Ja, das letzte Kapitel war tatsächlich etwas kürzer – und dieses
ist auch nicht allzu lang (bitte keine Steine schmeißen!)
Das nächste wird wieder länger, versprochen!
Kapitel 25
Legolas wunderte sich im Halbschlaf über den seltsamen Traum der letzten Nacht. Er hatte geträumt, dass Liralawen an sein Bett gekommen war und sich zu ihm legte. Das war das einzige an das er sich erinnern konnte, ansonsten hatte er in seiner Erschöpfung traumlos geschlafen.
Plötzlich bemerkte er einen warmen, weichen Körper, der fest an ihn gepresst war. Er musste sich noch immer in diesem Traum befinden und hoffte nicht so schnell aufzuwachen. Benommen zog er den Körper noch fester an sich und genoss die Wärme die von ihm ausging. Als er ein leises Seufzen hörte realisierte er schlagartig, dass er tatsächlich wach war und eine Elbin in seinen Armen hielt. Liralawen! Er versuchte sich völlig still zu halten um sie nicht aufzuwecken und blickte vorsichtig nach unten. Ihr Gesicht war zum Teil in sein Hemd vergraben und sie schlief entspannt. Legolas begann zu lächeln. Es fühlte sich gut an, sie zu halten. Sanft hauchte er einen Kuss auf ihr Haar und blieb danach wieder unbeweglich, um sie nicht zu wecken.
Es war schon später Vormittag als sich Liralawen plötzlich bewegte. Legolas war ebenfalls wieder eingedöst, und als die Prinzessin realisierte wo sie sich befand wollte sie sogleich aufspringen, doch Legolas Arme hatten sie fest umschlungen. Verwirrt blinzelte der Prinz und entließ sie aus seiner Umarmung.
„Es…. Es tut mir leid Legolas." Schnell entfernte sich Liralawen vom Bett und lief in ihr Zimmer. Als sie die Türe hinter sich schloss blieb sie stehen und lehnte sich zitternd an das massive Holz. Ihre Gedanken überschlugen sich und ein Gefühlssturm tobte in ihr. Gestern Nacht hatte es sich so „richtig" angefühlt als sich Legolas Arme um sie schlangen doch heute morgen kehrte ihre Angst wieder zurück – die große Angst vor dem anderen Geschlecht. Tränen liefen über ihre Wangen und sie schluchzte leise.
Legolas war wie versteinert einen Moment in seinem Bett sitzen geblieben. Enttäuscht realisierte er, dass Liralawen Angst vor ihm hatte. Dieser Gedanke traf ihn hart, doch nach kurzem Nachdenken sah er ein, dass Liralawen sich nicht vor ihm persönlich fürchtete. Ein Mann hatte ihre Würde mit Füßen getreten und ihre Seele war tief verletzt. Sie war nicht Herrin ihrer Gefühle und Gedanken. Legolas überlegte was er nun tun sollte, sie alleine lassen oder versuchen sie zu beruhigen. Er entschied sich für letzteres und stand aus dem Bett auf. Langsam ging er zu der Verbindungstüre und horchte. Liralawen musste noch an der Türe lehnen, denn er hörte ein leises Schluchzen durch das Holz.
„Liralawen?" Das Schluchzen wurde lauter. „Liralawen bitte weine nicht mehr. Du weißt, dass ich dir niemals weh tun könnte? Ich öffne jetzt die Türe." Das Schluchzen wurde leiser und Legolas öffnete behutsam die Tür. Auf keinen Fall wollte er das Mädchen erschrecken. Legolas schob sich durch den Türrahmen und sah Liralawen zurückweichen. Ihre Augen waren rot vom weinen und sie zitterte wie Espenlaub.
„Hab bitte keine Angst vor mir Liralawen. Ich möchte dir nur helfen." Legolas versuchte Augenkontakt mit Liralawen herzustellen und als sich ihre Blicke trafen entspannte sich die Prinzessin ein wenig. Da sie stumm blieb entschloss sich der Prinz zu sprechen um die ohnehin angespannte Lage nicht noch weiter zu verschärfen.
„Ich verstehe, dass du Angst vor jedem männlichen Wesen hast, Liralawen. Aber wir Beide haben das zusammen erlebt, und ich möchte dir helfen das durchzustehen."
Die Prinzessin nickte langsam und ihre Haltung entspannte sich weiter. „Es tut mir leid Legolas. Es war nicht sehr freundlich, so von dir wegzulaufen. Dafür gab es keinen Grund." Legolas lächelte verständnisvoll als er ihre geflüsterte Entschuldigung vernahm.
„Es ist in Ordnung Liralawen, mach dir keine Gedanken. Ich will nur dass es dir wieder besser geht. Wenn es dir hilft kannst du heute Nacht gerne wieder bei mir schlafen." Und mit gesenktem Kopf fügte er leise hinzu: „Mir würde es helfen."
Plötzlich fühlte sich Liralawen sehr selbstsüchtig und schlecht. Sie hatte sich völlig in Selbstmitleid versenkt und Legolas darüber ganz vergessen. Auch er war durch diese Hölle gegangen und mit einem Mal bemerkte sie die dunkeln Schatten um seine Augen und seine hängenden Schultern. Von dem einst so stattlichen Elbenprinz war nicht mehr viel übrig geblieben, genauso wenig wie von der stolzen Elbenprinzessin aus Lothlorien.
Sie überwand ihre Scheu und schritt auf Legolas zu. Als sie vor ihm stand hob er seinen Kopf wieder und Liralawen konnte in seine Augen sehen. Diese blauen Augen – in ihrer dunkelsten Stunde waren diese Augen Inseln der Hoffnung für sie gewesen und auch jetzt fand sie Trost in ihnen. Sanft umarmte Liralawen den Prinzen und seine Arme umschlossen sie. Die Prinzessin legte ihren Kopf an Legolas Schulter und er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Lange standen die beiden Elben so in Liralawens Zimmer und viele Tränen der Trauer flossen. Als sie sich endlich wieder voneinander lösten fühlten sich Beide besser und lächelten sich an. Legolas zog den Ärmel seines Hemdes nach vorne um sich damit über die Augen zu reiben.
„Gute Idee" murmelte Liralawen und da sie nur ein ärmelloses Nachthemd trug griff sie Legolas anderen Ärmel und zog in an ihr Gesicht. Legolas lachte leise, als sie sich damit über ihre Augen wischte und zog die Nase hoch.
„Gut dass uns zwei Jammerlappen jetzt niemand sehen kann." Nun musste auch Liralawen kichern und sie ließ Legolas Arm wieder los.
„Ja, es ist eine Schande was uns geworden ist. Die Gewitterziege und das Erbsenhirn liegen sich weinend in den Armen - wer hätte das je gedacht?" Nun lachten sie beide und Legolas sagte „Das Erbsenhirn wird sich jetzt in sein Badezimmer begeben. Wir sehen uns dann beim Mittagessen, kleine Gewitterziege!"
Für einen Moment hatten die Beiden vergessen können was ihnen angetan wurde, doch als jeder für sich allein in seiner Badewanne lag, kamen die dunklen Erinnerungen zurück und ihre Herzen sanken erneut. Die schrecklichen Bilder der letzten Tage ließen sich nur immer für kurze Momente aus ihren Köpfen verdrängen und sie hatten nicht an Schrecken verloren, wenn sie wiederkehrten. Körperlich waren Elben starke Geschöpfe, unsterblich und widerstandsfähig. Aber ihre Seelen waren empfindliche Gebilde und die tiefen Wunden würden lange brauchen um zu heilen.
