Jaah, mal wieder was Neues. Und mal aus einer Sicht eines ganz anderen. Wird ja sonst langweilig, nicht? Viel Spaß - und Review nicht vergessen! Verlass mich auf eure hochgeschätzte Meinung! HEL, LC

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In Dämmerung und Dunkelheit

Ein Ende

Hey! Ich bin Daniel. Phantasielos wie sie nun mal sind, nennen meine Freunde mich Dan. Wie gut, dass sie nicht mehrere Jungen mit meinem Namen kennen, sonst kämen sie wahrscheinlich echt ins Schleudern. Dann bekäme ich sicher eine Nummer und hieße D3 oder so. Man stelle sich vor, ich sei ein Buchstabe und eine Zahl mit kurzen, hellbraunen Haaren, blauen Augen, mittelgroß, so wie die meisten Zahlen und Buchstaben - oh, Verzeihung - Jungen in meinem Alter. Ach, ich bin übrigens 17 Jahre alt. Und sportlich bin ich auch - so würde ich mich zumindest bezeichnen, schließlich spiele ich seit sechsten Lebensjahr Basketball.

Es ist unglaublich, fast sieben Jahre ist es jetzt her, als ich im Sommer, kurz nach meinem elften Geburtstag, einen Brief von Englands Schule für Hexerei und Zauberei bekam. Und nach den Sommerferien begann mein Leben in Hogwarts. Es war ein ziemlicher Schreck für meine Eltern, doch sie zweifelten nicht an der Echtheit der Post und wir befolgten die "Anweisungen". Wir kauften die richtigen Bücher und sonstigen Utensilien in der Winkelgasse und ich traf am ersten September pünktlich am Gleich Neundreiviertel ein.

Anfangs war's schon eine Umstellung. Ich musste neue Freunde finden, sah meine Eltern nur noch in den Ferien und musste mich meiner neuen Umgebung anpassen. Aber auch einem totalen Neuling in der Zauberwelt fällt es nicht lange schwer, sich in Hogwarts wohl zu fühlen. Es ist einfach toll, wenn man so viele Menschen um sich herum hat. In den Häusern versteht sich jeder mit jedem. Das kann auch daran liegen, dass wir gewissermaßen ja alle gleichgesinnt sind. Der Sprechende Hut hat mich damals übrigens in die Obhut von Rowena Ravenclaw gegeben. Ich war nie unglücklich mit seiner Entscheidung.

Das einzige, was ich ziemlich vermisste, war mein Basketballtraining. Ich versuchte zwar, mich mit Quidditch anzufreunden, doch auch wenn ich im fünften und sechsten Schuljahr in unserer Hausmannschaft spielte, konnte es mir meinen Lieblingssport nie ersetzen. Und so begann ich im vierten Schuljahr meinen Hauslehrer so lange die Ohren vollzujammern, bis er sich an den Direktor wandte. Professor Dumbledore hat mir dann sogar erlaubt, einen kleinen Basketballplatz in der Nähe des Quidditchfeldes anzulegen. Es kostete Professor Flitwick noch einige Nerven mehr, bis alles so war, wie ich es mir vorstellte.

Von da an verbrachte ich also den Großteil meiner Freizeit mit Training. Quidditch vernachlässigte ich aber trotzdem nicht, schließlich habe ich gelernt, Verantwortung zu tragen. Wenn ich dann gelegentlich abends noch eine Runde um den See joggte, sah mich der ein oder andere Mitschüler irritiert an. Einige wollten meinen Sport sogar schlecht machen, doch ich fand auch Sympathisanten. Es waren hauptsächlich auch Muggelgeborene, mit denen ich hin und wieder ein kleines Spielchen machte.

So vergingen die Jahre wie im Flug. Ende des sechsten Schuljahres sorgte ich für Schrecken in meinem Quidditchteam, als ich mitteilte, im siebten Jahr nicht mehr dabei sein zu können. Ich weiß noch, wie entsetzt mich unser Kapitän Christina ansah und danach bettelte, dass ich doch bleiben sollte, bevor sie dann wild losschimpfte. Ein wenig schlechtes Gewissen hatte ich schon, doch ich hatte mich entscheiden müssen. Im siebten Schuljahr stand unser Abschluss vor der Tür und den wollte ich so gut wie möglich machen. Außerdem hatte ich mir vorgenommen, nach meiner Zeit in Hogwarts wieder in ein Basketballteam zu gehen, wofür ich also auch noch trainieren musste. Da blieb einfach keine Zeit mehr für Quidditch. Nachdem ich Chris dann auch berichtete, schon einen neuen Treiber für sie gefunden zu haben, legte sich ihr Tobsuchtsanfall und sie willigte ein, sich David anzusehen. Schlussendlich war wieder alles in Ordnung, da Christina zugeben musste, dass ich mit David ein Naturtalent und somit einen perfekten Ersatz gefunden hatte.

Heute ist der erste Tag nach meinem Abschluss. Normalerweise würde ich sagen, der erste Ferientag, aber das ist ja nun nicht mehr richtig. Für mich beginnt jetzt wohl der Ernst des Lebens, wie die Erwachsenen immer so schön sagen. Erst mal hab ich aber noch ein paar Wochen Urlaub, bevor ich beginnen werde, magisches Design zu studieren. In der Zeit muss ich umziehen, weil Liverpool einfach zu weit weg ist von der Uni. Meine Eltern sind schon ganz deprimiert, weil sie ihren Sohn kaum noch sehen. Aber sie haben schließlich auch noch meine Schwester. Jessica ist keine Hexe geworden, auch wenn ich sie früher gelegentlich so genannt habe.

Vorhin, als ich nach Hause kam, stand Jess dann vor mir und fragte grinsend, was ich denn hier wolle. Das nenn ich Geschwisterliebe!

Meine Eltern sind auch ganz schrecklich stolz auf mich, weil ich der jahrgangszweitbeste Absolvent bin. Dass ich Hermine Granger nicht schlagen konnte, war mir von vorne herein klar gewesen und so hab ich Anfang des Jahres beschlossen, der süßen Gryffindor den Sieg zu gönnen und einfach nur mein Bestes zu geben.

Momentan fühle ich mich irgendwie seltsam. Zum einen ist es das klasse Gefühl, zu wissen, dass ich erst mal frei von allen schulischen Plagen bin und ich mich auf etwas Neues freuen kann. Ich bin echt gespannt auf das Studium. Zum anderen ist es aber doch so, dass ich etwas vermisse. Schon jetzt fehlt mir Hogwarts. Wahrscheinlich werd ich in Zukunft öfter zu Quidditchspielen gehen, nur um den Rummel um mich zu haben. Hier zu Hause, wo höchstens vier Leute herumspringen, wirkt alles erdrückend ruhig. Vielleicht sollte ich besser in eine WG ziehen, um nicht zu vereinsamen.

Lieber Himmel, was red ich nur?! Vereinsamen! Blödsinn! Spätestens wenn ich eine Basketballmannschaft gefunden habe, werde ich wieder ausgeglichen sein. Meine Stimmung ist nur noch eine Nachwirkung von gestern Abend, der langen Nacht und dem Abschied am Morgen. Und davon will ich euch ja eigentlich erzählen...

~

Unvergesslich wird er sicher bleiben, der gestrige Tag.

Schon morgens begannen die Mädchen, sich auf den Abend vorzubereiten. Zugegeben, eigentlich hat sich die Mühe gelohnt, denn am Abend konnte man von einer Schönheit zu nächsten blicken.

Christina strahlte auch, von Innen wie von Außen. Sie trug ein bernsteinfarbenes Kleid mit aufregendem Dekolleté und ihre langen, pechschwarzen Haare fluteten über ihre Schultern. Zur Zierde hatte sie einige Highlights in die Haare gesteckt, die mit ihren Augen um die Wette leuchteten.

Ich war wirklich stolz auf meine Begleitung und auch sie schien zufrieden mit mir. Ich hatte den teuren Festumhang aus dunklem Samt, der bis zu meinem Abschluss im Schrank hatte liegen müssen, umgehangen. Wenn wir uns an den Brauch von vielen Zauberern halten, werde ich ihn wohl auch erst das nächste Mal zu meiner Hochzeit tragen.

Die Große Halle war in allen Hausfarben festlich geschmückt. Wie es bei Bällen so üblich ist, hatte man die langen Tische gegen kleine Runde getauscht, an denen immer je vier Personen Platz nehmen konnten. Auf der Empore, wo sonst die Lehrer sitzen, hatte man links Platz für eine Jazzband geschaffen und auf der rechten Seite war ein riesiges Buffet aufgebaut worden. So diente der Großteil der Halle als Tanzfläche.

Ein bisschen komisch war mir schon, als ich den Saal betrat. Mittags hatte ich dort offiziell zum letzten Mal mit den anderen Hogwartsschülern gegessen und zuvor hatten wir, die Jahrgangsbesten jedes Hauses, unsere Auszeichnungen noch entgegen genommen. Wie erwartet hatte Hermine Granger alle Gryffindors und auch sonstigen Schüler überrundet. Sie ist schon beneidenswert fleißig und talentiert! Der Jahrgangsbeste der Slytherins wurde allen Ernstes Draco Malfoy. Nun gut, er sieht nicht aus, als wäre er auf den Kopf gefallen, aber damit gerechnet hatte ich auch nicht. Die Beste in Hufflepuff wurde dann noch Isabelle Moore. Sie ist ein recht unscheinbares Ding, nicht besonders groß und mit dunkelblonden Haaren, die sie - solange ich sie kenne - eigentlich immer zu einem Zopf zusammen gebunden hatte.

Dumbledore und die anderen Hauslehrer haben uns gratuliert und nach einem donnernden Applaus der Schülerschar war's auch schon vorbei. Eins wird mir allerdings immer in Erinnerung bleiben: Snapes Blick, als er Hermine die Hand gab. Man sah ihm deutlich das Verlangen an, sie noch ein letztes Mal runterzuputzen. Hermine lächelte ihn nur an, wie sie auch alle anderen angesehen hatte. Und trotzdem - ich möchte wetten, da lag auch Genugtuung in ihrem Blick. In den letzten zwei, drei Jahren hatte sie wohl gelernt, mit ihm umzugehen. Ich hab schon manche Geschichte aus ihren Zaubertrankstunden gehört und gelegentlich nicht schlecht darüber gestaunt, wie sie sich Snape gegenüber verhielt. Ich kenne ihn schließlich selbst seit sieben Jahren. Freiwillig hab ich mich nie mit ihm angelegt.

Aber kommen wir zurück zum Ball:

Ich hab viel mit Christina getanzt und als sie eine Pause brauchte oder anderweitig aufgefordert wurde, ging auch ich meinen Pflichten als Gentleman nach und bat Jenny, Clara und noch die Gryffindor Padma Partil und auch Hermine um einen Tanz. Die Mädchen waren schon atemberaubend hübsch.

Doch irgendwann brauchte selbst ich eine Pause. Mit einem Glas Bowle wollte ich auf der Terrasse Luft schnappen, doch da entdeckte ich ein Pärchen in der Ecke stehend. Diskret zog ich mich gleich wieder zurück. Liebende soll man bekanntlich ja nicht stören.

Also betrat ich dem Saal erneut und sah mich suchend nach Christina um, die ich zum Glück schnell fand. Ein ziemlich bulliger Kerl hatte sich vor ihr aufgebaut, drängte sie somit an die Wand und hatte eine Hand neben ihr abgestützt, während er ihr begierig in den Ausschnitt starrte.

Angewidert lief ich auf die zwei zu, packte den Typen - ein Slytherin übrigens - an der Schulter und zog ihn ruckartig zurück. Er lallte ein "Hey!" und wollte sich gleich wieder Chris zuwenden. Ich zerrte ein zweites Mal an seiner Schulter, denn Christinas flehendes Blick machte mich wahnsinnig.

"Lass sie in Ruhe, Mann!", forderte ich den Slytherin auf.

Er drehte sich zu mir um. "Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß!" Seine Alkoholfahne machte ihn noch abstoßender, als er ohnehin schon war.

"Sie ist mein Scheiß.", antwortete ich und deutete auf Chris.

"Ah, so ist das.", murmelte der Kerl. Er wandte sich wieder an Christina: "Na, dann wollen wir doch mal sehen, was dein Typ so drauf hat." Im nächsten Moment holte er aus.

Ich konnte dem Schlag gerade noch ausweichen. Einen Moment lang starrte ich den Typen erschrocken an. Dann musste ich schnell ein paar Schritte zurückweichen, da er zwei mächtige Schritte auf mich zu torkelte, erneut mit der Faust in meine Richtung schlagend.

Nun wurde ich sauer. Musste der Kerl uns den letzten Abend versauen?

Gerade in dem Moment, als ich mich zur Wehr setzen wollte, traten zwei weitere Personen hinzu, zwischen mich und den Slytherin. Es waren die Gryffindors Harry Potter und Ronald Weasley. Typisch, dachte ich im ersten Moment, sie müssen natürlich wieder einen auf mutig machen. Doch im Nachhinein bin ich sehr froh, dass mir die Prügelei erspart blieb. Mein Zauberstab lag nämlich auf meinem Zimmer, wo er mir natürlich wahnsinnig viel nützte.

Ronald, der fast noch einen Kopf größer zu sein schien als Harry und ich, stemmte sich gegen den Slytherin und versuchte, ihn in Schach zu halten, während Harry mich rückwärts aus dem Saal schob.

Fragend sah ich ihn an.

"Aus den Augen - aus dem Sinn.", meinte er.

Ich nickte. Vielleicht hätten wir Christina dann auch rausholen sollen?, überlegte ich. "Was ist mit Chris?"

"Ron macht das schon.", lächelte der dunkelhaarige Gryffindor.

Sie schien also in guten Händen. "Danke.", murmelte ich.

"Komm, wir gehen mal Luft schnappen.", schlug Harry nun vor.

Ich folgte ihm die breite Steintreppe hinunter, aus dem Schloss heraus, in den Park.

Die Dämmerung war schon vorangeschritten und man konnte den Mond gut erkennen.

Nach ein paar Metern fragte Harry dann: "Na, besser?"

Ich nickte wieder. Die Luft tat wirklich gut.

Wir liefen noch eine Weile und irgendwann begannen wir, uns zu unterhalten. Dabei merkte ich gar nicht, wie wir auf das Basketballfeld zusteuerten.

"Wie sind wir jetzt hierher gekommen?", fragte ich, als wir plötzlich mitten drauf standen.

Harry lächelte. "Gelaufen?"

Ich zog warnend eine Augenbraue hoch, denn das war mir auch klar.

"Ich weiß nicht", meinte Harry nun. "Du warst ziemlich zielstrebig."

"Ah." Ich erröte sicher ein wenig, was man in der Dunkelheit zum Glück aber nicht mehr richtig erkennen konnte. Schulterzuckend zog ich meinem Umhang aus, legte ihn ins Gras und holte einen Ball aus der neben dem Feld stehenden Holzhütte.

Nachdem ich ein paar Bälle versenkt hatte, forderte ich Harry auf, mitzuspielen. Ein wenig zögerlich streifte auch er seinem Umhang ab und trat dann zu mir. Er wirkte seltsam unsicher, als ich ihm den Ball zuwarf.

"Na los!", forderte ich ihn auf.

Einen Moment lang sah Harry zu mir herüber, dann holte er tief Luft und warf, ein wenig halbherzig aber immerhin.

Nach ein paar Minuten schien er sich endlich etwas zu entspannen. Abwechselnd warfen wir nun auf den Korb - mit mehr oder weniger spektakulären Sprüngen - wobei ich wieder zugeben musste, dass Harry auch im Basketball richtig Talent hat. Dies war mit bei den vorigen Spielen, die wir schon zusammen gespielt hatten, auch schon mal aufgefallen, doch ich hatte nie richtig darauf geachtet.

Plötzlich kam er dann wieder auf den Vorfall in der Großen Halle zu sprechen: "Wie meintest du das eigentlich, als du sagtest, Christina sei dein Mist?"

"Das hab ich gesagt, damit der Kerl sie in Ruhe lässt, was sonst?" Der stellte Fragen!

"Bist ziemlich verknallt, was?" Harry grinste.

Ich sag ihn irritiert an. "Nein, Quatsch!"

"Na komm schon."

Was wollte der Junge hören? "Nein - ernsthaft! Was hättest du getan, wenn der Typ sich hätte an Hermine vergreifen wollen?"

Harry nickte. "Stimmt schon." Dann grinste er aber wieder. "Sie hätte sicher einen edleren Helden gefunden."

Für einen Moment überlegte ich, was er damit gemeint haben könnte, beließ es dann aber auch dabei. "Mit wem bist du eigentlich gekommen?", fragte ich ihn statt dessen.

"Lavender Brown."

"Ah, das Mädchen in dem violettfarbenen Wahnsinnskleid?"

Er nickte wieder und warf einen Korb.

"Glückwunsch! Gute Wahl.", meinte ich. "Und, läuft bei euch was?"

Harry sah mich kurz an, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, wir verstehen uns nur gut. Und da wir beide der Meinung waren, dass uns die große Liebe wohl nicht noch bis zum Ende des Schuljahres über den Weg laufen wird, haben wir schon ziemlich früh abgemacht, zusammen zu gehen."

Während er das sagte, bekam sein Gesicht einen sehr seltsamen Ausdruck, der mich faszinierte.

"Aber dir müssen die Mädchen doch eigentlich scharenweise nachlaufen?!", entgegnete ich überrascht.

Harry lächelte ein wenig gequält.

"Ich meine, es gibt doch fast nichts, was du nicht kannst, oder? Quidditch- As, Held, Basketballer, relativ guter Schüler, Vertrauensschüler, usw.."

Er seufzte. "Waahnsinn!"

Nun verstand ich gar nichts mehr. "Was ist denn bloß los mit dir?"

Ich kannte Harry nicht gut, nur von den Quidditchspielen, ein wenig aus dem Unterricht und vom Basketballspielen her. Aber trotzdem dachte ich immer, er ließe sich durch nichts aus der Bahn werfen. An diesem Abend schien er allerdings sehr komisch.

Harry kam nun auf mich zu. Er schmiss den Ball zur Seite und sah mich an. Der Ausdruck in seinen Augen trieb mir die Tränen in die meinen und ich musste schlucken. Es war ein Ausdruck, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Siebzehn Jahre Schmerz, Enttäuschung und Angst mussten es zugleich gewesen sein. Ich sah weg, um nicht loszuheulen, dabei war er derjenige, der litt. Doch was hatte er bloß? Was brachte ihn dazu, mich mit seinen Blicken so um Hilfe, vielleicht sogar um Rettung, anzuflehen?

Ziemlich dicht stand er nun vor mir.

Plötzlich fühlte ich seine Hand, wie sie meine nahm, festhielt.

"Ich verliere heute Nacht mein Zuhause.", erklärte er leise und mit belegter Stimme. "Ich muss Hogwarts verlassen, ich kann mich schließlich nicht ewig hier verstecken. Doch ich habe verdammt noch mal richtig Schiss davor! Ich werde weitgehend auf mich allein gestellt sein, meinem Freund kann ich schließlich nicht ewig auf der Tasche liegen." Er klang bitter und traurig.

Ich konnte meinen Blick nicht von ihm nehmen. Seine Worte berührten mich heftig und ich überlegte fieberhaft, was ich sagen oder tun konnte. Und dann hob ich auf einmal die Hand, die er nicht umklammert hielt, und strich ihm sanft über die Wange.

Harry schloss die Augen und schmiegte sich an meine Handfläche. Ich beobachtet es fasziniert. Diese Berührungen und seine Reaktion lösten ein seltsames Gefühl in mir aus. Für einen Moment fühlte ich mich realitätsfern, völlig allein mit Harry, irgendwo, wo uns niemand fand, um den Frieden und das Vertrauen dieses Momentes nicht zu zerstören. Harry hatte in dieser Ruhe einen Zauber um sich, der mich gefangen nahm. Sein Vertrauen strömte wie sein Wärme in mich hinein. Seine Haare schimmerten im Mondlicht und ich wollte drüber streichen, wagte aber nicht, mich zu rühren, aus Angst, diesen Augenblick zu zerstören.

Doch da öffnete er die Augen wieder und wir kehrten zurück, auf das Feld, nach Hogwarts, in die Nacht. Vorsichtig nahm er auch noch meine andere Hand und sah mich erneut an. "Meine große Liebe habe ich auch schon gefunden, aber ich werde ohne sie die Schule verlassen."

"Warum?", war das Einzige, was ich hervorbrachte.

"Kannst du dich noch an das Basketballspiel erinnern, bei dem nur wir zwei noch hier draußen im Regen gespielt haben, bis unsere Sachen vollkommen durchweicht waren?"

Eine Gegenfrage ist keine Antwort. - Oder doch? Ich nickte.

Er drehte meine rechte Hand mit dem Rücken nach unten, so dass die Unterseite meines Handgelenkes frei lag. Langsam hob er den Arm an und senkte seinen Mund gleichzeitig darauf hinab. Für einen kurzen Moment berührten seine Lippen meine Haut, genau an der Stelle, wo mein Blut heftig darunter pulsierte. Ich war mir sicher, dass er es spürte.

Harry hob den Kopf wieder an. Tränen glitzerten in seinen Augen. "Da war ich ihr noch nie so nah."

Noch bevor ich den Satz zu Ende gehört hatte, war er auch schon verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt.

Ich stand auf dem Feld und rührte mich nicht. Plötzlich fühlte ich mich bleischwer. Tausend Gedanken schossen durch meinen Kopf. Ich muss Minuten dort gestanden und auf meinen Arm gesehen haben. Irgendwann nahm ich dann aber meinen Umhang und auch Harrys, den er hatte liegen lassen, und lief zum Schloss zurück. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich es gemacht habe, aber ich bin in den Saal zurück, habe mich von Christina und dem Rest verabschiedet (Chris hatte mir Hermine und Ronald guten Geleitschutz gefunden) und bin in mein Bett gekrochen.

In der Nacht träumte ich wirres Zeug. Von Harry, wie wir uns liebten und von einer ähnlichen Szene wie der in der Großen Halle. Harry kam bei seinem Rettungsversuch ums Leben, getötet durch den Unverzeihlichen Fluch. Ich habe gelitten und bin schweißgebadet schon in den frühen Morgenstunden aufgewacht. Die Stelle seines Kusses auf meinem Handgelenk brannte.

Nur noch brockenweise konnte ich mich an die Szenen im Traum erinnern. Ich wusste nicht, ob die Träume aufeinander folgten, zusammen gehörten oder ob dazwischen noch andere Momente lagen. Ich war total durcheinander, total überfordert mit all den Gedanken und Gefühlen.

Wenn ich die Augen schloss, sah ich Harrys Gesicht und spürte sein Hände über meinen Körper wandern. Und da stand im Konflikt zwischen Kopf und Herz, im Konflikt, die Erinnerungen wegzuschieben oder sie festzuhalten und wundervoll zu finden.

Doch dann kamen mir immer und immer wieder auch die Szenen seines Todes in den Sinn. Der Slytherin riss sich von Ronald los, zog seinen Zauberstab und wollte auf mich zielen. Doch Harry stand lächelnd vor mir, mit dem Rücken zu ihm. Er hatte gar keine Chance. Als der Fluch ihn traf, sank er leblos in meine Arme. Zitternd vor Kälte und Angst, die mich durchliefen, lag ich im Bett und zog die Decke höher.

Weinend war ich über seinem Körper zusammengebrochen. Meine Gefühle machten mir Angst. Dass mit Harrys Tod so nah gehen würde, verstand ich nicht recht, schließlich kannten wir uns kaum. Und doch lag ich in der Großen Halle schluchzend über ihm und fühlte eine Leere, als hatte man mir einen Bruder, den Vater, den besten Freund oder - ja, oder die große Liebe genommen.

Ich konnte nicht mehr schlafen und beschloss, einen Abschiedsspaziergang über die Ländereien zu machen. Eigentlich war es dumm, sich das Leben somit selbst schwer zu machen, doch die Melancholie hatte mich mitgerissen. Ich lief zum See, am Rand des Waldes entlang, zum Quidditchfeld. Sogar die Gewächshäuser sah ich mir noch mal an. Nur das Basketballfeld mied ich.

Später beim Frühstück herrschte auch eine seltsam gedrückte Stimmung. Als Professor Dumbledore uns schließlich verabschiedete, weinten sich die Mädchen die Augen aus vor Rührung und Abschiedsschmerz. Man machte es uns wirklich nicht leicht.

Und die restlichen Stunden verflogen auch. Wir inspizierten ein letztes Mal unsere Schlafsäle und den Gemeinschaftsraum, bevor wir mit den Kutschen nach Hogsmeade runter fuhren. Die anderen Schüler standen am Portal und winkten uns. Sie würden erst in drei Tagen abreisen.

Auf der Heimreise im Zug hockten wir dann Großteils mit den Hausfreunden zusammen. Die letzten Versprechen wurden gegeben und Pläne geschmiedet.

Irgendwie war ich froh, als wir in London ankamen. Je länger die Reise gedauert hatte, desto mieser war mir geworden.

Als wir ausstiegen, umarmte ich alle Freunde, gab dem halben Jahrgang noch die Hand. Ich kam auch zu Hermine und Ronald. Nur Harry sah ich nicht. Doch nachfragen wollte ich in diesem Moment auch nicht. Vielleicht war ich auch ein bisschen froh, ihm nicht noch mal in die Augen sehen zu müssen. Seinen Umhang habe ich also noch immer. Ich werde ihn aufbewahren. Wahrscheinlich wird er mich noch lange an diesen letzten Abend in Hogwarts erinnern... Mal wieder ist alles ganz anders gekommen, als man sich das vorgestellt hatte.

~

Jetzt sitze ich hier zu Hause auf meinem Bett und weiß nichts mit mir anzufangen. Die Gedanken an Harry lassen mich nicht los. Warum meint er, ausgerechnet mich lieben zu müssen - zu wollen? Warum nicht jemanden, der ihn glücklich machen kann? Vor allem jemanden, den er besser kennt. Was wissen wir schon groß voneinander? Hätte er gesagt, er würde mit mir schlafen wollen, könnte ich jetzt vermuten, das Unbekannte würde ihn reizen. Doch er sagte, er liebt mich!

Bisher hatte ich mir noch nie Gedanken darum gemacht, ob ich jemals einen Jungen lieben könnte oder würde. Seit gestern stelle ich mir diese Frage ständig. Kann ich Harry auch lieben? Will ich ihn lieben? Darf ich ihn lieben? Ja, ich dürfte. Wahrscheinlich könnte ich es auch. Doch ich weiß nicht, ob ich es will. Bis zum gestrigen Tag habe ich mir schließlich noch nie in meinem Leben Gedanken darum gemacht, mich nicht für Mädchen zu interessieren. Und plötzlich muss ich mir eine Frage stellen, die womöglich mein ganzes Leben verändert...

Vielleicht sollte ich Harry schreiben. Ihm meine Gedanken mitteilen. Ihm den Umhang schicken und einen Brief dazu legen. Doch was bringt ihm das? Ich kann doch nur hoffen, dass er mich vergisst und glücklich wird.

Harry, wir sind noch jung. Du wirst jemanden finden, der dich liebt, wie du es verdienst!

* ~ * ~ *

Das ist vorerst einmal das Ende. Ich hätte aber noch ein zweites Kapitel, wenn ihr es haben wollt. Es besteht allerdings irgendwie zum Großteil nur aus Sexszenen. So kam's mir jedenfalls beim Schreiben vor... Aber irgendwann muss das ja jeder mal tun, nicht? *g* Na ja, ich überlass euch die Entscheidung, ob ihr's haben wollt oder nicht... Bis denne, Leaky Cauldron

PS: Und lest auch bitte meine anderen Stories, falls ich das noch nicht getan habt. Ach ja, und Review nicht vergessen!!!