Enma ruft Enma
Teil 6 - Ein gefährlicher Schritt
Piccolo unterdrückte einen Seufzer. Vegeta. Natürlich. Der Saiyan wollte immer mit dem Kopf durch die Wand bzw. in diesem Fall durch den Wald.
Einen Moment lang erwog der Namekianer, den Schrei einfach zu ignorieren. Doch dann gab er sich einen Ruck und verließ den ausgewählten Pfad, um dem Schrei nachzugehen.
Wie erwartet führte dieser Weg mitten hinein in ein Gebiet, welches die feinen Instinkte Piccolos als höchst gefährlich einstuften. Er war noch keine dreißig Schritte weit gekommen, als aus einem Baumloch ein ganzer Schwarm bissiger Insekten stob und ihn einhüllte. Verärgert ertrug Piccolo die ersten Bisse in die nackten Arme, in der Hoffnung, dass die Biester einsehen würden, dass sein lila Blut nicht der begehrten roten Kost entsprach, doch da Insekten nicht mit viel Hirn gesegnet sind, ließ er seine Aura aufflammen. Erst danach fiel ihm Genkais Satz von "keine Energieangriffe" wieder ein. Zu spät war zu spät und so ein richtiger Angriff war das ganze ja nicht. Außerdem wirkte es. Die gelähmten bis verkohlten kleinen Biester regneten ins Moos und Piccolo eilte weiter. Gut zwanzig Meter später war es ein trügerisches Moospolster, das sich als Heim von blutdurstigen Saugwurzen entpuppte, die Piccolo nicht gehen lassen wollten bis er sie in ein Häufchen Asche verwandelte. So ging es weiter und so verging fast eine halbe Stunde ehe Piccolo jene Stelle erreichte, aus welcher der Schrei gekommen war. Er zwängte sich zwischen Dornenranken hindurch und trat auf eine kleine Lichtung.
"Vegeta?" Ein erstickter Laut antwortete ihn und Piccolo erschrak nicht schlecht, als er erkannte, in welche Falle der Saiyan getappt war.
Aus einer Art natürlicher Kanne, die wie ein umgeformtes Riesenblatt aussah und bestimmt zwei Meter hoch war, hatte der hungrige Baum ein Spezialharz auf Vegeta gegossen. Es musste den Saiyan überrascht haben, als er sich einiger vorwitziger Ranken erwehrte, die der Baum zur Ablenkung nun auch auf Piccolo zuschlängeln ließ.
Dieses Harz war ein höllisches Zeugs, eine Mischung zwischen Sirup und Gummi und außerdem hatte es ätzende und lähmende Komponenten beigemischt. Vegetas Overall war schon ziemlich löchrig und die Haut darunter hellrot verfärbt. Nur seine äußerste Willensstärke hielt ihn noch aufrecht. An Angriff war nicht zu denken, denn seine Arme waren so wie der Rest von ihm bereits vollständig von dem Glibberharz überzogen.
Piccolo zögerte, da er keine Ahnung hatte, wie er dieses Harz von Vegeta entfernen sollte. Ein starker Energieangriff kam nicht in Frage, nicht nur wegen Genkais Regel für diesen Wettlauf, sondern weil sonst auch einen gut durchgebratenen Vegeta geben würde.
"Lass mich das machen!" erklang es auf einmal von oben und Kurama sprang geschmeidig vom Ast des Nebenbaumes. "Ich habe den Schrei auch gehört", erklärte er dem überraschten Namekianer und pflückte einen kleinen Samen aus seinem Haar. "Das hier ist wohl das beste..." Damit warf er den Samen auf die Erde, sammelte seine Aurenkräfte und ... Piccolo fasste ihn an der Schulter. "Hast du die Regel vergessen?"
Kurama schüttelte den Kopf. "Für mich ist das kein Angriff und selbst wenn Genkai mir dafür Minuspunkte gibt...", er ließ die Aura wieder aufflammen und lächelte, "ich koche gerne." Der Samen sprach auf Kuramas Aura an und ein blassrosa Etwas begann daraus zu sprießen. Es sah nicht sehr nach Pflanze aus, war etwa einen guten Quadratdezimeter groß und platt wie eine Flunder. Winzige Wurzelfüßchen an der Unterseite trugen die rosa Flunderpflanze zu dem eingeschlossenen Vegeta.
"Das ist eine Schlingpflanze", stellte er das Ding vor. "Sie verschlingt wirklich eine Menge und ihr Lieblingsfutter ist alles, was Zucker enthält. Der Harzgießer" er deutete auf den Baum, "mischt davon immer ordentlich viel in sein Harz, weil sein eigentliches Ziel Riesenameisen sind, die es hier nicht gibt." Die Schlingpflanze tat ihrem Namen alle Ehre. Staunend beobachtete Piccolo wie sie das Harz nach und nach verdrückte. Es war, als würde sie es einfach auflösen und aufsaugen. Nach einer Weile hatte die Schlingpflanze den Durchmesser von gut einem Meter erreicht und nach weiteren fünf Minuten fiel ein fast schon bewusstloser Vegeta Piccolo buchstäblich in die Arme. Die Schlingpflanze schien an Vegeta kein Interesse zu haben, sie wollte nur das Harz. Als auch der letzte Brocken davon vertilgt war, formte die Schlingpflanze eine Kugel, die sich immer mehr verdichtete bis sie nur noch einen Dezimeter Durchmesser hatte und mit kleinen, dreikantigen Samen übersäht war.
"Die nächste Generation", sagte Kurama zufrieden und pflückte sich vorsichtig einen der Samen, um ihn in seinem Haarschopf verschwinden zu lassen.
Von einem der Sträucher in der Nähe pflückte er drei Blätter und zwang Vegeta mit Piccolos Hilfe dazu, diese zu essen. Erst wurde Vegeta scheußlich übel, aber dann trat die eigentliche Wirkung ein und das Gift des Harzgießers wurde neutralisiert. Gegen die brennenden, verätzten Hautstellen half eine Paste aus verschiedenen Beeren, die Kurama ohne zögern von einem halben Dutzend verschiedener Pflanzen pflückte.
Als er Vegeta die fertige Mischung auf die Haut schmieren wollte, wehrte dieser trotz seiner Schmerzen unwirsch ab.
"Tsts", kam es aus dem Schatten eines Nachbarbaumes. "Erst schreien wie am Spieß und dann den tapferen Helden spielen. Nur Dummköpfe ziehen es vor, ihren Begleitern eine Last zu sein, anstatt sich helfen zu lassen."
Hiei trat in das Sonnenlicht und nahm Kurama das Blatt mit der Beerenmischung aus der Hand. "Du bist viel zu nachsichtig, Kurama", sagte er und ehe jemand begriff, worauf er hinauswollte, hatte er das Blatt Vegeta auf die Brust geklatscht. Die Mischung brannte auf der verätzten Haut und Vegeta musste scharf Luft holen.
"Den Rest kann unser Held hier selbst erledigen, oder brauchst du jemanden, der Krankenschwester spielt?"
Statt einer Antwort verrieb Vegeta die Beeren auf den verätzten Stellen und obwohl im dabei die Tränen in die Augen traten, zuckte er mit keiner Wimper.
"Wir sollten langsam wieder weiter gehen, sonst stehen wir in drei Wochen noch hier", meinte Piccolo, der die ewigen Sticheleien zwischen Vegeta und Hiei schon leid war.
"Stimmt", nickte Kurama und deutete auf eine Stelle zwischen zwei Bäumen. "Von dort geht die geringste negative Energie aus. Nehmen wir diesen Weg!"
Obwohl keiner es ausdrücklich vorschlug, blieben sie zusammen. Und gerade das, erwies sich als Trumpfkarte.
Es war Piccolo der den zwischen zwei Bäumen lauernden Netzkriecher entdeckte, ehe Hiei drauf treten und zu einem Rollbraten verpackt werden konnte.
Es war Kurama, dessen Stachelkugler, ihnen den Weg durch ein schier undurchdringliches Dickicht aus Blutnadlern bahnte.
Es war Vegeta, dessen Körperkraft eine Gruppe aus gut getarnten Steintrollen zu Staubhäufchen verarbeitete, wo weder Hieis Schwert noch Kuramas Dornenpeitsche etwas auszurichten vermochten.
Und es war Hiei, der blitzschnell von Ast zu Ast zischte, um die eben erblühenden Truganemonen von den Zweigen zu hacken, ehe sie ihren tödlich giftigen Pollen dem Wind anvertrauen konnten, der diese den Vieren ins Gesicht geblasen hätte.
Trotz des Teamworks kamen sie nicht allzu rasch voran und so dämmerte es bereits, als sie schmutzig und erschöpft, aber im großen und ganzen ohne nennenswerte Blessuren bei der großen Fichte eintrafen, wo Genkai sie schon erwartete.
"Ihr beide", sie zeigte auf Piccolo und Kurama, "ihr kocht offenbar gern, oder?" Die beiden sahen sich an und nickten, Kurama erfreut und Piccolo ergeben, worauf Genkai auf einen Haufen von Zutaten wies, die auf einem Steintisch ausgebreitet waren. Ein Feuer und ein Kessel sowie eine große Pfanne warteten bereits.
"Und ihr beide!", Genkai wies auf Hiei und Vegeta, "lauft mir zurück und holt Yusuke her. Der wird inzwischen auch mit seinen Übungen fertig sein. Den Weg kennt ihr ja."
Die beiden sahen aus, als hätte sie der Schlag getroffen. "Wieder da durch?", krächzte Vegeta? Im fahlen Licht der Dämmerung begannen die vielen Leuchtinsekten und phosphoreszierenden Pilze zu glühen, es sah ganz schön unheimlich aus.
"Es sei denn, ihr schafft es, einen Umweg um ihn zu machen, was ungefähr drei Tage dauern dürfte...", Genkais Worte waren scharf wie Peitschenhiebe.
Zähne knirschend drehten die beiden wieder um und rannten den Hügel hinab auf den Wald zu.
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In der Blutfestung tobte das Publikum vor Begeisterung. Maramis zwei Gegner hatten sich wortlos darauf geeinigt, sie gleichzeitig anzugreifen.
Der massige, grüne Dämon walzte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf sie zu und seine Anhänger brüllten lauthals seinen Namen: "Bollob!"
Aber auch der schlanke mit den nadelscharfen Klauen hatte seine Fans und sie standen mit ihren Rufen nach "Keerefz!" den Bollob-Schreiern in Nichts nach.
Marami ihrerseits schien sich keine Freunde gemacht zu haben und das war Firozz sehr recht, denn je mehr sich für Marami interessierten, desto größer war die Chance, dass einer über ihr Geheimnis stolperte.
Doch im Moment hatten sie ganz andere Sorgen, denn Maramis Gegner waren keine kleinen Fische. Noch während des Rennens begannen Bollobs ohnehin schon beeindruckende Muskelberge noch mehr zu wachsen und als er Marami erreichte und seine Arme um sie schlang, hielt die Arena den Atem an. Jeder erwartete, die Dämonin vor Schmerz schreien zu hören, während Bollob ihren Körper zu Mus zerquetschte.
"Lass mir noch etwas übrig!", krähte Keerefz und fuhr seine Krallen noch weiter aus. "Ich will ihre Augen!"
Marami hing scheinbar regungslos im Klammergriff des Muskelmonsters. Keerefz setzte zum Sprung an und Firozz sprang auf, doch da hob Marami den Kopf und statt Verzweiflung glitzerten Blutdurst und Genugtuung in ihrem Blick.
Sie senkte den Kopf ruckartig und hieb ihre spitzen Zähne in Bollobs Arm. Obwohl seine Haut dick wie die eines Elefanten war, fraß sich das Gift in Maramis Speichel durch alle Schichten in den Muskel und lähmte ihn binnen weniger Augenblicke. So kam sie rechtzeitig genug frei, um Keerefz Sprung auszuweichen, dessen Krallen bohrten sich statt in ihr Gesicht in Bollobs Brust und da sie inzwischen lang wie Stricknadeln waren, erreichten sie dessen Herz.
Bollobs Fans stöhnten auf, als ihr Favorit in die Knie brach und Blut spuckte. Die Fans von Keerefz wiederum waren sich unsicher, ob sie jubeln oder buhhh rufen sollten.
Doch Marami ließ ihnen wenig Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Auch ihre Nägel wuchsen zu dolchatrigen Klauen und während sich Keerefz noch Bollobs Blut von seinen Krallen leckte, schoss Marami auf ihn zu.
Keerefz war weit zäher als er aussah und es gelang ihm, rechtzeitig die Arme hochzureißen. Ihre Klauen hakten sich in seinen fest und es sah nach einem Patt aus. Marami lächelte immer noch, hob einen Fuß und innerhalb eines Wimpernschlages war ihr Stiefel nur noch kleine Fetzen, zerrissen von ihren krallenartigen Zehennägeln. Ehe Keerefz sich eine Gegenstrategie überlegen konnte, schlug Marami ihm ihre Zehenkrallen in die Kehle und zerfetzte seine Schlagader. Mit einem Sprung rückwärts entging sie dem Blutstrom, der in pulsierenden Stößen aus Keerefz' Hals schoss und kümmerte sich nochmals um den immer noch knienden Bollob, welcher sich mit der ihm eigenen Zähigkeit wieder hochzustemmen versuchte, um ungeachtet der für jeden anderen tödlichen Verwundung weiter zu kämpfen.
"Du bist ein ganz harter Junge, wie?", schnurrte Marami und strich ihm fast liebevoll übers Kinn. Er grollte und schlug mit der noch verwendbaren Hand nach ihr. Marami wich nicht etwa aus, sondern sie fing den Arm mit beiden Händen ab und hieb ihre Zähne in das Handgelenk des grünen Dämonen. Sie hatte wirklich ein gutes Ziel. Als sie zurücktrat und der Arm nach unten sackte, strömte das Blut aus der zerrissenen Handschlagader und ihr Gift verteilte sich doppelt so schnell in dem geschwächten Körper.
Bollob sah sie mit hasserfüllten, blutunterlaufenen Augen an, dann wurde sein Blick glasig und er kippte zur Seite.
Keerefz, der nur wenige Schritte entfernt lag, versuchte ebenfalls, noch mal auf die Beine zu kommen, doch mittlerweile hatte sich seine Lunge mit Blut gefüllt und nach nur einem schwankenden Schritt kam auch für ihn das Ende.
Marami blickte verächtlich auf ihre beiden toten Gegner und verbeugte sich elegant in Richtung des Fürsten.
"Habe ich es lange genug hinausgezogen, mein Fürst?", fragte sie mit rauchiger Stimme und in ihrem lasziven Augenaufschlag lagen Versprechungen, bei denen nicht Firozz Puls zu rasen begann. Einzig Fürst Gesteco hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte. "Gut gemacht, Marami", sagte er in gleichgültigem Tonfall.
Marami verbeugte sich noch tiefer, sodass ein Teil ihrer Zöpfe nach vorne fiel und das verärgerte Funkeln in ihren Augen verbarg. Zögernd kam Applaus auf und selbst die enttäuschten Fans der beiden toten Kämpfer rangen sich zu einer Respektsbezeugung durch. Immerhin war Marami niemand, mit dem man es sich gern verderben wollte.
Getseco klatschte zweimal lahm in die Hände und wies Firozz an, Marami gebührend zu belohnen, ehe er sich erhob und sich anschickte, die Arena zu verlassen.
"Ich werde mir ein bisschen Zerstreuung gönnen", erwiderte er auf Firozz fragenden Blick. "Außerdem interessiert es La'ir sicher, wer den Wettbewerb gewonnen hat."
Firozz Miene spiegelte seine Abscheu wieder, doch er sprach nicht laut aus, was er dachte. Kurz vor dem Ausgang drehte sich Getseco noch einmal nach Firozz um. "Ach ja, eines noch", sagte er mit soviel falscher Freundlichkeit, dass Firozz wie schmerzhaft getroffen zusammenzuckte, "wir brauchen Ersatz für die 88 Kämpfer, die sich hier niedergemetzelt haben und das noch heute. Inspiziere also alle, die in Frage kommen und bringe mir die Liste in ...", er zögerte kurz, "... sagen wir fünf Stunden in den Empfangsraum."
Während Firozz noch um seine Fassung rang war Getseco bereits aus der Arena verschwunden. Da aller Augen auf ihm ruhten, riss sich Firozz zusammen. Getseco würde ihn nicht mehr lange drangsalieren, das schwor er sich. "Was glotzt ihr so dämlich?!", brüllte er mit gewaltiger Stimme die noch immer auf ihren Rängen verharrenden Zuschauer an. "Wir brauchen neue Kämpfer für die echte Schlacht. Also stellt euch alle mal auf und wehe, einer verkrümelt sich!"
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Währenddessen auf der Erde:
"Das ist ja irre!" Kuwabara klebte an der Scheibe und sah fasziniert nach draußen, wo die Landschaft in Schwindel erregendem Tempo unter ihnen hinwegglitt. "Der Hubschrauber ist echt der Hammer!" "Immerhin hat ihn Bulma selbst entworfen", sagte Yamchu nicht ohne Stolz. "Sie ist eben ein Genie." Bulma drehte sich kurz nach hinten und grinste. "Danke für die Blumen, Yamchu, aber ich lasse dich trotzdem nicht fliegen."
Yamchu zog eine Grimasse und sah wieder auf den Radar. "Noch etwas mehr als 40 Kilometer. Kuwabara, könntest du mal die dritte Karte von rechts aufschlagen?" Nur mit Mühe riss sich Kuwabara von der fremdartigen Landschaft los und faltete die gewünschte Karte auseinander. "Ist es so recht?"
"Bestens." Yamchu verglich die Entfernung auf der Karte mit dem Radar und nickte. "Sieht so aus, als wäre der erste Dragonball im westlichen Glimmerkarst zu finden."
"Dann müssen wir vorher runter", kam es von Bulma. "Die Gegend ist viel zu zerklüftet, um einen ordentlichen Landeplatz zu bieten. Außerdem bröckelt das Zeug so leicht ab. Schaut mal hinten im Lagerraum nach, wir müssten ein paar leichte Schutzanzüge in einer schwarzen Kiste dabei haben." "Warum denn Schutzanzüge?", wunderte sich Kuwabara, als er mit Yamchu nach hinten ging und die genannte Kiste nach vorne zu schleppen.
"Dieser Glimmer ist an den Kanten fast messerscharf", erklärte Yamchu, während er die Kiste öffnete und Kuwabara einen der Anzüge reichte. "Niemand traut sich in diese Gegend, wenn er nicht ausreichend geschützt ist."
"So ist das." Kuwabara streifte mit einem Nicken die schweren Stiefel über, ebenso die wattierten Handschuhe. "Werden wir lange brauchen, um diesen Dragonball zu finden."
"Nicht sehr lange, ich fliege uns soweit wie möglich an das Gebiet heran", sagte Bulma optimistisch. Eine gute halbe Stunde später war es soweit. Der Hubschrauber senkte sich auf eine mit Sand bedeckte Mulde herab. Kaum berührten die Kufen den Boden, ging auch schon die Seitentüre auf und Kuwabara sprang heraus. Er streckte sich und betrachtete die menschenleere, karstige Umgebung. Kein Rascheln, kein Zwitschern oder Summen war zu hören. Der Duft nach Salbei und Beinwell hing in der kühlen Stille. Fast schon unheimlich.
Yamchu folgte ihm dichtauf und ein wenig später stand auch Bulma neben ihnen. Sie streckte Yamchu auffordernd die Hand hin und er legte den Radar hinein. Sie warf einen Blick darauf, fischte einen Kompass aus ihrem Rucksack und verglich die Richtung. "Ja, er muss ganz schön tief drin stecken", sagte sie und seufzte.
"In diese Richtung?", fragt Kuwabara und wies auf die zerklüfteten Hügel direkt vor ihnen. Als Bulma nickte, stürmte er los.
"So warte doch!", rief ihm Yamchu nach. "Ohne Radar findest du den Ball nie." "Dann kommt endlich!" In Kuwabaras Augen funkelte Tatendrang. "Wir müssen sieben dieser Kugeln finden, oder?"
Yamchu seufzte und warf Bulma einen auffordernden Blick zu. "Schon gut!", sagte sie und gab ihm den Radar, "aber sei vorsichtig!"
Ehe Kuwabara begriff, was Yamchu vorhatte, flog dieser auch schon über seinen Kopf hinweg mit dem Radar in Händen auf die Hügel zu.
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"Nun", sagte Genkai nicht unzufrieden und schob den leeren Teller zurück. "Ich denke, wir können diesen ersten Schritt als erledigt betrachten."
"Und was hast du jetzt mit uns vor, alte Hexe?", Yusuke bewegte vorsichtig die Schultern. Er hatte einen schauderhaften Muskelkater vom Schleppen der Felsen.
Piccolo, der beim Kochen eigentlich nur Handreichungen gemacht und keinen Bissen von Kuramas leckerem Mal angerührt hatte, nahm noch einen tiefen Schluck Wasser ehe er sich erhob und vor Genkai stellte.
"Wir haben nicht allzuviel Zeit, oder?", fragte er die kleine, alte Frau.
"Gut beobachtet", nickte sie. "Daher ist es vor allem wichtig, dass ihr auf allen Bereichen fortschritte macht. Euer Teamwork war bisher nicht übel, aber ihr kennt euch einfach noch zu wenig, um einander eine wahre Stütze zu sein."
"Ich nehme an, jetzt kommt ein Vorstellungsquiz, wo jeder seine Seele bloß legen muss", schnaubte Vegeta und verschränkte die Arme. "Nicht mit mir."
Genkai schüttelte den Kopf. "Soviel ich von Koenma weiß, dürfte der Dämonenfürst eine ganze Reihe von Spionen auf euch angesetzt haben. Rechnet mal schon damit, dass er auch Methoden kennt, eure tiefsten Ängste freizulegen und gegen euch einzusetzen."
"Welche Ängste denn?", kam es von Hiei. "Vielleicht hat der geschrumpfte Hitzkopf da unten ja welche, aber ich ..."
"Es hat keinen Sinn", sagte Kurama und stellte die leeren Teller zusammen. "Hiei, jeder von uns fürchtet sich vor irgendetwas. Vielleicht ist die Angst so tief vergraben, dass wir sie nicht kennen, aber sie ist da."
Piccolo nickte zustimmend. "Und dieser Dämonenfürst hat solche Kräfte?", fragte er Genkai. "Wenn nicht er selbst, dann sicher einer seiner Untergebenen. Daher ist es besser, wenn ihr jetzt schon lernt, wie es ist, mit seinen tiefsten Ängsten konfrontiert zu werden. Wenn es euch gelingt, das zu durchzustehen, habt ihr eine Menge mentale Kraft gewonnen."
"Und wie soll das gehen?", fragte Vegeta, dem diese Idee nicht sonderlich schmeckte. "Sollen wir irgendwelche komischen Pilze essen und Visionen bekommen?"
"Nicht ganz", Genkai erhob sich und winkte ihnen, ihr zu folgen. Sie liefen den Hügel hinunter, ein Stück durch den Wald bis sie vor einer glatt polierten Felswand hielten. Genkai klatschte in die Hände und ein Teil der scheinbar undurchdringlichen Wand wurde mit einem Mal durchsichtig. Dahinter gähnte ein Höhleneingang. Grünliches Licht strömte aus dem Schlund und ein scharf riechender Nebel streckte seine gelblich-weißen, dunstigen Finger nach ihnen aus.
"Das ist die Höhle, in der eure Ängste euch auf die Probe stellen werden." Sie hob einen Beutel auf, der unauffällig an der Felswand gelehnt hatte und fischte fünf Armreifen aus rötlichem Metall heraus, auf denen je ein Murmel großer, gelblicher Edelstein funkelte. "Tragt das hier", sagte sie und warf jedem von ihnen einen der Reifen zu. "So werdet ihr in der Lage sein, zu sehen, was die anderen sehen. Das ist die einzige Hilfe, die ich euch geben kann."
Die fünf sahen einander kurz an, dann gab sich Yusuke eine Ruck, streifte seinen Reif über und schritt voran, in den Nebel hinein. Kurama und Piccolo zwängten ihre Hände fast gleichzeitig durch ihre Reifen und folgten Yusuke. Hiei sah verächtlich auf den Reifen, aber ein Blick in Genkais ernstes Gesicht, verhinderte, dass er ihn einfach in die Büsche warf. Mit einem widerwilligen Knurren zog er ihn an und ging den dreien nach. Vegeta war der letzte. Seine Finger umklammerten den Reif, als wollten sie ihn zerdrücken.
Er sah unschlüssig von Genkai zum Nebel, in dem Hieis Umrisse nur noch zu erahnen waren. Dieser hielt plötzlich inne und drehte sich zurück. "Sag nicht, dass du die Hosen voll hast, Vegeta!", rief er spöttisch zurück. "Nicht, dass ich etwas Anderes von dir erwartet hätte..."
"Du kleiner ....", zischte Vegeta und streifte sich den Armreif über. "Dir werde ich zeigen, wer hier die Hosen voll hat!"
Genkai sah ihm nach, wie er zu Hiei aufschloss und sie beide im Nebel verschwanden. Etwas piepste. Die alte Frau griff in ihre Hosentasche und fischte einen flachen Gegenstand, ähnlich einer Puderdose heraus. Als sie ihn aufklappte, leuchtete in der Innenseite des Deckels der Spiegel golden und Koenmas Gesicht erschien.
"Son Gokou ist auf dem Weg in die Hölle", sagte er. "Wie weit sind die anderen?"
"Sie haben soeben die Höhle betreten", erklärte Genkai.
Koenmas Gesicht wurde noch ernster. "Die Höhle ... Denkst du, sie sind schon soweit?"
"Ehrlich gesagt, nein", seufzte die alte Frau und wischte eine ihrer welken, rosa Strähnen aus dem Gesicht. "Aber wir haben keine Wahl, als sie ins kalte Wasser zu werfen und zu hoffen, dass sie rechtzeitig schwimmen lernen, ehe die Haifische zuschnappen, oder?"
"Die Zeit rennt uns davon", bestätigte Koenma und schob seinen Hut zurecht. "Es gibt Gerüchte, dass die Konzentration von Dämonen rund um die Blutfestung inzwischen mehrere tausend beträgt. Meine Truppen sind in Bestform, aber wir haben nur ein paar hundert Leute, falls es zum Äußersten kommt." "Also müssen wir der Schlange den Kopf abschlagen, ehe sie zubeißt."
Koenma nickte. "Ich warte auf deinen Bericht. Du wirst sie doch auf der anderen Seite empfangen, oder"
"Falls sie es dorthin schaffen, ja." Genkai nickte Koenma ein letztes Mal zu, klappte den Kommunikator zusammen.
"Wir können nur hoffen", murmelte sie und sah den Berg hoch.
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Son Gokou wusste nicht recht, was er eigentlich erwartete. Nachdem er durch das Tor in Koenmas Büro geschritten war, fand er sich plötzlich auf einer schmalen, steinernen Brücke wieder, die durch eine kalte, grell beleuchtete Schlucht auf ein riesiges, goldenes Tor zu führte, auf dem groß "Eingang zur Verdammnis" zu lesen stand.
Ein Wind, scharf und kalt wie tausend Nadeln heulte wehklagend um die Brücke und machte den Marsch nicht gerade gemütlicher. Gokou drehte sich kurz um, doch der Durchgang zu Koenmas Büro war verschwunden. Statt dessen gähnte hinter ihm ein Abgrund, aus dem ein bedrohliches Knistern und Knacken zu hören war. Die Botschaft war eindeutig: Es gab keinen Weg zurück.
Gokou kratzte sich am Kopf, doch anders als sonst, streifte seine Hand nicht den Heiligenschein. Trotzdem fühlte er sich nicht lebendig, vielmehr war ihm, als ob eine bleierne Last auf seinen Schultern läge. Etwas juckte auf seiner Stirn und als seine Fingerspitzen das Mal der Schuld berührten, sprangen ein paar schmerzhafte Funken über. Erschrocken zog Gokou die Hand zurück. Jetzt verstand er. Die Last seiner getürkten Verbrechen drückte ihn nieder, gleichzeitig spürte er auch wie es ihn auf das goldene Tor zu zog. Hier gehörte er hin und nur hierher.
Langsam schritt er unbeeindruckt vom Wind über die Brücke. Einige kleine Steinchen lösten sich und verschwanden in dem diffusen, blauweißen Licht des Abgrundes. Je weiter Gokou voran kam, desto drängender wurde der Ruf der Hölle, desto brennender der Wunsch zu sühnen, bestraft zu werden, sich reinigen zu können. Mit Unbehagen erkannte er, dass es ihm nicht leicht fallen würde, seiner Rolle als grausamer Verbrecher zu entkommen.
Als er vor dem Tor stand und die Hand nach dem großen Ring ausstreckte, der als Türklopfer daran befestigt war, spürte er fast so etwas wie Erleichterung. Wenn es allen Verbrechern so ging wie ihm, war es kein Wunder, dass es keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wie Wachdämonen oder ähnliches gab.
Seine Fingerspitzen legte sich um den Ring, doch ehe er ihn anheben konnte, ertönte ein dumpfes Grollen und die beiden mächtigen Torflügel bebten. Gokou trat zurück und sah mit Staunen, wie sich ein breiter Schlitz zwischen ihnen auftat. Blutrotes Licht leuchtete daraus hervor und der Ruf war stärker denn je. Gokou schluckte schwer und trat in das Licht.
Für einen Moment konnte er nicht erkennen, wo er sich befand. Doch seine Augen gewöhnten sich rasch an den allgegenwärtigen Feuerschein. Nicht, dass es hier viele Feuer gegeben hätte, das rote, etwas unstete Licht hing wie eine Glocke über der gesamten, trostlosen Ebene, die von zahlreichen Schluchten und Klüften durchzogen war.
"Willkommen in der Hölle." Gokou zuckte zusammen und wandte sich rasch um. Es kam nicht oft vor, dass sich ihm jemand unbemerkt nähern konnte. Hinter ihm stand eine mittelgroße Gestalt in einer düsterroten Kutte. Es war kein Mensch und auch kein Dämon, denn das Wesen schien rein aus Finsternis zu bestehen, die aus einer Laune heraus, Arme und Kopf geformt hatte. Füße sahen keine unter dem Saum der Kutte hervor und die konnte nicht verbergen, dass es kein Gesicht gab. Einzig zwei mitleidlose Augen, die Gokous Gestalt gleichgültig musterten, glühten rot in diesem nachtschwarzen Oval, das wie eine Maske wirkte und dennoch keine Maske war. Der Blick, der Gokou frösteln ließ, blieb an dem Symbol auf seiner Stirn hängen.
"Aha, mal wieder so einer", sagte die klanglose Stimme. "Folge mir!"
Gokou war sonst niemand, der Befehlen gehorchen mochte, aber das Zeichen auf seiner Stirn brannte wie Feuer und seine Beine bewegten sich ohne sein Zutun, um dem Schatten zu folgen, der vor ihm her über den dunklen Sand schwebte.
Später vermochte Gokou nicht mehr zu sagen, wie lange sie gebraucht hatten, um eine ganz bestimmte Schlucht zu erreichen. Ohne inne zu halten, zwang sein Führer Gokou, mit ihm über den Rand zu treten. Das Schattenwesen schwebte einfach durch die Luft abwärts, während Gokou, dem irgendwie die Fähigkeit zu Fliegen abhanden gekommen war, wie ein in die Tiefe sauste und schmerzhaft auf dem steinigen Boden der Schlucht aufschlug. Benommen kämpfte sich Gokou wieder auf die Beine und sah sich um.
Sein Führer schwebte ein paar Schritte weiter in einer geräumigen Nische. Die Luft hier unten war erfüllt von dem Gestank nach Blut. Jetzt erst bemerkte Gokou, dass die vielen, weißen Teilchen auf dem Boden keine Kieselsteine sondern Knochensplitter waren.
Bei jedem Schritt zermahlte er einen handvoll von ihnen zu Staub. Als er vor seinem Führer innehielt, hob dieser einen Arm und wies auf die Nische.
"Hier sei der Ort deiner Buße!"
Eine unsichtbare Kraft packte Gokou und schleuderte ihn in die Nische hinein. Er wurde gegen die Wand der Schlucht gedrückt und sogleich wuchsen aus dem Felsen steinerne Fesseln, die sich um seine Hand- und Fußgelenke legten.
"So büße denn!" Mit diesem Worten schwebte der Schatten nach oben und der Zwang, der Gokous Bewegungen gelenkt hatte, verschwand.
"So warte doch!", brüllte ihm Gokou nach. "Ich suche einen Doguro. Ist er auch hier irgendwo?" Der Schatten hielt einen Moment inne. "Ihr seid gleich gerichtet worden."
Mehr ließ er sich nicht entlocken. In dem Augenblick, als er aus Gokous Blickfeld verschwand, schlängelten sich hauchfeine Drähte aus der Wand rings um Gokou und bohrten sich in dessen Körper.
Schmerz.
Qual.
Pein.
Frost und Feuer.
Schneidend, zermalmend
Gnadenlos.
Endlos.
Gokou schrie...
Ende des sechsten Teils.
Teil 6 - Ein gefährlicher Schritt
Piccolo unterdrückte einen Seufzer. Vegeta. Natürlich. Der Saiyan wollte immer mit dem Kopf durch die Wand bzw. in diesem Fall durch den Wald.
Einen Moment lang erwog der Namekianer, den Schrei einfach zu ignorieren. Doch dann gab er sich einen Ruck und verließ den ausgewählten Pfad, um dem Schrei nachzugehen.
Wie erwartet führte dieser Weg mitten hinein in ein Gebiet, welches die feinen Instinkte Piccolos als höchst gefährlich einstuften. Er war noch keine dreißig Schritte weit gekommen, als aus einem Baumloch ein ganzer Schwarm bissiger Insekten stob und ihn einhüllte. Verärgert ertrug Piccolo die ersten Bisse in die nackten Arme, in der Hoffnung, dass die Biester einsehen würden, dass sein lila Blut nicht der begehrten roten Kost entsprach, doch da Insekten nicht mit viel Hirn gesegnet sind, ließ er seine Aura aufflammen. Erst danach fiel ihm Genkais Satz von "keine Energieangriffe" wieder ein. Zu spät war zu spät und so ein richtiger Angriff war das ganze ja nicht. Außerdem wirkte es. Die gelähmten bis verkohlten kleinen Biester regneten ins Moos und Piccolo eilte weiter. Gut zwanzig Meter später war es ein trügerisches Moospolster, das sich als Heim von blutdurstigen Saugwurzen entpuppte, die Piccolo nicht gehen lassen wollten bis er sie in ein Häufchen Asche verwandelte. So ging es weiter und so verging fast eine halbe Stunde ehe Piccolo jene Stelle erreichte, aus welcher der Schrei gekommen war. Er zwängte sich zwischen Dornenranken hindurch und trat auf eine kleine Lichtung.
"Vegeta?" Ein erstickter Laut antwortete ihn und Piccolo erschrak nicht schlecht, als er erkannte, in welche Falle der Saiyan getappt war.
Aus einer Art natürlicher Kanne, die wie ein umgeformtes Riesenblatt aussah und bestimmt zwei Meter hoch war, hatte der hungrige Baum ein Spezialharz auf Vegeta gegossen. Es musste den Saiyan überrascht haben, als er sich einiger vorwitziger Ranken erwehrte, die der Baum zur Ablenkung nun auch auf Piccolo zuschlängeln ließ.
Dieses Harz war ein höllisches Zeugs, eine Mischung zwischen Sirup und Gummi und außerdem hatte es ätzende und lähmende Komponenten beigemischt. Vegetas Overall war schon ziemlich löchrig und die Haut darunter hellrot verfärbt. Nur seine äußerste Willensstärke hielt ihn noch aufrecht. An Angriff war nicht zu denken, denn seine Arme waren so wie der Rest von ihm bereits vollständig von dem Glibberharz überzogen.
Piccolo zögerte, da er keine Ahnung hatte, wie er dieses Harz von Vegeta entfernen sollte. Ein starker Energieangriff kam nicht in Frage, nicht nur wegen Genkais Regel für diesen Wettlauf, sondern weil sonst auch einen gut durchgebratenen Vegeta geben würde.
"Lass mich das machen!" erklang es auf einmal von oben und Kurama sprang geschmeidig vom Ast des Nebenbaumes. "Ich habe den Schrei auch gehört", erklärte er dem überraschten Namekianer und pflückte einen kleinen Samen aus seinem Haar. "Das hier ist wohl das beste..." Damit warf er den Samen auf die Erde, sammelte seine Aurenkräfte und ... Piccolo fasste ihn an der Schulter. "Hast du die Regel vergessen?"
Kurama schüttelte den Kopf. "Für mich ist das kein Angriff und selbst wenn Genkai mir dafür Minuspunkte gibt...", er ließ die Aura wieder aufflammen und lächelte, "ich koche gerne." Der Samen sprach auf Kuramas Aura an und ein blassrosa Etwas begann daraus zu sprießen. Es sah nicht sehr nach Pflanze aus, war etwa einen guten Quadratdezimeter groß und platt wie eine Flunder. Winzige Wurzelfüßchen an der Unterseite trugen die rosa Flunderpflanze zu dem eingeschlossenen Vegeta.
"Das ist eine Schlingpflanze", stellte er das Ding vor. "Sie verschlingt wirklich eine Menge und ihr Lieblingsfutter ist alles, was Zucker enthält. Der Harzgießer" er deutete auf den Baum, "mischt davon immer ordentlich viel in sein Harz, weil sein eigentliches Ziel Riesenameisen sind, die es hier nicht gibt." Die Schlingpflanze tat ihrem Namen alle Ehre. Staunend beobachtete Piccolo wie sie das Harz nach und nach verdrückte. Es war, als würde sie es einfach auflösen und aufsaugen. Nach einer Weile hatte die Schlingpflanze den Durchmesser von gut einem Meter erreicht und nach weiteren fünf Minuten fiel ein fast schon bewusstloser Vegeta Piccolo buchstäblich in die Arme. Die Schlingpflanze schien an Vegeta kein Interesse zu haben, sie wollte nur das Harz. Als auch der letzte Brocken davon vertilgt war, formte die Schlingpflanze eine Kugel, die sich immer mehr verdichtete bis sie nur noch einen Dezimeter Durchmesser hatte und mit kleinen, dreikantigen Samen übersäht war.
"Die nächste Generation", sagte Kurama zufrieden und pflückte sich vorsichtig einen der Samen, um ihn in seinem Haarschopf verschwinden zu lassen.
Von einem der Sträucher in der Nähe pflückte er drei Blätter und zwang Vegeta mit Piccolos Hilfe dazu, diese zu essen. Erst wurde Vegeta scheußlich übel, aber dann trat die eigentliche Wirkung ein und das Gift des Harzgießers wurde neutralisiert. Gegen die brennenden, verätzten Hautstellen half eine Paste aus verschiedenen Beeren, die Kurama ohne zögern von einem halben Dutzend verschiedener Pflanzen pflückte.
Als er Vegeta die fertige Mischung auf die Haut schmieren wollte, wehrte dieser trotz seiner Schmerzen unwirsch ab.
"Tsts", kam es aus dem Schatten eines Nachbarbaumes. "Erst schreien wie am Spieß und dann den tapferen Helden spielen. Nur Dummköpfe ziehen es vor, ihren Begleitern eine Last zu sein, anstatt sich helfen zu lassen."
Hiei trat in das Sonnenlicht und nahm Kurama das Blatt mit der Beerenmischung aus der Hand. "Du bist viel zu nachsichtig, Kurama", sagte er und ehe jemand begriff, worauf er hinauswollte, hatte er das Blatt Vegeta auf die Brust geklatscht. Die Mischung brannte auf der verätzten Haut und Vegeta musste scharf Luft holen.
"Den Rest kann unser Held hier selbst erledigen, oder brauchst du jemanden, der Krankenschwester spielt?"
Statt einer Antwort verrieb Vegeta die Beeren auf den verätzten Stellen und obwohl im dabei die Tränen in die Augen traten, zuckte er mit keiner Wimper.
"Wir sollten langsam wieder weiter gehen, sonst stehen wir in drei Wochen noch hier", meinte Piccolo, der die ewigen Sticheleien zwischen Vegeta und Hiei schon leid war.
"Stimmt", nickte Kurama und deutete auf eine Stelle zwischen zwei Bäumen. "Von dort geht die geringste negative Energie aus. Nehmen wir diesen Weg!"
Obwohl keiner es ausdrücklich vorschlug, blieben sie zusammen. Und gerade das, erwies sich als Trumpfkarte.
Es war Piccolo der den zwischen zwei Bäumen lauernden Netzkriecher entdeckte, ehe Hiei drauf treten und zu einem Rollbraten verpackt werden konnte.
Es war Kurama, dessen Stachelkugler, ihnen den Weg durch ein schier undurchdringliches Dickicht aus Blutnadlern bahnte.
Es war Vegeta, dessen Körperkraft eine Gruppe aus gut getarnten Steintrollen zu Staubhäufchen verarbeitete, wo weder Hieis Schwert noch Kuramas Dornenpeitsche etwas auszurichten vermochten.
Und es war Hiei, der blitzschnell von Ast zu Ast zischte, um die eben erblühenden Truganemonen von den Zweigen zu hacken, ehe sie ihren tödlich giftigen Pollen dem Wind anvertrauen konnten, der diese den Vieren ins Gesicht geblasen hätte.
Trotz des Teamworks kamen sie nicht allzu rasch voran und so dämmerte es bereits, als sie schmutzig und erschöpft, aber im großen und ganzen ohne nennenswerte Blessuren bei der großen Fichte eintrafen, wo Genkai sie schon erwartete.
"Ihr beide", sie zeigte auf Piccolo und Kurama, "ihr kocht offenbar gern, oder?" Die beiden sahen sich an und nickten, Kurama erfreut und Piccolo ergeben, worauf Genkai auf einen Haufen von Zutaten wies, die auf einem Steintisch ausgebreitet waren. Ein Feuer und ein Kessel sowie eine große Pfanne warteten bereits.
"Und ihr beide!", Genkai wies auf Hiei und Vegeta, "lauft mir zurück und holt Yusuke her. Der wird inzwischen auch mit seinen Übungen fertig sein. Den Weg kennt ihr ja."
Die beiden sahen aus, als hätte sie der Schlag getroffen. "Wieder da durch?", krächzte Vegeta? Im fahlen Licht der Dämmerung begannen die vielen Leuchtinsekten und phosphoreszierenden Pilze zu glühen, es sah ganz schön unheimlich aus.
"Es sei denn, ihr schafft es, einen Umweg um ihn zu machen, was ungefähr drei Tage dauern dürfte...", Genkais Worte waren scharf wie Peitschenhiebe.
Zähne knirschend drehten die beiden wieder um und rannten den Hügel hinab auf den Wald zu.
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In der Blutfestung tobte das Publikum vor Begeisterung. Maramis zwei Gegner hatten sich wortlos darauf geeinigt, sie gleichzeitig anzugreifen.
Der massige, grüne Dämon walzte sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf sie zu und seine Anhänger brüllten lauthals seinen Namen: "Bollob!"
Aber auch der schlanke mit den nadelscharfen Klauen hatte seine Fans und sie standen mit ihren Rufen nach "Keerefz!" den Bollob-Schreiern in Nichts nach.
Marami ihrerseits schien sich keine Freunde gemacht zu haben und das war Firozz sehr recht, denn je mehr sich für Marami interessierten, desto größer war die Chance, dass einer über ihr Geheimnis stolperte.
Doch im Moment hatten sie ganz andere Sorgen, denn Maramis Gegner waren keine kleinen Fische. Noch während des Rennens begannen Bollobs ohnehin schon beeindruckende Muskelberge noch mehr zu wachsen und als er Marami erreichte und seine Arme um sie schlang, hielt die Arena den Atem an. Jeder erwartete, die Dämonin vor Schmerz schreien zu hören, während Bollob ihren Körper zu Mus zerquetschte.
"Lass mir noch etwas übrig!", krähte Keerefz und fuhr seine Krallen noch weiter aus. "Ich will ihre Augen!"
Marami hing scheinbar regungslos im Klammergriff des Muskelmonsters. Keerefz setzte zum Sprung an und Firozz sprang auf, doch da hob Marami den Kopf und statt Verzweiflung glitzerten Blutdurst und Genugtuung in ihrem Blick.
Sie senkte den Kopf ruckartig und hieb ihre spitzen Zähne in Bollobs Arm. Obwohl seine Haut dick wie die eines Elefanten war, fraß sich das Gift in Maramis Speichel durch alle Schichten in den Muskel und lähmte ihn binnen weniger Augenblicke. So kam sie rechtzeitig genug frei, um Keerefz Sprung auszuweichen, dessen Krallen bohrten sich statt in ihr Gesicht in Bollobs Brust und da sie inzwischen lang wie Stricknadeln waren, erreichten sie dessen Herz.
Bollobs Fans stöhnten auf, als ihr Favorit in die Knie brach und Blut spuckte. Die Fans von Keerefz wiederum waren sich unsicher, ob sie jubeln oder buhhh rufen sollten.
Doch Marami ließ ihnen wenig Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Auch ihre Nägel wuchsen zu dolchatrigen Klauen und während sich Keerefz noch Bollobs Blut von seinen Krallen leckte, schoss Marami auf ihn zu.
Keerefz war weit zäher als er aussah und es gelang ihm, rechtzeitig die Arme hochzureißen. Ihre Klauen hakten sich in seinen fest und es sah nach einem Patt aus. Marami lächelte immer noch, hob einen Fuß und innerhalb eines Wimpernschlages war ihr Stiefel nur noch kleine Fetzen, zerrissen von ihren krallenartigen Zehennägeln. Ehe Keerefz sich eine Gegenstrategie überlegen konnte, schlug Marami ihm ihre Zehenkrallen in die Kehle und zerfetzte seine Schlagader. Mit einem Sprung rückwärts entging sie dem Blutstrom, der in pulsierenden Stößen aus Keerefz' Hals schoss und kümmerte sich nochmals um den immer noch knienden Bollob, welcher sich mit der ihm eigenen Zähigkeit wieder hochzustemmen versuchte, um ungeachtet der für jeden anderen tödlichen Verwundung weiter zu kämpfen.
"Du bist ein ganz harter Junge, wie?", schnurrte Marami und strich ihm fast liebevoll übers Kinn. Er grollte und schlug mit der noch verwendbaren Hand nach ihr. Marami wich nicht etwa aus, sondern sie fing den Arm mit beiden Händen ab und hieb ihre Zähne in das Handgelenk des grünen Dämonen. Sie hatte wirklich ein gutes Ziel. Als sie zurücktrat und der Arm nach unten sackte, strömte das Blut aus der zerrissenen Handschlagader und ihr Gift verteilte sich doppelt so schnell in dem geschwächten Körper.
Bollob sah sie mit hasserfüllten, blutunterlaufenen Augen an, dann wurde sein Blick glasig und er kippte zur Seite.
Keerefz, der nur wenige Schritte entfernt lag, versuchte ebenfalls, noch mal auf die Beine zu kommen, doch mittlerweile hatte sich seine Lunge mit Blut gefüllt und nach nur einem schwankenden Schritt kam auch für ihn das Ende.
Marami blickte verächtlich auf ihre beiden toten Gegner und verbeugte sich elegant in Richtung des Fürsten.
"Habe ich es lange genug hinausgezogen, mein Fürst?", fragte sie mit rauchiger Stimme und in ihrem lasziven Augenaufschlag lagen Versprechungen, bei denen nicht Firozz Puls zu rasen begann. Einzig Fürst Gesteco hielt sich die Hand vor den Mund und gähnte. "Gut gemacht, Marami", sagte er in gleichgültigem Tonfall.
Marami verbeugte sich noch tiefer, sodass ein Teil ihrer Zöpfe nach vorne fiel und das verärgerte Funkeln in ihren Augen verbarg. Zögernd kam Applaus auf und selbst die enttäuschten Fans der beiden toten Kämpfer rangen sich zu einer Respektsbezeugung durch. Immerhin war Marami niemand, mit dem man es sich gern verderben wollte.
Getseco klatschte zweimal lahm in die Hände und wies Firozz an, Marami gebührend zu belohnen, ehe er sich erhob und sich anschickte, die Arena zu verlassen.
"Ich werde mir ein bisschen Zerstreuung gönnen", erwiderte er auf Firozz fragenden Blick. "Außerdem interessiert es La'ir sicher, wer den Wettbewerb gewonnen hat."
Firozz Miene spiegelte seine Abscheu wieder, doch er sprach nicht laut aus, was er dachte. Kurz vor dem Ausgang drehte sich Getseco noch einmal nach Firozz um. "Ach ja, eines noch", sagte er mit soviel falscher Freundlichkeit, dass Firozz wie schmerzhaft getroffen zusammenzuckte, "wir brauchen Ersatz für die 88 Kämpfer, die sich hier niedergemetzelt haben und das noch heute. Inspiziere also alle, die in Frage kommen und bringe mir die Liste in ...", er zögerte kurz, "... sagen wir fünf Stunden in den Empfangsraum."
Während Firozz noch um seine Fassung rang war Getseco bereits aus der Arena verschwunden. Da aller Augen auf ihm ruhten, riss sich Firozz zusammen. Getseco würde ihn nicht mehr lange drangsalieren, das schwor er sich. "Was glotzt ihr so dämlich?!", brüllte er mit gewaltiger Stimme die noch immer auf ihren Rängen verharrenden Zuschauer an. "Wir brauchen neue Kämpfer für die echte Schlacht. Also stellt euch alle mal auf und wehe, einer verkrümelt sich!"
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Währenddessen auf der Erde:
"Das ist ja irre!" Kuwabara klebte an der Scheibe und sah fasziniert nach draußen, wo die Landschaft in Schwindel erregendem Tempo unter ihnen hinwegglitt. "Der Hubschrauber ist echt der Hammer!" "Immerhin hat ihn Bulma selbst entworfen", sagte Yamchu nicht ohne Stolz. "Sie ist eben ein Genie." Bulma drehte sich kurz nach hinten und grinste. "Danke für die Blumen, Yamchu, aber ich lasse dich trotzdem nicht fliegen."
Yamchu zog eine Grimasse und sah wieder auf den Radar. "Noch etwas mehr als 40 Kilometer. Kuwabara, könntest du mal die dritte Karte von rechts aufschlagen?" Nur mit Mühe riss sich Kuwabara von der fremdartigen Landschaft los und faltete die gewünschte Karte auseinander. "Ist es so recht?"
"Bestens." Yamchu verglich die Entfernung auf der Karte mit dem Radar und nickte. "Sieht so aus, als wäre der erste Dragonball im westlichen Glimmerkarst zu finden."
"Dann müssen wir vorher runter", kam es von Bulma. "Die Gegend ist viel zu zerklüftet, um einen ordentlichen Landeplatz zu bieten. Außerdem bröckelt das Zeug so leicht ab. Schaut mal hinten im Lagerraum nach, wir müssten ein paar leichte Schutzanzüge in einer schwarzen Kiste dabei haben." "Warum denn Schutzanzüge?", wunderte sich Kuwabara, als er mit Yamchu nach hinten ging und die genannte Kiste nach vorne zu schleppen.
"Dieser Glimmer ist an den Kanten fast messerscharf", erklärte Yamchu, während er die Kiste öffnete und Kuwabara einen der Anzüge reichte. "Niemand traut sich in diese Gegend, wenn er nicht ausreichend geschützt ist."
"So ist das." Kuwabara streifte mit einem Nicken die schweren Stiefel über, ebenso die wattierten Handschuhe. "Werden wir lange brauchen, um diesen Dragonball zu finden."
"Nicht sehr lange, ich fliege uns soweit wie möglich an das Gebiet heran", sagte Bulma optimistisch. Eine gute halbe Stunde später war es soweit. Der Hubschrauber senkte sich auf eine mit Sand bedeckte Mulde herab. Kaum berührten die Kufen den Boden, ging auch schon die Seitentüre auf und Kuwabara sprang heraus. Er streckte sich und betrachtete die menschenleere, karstige Umgebung. Kein Rascheln, kein Zwitschern oder Summen war zu hören. Der Duft nach Salbei und Beinwell hing in der kühlen Stille. Fast schon unheimlich.
Yamchu folgte ihm dichtauf und ein wenig später stand auch Bulma neben ihnen. Sie streckte Yamchu auffordernd die Hand hin und er legte den Radar hinein. Sie warf einen Blick darauf, fischte einen Kompass aus ihrem Rucksack und verglich die Richtung. "Ja, er muss ganz schön tief drin stecken", sagte sie und seufzte.
"In diese Richtung?", fragt Kuwabara und wies auf die zerklüfteten Hügel direkt vor ihnen. Als Bulma nickte, stürmte er los.
"So warte doch!", rief ihm Yamchu nach. "Ohne Radar findest du den Ball nie." "Dann kommt endlich!" In Kuwabaras Augen funkelte Tatendrang. "Wir müssen sieben dieser Kugeln finden, oder?"
Yamchu seufzte und warf Bulma einen auffordernden Blick zu. "Schon gut!", sagte sie und gab ihm den Radar, "aber sei vorsichtig!"
Ehe Kuwabara begriff, was Yamchu vorhatte, flog dieser auch schon über seinen Kopf hinweg mit dem Radar in Händen auf die Hügel zu.
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"Nun", sagte Genkai nicht unzufrieden und schob den leeren Teller zurück. "Ich denke, wir können diesen ersten Schritt als erledigt betrachten."
"Und was hast du jetzt mit uns vor, alte Hexe?", Yusuke bewegte vorsichtig die Schultern. Er hatte einen schauderhaften Muskelkater vom Schleppen der Felsen.
Piccolo, der beim Kochen eigentlich nur Handreichungen gemacht und keinen Bissen von Kuramas leckerem Mal angerührt hatte, nahm noch einen tiefen Schluck Wasser ehe er sich erhob und vor Genkai stellte.
"Wir haben nicht allzuviel Zeit, oder?", fragte er die kleine, alte Frau.
"Gut beobachtet", nickte sie. "Daher ist es vor allem wichtig, dass ihr auf allen Bereichen fortschritte macht. Euer Teamwork war bisher nicht übel, aber ihr kennt euch einfach noch zu wenig, um einander eine wahre Stütze zu sein."
"Ich nehme an, jetzt kommt ein Vorstellungsquiz, wo jeder seine Seele bloß legen muss", schnaubte Vegeta und verschränkte die Arme. "Nicht mit mir."
Genkai schüttelte den Kopf. "Soviel ich von Koenma weiß, dürfte der Dämonenfürst eine ganze Reihe von Spionen auf euch angesetzt haben. Rechnet mal schon damit, dass er auch Methoden kennt, eure tiefsten Ängste freizulegen und gegen euch einzusetzen."
"Welche Ängste denn?", kam es von Hiei. "Vielleicht hat der geschrumpfte Hitzkopf da unten ja welche, aber ich ..."
"Es hat keinen Sinn", sagte Kurama und stellte die leeren Teller zusammen. "Hiei, jeder von uns fürchtet sich vor irgendetwas. Vielleicht ist die Angst so tief vergraben, dass wir sie nicht kennen, aber sie ist da."
Piccolo nickte zustimmend. "Und dieser Dämonenfürst hat solche Kräfte?", fragte er Genkai. "Wenn nicht er selbst, dann sicher einer seiner Untergebenen. Daher ist es besser, wenn ihr jetzt schon lernt, wie es ist, mit seinen tiefsten Ängsten konfrontiert zu werden. Wenn es euch gelingt, das zu durchzustehen, habt ihr eine Menge mentale Kraft gewonnen."
"Und wie soll das gehen?", fragte Vegeta, dem diese Idee nicht sonderlich schmeckte. "Sollen wir irgendwelche komischen Pilze essen und Visionen bekommen?"
"Nicht ganz", Genkai erhob sich und winkte ihnen, ihr zu folgen. Sie liefen den Hügel hinunter, ein Stück durch den Wald bis sie vor einer glatt polierten Felswand hielten. Genkai klatschte in die Hände und ein Teil der scheinbar undurchdringlichen Wand wurde mit einem Mal durchsichtig. Dahinter gähnte ein Höhleneingang. Grünliches Licht strömte aus dem Schlund und ein scharf riechender Nebel streckte seine gelblich-weißen, dunstigen Finger nach ihnen aus.
"Das ist die Höhle, in der eure Ängste euch auf die Probe stellen werden." Sie hob einen Beutel auf, der unauffällig an der Felswand gelehnt hatte und fischte fünf Armreifen aus rötlichem Metall heraus, auf denen je ein Murmel großer, gelblicher Edelstein funkelte. "Tragt das hier", sagte sie und warf jedem von ihnen einen der Reifen zu. "So werdet ihr in der Lage sein, zu sehen, was die anderen sehen. Das ist die einzige Hilfe, die ich euch geben kann."
Die fünf sahen einander kurz an, dann gab sich Yusuke eine Ruck, streifte seinen Reif über und schritt voran, in den Nebel hinein. Kurama und Piccolo zwängten ihre Hände fast gleichzeitig durch ihre Reifen und folgten Yusuke. Hiei sah verächtlich auf den Reifen, aber ein Blick in Genkais ernstes Gesicht, verhinderte, dass er ihn einfach in die Büsche warf. Mit einem widerwilligen Knurren zog er ihn an und ging den dreien nach. Vegeta war der letzte. Seine Finger umklammerten den Reif, als wollten sie ihn zerdrücken.
Er sah unschlüssig von Genkai zum Nebel, in dem Hieis Umrisse nur noch zu erahnen waren. Dieser hielt plötzlich inne und drehte sich zurück. "Sag nicht, dass du die Hosen voll hast, Vegeta!", rief er spöttisch zurück. "Nicht, dass ich etwas Anderes von dir erwartet hätte..."
"Du kleiner ....", zischte Vegeta und streifte sich den Armreif über. "Dir werde ich zeigen, wer hier die Hosen voll hat!"
Genkai sah ihm nach, wie er zu Hiei aufschloss und sie beide im Nebel verschwanden. Etwas piepste. Die alte Frau griff in ihre Hosentasche und fischte einen flachen Gegenstand, ähnlich einer Puderdose heraus. Als sie ihn aufklappte, leuchtete in der Innenseite des Deckels der Spiegel golden und Koenmas Gesicht erschien.
"Son Gokou ist auf dem Weg in die Hölle", sagte er. "Wie weit sind die anderen?"
"Sie haben soeben die Höhle betreten", erklärte Genkai.
Koenmas Gesicht wurde noch ernster. "Die Höhle ... Denkst du, sie sind schon soweit?"
"Ehrlich gesagt, nein", seufzte die alte Frau und wischte eine ihrer welken, rosa Strähnen aus dem Gesicht. "Aber wir haben keine Wahl, als sie ins kalte Wasser zu werfen und zu hoffen, dass sie rechtzeitig schwimmen lernen, ehe die Haifische zuschnappen, oder?"
"Die Zeit rennt uns davon", bestätigte Koenma und schob seinen Hut zurecht. "Es gibt Gerüchte, dass die Konzentration von Dämonen rund um die Blutfestung inzwischen mehrere tausend beträgt. Meine Truppen sind in Bestform, aber wir haben nur ein paar hundert Leute, falls es zum Äußersten kommt." "Also müssen wir der Schlange den Kopf abschlagen, ehe sie zubeißt."
Koenma nickte. "Ich warte auf deinen Bericht. Du wirst sie doch auf der anderen Seite empfangen, oder"
"Falls sie es dorthin schaffen, ja." Genkai nickte Koenma ein letztes Mal zu, klappte den Kommunikator zusammen.
"Wir können nur hoffen", murmelte sie und sah den Berg hoch.
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Son Gokou wusste nicht recht, was er eigentlich erwartete. Nachdem er durch das Tor in Koenmas Büro geschritten war, fand er sich plötzlich auf einer schmalen, steinernen Brücke wieder, die durch eine kalte, grell beleuchtete Schlucht auf ein riesiges, goldenes Tor zu führte, auf dem groß "Eingang zur Verdammnis" zu lesen stand.
Ein Wind, scharf und kalt wie tausend Nadeln heulte wehklagend um die Brücke und machte den Marsch nicht gerade gemütlicher. Gokou drehte sich kurz um, doch der Durchgang zu Koenmas Büro war verschwunden. Statt dessen gähnte hinter ihm ein Abgrund, aus dem ein bedrohliches Knistern und Knacken zu hören war. Die Botschaft war eindeutig: Es gab keinen Weg zurück.
Gokou kratzte sich am Kopf, doch anders als sonst, streifte seine Hand nicht den Heiligenschein. Trotzdem fühlte er sich nicht lebendig, vielmehr war ihm, als ob eine bleierne Last auf seinen Schultern läge. Etwas juckte auf seiner Stirn und als seine Fingerspitzen das Mal der Schuld berührten, sprangen ein paar schmerzhafte Funken über. Erschrocken zog Gokou die Hand zurück. Jetzt verstand er. Die Last seiner getürkten Verbrechen drückte ihn nieder, gleichzeitig spürte er auch wie es ihn auf das goldene Tor zu zog. Hier gehörte er hin und nur hierher.
Langsam schritt er unbeeindruckt vom Wind über die Brücke. Einige kleine Steinchen lösten sich und verschwanden in dem diffusen, blauweißen Licht des Abgrundes. Je weiter Gokou voran kam, desto drängender wurde der Ruf der Hölle, desto brennender der Wunsch zu sühnen, bestraft zu werden, sich reinigen zu können. Mit Unbehagen erkannte er, dass es ihm nicht leicht fallen würde, seiner Rolle als grausamer Verbrecher zu entkommen.
Als er vor dem Tor stand und die Hand nach dem großen Ring ausstreckte, der als Türklopfer daran befestigt war, spürte er fast so etwas wie Erleichterung. Wenn es allen Verbrechern so ging wie ihm, war es kein Wunder, dass es keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen wie Wachdämonen oder ähnliches gab.
Seine Fingerspitzen legte sich um den Ring, doch ehe er ihn anheben konnte, ertönte ein dumpfes Grollen und die beiden mächtigen Torflügel bebten. Gokou trat zurück und sah mit Staunen, wie sich ein breiter Schlitz zwischen ihnen auftat. Blutrotes Licht leuchtete daraus hervor und der Ruf war stärker denn je. Gokou schluckte schwer und trat in das Licht.
Für einen Moment konnte er nicht erkennen, wo er sich befand. Doch seine Augen gewöhnten sich rasch an den allgegenwärtigen Feuerschein. Nicht, dass es hier viele Feuer gegeben hätte, das rote, etwas unstete Licht hing wie eine Glocke über der gesamten, trostlosen Ebene, die von zahlreichen Schluchten und Klüften durchzogen war.
"Willkommen in der Hölle." Gokou zuckte zusammen und wandte sich rasch um. Es kam nicht oft vor, dass sich ihm jemand unbemerkt nähern konnte. Hinter ihm stand eine mittelgroße Gestalt in einer düsterroten Kutte. Es war kein Mensch und auch kein Dämon, denn das Wesen schien rein aus Finsternis zu bestehen, die aus einer Laune heraus, Arme und Kopf geformt hatte. Füße sahen keine unter dem Saum der Kutte hervor und die konnte nicht verbergen, dass es kein Gesicht gab. Einzig zwei mitleidlose Augen, die Gokous Gestalt gleichgültig musterten, glühten rot in diesem nachtschwarzen Oval, das wie eine Maske wirkte und dennoch keine Maske war. Der Blick, der Gokou frösteln ließ, blieb an dem Symbol auf seiner Stirn hängen.
"Aha, mal wieder so einer", sagte die klanglose Stimme. "Folge mir!"
Gokou war sonst niemand, der Befehlen gehorchen mochte, aber das Zeichen auf seiner Stirn brannte wie Feuer und seine Beine bewegten sich ohne sein Zutun, um dem Schatten zu folgen, der vor ihm her über den dunklen Sand schwebte.
Später vermochte Gokou nicht mehr zu sagen, wie lange sie gebraucht hatten, um eine ganz bestimmte Schlucht zu erreichen. Ohne inne zu halten, zwang sein Führer Gokou, mit ihm über den Rand zu treten. Das Schattenwesen schwebte einfach durch die Luft abwärts, während Gokou, dem irgendwie die Fähigkeit zu Fliegen abhanden gekommen war, wie ein in die Tiefe sauste und schmerzhaft auf dem steinigen Boden der Schlucht aufschlug. Benommen kämpfte sich Gokou wieder auf die Beine und sah sich um.
Sein Führer schwebte ein paar Schritte weiter in einer geräumigen Nische. Die Luft hier unten war erfüllt von dem Gestank nach Blut. Jetzt erst bemerkte Gokou, dass die vielen, weißen Teilchen auf dem Boden keine Kieselsteine sondern Knochensplitter waren.
Bei jedem Schritt zermahlte er einen handvoll von ihnen zu Staub. Als er vor seinem Führer innehielt, hob dieser einen Arm und wies auf die Nische.
"Hier sei der Ort deiner Buße!"
Eine unsichtbare Kraft packte Gokou und schleuderte ihn in die Nische hinein. Er wurde gegen die Wand der Schlucht gedrückt und sogleich wuchsen aus dem Felsen steinerne Fesseln, die sich um seine Hand- und Fußgelenke legten.
"So büße denn!" Mit diesem Worten schwebte der Schatten nach oben und der Zwang, der Gokous Bewegungen gelenkt hatte, verschwand.
"So warte doch!", brüllte ihm Gokou nach. "Ich suche einen Doguro. Ist er auch hier irgendwo?" Der Schatten hielt einen Moment inne. "Ihr seid gleich gerichtet worden."
Mehr ließ er sich nicht entlocken. In dem Augenblick, als er aus Gokous Blickfeld verschwand, schlängelten sich hauchfeine Drähte aus der Wand rings um Gokou und bohrten sich in dessen Körper.
Schmerz.
Qual.
Pein.
Frost und Feuer.
Schneidend, zermalmend
Gnadenlos.
Endlos.
Gokou schrie...
Ende des sechsten Teils.
