Kapitel 2: Severus I (1999)
In mancher Hinsicht war es schwierig, noch immer in Hogwarts zu sein. Nachdem der Dunkle Lord besiegt worden war, hatte ich darüber nachgedacht, mich zurückzuziehen, aber es gab wirklich nichts anderes, das ich tun wollte. Schulleiter zu sein, ließ mich wenigstens den Schwachköpfen entkommen, die ich normalerweise unterrichten musste. Es war eine andere Art harter Arbeit, die ich im letzten Jahr gelernt hatte. Ich war nicht sicher, wie die Leute darauf reagieren würden, wenn ich die Stelle … danach … behielt, aber sie waren überraschend zufrieden. Ich fragte nicht nach, wie viel Potter der Öffentlichkeit erzählt hatte, aber den Blicken zufolge, die Minerva mir zuwarf, und aus der Art, wie sie und andere mich behandelten, hatte ich den Verdacht, dass es fast alles war. Albus wäre jedenfalls glücklich.
„Wirklich, Severus, dass ich niemals das Beste an dir offenbare?"
Es schien, als habe Lilys Sohn das für ihn erledigt. Was immer er gesagt hatte, es bestanden in niemandes Kopf mehr Zweifel, dass ich bis zum bitteren Ende Dumbledores Mann gewesen war, auch wenn niemand außer mir selbst es gewusst hatte. Im Grunde war ich beliebter geworden, als ich je zu träumen gewagt hatte. Beliebter, als ich je gewollt hatte. Es gab jedoch einige, die mir immer grollen würden. Aus diesem Grund war es schwierig, noch immer in Hogwarts zu sein.
Wie üblich stand ich früh auf und zog mich langsam an. Immer in Schwarz. Nur, weil ich Schulleiter war, bedeutete das nicht, dass ich mich so extravagant wie mein Vorgänger kleiden würde. Als ich aus meinen Räumen trat, erschrak ich, weil ich dort jemanden vorfand, der dort stand und auf mich wartete. Sofort erkannte ich Hermione Granger. Seit einem Monat war sie die Professorin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Sie, Potter und Weasley hatten das Jahr nach dem Krieg damit verbracht, ihre Ausbildung wieder aufzunehmen, die sie im Jahr zuvor aufgegeben hatten, als sie vor dem Dunklen Lord untergetaucht waren. Ich hegte den Verdacht, dass Potter und Weasley ohne sie nicht so scharf darauf gewesen werden, ihre NEWTs abzulegen, aber wie dem auch sei – sie hatten überraschend gut abgeschnitten.
Potter war jetzt in der Ausbildung zum Auror – seine Worte hatten gelautet: „Ich will nicht, dass jemals wieder jemand wie Voldemort eine Chance bekommt, sich zu erheben. Nicht, solange ich lebe." Der einzige Grund, weshalb ich das wusste, war, dass es im Tagespropheten gestanden hatte. Ich fragte mich, wann sie den Namen der Zeitung zum Tages-Potter ändern würden. Weasley wurde ebenfalls Auror.
Egal, Granger wartete außerhalb meiner Räume. Ich machte mir nicht die Mühe, darüber nachzudenken, woher sie wusste, wo diese sich befanden. Nicht, weil ich nicht aus vollem Herzen an ihre magischen Fähigkeiten und ihre Intuition glaubte, sie zu finden (was ich tat). Der Grund, weshalb ich mir nicht die Mühe machte, darüber nachzudenken, war, dass ihr Erscheinungsbild mich zu sehr alarmierte. Verschwunden war die neunzehnjährige Hexe von gestern, und an ihrer Stelle stand jemand Älteres, die eine Aura von Gelassenheit (und Amüsement) und das Selbstvertrauen ausstrahlte, das mit Alter und Erfahrung entsteht. Sie sah wie eine Frau Ende zwanzig aus.
„Was in Gottes Namen ist mit Ihnen passiert?", fragte ich, schloss schnell meine Tür und überprüfte sie auf Flüche. Da waren keine. Warum sah sie so verdammt vergnügt aus?
„Ein außergewöhnlicher Zufall von Magie und Zeitreise", sagte sie lächelnd. „Ich dachte, ich informiere dich unter vier Augen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sehr angenehm wäre, zum Frühstück in die Große Halle zu gehen und festzustellen, dass deine Professorin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste um zehn Jahre gealtert ist."
„Entschuldigung?", sagte ich langsam. Ich war entsetzt und verwirrt, zeigte es aber nicht. Anscheinend waren die Abenteuer nicht zusammen mit Voldemort verstorben. Sie grinste bei meiner offensichtlichen Sprachlosigkeit.
„Ich bin die Hermione Granger von heute in zehn Jahren. Ich werde nur fünf Monate lang hier sein. Die Hermione, die du kennst, nimmt meinen Platz in der Zukunft ein. Keine Sorge – ich weiß bereits, dass alles gut ausgeht. Ich dachte nur, du magst ein bisschen Information vorab. Ich werde weiter unterrichten, dir fehlt kein Professor."
Dann drehte sie sich mit wehenden Roben um und lief in Richtung der Großen Halle los. Schnell fasste ich mich wieder und ging ihr nach, schloss mit einigen langen Schritten zu ihr auf. Ich schnappte ihren Arm und hielt sie auf, während ich ihr direkt ins Gesicht sah.
„Ich hätte gern eine etwas genauere Erklärung, Hermione", sagte ich zu ihr. Sie bemerkte es nicht, aber es war das erste Mal, dass ich sie mit dem Vornamen ansprach. Über den letzten Monat hinweg hatte ich darauf bestanden, sie Miss Granger zu nennen, aber dies schien für die Frau, die vor mir stand, nicht angemessen.
„Ich fürchte, ich weiß wirklich nicht mehr darüber", gestand sie mit einem verlegenen Halblächeln. „Wir haben nie herausgefunden, was die Ursache ist. Ich habe es als einen schier außergewöhnlichen Zufall von Magie eingeordnet, wie ich gesagt habe … Ich weiß bereits, was passieren wird, weil ich bereits zehn Jahre zurück in meiner Vergangenheit in die Zukunft gegangen bin. Ich habe bereits erlebt, was mein jüngeres Ich jetzt in der Zukunft erlebt. Als ich zurückkam, informierten mich bestimmte Leute hier über die Ereignisse, die geschehen waren. Als ich in der Zukunft war, erzählten sie mir auch einiges über das, was jetzt geschieht."
„Zeitreise?", wiederholte ich und neigte meinen Kopf leicht in ihre Richtung. „Sie haben nicht einfach aus Versehen einen Alterungstrank genommen?"
„Ganz bestimmt nicht", sagte sie grinsend. „Alterungstränke schicken einen weder zehn Jahre in der Zeit in das erste Jahr als Professorin in Hogwarts zurück – noch fabrizieren sie im Gegenzug zehn Jahre Erfahrung in jemandes Verstand."
Ich hielt dies nicht für wahrscheinlich, aber ich wollte sichergehen, dass sie die Wahrheit sagte. Ihre Antwort bei dem Gedanken an einen Alterungstrank hörte sich zu amüsiert an, um mir irgendwelche Zweifel zu gestatten – sie war wirklich in der Zeit zurückgereist. Ich sah sie stirnrunzelnd an.
„Und Sie kennen immer noch nicht die Ursache?", hakte ich nach. Sie nickte, und ich stieß zischend den Atem durch die Zähne aus.
„Sie sind einfach hier aufgewacht … zehn Jahre in Ihrer Vergangenheit?", setzte ich meine Befragung fort.
Sie nickte und fügte hinzu: „Vor zehn Jahren erwachte ich in dem Bett, das jetzt meins ist. Überflüssig zu sagen, dass ich sehr viel verwirrter war."
Ich starrte sie an, ließ meine Augen in ihren Kopf hineinstarren, während ich nachdachte, und schließlich sagte ich: „Ihnen ist klar, dass über diese Art von Zeitreisen nie berichtet wurde? Sie sagen, dass Hermione Granger – diejenige, die hier sein sollte – gerade in die Zukunft gereist ist, und Sie an ihrer Stelle zurückgeschickt hat."
„Zeitreise in die Zukunft", wiederholte sie und lächelte wieder. Ich fing an, mich über sie zu ärgern. Es war schlimm genug, als sie eine Besserwisserin mit Bücherwissen war, aber jetzt war sie eine Besserwisserin aus der Zukunft. Zumindest wedelte sie nicht wie verrückt mit der Hand durch die Luft. Ich seufzte. Es würde ein langer Tag werden.
„Wie können Sie das so gelassen aufnehmen?", fragte ich sie mit zusammengebissenen Zähnen. Ich war verärgert und zugleich aufgeregt. Wenn sie in die Zukunft gereist war …., eröffnete das alle Arten von erstaunlichen Möglichkeiten. Ich glaubte nicht, dass man es nie herausfinden würde. Sie war in dem Bereich einfach nur deutlich inkompetent. Dann war ich wiederum nicht ganz sicher, ob ich ihr glaubte. Es gab so viele andere Gründe, die erklärten, weshalb Hermione Granger zehn Jahre älter aufwachte.
„Weil, Severus", sagte sie, „es für mich mich vor zehn Jahren passiert ist. Ich weiß genau – nun, nahezu genau, was in diesen fünf Monaten passieren wird, und ich weiß genau, was in den zehn Jahren nach meiner Rückkehr passieren wird, weil ich diese zehn Jahre schon gelebt habe."
„Und in all dieser Zeit haben Sie nie den Grund entdeckt, weshalb?", drängte ich sie und fragte mich, wann in der Zukunft sie damit anfangen würde, mich beim Vornamen zu nennen. Ein tiefes Gefühl von Unbehagen begann sich in mir auszubreiten, als gäbe es hier etwas Wichtiges, das mir entging – oder das gleich passieren würde.
„Nein", sagte sie knapp, „und du auch nicht."
Mein Blick wurde beinahe wütend, aber ich hielt mich im Zaum. Diese Hermione war viel selbstbewusster als diejenige, an die ich gewöhnt war. Sicher tat sie ihre Meinung kund, das hatte sie immer, sogar als Schülerin getan, aber diese ältere Version … Sie benahm sich, als kennte sie mich besser, als ich mich selbst kannte. Das machte mich zornig, und es erhöhte das Gefühl von Unbehagen. Ich wollte ihr weiter Fragen stellen, aber ich hatte das Gefühl, sie würde nur störrischer werden. Ich würde abwarten. Ich konnte abwarten, mit Leichtigkeit.
„Fünf Monate?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue.
Sie nickte und lächelte, dieses Mal ein echtes Lächeln. „Fünf Monate."
„In Ordnung", sagte ich und überprüfte sie noch einmal auf Zauber und Verhexungen. Sie schien völlig normal, aber sobald ich die Möglichkeit hatte, würde ich sie von Madame Pomfrey ebenfalls durchchecken lassen. Ich würde außerdem einige kompliziertere Zauber ausführen, sobald ich die Gelegenheit dazu hatte. Vorzugsweise, wenn sie nicht hinsah. Aber sie war die echte Hermione Granger. Keine Alterungszauber, keine getarnten dunklen Zauberer. Es gab nichts, das ich tun konnte, außer für den Augenblick ihre Worte als die Wahrheit zu akzeptieren.
„Was werden Sie allen anderen sagen?", fragte ich sie, als sie wieder losging, diesmal etwas ruhigeren Schrittes. Ich hielt mit Leichtigkeit mit ihr Schritt.
„Hmm", sagte sie und legte nachdenklich einen Finger an ihr Kinn. „Alterungstrank? Getarnter dunkler Zauberer?"
Ich starrte sie an, und sie zwinkerte und sagte dann: „Die Wahrheit, schätze ich. Sie werden sie einfach akzeptieren müssen."
Ich starrte sie weiter an und fühlte mich seltsam verwirrt, als wäre mir etwas entgangen. Ich holte tief Luft und sagte: „Das wird genügen müssen … Ich werde heute Abend eine Konferenz anberaumen, auch wenn es dann vermutlich alle schon wissen werden. Brauchen Sie irgendetwas? Sind Sie sicher, dass man nichts tun kann?"
„Ich bin völlig darauf eingestellt, fünf Monate lang zu bleiben", antwortete sie mit einem Lächeln, obgleich ich einen Augenblick lang einen Hauch von Zweifel über ihr Gesicht huschen sah, und ich fragte mich, worauf er sich bezog. „Und um dir die Wahrheit zu sagen, will ich diese Zeit nicht verändern. Die Dinge, die jetzt geschehen, und was mir passiert ist, während ich in der Zukunft war … weder möchte ich, dass sie sich ändern, noch glaube ich, dass sie sich ändern können. Weißt du, Severus, für mich ist dies die Vergangenheit."
Wieder lächelte sie, ein intimes Lächeln, das ihr ganzes Gesicht erhellte und mich wieder ein unbehagliches Gefühl verschaffte. Aber dann betraten wir die Große Halle, und ich konnte nicht mehr länger gedanklich bei der Zukunft verweilen, aus der Hermione kam, noch bei den Dingen, die sie deutlich vor mir verbarg.
