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And you... I wish I didn't feel for you anymore...
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Kapitel 4


*Harry Potter*

Es ist Weihnachten.

Nicht daß ich mich dieses Jahr besonders für Weihnachten interessiert hätte, aber ich habe es tatsächlich vergessen und das verwundert mich.

Seit ich vor sechseinhalb Jahren nach Hogwarts gekommen bin, ist Weihnachten für mich jedes Jahr ein Grund gewesen, mich zu freuen, wie ein ganz normaler Junge. Es war plötzlich nicht mehr die Frage, ob ich überhaupt ein paar schöne, ruhige Momente an den Feiertagen haben würde oder ob mein Onkel und meine Tante vielleicht ein außergewöhnlich gutes Jahr hatten und mir mal wieder etwas altes von Dudley „schenkten". Mit einem Mal war es eine wunderbare Zeit gewesen, die ich mit Freude und auch Spannung erwartete.

Es war einer der wenigen Zeitpunkte im Jahr, zu dem ich plötzlich nicht mehr anders war als Ron und Hermine. Ich bekam nicht mehr und nicht weniger Beachtung als die beiden, außer vielleicht das eine oder andere besondere Geschenk von einem gewissen Patenonkel, der unbedingt zwölf verlorene Jahre aufholen wollte.

Ja, man kann wirklich sagen, ausgerechnet zu dieser besonderen Zeit des Jahres, wurde der Junge der überlebte in den letzten Jahren immer zu etwas absolut nicht besonderem. Und trotzdem, dieses Jahr hab ich es vergessen. Der Schmerz war zu groß.

Dieses Jahr ist anders. Das wird es wohl sein.

Ob auch dieses Jahr wieder die üblichen Päckchen für mich an meinem Bett liegen? Der Pulli von Molly Weasley, die Süßigkeiten von Ron, das wie immer nützliche Geschenk von Hermine, das ungenießbare, aber wie jedes Jahr wieder wunderbare Geschenk von Hagrid und das wie immer übermäßig teure Geschenk von Sirius?

Ich bereue nicht, daß ich es wohl nie erfahren werde. Das ist nicht wichtig, wenn man gerade dabei ist, selbst ein Geschenk zu machen und es aus vollem Herzen tut. Heute werde ich schenken und zum ersten Mal wird es ein wirklich großartiges Geschenk sein, von dem sie alle etwas haben werden. Ein Geschenk, daß ich mit all meinem Erbe niemals hätte kaufen können.

Das macht es gerade um so besser. Etwas, was nur ich geben kann.

Severus hatte wohl recht, es ist keine Schande zu scheitern, aber man muß die Hilfe annehmen, die einem geboten wird. Severus hat mir geholfen und darum mache ich ihm dieses Geschenk.

Ich umfasse meinen Zauberstab ein wenig fester und ich spüre das Lächeln auf meinen Lippen, als ich in das unmenschliche Gesicht meines Schicksals blicke. Wenn mir jemand gesagt hätte, daß ich das so bald schon tun würde und daß ich dabei an niemand anderen als Snape denken würde... ich hätte ihn für verrückt erklärt.

Aber es ist wohl wahr, so unglaublich es auch scheinen mag. Ich tue das nicht für die Menschen, die mich immerzu angebetet haben, ich tue es nicht einmal für meine Freunde und ihre Familien, ich tue es für ihn.

Nur für ihn.

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Wrote for the eclipse, wrote for the virgin
Died for the beauty the one in the garden
Created a kingdom, reached for the wisdom
Failed in becoming a god
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„Es ist eigentlich nicht witzig." Murmelte Harry und ließ sich in die Lehne des Sessels zurücksinken. Sein Blick wanderte in Richtung Kerkerdecke und fixierte einen Punkt irgendwo in der trüben Dunkelheit, die sich dort ausbreitete.

Mit einem Mal wurde das Bild klarer und er wußte, wie er formulieren konnte, was er fühlte.

„Und es ist auch nicht so einfach. – Sie sehen es vielleicht so, und ich wußte auch, daß Sie es so sehen würden, ganz einfach, weil es Sinn macht. Aber Sie sind der einzige, der hier sieht. Diese Menschen da draußen, diese Hexen und Zauberer, sie haben alle Angst.

Und ich bin das einzige, worauf sie sich in ihrer Angst stützen und wenn ich versage, dann wird mir keiner die Hand reichen, keiner wird sagen, daß es kein Problem ist. Wenn ich das überleben sollte, dann gibt es für mich nur zwei Möglichkeiten.

Entweder der Druck auf mich wird noch größer, bis ich wieder da oben auf dem Turm stehe, diesmal aber nicht zögere und den inneren Drang zu springen nicht zurückdränge, oder sie lassen mich einfach fallen und machen mich vom Helden zum Sündenbock. Es gibt in dieser Sache keinen anderen Ausweg. Ich muß erfolgreich sein oder sterben. Ich muß ihre Angst für sie besiegen oder bei dem Versuch untergehen.

Selbst Angst haben, steht hier nicht zur Debatte. Diese Aufgabe als Last zu empfinden, die mich langsam unter sich erdrückt, kommt nicht in Frage.

Darum fühle ich mich tot." Severus beobachtete, wie Harry die Augen schloß und nach einigen Sekunden langsam wieder öffnete. Das leuchtende Grün war wieder trüb und düster überschattet und nur mit Mühe konnte Severus einen frustrierten Laut zurückhalten.

Er wollte Harry helfen. Er hatte schon seit vielen Jahren nichts mehr so verzweifelt gewollt. Doch er wußte absolut nicht, woher dieses Gefühl kam, warum er es empfand. Er wußte nur, daß er nicht in der Lage war, Harry zu helfen. Der Junge war noch immer genauso verzweifelt wie vorher! Er war ein Versager!

Vermutlich war es doch ein Fehler gewesen. Seine Geschichte hatte Harry ganz offensichtlich nicht geholfen und ihn selbst zu allem Überfluß auch noch in einen höchst unerfreulichen Zustand versetzt. Severus fühlte sich aufgewühlt, spürte den brennenden Schmerz, den er immer empfand, wenn er an Lucius zurückdachte. Doch etwas war diesmal doch anders, noch schlimmer als sonst. Denn diesmal war er noch dazu so verzweifelt, daß er nicht mehr in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen.

Wie lange hatte er Harry jetzt schon angeschwiegen? Der Junge wartete doch sicher auf eine Antwort. Auf Hilfe. Aber wo keine Hilfe war... Severus ballte die Hände zur Faust und preßte die Zähne so fest aufeinander, daß er sich sicher war, daß Harry sie knirschen hören mußte.

Es mußte doch einen Weg geben! Es konnte doch nicht sein, daß er einfach dabei zusehen mußte, wie sie Harry verloren. Ob nun an Voldemort oder an sich selbst, spielte keine Rolle, aber sie durften ihn doch nicht einfach so ins Verderben stürzen lassen.

„Glauben Sie, daß mich irgendwer auf dieser Welt lieben könnte? Einfach nur so? Einfach dafür, daß ich Harry bin?" Severus blickte Harry überrascht an, doch der Junge sprach noch immer zur Kerkerdecke und sah so den Blick in den Augen seines Lehrers nicht.

„Harry..." begann er, doch die Worte entwischten ihm einfach, er war nicht in der Lage, sie zu fassen zu bekommen, geschweige denn, sie zu vernünftigen Sätzen zusammen zu fügen. Er war sprachlos und das kam weiß Gott sehr selten vor. Aber was sollte er darauf auch sagen?

Niemals in seinem ganzen Leben hatte er erwartet, daß ausgerechnet Harry sich die gleiche Frage stellte, die auch er sich sein halbes Leben lang gestellt hatte, bis zu dem Tag, an dem es unwichtig geworden war, weil Severus diese Gefühle, nach denen er sich gesehnt hatte, einfach aus seinem Leben verbannt hatte.

Danach war es besser geworden, je nachdem wie man besser definierte jedenfalls. Aber für Harry kam das nicht in Frage. Er würde persönlich dafür sorgen, daß Harry sich das auf keinen Fall antat. Harry hatte nichts getan, diese Einsamkeit zu verdienen.

Severus schreckte vor seinen eigenen Emotionen zurück, die mit einer kaum zu bewältigenden Gewalt über ihn hereinbrachen. Es war vollkommen absurd, daß er so für Harry empfand, wie er es sich gerade einbildete! Diese Gefühle gingen weit über die übliche Sorge für einen Schüler hinaus. Sogar noch weit über die übliche Sorge addiert zu seiner Schuld James Potter gegenüber hinaus. Bisher hatte er es nur als seine Pflicht gesehen, das Leben des Jungen zu schützen...

Und jetzt wollte er mehr als das. Viel mehr. Das Leben war die eine Sache, aber das emotionale Gleichgewicht des Jungen schützen zu wollen, ja, ihm zeigen zu wollen, daß seine Ängste unbegründet waren, daß es natürlich viele Menschen geben würde, die ihn für das lieben würden, was er wirklich war... das war Zuneigung. Tiefe Zuneigung.

Severus wandte seinen Blick abrupt von Harry ab, der die Augen wieder geschlossen hatte und fast so aussah, als würde er schlafen. Das war unmöglich. Keine Zuneigung! Nicht für einen Potter!

Pflichtgefühl? Sicher, er stand in der Schuld der Familie.

Vertrauen? Auch das, denn auch wenn er nicht bereit gewesen war, es Harry in der Vergangenheit zu zeigen, wußte er doch, daß Harry vertrauenswürdig war und daß er seine wahren Fähigkeiten bald entdecken würde und dann selbst nicht mehr glauben würde, daß alles nur Glück und Zufall gewesen war. Nur eine Frage der Zeit.

Respekt? Selbst nachdem er jetzt wußte, daß Harry sein Schicksal nicht mit so viel Leichtigkeit nahm, wie er bisher angenommen hatte, den Respekt, den er vor Harry hatte, schmälerte das nicht.

Zuneigung? Severus schüttelte den Kopf und preßte erneut seine Zähne so fest zusammen, daß sie eigentlich in viele hundert Splitter hätten zerspringen müssen. Das konnte keine Zuneigung sein, er hatte dieses Gefühl doch schon vor Jahren für immer zum Schweigen gebracht. Allein schon aus Vernunft, weil es verwundbar machte, eine Schwachstelle war. Und ausgerechnet für den Sohn von James Potter... das war doch lachhaft.

„Dachte ich mir. – Ich glaube es auch nicht, also machen Sie sich nichts draus." Severus hatte nicht bemerkt, daß Harry ihm seine Aufmerksamkeit irgendwann in den letzten Minuten wieder zugewandt haben mußte. Und wieder hätte er sich dafür am liebsten geschlagen. Was dachte Harry wohl jetzt, wo er auch noch den Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen hatte? Hielt er sich jetzt wirklich endgültig für wertlos?

Großartig. Er machte das hier einfach großartig! Warum gab er Harry eigentlich nicht gleich einfach sein Messer wieder und erklärte ihm, wie er die Pulsader so verletzte, daß es schnell gehen würde?! Wenn er gekonnt hätte, hätte Severus sich in diesem Moment am liebsten selbst mit dem Cruciatus belegt.

„Harry, das ist Unsinn. Natürlich gibt es diese Menschen. Wenn man in deiner Position ist, dauert es nur sehr lange, bis man sie gefunden hat. Das ist das Schicksal der Berühmtheit, verstehst du?" Was für ein erbärmlicher Müll! Glaubte er wirklich, daß er Harry so überzeugen konnte?

Harry lächelte und wieder geriet dieses Lächeln reichlich schief, begann an den Mundwinkeln zu verzittern, während sich die großen, grünen Augen langsam mit Tränen füllten, diese aber nicht verließen.

Zuneigung? Doch er fühlte sie. Er fühlte den Stich, den dieser Anblick in seinem Inneren verursachte und er fühlte das Verlangen, Harry in den Arm zu nehmen und diese Tränen von seinen Wangen zu wischen, wenn sie doch noch liefen. Das war Zuneigung. Gefährliche, dumme, zuckersüße Zuneigung.

„Sir, ich hatte Sie doch gebeten, mir keine dieser ‚alles wird gut' Reden zu halten." Die Stimme des Jungen war ein wenig höher als gewöhnlich, verzweifelt. Severus konnte sich nicht helfen, es war eine gute Abwechslung im Vergleich zu der fast schon stoischen Ruhe, mit der er die ganze Zeit schon gesprochen hatte. Seine Gefühle brachen langsam wieder hervor, wie am Morgen auf dem Turm, als seine Tränen ihn endlich überwältigt hatten. Vielleicht überwältigten seine Emotionen ihn ja jetzt wieder und traten etwas frei, was in Harry verschüttet worden war.

Er mußte es nur wollen. Er wollte zwar fühlen, daß er noch lebte, aber im Prinzip wollte er nicht leben. Nicht mit diesem Gefühl der Wertlosigkeit, das er empfand. Auch wenn er es nicht zugab, Severus sah es.

„Es ist aber so, Harry. Es gibt keinen Grund, warum dich niemand lieben sollte. Das mußt du nur begreifen." Harry schnaubte verächtlich und blickte Severus über den Rand seiner Brille, die ihm auf der Nase ein wenig herunter gerutscht war, an. Ganz automatisch bog sich Severus' Augenbraue in einem graziösen Bogen in Richtung seines Haaransatzes. Wie es aussah, waren sie zur nächsten Stufe übergegangen. Trotz und Uneinsichtigkeit. Aber immerhin, es kam wieder Leben in seinen Schüler.

Eine Weile starrten die beiden sich an. Harry mit dem verächtlichen Blick über den Rand seiner Brille hinweg, Severus mit der herausfordernd hochgezogenen Augenbraue. Doch keiner von beiden sagte etwas. Schließlich schüttelte Harry den Kopf, warf die Hände in die Luft, bevor er die Arme vor seiner Brust verschränkte und sah in die entgegengesetzte Richtung. Hauptsache weg von Snape!

„Versuch es wenigstens." Severus war überrascht, dass er die Worte wirklich ausgesprochen hatte. Sein Kopf und seine Stimmbänder hatten in perfekter Synchronisation zusammen gearbeitet, ohne ihm auch nur den Bruchteil einer Sekunde Zeit zu lassen, darüber nachzudenken, ob er es aussprechen sollte oder nicht. Clever von den beiden, aber auch gefährlich.

„Da gibt es nichts zu versuchen." Beharrte Harry stur.

„Albus Dumbledore." Severus warf den Namen des Professors so herausfordernd in den Raum, wie es ihm möglich war. Wenn es sein mußte, dann würde er das mit jeder Person machen, die etwas für Harry empfand, bis der sture Kerl eingesehen hatte, was Sache war.

Doch Harry hob nur die Schultern, machte sich noch nicht einmal die Mühe, Severus anzusehen.

„Für ihn bin ich nur der König auf seinem Feld. Er schiebt mich herum, wie bei einem Schachspiel, bringt mich in Angriffsposition, wenn er denkt, daß es an der Zeit ist und er holt mich zurück in die Defensive, wenn die Gefahr zu groß für mich wird.

Wenn meine Rolle als Held und Retter der Welt für ihn nicht wichtiger wäre als ich selbst, dann hätte er mir wenigstens einmal die Wahl gelassen. Dann würde er aufhören, mich mit allem, was er sagt und tut in die Richtung zu manipulieren, in der er mich gerade in dem Moment haben will.

Nein, für Dumbledore steht Harry immer an zweiter Stelle." Kam Harry bitter zum Schluß und ein eisiger Ausdruck legte sich über die weichen Züge des schmalen Gesichts.

Gut, das war vielleicht nicht die perfekte Wahl gewesen, aber es gab noch mehr. Der richtige war schon noch dabei.

„Remus Lupin." Noch während er den Namen aussprach, hoffte Severus, daß auch Remus ein Fehlschlag war. Denn wenn ausgerechnet Lupin derjenige war, der Harry für das liebte, was er wirklich war, dann war er, Severus Snape, Schuld daran, daß der Junge nicht bei ihm sein konnte. Immerhin war es sein gekränktes, dummes Verhalten gewesen, das den Werwolf aus Hogwarts verbannt hatte.

Doch der Ausdruck auf Harrys Gesicht wurde noch ein wenig kälter, noch ein weniger härter.

„Er hat eine komische Art, es zu zeigen, wenn es so ist. Sein letzter Brief kam vor über vier Monaten und sein letzter Besuch ist gut viermal so lange her." Severus schüttelte ungeduldig den Kopf.

„Harry, er hat viel zu tun. Er ist einer der wenigen im Orden, der keinerlei bindende Verpflichtungen hat und seine besonderen Fähigkeiten als Werwolf sind ebenfalls ein Grund dafür, daß er besonders viel für Dumbledore unterwegs ist." Harrys Kopf schoß förmlich herum und der Blick, mit dem er Severus fixierte, war der wütendste, den er jemals bei Harry gesehen hatte. Wut war etwas, was der Junge die meiste Zeit unterdrückte.

„Ändert das irgendwas an der Tatsache, daß ich ihm nicht einmal wichtig genug bin, daß er mir hin und wieder mal einen Einzeiler zukommen läßt? Er muß mir ja nicht schreiben, wie sehr er mich vermißt, aber ich wüßte schon gerne, ob es ihm gut geht. Selbst Sirius schafft das öfter als Remus!" knurrte Harry aufgebracht.

„Sirius Black." Feuerte Severus weiter, diesmal mit einem Hauch von Triumph in der Stimme. Doch zu seiner Überraschung schnaubte Harry wieder nur verächtlich, bevor er in einem geschlagenen Ton entgegnete:

„James Potter." Die Überraschung stand Severus so deutlich ins Gesicht geschrieben, daß Harry fast darüber lachen mußte. Sein Lehrer mußte eindeutig über seine Einstellung zu Wundern noch einmal nachdenken. Zumindest Harry war der festen Überzeugung, daß er gerade eins gesehen hatte.

„Sirius sieht mich nicht als den Retter der Welt oder den Jungen, der überlebt hat, aber er sieht mich als Kopie meines Vaters.

Ich kann ihm keinen wirklichen Vorwurf machen, das ist das Schlimme daran. Er hatte nicht die Möglichkeit, mich kennen zu lernen. Er konnte nicht einmal einen heimlichen Blick auf mich werfen und ich bin mir sicher, daß viele von euch das im Laufe der Jahre getan haben.

Und er ist bis heute nicht damit fertig geworden, daß mein Vater nicht mehr da ist, weil er es abgelehnt hat, der Geheimniswahrer meiner Eltern zu werden. Im Prinzip geht es ihm noch viel schlechter als mir, denn er steckt immer noch in einer Vergangenheit fest, die schon so weit weg ist, daß sie für alle außer ihm schon fast unwirklich erscheint." Der Ausdruck in Harrys Augen war wieder weicher geworden, doch mit der Weichheit war auch die Leere zurück gekehrt, die langsam aber sicher begann, Severus ernsthaft Angst zu machen.

Er schluckte. Seine Kehle war unglaublich trocken und schnürte sich von Minute zu Minute immer enger zu.

„Molly und Arthur." Severus fluchte innerlich auf, als er hörte, wie seine Stimme an Kraft und Überzeugung verloren hatte. Die Namen der beiden waren beinahe schon mehr als Frage rüber gekommen.

Harry erlaubte sich ein kurzes Lächeln beim Gedanken an das Ehepaar Weasley. Er hatte viele schöne Zeiten im Fuchsbau gehabt und Mr. Und Mrs. Weasley waren daran sicher nicht unschuldig gewesen.

Die vielen Stunden, die er mit Arthur in seinem Schuppen verbracht hatte, um ihm die Funktionen und Gebrauchsweisen diverser Muggelgegenstände zu erklären oder die noch viel zahlreicheren Stunden, in denen Mrs. Weasley ihn nach Herzenslust bemuttert hatte. Snape hatte recht, diese beiden liebten ihn, aber nicht so, wie er es wollte. Auch für diese beiden war er in erster Linie Harry Potter und nicht einfach nur Harry.

„Packen mich in Watte, weil sie nicht wollen, daß mir etwas passiert. Schließlich bin ich der Retter, auf den die Zauberer hoffen, der darf doch nicht vorher schon zu Schaden kommen." Severus seufzte resigniert, aber unterdrückte diesen Laut so gut er konnte.

Was sollte er nur mit Harry machen? Die Namen gingen ihm aus. Mit Ron und Hermine konnte er nicht kommen, die standen auf alle Fälle außerhalb. Andere Freunde hatte Harry selbst unter den Gryffindors nicht wirklich, da hatte er also auch keine Auswahl mehr. Seine Verwandten – nein, unmöglich...

„Was ist mit Ihnen?" Nur langsam drangen die Worte in Severus' Kopf ein und noch viel langsamer realisierte er ihre Bedeutung.

„Mit mir?" fragte er zurück und kämpfte mit aller Macht, die Überraschung aus seinem Gesicht fern zu halten. Harry hatte heute dort schon viel zu viel gesehen, was er nicht sehen sollte und was ihn nur noch mehr in seiner Hoffnungslosigkeit bestätigt hatte.

„Könnten Sie mich für das lieben, was ich bin?" Es war so eine simple Frage, und doch brach in Severus in dem Moment, in dem er sie ausgesprochen hatte, die Hölle los. Seine Gedanken wirbelten und schrieen fast augenblicklich wild durcheinander und sein Magen sank ihm mit einem Gefühl in die Kniekehlen, als wäre gerade eine große Portion Eiswürfel hinein geglitten.

„Harry, ich verstehe, daß du verwirrt bist..." Harry zog die Augenbrauen zusammen und legte die Stirn in Falten.

„Was hat das denn jetzt damit zu tun?"

„Ich bin dein Lehrer, Harry. Das ist eine Frage, die du mir nicht stellen solltest." Harry kniff die Lippen zusammen und starrte Severus an.

„Sie weichen mir aus." Severus nahm einen Schluck Whiskey, doch auch der Alkohol konnte nichts dagegen tun, daß die Trockenheit in seiner Kehle zunahm und sie sich nur noch enger anfühlte. Was sollte er darauf antworten? Was mußte er antworten?

Er war Harrys Lehrer, noch dazu der Lehrer, den der Junge am meisten von allen Lehrern in Hogwarts hassen sollte. Er war der Mann, der seinen Paten abgrundtief haßte, Lupin enttarnt hatte und nie ein gutes Wort über James sagte.

Himmel, er hatte sogar seine Mutter einmal in seinem Beisein als Schlammblut bezeichnet!

Was war mit dem Jungen los? Warum stellte Harry gerade ihm diese Frage? – Aber es hatte ja schon viel früher begonnen. Diese Frage war nur der Höhepunkt einer langen Reihe von Merkwürdigkeiten gewesen. Er hätte gleich seinem ursprünglichen Plan nachgehen sollen. Harry aus der Gefahrenzone bringen und gleich zu Dumbledore schleppen.

Aber er hatte sich ja darauf einlassen müssen, ihm selbst zu helfen. Er hatte vorher noch nie das getan, was Harry wollte! Warum fing er gerade jetzt damit an?

Mit einer nervösen, fahrigen Bewegung strich er durch sein langes, schwarzes Haar, das am Ansatz schon wieder fettig wurde. Selbst nach einem Tag ohne Arbeit über einem dampfenden Kessel war es schier hoffnungslos!

War es Harry wirklich wichtig, daß er mit ja antwortete? Warum war es ihm wichtig? Es konnte doch nicht wirklich sein, daß Harry das wollte! Er war nichts, was ein Junge wie Harry sich wirklich wünschen konnte. Er war nicht nur äußerlich eher abstoßend, er war noch dazu vollkommen unfähig dazu, einfach nur nett zu sein. Ihn zum Freund zu haben, konnte schlimmer sein, als jeder Feind.

Und Harry wußte das! Er mußte es nach den letzten Jahren wissen! Wollte er es trotzdem? Oder gerade aus diesem Grund.

Severus wollte schreien.

„Harry, ich verstehe deine Einsamkeit. Ich kann sie gut nach empfinden und ich möchte dir helfen, daß das alles für dich leichter wird." Nur mit Mühe hielt Severus den grünen Augen noch stand, als sich eine eisige Kälte über sie legte. Er sagte das falsche oder?

„Ich kann dir nicht versprechen, daß ich etwas erreichen werde, aber ich kann dir versprechen, daß ich alles versuchen werde, damit Black so bald wie möglich wieder rehabilitiert wird. Wenn ihr beiden erst einmal mehr Zeit füreinander habt, dann wirst du merken, daß er in dir nicht nur deinen Vater sieht." Die nächste Schicht Eis legte sich über die Augen des Schülers und der Ausdruck auf dem schmalen Gesicht wurde härter.

„Du hast sehr viel von deinem Vater, Harry, aber du bist eine eigene Persönlichkeit und Sirius wird das erkennen, das kannst du mir glauben." Schweigen.

„Sind Sie endlich fertig?" Harrys Stimme war noch viel eisiger als sein Blick und obwohl Severus alles tat, es mal wieder nicht zu zeigen, mußte er doch zugeben, daß sie ihm einen Schauer über den Rücken laufen ließ.

Ein wenig zögerlich nickte er.

„Wunderbar. Dann jetzt ich, einverstanden? – Ich habe keinerlei Interesse daran, daß Sie sich für Sirius einsetzen. Dumbledore tut das bereits und ich denke, Sie wissen sehr gut, daß Ihr Wort für die Leuten vom Ministerium keinen Knut wert ist.

Sie brauchen mir keine Versprechungen zu machen, von denen Sie ohnehin schon wissen, daß Sie sie nicht halten können, Professor. Ich verlange nichts weiter von Ihnen als Antworten auf Fragen und Bitten, die ich auch stelle.

Und ich habe Sie gefragt, ob Sie mich lieben könnten. Einfach nur als Harry, nicht als Retter der Welt oder als goldener Gryffindor oder als genialer Quidditchspieler. Ich möchte eine Antwort auf diese Frage und ich möchte, daß Sie dabei nicht daran denken, daß Sie mein Lehrer sind oder etwas in der Art.

Ich möchte einfach nur Ihre ehrliche Antwort. – Sie wollen, daß ich über meine Angst triumphiere... gut, dann beweisen Sie mir, daß es funktioniert." Harry sah Severus herausfordernd an und er erkannte das Gefühlschaos unter der scheinbar so ruhigen, kalten Oberfläche seines Lehrers.

Wie weit würde Snape gehen, um ihm zu helfen? Würde er noch weiter über seinen eigenen Schatten springen, als er es ohnehin schon getan hatte?

Harry konnte nicht erklären, woher mit einem mal das brennende Verlangen in ihm kam, die wahren Gefühle seines Lehrers für sich zu erfahren. Vielleicht war es diese berührende Ehrlichkeit, mit der Severus ihm begegnet war. Die ehrliche Sorge und ein Maß an Offenheit, daß der Mann sicher noch nie jemandem präsentiert hatte.

Es hatte gereicht, um ihm etwas von Severus zu zeigen, was er ehrlich haben wollte. Er wollte den anderen Mann immer so offen sehen, wenn er mit ihm zusammen war. Er wollte, daß er ihm seine Gefühle zeigte. Er wollte das von ihm, nicht von Dumbledore, Remus, Sirius oder einem seiner Freunde.

Es war merkwürdig, sich einzugestehen, daß ausgerechnet Snape ein solch wichtiger Faktor sein sollte, aber vielleicht war es auch nur so merkwürdig, weil es neu war. Auch wenn er schon lange gewußt hatte, daß Snape sich von den anderen ebenso sehr unterschied, wie er selbst, er brauchte wohl noch ein wenig, um sich vollständig an die große Ähnlichkeit zu gewöhnen, die wiederum zwischen ihnen bestand.

„Harry, ich..." Severus schüttelte frustriert den Kopf. „Ich kann das nicht tun. Ich bin nicht derjenige, der so etwas zu dir sagen sollte." Die Schicht aus Eis über Harrys Augen zersplitterte in tausend Stücke. Harry nickte und senkte langsam den Blick. Er zog die Knie enger an seinen Oberkörper heran und schlang seine Arme darum.

„Ich verstehe. – Tut mir leid, daß ich so abstoßend bin." Die Worte trafen Severus wie ein Schlag in die Magengegend und einen Moment saß er wie versteinert da und konnte nur dabei zusehen, wie stumme Tränen über Harrys Gesicht liefen.

Warum begriff der Junge denn nur einfach nicht, daß nicht er der Grund war, daß er es nicht sagen konnte? Er allein war hier abstoßend und wertlos! Er war hier der Todesser, der gefallene Kämpfer.

Noch bevor er wirklich begriff, was er eigentlich tat, war Severus aufgesprungen und hatte Harry aus dem Sessel in seine Arme gezogen. Nur einen kurzen Moment schien Harry zu überrascht, sich irgendwie zu rühren, doch dann legte er fest seine Arme um die Taille des Lehrers und vergrub sein Gesicht in den dicken schwarzen Roben.

Während Severus seinen weinenden Schüler mit der linken Hand fester an sich drückte, strich seine rechte immer wieder durch das unordentliche, schwarze Haar, in dem Versuch, den heftig schluchzenden Jungen zu beruhigen. Er spürte Harrys heftigen Herzschlag durch die Kleidung dese Jungen hindurch und auch sein eigenes Herz raste förmlich.

Das war es, was Harry wollte? Von ihm?

„Es ist gut, Harry. Laß es raus." Harrys Hände krallten sich verzweifelt in den festen Stoff und seine Stimme klang nur gedämpft an Severus Ohr.

„Könnten Sie es?" Severus schloß die Augen und atmete tief durch. Konnte er es? Tat er es nicht bereits? War Harry nicht längst weit mehr für ihn geworden als eine Lebensschuld? Sein Griff um den viel zu schmalen Körper des Jungen wurde ein wenig fester, besitzergreifender.

„Ich könnte es, Harry." Das Schluchzen nahm noch einmal zu, doch diesmal wußte Severus, daß er das richtige gesagt hatte.

Langsam bugsierte er Harry zurück zu seinem Sessel und schaffte es, sich zu setzen und Harry auf seinen Schoß zu ziehen, ohne dabei auch nur für eine Sekunde den Kontakt zwischen ihnen zu unterbrechen.

Harry war nicht nur viel zu klein für sein Alter, er war auch erbärmlich leicht unter all den Roben, die ihn zwar stets schmächtig, aber niemals so dünn hatten erscheinen lassen.

Severus wußte, daß Worte fehl am Platz waren und ließ es einfach zu, daß Harry sich auf seinem Schoß zusammenkauerte, die Hände immer noch in seinen Roben verkrallt.

~*~

Es war mitten in der Nacht, als Severus Snape erschrocken auffuhr. Ein brennender Schmerz in seinem Rücken vertrieb sofort sämtliche Müdigkeit aus seinen Gliedern. Wieso um Himmels Willen war er in seinem Sessel eingeschlafen? Wollte er sich umbringen?

Er war in seinem Sessel eingeschlafen? Ein wenig benommen blickte er sich im Wohnzimmer seiner Privaträume um. Irgend etwas stimmte nicht.

Das Feuer im Kamin war bis auf die Glut herunter gebrannt, die noch in sanften Orangetönen dann und wann aufglomm. Die eisige Winterkälte war langsam in die Kerkerräume gekrochen, doch Severus spürte sie kaum in seinen dicken Roben...

Harry!

Severus blickte sich fast panisch in seinem dunklen Wohnzimmer um. Wann war Harry gegangen? Und warum hatte er ihm nichts gesagt? Er hatte doch wohl nicht schon wieder irgendwelche Dummheiten vor?!

Gerade als Severus nach seinem Winterumhang greifen und aus dem Kerker stürmen wollte, sah er den Brief, der auf dem kleinen Tisch zwischen den beiden Sesseln lag. Mit zitternden Finger hob er ihn auf und begann zu lesen.

~*~

Bitte frag mich nicht, warum ich gegangen bin, ohne es Dir zu sagen. Denn ich weiß es nicht. Ich wollte mich nicht verabschieden. Ein Abschied ist so endgültig und ich wünsche mir im Moment nichts sehnlicher, als daß ich bald wieder zurück bin.

Doch wenn ich mich verabschiede... dann hab ich das Gefühl, ich bin schon so gut wie tot.

Ich bin so gut wie tot, ich weiß es. Aber ich gehe trotzdem. Und ich hinterlasse Dir diesen Brief, mit der Bitte, daß Du Dich an mich erinnern sollst. An den Harry Potter, den nur Du gesehen hast. Erzähl ihnen davon, wenn ich nicht zurückkomme, denn ich möchte, daß wenigstens einer gegen die Legende vom großen Helden ankämpft, wenn ich es nicht mehr kann.

Ich habe mich entschieden und diese Entscheidung ist mir schwerer gefallen als alles andere, was ich jemals zuvor in meinem Leben entschieden habe, aber ich habe sie mit meinem Herzen getroffen und ich lege meine ganze Kraft hinein. Ich werde mein Ziel erreichen.

Keiner meiner Wünsche und keines meiner Ziele ist erreichbar, wenn ich das jetzt nicht tue. Aber ich weiß, wenn ich zu Dir zurückkomme, werde ich die Wärme finden, die ich mir gewünscht habe.

Danke. Du hast mir die Kraft gegeben, endlich etwas zu unternehmen. Noch weiß ich nicht, ob ich siegen werde, aber ich verspreche Dir, ich werde kämpfen, wie ich noch nie in meinem Leben gekämpft habe.

Ich habe verstanden, daß ich erst etwas dafür tun muß, bevor ich einfach nur Harry sein kann. Ich muß zuerst den Grund für alles beseitigen.

Ich weiß, man beseitigt den Dunklen Lord nicht mal eben so, aber vielleicht ist die Tatsache, daß ich der Junge bin, der überlebt hat, zum ersten Mal in meinem Leben wirklich zu etwas gut und ich überlebe ein zweites Mal, während Voldemort endgültig verschwindet.

Es gibt noch so viel, was ich von dir lernen möchte und ich hoffe, daß Du bereit sein wirst, es mir beizubringen. - Du hast selbst gesagt, Du bist mein Lehrer und vielleicht möchtest du es ja bleiben?

Ich hoffe, daß Du noch einmal die Chance erhalten wirst, es mir beizubringen.

Severus, ich wollte niemals, daß es so weit kommt. Ich wollte mein ganzes Leben lang nichts weiter, als meine Liebe und Freundschaft an andere weiter zu geben und von ihnen das gleiche zurück zu erhalten. Ich wollte nicht, daß sich jemand Sorgen um mich machen muß.

Vor allem wollte ich nicht, daß Du Dich sorgst. Ich habe nie wirklich damit gerechnet, daß Du es tun würdest.

Aber ich habe das Gefühl, daß ich im Moment nichts mehr geben kann. Ich fühle mich leer. Ich kann nur noch ein Geschenk machen, ein letztes. Ich werde mein Schicksal erfüllen, auch wenn ich dafür mein Leben geben muß.

Ich werde es tun, wenn es sein muß, aber ich möchte, daß Du – als einziger – weißt, was dieses Opfer wirklich bedeutet. Denn ich gebe es nicht für sie, ich gebe es für Dich.

Ich empfinde etwas für Dich und dieses Gefühl ist stark. Ich kann es nicht erklären und im Prinzip muß ich das auch nicht, denn ich weiß, Du wirst mich auch so verstehen oder es zumindest ernsthaft versuchen.

Sollten wir keine Gelegenheit mehr haben, es gemeinsam herauszufinden, weiß ich jetzt immerhin, daß ich Dich nicht in Unwissenheit zurückgelassen hab, nicht wahr?

Bei Merlin, ich weiß, daß ich sinnloses Zeug vor mich hinplappere, aber so lange ich an diesem Brief schreibe, muß ich nicht gehen. So lange ich diesen Brief schreibe, darf ich noch in der Sicherheit bleiben, die Du mir bietest. Sobald mein Name auf diesem Bogen steht, muß ich gehen. Der Gedanke ist irgendwie beängstigend.

Harry

~*~

Mit jeder Zeile, die er von dem Brief las, zitterten Severus' Hände immer stärker. Er spürte kaum, daß er sich auf die Unterlippe biß, schmeckte nicht das Blut, das daraus hervorquoll.

Das einzige, was er fühlte, war grenzenlose Angst und ein Schmerz tief in seiner Brust, der dort nicht sein sollte.

*¤*.¸¸.·´¨`»*«´¨`·. ¸¸.*¤*

"If you read this line, remember not the hand that wrote it
Remember only the verse, songmaker`s cry, the one without tears
For I`ve given this its strength and it has become my only strength.
Comforting home, mother`s lap, chance for immortality
Where being wanted became a thrill I never knew
The sweet piano writing down my life"

*¤*.¸¸.·´¨`»*«´¨`·. ¸¸.*¤*

*Severus Snape*

Harry … kam nicht wieder. Das Dunkle Mal auf meinem Arm verschwand kurz vor Morgengrauen und seitdem ist es nie wieder auf meiner Haut erschienen. Nicht einmal die feinen weißen Linien, die wie eine Art Narbe all die Jahre zu sehen gewesen waren, in denen Voldemort geschlagen seine Kräfte von neuem gesammelt hatten, waren noch da.

Harry hat gesiegt.

Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat. Ich weiß nicht, welche Kräfte er plötzlich mobilisiert hat. Aber ich weiß, er ist alleine gegangen, er hat sein Schicksal erfüllt. Und er hat die Erwartungen an ihn befriedigt.

Seine Leiche wurde niemals gefunden und das ist der Grund, warum ich noch immer die Hoffnung hege, daß Harry eines Tages doch zu mir zurückkehrt. Die Hoffnung mag töricht sein, aber er hat mich an jenem Abend berührt, ein Zeichen auf meinem Herzen hinterlassen und seitdem vermisse ich ihn.

Der alte Zaubertrankmeister ist auf seine alten Tage weich und sentimental geworden. Aber es ist nicht schlimm, denn keiner weiß es.

Sie haben für ihn hier in Hogwarts eine Grabstätte errichtet. Ein leeres Grab für einen leeren Helden. Passend irgendwie.

Ich würde diesen Ort niemals besuchen, wenn ich noch die Macht über mich hätte, die ich damals an jenem Abend verloren habe. Ich habe sie nicht mehr, darum bin ich fast jede Nacht hier.

Nur in der Nacht, niemals am Tage. Und meine Anwesenheit hier ist ein Geheimnis, das ich mit niemandem außer Harry teilen würde. – Wenn er eines Tages wiederkommt, werde ich es tun.

Der Wind zerrt an meinem Umhang und meinen Haaren. Er ist heute nacht fast so stark wie damals auf dem Turm.

Fast zärtlich streiche ich zum Abschied über den weißen Marmor. Es ist kein wirklicher Abschied, so lange die Hoffnung in mir noch nicht gestorben ist, aber es ist ein merkwürdiger verquerer Akt der Höflichkeit, ein Drang, dem ich immer wieder nachgebe, auch wenn ich nicht glaube, daß er einen tieferen Sinn hat.

Ich wickle mich fester in meinen Umhang, als ich zurück zum Eingang des Schlosses gehe. Morgen ist Weihnachten, das erste Jahr ohne Harry liegt hinter mir und noch immer brennt es wie die Hölle. Es ist schlimmer als alles, was ich wegen Lucius durchgemacht habe.

In den ersten Wochen und Monaten hat es mich erschreckt, ich habe es geleugnet, wollte mir nicht eingestehen, was passiert war. Aber als dann langsam die Erkenntnis kam, daß es gar nicht anders sein konnte, kam auch die Akzeptanz für meine Gefühle.

Und auch wenn ich weiß, daß mich diese Gefühle für ihn eines Tages sehr verletzen werden, tiefere Wunden hinterlassen werden als meine Gefühle für Lucius, kann ich doch im Moment nicht anders, als an ihnen festhalten und dankbar für sie sein. Sie sind der einzige Grund, weshalb ich morgens noch aufstehe und mir die Mühe mache, jedem mehr oder weniger lebenden Wesen in Hogwarts weis zu machen, daß Severus Snape noch immer der alte ist, dem der angebliche Tod eines Helden namens Harry Potter nichts ausgemacht hat.

Sie sehen nicht, genau wie Harry gesagt hat und das ist gut so.

Seine Geschenke werden morgen wieder in meinem Wohnzimmer liegen wie vor einem Jahr und sie werden dort jedes Jahr liegen, bis er zurückkommt, um sie auszupacken oder ich mit Gewißheit weiß, daß er tot ist.

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"Teach me passion for I fear it`s gone
Show me love, hold the lorn
So much more I wanted to give to the ones who love me
I`m sorry
Time will tell (this bitter farewell)
I live no more to shame nor me nor you

And you... I wish I didn`t feel for you anymore..."

(Nightwish - "Dead Boy's Poem")

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Ende Teil 1
TBC

Ist Harry tot? Wie hat er Voldemort besiegt? Was ist mit Hermine passiert, als die Todesser sie in ihrer Gewalt hatten?

Und was wird aus Severus?

Tja, lest einfach die Author's Note (click ^_^)