Enma ruft Enma

Teil 3 - Teamwork (oder auch nicht ...)

"Ohh!" Koenma erhob sich auf seine wackeligen Beine und rückte seine Kopfbedeckung zurecht. Botan rieb sich die Augen und atmete tief ein. "Und ich muss es gleich noch mal machen", ächzte sie. "Simmt!" Koenma wandte sich den Wartenden zu. "Schön euch wiederzusehen. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?"

Kurama trat vor. "Wir freuen uns auch, dass es Euch gut geht, Koenma-sama. Die Extinction hat inzwischen Markierung drei überschritten. "Was sollen wir tun?"

"Wir können hier leider gar nichts gegen die Extinction selbst unternehmen", sagte Koenma ernst, "aber in der Realtiät jenseits dieses schwarzen Schlundes gibt es eine wundervolle Sache namens Dragonballs." Mit knappen Worten erklärte er ihnen, worum es dabei ging. Hiei sprang vom Baum und ging auf den Schlund zu.

"Halt" Piccolo schnappte ihn sich am Kragen und riss ihn vom Abgrund zurück. So etwas machte man mit Hiei nicht ungestraft. Blitzschnell hatte er sein Schwert zur Hand und säbelte Piccolo, der überhaupt nicht damit gerechnet hatte, den Arm ab.

Koenma und Botan blieb der Mund offen stehen. "Hiei!", würgte Yusuke heraus. "Du hast gerade einen unserer Verbündeten verstümmelt. Botan, rasch hilf ihm!" "Yusuke, heilen ist nicht meine Spezialität, da musst du jemand anderen fragen." "Wir müssen zuerst mal die Blutung stoppen!", rief Kurama und streifte einen zackigen Samen aus seinen Haaren.

Kuwabara sah verständnislos von Gokou zu dem immer noch ein wenig blassen Vegeta. "Warum steht ihr so da, wenn euer Freund verblutet. Das lila Zeugs ist doch sein Blut, oder?" "Das schon...", nickte Gokou.

"Dann müsst ihr ihm doch helfen!", rief Kuwabara händeringend. "Phhh!", machte Vegeta. "Wer so dumm ist, sich von einem Amateur kalt erwischen zu lassen..." Wie aus dem Nichts tauchte Hiei vor Vegeta auf und hielt ihm die Schwertspitze unter die Nase. "Wer ist hier der Amateur, Mensch?", zischte er.

Vegeta zuckte mit keiner Wimper. "Na der, der dumm fragt, Mensch!" "Lasst diesen Unsinn, alle beide!", rief Koenma scharf. "Genau"

Die Stimme kam eindeutig von Piccolo. Die Blutung aus seinem Armstumpf hatte aufgehört. Kurama, der ihm schon den Samen hatte drauf drücken wollen, hielt inne. "Piccolo", kam es von Gokou, "könntest du bitte damit aufhören? Oder macht es dir Spaß die Leute hier zu erschrecken."

"Nun, ein bisschen schon", gab Piccolo mit schmalem Grinsen zu. Er sammelte seine Kraft und aus dem Stumpf wuchs ein zweiter Arm nach. "Unglaublich!", enfuhr es Koenma. "Können das alle von deiner Art?" "Ja, die Regeneration ist eine Spezialität der Namekianer. Natürlich braucht es entsprechendes Training und Erfahrung, um ganze Körperteile nachwachsen zu lassen." "Echt praktisch", meine auch Yusuke. "Scheint so, als hätte Koenma gewusst, was er tut, als er euch drei statt einer ganzen Armee geholt hat." "Ähmm... Koenma-sama", mischte sich Botan vorsichtig ein. "Wie wäre es, wenn ihr sie untereinander vorstellt?"

"Oh, das habe ich noch nicht, oder?" Koenma kratzte sich verlegen die Stirn. "Ahmm", er räusperte sich wichtig. "Das hier", er wies auf die Gruppe um Yusuke. "sind die Leute meines Teams. Jeder von ihnen hat spezielle Fähigkeiten und Kampftechniken. Ihr werdet mit ihnen gemeinsam ein Team bilden."

"Ich bin Yusuke", machte dieser den Anfang. "Meine Spezialität ist die "Rei Gun". Er zielte mit dem Zeigefinger wie mit einem Pistolenlauf auf einen abgestorbenen Baum und schoss einen Energiestrahl drauf ab. Der Baum flammte auf und sackte als Aschehaufen zusammen.

"Klasse Technik!", freute sich Gokou. "Also ich bin Son Gokou. Meine Spezialität ist das hier." Er suchte sich einen größeren Felsen aus, der verlassen in der Landschaft stand. "Den braucht ihr nicht mehr, oder?", fragte er Koenma, worauf dieser den Kopf schüttelte. Gokou streckte in bewährter Manier die Arme aus und rief "Kamahameha!" Ein dicker, blauer Energiestrahl fraß sich durch die Luft, kollidierte mit dem Felsen, woraufhin es einen gewaltigen Knall tat und vom Felsen blieb kaum mehr als eine Wolke aus Staub.

"Wow!", beeindruckt schluckte Yusuke. "Laut und primitiv", kam es von Hiei. "Jetzt bin ich dran!", drängte sich Kuwabara vor. "Ich bin Kuwabra, meine Spezialität ist das "Rei Ken". Er streckte die Hand aus, rief "Rei Ken", und hielt ein Schwert aus purer, feuriger Lichtenergie in der Hand mit dem er ein paar Mal durch die Luft hieb."

Vegeta zog lediglich eine Augenbraue hoch, was Koenma veranlasste, Kuwabaras Fähigkeit, mit seinem Schwert die Grenzen zwischen Dimensionen zu zerteilen, hervorzuheben. Nicht dass das viel dazu beigetragen hätte, Vegetas Geringschätzung zu reduzieren ...

"Dann bin ich wohl an der Reihe", sagte Piccolo und trat vor. "Ich bin Piccolo, neben der Regeneration ist das hier meine Spezialität." Er hob zwei Finger an die Stirn. Früher hatte er sich lange konzentrieren müssen, doch mittlerweile konnte er sie innerhalb eines Augenblicks abfeuern, seine "Teufelsspirale!" Kaum hatter er das Wort gerufen, schraubte sich die golden leuchtende Energie über ihre Köpfe hinweg gegen eine Felswand und fräste ein tiefes Loch hinein.

"Ziemlich lahm", urteilte Hiei wegwerfend. "Nur selten steht ein Feind dermaßen still..." "Und du bist soviel besser, wie?", quetschte Piccolo zwischen den Zähnen hervor. "Das würde ich auch gern sehen", sagte Vegeta mit einem Seitenblick. "Große Töne spucken kann jeder..."

Hiei sah die beiden an und langte nach seinem Ärmel, um diesen hoch zu rollen. "Lass das bitte", Kurama legte ihm den Arm auf die Schulter. "Das ist zu gefährlich, hier." Er lächelte Vegeta und Piccolo entschuldigend an. "Hiei ist etwas impusliv. Außerdem ist er schnell wie der Wind und wenn er erst den schwarzen Feuerdrachen losgelassen hat, steht hier vermutlich ein Stein mehr auf dem anderen."

"Wartet mal", Gokou, der bislang geschwiegen hatte, zog die Augenbrauen zusammen. "Wenn dieser schwarze Drache so unbezwingbar ist, warum pustet ihr damit die Festung dieses Dämonen nicht einfach weg?" "Sie wird durch ein magisches Schild geschützt", erklärte Kurama. "Es ist so stark, dass selbst Hieis Drache sich daran die Zähne ausbeißen würde."

"Also wissen wir nicht, wie es innerhalb der Festung aussieht?" Piccolo sah zu Koenma hinüber. "Was ist mit euren Spionen, welche die Festung erkunden sollten?" "Ach?" Hiei zog eine Braue hoch. "Waren da noch mehr, Koenma?" Koenma schüttelte den Kopf. "Ich habe nur den schnellsten und besten geschickt, dich. Berichte!" "Moment noch!", mischte sich Son Gokou ein. "Es wäre doch unhöflich, die Vorstellung abzubrechen bevor alle an der Reihe waren, oder?"

"Stimmt." Koenma schob seine Kopfbedeckung zurecht. "Je einer ist noch übrig, oder?" "Dann bring ich es am besten mal hinter mich", sagte Vegeta. "Ich bin Vegeta, Prinz der Saiyan. Meine Technik braucht keinen Namen."

Er wandte sich den Trümmern zu, die Piccolos Teufelsspirale aus der Felswand gesprengt hatte. Blitzschnell hob er die Hände und feuerte seine goldenen Energiebälle auf sie am. Es gab eine Menge Rauch und Qualm, aber als dieser sich klärte, war von den ganzen Felsstücken nur noch Staub übrig. Vegeta warf Hiei einen herausfordernden Blick zu. Dieser hob die Hand vor den Mund und gähnte übertrieben deutlich. Ehe Vegeta deswegen ausflippen konnte, war Kurama nach vor getreten. "Mein Name ist Kurama und ich bin ein Kenner der Flora von hier bis in die Dämonenwelt. Meine Waffe ist das hier." Mit eleganter Geste zog er die Rose aus seinen Haaren. "Rose Whip!" Wie stets verwandelte sie sich in die lange biegsame, dornbesetzte Ranke, die Kurama als Peitsche einzusetzen pflegte. Er hieb damit auf einen noch unberührten Felsbrocken ein, den die Dornen glatt durchschnitten.

"Ganz nett", urteilte Vegeta. "Aber gegen Fernattacken absolut unnütz." "Halt!" Koenma war wieder zum Teenager geworden. "Ich habe eure kleinliches Gezänk satt." Hiei und Vegeta sahen sich an. "Phhh!"

Jeder sah in eine andere Richtung. "Mir scheint ihr braucht alle zusammen ein Sondertraining, um euch klar zu werden, welche Stärken und Schwächen jeder hat und wie er sie zum Wohle der Gruppe einsetzen kann." Gokou sah ganz begeistert aus. Das versprach, sehr unterhaltsam zu werden. "Und damit das auch in geregelten Bahnen verläuft, wird Botan euch jetzt alle mal zu Genkai bringen, die ist die beste Lehrerin für solche Sturköpfe.

Kuwabara trat der Schweiß auf die Stirn. Genkais Training war nicht umsonst so geschätzt (eher gefürchtet), dass sogar talentierte Dämonen sich von ihr unterrichten ließen, obwohl sie ein Mensch war.

In letzter Zeit war zu ihrem eigenen Erstaunen die Kraft, die sie damals auf Yusuke übertragen hatte, nach und nach wieder neu in ihr gewachsen, sodass sie wie in alten Zeiten austeilen konnte. "Keine Angst, Kuwabara", sagte Yusuke und klopfte ihm auf die Schultern, "ich bin ja bei dir." "Das beruhigt mich kein bisschen", zischte Kuwabara zurück. "Eigentlich sollte ich in meinem Zimmer sitzen und büffeln wie ein Irrer..."

"Dann wirst du dich mit meinem Sohn ja bestens verstehen", lachte Gokou. "Deinem Sohn? Kommt der noch nach?" "Nein, aber du wirst ihn in unserer Realität treffen." "Wie denn? Was denn?", Kuwabara kannte sich gar nicht mehr aus. "Gokou, du bist sehr ähmmm ... direkt?", räusperte sich Koenma. "Ich hätte es Kuwabara gern selbst beigebracht."

"Heißt das, ich muss da durch?", Kuwabara deutete auf den großen Schlund, "Warum ich?" "Weil du ein Mensch bist", sagte der Namekianer. "Die Leute bei uns haben ihre Probleme mit Dämonen und Halbdämonen. Sie erschrecken schon, wenn ich auftauche und ich war mal ihr Gott." "Du warst was?", Yusuke fielen fast die Augen aus dem Kopf.

"Na ja, sagen wir mal, die Hälfte von mir war Gott. Derjenige, der über sie gewacht hat und ab und zu eingeschritten ist, derjenige, der Gokou trainiert hat, damit er stark genug wird, mein anderes ich, den Oberteufel zu besiegen..."

"Stop!", winkte Koenma ab. "Wenn wir alle einander die Lebensgeschichte erzählen, sitzen wir morgen noch da. Erst lösen wir das Chaos hier, dann können wir zu einem Kaffeeklatsch zusammensitzen." "Schon gut, ich habe begriffen, dass ich rüber muss, um ... um was zu tun?" Kuwabara sah von Gokou zu Koenma.

"Du gehst zu Vegetas Frau Bulma, holst dir dort den Dragonball Radar und suchst die sieben Kugeln. Alte Freunde von mir werden dir helfen, sie zu finden. Wenn du alle beisammen hast, rufst du den Heiligen Drachen Shen Long und wenn er nach deinen Wünschen fragt, bittest du ihn, die Extinktion aufzuhalten und ungeschehen zu machen. Dann hast du noch immer zwei Wünsche offen, aber warte am besten bis wir mit unsrer Aufgabe hier fertig sind, vielleicht gilt es, den einen oder anderen von euch wiederzubeleben." Gokou schnaufte tief durch. So viel hatte er selten an einem Stück erklären müssen.

Kuwabara nickte. "Und warum sollte mir diese Bulma helfen, ich bin ja fremd in eurer Welt." Hier wusste Botan Rat: "Sie wird, weil dich Uranai Baba, mein Gegenstück sozusagen, begleiten wird."

"Also gehen nur wir sechs zu Genkai?", fragte Yusuke. "Nicht ganz." Koenma deutete auf Gokous Heiligenschein. "Falls es noch keinem von euch aufgefallen ist, dieser hier ist tot. Obwohl er einer dortigen Praxis gemäß seinen Körper mit allen Kräften behalten hat, kann er sich nicht mehr außerhalb des Jenseits aufhalten." "Na so ein Pech!", Yusuke sah enttäuscht aus. "Ich hätte gern mal erlebt, wie er mit Genkais Training fertig wird."

"Tut mir echt leid", Gokou lachte verlegen. "Ich bin schon eine ganze Weile tot, daher denke ich kaum noch daran."

"Wie bist du denn gestorben?", fragte Kuwabara neugierig. "Kuwabara!", zischte Kurama warnend. "So etwas fragt man nicht." "Kein Problem", lachte Gokou. "Ich bin explodiert." "Uhg!" Kuwabara musste ganz schön schlucken. "Hat es sehr weh getan?" "Dazu ging es zu schnell." "Man sollte in deinem Alter halt nicht mit Feuerwerk spielen", meinte Hiei. "Das war nicht der Grund", rechtfertigte sich Gokou und erzählte in knappen Worten von Cell und dessen Selbstzerstörung.

"Schlechtes Timing", lautete Hieis vernichtendes Urteil. "Du hast sicher eine tränenrührende Abschiedsrede and eine Freunde gehalten, oder?" Ertappt sah Gokou zu Boden. "Ähmm sie war nur sehr kurz, ehrlich:" "Aber in dieser Zeit hättest du diesen Cell auf dem Planeten des Kaio abliefern und mit dem Kaio wieder woanders hin springen können, oder? Das war nicht heldenhaft, nur stümperhaft! Ihr Menschen seid einfach unverzeihlich sentimental."

Gokou zog die Augenbrauen zusammen. "Also so ganz stimmt das nicht, weil ich ja ..." "Genug jetzt!" Koenma stampfte mit dem Fuß auf den Boden. "Ich habe für Gokou hier Verwendung genug und ihr anderen macht, dass ihr an euer Ziel kommt. Kuwabara, du wartest neben dem Loch bis Botan wieder hier ist, Gokou, du kommst mit mir in den Palast."

Sein Kommandoton war nicht zu überhören. Botan setzte sich auf ihr Ruder. Yusuke, Piccolo und Vegeta hielten sich an dem Ruderblatt fest. "Macht euch um uns zwei keine Sorgen", lächelte Kurama. "Hiei und ich haben eigene Wege ins Diesseits zu gelangen. Man sieht sich bei Genkai."

Kuwabara hockte sich seufzend vor den Strudel und bemühte sich, seine Nervosität in Grenzen zu halten. Währenddessen begaben sich Koenma und Gokou in Enmas Palast, um an den Montioren in Koenmas Büro das Geschehen mitzuverfolgen. Wie Gokou beeindurckt feststelle, konnte man sogar sehen, was auf der Erde passierte.

Soeben landete Botan mit ihren drei Passagieren vor Genkais Schrein. "Was ist das da?", Gokou wies auf einen etwas seitlich positionierten Monitor, wo eine düstere Festung in einen schmutzigroten Himmel ragte. Ein bedrohliches Gefühl ging von diesem Bild aus. "Das ist die Blutfestung des Getseco und seines Gefolges. Es werden stündlich mehr, da er die Furcht der Dämonen vor der Extinction auszunutzen versteht." Koenma schrumpfte wieder zu einem Baby und rieb sich seufzend das Kinn. "Ich wüsste zu gern, was dort gerade vor sich geht."

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Zur gleichen Zeit in der Blutfestung "Gute Nachrichten, Fürst des Grauens!", ein niederer Dämon kam in den weiten, schwach beleuchteten Raum gewieselt.

Der angesprochene mit dem verschleierten Gesicht und den langen, schwarzen Haaren in denen eine einsame feuerfarbene Strähne leuchtete, wandte sich gelangweilt dem Dämonen zu. "Was ist denn nun schon wieder?"

"Dem Jenseits geht's immer dreckiger, Fürst Getseco", strahlte der Dämon. "Wir haben schon wieder hundert Neuzugänge und es kommen stündlich mehr. Bald ist eure Armee unbesiegbar groß!"

Getseco hielt die Hand vor den Schleier und gähnte laut hörbar. "In der Tat. Es ist so eindeutig, dass es schon wieder langweilig wird. Hat denn das Jenseits keine Helden, die sich mir in den Weg stellen wollen? Wozu habe ich die grausamsten, gerissensten und talentiertesten Dämonen um mich versammelt, wenn keiner kommt, mit dem sie spielen können?"

"Es wird nicht mehr lange gehen, oh Fürst, und dann wird Enma selber kommen. Das ist sicher!"

Denkst du?" Der Fürst ließ die Hand sinken. "Aber bis dahin bin ich an Langeweile gestorben."

"Nicht, wenn Ihr zuerst der Extinction zum Opfer fallt, Hoheit", mischte sich eine neue Stimme ein. Der Sprecher stand mit gesenktem Kopf in der Ecke des Raumes und spielte nervös mit der gedrehten Schnur, die ihm als Gürtel für seine weiße Kutte diente.

"Immer noch ein schlechtes Gewissen, La'ir?" Der Fürst griff in die Schüssel mit den gerösteten Würmern und hob den Schleier ein wenig an, sodass der Dämon vor ihm einen Blick auf sein weiches Kinn und den unzufriedenen Zug um seine sanft geschwungen Lippen erhaschen konnte. Getesco fischte einen der Würmer heraus und biss mit seinen nadelspitzen, weißen Zähnen genussvoll hinein, dass man die Kruste krachen hörte.

Der Träger der Kutte zog die Kapuze tiefer über sein jugendliches Gesicht, sodass ihr Schatten den gepeinigten Blick seiner schwermütigen Augen verbarg. "Ich habe es nicht gewollt, nicht so", murmelte er und steckte seine Hände in die weiten Ärmel. Die Arme eng an den Körper gepresst, hob er seinen Blick keinen Millimeter, als er stockend fragte: "Was werdet Ihr nun tun, oh Fürst?"

"Viele Möglichkeiten bleiben mir nicht, nach deinem Patzer." Der Vorwurf war ohne Schärfe, dennoch zuckte La'ir heftig zusammen. "Aber", der Fürst hob einen weiteren Wurm an seine Lippen, "so unglücklich bin ich über die Wendung der Dinge nicht. Anderenfalls wäre doch gar langweilig gewesen, oder?"

La'ir senkte den Kopf noch tiefer. Seit er sich Fürst Getseco freiwillig angeschlossen hatte, war ihm kein Grauen mehr fremd, kein Schrecken unbekannt. Und dennoch zitterte er innerlich vor dem Moment, da er den Unwillen seines Meisters erregen würde. Nur einmal hatte er miterlebt, wie Getseco ernsthaft wütend war und noch Tage danach war er schweißgebadet und schreiend aus Träumen erwacht, in denen er wieder und wieder Zeuge dieses Wutausbruchs geworden war.

"Mir und allen Dämonen bleibt nur ein Weg: Wir werden die Menschenwelt heisuchen. Extinction dürfte sich, aller Wahrscheinlichkeit nach, hier unten austoben und dann zur Ruhe kommen. In der Menschenwelt gibt es Fressen genug für meine Leute und wenn wir es richtig anpacken, können wir deinesgleichen in Jahrhunderten noch schlachten und verschlingen."

La'ir schauderte nicht, mit keiner Regung zeigte er das Entsetzen, das jeder andere Mensch bei dieser Ankündigung durchlitten hätte.

"Das lässt dich kalt, nicht wahr?", vermutete auch Getseco mit einem kleinen Lachen. Du bist fertig mit deiner Art, so wie ich fertig bin mit den meinen. Vielleicht lasse ich dich deshalb am Leben, weil wir uns ähnlich sind ..."

*Nicht deshalb*, schoss es La'ir durch den Kopf. *Du fürchtest Extinction, von dem du nicht weißt, ob es nicht auch im Augenblick meines Todes außer Kontrolle geraten und nach dir greifen könnte. Allein aus diesem Grund rührst du mich im Moment nicht an. Ich weiß ja selber nicht, wie ich es jetzt noch aufhalten könnte. Mit den kleinen, gezielten Feldern damals war es ja anders, dass es bei der goldenen DVD so daneben gehen könnte, hat ja keiner geahnt, ich am allerwenigsten...*

"Euch ähnlich zu sein, wäre zuviel der Ehre", murmelte La'ir, sorgsam darauf bedacht, den Kopf dabei keinen Millimeter zu heben, damit Getseco seine wahren Gefühle nicht an seinen Augen ablesen konnte.

"Hmmm..." Getsecos Hand schwebte über der Schüssel mit den Würmern. "Mitunter frage ich mich, wie tief deine Ergebenheit eigentlich reicht, La'ir."

Darauf gab es nur eine Antwort und La'ir wusste, wie sie zu lauten hatte: "Testet mich, Fürst."

Getseco kicherte. Es war ein widerwärtiges Geräusch, das gar nicht zu seiner sonst so eleganten Erscheinung passte. Mit einer raschen Bewegung fegte er die Schale mit den Würmern von der Lehne. Scheppernd schlug sie auf dem Boden auf und die Würmer kullerten heraus. "Ich mag sie nicht mehr, La'ir. Mach sauber!"

La'ir trat gehorsam näher, sank auf die Knie und fing an, die Würmer aufzulesen. Plötzlich durchbohrte ein fadendünne Nadel seinen Handrücken. La'ir beging nicht den Fehler, Getseco fragend anzusehen. Er zog die Nadel auch nicht aus seiner Haut, obwohl sie mit etwas eingerieben war, das höllisch brannte. Statt dessen neigte er den Kopf noch etwas tiefer. "Mein Fürst?"

"Habe ich dir erlaubt, die Hände zu benutzen?" La'ir wusste, was das hieß. Getseco spielte dieses Spiel nicht das erste Mal mit ihm. Gehorsam legte La'ir die Hände auf den Rücken, sorgsam drauf bedacht, dass die Nadel weder die andere Hand noch den Rücken berührte. Tief beugte er den Kopf hinab und schloss seine Zähne um einen Wurm.

"So ist es richtig. Jetzt iss ihn auf, iss alle auf und danach leckst du mir noch die Schüssel sauber. Wenn du brav bist, erlaube ich dir, die Nadel zu entfernen, ehe das Gift deinen ganzen Körper lähmt. Aber ich würde mich an deiner Stelle beeilen. Die Wärme deiner Hand wird die Schutzlackierung in etwa einer Viertel Stunde aufgelöst haben."

*Es wäre leichter zu ertragen, wenn er das dämliche Kichern lassen würde*, ging es La'ir durch den Kopf, während er hastig Wurm um Wurm mit den Zähnen aufhob und hinunterwürgte. *Ein Königreich für eine Ablenkung. Wenn er sich noch länger langweilt, fällt ihm noch eine Boshaftigkeit ein.*

Als ob die Götter seine Bitte erhört hätten, flog in diesem Moment die Türe auf und eine hagere, grau gewandete Gestalt kam herein geschritten. Im Gegensatz zu La'irs Gehorsam war seine Haltung geradezu provokant überheblich.

"Gute Neuigkeiten Getseco." Die Stimme des bärtigen, grauhaarigen Dämons klang wie ein Reibeisen und wie immer gelang es La'ir nicht, eine Gänsehaut zu unterdrücken.

"Du klingst ja geradezu begeistert, Firozz", amüsierte sich Getseco. "Hoffentlich sind deine Neuigkeiten unterhaltsamer als jene dieses Wurmes dort", er wies mit der Hand nachlässig auf den Dämon, der immer noch auf seinen Knien herum rutschte.

"Kann ... dürfte ich mich entfernen, Hoheit", winselte der Verachtete und schielte in Richtung Türe. Das hätte er besser nicht getan. Eine lässige Bewegung, der schlanken, eleganten Finger und eine hauchfeine Nadel bohrte sich in sein linkes Auge. Der Dämon jaulte auf und beging den Fehler nach der Nadel greifen zu wollen. Sssst! Sssst! steckte eine weitere in seinem rechten Augen und eine dritte in seiner Kehle. Diesmal schien eine Schutzlackierung die Wirkung zu verzögern, denn der Dämon krümmte und wand sich schreiend auf dem Boden, Geschwüre wuchsen aus seiner Haut, brachen auf und die eitrige, gelblich-grüne Flüssigkeit tropfe auf den Boden, wo sie rauchende Löcher in den grob gehauenen Gestein fraß. Der ekelhaft süße Gestank, der von dem sterbenden Dämon ausging drehte La'ir fast den Magen um, doch er zwang sich, weiterhin eilends einen Wurm nach dem anderen hinunterzuwürgen. Als nur noch einen paar davon übrig waren, gab der Dämon sein letztes Röcheln von sich.

"Und wer beseitigt diesen Dreck jetzt?", fragte Firozz die Nase rümpfend.

Eben schnappte La'ir sich den letzten Wurm, richtete sich ein wenig auf, um ihn besser in den Mund nehmen zu können, da beugte sich Getseco vor, fasste La'ir mit seiner Rechten am Kinn und zog ihn auf die Beine. Der Wurm hing immer noch zwischen La'irs Zähnen, Getseco hob den Gesichtsschleier ein wenig an und schoss seinen Mund um das freie Ende des Wurmes, sodass seine Lippen auf denen La'irs zu liegen kamen, der seine Augen geschockt aufriss und um ein Haar den Fehler begangen hätte, zurück zu weichen. Betont langsam biss Gesteco vom dem Wurm ab, löste sich von La'ir und zerkaute den Bissen genüsslich. La'ir fiel wieder auf die Knie, diesmal eher vor Schreck als vor Demut und schluckte rasch seine Hälfte des Wurmes.

"Ist es mir nun doch gelungen, dich ein wenig aus der Fassung zu bringen, La'ir?", lachte Getseco und leckte sich die Lippen. "Du darfst dir die Nadel aus der Hand ziehen."

Stumm folgte La'ir dieser Aufforderung. Das Brennen ließ nach und die Wunde blutete kaum noch. Da er keine weiteren Schmerzen verspürte, hatte er das Zeitlimit wohl nicht überschritten.

"Und jetzt benütze dein Talent, um diesen stinkenden Haufen Mist wegzuräumen."

Diesen Befehl hatte er nicht erwartet, zumindest nicht innerhalb dieser Mauern. Dennoch kam Zögern nicht in Frage. Egal wie schauderhaft ihm dabei war, er legte die Fingerspitzen beider Hände aufeinander, sodass sie ein Dach bildeten. "Extinction!" In seiner Vorstellung wischte eine unsichtbare Hand den Kadaver des Dämons fort und vor den Augen der beiden Zuseher geschah genau das. Der erste Wisch streifte die Farbe aus dem Haufen, der nächste löste die Umrisse auf und mit dem dritten verschwanden die letzten Schatten.

Jetzt kam der schwierigste Teil. La'ir verkleinerte das Dach, näherte die Handflächen einander an und presste sie schließlich zusammen. Genau hier war bei der goldenen DVD das Unglück passiert. Diese DVD hatte sich der Auslöschung widersetzt, sodass La'ir damals mehr und mehr Kraft hatte freisetzen müssen, Kraft, die nicht mehr zu kontrollieren war und die schließlich wild in alle Richtungen wirksam wurde. Doch dieses kleine Feld hier setzte seinem Ende keinen sonderlich großen Widerstand entgegen und das sonderbare Sirren, das den Prozess begleitete, verschwand zusammen mit dem Feld. La'ir ließ die Hände sinken. "Vollbracht, Fürst."

"Fein, fein", sagte Firozz hastig und winkte La'ir, ihm den Platz vor dem Thron freizumachen, worauf dieser hastig zur Seite wich.

"Ach ja, du hast ja wichtige Neuigkeiten zu vermelden", erinnerte sich Getseco.

"Spuck schon aus!"

"Koenma hat wie Ihr vorausberechnet habt, Verstärkung geholt. Wollt ihr seine "Armee" sehen?"

"Das sind mal gute Neuigkeiten. Aber sicher, ich hoffe, es sind Leute mit denen man sich eine Weile lang amüsieren kann."

Ohne darauf etwas zu erwidern, zog Firozz den Datenkristall des Spähers hervor und projizierte das gespeicherte Bildmaterial an die Wand seitlich vom Thron, sodass Getseco alles gemütlich mitverfolgen konnte.

"Was, nur drei?" Getseco war enttäuscht. "Zwei Menschen und ein komischer Dämon mit Fühlern, die sollen mich aufhalten können? Wohl zusammen mit den paar Kämpfern, die Koenma in jede Schlacht schickt und die sich bislang noch nicht hierher getraut haben, ha!"

"Nicht ganz, Gesteco", sagte Firozz. "Der eine Mensch aus Konemas Truppe, der mit dem Schwert, das uns bei der Öffnung der Grenze von Nutzen sein könnte, ist vor einer Weile verschwunden. Die anderen sind in die Menschenwelt gewechselt, der größere der neuen Kämpfer mit den schwarzen Haaren ist bei Koenma zurückgeblieben, aber wie gesagt, den einen Menschen kann ich nicht mehr orten. Es ist, als wäre er in einen Ausläufer der Extincition geraten."

"So ein Pech aber auch!", ärgerte sich Getseco vielleicht eine halbe Sekunde lang, dann zuckte er die Achseln. "Was solls, sobald Enmas Palast ausgelöscht ist, wird auch die Grenze nicht mehr länger bestehen. Wäre zwar gut gewesen, wenn wir vorher die Menschenwelt stürmen könnten, aber das ist nur eine kurze Verzögerung."

Er legte sich den Zeigefinger ans Kinn. "Was treiben die zwei Neulinge und Konemas Resttruppe in der Menschenwelt?"

"Schwer zu sagen, da unsere Späher nicht folgen können. Aber ich schätze, sie stärken ihre Kräfte, um dann hierher zu kommen."

"Das wäre endlich mal eine Abwechslung. Wir sollten ein paar der Fallen entschärfen, damit du und die anderen endlich mal etwas zu tun bekommen."

"Wir fürchten uns alle nicht, von uns aus braucht es gar keine zusätzlichen Fallen zu geben, Getseco."

"Umso besser, dann habe ich mehr Spaß beim Zusehen. Wie weit ist der Spiegelsaal?"

"Ihr könnt jede gewünschte Kammer einsehen, Getseco. Meine Assistenten haben die letzten Spiegel installiert."

"Dann kann ich bloß hoffen, dass sie sich mit ihrem Training oder was sie in der Menschenwelt auch immer zu tun planen, bald fertig sind." Er drehte den Kopf ein wenig zu La'ir, der geduldig wartend in der Ecke stand und dagegen ankämpfte, sich wegen der ganzen Würmer übergeben zu müssen. "Freust du dich nicht auch, dass ein paar deiner Artgenossen mutig genug sind, es mit uns aufnehmen zu wollen. Vielleicht schafft es sogar einer bis hierher, sodass wir uns mit ihm unterhalten können, ehe wir ihn langsam und genussvoll .... hmm ... zubereiten."

"Wie ihr wünscht, Fürst", war alles, was La'ir dazu sagte. In seinem Inneren jedoch keimte ein winziger Funke, ein schwacher Ruf nach Befreiung und einem gnädigen Ende.

......................

Kurz zuvor in Enmas Palast:

"Sieht recht stabil aus, nicht wahr?", seufzte Koenma und drückte ein paar weitere Taste, woraufhin verschiedene Bereiche des Jenseits auftauchten. Überall gab es bereits die ersten verwischten Flecken und man konnte sich beim Zusehen des Gefühls nicht erwehren, dass sie wie gierige Ämöben über die Landschaft krochen und dabei immer größer und größer wurden.

Ein kleines Licht blinkte und Koenma drückte die Sprechanlage. "Ich wäre wieder zurück!", meldete Botan.

"Sehr gut. Bist du fit genug, um Kuwabara durch den Strudel zu bringen?"

Noch während er sprach, drückte Koenma eine Taste und auf einem bislang leeren Schirm tauchte der Strudel auf. Botan und Kuwabara waren startbereit.

"Es wird schon schiefgehen", versprühte Botan Optimismus. Kuwabara, der das Ruder mit beiden Händen umklammert hielt, sah nicht ganz so zuversichtlich aus. Gokou stellte sich neben Koenma und sagte: "Wenn ihr drüben seid, bittet doch Uranai Baba darum, ein paar magische Bohnen von Meister Quitte zu holen."

Koenma warf einen Blick in Gokous ernstes Gesicht und meinte. "Tu, was er sagt, Botan. Kuwabara, du wirst mein offizieller Vertreter da drüben sein, also halte dich zurück und bewahre deine Würde."

Im gleichen Augenblick ging die Türe auf und vier Dämonen schoben große Servierwagen herein, auf denen Berge von Köstlichkeiten dampften. Gokou ließ sich nicht lange bitten und auch Koenma griff gleich zu. Während er rechts und links einen Nikuman hielt und abwechselnd davon abbiss, wünschte er Kuwabara eine gute Reise. Botan und Kuwabara dachten sich ihren Teil (von wegen Würde und Zurückhaltung) und ab ging es durch den schwarzen Schlund.

......

Währenddessen in der Menschenwelt:

Yusuke führte die anderen in den Hof des Schreines. "Genkai, bist du da!"

"Wie gut ist dieser Genkai eigentlich?", fragte Vegeta Kurama. "Kann er uns überhaupt etwas beibringen?"

"Psst!", zischte Hiei. "Sonst hört dich Genkai noch."

"Keine Angst, Hiei. Ich kann einiges vertragen", ertönte es aus einer schattigen Ecke. Genkai trat ans Licht. Die kleine alte Frau mit der stillen Trauer in den Augen ließ den Blick ausgiebig über die beiden Neuzugänge schweifen. "Interessant, wirklich interessant ... hoffentlich halten sie mehr aus, als ihre schwächlichen Auren versprechen. Mein neues Trainingsprogramm wird auch für Yusuke und den Rest kein Zuckerschlecken werden..."

Ende des dritten Teils