Kapitel 7 – Kikono:

Erwartungsvoll und gespannt starrten die drei Jungen Cologne an. Diese genoss die Situation sichtlich und wartete noch ein wenig, um die Spannung zu steigern.

Cologne: „Es gibt nur eine Möglichkeit…"

Langsam genervt beugten sich Ranma, Lars und Ryoga vor und starrten sie weiter an.

Cologne: „…Fliegen!"

Die drei Jungen fielen gleichzeitig rückwärts um. Ächzend lagen sie auf dem Boden.

Schließlich rappelten sie sich wieder auf.

Lars: „Hast du vielleicht Nerven! Uns so auf die Folter zu spannen und dann auch noch eine Tatsache zu nennen, die wir sowieso schon wissen!"

Ryoga: „Kannst du uns dann vielleicht sagen, ‚wie' wir bitte fliegen sollen?"

Der Sarkasmus in Ryogas Stimme war nicht zu überhören. Doch Cologne schmunzelte ihn nur an.

Cologne: „Oh ja, das kann ich!"

Schlagartig verstummten die drei und starrten sie wieder an.

Ranma: „Wehe, das ist wieder nur ein Scherz!"

Cologne: „Wie gesagt gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich fliegen. Aber es gibt zwei Möglichkeiten, ‚wie' ihr fliegt!

Entweder ihr macht von euren Flüchen Gebrauch und lasst euch ebenfalls entführen, wobei die Gefahr natürlich groß ist, dass ihr gar nicht entführt werdet. Oder ihr nehmt euch einfach den Heißluftballon vom Dachboden und macht euch damit auf die Suche nach der Wolkenstadt."

Die drei Jungen sahen sich an und wurden sich ohne Worte sofort einig:

Ranma/Ryoga/Lars: „Wir nehmen den Heißluftballon!"

Eine Stunde später hatten sie den Korb und den zusammengefalteten Ballon vom Dachboden in den Garten gehievt. Lars schaute zu der strahlenden Sonne empor und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

Während Ranma und Ryoga den Heißluftballon durch die Flamme mit warmer Luft füllten, suchte Lars in seinem Zimmer noch einige Sachen zusammen und stopfte sie in einen Rucksack. Zu guter letzt streifte er sich seine Ninjaidos über die Hände.

Wieder unten angekommen war der Ballon schon zur Hälfte gefüllt. Cologne wirtschaftete in der Küche und machte ihnen Lunchpakete. Da sie natürlich nicht abreisen konnten, ohne den Tendos bescheid zu sagen, was mit ihrer Tochter geschehen war, und Ryoga seinen Rucksack noch dort hatte, begaben sich die drei zum Haus der Tendos.

Als er von der Tragödie erfuhr, brach Soun in Tränen aus. Genma packte seinen Sohn an der Schulter und sah ihn eindringlich an.

Genma: „Ranma. Du musst Akane retten! Das ist deine Pflicht als ihr Verlobter! Außerdem…"

Nachdem Genma ihn nach fünf Minuten immer noch zuredete, warum er Akane retten musste, hatte Ranma genug. Mit einem Faustschlag ins Gesicht brachte er seinen Vater zum Schweigen.

Ranma: „Verdammt, Pop! Wir haben uns doch schon vorbereitet!"

Da fiel Soun Ranma in die Arme. Tränenbäche flossen ihm aus den Augen.

Soun: „Akane! Meine kleine Akane! Du musst sie retten! Ich weiß, dass du es schaffen kannst!"

Genervt schob Ranma Akanes Vater von sich weg. Kasumi bot sich noch an, ihnen Lunchpakete zu machen, aber die drei Jungen lehnten höflich ab, da Cologne ja schon dabei war, welche zuzubereiten.

Nachdem der Heißluftballon gefüllt war und sie alle nötigen Sachen in ihren Rucksäcken verstaut hatten, klettern alle drei in den Korb unter dem Ballon. Cologne wünschte ihnen noch viel Erfolg, dann vergrößerte Ranma die Flamme auf die höchste Stufe.

Langsam hob der Ballon mit seinen Insassen ab. Immer höher und höher schwebten sie über Nerima. Nachdem sie eine Weile die fantastische Aussicht genossen hatten, fiel Ryoga etwas ein.

Ryoga: „In welche Richtung sind die Kikono geflogen? Dorthin, oder?"

Er deutete mit einem Finger Richtung Meer. Ranma und Lars nickten.

Ryoga: „Na dann, volle Kraft voraus!"

Ranma: „Öhm…wo ist denn hier das Lenkrad?"

Lars schlug ihm gegen den Hinterkopf und lachte.

Lars: „Bei einem Heißluftballon gibt es kein Steuer, er fliegt dahin, wohin der Wind ihn trägt."

Schlagartig hörte er auf zu lachen. Entsetzt starrten sich die drei an. Gleichzeitig fuhren sie herum, befeuchteten einen Finger und streckten den Arm aus, um die Windrichtung zu prüfen. Wieder gleichzeitig drehten sie sich seufzend wieder um.

Lars: „Puh, der Wind bläst genau in die richtige Richtung!"

Ranma: „Ja, aber das kann sich ja noch ändern!"

Ryoga: „Wir müssen halt auf unser Glück vertrauen…"

Wieder genossen sie eine Zeit lang die wunderbare Aussicht auf das Land und später auch immer mehr auf das Meer. Lars und Ryoga wurde es schließlich langweilig. Sie setzten sich und unterhielten sich eine Weile, bis Ranma sie unterbrach.

Ranma: „Seht! Jetzt fliegen wir auf das offene Meer hinaus!"

Ryoga und Lars standen auf und schauten in die Tiefe. Vor ihnen lag das weite Meer, hinter ihnen das Land. Träumerisch starrten sie eine Weile auf das offene Meer hinaus. Da machte sich Lars Magen mit einem lauten Knurren bemerkbar.

Lars: „Mensch habe ich einen Kohldampf! Lasst uns etwas essen."

Die anderen beiden merkten, dass sie mindestens genauso viel Hunger wie Lars hatten. Also fielen sie über die ersten Lunchpakete von Cologne her und stopften sich mit Nudeln voll.

Nach vielen Stunden Ballonflug war ihnen die Lust am Fliegen vergangen. Ryoga war sogar ein wenig grün im Gesicht.

Ryoga: „Ich will endlich wieder festen Boden unter den Füßen spüren!"

Lars: „Ja, mir geht es genauso!"

Er ließ seinen Blick erst übers Wasser, dann über den blauen Himmel, der mit einigen Wolken verdeckt war, gleiten. Da erspähte er einige Punkte am Horizont. Ohne sie aus den Augen zu lassen, stieß er Ranma neben sich an.

Lars: „Schau mal da! Das sind doch Kikono, oder?"

Ranma: „Ja…und sie kommen auf uns zu!"

Ryoga: „Alles bloß das nicht! Mir ist schon schlecht genug!"

Er machte seiner Übelkeit Ausdruck, indem er sich aus dem Korb beugte und sich kräftig übergab.

Die Kikono kamen schnell näher. Eine Viertelstunde später flatterten sie nur wenige hundert Meter vom Ballon entfernt. Sie zogen ihre Bögen und machten Zeichen, dass sie umdrehen sollten. Lars und Ranma sahen sich an, während Ryoga immer noch über der Kante des Korbes hing.

Lars: „Ich glaube, die wollen, dass wir umkehren. Ansonsten wollen sie uns wohl vom Himmel holen!"

Aber Ranma winkte den Kikono und schüttelte den Kopf. Dann drehte er sich wieder zu Lars um und grinste ihn an.

Ranma: „Das machen die sowieso nicht! Die können uns ja nicht einfach so abschießen!"

Zehn Sekunden später befanden sie sich bereits im freien Fall. Klatschend fielen sie ins Wasser. Lasso, Ranko und P-Chan tauchten prustend auf. Schnell funktionierten sie den Korb zum Schiff um, er schien wasserdicht zu sein. Lasso warf den quietschenden P-Chan schnell hinein, bevor er unterging. Danach kletterte sie mit Ranko hinterher.

Lasso: „Sie können!"

Ranko gab als Antwort nur ein grunzendes Geräusch von sich.

Zu ihrem Glück hatte der Wind gedreht und trieb sie nun zurück Richtung Festland. Leider hatten sie alles dabei, nur kein heißes Wasser. Daher mussten sie in ihren Fluchformen bleiben. Als Ranko und Lasso ihre Oberteile auszogen und über die Kante des Korbes hingen, fiel P-Chan aufgrund der weiblichen Körperteile glatt in Ohnmacht.

Zwei Tage später saßen sie immer noch müde und gelangweilt im Korb. Plötzlich durchfuhr diesen einen Ruck. Sofort sprangen Ranma und Lars auf und fielen sich lachend in die Arme, während P-Chan am Korbboden quiekend im Kreis rannte. Er konnte es zwar nicht sehen, der Freude von Ranma und Lars zu schließen waren sie aber wohl am Festland angekommen.

Doch nachdem sich die erste Freude gelegt hatte und sie sahen, wo sie an die Küste getrieben worden waren, setzte sofort das nächste Murren ein.

Ranko: „Von hier ist das noch mindestens ein Tagesmarsch zurück nach Nerima! Verflucht, wir haben viel zu viel Zeit verloren!"

Daher schulterten sie ihre Rucksäcke und zogen sofort los.

Akane schlug langsam die Augen auf und erblickte eine weiße Decke über sich. Langsam richtete sie sich auf und sah sich um.

Akane: *Wo bin ich bloß?*

Dann fiel ihr wieder ein, was geschehen war. Die Männer mit den Flügeln hatten sie stundenlang fort getragen, bis sie schließlich eingeschlafen war. Und nun war sie hier. Aber wo war hier?

Ein komisches melodisches Säuseln erfüllte den Raum, der komplett weiß gestrichen und ziemlich klein war. Es gab keinerlei Mobiliar in diesem Raum. Sie betrachtete den Boden genauer, er war eigenartig weich aber zugleich unglaublich fest.

Dann stellte sie fest, dass die Wände aus dem gleichen Material bestanden. Sie suchte vergeblich nach einem Ausgang, es gab keinen. Wie war sie dann bloß hier hereingekommen?

Das Säuseln hielt immer noch an, es war nicht unangenehm, im Gegenteil, es wirkte äußerst beruhigend.

Akane: *Kein Wunder, dass ich so gut geschlafen habe!*

Doch dann bekam sie es mit der Angst zu tun. Sie war völlig abgeschottet, es war einfach unmöglich, hier herein oder heraus zu kommen. Sie brach verzweifelt in Tränen aus und drückte sich in eine Ecke. Doch dann fiel ihr Ranma ein.

Akane: *Er ist bestimmt schon auf dem Weg hierher, um mich zu retten!*

Da hörte sie etwas, was sich nach Hilferufen anhörte. Horchend stand Akane auf und legte das Ohr an die Wand. Die Rufe schienen aus einem Nebenraum zu kommen.

Akane: „Hallo? Ist da jemand?"

Die Rufe verstummten. Dann setzten sie wieder ein. Akane durchlief ein ängstlicher Schauer. Denn die Stimme rief nach ‚ihr'.

Akane: „Wer bist du?"

Sie musste gut hinhören, damit sie verstand, was die andere Person sagte. „Ich bin es, Shampoo!"

Akane: „Was? Haben sie dich etwa auch entführt?"

Shampoo: „Ja! Und Ukyo ist auch hier, einen Raum rechts von mir! Wieso hast du so lange nichts gesagt?"

Akane errötete leicht.

Akane: „Ich habe geschlafen!"

Sie mussten wirklich laut rufen und sehr genau hinhören, um sich zu verständigen. Wie sich nach einem längeren Gespräch herausstellte, hatten Shampoo und Ukyo keine Ahnung, was sie hier sollten und befanden sich ebenfalls in einem rundherum abgeschlossenen Raum.

Plötzlich ertönte ein pfeifendes Geräusch, ähnlich dem Säuseln, nur lauter. Erschrocken drehte Akane sich um. Die Wand verformte sich und gab eine Öffnung frei, durch die ein Mann mit Flügeln kam. Wortlos legte er einen Haufen Kleidung auf den Boden und wandte sich dann wieder um.

Akane sprach ihn an und lief ihm hinterher, doch der Mann antwortete nicht. Mit einem Pfeifen verschloss sich die Öffnung wieder. Dann musterte Akane die Kleidung näher.

Akane: *Was soll ich denn damit?*

Da fiel ihr auf, dass sie vollkommen nackt war.

Akane: *Solche…solche…Perverslinge! Was fällt denen ein?*

Die Kleidung stellte sich als weiße Unterwäsche und hübsches weißes Kleid heraus. Schnell schlüpfte Akane hinein.

Akane: *Lieber ‚das' als gar nichts!*

Dann lief sie wieder zu der Seitenwand. Nach kurzem Gespräch stellte sich heraus, dass auch Shampoo und Ukyo nackt gewesen waren und ebenfalls ein weißes Kleid erhalten hatten.

Shampoo: „Was haben die bloß mit uns vor?"

Völlig erschöpft erreichten Ranko, Lasso und P-Chan schließlich wieder ihren Startpunkt, das Nudelrestaurant. Cologne sah sie bestürzt an, als sie das Haus durch die Tür betraten.

Cologne: „Was ist denn passiert?"

Lasso: „Diese verdammten Kikono haben uns vom Himmel geholt!"

Ranko: „Wo gibt es hier heißes Wasser?"

Cologne: „Im Badezimmer. Lars, führ sie hin!"

Wieder in ihrem gewohnten Körper setzten sie sich schließlich mit Cologne zusammen an einen Tisch.

Ranma: „Dann müssen wir wohl doch die heiratswilligen Frauen spielen!"

Cologne: „Das wird jetzt kaum noch möglich sein."

Ranma/Ryoga/Lars: „'Was'?"

Cologne: „Ich sagte, das wird wohl kaum noch möglich sein. Denn die Kikono suchen nur zwei Tage lang nach Bräuten, so ist es der Brauch. Aber mittlerweile sind schon drei Tage seit den Entführungen vergangen. Und wer sagt, dass das der erste Tag ihrer Suche war?"

Niedergeschlagen stützte Ranma den Kopf auf die Hände.

Ranma: „Aber was sollen wir denn jetzt machen? Vielleicht wurden sie ja schon längst verheiratet!"

Ryoga: „Wenn dann wurde nur eine verheiratet. Was machen sie denn überhaupt mit den anderen?"

Cologne: „Das ist das große Mysterium. Bis jetzt ist noch keine von den Kikono wiedergekehrt."

Bestürzt sahen sich die Jungen an. Cologne stand auf.

Lars: „Was machst du?"

Cologne: „Ich gehe zu einem alten Bekannten, vielleicht kommt ihr doch noch in die Wolkenstadt!"

Damit hüpfte sie auf ihrem Stock durch die Tür hinaus. Hoffnungsvoll sahen die drei ihr nach. Ranma seufzte laut.

Ranma: „Wieso musste das denn gerade jetzt passieren, wo Akane und ich endlich zusammengefunden haben?"

Diese Worte versetzten Ryoga einen kleinen Stich im Herzen.

Ryoga: „Tja, Gottes Wille ist unergründlich…"

Lars: „Ryoga, ‚du' glaubst an Gott?"

Verlegen sah Ryoga ihn an.

Ryoga: „Was heißt glauben? Das ist doch nur so ein Sprichwort. Ich habe ehrlich gesagt noch nie über Gott nachgedacht…"

Als Cologne wiederkam, sprangen die Jungen auf.

Ranma: „Wer ist denn dein Bekannter?"

Cologne: „Ein Antiquitätenhändler."

Während Cologne sich an den Tisch setzte, folgten die drei ihr mit verwunderten Blicken. Als sie ein großes Ei mit einem runden Zeichen in einem Nest auf den Tisch legte, sprang Lars auf. Er beachtete nicht einmal seinen Stuhl, der krachend umkippte.

Cologne sah ihn einfach nur an.

Cologne: „Du kennst also das Ei des legendären Phönix?"

Lars: „Ja! Aber was willst du denn damit?"

Cologne: „Es ausbrüten."

Lars: „Was? Aber…das kannst du doch nicht tun! Das kommt einer Katastrophe gleich!"

Cologne: „Nicht, wenn man entsprechende Mittel einsetzt!"

Ranma und Ryoga starrten die beiden und das Ei abwechselnd verwirrt an.

Ranma: „Ähm, worum geht es hier eigentlich?"

Lars: „Aus diesem Ei schlüpft der legendäre Phönix. Das erste Lebewesen, was der Phönix erblickt, erklärt er für einen Tag als seinen Feind."

Cologne: „Sobald er am nächsten Morgen wieder aufwacht, ist er wieder hinter dem Lebewesen hinterher, welches er als erstes zu Augen bekommt. Ihr müsst wissen, dass der Phönix unglaublich groß wird und daher eine große Bedrohung ist. In der Regel dauert es einhundert Jahre, bis der Phönix sein Nest verlässt. Mit den entsprechenden Mitteln kann man diese Zeit aber ziemlich verkürzen.

Man brütet den Phönix aus, indem man ihn auf seinen Kopf setzt. Das Nest lässt sich nicht vom Kopf lösen, bis der Phönix ausgewachsen ist und das Nest verlässt."

Entsetzt schrieen die drei Jungen auf, als Cologne sich das Nest einfach auf den Kopf setzte.

Lars: „Nein! Was hast du…"

Weiter kam er nicht, denn der Raum erstrahlte in einem gleißenden Licht, dass von dem Ei ausging. Man hörte das Ei knacken, kurze Zeit später wurde die Eischale gesprengt und ein kleiner, rundlicher, gelber Vogel erblickte das Licht der Welt.

Bevor er jemanden ansehen konnte, hielt Cologne ihm blitzschnell einen Spiegel vor den Kopf. Lars atmete erleichtert auf. Darauf wäre er nie gekommen! So würde der Phönix für einen Tag erst einmal niemanden angreifen, außer sich selbst natürlich.

Doch der Phönix schien nicht zu begreifen, dass er selbst dort zu sehen war. Er suchte anscheinend einen zweiten Phönix, den er nun zu seinem Feind erklärt hatte. Da aber kein Phönix mehr zu erspähen war, nachdem Cologne den Spiegel weggesteckt hatte, blieb der kleine Phönix einfach ruhig in seinem Nest sitzen.

Cologne: „Der Phönix kann ein ideales Transportmittel sein. Man muss nur wissen, wie man ihn dazu bringt, ihn dorthin zu lenken, wo man hin möchte. Das kann man ziemlich leicht nach einem uralten Prinzip erreichen.

Aber zuerst muss ich ihm noch einige meiner Spezialpillen verabreichen, durch die er schon morgen früh ausgewachsen sein wird!"

Cologne zog aus einer ihrer Taschen einen kleinen Beutel hervor und schüttete deren Inhalt auf den Tisch. Kleine runde Pillen rollten über den Tisch.

Cologne: „Jeder Phönix hat Hunger, sobald er das Licht der Welt erblickt. Das Problem ist nur, ihm klar zu machen, dass das hier etwas zu essen ist und gut schmeckt! Wir können die Pillen ohne Probleme essen, aber…"

Ranma: „Nichts leichter als das!"

Er schnappte sich eine Pille und warf sie sich in den Mund. Er fing an zu kauen, doch schon nach wenigen Sekunden hörte er damit auf. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Runde. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter. Er spuckte die Pille aus und fing dann wahnsinnig laut an zu brüllen.

Entgeistert starrten Lars und Ryoga ihn an, Cologne lachte nur.

Cologne: „Warum lässt du mich auch nie zu Ende reden?"

Ranma rannte wie ein Irrer in die Küche und ließ sich literweise Wasser aus dem Wasserhahn in den Mund laufen. Während Lars und Ryoga die Küche anstarrten, aus der Schreie, Flüche und das Rauschen von Wasser ertönten, wandte sich Cologne an sie.

Cologne: „Diese Pillen sind so scharf, dass es nicht zu ertragen ist. Erst nach frühestens zwei Stunden schwächt das Brennen ab."

Ryoga: „Aber wie sollen wir dem Phönix dann klarmachen, dass sie gut schmecken?"

Ranma rannte schreiend an ihnen vorbei aus dem Haus.

Cologne: „Das ist das große Problem. Dem Phönix macht die Schärfe nichts aus, es schmeckt ihm sogar. Aber es gibt keine Möglichkeit, die Schärfe der Pillen abzuschwächen. Man kann nur versuchen, es auszuhalten und Gute Miene zum bösen Spiel machen."

Lars nahm entschlossen eine Pille in die Hand.

Lars: „Das wird ja wohl zu schaffen sein!"

Er setzte sich gegenüber von Cologne und dem Phönix hin und schob sich die Pille demonstrativ in den Mund.

Lars: „Mhhhh schmeckt das gut! Das ist aber wirklich deli…"

Er wurde knallrot im Gesicht, Tränen rannen ihm die Wangen hinunter. Dann kippte er mitsamt dem Stuhl rückwärts um.

Ryoga sah Lars entsetzt dabei zu, wie der mit hochrotem Kopf auf und nieder sprang, im Kreis rannte und auf die Wände einschlug. Schließlich verschwand er in der Küche, wo wieder das Rauschen von Wasser und allerlei andere nichts Gutes verheißende Geräusche ertönten.

Ryoga schluckte schwer.

Cologne: „Jetzt liegt alles an dir. Du musst es nur kurze Zeit aushalten, du musst einfach die Ganze Zeit beteuern, wie gut es dir schmeckt. Dann stehst du einfach auf und sagst, dass du satt bist."

Zitternd nahm Ryoga eine Pille in die Hand. Schwer atmend näherte er seine Hand dem Mund.

Ryoga: *Wenn selbst Ranma so ausgeflippt ist, wie scharf müssen die Dinger dann sein?*

Er wischte den Gedanken beiseite und versuchte zu lächeln, was ihm aber nicht wirklich gelang. Eher sah es aus wie eine Grimasse.

Ryoga: „Die sehen aber lecker aus!"

Er steckte sich die Pille in den Mund und fing an zu kauen. Sofort schossen ihm Tränen in die Augen, sein Kopf färbte sich knallrot. Er krallte sich mit seinen Händen am Tisch fest und knirschte mit den Zähnen. Krampfhaft würgte er einige Komplimente über den Geschmack der Pillen hervor.

Ryoga: „D-Die…sch-sch-sch-schme-schmecken…g-gut! Wirk-Wirklich g-g-gu-gut!"

Ryoga wollte eigentlich langsam aufstehen, aber die Schärfe der Pillen war einfach zu stark. Mit einem Ruck stand er kerzengerade. Hinter ihm fiel polternd der Stuhl zu Boden, er bemerkte es gar nicht.

Ryoga: „Ich…Ich…b-b-bi-bin s-s-satt!"

Er ging langsam davon, wurde immer schneller und stürmte schließlich in die Küche, wo Lars sich mittlerweile so über die Theke gelegt hatte, dass sein Kopf in der Spüle lag und das Wasser aus dem Wasserhahn ihm direkt in den Rachen lief.

Ryoga fing an zu brüllen und schlug auf die Schränke ein, um sich von dem scharfen Geschmack in seinem Mund durch den Schmerz in den Händen abzulenken. Sein einziger Gedanke war:

*'Wasser'! Ich brauche ‚Wasser'!*

Schließlich hielt er es nicht mehr aus. Er rannte zur Spüle und bog den Wasserhahn hoch, so dass der Wasserstrahl jetzt ihm anstatt Lars direkt in den Mund schoss. Lars schoss gurgelnd mit dem Kopf hoch und knallte mit voller Wucht gegen den nun waagerechten Wasserhahn.

Augenblicklich fiel er in Ohnmacht.

Cologne nahm derweil ungeachtet der Geräusche aus der Küche eine der Pillen in die Hand und hielt sie dem Phönix über sich vor den Schnabel. In diesem Augenblick kam Ranma schreiend wieder herein gerannt und stürmte wieder in die Küche.

Erleichtert seufzte Cologne auf, als der Phönix ihr die Pille aus der Hand pickte.

Cologne: *Das wäre geschafft! Ryoga hat seine Sache wirklich gut gemacht. Der Rest ist ein Kinderspiel!*

Zwei Stunden später lagen drei völlig erschöpfte Jungen mehr als dass sie saßen auf dem Sofa gegenüber von Cologne. Nachdem Cologne sie gefragt hatte, ob sie alle Sachen für die Reise gepackt hätten, nickten sie matt.

Cologne: „Dann legt euch am besten schlafen, ihr müsst euch erst einmal ordentlich erholen. Den Rest erledige ich für euch!"

Ächzend standen die drei auf und schlurften die Treppe hinauf. Als die drei sich in Shampoos Zimmer kraftlos zu Boden sinken ließen, fuhr Lars sich noch einmal kurz über seine schmerzende Beule auf der Stirn. Er dachte noch kurz an Shampoo, doch dann war er schon eingeschlafen.

Akane wachte durch das pfeifende Geräusch auf. Irgendwann war sie wieder eingeschlafen, auf diesem stabilen aber dennoch so weichen Boden.

Ein Kikono stand in der Öffnung und machte ihr ein Zeichen, mit ihm zu kommen. Zögernd rappelte Akane sich auf, dann trat sie durch die Öffnung hinaus. In demselben Augenblick traten rechts von ihr Shampoo und Ukyo aus ihren Räumen heraus, auch sie begleitet von einem Kikono.

Als Akane die beiden sah, wollte sie zu ihnen laufen, doch der Kikono hielt sie zurück. Schweigend griffen die Kikono die Mädchen am Arm und setzten sich in Bewegung. Auf einem langen Fußmarsch erblickten sie viel von der Wolkenstadt, ohne zu wissen, wo sie sich befanden. Überall wimmelte es von Kikono. Auch vielen Frauen begegneten sie. Alle waren sie wunderschön und trugen nur einen weißen Lendenschurz aus Federn. Ihre Brüste waren ebenfalls durch einen Federschmuck verdeckt.

Die Wolkenstadt war gewaltig. Wirklich alles war aus dem weißen Material wie die Räume der drei Mädchen erbaut. In die Decke waren oft regenbogenfarbige Fenster eingebettet, wodurch alles in einem bunten Licht erstrahlte.

Schließlich gelangten sie an eine große Wand, vor der zwei Kikono wache hielten. Mit einem komischen Singsang verständigten sich die Kikono kurz. Dann bildete sich in der Wand eine große Öffnung in der Form eines Tores.

Die Kikono führten sie hinein. Die Mädchen blieben erstaunt stehen ob der Schönheit, die sich ihnen bot. Sie befanden sich in einem riesigen runden Saal. Über ihren Köpfen befanden sich große farbige Fenster und tauchten so das Treiben im Saal in ein wunderschönes Licht.

Langsam schweiften die Blicke der drei Mädchen über den Saal hinweg. Sie befanden sich auf einem Podest gesäumt von einem Geländer, links und rechts von ihnen führten gebogene Treppen hinab in das bunte Treiben.

In dem Saal befanden sich ausschließlich normale Frauen, die von Kikonofrauen zu Recht gemacht wurden. Die Kikono, die die Mädchen hierher gebracht hatten, verschwanden wieder durch die Öffnung, ohne dass die drei Mädchen es merkten. Diese fühlten sich plötzlich am Arm gegriffen. Im nächsten Augenblick waren sie schon auf dem Weg in das bunte Treiben, gezogen von drei Kikonofrauen.

An einem runden Whirlpool zogen die drei Kikonofrauen den Mädchen ohne jegliche Scham die einfachen weißen Kleider aus. Zuerst wehrten sich Shampoo, Akane und Ukyo, doch schließlich gaben sie nach. Die Kikonofrauen drückten sie in den Whirlpool. Dann verschwanden sie.

Verwundert saßen die drei Mädchen in dem Pool. Was sollte das denn jetzt? Doch dann gaben sie sich dem blubbernden Wasser hin. Nach viel zu kurzer Zeit wie ihnen schien, kamen die Kikonofrauen zurück.

Sie reichten ihnen Handtücher. Nachdem sie sich abgetrocknet hatten, erhielten sie neue Unterwäsche aus Federn, die Dessous ziemlich ähnelten. Argwöhnisch betrachtete Akane sich in einem großen Spiegel. Sie hatte noch nie Dessous getragen, aber sie fand, dass es ihr stand.

Shampoo und Ukyo schien es nicht anders zu ergehen.

Doch schon wurden sie nur in Unterwäsche bekleidet weiter durch den Saal gezogen. Doch keinen schien das zu stören, denn dafür war der Saal anscheinend da.

Die drei Kikonofrauen überließen Shampoo, Akane und Ukyo drei anderen Kikonofrauen, die anscheinend für Kleider zuständig waren. Akane wurde so oft etwas Neues angezogen, dass ihr ganz schwindelig wurde. Fast alle Kleider waren aus Federn hergestellt oder damit geschmückt.

Irgendwann nickte die Kikonofrau, die Akane in die verschiedenen Kleider gezwängt hatte, zufrieden. Sie schob Akane vor einen Spiegel, in dem sie sich kaum wieder erkannte.

Sie hatte ein weißes Federkleid an, dass einem Hochzeitskleid ähnlich eine lange Schleppe hatte, der Bauch war allerdings unbedeckt. Die Schultern und Arme waren ebenfalls frei.

Akane drehte und wendete sich und lachte ihr Spiegelbild erfreut an, während ihr die Kikonofrau lächelnd dabei zusah.

Dann sah sich Akane nach Shampoo und Ukyo um. Die beiden waren wohl auch gerade fertig geworden. Shampoo war ziemlich unbekleidet. Sie trug einen Federlendenschurz, ihre Brüste waren durch ein erstaunlich symmetrisches Gewirr von Federn bedeckt. Allerdings war ihr Körper komplett mit einem hauchdünnen Schleier bedeckt.

Auch Ukyo erkannte Akane kaum wieder. Um ihre Beine rankten sich dünne Fäden, an denen Federn hingen. Diese Fäden waren in einem komplizierten Muster um die Beine gewickelt.

Ukyo trug einen Lendenschurz aus weißen Federn mit einem Hauch von rosa.

Ihr Oberteil bestand ebenfalls aus Fäden mit rosa angehauchten Federn. Es waren unzählig viele, verwoben in einem weiteren komplizierten Muster.

Akane: „Ihr seht…einfach toll aus!"

Shampoo: „Danke. Du bist aber auch äußerst betörend!"

Shampoo grinste an, Akane lächelte zurück. Doch schon fühlten sie sich wieder gepackt, und weiter ging es. Nach kurzer Zeit waren sie anscheinend an ihrem Ziel, denn sie wurden in drei Friseurstühle gedrückt.

Nach ungefähr einer Stunde bekam Akane einen Spiegel vor das Gesicht gehalten. Ihre Frisur war die Gleiche, allerdings hatte die Kikonofrau an einigen Stellen kleine weiche Federn in ihr Haar eingewoben. Außerdem glänzte und schimmerte ihr Haar wunderschön.

Nach einer ausgiebigen Betrachtung ihrer Haare wandte sie sich zu Shampoo und Ukyo um. Letztere hatte die Haare nun hochgesteckt, ebenfalls wieder einmal mit Federn geschmückt. Shampoos Frisur war ebenfalls so wie vorher, nur schienen auch ihre Haare in neuem Glanz, versehen mit einigen Federn.

Zur selben Zeit weckte Cologne Lars, Ranma und Ryoga. Müde blickten sie Cologne an, die schon am frühen Morgen frisch wie eh und je wirkte.

Cologne: „Los, aufstehen! Schon bald geht eure Reise los!"

Diese Worte ließen die drei Jungen sofort hellwach werden. Eilig sprangen sie auf und zogen sich an. Sie stürmten nach unten, wo Cologne bereits Frühstück zubereitet hatte. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass der Phönix nicht mehr auf Colognes Kopf war.

Ranma: „Wo ist denn der Phönix hin?"

Cologne: „Der ist draußen im Garten. Esst schnell zu Ende, ihr müsst so bald wie möglich los!"

Schnell schaufelten die drei das Frühstück in sich hinein. Dann holten sie sich noch schnell ihre Rucksäcke und Lars streifte sich wieder einmal die Ninjaidos über die Hände.

Dann gingen sie zusammen mit Cologne in den Garten. Der Phönix war mindestens so groß wie das Haus geworden. Erstaunt sahen die drei Jungen an ihm hinauf.

Cologne: „Los, rauf mit euch!"

Sie fingen an, die Seite des Phönix zu erklimmen, wobei sie sich an den gelben Federn festkrallten. Cologne folgte ihnen.

Cologne: „Als er heute morgen aufgewacht ist, hat er als erstes sich selber im Spiegel erblickt. Sobald er also sich selber oder ein Abbild von sich selber sieht, jagt er ihm sofort nach.

Ich habe gestern noch ein Foto von ihm gemacht und in Posterformat entwickeln lassen. Hier ist es, befestigt an einem sehr langen Stock.

Damit könnt ihr den Phönix ganz einfach in die Richtung bewegen, in die ihr wollt. Ihr müsst das Poster nur entsprechend vor seinem Kopf halten. Viel Glück!"

Damit sprang sie vom Phönix hinunter, während Ranma, Ryoga und Lars ihr verblüfft nachsahen.

Ryoga: „Das ich darauf nicht gekommen bin!"

Lars: „Jetzt kein langes Gerede, lasst uns endlich los fliegen!"

Ranma schnappte sich den Stock und hielt ihn vor die Augen des Phönix, der sofort wild an zu flattern fing und sich in die Luft erhob. Die drei Jungen legten sich hin und hielten sich am Gefieder von dem riesigen Vogel fest. Dann drehte Ranma den Stock nach rechts, so dass der Phönix auf das Meer zusteuerte.

Akane, Ukyo und Shampoo wurden an das andere Ende des Saales geführt. Eine weitere Öffnung erschien, dann wurden sie in einen kleineren, aber nicht minder schönen Saal geführt.

Viele andere Frauen, die anscheinend auch hierher gebracht wurden, standen in dem Raum und unterhielten sich. Ein Mädchen vor ihnen drehte sich zu ihnen um.

Mädchen: „Hallo! Wisst ihr, warum wir hier sind?"

Shampoo: „Nein, keine Ahnung! Was soll das Ganze hier überhaupt?"

Mädchen: „Das weiß anscheinend keine hier. Alle wurden entführt und ohne Erklärung hierher gebracht!"

Da ertönte von irgendwoher ein Gong. Auf der anderen Seite des Raumes betrat ein Kikono durch eine Öffnung den Raum. Er trat neben die Öffnung, verbeugte sich tief und zeigte mit seinen Armen auf die Öffnung.

Kikono: „Der ehrenwerte Prinz der Kikono, Kukiko der Erste!"

Ein junger Kikono mit prachtvollen Federgewändern umhüllt betrat den Raum. Er ging mit neutraler Miene auf die vielen Frauen zu, die unwillkürlich zurückwichen.

Kukiko: „Das sind alle hundert?"

Ein weiterer Kikono trat hervor und verbeugte sich tief.

„Ja, Prinz Kukiko!"

Kukiko: „Sehr gut, sehr gut. Eine ausgezeichnete Wahl, wie mir scheint."

Ukyo: „Ihr sprecht unsere Sprache?"

Erstaunt drehte sich der Prinz zu Ukyo um, der dieser Ausruf aus Versehen entfahren war. Langsam schritt Kukiko auf sie zu, dann fasste er sie beim Kinn und lächelte sie an.

Kukiko: „Natürlich, meine Süße! Wir haben noch eine weitere Sprache, die ist aber nur da, damit nicht verstanden wird, was wir sagen."

Dann wandte er sich wieder ab und schritt zurück in die Mitte des Raumes. Er rieb sich die Hände und ließ seinen Blick über die Frauen schweifen.

Kukiko: „Ich darf euch jetzt bitten, euch in eine lange Reihe aufzustellen!"

Verwundert taten die Frauen, wie ihnen geheißen. Dann ging Prinz Kukiko an den Anfang der Reihe und fing an, sie entlangzugehen, wobei er immer wieder auf eine zeigte.

Kukiko: „Die hier. Die auch…"

Er wirkte dabei ziemlich gelangweilt. Shampoo, Akane und Ukyo gehörten alle drei zu den Ausgewählten. Als Kukiko die Reihen abgegangen war, stellte er sich wieder in die Mitte des Raumes.

Kukiko: „Das müssten fünfundzwanzig gewesen sein, wie es der Sitte entspricht. Richtig?"

Der Kikono, der für die ausgezeichnete Wahl der Frauen gelobt worden war, trat wieder vor.

Kikono: „Ja, Prinz Kukiko!"

Kukiko: „Gut. Zur Belohnung darfst du dir zuerst eine aussuchen."

Damit drehte sich der Prinz um und verließ den Raum wieder. Der Kikono, der den Prinz angekündigt hatte, stellte sich vor die Frauen.

Kikono: „Ich bin Kimoka. Darf ich die von dem Prinzen ausgewählten Damen bitten, mit mir zu kommen?"

Mit einer einladenden Geste deutete er auf eine Öffnung an der Seite des Raumes. Als Akane durch die Öffnung ging, hörte sie noch:

„Die hier möchte ich."

Anscheinend hatte sich der Kikono zur Belohnung schon eine Frau ausgesucht, was auch immer das heißen sollte. Die fünfundzwanzig Mädchen standen jetzt in einem kleineren Raum. Kimoka stellte sich wieder vor sie.

Kimoka: „Ihr fragt euch sicher, warum ihr hier seid. Nun, diese Frage ist schnell beantwortet. Ihr seid alle Anwärterinnen auf die Braut von Prinz Kukiko und seid bis in die engere Auswahl gekommen. Sobald ihr den Prinzen heiratet, wird er zum König, ihr zur Königin.

Also strengt euch an, die weitere Auslese wird ziemlich schwer. Nur zur Erinnerung: Ihr seid jetzt Rivalinnen!"

Ranma, Ryoga und Lars flogen immer noch auf dem Phönix durch die Lüfte. Sie hatten keine Ahnung, wie sie die Wolkenstadt finden sollten und ob sie überhaupt mit bloßem Auge zu erkennen war.

Lars: „Lasst uns doch mal etwas höher fliegen, das ist ja schließlich eine Wolkenstadt."

Also ließ Ranma den Phönix noch höher steigen. Nach einer Weile hatten sie die Höhe der Wolken erreicht.

Der Wind fegte ihnen um die Ohren, das Atmen fiel immer schwerer. Immer wieder durchflogen sie Wolken. Gerade als sie wieder tiefer fliegen wollten, da sie kaum noch Luft bekamen, tauchte vor ihnen eine riesige Wolke auf. Bevor sie reagieren konnten, flogen sie schon mitten hinein.

Und was ihre Augen dort erblickten, ließ ihnen eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Denn sie hatten die Wolkenstadt gefunden. Dies war keine richtige Wolke, es war nur eine Außenhülle, die die Wolkenstadt vor fremden Blicken schützen sollte.

Ranma ließ den Phönix in der Wolke über der Stadt kreisen. Sie war gigantisch, überall ragten Türme und hohe Aufbauten auf. Aber die ganze Stadt war aus einem weißen Stoff erbaut, der stark an Wolken erinnerte und trotzdem fest schien.

Ryoga, der plötzlich keine Atemprobleme mehr verspürte, ließ seinen Blick über die vielen Gebäude schweifen. Niemand war zu sehen, denn es schien draußen auch gar keine Wege zu geben, alles war durch Tunnel miteinander verbunden.

Ryoga: „Wo landen wir denn am Besten?"

Ranma: „Landen? Ich glaube kaum, dass der Phönix das mitmacht. Früher oder später würde er verschwinden."

Lars: „Dann müssen wir wohl abspringen! Aber wo?"

Ryoga: „Die ganze Stadt ist ein riesiger abgeschlossener Komplex. Irgendwo muss es doch einen Eingang geben!"

Ranma: „Willst du einfach anklopfen und reinmarschieren oder was?"

Lars: „Da sind doch überall Fenster in den Dächern. Da können wir doch einsteigen, mit der Gefahr, dass sie uns dadurch bemerken."

Ryoga: „Das müssen wir halt riskieren."

Also ließ Ranma den Phönix so flach wie möglich über das Flachdach eines der Gebäude fliegen. Im richtigen Augenblick ließen sie sich von dem Rücken des Phönix rutschen und landeten auf dem Dach, das sie eigenartigerweise weich auffing.

Auf dem Dach waren in regelmäßigen Abständen bunte viereckige Fenster in zwei Reihen eingelassen. Ranma kniete sich vor einem nieder und versuchte krampfhaft zu erkennen, was sich in dem Gebäude befand. Aufgrund der farbigen Tönung war das aber alles andere als leicht.

Ranma: „Da drinnen ist niemand…nur irgendetwas Rundes."

Ryoga: „Na dann los!"

Er trat mit dem Fuß nach der Scheibe, die klirrend brach. Scherben rieselten zu Boden.

Lars: „Unauffälliger geht es wohl nicht…"

Sie sprangen durch das Fenster hinab in den Raum. In langen Reihen standen weiße mannshohe Eier.

Ranma: „Was zum Teufel ist das?"

Lars: „Wir sollten so schnell wie möglich hier raus…das sind Kokons!"

Derweil zogen sich Akane, Ukyo und Shampoo wieder um. Alle Mädchen hatten einheitliche Kampfanzüge, bestehend aus einem roten, weiten Federoberteil und einer ebenso weiten weißen Federhose, bekommen.

Ukyo: „Ich komme mir vor wie ein Huhn!"

Akane gelang es, ein kleines Lächeln zustande zu bringen. Ihr war ganz und gar nicht nach Scherzen zumute. Sie hatte überhaupt keine Lust, diesen arroganten Prinzen zu heiraten. Sie war schließlich schon mit Ranma verlobt, nach dem sie sich sehnte. Shampoo ging es genauso.

Akane: „Ich bin sicher, Ranma und Lars holen uns hier raus!"

Shampoo: „Das hoffe ich auch!"

Ukyo: „Ach, und wie sollen die das bitte machen? Die können ja schließlich nicht fliegen!"

Betroffen sahen sich Akane und Shampoo an. Da kam Kimoka wieder herein. Er blickte in die Runde und klatschte in die Hände.

Kimoka: „Wie ich sehe, habt ihr euch alle umgezogen. Die Stunde der Entscheidung rückt immer näher, alle Bewohner der Wolkenstadt sind schon versammelt im Saal der Hölle! Also lasst uns den Spaß beginnen!"

Er brach in wildes Gelächter aus, dass sich immer mehr ins dämonische wandelte. Genau dasselbe ging mit seinem Körper vor sich. Seine weißen Flügel färbten sich dunkelrot, Schuppen bildeten sich anstatt der Federn, die zu Boden fielen. Am gesamten Körper bildeten sich dunkelrote Schuppen, seine Hände wurden zu Krallen.

Aber das schlimmste war sein Gesicht. Aus dem freundlichen Lächeln wurde eine höhnisch grinsende Grimasse, grüne Augen mit schwarzen Pupillen leuchteten den Mädchen entgegen.

Als er seinen Mund aufriss, um wieder höhnisch zu lachen, waren kurz schleimige, lange und schmutzige Reißzähne zu sehen.

Kimoka ließ eine Peitsche über ihren Köpfen knallen. Verängstigt drängten sich die Mädchen aneinander und starrten das Monster entsetzt und angewidert an.

Kimoka: „Raus mit euch! Jetzt geht es doch erst richtig los!"

Wieder lachte er grölend und ließ seine Peitsche ein weiteres Mal knallen. Kreischend liefen die Mädchen an ihm vorbei. Immer noch wie irre lachend und mit der Peitsche knallend trieb Kimoka sie durch einen langen Gang, der schließlich in einen kleinen Raum mündete. Von irgendwoher erklangen Geräusche, die Akane einen Schauer über den Rücken jagten. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als dass Ranma hier wäre.

Kimoka näherte sich langsam der Wand gegenüber des Ganges. Dämonisch kichernd blieb er schließlich in einer Ecke stehen.

Kimoka: „Euer großer Auftritt ist gekommen! Ich freue mich schon zu sehen, wie ihr euer Leben aushaucht!"

Schallend lachte er wieder. Dann drehte er sich zu der Ecke hin und berührte eine bestimmte Stelle.

Keuchend standen die drei Jungen vor der Öffnung, die in den Raum mit den Kokons führte. Die meisten dieser Türen öffneten sich selbstständig, sobald man in ihre Nähe kam.

Ryoga: „Kokons? Bist du ganz sicher?"

Lars: „Hast du nicht die Fäden gesehen, aus denen die bestanden?"

Ranma: „Das ist doch jetzt egal! Wir sollten uns lieber auf die Suche nach den Mädchen machen!"

Vorsichtig schlichen sie durch die Gänge. Irgendwann blieb Ranma, der vorweg ging, stehen.

Ryoga flüsterte: „Was ist?"

Ranma: „Ich weiß nicht…Irgendetwas stimmt hier nicht! Die ganze Stadt ist wie ausgestorben! Wo sind denn die ganzen Kikono?"

Lars: „Das will ich lieber gar nicht erst herausfinden! Lasst uns weitergehen!"

Doch schon nach einigen Metern blieb Ranma wieder stehen. Genervt verdrehte Ryoga die Augen.

Ryoga: „Was ist denn jet…"

Doch Ranma schnitt ihm mit einer schnellen Handbewegung das Wort ab.

Ranma: „Ruhe! Hört ihr das nicht?"

Ryoga und Lars horchten nervös. Erst hörten sie überhaupt nichts, doch dann vernahmen sie es auch: Eine Art Rauschen.

Lars: „Was zum Teufel ist das denn schon wieder?"

Ranma zuckte mit den Schultern.

Ranma: „Ich habe keine Ahnung! Es ist noch zu weit weg. Lasst uns der Sache auf den Grund gehen, vielleicht finden wir dort auch Akane und die anderen beiden!"

Lars und Ryoga zuckten die Schultern und folgten Ranma. Sie wussten, dass es nichts bringen würde, ihn zu etwas anderem zu überreden.

Irgendwann kamen sie an das Ende eines weiteren langen Ganges. Von der anderen Seite kam eindeutig das Rauschen. Doch nachdem Lars etwas länger hingehört hatte, fiel ihm auf, dass das gar kein Rauschen war. Es war Gebrüll, Gekreische und Gejohle.

Langsam öffnete sich die Wand vor den Mädchen. Ein ohrenbetäubender Lärm scholl ihnen entgegen. Doch bevor sie weiter darüber nachdenken konnten, wurden sie schon hinausgedrängt. Was Akane dort erblickte, ließ ihr einen weiteren eiskalten Schauer den Rücken hinunterjagen. Stolpernd drehte sie sich um die eigene Achse, um den kompletten Saal zu erfassen.

Sie befanden sich in einer Art riesigem Stadion. Die Zuschauer befanden sich zwanzig Meter über ihnen auf riesigen Tribünen, getrennt von den Mädchen durch ein Gitter. Das grauenerregendste war, dass die Zuschauer alle aussahen wie Kimoko. Dazu kreischten und pfiffen, schrieen und brüllte, johlten und riefen sie und erzeugten so einen ohrenbetäubenden Krach, der durch Trommeln und das Schlagen gegen die Gitter noch lauter wurde.

Ängstlich sah Akane sich dann um, wo sie sich überhaupt befanden. Das Stadion war unglaublich lang, nur schwer konnte Akane die Leute auf der gegenüberliegenden Seite erkennen. Dafür war es in der Breite wesentlich kleiner, allerhöchstens einhundert Meter.

Dann ertönte von irgendwoher eine gewaltige Stimme, die all das Tosen noch übertönte.

„Der große Augenblick ist wieder da, der Tag, den ihr alle sehnsüchtig erwartet habt! Endlich ist es soweit. Der Kampf um den Prinzen beginnt!"

Das Tosen stieg noch mehr an, es war kaum noch zu ertragen.

„Und hier noch einmal die Regeln: Die fünfundzwanzig Favoritinnen müssen versuchen, heil an das andere Ende des Parcours zu gelangen. Wer zuerst die andere Seite erreicht, ist es würdig genug, unseren ehrenwerten Prinzen Kukiko den Ersten zu heiraten und ihn so zum König der Kikono zu machen!

Natürlich ist das alles andere als leicht, dafür haben wir gesorgt! Und natürlich sind alle Mittel erlaubt!"

Während das Tosen sich in einen Orkan verwandelte, starrten sich die fünfundzwanzig Mädchen entsetzt an. Hier ging es anscheinend um Leben und Tod!

Verzweifelt schaute Ukyo sich um. Sie waren eingeschlossen in einem riesigen Käfig. Zwanzig Meter hohe Wände trennten sie von den Zuschauern, die an den Gittern zerrten und ihre Zähne daran wetzten. Das Tor, durch das sie hereingekommen waren, war verschwunden, eine nackte kalte Wand starrte ihr schmutzig entgegen.

Es gab kein Entrinnen.

Ranma, Ryoga und Lars hatten die Ansprache durch die Wand ebenfalls gehört. Ohne weiter nachzudenken stürmten sie durch die Tür, die sich vor ihnen öffnete. Der gewaltige Lärm drang bis in ihr Herz vor.

Sie standen auf einer der seitlichen Tribünen, tief unter ihnen und durch ein Gitter getrennt standen fünfundzwanzig Mädchen. Ryoga zeigte auf sie und rief etwas, was in dem Lärm aber unterging.

Lars Blick folgte seinem Finger. Dann erspähte er Shampoo. Erst jetzt bemerkten sie die Monster, von denen der ohrenbetäubende Lärm herrührte. Doch auch die Monster hatten nur Augen für die Mädchen und johlten wie eine betrunkene Meute. Sie bemerkten die drei Jungen überhaupt nicht.

Verzweifelt überlegte er, wie er Shampoo helfen könnte. Doch in dem Augenblick stoben die Mädchen unten kreischend auseinander. Denn hinter ihnen waren etliche Öffnungen in der Wand erschienen, durch die stierähnliche Monster stürmten.

Shampoo riss Akane mit sich, die nur starr vor Entsetzen dastand. Ukyo rannte neben ihnen her. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als in Richtung Parcours davonzulaufen.

Vor ihnen tat sich eine große Schräge auf, die sich über die gesamte Breite des Stadions erzog. Diese Schräge verdeckte die Sicht auf die Sachen dahinter und musste anscheinend erklommen werden, was alles andere als leicht war. Während Shampoo, Ukyo und Akane noch darauf zustürmten, erreichten die ersten Mädchen die Schräge schon und stürmten hinauf. Doch schon nach wenigen Metern rutschten sie ab und schlidderten wieder hinunter. Verzweifelt rappelten sie sich auf und versuchten immer wieder, hinaufzukommen.

Bevor Shampoo und Akane sich überhaupt Gedanken machen konnten, wie sie da hinauf kommen sollten, hatte Ukyo schon unzählige kleine Spatel gezückt und warf sie mit gewaltigem Schwung auf die Schräge.

Zischend flogen sie durch die Luft und bohrten sich in die Schräge. In einer geraden Linie steckten die Spatel fest bis hinauf zur Spitze. Ukyo lief vorweg und nutzte die Spatel als Treppe. Schnell folgten Akane und Shampoo ihr.

Auch andere Mädchen erspähten die Nottreppe und stürmten hinauf. Alle kamen so hinauf, nur ein Mädchen wurde im Lauf von einem der brüllenden Stiermonster erwischt. Es segelte durch die Luft, knallte hart auf die Schräge auf und rutschte reglos wieder hinunter.

Unter dem Gejohle der Zuschauer rutschten sie auf der anderen Seite wieder herunter und schlidderten genau auf ein Gewirr von Stacheldraht, Speeren und anderen spitzen Gegenständen zu. Ukyo, Shampoo und Akane klammerten sich aneinander.

Im letzten Augenblick schlug Ukyo einen weiteren Spatel in den schrägen Boden und bremste sie so ab, während zu ihren Seiten übernatürlich hohe Schreie ertönten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Akane um sich. Shampoo war geistesgegenwärtig genug, ihr die Augen zuzuhalten, sie war so etwas gewöhnt.

Ukyo schaute sich derweil um. Vor ihnen lag ein großes Labyrinth aus gefährlich spitzen Gegenständen. Einige Mädchen waren darin schon unterwegs, andere saßen einfach nur schluchzend da und wieder andere rührten sich gar nicht mehr.

Genau vor ihnen befand sich anscheinend ein Eingang zu dem Labyrinth. Ukyo zog die anderen beiden hinein, sie fingen an zu laufen.

„Und noch sind zwanzig Kandidatinnen über! Die erste Hürde haben sie überwunden, aber die zweite, viel gefährlichere steht ihnen gerade erst bevor!"

Wieder erhob sich das Gegröle der Zuschauer ins Unermessliche. Keuchend rannten die drei Mädchen kreuz und quer durch das Labyrinth, Ukyo vorweg, Akane zwischen ihr und Shampoo. Akane stolperte mehr als das sie rannte, sie nahm ihre Umgebung kaum war. Sie stand immer noch unter Schock.

Plötzlich stolperte Ukyo und schlitzte sich im Fall den Arm an einer herausragenden Speerspitze auf. Akane reagierte überhaupt nicht und fiel über Ukyo. Shampoo zog Akane schnell wieder hoch. Auch Ukyo rappelte sich wieder auf, Blut tropfte aus ihrer Wunde am Arm.

Shampoo: „Alles in Ordnung, Ukyo?"

Ukyo: „Ja, nur eine kleine Schramme. Los, weiter!"

Von irgendwoher hörten sie wieder ein Kreischen, dass plötzlich abbrach. Ein eiskalter Schauer lief über ihre Rücken. Abrupt blieb Ukyo stehen.

Ukyo: „Eine Sackgasse! Zurück, schnell!"

Doch Shampoo machte keinerlei Anstalten, sich zu bewegen. Dann sah Ukyo, wieso:

Ein Monster, das aussah wie ein kleiner Hund ohne Fell aber dafür mit Schuppen und riesigen Fangzähnen knurrte sie mit merkwürdigen Geräuschen an.

Shampoo schlug das Herz bis zum Hals. Sie hatte nur eine Chance: ihre Bonbouri. Sie musste sie so schnell ziehen, dass das Monster nicht mehr reagieren konnte.

Sie schluckte einmal schwer, dann riss sie ihre Bonbouri heraus und ließ sie mit aller Kraft direkt auf den Schädel des Monsters niedersausen. Mit einem quäkenden Geräusch sackte es zu Boden.

Lars, Ranma und Ryoga waren auf der Tribüne mitgelaufen und starrten fiebernd vor Spannung auf das Geschehen hinunter. Schließlich hielt Lars es nicht mehr aus. Er ließ zwei Seile aus seinen Ninjaidos schnellen, die sich um das Gitter vorne an der Tribüne wickelten. Dann zog er die Seile ein, aber so, dass sie weiter um das Gitter gewickelt waren. Wie ein Blitz sauste er über die Köpfe der ekelerregenden Kreaturen und hing schon im nächsten Augenblick am Gitter. Sofort fing er an, daran hinaufzuklettern, denn oben befand sich kein Gitter.

Ranma und Ryoga stürmten mitten durch die Menge und stießen hier und da einen Zuschauer zur Seite, um voranzukommen.

Ranma: „Lars, warte auf uns!"

Doch der hörte sie nicht. Mittlerweile war er oben am Gitter angekommen. Schnell schwang er sich hinüber. Über die Schulter starrte er nach unten. Er wickelte Seile aus seinen Ninjaidos um das Gitter. Er hängte sein ganzes Gewicht an die Seile und drückte sich mit den Beinen vom Gitter ab, während er gleichzeitig die Seile ein Stück länger werden ließ. So seilte er sich so schnell es ging ab.

Währenddessen hatten Ranma und Ryoga das Gitter erreicht. Ranma sprang hoch und kletterte so schnell er konnte. Ryoga folgte ihm, wurde aber am Fuß festgehalten. Doch mit einem kräftigen Tritt hatte er sich schnell befreit.

„Anscheinend haben wir einige ungebetene Gäste! Dieses Mal scheint die Brautwahl etwas ganz besonderes zu werden!"

Ein höhnisches Lachen dröhnte durch den Saal. Auf der Seite der Halle, an dem der Parcours endete, befand sich die Tribüne für den König und sein Gefolge. Auf dem Thron am obersten Ende der Tribüne saß der Prinz, kaum wieder zu erkennen mit den vielen Schuppen und betrachtete die Ereignisse stirnrunzelnd. Doch vorerst entschied er sich, nicht in das Geschehen einzugreifen.

Während Akane, Shampoo und Ukyo immer noch durch das Labyrinth irrten, rutschten Ranma und Ryoga an den Seilen von Lars hinunter, der unten schon ungeduldig wartete. Als sie unten angekommen waren, sah Ranma sich um, während Lars seine Seile einholte.

Jetzt befanden sie sich ebenfalls mitten in dem Labyrinth. Es war schwer, durch das Gewirr von Drähten und Speeren hindurch zu sehen, aber schließlich entdeckte Ranma die drei Mädchen, die sie suchten.

Ranma: „Da hinten sind sie!"

Mit diesen Worten lief er los. Doch nach einer Ewigkeit, wie es ihnen schien, hatten sie die Mädchen immer noch nicht erreicht, die sich natürlich auch noch fortbewegten. Schließlich blieb Ryoga keuchend stehen.

Ryoga: „So wird das nie was! Können wir uns nicht an einem deiner Seile über dem Labyrinth schwingen und bei ihnen abspringen?"

Ranma: „Willst du dich umbringen oder was? Das hier sind doch schon fast Tunnel, es gibt nur wenige Stellen, die nach oben hin frei sind."

Also liefen sie weiter. Irgendwann sah Ranma, wie Shampoo, Akane mit sich schleifend, und Ukyo eine weitere Schräge am Ende des Labyrinths hinaufkletterten.

Ranma: „Sie sind aus dem Labyrinth heraus! Wir müssen uns beeilen!"

In dem Augenblick rannte Ryoga an ihm vorbei. Im Laufen rief er noch:

„Oh mein Gott, rennt! ‚Rennt'!"

Lars und Ranma fuhren herum. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit stürmten fünf oder sechs kleine vierbeinige Monster mit glühenden Augen auf sie zu. Sofort drehten sie sich wieder um und rannten Ryoga hinterher.

Sie stürmten durch Gänge, größtenteils mussten sie gebückt laufen. Sie rissen sich die Kleidung und manchmal auch die Haut auf, ohne es zu merken. Die merkwürdigen Geräusche der Monster kamen immer näher. Schließlich hatten Ranma und Lars Ryoga eingeholt, der keuchend immer noch so schnell lief, wie er nur konnte.

Plötzlich spürte Ryoga, der nun hinten lief, einen gewaltigen Schmerz im Rücken. Eines der Monster hatte sich in seinem Rücken auf Schulterhöhe festgebissen. Schreiend fiel Ryoga zu Boden.

Als Lars den Schrei hörte, blieb er abrupt stehen und rannte zurück. Gerade wollten sich auch die anderen Monster auf Ryoga stürzen, als Lars den ersten mit seinen Ninjaboules niedersäbelte. Die kleinen Monster erkannten die neue Gefahr und ließen von Ryoga ab. Nach einigen weiteren blitzschnellen Schlägen war nur noch eines über, dass schließlich kreischend die Flucht ergriff.

Lars zog Ryoga hoch und stützte ihn, Blut sickerte durch sein zerrissenes Hemd.

Lars: „Ist alles in Ordnung?"

Ryoga nickte. Also ließ Lars ihn wieder los, schnell rannten sie weiter. Nur einige Gänge weiter kamen sie aus dem Labyrinth heraus, Ranma war nirgends zu sehen. Schnell erklommen sie die Schräge.

Lars: „Ranma muss schon weitergelaufen sein!"

Oben angekommen blieben sie erstaunt stehen. Vor ihnen befand sich ein riesiges Becken mit Wasser, welches anscheinend ziemlich heiß war, denn überall stiegen Dampfwolken auf. Hier und dort ragten wieder Speere und Draht aus dem Wasser hervor, welches an einigen Stellen schon rot gefärbt war.

Da erblickten sie Ranma, der keuchend und klitschnass auf einer kleinen Insel in der Mitte des Wassers stand.

Lars warf einen Blick an die Decke hoch über ihnen. Schließlich hatte er gefunden, was er suchte. Seile flogen weit durch die Luft und wickelten sich um einen Balken an der Decke.

Lars: „Halt dich an mir fest!"

Ryoga krallte sich an Lars fest. Dieser sprang ab und schon sausten sie genau auf Ranma zu, der sie auch bemerkt hatte. Ranma sprang genau im richtigen Augenblick hoch und hielt sich an Lars und Ryoga fest.

Am anderen Ende des Sees fuhr Lars die Seile ein, mit etwas zu viel Schwung landeten sie hart auf dem Boden.

„Die ungebetenen Gäste sind noch gut im Rennen. Von unseren anfangs fünfundzwanzig Favoritinnen sind jetzt noch ganze vierzehn unterwegs!"

Immer noch außer Atem rappelten sie sich wieder auf. Vor ihnen erstreckte sich eine weite Fläche, über die stierartige Monster mit furchterregenden Geräuschen preschten. Weit vorne erspähten sie Shampoo, Akane und Ukyo, die einem besonders hartnäckigen Exemplar immer und immer wieder auswichen.

Ranma, Ryoga und Lars stürmten los. Hier und dort lagen einige leblose Körper. Doch um die scherten sie sich nicht im Geringsten, die Monster hielten sie viel zu sehr in Atem. Mit einem Hechtsprung brachten sich Ryoga und Lars in Sicherheit. Ranma bemerkte die Gefahr zu spät, er sprang einfach senkrecht in die Luft. Im der nächsten Sekunde saß er mitten auf dem Monster, was diesem überhaupt nicht gefiel. Krampfhaft klammerte sich Ranma an dessen Hörnern fest, während das Monster aufbockend hin und her sprang.

„Dieses Mal ist es wirklich besonders! Wir haben sogar einen Rodeoreiter mit von der Partie!"

Ein höhnisches Lachen durchlief das Stadion, während Ranma Schweißperlen auf der Stirn standen. Es gelang ihm, eine Hand von dem Horn zu lösen, ohne hinunterzustürzen. Lars warf ihm eine seiner Ninjaboules als Morgenstern zu. Ranma fing sie und ließ sie mit aller Kraft auf den Schädel des Monsters sausen.

Zuerst schien es ihm überhaupt nichts auszumachen, doch einige Schritte weiter strauchelte das Monster plötzlich und kippte einfach um. Mit einem weiteren Sprung hatte Ranma wieder festen Boden unter den Füßen.

Lars und Ryoga waren mittlerweile schon fast bei Akane, Shampoo und Ukyo angelangt. Ranma sah sie und rannte ihnen hinterher. Aber auch der Prinz Kukiko sah es mit seinen leuchtenden Augen. Er winkte einen seiner Männer zu sich heran.

Kukiko: „Postiere sofort Bogenschützen so, dass der gesamte Parcours abgedeckt ist. Sobald sie eines der Mädchen berühren, töte sie!"

Während Ranma auf die drei Mädchen zu rannte, erspähte er durch Zufall einen Bogenschützen mitten unter den Zuschauern auf der Tribüne. Er schien durch das Gitter auf Akane, Shampoo oder Ukyo zu zielen. Entsetzt steigerte er sein Tempo. Die nächsten Sekunden spielten sich für ihn in Zeitlupe ab, während er sprintend sein letztes gab.

Er sah wie Lars Shampoo umarmte und im selben Augenblick der Schütze die Sehne des Bogens losließ. Er sah, wie der Pfeil flog, und er sah, dass er Akane treffen würde.

Mit seiner letzten Kraft schrie er ihren Namen und sprang ab. Mit einem unglaublich langen Sprung hechtete er vor Akane, die ihn mit riesigen Augen anstarrte.

Im nächsten Augenblick durchfuhr ein stechender Schmerz seinen Körper. Er knallte zu Boden, jetzt spielte sich für ihn wieder alles in normaler Geschwindigkeit ab. Akane schien endlich aus ihrem Schock gerissen geworden zu sein.

Sie sank neben Ranma auf die Knie, sein Gesicht war schmerzverzerrt. Tränen liefen Akane die Wangen hinunter, sie konnte nichts dagegen tun. Verzweifelt streichelte sie Ranma sanft die Wange und flüsterte:

„Warum nur? Warum hast du das gemacht? Oh Ranma!"

Durch einen Tränenschleier hindurch sah sie zu, wie Ryoga den Pfeil mit einem Ruck aus Ranmas Rücken zog. Dann riss Ryoga ein Teil seines Hemdes ab und drückte es auf die Wunde.

Auch die anderen hockten nun um Ranma herum. Doch durch einen Pfeil, der sich zischend neben ihnen in den Sandboden grub, wurden sie wieder daran erinnert, wo sie sich überhaupt befanden.

Lars: „Wir müssen hier verdammt noch mal weg!"

Schnell schulterte Ryoga Ranma, der daraufhin ein Stöhnen von sich gab. Hektisch fingen die sechs an, zu laufen. Aber wohin?

Es gab nur eine Möglichkeit, alles hing jetzt von Lars Ninjaidos ab. Er rannte vorweg zu einer der seitlichen Wände. Davor blieb er kurz stehen, zielte und feuerte seine Seile ab, die sich an der Spitze des Gitters fest darum schlangen.

Lars: „Schnell! Haltet euch alle an mir oder einem der Seile fest!"

Sofort taten alle, wie ihnen geheißen. Lars schickte noch kurz ein Stoßgebet zum Himmel, dass die Seile ihr Gewicht tragen würden und fuhr sie dann ein. Blitzschnell schossen sie senkrecht in die Höhe. Oben angekommen schwangen sie sich kurz über das Gitter, dann verlängerte Lars die Seile wieder und sie schossen auf der anderen Seite des Gitters wieder hinab.

Hart kamen sie auf und drängten dabei einige der Zuschauer zur Seite. Doch die wollten ihre Opfer anscheinend nicht so leicht entkommen lassen, denn sie bildeten eine geschlossene Front und drängten die sechs Jungen und Mädchen mit bedrohlichen Mienen enger zusammen.

Aber sie hatten nicht mit der Stärke der sechs gerechnet. Tretend, schlagend und waffenschwingend bahnten diese sich nämlich einen Weg durch die Menge.

Am oberen Ende der Tribüne angelangt stürmten sie an der bedrohlichen Meute vorbei auf die Tür zu, durch die sie hereingekommen waren. Eine einzelne verzweifelte Wache stellte sich ihnen mit einem Säbel in den Weg, wurde aber einfach überrannt.

Als sie durch die Tür stürmten, wurden sie mittlerweile von einer riesigen Horde von Monsterkikono verfolgt. Sie irrten durch die gesamte Wolkenstadt, die Kikono immer hinter ihnen her, denn die Jungen konnten sich nicht an den Weg erinnern.

Doch irgendwann fanden sie durch Zufall den Raum mit den Kokons und dem zerstörten Dachfenster. Mit Entsetzen stellen sie fest, dass die Kokons nicht mehr da waren, nur noch rundliche Sockel, auf denen sie gestanden hatten. Der Raum war dennoch leer.

Während Lars Seile durch das Fenster hinausschoss, ließ Ryoga Ranma keuchend zu Boden rutschen. Völlig erschöpft setzte er sich auf einen der Sockel. Plötzlich ertönte ein sirrendes Geräusch und unter den ungläubigen Blicken der anderen wurde Ryoga von unzählig vielen Fäden verpuppt.

Das Ganze ging so schnell vor sich, dass von Ryoga Sekunden später nur noch der Kokon zu sehen war. Entsetzt starrten alle das überdimensionale Ei an.

Lars: „Verdammt! Wir müssen hier doch weg!"

Doch aus irgendeinem Grund öffnete sich die Tür nicht und kein Kikono kam herein.

Während alle noch verzweifelt um eine Möglichkeit rangen, wie sie dort herauskommen sollten mit einem so großen Kokon, ertönte von dem schon ein scharrendes Geräusch.

Ukyo: „Da! Er bewegt sich!"

Sie rannte zu dem Kokon. An einer Stelle schlug Ryoga anscheinend von innen dagegen. Schließlich schaffte er es, die Hülle zu durchbrechen. Einige Minuten später stieg er durch ein Loch oben aus dem Kokon heraus.

Ryoga war mehr als verwundert, als ihn alle anstarrten.

Ryoga: „Öhm…ist was?"

Ranma, der immer noch mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden saß, hob zitternd seinen Finger.

Ranma: „Du…du…hast…Flügel!"

Ryoga starrte die anderen an. Wollten sie ihn für dumm verkaufen? Doch da merkte er plötzlich Muskeln am Rücken, die er bis jetzt noch nie bemerkt hatte. Probeweise spannte er sie an.

Da bemerkte er mit Erstaunen, dass er kurz vom Boden abgehoben hatte. Er starrte völlig verblüfft über seine Schulter. Und tatsächlich: er hatte genau solche Flügel wie die Kikono!

Ranma robbte zur Verblüffung der anderen ebenfalls auf einen Sockel und ließ sich verpuppen. Da bemerkte Lars, worauf Ranma hinaus wollte. Wie sollten sie sonst jemals von dieser Wolkenstadt herunterkommen?

Schnell sprang auch er unter den verwirrten Blicken der Mädchen auf einen Sockel. Eine Viertelstunde später hatten alle drei Jungen Flügel.

Lars: „Komisch, wieso kommen die Kikono nicht hier herein?"

Ryoga: „Ist doch egal, Hauptsache ist doch, dass wir hier wegkommen!"

Ranma: „Dann lasst uns keine Zeit verlieren und uns davonmachen!"

Shampoo schlang ihre Arme um Lars. Der flatterte wie wild mit seinen Flügeln und krachte mit dem Kopf gegen die Decke.

Lars: „Autsch! Anscheinend muss man gar nicht so schnell flattern…"

Ukyo tat es Shampoo gleich und hing sich an Ryoga, der sofort knallrot wurde. Ranma sah Akane fragend an und breitete die Arme aus. Diese lächelte ihn an und nickte leicht. Ranma ging auf sie zu und hievte sie auf seine Arme, wobei er sein Gesicht vor Schmerzen verzog. Akane wollte sofort aus seinen Armen gleiten, aber Ranma hielt sie krampfhaft fest.

Ranma flüsterte: „Nein…"

Akane sah ihn lächelnd an. Ranma wurde warm ums Herz. Endlich durfte er seine Akane wieder in die Arme schließen. Er war so glücklich wie lange nicht mehr.

Die beiden versanken in einem zärtlichen Kuss.

Bis Ukyo sie unsanft aus ihren Gedanken riss.

Ukyo: „Dafür ist später noch genug Zeit! Jetzt kommt schon!"

Verlegen grinsend probierte Ranma seine neu erworbenen Flügel aus. Es war leichter als erwartet. Engelsgleich schwebte er mit Akane durch das Fenster auf das Dach.

Gerade als sie losfliegen wollten, ertönte eine Stimme hinter ihnen. Ihre Köpfe fuhren überrascht herum. Auf der anderen Seite des Daches stand der Prinz Kukiko, jetzt aber wieder in seiner normalen Gestalt.

Kukiko: „Halt! Wie könnt ihr es wagen, mir meine Frauen zu stehlen?"

Ryoga: „Stehlen? Du hast sie doch entführt, wir haben sie uns nur zurückgeholt!"

Ukyo: *'Zurück'geholt?*

Auch Ryoga merkte, was er gerade gesagt hatte und wurde wieder einmal knallrot.

Kukiko: „Das ist mein Recht als Prinz der Kikono! Lasst uns doch um sie kämpfen, Mann gegen Mann!"

Die Jungen und Mädchen sahen sich gegenseitig an. Allen gingen dieselben Gedanken durch den Kopf. Ranma konnte in seinem verletzten Zustand niemals kämpfen, Ryoga hatte auch eine Wunde am Rücken. Also blieb nur Lars über. Der schluckte schwer. Fragend sah er die anderen an, die ihn zustimmend annickten.

Lars: „Ich nehme deine Herausforderung an! Lass es hinter uns bringen, hier und jetzt!"

Kukiko lachte: „Ha! Wie du willst! Wenn ich mit dir fertig bin, werden eure Mädchen alle drei mir gehören!"

Shampoo sah Lars an.

Shampoo: „Du kannst es schaffen! Das weiß ich…"

Dann gab sie ihm einen Kuss. Schließlich löste sich Lars von ihr und ging auf Kukiko zu.

Nervös und bis aufs Äußere gespannt sahen sie Lars zu.

War er stark genug, um den Prinzen Kukiko besiegen?