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With her first hello
She gave a meaning to this empty world of mine
There'd never be another love another time
She came into my life and made the living fine
She fills my heart /center
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Wütend liefen die beiden jungen Menschen unter einen Baum, um im Schutze seiner
dichtgewachsenen Äste das herabfallende Wasser von sich fern zu halten. Ein
lauter Donner ertönte und ließ die feuchten Zweige erbeben. Das nasse Laub
raschelte laut auf.
"So ein Mist!!" schrie der Junge zornig ohne seine Weggefährtin
anzuschauen. Sein langer, dunkler Pferdeschwanz flog ihm bei seinen hastigen
Bewegungen wild die Ohren. "Schlimm genug, dass mein Alter mich
ausgerechnet mit dir hier her geschickt hat wegen dieses blöden Trainings.
Jetzt muss es auch noch anfangen zu regnen!!" Außer sich stampfte er in
die mittlerweile aufgeweichte Erde.
"Ranma..." entgegnete das Mädchen in einer Mischung aus Trotz und
Besonnenheit. "Hier können wir nicht stehen bleiben. Hast du nicht gehört,
dass es blitzt?"
Entnervt rollte er mit den Augen und hob aufgebracht seine Arme. "Was
schlägst du vor?? Soll ich vielleicht einfach weiterlaufen und das Training als
Mädchen fortsetzen? Dann war doch alles umsonst! Frauen haben im Kampfsport
nichts zu suchen, das habe ich doch schon oft genug gesa--"
Noch eher er weiter sprechen konnte, traf ihn plötzlich ein harter Gegenstand
im Gesicht. "Verstehe..." gab sie daraufhin mit vor Wut bebender
Stimme zurück und zog den kleinen Schirm, mit dem sie Ranma soeben gewaltsam
zum Schweigen gebracht hatte, wieder an sich heran. "Aber alles, was ich
im Moment sehe, ist, dass du als Mann wirklich noch viel an deiner
Deckung arbeiten solltest!" Mit erhobener Nase betätigte sie ein kleines
Knöpfchen, um den Schirm weit auf zu spannen. "Jedenfalls habe ich im
Gegensatz zu dir natürlich an solche Situationen im Voraus gedacht und diesen
Klappschirm eingepackt."
Verdutzt schaute Ranma auf seine Begleitperson, während er sich den Kiefer
rieb.
"Na was denn? Kommst du nun oder nicht? Ich weiß ja nicht wie du das
siehst, aber ich bin dafür, dass wir uns schleunigst einen besseren und vor
allem sichereren Unterschlupf als diesen alten Baum suchen sollten!" Noch
immer beleidigt wandte sie ihr Gesicht von ihm ab und schielte nur kurz zu ihm
herüber. Dennoch bot sie ihm gleichzeitig fürsorglich Platz neben sich unter
dem Schirm an.
Einen Moment noch zögerte er. Einen Moment, den er brauchte, um in seinem Kopf
Klarheit über die tatsächlich sehr freundliche Geste, die ihm soeben entgegen
gebracht wurde, zu verschaffen. Mit einem dankenden Nicken trat er sodann zu
ihr und schwieg für die nächsten Minuten. Wie er so neben seiner oft so
geheimnisvollen Verlobten wider Willen herschritt, erkannte er, dass es wohl
doch nicht so schlimm gewesen war, von ihren Vätern gemeinsam auf diese
Trainingsreise geschickt worden zu sein. Denn wenn man außer Acht ließ, dass
sie hin und wieder zu brutalen Ausbrüchen neigte und sehr ziemlich verletzt war,
steckte in ihr doch eine sehr hilfsbereite Person. So verärgert er in den
vergangenen Stunden auch über ihre Anwesenheit, ihr ständiges Unzufriedensein,
schlichtweg über ihr Geschlecht, das auf einer Männerreise seiner Meinung nach
nicht das Geringste zu suchen hatte, war, desto wohler fühlte er sich ganz
plötzlich. Erst glaubte er, dieses mysteriöse 'wohlige Etwas' sei einfach der
Tatsache entsprungen, dass er ein weiteres Mal der Verwandlung zum Mädchen
entkommen war, denn nun konnte er bequem und gemütlich unter dem sicheren
Schirm nach einem trockenen Unterschlupf Ausschau halten. Doch schon bald wurde
ihm klar, dass da irgendwie noch mehr sein musste. Erleichterung macht sich
meistens in der Lunge bemerkbar. In etwa in Brusthöhe. Vielleicht sogar noch
ein Stückchen darüber. Ganz plötzlich aber empfand er anstelle des frischen
kühlen Windes in seiner Brust eher eine aufsteigende, knisternde Wärme in
seinem Bauch. Die Welt um sich herum vollkommen vergessend, gab er sich einfach
diesem Gefühl hin, ohne weiter den Grund erforschen zu wollen. Unausgesprochen
übergab er sein Vertrauen in Akanes Hände, die den Schirm trug und somit
Richtung und Tempo ihres ungeplanten Regenmarsches bestimmte. Manchmal konnte
sie wirklich wie ausgewechselt sein und scheinbar gar nichts mehr mit dem
üblichen aggressiven Machoweib zu tun haben.
Nach langer Zeit musste er nun erstmals wieder an jenen Tag zurückdenken, als
er in ihr Leben trat. Damals brach ein genau solcher Platzregen aus. Aber nicht
nur diese Gemeinsamkeit sollte diese beiden Tage prägen. Auch ihre freundliche
Begrüßung mit dem Angebot eine Freundschaft zu schließen bereiteten ihm ewige
Wärme in seinem sonst so kalten Herzen. Zumindest glaubte er, es sei kalt. Als
er noch ein Kind war, hatte sein Vater ihm stets einzuprägen versucht, niemals
große Gefühlsausbrüche zuzulassen, denn die Ehre eines Kampfsportlers ließe
dies nicht zu. Ranma wuchs im Widerspruch auf. Einerseits lernte er erbittert
und zielstrebig zu kämpfen, andererseits beobachtete er seinen Vater, wenn er
manchmal ganz plötzlich anfing zu weinen und zu betteln. Seit dem ersten Hallo,
das seine 'Verlobte' ihm geschenkt hatte, wuchs die Wärme, die sie in ihm
auslöste. Doch gleichzeitig hatte er sich stets gezwungen, eben diese
zurückzuhalten. Je größer und stärker die innere Wärme wurde, desto härter
kämpfte er dagegen an, redete sich ein, sie nicht einmal zu kennen. Und so
vergaß er sie mit der Zeit. Er hatte sie verdrängt, indem er sich immer neuen
Streitereien aussetzte, sie unbewusst provozierte. Aber nun, da diese Situation
auf unerklärliche Weise so viele Erinnerungen wieder wach rief, erinnerte er
sich. Sie beide waren ganz allein. Und obwohl er in den letzten drei Tagen kaum
etwas anderes getan hatte, als sie zu beleidigen und sie ihm bei diesem verhexten
Spiel immer wieder unwissend in die Falle tappte und wütend konterte oder
schmollte, war sie in einer für sie selbst nicht allzu großen Not dazu bereit,
über all dies hinweg zu sehen und ihm als Freund zur Seite zu stehen, der sie
vom ersten Tag an für ihn sein wollte. Wie bloß schaffte sie es, in bestimmten
Situationen einfach so nett zu sein? Ganz sicher hätten andere Mädchen, die
bedauernswerter Weise nur schwer aus seinem Leben wegzudenken wären, in einem
solchen Moment das selbe für ihn getan. Vielleicht hätten sie sogar einen viel
schöneren Schirm gehabt und ihn ihm ganz alleine überlassen. Doch jene Mädchen
verfolgten stets ein bestimmtes Ziel bei ihren Aktionen. Dieses hier handelte
ganz einfach selbstlos. Sie tat es aus Freundlichkeit, nicht um eine bestimmte
Gegenleistung zu erhalten. Ließ sie sich denn durch nichts abschrecken?
Wahrlich hatte er sein Bestmöglichstes getan, um sie vor ihm selbst zu
schützen, doch noch immer gab sie ihr erstes Versprechen an ihn nicht auf.
Entweder hatte er bisher eine sehr schlechte Leistung vollbracht, indem er sie
nicht weit genug von sich selbst wegdrängte oder... sie war ein Engel.
"Eine Höhle!" rief sie plötzlich in einem hellen Ton. "Schau
doch, Ranma. Wir sind gerettet!" Erfreut wandte sie ihr Gesicht zu ihm, um
seinen Blickkontakt einzufangen.
Noch immer sprach er nicht. Es war nicht so, dass er nicht wusste, was er sagen
sollte. Er wollte ganz einfach nicht sprechen, denn er hatte schlichtweg zu
viel zu sagen. In ihm brodelte die Angst, dass diese in seinem Bauch
schlummernden Worte unaufhaltsam zum Ausbruch kommen würden, sobald er seinen
Mund öffnete. Zu bedeutend war die Geste, welche sie ihm entgegen gebracht
hatte. Kaum einer hätte dies je verstanden. Aber sie tat es allem Anschein
nach. Sie schluckte alle Gedanken eines Streits herunter, um ihm zu helfen.
Denn er hasste es, sich in ein Mädchen zu verwandeln. Er hasste es abgrundtief,
Wölbungen an seinem Körper zu spüren, die plötzlich an Hüfte und Brust, statt
an den Oberarmen lagen. Er verabscheute es, klein und niedlich zu sein, hatte
er doch sein Leben lang nur darauf hingearbeitet, stark zu sein. Egal, wie
lange er den Fluch schon mit sich herumgetragen hatte und wie oft er sich
seitdem verwandeln musste, es änderte nichts daran, dass jedes einzelne Mal mit
einem großen Schrecken verbunden war. Denn ebenso bedeutete jedes Mal einen
weiteren Verlust, einen weiteren Beweis von Schwäche. Und obgleich sie es vom
ersten Tag an gehasst hatte, ihm im Kampf zu unterliegen, respektierte sie
diese seiner 'Ängste' und behandelte sie meist mit großer Behutsamkeit, statt
sie auszunutzen. So war eben nur sie: Akane.
Vorsichtig wrang sie ihre Jacke aus. Scheinbar spürte sie seinen
schuldbewussten Blick im Rücken, denn nach einiger Zeit, die er kein Wort
herausgebracht hatte, drehte sie sich schließlich zu ihm um. "Was ist
los?" Ihre Frage klang nicht so, als wäre sie ganz nebenbei gestellt
worden.
Zögerlich öffnete er seinen Mund und zog seine Schultern an. "Du... du
bist nass geworden", lautete seine Feststellung, doch seine Worte ertönten
fast schon als Frage.
Akane nickte. "Das macht mir nichts", sprach sie sodann weiter und
widmete sich wieder dem Trocknen ihrer Kleider. "Ich habe den Schirm
sowieso hauptsächlich deinetwegen mitgenommen. Auch wenn du es
eigentlich..."
"Auch,
wenn ich es eigentlich gar nicht verdient habe", fiel er ihr ins Wort.
Etwas erschrocken drehte sie sich zu ihm um und erkannte seinen ernsten, aber
dennoch warmen Blick. Dieser sollte jedoch nicht lange andauern, denn sobald ihn
ihre Augen trafen, wandte er sein Gesicht zur Seite und bemühte sich, sie mit
einer so kühlen und gleichgültigen Stimme wie nur irgend möglich zu
informieren, dass er ein kleines Feuer anzünden werde. Aus seinem schweren
Rucksack packte er alle nötigen Utensilien heraus. Kopfschüttelnd betrachtete
Akane sein Tun und gab dann ihre Verwunderung darüber kund, dass er
Streichhölzer und sogar trockene Holzscheite mit sich herumtrug, aber einen
simplen Alltagsgegenstand wie den Schirm vergaß.
"Du verstehst nichts davon. Bist ja nur ein Mädchen. So was ist eben
Männersache", gab er trocken zurück. Irgendetwas ärgerte ihn allmählich
wieder an ihrer Anwesenheit. Dieses Gefühl konnte er nicht genau erfassen, doch
er wusste, es war da. Hatte er sich eben noch zusammenreißen müssen, ihr keine
Liebeserklärung zu machen, so war er nun bereits wieder in der Stimmung, ihr
irgendeine Beleidigung an den Kopf zu werfen. Oder sie damit von sich fern zu
halten.
Sekunden der Schweigsamkeit zogen vorüber. Aus den Sekunden wurden Minuten, aus
den Minuten wurden Stunden. Bald wurde es Nacht. Seit Ranmas letztem Kommentar
über die angebliche geistige Rückständigkeit der Frau verblieben sie beide ohne
einen weiteren Wortwechsel. Viele Beschäftigungen bot die kleine Höhle ihnen nicht.
Rausgehen konnten sie noch viel weniger, da aus dem anfangs harmlosen kleinen
Frühlingsgewitter bald ein starker Sturm wurde, der wütend umher tobte. So
verbrachten sie die gemeinsame Zeit damit, still vor dem winzigen Lagerfeuer zu
hocken und in die Flamme zu starren.
Ranma dachte über nichts Bestimmtes nach. Durch die Jahre lange Übung hatte er
gelernt, seinen Kopf in schwierigen Situation frei zu machen. Dies war
definitiv eine sehr schwierige Situation. Noch nie zuvor hatte er so viel Zeit
alleine mit Akane auf solch engem Raum verbracht. In ihm mischten sich
abwechselnd Freude und Wut. War das anstrengend. Ein Glück für ihn, dass er
sich bestens in der Meditation verstand. Sein Geist schwebte hinfort,
überquerte die weiten Dächer, der schier endlosen Regenwälder, glitt durch die
unerforschten Tiefen des Ozeans und flog zuletzt schnell und hoch durch die
Lüfte wie ein geflügeltes Fabelwesen. Er war so stark in sein mentales Training
versunken, dass er gar nicht bemerkte, wie die Zeit vergangen war. Erst als
sein müdes Auge eine Bewegung auf der anderen Seite des Feuers wahrnahm, rührte
sich sein Körper langsam wieder.
Es war Akane. Mit einem langen Stock stocherte sie im Feuer herum. Allem
Anschein nach versuchte sie es anzubehalten. Ein Blick über seine linke
Schulter hinweg verriet ihm, dass die Sonne bereits untergegangen war. Zwar
hatte der Sturm sich mittlerweile gelegt, doch noch immer prasselten
vereinzelte Regentropfen vom schwarzen Nachthimmel herab. Erst jetzt erkannte
er auch den Duft, den der starke Regen in den Bäumen und Sträuchern
zurückgelassen hatte.
"Bist du müde?" fragte er sie leise und biss sich sofort auf seine
Zunge. Wie konnte er bloß vergessen, dass er für die nächste Zeit nicht mit ihr
reden wollte? Zu heikel war diese ganze Situation aber auch. Es drang keine
Antwort an sein Ohr. Bereits in der festen Annahme, dass sie bloß wieder
schmollte, richtete er sich ein Stück weit auf, um ihr Gesicht besser erkennen
zu können und vor ihr dann wieder einmal gehörig seine Meinung zu vertreten.
Doch mit offenem Mund stockte er. Das kleine orangefarbene Licht, das von unten
herauf ihr Gesicht beleuchtete, ließ sie so vollkommen anders als sonst
aussehen. Verwundert legte er seinen Kopf schief. Ganz plötzlich sah sie gar
nicht mehr wirklich wie Akane aus. Natürlich hatte sie noch immer die selben
Gesichtszüge, war von der selben Statur, hatte die selbe Frisur - einfach alle
Formen waren die selben wie vorher. Dennoch lag etwas Fremdes auf ihr. So
nachdenklich wie sie in die kleine Flamme schaute, die ihr warmes Licht
spendete, wirkte sie fast nicht mehr menschlich. Auch nicht tierisch, nein.
Eher übermenschlich. Die zarten, warmen Töne, welche ihr Antlitz auf so
ungewohnte Art berührten, verliehen ihr etwas geradezu Mystisches. Sie sah aus
wie ein Engel.
"Warum starrst du mich so an?" fragte sie nach einer Weile in einem
ruhigen Ton. Sie zitterte am ganzen Körper. Erst jetzt erkannte Ranma dies,
nachdem er durch die leichte Vibration in ihrer Stimme darauf aufmerksam
geworden war.
"I-ich..." begann er verunsichert, als er mit hochrotem Kopf ertappt
wurde. "Ich hab' dir eine Frage gestellt und du hast nicht
geantwortet!" Innerlich klopfte er sich selbst auf die Schulter für seine
brillante Reaktionsfähigkeit und dem hinzu noch sehr scharfen Ton, den er
spontan ergriff.
"Ich habe dir geantwortet", gab sie jedoch sofort zurück und
zerstörte früh all seinen sich gerade aufbauenden Stolz. "Hör das nächste
Mal einfach zu. Ich sagte, dass ich müde bin, aber hier ganz sicher nicht
schlafen kann."
Ranma schluckte. "Wieso nicht?" Mehr konnte er vorerst nicht heraus
bringen.
Noch immer schaute sie nicht vom Feuer hoch. "Meine Sachen sind komplett
durchnässt und die Schlafsäcke hast du ja freiwillig zurückgelassen."
Er öffnete bereits seinen Mund, doch noch ehe er sprechen konnte, kam sie ihm
mit seinem Standartsatz vorweg: "Männersache - ich weiß." Plötzlich
bildeten sich winzige Tränen in ihren Augen. Schützend vergrub sie ihr Gesicht
in ihren Armen, die sie um die angewinkelten Beine verschränkte. "Aber
lei-- leider bin ich nun mal kein Mann."
Das war wieder mal zu viel für ihn. Was hatte sie nun schon wieder? Sie war
doch sonst immer so taff. Warum bloß fing sie ausgerechnet jetzt an zu weinen?
Weit und breit war niemand, den er hätte zu Hilfe ziehen können. Nun war er
ganz allein gefragt. Den Anblick eines weinenden Mädchens konnte er noch nie
ertragen. Ganz besonders nicht, wenn es sich um dieses Mädchen handelte.
Irgendwie musste er sie trösten. Doch wie? Er hatte ja keinen blassen Schimmer,
warum sie denn überhaupt weinte.
"A-akane..." setzte er etwas tollpatschig an, als er näher rückte und
legte ihr zaghaft einen Arm um die Schulter. Ungewohntes Gefühl. Jetzt saßen
sie also beide mutterseelenallein in einer kleinen Höhle vor einem romantischen
Feuer und er hielt sie praktisch im Arm. Ihr schnelles Hochschrecken bei seiner
plötzlichen Berührung machte es nicht gerade einfacher. Schwer schluckte er. Da
sie sich vorhin ihre Jacke ausgezogen hatte, war ihr Oberkörper nur noch mit
einem T-Shirt bekleidet. Seine Hand lag an ihrem nackten Arm, auf ihrer glatten
Haut. Hautkontakt... in einer kleinen Höhle vor einem romantischen Feuer. Es
gibt tatsächlich immer eine Steigerung! Aber nein... Er wollte sie doch
trösten, weil sie auf einmal anfing zu weinen. Voller Konzentration bemühte er
sich, sein inneres Gleichgewicht zu finden und sich durch keine dummen Gedanken
mehr ablenken zu lassen. Doch plötzlich bemerkte er etwas Seltsames. Es war
nicht bloß so, dass sie zitterte, ihre Haut war zudem eiskalt. Fragend richtete
er sein Gesicht auf sie. Erst durch die gewonnene Nähe erkannte er ihren
blassen Teint.
"Akane? Geht es dir gut?" fragte er besorgt und konnte doch die
Antwort deutlich von ihren Augen ablesen.
"Mir ist kalt..." flüsterte sie. Ihre Lippen waren blau gefärbt.
Seine Sorge wuchs. Eilig schnappte er sich ihren Rucksack und kramte alles
hervor, was der Inhalt ihm bot. Doch nichts davon war auch nur ansatzweise
trocken. Fluchend stopfte er ihr durchnässtes Gut wieder zurück in die Tasche
und drehte sich dann verzweifelt zu seiner eigenen um. Mit einem Kopfschütteln
schloss er seine Augen. Er hatte nichts anderes eingepackt als Brennholz und
Unmengen an Proviant.
"Oh Mist!" fluchte er noch einmal und zog an seinem eigenen Haar.
Akanes Anblick schmerzte ihn. Es schmerzte ihn, dass es ihr schlecht ging, weil
sie ihrer Selbstlosigkeit wegen für ihn unter dem Schirm Platz gemacht hatte
und dadurch selbst ganz nass wurde. Aber ganz besonders schmerzte es ihn, dass
er noch immer eines ganz genau wusste: Er hatte es nicht mal verdient.
"Bleib doch ruhig, Ranma. Mir ist nur kalt. Das ist alles."
Erschrocken wandte er sich zu ihr. Nein, das war nicht alles. Für ihn war es so
viel mehr. Aber wie sollte sie es auch verstehen? Wieder betrachtete er ihre
Erscheinung ausgiebig. Obwohl er bereits ihr bleiches Gesicht und den
bläulichen Mund bemerkt hatte, änderte sich nichts an der Tatsache, dass sie
noch immer aussah wie ein Engel. Ein Engel... Ein selbstloser, freundlicher,
hübscher Engel, der vor langer Zeit, als er auf diesen stieß, ein zunächst
kleines Lichtlein in ihm anzündete und ihm damit einen Sinn schenkte, auf
dieser Welt zu sein.
"D-du wirst meine Kleider bekommen. Sie sind noch ganz trocken."
Angestrengt spielte er ein gelassenes Lächeln hervor. "Ich hab' sie sogar
extra angewärmt."
Akanes blasse Wangen glühten schlagartig hellrot auf.
"Du... kannst doch nicht... du kannst doch nicht nackt hier drinnen
sitzen." Verlegen sank ihr Blick zu Boden. So tat es auch Ranmas. Gepackt
von einer neuen Idee setzte er an zu sprechen, doch ein weiteres Mal kam Akane
ihm zuvor: "Vergiss es. Du wirst dir nicht meine nassen Kleider anziehen.
Außerdem weißt du ganz genau, dass sie dir nicht passen, selbst, wenn du dich
verwandelst."
Er seufzte. Im Moment war ihm so gar nicht danach, sie zu beleidigen oder gar
zu verletzen, aber dennoch stimmte es. Zwar war sie nicht dick, aber ihre Figur
unterschied sich doch gewaltig von der seinen. Eigentlich war es eher
andersherum; ihre Kleider waren zu schmal geschnitten für seinen Körper.
"Und was..." begann er nach einem Moment leise. "Wenn ich mir
die Kleider nicht ausziehe?"
Verwundert schaute Akane zu ihm auf und blickte ihm fragend ins Gesicht.
Ranma beantwortete ihre stumme Frage, indem er wieder näher zu ihr rückte und
vorsichtig und doch in einer schnellen, möglichst emotionslosen Bewegung beide
Arme eng um ihren Körper schlang. "Versteh mich nicht falsch",
ermahnte er sie trotzig. "Ich tue das nur, damit du nicht mehr
frierst."
"Wieso um alles in der Welt sollte ausgerechnet ich--" setzte sie
wütend an, verstummte aber plötzlich und atmete laut aus. "Können... wir
denn--? Würde es dir nichts ausmachen?"
Wortlos schüttelte Ranma den Kopf und signalisierte ihr somit, dass er willens
war, sie die ganze Nacht hindurch in seinen Armen warm zu halten. Mit ernster
Miene starrte er an die Höhlenwand. Sie war grau und sah sehr glitschig aus.
Genau das Richtige für sein Auge. Er musste sich auf etwas fixieren, das
möglichst kalt wirkte, sodass er jegliche Gefühle vergessen konnte. Sodass er
schnell nicht mehr bemerkte, dass es sich irgendwie gut anfühlte, Akanes
schmale Gestalt sanft an sich zu pressen. Eine unglaublich harte Nuss war es.
Aber sicher zu bewältigen, ganz sicher...
Auf einmal fasste sie zaghaft mit beiden Händen seine Schultern und lehnte ihr
Gesicht gegen seine Brust. Ein zufriedener Seufzer ertönte. "Gute Nacht,
Ranma", flüsterte sie und klang so süß und unschuldig wie ein kleines
Baby.
Sein Gesicht war wie versteinert. Es fühlte sich an, als hätte er soeben eine
dieser Injektionen bekommen, die er vom Zahnarzt her kannte. Solche, welche
einem jegliches gewohntes Gefühl entziehen. Was zurückbleibt ist ein bloßes
undefinierbares Kribbeln. Auch wenn er eine ebensolche Spritze erst ein
einziges Mal bekommen hatte, würde er diese Wirkung nie vergessen. Besonders
jetzt erinnerte er sich dunkel daran, da seine aufkommenden Gefühle denen von
damals sehr stark glichen. Nicht imstande, seine Gesichtsmuskeln im Zaum zu
halten, weiteten sich seine Augen. Nur innerlich streichelte ihn ein
unsichtbares Lächeln.
Die felsige Wand färbte sich rosa-rot und wirkte so weich wie tausend
Wattebäusche.
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Dunkelheit...
~Du erinnerst dich.
Woran erinnere ich mich?
~An mich.
Wer bist du?
~Das weißt du.
...
~Schon einmal hast du so empfunden.
Ich erinnere mich nicht.
~Du warst gerade mal sechs Jahre alt, als ihr euch begegnet seid.
Wem soll ich begegnet sein?
~Ihr.
Nein... Ich erinnere mich nicht.
~Ihr beide ward noch sehr klein. Es war bei Osaka.
Was war bei Osaka?
~Sie saß auf einem Stein und weinte. Du erkanntest ihr Gesicht nicht,
~denn sie verbarg es hinter ihren winzigen Händen.
Warum wollte ich es erkennen?
~Obwohl du sie nicht kanntest, tat dir ihr Schluchzen so sehr weh
~in deinem Herzen.
Wer war sie?
~Ein Engel...
...
