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Das Schlagen der Turmuhr tönte leise durch das geöffnete Fenster. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs. Kühle Morgenluft strömte in das Zimmer. Es war ziemlich groß und hell; an den Wänden hingen verschiedene Bilder; von Starpostern über Kunstdrucke und Selbstgemaltem bis hin zu Fotos und Ausschnitten der verschiedensten Art. Vor den großen Fenstern standen zwei Schreibtische mit Computern, desweiteren gab es neben einem Regal noch einen riesigen Schrank mit Spiegeltüren, sowie ein Waschbecken, einen Kühlschrank und eine Mikrowelle. An der linken und rechten Wand stand jeweils ein großes Bett, von denen eines offensichtlich in den letzten Wochen nicht benutzt worden war. Im zweiten dagegen räkelte sich jemand verschlafen unter der Bettdecke. Ein dunkler Haarschopf, der hervorschaute, wurde von einer sonnengebräunten Hand durchgewühlt, dann tastete dieselbe den Stuhl ab, der als Nachttisch diente, ergriff den Wecker und entführte ihn in die Tiefen des Bettes. Daraufhin blieb es verdächtig still. Zumindest für die nächsten zehn Minuten.
Die Tür flog auf und knallte laut gegen das dahinterstehende Bücherregal. "Alaaaaaaaaaaaaaaaaaarm!!!!" schmetterte eine männliche Stimme mehr schlecht als recht und mit mehr als übertrieben gekünsteltem Vibrato. "Goes on at seeeeven and you crawl uptooooowowowoooowoooown"
"Halt's Maul!!' erklang eine weibliche Stimme unter der Decke, doch der untalentierte Sänger klagte weiter: "you're fooling your eight hours for the powers that have alwayyayayayyyys beeen -"
Ein paar Türen wurden geöffnet und verschiedene Dinge wie Bücher, Stifte und Schuhe flogen mit Flüchen und Drohungen in Richtung des jungen Mannes, der grinsend einige Sachen auffing, sie kurz betrachtete, um sie dann wieder bis auf einen Slipper, den er sich in die Gesäßtasche stopfte, fallenzulassen. Er betrat das Zimmer und ging auf das Bett zu. 'Soll ich fortfahren?"
"Nein bitte, sag's uns nicht, Schätzchen", grummelte der dunkle Haarschopf. Im Vorbeigehen zog er an einem Zipfel der Decke und schleifte sie hinter sich her.
"Wag' es ja nicht, die Vorhänge aufzuziehen", warnte ihre Besitzerin.
Keine zwei Sekunden später strahlte helles Sonnenlicht in den Raum und beleuchtete das Mädchen, das dem Störenfried ihr Kopfkissen an den entsprechenden Körperteil warf. "Schmeiß' noch die Matratze rüber und ich mach's mir hier gemütlich", forderte er sie breit grinsend auf. "Und? Bist du wach? Ja? Nein? Halloho! Wach? Du? Bist? Wach bist du? Wachst du bi? Du wa bichst?"
Sie schlug genervt die Augen auf. "Ich hasse dich."
Er warf ihr einen herablassenden Blick zu. "Wie neu."
" Gott, haß' ich dich."
"Jetzt laß deine schlechte Laune mal nicht an –"
"Damon, du spielst mit deinem Leben!"
"Das würdest du unseren Eltern nicht antun'" erwiderte er ungerührt.
"Unsere Eltern hassen dich auch."
"Dich mögen sie auch nicht gerade besonders."
"Oh Mann, was hab' ich bloß falsch gemacht?" Seine Schwester legte dramatisch eine Hand über die Augen.
Er schien angestrengt nachzudenken, doch offensichtlich fiel ihm keine Antwort ein. 'Na los, auf, auf", drängte er statt dessen, "wir haben heute noch viel vor."
"Dich töten, zum Beispiel. Erinner' mich dran, falls ich's vergesse."
"Jaja." Ungeduldig zerrte er sie am Arm aus dem Bett und schubste sie zum Waschbecken. "Los, los." Er drückte ihr ihre mit Zahnpasta versehene Zahnbürste in die Hand . "Beeil' dich. Ich warte im Wagen."
",Ja, Sir", brummelte sie, den Mund voller Schaum.
An der Tür drehte er sich noch einmal um. "Übrigens; niedliches kleines, nahezu durchsichtiges Nachthemdchen, das du da fast gar nicht trägst."
"Ein großes Hallo zur Damon-Show." Sie verdrehte genervt die Augen und schlurfte müde zum Schrank.
