu und hielt eine Decke und einen Beutel in der Hand, die Decke reichte er Elralia und hockte sich dann vor ihr. Die zuckte leicht zusammen, nahm aber skeptisch die Decke an und beobachtete jede seiner Bewegungen.

"Warum bringt ihr mich nicht um?" das Zittern ihr ihrer Stimme war unüberhörbar und der Elb sah sie nur verständnislos an, holte gleichzeitig aber ein Bündel mit Kräutern aus dem Beutel.

"Ich habe keinen Grund dazu", erklärte er ihr dann ruhig, zweifelnd ob es die rechte Reaktion war und zerbröselte die Kräuter zwischen seinen Fingern und ließ sie in ein Tuch fallen.

Elralias Verwirrung wurde immer größer und sie fing wieder an zu zittern. "Ich versteh das nicht", murmelte sie dann aufgelöst und blickte dem Elben schüchtern in die Augen, der erwiderte diesen aber nur unschlüssig an und deutet dann auf das Tuch.

"Das wird euch gut tun, es wird den Heilungsprozess unterstützen". Elralia starrte auf das Tuch und eh sie sich versah lag es auf ihrer Stirn, der Elb setzte sich etwas von ihr weg und sah sie einfach nur an. Er spürte, dass sie sich vor ihm fürchtete, doch verstand er es nicht.

"Würdet ihr mir euren Namen sagen?" fragte er dann freundlich, hoffend, dass sich so die Situation zwischen ihnen etwas erwärmen würde. Elralia sah ihn unschlüssig an, Nervosität stieg in ihr auf und kaum mehr als ein flüstern, überschritt ihre Lippen.

"Elralia", unruhig fing sie an mit einer Strähne ihres Haares zuspielen und legte damit unbeabsichtigt eines ihrer Ohren frei, für welche Palin sie wohl am meisten verabscheute. Der blonde Elb bemerkte es, verbarg sein Erstauen jedoch hinter einer ausdruckslosen Maske. Stattdessen entschloss er sich, vorsichtig heran zu tasten. "Von wo kommt ihr und warum seid ihm im Fluss getrieben?"

Unendliche Verzweiflung befiel sie und sie verspürte nur noch das verlangen so schnell wie möglich von diesem Ort zu verschwinden. Elralia hatte immer wieder die Stimme ihres Vaters in den Ohren, der sie vor den hinterhältigen Elben warnte, doch sie lag auch im Zwiespalt, da sie nicht verstand weswegen dieser angebliche brutale Mörder sie nicht auf der Stelle umbrachte oder quälte, so wie Palin es ihr immer wieder angedroht hatte. Sie spürte den durchdringenden Blick dieser hellblauen Augen auf sich gerichtet und drückte sich noch fester an die Steinwand heran.

Der Elb musterte sie still und wartete geduldig darauf, dass sie bereit war zu sprechen. Er konnte es einfach nicht verstehen, dass jemand der doch offensichtlich von seinem Volk war, eine derartige Angst vor ihm hatte.

Er wollte sie verstehen, wollte wissen wer ihr diese Wunden an Stirn und Handfläche zugefügt hat, doch spürte er auch, dass sie vollkommen eingeschüchtert durch seine Gegenwart war und das konnte er sich keineswegs erklären.

"Wollt ihr mir nicht sagen von wo ihr kommt?" fragte er nach einer scheinbaren Ewigkeit des Wartens erneut. Elralia zuckte leicht zusammen als sie wieder den melodischen Klang seiner Stimme in der Stille vernahm und sah ihn zögernd in die Augen.

"Meine Heimat ist am Ursprung des Celebrant, im Schattenbachtal", antwortete sie schüchtern und sengte wieder ihren Blick, sie verfluchte sich innerlich selbst dafür, dass sie ihm das erzählte. Er würde ihr eintreten in das Reich des Goldenen Waldes als eine Überschreitung des Bündnis-Abkommens sehen und sicher ihrem Vater bescheid geben das sie hier sei.

Doch der Elb sah sie einfach nur verwundert an, er wusste das in diesem Gebiet nur das Volk der Rohten lebte und sie war kein Mensch und wenn doch, dann nur zur Hälfte. Er wollte sie erst danach fragen, aber als er ihre eingeschüchterte Haltung sah, entschied er sich dagegen.

"Und wie seid ihr in den Fluss gefallen?" fragte er stattdessen sanft, aber mit Nachdruck. Elralia kauerte sich zusammen, als sie an die Geschehnisse vom andren Ufer sich wieder vollständig in ihr Gedächtnis brannten.

Der Elb meinte zu erkennen, dass ihr etwas schlimmes Widerfahren sein musste und lächelte dem Mädchen leicht zu. "Ihr braucht keine Angst zuhaben", Elralia sah ihn kurz kritisch an, sengte dann wieder den Blick. Sie haderte mit sich, denn Ehrlichkeit spiegelte sich in den hellblauen Augen wieder.

"Ich bin gestoßen worden", kam schließlich eine Antwort, aber ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und das Mädchen faste sich dabei unbewusst an die Stirn, wo das Tuch mit den Kräutern noch immer auf ihrer Wunde lag. Wieder tauchte Palins höhnisch lachendes Gesicht vor ihr auf, das Letzte woran sie mit Gewissheit sagen konnte, das es kein Trugbild gewesen war.

Der blonde Elb sah sie verdutzt an, er glaubte sich erst verhört zu haben, aber sie schien es damit vollkommen ernst zu meinen. Er lehnte sich leicht vor um ihr wenigstens etwas in die Augen sehen zu können, doch als Elralia bei dieser Handlung noch näher an den kalten Stein rückte, ließ er es resignierend und setze sich wieder zurück.

"Hat derjenige euch ebenfalls die Wunden zugefügt?" es hatte keinen Zweck, direkte Fragen zu stellen, das war ihm bereits klar geworden, so versuchte der Elb es etwas andres.

Da das Mädchen an der Wand etwas weiter zu Eingang der Höhle gerückt war, fiel das sanfte Licht der untergehenden Sonne in ihr Gesicht und der Elb konnte nicht widerstehen, sie eingehender zu mustern.

Ihm fielen sofort ihre außergewöhnlichen Augen auf, selbst unter seinem Volk war es selten das ein Elb, eine derartige Ausstrahlung und Farbenspiel in seinen Augen besaß. Krampfhaft versuchte er zu überlegen, wo dergleichen schon mal begegnet war, doch es wollte ihm beim besten Willen nicht einfallen.

Hellbraune Haare, fielen bis weit über die Schultern und ihre Züge waren sanft, sowie schmal. Selbst unter seinesgleichen, würde man sie als schön bezeichnen, nur das tiefe Traurigkeit sie durchzog.

Elralia antwortete nicht auf seine Frage, sondern nickte nur kaum merklich und zog die Decke noch fester um ihre Schultern. Sie wollte mit ihm nicht darüber reden, sie wollte eigentlich nur weg von ihm und nicht hier sitzen und ihre Lebensgeschichte erzählen. So sehr sie sich auch vor ihm fürchtete, dennoch machte es sie wütend das er sie ausfragte.

Der Elb betrachtete sie noch eine kurze Weile, schüttelte dann aber aufgebend den Kopf. "Wenn ihr wollt könnt ihr schlafen, ich werde Wachen halten", mit diesen Worten er sich von Elralia wendete ab und legte noch etwas Holz auf das Feuer.

"Aber wieso? Wenn ihr mir nichts tun wollt dann könnt ihr mich auch genauso gut gehen lassen", wieder erwachte Stimme der Freiheit in ihr und Verständnislosigkeit sprach aus ihren Augen.

Der Elb blickte das Mädchen leicht verwirrt an. Es war doch weit in Mittelerde bekannt, wie die Sitten seines Volkes waren, wie konnte es sein, das sie scheinbar vollkommen Unwissend war? "Ihr seid in das Reich der Herrin eingetreten, sie wird entscheiden was weiter mit euch geschieht, oder euch für eine Zeit als Gast aufnehmen."

Elralia sank in sich zusammen, all ihre Gefühle schwappten auf sie nieder, sie wusste nicht ob sie weinen sollte, weil sie jetzt eine Gefangene der Elben war oder lachen , da ihr vielleicht doch Vater mit einigem recht haben sollte.

Sie konnte sich nicht erklären, warum man erst der Herrin vorgeführt werden musste, wenn man ihre Grenzen widerrechtlich überschritten hatte? Im Reich der Rohten, wurden schließlich auch nicht viele Fragen bei solchen Vergehen gestellt, sondern schlicht gehandelt.

"Euch wird bei der Herrin nichts geschehen. Wenn sie mit euch geredet hat, wird sie euch gehen lassen", beruhigte er sie, als wenn er ihre Gedanken gelesen hätte. Er wusste nicht warum, aber er wollte nicht dass sie sich vor ihm oder seiner Heimat ängstigte.

Elralia sah ihn einfach nur an, sie war zu keiner Regung mehr fähig, denn zu sehr fühlte sie sich wieder in Gefangenschaft. Der Elb blickte kurz unentschlossen zu Boden, dann sah er sie wieder an. Es war für erste wohl einfach das Beste, sie für eine Weile in ruhe zu lassen. "Mein Name ist übrigens Imrodion", damit wendete er sich von Elralia ab setzte sich mit dem Rücken zu ihr ans Feuer.

Elralia starrte weiterhin seinen Rücken an und blickte sich dann verzweifelt in der Höhle um. Sie konnte nur den einen Ausgang erkennen und da dieser Elb von seinem Platz aus den ganzen vorderen Teil der Höhle im Blickwinkel hatte, gab es vorerst wohl keine Möglichkeit zur Flucht.

Mutlos lehnte sie ihren Kopf an die Steinwand und blickte zur dunklen Decke hinauf und fragte sich, was der nächste Tag wohl bringen würde.

So wie haben es wieder geschafft. Sorry für die etwas längere Wartezeit, aber es ging diesmal nicht schnelller.

Na, habt ihr gedacht es sei Legolas *g*