Überraschung!

Wie jeden Tag ging auch heute wieder die Sonne über Hogwarts auf und bahnte sich ihren Weg sogar bis in die hintersten Winkel und durch die kleinen Kerkerfenster.

"Oh nein, nicht jetzt schon!", knurrte Severus Snape und drehte sich vom Fenster seines Schlafzimmers weg.

Es war gestern Abend wieder verdammt spät geworden, denn von einem plötzlichen Drang beseelt hatte der Zaubertränkemeister die gestern erst geschriebenen Tests auf einen Schlag korrigiert. Nicht ganz ohne Folgen, wie er jetzt feststellen musste.

"Ach, es bringt ja doch nichts."

Stöhnend und ganz langsam setzte sich Snape im Bett auf. Er legte den Kopf in die Hände.

'Mit ganz viel Selbstdisziplin und möglichst wenig Gryffindors kriegen wir das schon hin.'

Mit diesem Gedanken bewegte er sich aus dem Bett ins Bad.

Nachdem er geduscht und fertig angezogen war, ging es ihm schon wesentlich besser. Er glaubte schon fast nicht einmal Harry Potter könnte ihn heute aus der Fassung bringen, als er Geräusche an der Tür wahrnahm.

"Hallo?"

Nachdem keine Antwort kam, hielt Snape es für einen dummen Schülerstreich und wurde doch wieder ärgerlich. Mit großen Schritten ging er zur Tür und kündigte schon von drinnen an:

"Wenn ich etwas auf den Tod nicht ausstehen kann, ist es Belästigung durch Schüler am frühen Morgen und egal welchem Haus Sie angehören, Sie können Gift nehmen, dass ich..."

Dann stoppte er.

Schon während seiner Schimpftirade hatte er die Tür aufgerissen, doch im Gang war niemand zu sehen und er konnte auch keine sich entfernenden Schritte hören. Dann aber bemerkte er einen Korb vor seinen Füßen.

"Was zum..."

Snape beugte sich hinunter, doch als er den Inhalt des Korbes identifizierte, blieb ihm die Luft weg:

Da lag ein kleines Kind! Ein Baby!

Einen kurzen Moment dachte er darüber nach die Tür einfach hinter sich zuzuschlagen, doch das würde nicht unbemerkt bleiben und auf Kommentare dieser Art konnte er getrost verzichten. Also nahm er den Korb mit dem Baby mit sich hinein, trat die Tür zu und stellte den Korb auf seinen Schreibtisch.

Das Kind schlief zwar noch, war aber sehr unruhig. Während es so strampelte, fiel Snapes Blick auf einen Umschlag, der ebenfalls im Korb lag. Er nahm ihn an sich und begutachtete ihn, doch weder das Siegel mit dem Adler, noch die saubere Handschrift, mit der sein Name auf den Umschlag geschrieben stand, halfen ihm irgendwie weiter. Die einzige Möglichkeit, diese ganze Situation ansatzweise zu verstehen, war den sich im Umschlag befindenden Brief zu lesen.

Lieber Severus, ich bin momentan wirklich sehr im Stress und kann dir dies deshalb nicht persönlich sagen, doch ich möchte dich bitten, dass du gut auf unsere kleine Melody aufpasst. Alles, was sie braucht, habe ich in den Korb gelegt. Ich danke dir und hoffe ihr versteht euch gut. Alles Liebe, Amber

Nun war Snape tatsächlich noch verwirrter als vorher.

'Unsere kleine Melody', 'alles Liebe', 'Amber'?

Amber, woher kam ihm dieser Name bekannt vor? Doch dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er war mit einer jungen Frau namens Amber in der selben Vorlesung über dunkle Künste gewesen während seines Studiums. Sie waren sich damals zugegebenermaßen sehr nahe gekommen, aber seit der Studienzeit hatte er sie nicht mehr gesehen. Und das war nun wirklich schon über 10 Jahre her!

'Vom Herumstehen werde ich daraus auch nicht schlauer.'

Somit beschloss Snape sich an die Person zu wenden, die immer einen Ausweg wusste: Albus Dumbledore.

Mit hastigen Schritten machte er sich auf den Weg in die Große Halle. Er stürmte ungehalten durch die Reihen, bis er direkt vor dem Gesuchten stand.

"Entschuldigen Sie die Störung, Herr Direktor," erklärte Snape und versuchte so leise wie möglich zu sprechen, "aber ich muss Sie in einer sehr dringenden Angelegenheit sprechen."

Dumbledore schien Snapes Aufregung als ein Zeichen von Unaufschiebbarkeit zu deuten und nickte ihm zu.

"Kommen Sie gleich in mein Büro, Severus."

Snape nickte und rauschte wieder aus dem Saal.

Mit ebenso hastigen Schritten wie er gekommen war, machte er sich nun wieder auf den Weg zu seiner Wohnung.

Dort angekommen packte er den Korb, in dem das Baby, namens Melody, immer noch schlief. Nervös in der Annahme, dass ihn Schüler damit sehen könnten, legte Snape den Weg zum Büro des Direktors beinahe in einer Rekordzeit zurück.

Er murmelte das Passwort, während er sich immer noch panisch umsah, und stieg dann eilig die Treppe hinauf.

In Dumbledores Büro stieß er beinahe auf eine Versammlung: neben dem Direktor waren noch seine Stellvertreterin McGonagall, die anderen beiden Hauslehrer Flitwick und Sprout, Madam Pomfrey und sein Lieblingskollege (und Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste) Lupin anwesend.

'Na toll!'

Snape atmete tief durch und trat dann auf den Direktor zu.

"Nun, Severus, was gibt es denn so dringendes?"

"Dies hier!"

Snape stellte den bislang unberührten Korb auf den Schreibtisch.

"Das habe ich heute morgen vor meiner Tür gefunden."

Dumbledore und die anderen Lehrer beugten sich über den Korb. Prof. McGonagall und Prof. Flitwick bekamen große Augen und ließen sich auf die nahen Sessel nieder. Prof. Sprout grinste. Lupin sah das Kind ganz genau an und lehnte sich dann wieder an die Wand. Madam Pomfrey musterte das Kind mit einem vergewissernden Blick. Dumbledore brach schließlich die Stille und fragte:

"Gibt es dafür irgendeine Erklärung?"

"Nur diese."

Snape legte ihm den Brief vor. Während Dumbledore ihn las, erklärte Snape noch:

"Ich habe aber keine Ahnung, was das zu bedeuten hat."

Dumbledore reichte den Brief an die Kollegen weiter.

"Ganz klar.", gab Prof. Sprout von sich. "Hier erklärt Ihnen diese gewisse Amber die Vaterschaft."

Snape schnappte nach Luft, kam jedoch nicht mehr dazu etwas zu erwidern, da sich Prof. McGonagall anschloss:

"Richtig. Die ganze Formulierung: die persönliche Anrede mit Vornamen, das 'Du', UNSERE kleine Melody, alles Liebe, ganz klar: Sie erklärt Ihnen die Vaterschaft gegenüber diesem Kind."

"Das kann nicht sein!", fuhr Snape wutentbrannt dazwischen.

"Kennst du denn eine Frau namens Amber?", fragte Lupin sachlich.

"Ja."

Snape nickte.

"Na bitte!"

Prof. Sprout zuckte mit den Schultern.

"Wenn ich mal was sagen darf," mischte sich Madam Pomfrey ein, "meiner Einschätzung nach ist die kleine Melody etwa 3-4 Monate alt, d.h. der sexuelle Kontakt muss etwa ein Jahr her sein."

"Na bitte!", wiederholte Snape schnippisch. "Ich habe mit einer gewissen Amber zusammen studiert und das ist, mit Verlaub, schon über 10 Jahre her. Wie kann ich denn dann bitte der Vater ihres Kindes sein?"

Die Versammlung nickte.

"Und Sie sind sicher, Severus," hakte Dumbledore nach, "dass Sie keine andere Frau namens Amber kennen und die erwähnte Amber das letzte Mal vor 10 Jahren gesehen haben?"

"Ja, obwohl..."

"Obwohl was?", fragte Dumbledore.

Als Snape augenscheinlich nervös wurde, gebot Dumbledore ihm sich zu setzen. Snape nahm Platz und sah unsicher in die Runde.

"Nun, ich... also, als Sie letztes Jahr bekannt gegeben hatten, wer die wieder mal frei gewordene Stelle übernehmen würde, da bin ich abends nach Hogsmeade und hab' mir ziemlich die Kante gegeben."

Aus dem Augenwinkel sah Snape Lupin grinsen. Der amüsierte sich anscheinend köstlich darüber.

"Und was hat das damit zu tun?", fragte Prof. McGonagall verständnislos.

"Nun, ich glaube mich zu erinnern, dass ich mit Amber gesprochen habe."

"Sie glauben?", piepste Prof. Flitwick.

"Ich war total betrunken!", fuhr Snape ihn an, während er immer stärker rot anlief. "Ich weiss nicht, ob sie es wirklich war oder ob ich in meinem Suff einfach eine Fremde mit ihr verwechselt habe. Ich bin mir zwar jetzt ziemlich sicher, dass sie es war, aber wie gesagt: Ich war betrunken."

"Naja," bemerkte nun Prof. Sprout grinsend, "angenommen sie war es wirklich, vom Reden ist bis jetzt meines Wissens noch niemand schwanger geworden. Da muss ja noch mehr gewesen sein."

Die Kollegin amüsierte sich darüber anscheinend sehr, während Snape die Hitze seiner Wangen schon spüren konnte.

"Ich weiss.", knurrte er. "Aber ich weiss es nicht. Ich weiss, dass ich mit ihr gesprochen habe, dann habe ich einen Filmriss und aufgewacht bin ich in meinem Bett. Und eines kann ich sicher sagen: In meinem damaligen Zustand habe ich das sicher nicht alleine geschafft."

"Dann ist ja alles klar."

Lupin trat von der Wand weg.

"Ihr hattet einen One-night-stand, sie wurde schwanger, hat versucht damit klarzukommen, aber jetzt ist ihr die Verantwortung wahrscheinlich über den Kopf gewachsen und sie hat sich gedacht: Jetzt kann der Vater seiner Pflicht nachkommen."

"Doch wenn das so war," wandte Prof. McGonagall ein, "wie ist sie dann gestern nacht unbemerkt hier rein gekommen?"

"Das dürfte nicht schwierig gewesen sein.", erklärte Dumbledore. "Mr Filch meldete sich gestern Abend krank und wie Sie wissen, hat Hagrid Urlaub genommen, um etwas über seine Abstammung herauszufinden. Er war somit auch nicht zugegen."

"Wie auch immer,..."

Snape hatte sich nun wieder soweit beruhigt, dass er sprechen konnte.

"Was passiert jetzt? Ich kann mich ja wohl schlecht um ein Baby kümmern. Erstens habe ich zu unterrichten und bin somit nicht immer einsatzbereit. Zweitens halte ich mich nicht wirklich für qualifiziert eine solche Aufgabe zu übernehmen und drittens hätte ich mit dieser sogenannten Mutter noch einige Takte zu reden."

Dumbledore hob beschwichtigend die Hand.

"Die Mutter wird sich sicher finden lassen. Wenn sie eine Hexe ist, muss sie irgendwo verzeichnet sein. Kennen Sie vielleicht ihren Nachnamen?"

Snape zuckte mit den Schultern.

"Vielleicht Cauldfield oder so ähnlich."

"Aha, Cauldfield oder so ähnlich. Ich werde mich beim Ministerium erkundigen. Ansonsten müssen wir alle Frauen mit dem Vornamen Amber überprüfen. Wir werden sie schon finden, aber das kann ziemlich dauern. Als Übergangslösung müsste die kleine Melody also bei Ihnen bleiben."

Dieser Gedanke widerstrebte Snape zwar, doch da es nur eine Übergangslösung war, gab er sich geschlagen.

"Ich werde sie dann mal mitnehmen, um sie zu untersuchen.", erklärte Madam Pomfrey und Snape war das sehr recht. So war er wenigstens wieder für ein paar Stunden allein.

Während er durch die Gänge zu seinem Unterrichtsraum streifte, dachte er darüber nach, ob und wie sich dieses Kind am besten vor den Schülern verbergen ließ. Denn auf das dämliche Grinsen von Leuten wie Potter oder Weasley konnte er getrost verzichten.

'Am besten ich behalte das Kind in der Wohnung. Ich schaue dann in den Pausen zwischen den Jahrgängen rein, das wird schon passen.'

Ungehalten wie immer stürmte er ins Klassenzimmer. Der 6. Jahrgang Gryffindor-Slytherin, Potter, Granger, Weasley, Longbottom. Eigentlich war es zwecklos, doch Snape gab ihnen eine Aufgabe, streifte wie üblich durch die Reihen und war gerade dabei seine Laune anzuheben, indem er Gryffindor saftig Punkte abzog, als die Kerkertür aufgestoßen wurde.

Madam Pomfrey kam mit dem Baby auf dem Arm herein und steuerte auf Snape zu.

'Bitte nicht, bitte nicht!', flehte er stumm zum Himmel, doch es half nichts.

"Also," sprudelte Madam Pomfrey los, "ich hab' Ihre Kleine untersucht und stelle fest, dass sie sich bester Gesundheit erfreut. Sie sollten aber so alle halbe Stunde mal nach ihr sehen, bei Kindern in diesem Alter weiss man nie. Aber sie scheint ein dickes Fell zu haben, höchst wahrscheinlich von Ihnen."

Sie drückte Snape das Kind in die Arme, grinste ihn noch einmal an und verließ dann den Kerker wieder.

Snape blieb wie vom Donner gerührt stehen. Diese Bloßstellung war kaum in Worte zu fassen. Er konnte sich schon vorstellen, wie urkomisch das aussah: Er, der unnahbare und unfreundliche Zaubertrankprofessor, stand da mit einem Baby im Arm und die Ärztin erklärte vor der ganzen Klasse, dass seine Tochter gesund sei.

Er atmete einmal tief durch, dann drehte er auf dem Absatz um und verschwand nach nebenan in sein Büro.

Die Klasse blieb mit entgeisterten Gesichtern zurück.

"Habt ihr das auch gesehen und gehört?", fragte Hermine entgeistert.

Ron und Harry konnten nicht aufhören zu grinsen.

"Wie süß!", bemerkte Parvati hinter ihnen. "Wer hätte gedacht, dass jemand wie Snape doch irgendwann Vater wird?"

"Könnt ihr euch das vorstellen?", fragte Harry. "Ich meine, so ein Baby macht Arbeit. Ihr wisst doch was ich meine."

Bei dem Gedanken an Snape, wie er ein Baby versorgte, brachen sie alle in schallendes Gelächter aus.

Die Slytherins saßen da und sagten gar nichts. Zum Teil wussten sie nicht, ob sie mitlachen sollten oder nicht, zum anderen waren sie über das Geschehene völlig fassungslos.

Snape lehnte, immer noch das Baby auf dem Arm, innen an seiner Bürotür. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, dann sah er auf das Baby hinunter.

"So klein und trotzdem machst du schon solchen Ärger. Du könntest eine prima Gryffindor werden, die sind auch alle so!"

Doch als ihn die kleine Melody so unschuldig ansah, setzte er hinzu:

"Naja, du kannst ja eigentlich nichts dafür. Ich komme dann in etwa einer halben Stunde wieder."

Dann legte er Melody in ein von ihm schnell herbeigezaubertes Babybett und verließ nach kurzem Zögern mit hastigen Schritten den Raum.

Als er zurück in die Klasse kam, verstummte das Gelächter sofort. Snapes Erscheinung reichte um den Schülern Angst zu machen, man musste ihn nicht auch noch provozieren.

"Kann man Sie alle denn keinen Moment aus den Augen lassen?", donnerte Snape, als er sah, dass sie ihre Tränke, seit er den Raum verlassen hatte, nicht mehr angerührt hatten.

"Damit wäre ja sogar ein Baby nicht überfordert!"

Mit Genugtuung stellte er fest, dass keiner der Schüler es wagte zu lachen. Sie machten sich schnell wieder über ihre Kessel her und Snape war in dieser Beziehung ziemlich stolz auf sich.

Wie natürlich trotzdem nicht anders zu erwarten gewesen war, war Snapes plötzliche Vaterschaft das Tagesgespräch an allen Tischen. Auch bei den Slytherins wurde darüber getuschelt, aber eher hinter vorgehaltener Hand und ganz leise.

Die Kollegen versuchten zwar auch es möglichst leise zu machen, aber Snape entging nicht, dass McGonagall wieder einmal an Sybill Tralewney rumsticheln musste.

"Also bitte, Sybill, das hätten Sie ja wohl voraussehen können, oder?"

"Wenn ich Sie erinnern darf, Minerva, habe ich vor kurzem gravierende Veränderungen vorausgesagt.", erklärte Prof. Tralewney hochmütig. "Sie können nicht bestreiten, dass es nicht so ist."

"Ach, und wenn Madam Hooch beim Quidditch vom Besen gefallen wäre und sich das Bein gebrochen hätte, wäre das Ihre Voraussage gewesen, wie?"

Dieses Gezicke wollte sich Snape nicht länger antun.

"Entschuldigen Sie mich," erklärte er, während er aufstand, "aber ich habe noch zu tun."

"Ja, ja, Väter und ihre Verpflichtungen!", flötete Prof. Sprout.

Snape strafte sie mit einem herrischen Blick und verschwand aus der Halle.

Kaum hatte er seine Wohnung betreten und seinen Umhang weggelegt, da machte sich auch schon Melody bemerkbar.

Snape schluckte. Jetzt stand wohl seine erste Bewährungsprobe an.

Er ging zu dem kleinen Bett hin und nahm Melody hoch. Schon dabei stellte er fest, warum sie schrie: die Windeln!

Als er im Korb auf nichts dieser Art stieß, drehte er den Brief von Amber um. Auf der Rückseite standen ein paar Zeilen, die er tatsächlich überlesen hatte.

P.S.: Da ich mir gedacht habe, Windeln wechseln ist vielleicht nicht so deine Stärke, es klappt auch mit dem einfachen Wechselzauber. Melody ist das gewöhnt, sie kennt das. Amber

"Vielen Dank.", erklärte Snape und war ehrlich erleichtert, dass er nun doch nicht selbst Hand anlegen musste. Dieser Wechselzauber war einfach und schnell vollzogen.

Melody war wieder still und Severus ging sich umziehen. Er legte seine Unterrichtskleidung auf einen Stuhl und zog sich eine bequeme, schwarze Jeans und einen schwarzen Rollkragenpulli mit einem violetten Emblem drauf über.

Gerade wollte er es sich mit einem Krimi auf seinem Sofa bequem machen, als Melody schon wieder zu schreien begann.

"Was hast du denn?", fragte er und trat an das Bett. "Da kann doch nicht schon wieder was sein!"

'Warum rede ich eigentlich mit ihr? Sie kann mir ja doch nicht antworten.'

Snape schüttelte den Kopf und als er feststellte, dass ihre Windeln noch trocken waren, beschloss er es mal mit Milch zu versuchen. Als Meister der Zaubertränke war es für ihn natürlich ein Heimspiel Milch auf eine trinkbare Temperatur zu kriegen.

Also setzte er sich in einen der großen Sessel am Kamin, nahm sie in den Arm und sie nahm die Flasche auch sofort an.

Er war richtig versunken darin, die Kleine anzusehen, sodass er richtig zusammenfuhr, als es an der Tür klopfte.

Mit einem kurzen Zauberspruch öffnete Snape die Tür und Remus Lupin trat ein. Einen kurzen Moment lang blieb er verdutzt an der Tür stehen. Es war schon ein seltsamer Anblick, wie Severus Snape da in seinem Sessel saß, das Baby auf dem Arm und diesem ganz liebevoll und augenscheinlich völlig normal das Fläschchen gab.

Lupin grinste, schloss die Tür und trat näher.

"Was gibt's denn zu grinsen?", fragte Snape, der das ganze aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte.

"Nun, ich bin nur verwundert.", gestand Lupin. "Hätte nicht gedacht, dass du so exzellente Vaterqualitäten hast."

"Sie macht es einem einfach.", erklärte Snape, legte die Flasche ab und ließ die Kleine ein Bäuerchen machen. "Sie schreit nur, wenn es wirklich dringend ist. Ansonsten ist sie ein sehr stilles Kind. Ein genügsamer Geist eben."

"Tja, wie der Vater, so die Tochter.", zitierte Lupin.

"Was machst du eigentlich hier, Remus?", fragte Snape nun, während er Melody noch im Arm hielt.

"Ich hab' mir gedacht, vielleicht kann ich dir helfen.", gestand Lupin. "Bin ja schließlich irgendwie auch Schuld daran. Wäre ich nicht eingestellt worden, hättest du dich nicht betrinken müssen."

"So kann man das auch sehen.", murmelte Snape, stand dann auf und legte die Kleine ins Bett zurück. "Aber wir brauchen keine Hilfe. Melody und ich kommen gut allein zurecht."

"Das habe ich schon beim Reinkommen gemerkt."

Snape sah Lupin irritiert an.

"Du sahst richtig glücklich aus. Außerdem ist sie noch keinen Tag hier und du nennst sie schon nicht mehr 'es', 'das Baby' oder 'das Kind', sondern du sagst 'sie' oder eben 'Melody'. Und das wo du die Schüler bis zu ihrem Abschluss beim Nachnamen rufst."

Mit einem Augenzwinkern verließ Lupin Snapes Wohnung.

Überrascht sah dieser auf die mittlerweile schlafende Melody.

Es war ihm gar nicht aufgefallen, aber Lupin hatte Recht. Snape hatte die kleine Melody schon richtig ins Herz geschlossen. Was lange keinem Menschen gelungen war, hatte dieses Baby innerhalb eines Tages geschafft.

'Vielleicht war die Idee von Amber doch nicht so schlecht.', dachte er und strich Melody sanft über die Wange.

Er stand noch lange einfach regungslos an ihrem Bettchen, bis er dann auch letztendlich ins Bett ging.