Kapitel 6 - sonderbare Begegnung
Wieder lauschte Haruka, aber inzwischen war kein verräterischer Laut mehr zu vernehmen, nur ihre eigenen, kaum hörbaren, vorsichtig gesetzten Schritte der bloßen Füße hatte sie im Ohr. Nur ein Hauch von Mondschein der durch irgendwelche Fenster weiter vorn hineindrang wies ihr den Weg. Immer noch dicht an der Wand, um ihre Richtung nicht zu verlieren und womöglich noch gegen etwas zu stoßen und damit einen unerwünschten Lärm zu entfachen, tastete das blonde Mädchen sich voran, den Gürtel des Vaters wie eine Waffe fest umklammert. Irgendwie fühlte sie sich damit gleich viel sicherer. Nun führte der Gang um die Ecke. Sie folgte ihm und war auch schon am verbotenen Flügel des Hauses angelangt.
Während sie mit den kleinen Fingern das kühle Metall der protzigen Klinke der schweren, hölzernen Verbindungstür umschloss, begann das kleine Herz nun doch heftiger zu pochen. Sicher, das aufsässige Kind dachte nicht im Traum daran sich an die Verbote dieser seltsamen Fremden hier zu halten. Und dennoch verspürte Haruka einen Ansatz von Zweifeln in sich aufkeimen. Was würde sie dort erwarten? War diese Stimme, die sie nun schon mehr als ein Mal gehört hatte vielleicht ein Zeichen dafür, dass etwas gefährliches vor sich ging? Hatte Merl vielleicht doch triftige Gründe sie von ihrem Vorhaben abzuhalten?
Mit einem sturen Kopfschütteln wischte die Knabenhafte diese Gedanken beiseite. Und wenn, schon! Es waren sicher keine Gründe, die sie unmittelbar betrafen. Lehrer wollten Regeln vermitteln. Und wenn es keine begründeten gab, so erfanden sie unbegründete. Die spinnen, die Erwachsenen, dachte Haruka bei sich, drückte die Klinke herunter, und versuchte die Tür vorsichtig zu öffnen, damit ihr Quietschen nicht das ganze Haus wecken und auf sie aufmerksam machen würde. Trotz der Vorsicht musste sie mit aller Kraft drücken, so schwer war das massive Thor, dass sie von der Ungewissheit trennte, die dort vor ihr lag.
Nur einen Spalt weit öffnen, so dass der kleiner Körper gerade so hindurchschlüpfen konnte...und schon war sie dort, wo sie nun schon seit Tagen hinwollte. Neugierig blickte sich das aufgeregte Kind um. Viel konnte es nicht erkennen, und wenn sie sich recht versah, war es hier auch nicht sonderlich anders als dort drüben. Nichts Verdächtiges war zu entdecken.
Etwas beruhigter schlich Haruka weiter und kam in einen großen Salon. Durch eine riesenhafte Fensterfront schien der Mond herein und lies den Raum fast taghell erstrahlen. Es war deutlich erkennbar, dass es sich um das Reich einer Frau handelte. Das verriet nicht nur die Spiegelkommode, auf der sich schön geformten Fläschchen, Dosen und weiterer Schnickschnack befanden, den das Mädchen nicht einordnen konnte. Nein, auch die liebevolle Einrichtung ließ auf die Hand einer Frau schließen. Wo möchte die Bewohnerin nur hin verschwunden sein? Die gleichmäßige Staubschicht verriet sehr deutlich, dass sich hier schon lange keiner mehr hatte blicken lassen.
Eine Sekunde lang wollte unerklärliche Melancholie das Elternlose Kind ereilen. Schon zu Lebzeiten des Vaters hatte sie die liebevolle Hand einer Mutter missen müssen. Eine Mutter - sie wusste nicht einmal, wie es war eine zu haben. Zu lange war es her.... Es gab eigentlich kaum Erinnerungen an ihre Mum. An sie erinnerte sich Haruka lediglich als einen kränkelnden, bettlägerigen Schatten ihrer Selbst. Nichts mehr übrig von der frischen, glücklichen Schönheit, welche die in wertvollen Rahmen steckenden Fotos auf dem Flügel in ihrem damaligen Wohnzimmer erahnen ließen. Ein ausgemergeltes, von Schmerzen verzerrtes, jammernd dahin siechendes Geschöpf, dass dem Kleinkind, das Haruka seinerzeit noch war mehr Angst bescherte, als alles Andere.
Ein unerwartetes Geräusch lenkte Haruka jäh von den schmerzenden Gedanken ab. Was war das gewesen? Mit konzentriert zusammengezogenen Augenbrauen versuchte sie das eben gehörte einzuordnen. Ein Knistern? Nein, eher Rascheln...von...Stoff? Wie ein kleiner Blitz fuhr das Adrenalin durch Harukas ganzen Körper und ließ sie schlagartig hellwach werden. Langsam schleichend bewegte sie sich der Quelle des Gehörten entgegen. Die Erinnerung an den Klang führte das angespannte Mädchen in einen weiteren Raum. Hier war es nicht mehr so hell. Nur schemenhafte Umrisse ließen erkennen, dass dies ein Durchgangszimmer mit drei Türen war.
Etwas Sperriges verstellte ihr den Weg. Bei genauerem Hinsehen, erkannte Haruka, dass es sich um ein Schaukelpferd handelte. Ein Kinderzimmer? Aus einem der anliegenden Räume drang plötzlich ein flackernder Lichtschein herein. Es schien das flackern einer kleinen Flamme zu sein. Und es kam näher. Erst duckte sich die beinahe Ertappte hinter dem Pferdchen, um dann beherzt zu einer der anderen Türen zu hechten. Gerade rechtzeitig, um nicht gesehen zu werden landete Haruka in einem anliegenden Schlafzimmer. Auch hier gab es mehrere Türen und der immer noch sichtbare Lichtschein verriet, dass die offenbar zusammengehörigen Zimmer ein durch gemeinsame Durchgänge verbundenes Rondell bildeten. Und der Kerzenträger verfolgte sie ganz offensichtlich. Ein paar mal ging es kreisförmig im Urzeigersinn durch alle drei Räume hindurch und stetig kam das Lichtlein näher.
Irgendwann wurde es dem Mädchen zu bunt und sie fasste sich ein Herz. Abrupt blieb sie stehen und lauerte dem Besitzer der Kerze mucksmäuschenstill hinter einer der Türen auf. Immer näher kam das Leuchten. Immer lauter wurden die platschenden Klänge, die wohl von nackten, kleinen Füßen erzeugt wurden.
Und -
ZACK!
Schon hatte Haruka den Gürtel hochgerissen und dem, was da hereinkam um den Hals geschlungen. "Schhhhhhhhhhhhhhht!" Zischte sie gebieterisch, und erstickte so den kurzen, schrillen Schrei, welcher der Kehle ihres Gegenübers entrinnen wollte, im Keime. Die Kerze plumpste zu Boden und erlosch sofort. Haruka hielt das, was sie da eingefangen hatte todesmutig fest bis sich ihre Augen an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten.
Riesengrosse, schreckensgeweitete Augen blickten sie verängstigt an und ließen die nun eindeutig Überlegene ihre eigene Angst, die ihre Knie schlottern machte, vergessen. "Bitte! Du tust mir weh!" Jammerte das gefangene, um beinahe einen Kopf kleinere Mädchen, dessen hüflanges Haar wohl schmerzhaft ziepend eingeklemmt war. Nur ein wenig lockerte die Blonde nun die Schlinge und starrte fasziniert auf das im Mondlicht schimmernde Seefarbene Haar.
Wieder lauschte Haruka, aber inzwischen war kein verräterischer Laut mehr zu vernehmen, nur ihre eigenen, kaum hörbaren, vorsichtig gesetzten Schritte der bloßen Füße hatte sie im Ohr. Nur ein Hauch von Mondschein der durch irgendwelche Fenster weiter vorn hineindrang wies ihr den Weg. Immer noch dicht an der Wand, um ihre Richtung nicht zu verlieren und womöglich noch gegen etwas zu stoßen und damit einen unerwünschten Lärm zu entfachen, tastete das blonde Mädchen sich voran, den Gürtel des Vaters wie eine Waffe fest umklammert. Irgendwie fühlte sie sich damit gleich viel sicherer. Nun führte der Gang um die Ecke. Sie folgte ihm und war auch schon am verbotenen Flügel des Hauses angelangt.
Während sie mit den kleinen Fingern das kühle Metall der protzigen Klinke der schweren, hölzernen Verbindungstür umschloss, begann das kleine Herz nun doch heftiger zu pochen. Sicher, das aufsässige Kind dachte nicht im Traum daran sich an die Verbote dieser seltsamen Fremden hier zu halten. Und dennoch verspürte Haruka einen Ansatz von Zweifeln in sich aufkeimen. Was würde sie dort erwarten? War diese Stimme, die sie nun schon mehr als ein Mal gehört hatte vielleicht ein Zeichen dafür, dass etwas gefährliches vor sich ging? Hatte Merl vielleicht doch triftige Gründe sie von ihrem Vorhaben abzuhalten?
Mit einem sturen Kopfschütteln wischte die Knabenhafte diese Gedanken beiseite. Und wenn, schon! Es waren sicher keine Gründe, die sie unmittelbar betrafen. Lehrer wollten Regeln vermitteln. Und wenn es keine begründeten gab, so erfanden sie unbegründete. Die spinnen, die Erwachsenen, dachte Haruka bei sich, drückte die Klinke herunter, und versuchte die Tür vorsichtig zu öffnen, damit ihr Quietschen nicht das ganze Haus wecken und auf sie aufmerksam machen würde. Trotz der Vorsicht musste sie mit aller Kraft drücken, so schwer war das massive Thor, dass sie von der Ungewissheit trennte, die dort vor ihr lag.
Nur einen Spalt weit öffnen, so dass der kleiner Körper gerade so hindurchschlüpfen konnte...und schon war sie dort, wo sie nun schon seit Tagen hinwollte. Neugierig blickte sich das aufgeregte Kind um. Viel konnte es nicht erkennen, und wenn sie sich recht versah, war es hier auch nicht sonderlich anders als dort drüben. Nichts Verdächtiges war zu entdecken.
Etwas beruhigter schlich Haruka weiter und kam in einen großen Salon. Durch eine riesenhafte Fensterfront schien der Mond herein und lies den Raum fast taghell erstrahlen. Es war deutlich erkennbar, dass es sich um das Reich einer Frau handelte. Das verriet nicht nur die Spiegelkommode, auf der sich schön geformten Fläschchen, Dosen und weiterer Schnickschnack befanden, den das Mädchen nicht einordnen konnte. Nein, auch die liebevolle Einrichtung ließ auf die Hand einer Frau schließen. Wo möchte die Bewohnerin nur hin verschwunden sein? Die gleichmäßige Staubschicht verriet sehr deutlich, dass sich hier schon lange keiner mehr hatte blicken lassen.
Eine Sekunde lang wollte unerklärliche Melancholie das Elternlose Kind ereilen. Schon zu Lebzeiten des Vaters hatte sie die liebevolle Hand einer Mutter missen müssen. Eine Mutter - sie wusste nicht einmal, wie es war eine zu haben. Zu lange war es her.... Es gab eigentlich kaum Erinnerungen an ihre Mum. An sie erinnerte sich Haruka lediglich als einen kränkelnden, bettlägerigen Schatten ihrer Selbst. Nichts mehr übrig von der frischen, glücklichen Schönheit, welche die in wertvollen Rahmen steckenden Fotos auf dem Flügel in ihrem damaligen Wohnzimmer erahnen ließen. Ein ausgemergeltes, von Schmerzen verzerrtes, jammernd dahin siechendes Geschöpf, dass dem Kleinkind, das Haruka seinerzeit noch war mehr Angst bescherte, als alles Andere.
Ein unerwartetes Geräusch lenkte Haruka jäh von den schmerzenden Gedanken ab. Was war das gewesen? Mit konzentriert zusammengezogenen Augenbrauen versuchte sie das eben gehörte einzuordnen. Ein Knistern? Nein, eher Rascheln...von...Stoff? Wie ein kleiner Blitz fuhr das Adrenalin durch Harukas ganzen Körper und ließ sie schlagartig hellwach werden. Langsam schleichend bewegte sie sich der Quelle des Gehörten entgegen. Die Erinnerung an den Klang führte das angespannte Mädchen in einen weiteren Raum. Hier war es nicht mehr so hell. Nur schemenhafte Umrisse ließen erkennen, dass dies ein Durchgangszimmer mit drei Türen war.
Etwas Sperriges verstellte ihr den Weg. Bei genauerem Hinsehen, erkannte Haruka, dass es sich um ein Schaukelpferd handelte. Ein Kinderzimmer? Aus einem der anliegenden Räume drang plötzlich ein flackernder Lichtschein herein. Es schien das flackern einer kleinen Flamme zu sein. Und es kam näher. Erst duckte sich die beinahe Ertappte hinter dem Pferdchen, um dann beherzt zu einer der anderen Türen zu hechten. Gerade rechtzeitig, um nicht gesehen zu werden landete Haruka in einem anliegenden Schlafzimmer. Auch hier gab es mehrere Türen und der immer noch sichtbare Lichtschein verriet, dass die offenbar zusammengehörigen Zimmer ein durch gemeinsame Durchgänge verbundenes Rondell bildeten. Und der Kerzenträger verfolgte sie ganz offensichtlich. Ein paar mal ging es kreisförmig im Urzeigersinn durch alle drei Räume hindurch und stetig kam das Lichtlein näher.
Irgendwann wurde es dem Mädchen zu bunt und sie fasste sich ein Herz. Abrupt blieb sie stehen und lauerte dem Besitzer der Kerze mucksmäuschenstill hinter einer der Türen auf. Immer näher kam das Leuchten. Immer lauter wurden die platschenden Klänge, die wohl von nackten, kleinen Füßen erzeugt wurden.
Und -
ZACK!
Schon hatte Haruka den Gürtel hochgerissen und dem, was da hereinkam um den Hals geschlungen. "Schhhhhhhhhhhhhhht!" Zischte sie gebieterisch, und erstickte so den kurzen, schrillen Schrei, welcher der Kehle ihres Gegenübers entrinnen wollte, im Keime. Die Kerze plumpste zu Boden und erlosch sofort. Haruka hielt das, was sie da eingefangen hatte todesmutig fest bis sich ihre Augen an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten.
Riesengrosse, schreckensgeweitete Augen blickten sie verängstigt an und ließen die nun eindeutig Überlegene ihre eigene Angst, die ihre Knie schlottern machte, vergessen. "Bitte! Du tust mir weh!" Jammerte das gefangene, um beinahe einen Kopf kleinere Mädchen, dessen hüflanges Haar wohl schmerzhaft ziepend eingeklemmt war. Nur ein wenig lockerte die Blonde nun die Schlinge und starrte fasziniert auf das im Mondlicht schimmernde Seefarbene Haar.
