Teil 2
Begegnungen
"Ich habe es satt", das Mädchen mit den offenen grünen Haaren warf den Putzlappen in die Ecke. "Wir scheuern und scheuern und es wird doch nie wie neu aussehen."
"Da hast du recht!" Ihre Freundin warf den dunkelroten Zopf nach hinten. "Aber was sollen wir sonst tun? Es verdrecken lassen?"
"Wessen Idee war es eigentlich, dass wir auf diesem Rummelplatz um Arbeit bitten?", mischte sich ein anderes Mädchen mit pinken Haaren ein, die sie seit neuestem kurz geschnitten trug.
"Ich glaube deiner", kam es aus der hinteren Ecke, wo ein viertes Mädchen mit einem blauen Pferdeschwanz dabei war, einem Karussellpferd den Bauch zu scheuern.
"Am liebsten würde ich den ganzen Kram einfach liegen und stehen lassen und mich auf die Suche nach einem Zirkus machen", seufzte die Grünhaarige.
"Du sprichst mir aus der Seele, JunJun. Aber erinnere dich, dass wir es schon bei drei Zirkussen versucht haben. Wir sind einfach zu alt, um die Leute mit unseren Tricks zu verblüffen."
"Also daran lag es nicht, VesVes!", protestierte JunJun. "Wir haben nur seit Ewigkeiten nicht mehr trainiert und sind komplett aus der Übung. Nicht wahr, SeleSele?"
Das Mädchen mit den rosa Haaren tauchte ihre Lappen in den Eimer mit dem Seifenwasser. "Wundert euch das etwa?", sagte sie und rieb dem Elefanten energisch über die Ohren. "Im Waisenhaus gab es ja nicht mal eine anständige Turnhalle. Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn wir nicht versucht hätten, uns auf eigene Faust durchzuschlagen."
"Ganz einfach", klang es von hinten, wo das blauhaarige Mädchen nun den Drachen mit der Bürste bearbeitete, "die Polizei hätte uns nicht aufgegriffen und in das Waisenhaus gesteckt."
"Du hättest ihnen ja nicht unbedingt erzählen müssen, dass wir von einer anderen Welt kommen, die zwei Monde hat, PallaPalla. Es hat nicht viel gefehlt und sie hätten uns in ein Irrenhaus gesteckt."
"Ich finde immer noch, wir hätten uns auf die Suche nach Sailormoon machen sollen", sagte JunJun. "Die hätte uns bestimmt geholfen."
"Falls du es vergessen hast", erwiderte VesVes und hob JunJuns Putzlappen auf, "war da diese Galaxia und der ganze Rummel, den sie veranstaltet hat. Wir können froh sein, dass sie mit der fertig geworden ist. Wir wären ihr nur ein Klotz am Bein gewesen."
"Ich vermisse meinen Ball", kam es von hinten.
" PallaPalla, bitte nicht schon wieder diese Leier!", zischte VesVes. "Wir haben es schon hundert mal gehört. Wir alle vermissen manchmal die Zauberkräfte, die wir gehabt haben. Aber das ist nun schon mehr als fünf Jahre her. Jetzt sind wir nach der Rechnung der Menschen hier achtzehn Jahre alt und müssen ohne Zauberei zurechtkommen. Und jetzt scheuert endlich weiter, sonst gibt es ein Donnerwetter, wenn das Nilpferd auftaucht."
Die vier Mädchen legten sich schweigend ins Zeug. Das Karussell hatte schon bessere Tage gesehen, genauso wie das kleine Zirkuszelt in der Mitte des Rummelplatzes und das Riesenrad. Dennoch lag hier fast so etwas wie Zirkusatmosphäre in der Luft und nach ihrer Arbeit durften die Mädchen meist im Zelt an den Seilen und Trapezen üben. Zwar waren sie immer noch weit von ihrer früheren Form entfernt, aber so ließ sich das Gefühl der Nutzlosigkeit, der Zukunftslosigkeit wenigstens ertragen.
Sie waren gerade fertig und wollten ihr Schmutzwasser ausleeren, da deutete VesVes auf eine Bank ganz in der Nähe des Karussells. "Seht doch, da drüben sitzt jemand, der sich anscheinend noch mieser fühlt wie wir."
Ein Mädchen, das in ihrem Alter zu sein schien hockte mit dem Rücken zu ihnen auf der Bank. Eine schwarze Kugel lag neben ihr, ihre Schultern bebten und ihr rosa Zopf, viel heller als SeleSeles Haare, zuckte hin und her. Sie weinte.
"Seltsam. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich müsste sie kennen", sagte VesVes.
"Ich auch, trotzdem fällt mir kein Name ein, der zu solchen Haaren passt, und euch?", fragte JunJun.
PallaPalla und SeleSele schüttelten die Köpfe. PallaPalla gab sich als erste einen Ruck und ging zu dem weinenden Mädchen hinüber.
"Der Rummelplatz hat leider geschlossen", sagte sie, "können wir dir sonst helfen?"
Das Mädchen mit den rosa Haaren hob den Kopf. Ihre rotbraunen Augen trafen die strahlend blauen von PallaPalla. Es schüttelte den Kopf. "Danke", schnüffelte sie, "aber mir kann niemand helfen", sie sah PallaPalla genauer an. "Kennen wir uns von irgendwo her?"
"Das gleiche Gefühl hatte ich auch", sagte PallaPalla. "Wie heißt du?"
"Man nennt mich Kleine Lady", sagte das Mädchen, "und dich?"
Vor einiger Zeit hatten die vier beschlossen, ihre alten Namen nur noch untereinander zu benützen und sich für den Alltag gewöhnlichere zuzulegen, bei denen die Menschen nicht immer den Kopf schüttelten.
"Ich bin Palia", sagte PallaPalla. Sie winkte die anderen herbei und stellte sie auch mit den neuen Namen vor. "Das sind Vesna, Selei und Juna."
"Es ist wirklich komisch, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass wir uns kennen", sagte JunJun. "Wohnst du hier in der Nähe?"
"Nein, ich wohne sehr, sehr weit entfernt. Das ist erst mein dritter Besuch in Tokio. Das letzte mal war ich vor zehn Jahren hier."
Die vier wechselten lange Blicke und schüttelten die Köpfe. Vor zehn Jahren waren sie noch auf ihrem Heimatplaneten gewesen.
"Dann siehst du vielleicht nur jemandem ähnlich, den wir mal gekannt haben", sagte VesVes. "Warum bist du denn so traurig?"
Kleine Lady versuchte ein zittriges Lächeln. "Es ist nichts..."
"Na komm", VesVes ließ sich neben ihr auf die Bank plumpsen. "Kein Mädchen weint wegen nichts."
"Hast du Ärger zuhause?", fragte PallaPalla.
Kleine Lady verneinte, aber den vier Mädchen entging der Schatten nicht, der beim Wort "zuhause" über ihr Gesicht huschte.
"Wenigstens hat sie ein zuhause", sagte PallaPalla laut. "Wir dagegen verschimmeln auf diesem Rummelplatz."
Als Kleine Lady sie erstaunt ansah, zuckte PallaPalla mit den Achseln. "Siehst du die zwei Wohnwägen dahinten? Dort schlafen wir."
"Wenn es euch hier nicht gefällt", sagte Kleine Lady, dankbar, von ihren düsteren Gedanken abgelenkt zu werden, "warum sucht ihr euch nicht etwas anderes?"
"Wohin sollen wir gehen?", fragte JunJun. "Wir waren früher mal Artisten bei einem großen Zirkus, aber das ist lange her."
Kleine Lady schluckte. Konnte es sein, dass diese vier .... "Artisten? Was habt ihr für Nummern aufgeführt?"
"Also ich war große Klasse mit dem Ball", sagte PallaPalla und ein sehnsüchtiger Glanz trat in ihre Augen.
"Mich und Selei konnte am Trapez niemand schlagen", sagte SeleSele und seufzte.
"Tja und bei meinen Tiernummern blieb den Zuschauern immer die Spucke weg", fügte VesVes verträumt hinzu.
Ein kleiner Hund kam heran gelaufen. VesVes zauberte einen Leckerbissen hervor und im Nu vollführte der Hund ein paar unglaubliche Kunststücke.
"Offenbar hast du noch nicht alles verlernt", sagte Kleine Lady und streichelte den braungefleckten Mischling.
"Na ja", VesVes kratzte sich am Kopf, "für die Tiger und Löwen reicht es noch nicht."
Angespornt durch VesVes Beispiel rannte PallaPalla zu dem schäbigen, kleinen Zirkuszelt, das den Mittelpunkt des Rummelplatzes darstellte. Hier hatten meist nur Clowns ihre Vorstellung, dennoch gab es für die wenigen Tiernummern hinter der Manege einiges an Zubehör. Dazu gehörte auch ein großer, blauer Ball, den sonst die Elefanten zum Gaudium der Zuschauer über den Sand rollten. Die anderen waren ihr gefolgt und sahen zu, wie sie ihre Schuhe abstreifte und mit einem eleganten Sprung auf dem Ball landete. Mit kleinen Schritten lenkte sie ihn voran in die Manege, vor und zurück, im Kreis und auf der Stelle.
"Das kannst du toll!", rief Kleine Lady. PallaPalla sprang herunter. "Früher konnte ich auch noch Saltos schlagen und im Handstand auf dem Ball balancieren", sagte das blauhaarige Mädchen.
Nun wollten auch JunJun und SeleSele ihr Können auffrischen. Die beiden Trapeze waren zwar schon etwas verstaubt, aber die Seile hielten noch etwas aus. Die beiden Mädchen kletterten an einem Seil nach oben und schaukelten hin und her, schließlich riskierte SeleSele einen einfachen Salto, bei dem JunJun sie auffing. Die anderen klatschten Beifall, als die beiden nach gelungenem Test wieder herunter kletterten.
"Früher wären da mindestens noch zwei Überschläge mehr drin gewesen", keuchte SeleSele. JunJun nickte.
"Es hat Spaß gemacht", sagte JunJun, "trotzdem habe ich das komische Gefühlt, dass es dennoch nicht das ist, was ich eigentlich tun möchte."
"Wie meinst du das?", fragte Kleine Lady.
"Nun ja, wir vier haben vom Zirkus geträumt, von Vorstellungen und Kunststücken. Aber der Gedanke, vor einer riesigen Menge in einem Glizterkostüm vor Publikum herumzuturnen, ist auf einmal nicht mehr so verlockend. Vielleicht haben wir mehr verloren, als nur unsere frühere Topform."
Die vier sahen sich betreten an. "Mir ist es ähnlich gegangen", sagte VesVes. "Komisch, das Zelt lag ja die ganze Zeit vor unserer Nase. Trotzdem haben wir zwar für uns allein trainiert, es jedoch bisher vermieden, Kunststücke vor Publikum auszuprobieren. Fast, als hätten wir geahnt, dass hier nicht mehr unsere Zukunft haben."
"Aber wenigstens konnten wir dich etwas aufheitern", sagte SeleSele zu Kleine Lady.
Schlagartig fiel dieser wieder ein, warum sie eigentlich hierher gekommen war, und der Kummer kam wieder in ihr hoch.
In diesem Moment gab es draußen einen großen Tumult. Schreie waren zu hören und ein dumpfes Grollen bei dem sich ihnen die Nackenhaare sträubten. Die fünf Mädchen eilten hinaus und blieben erschrocken stehen.
"Was ist denn das?", rief PallaPalla verstört.
Mitten in der Luft über dem Karussell war ein schwarzer Fleck erschienen, er glänzte feucht wie vergossene Tusche, kreuz und quer darin verliefen roten Stränge wie Adern, in denen unheilvolle Energie pulsierte. Aus diesem ekelhaften Fleck heraus erstreckten sich lange, dünne Fangarme, welche sich um die wenigen frühen Besucher des Rummelplatzes schlangen.
"Sie werden ja blass wie Gespenster!", schrie VesVes erschrocken. Tatsächlich verloren die Opfer der Tentakeln ihre Farben und verblassten zu Gestalten wie aus uralten Filmen. Zudem wurden sie zunehmend durchscheinender und es war abzusehen, dass sie sich bald völlig auflösen wurden.
Auch Kleine Lady war kreidebleich im Gesicht. Sie griff in ihre Tasche und packte ihre Brosche. Doch sie zögerte. Pegasus würde ihr nicht zu Hilfe kommen, das wusste sie. Daher hatte sie ja auch geweint, ehe die vier Mädchen sie fanden. Ihr war wieder eingefallen, was damals passiert war, als sie plötzlich den Körper eines Teenagers gehabt hatte. Sie war nicht mehr die süße, kleine Chibi Usa, sie war nicht mehr "sein kleines Mädchen". Er steckte nicht länger in ihrem Traum, daher war es sinnlos, ihn zu rufen und was konnte sie schon ohne seinen Beistand ausrichten? Ja, das Herz auf dem Glockengriff konnte ein paar kleine Energieherzen aussenden, aber gegen dieses Monster war der Kinderkram nutzlos. Ein Seitenblick zeigte ihr, dass auch die vier Mädchen sich mit hilfloser Verzweiflung ansahen. Offenbar hatten sie in all dem Schrecken schon vergessen.
PallaPalla, VesVes, CereCere und JunJun wünschten sich ihre Bälle herbei. Ihre Kräfte und Fähigkeiten waren bis auf die Akrobatik und ein paar simple Tricks verloren gegangen und mit einer Ananas war dieses Unding hier nicht zu besiegen.
Plötzlich hörte Kleine Lady ein Weinen und drehte sich um. Ein kleines Mädchen, etwa acht Jahre alt mit zwei schwarzen Zöpfen kauerte neben dem Zelteingang. Es zitterte am ganzen Körper und zwischen den haltlosen Schluchzern war immer wieder das gleiche Wort zu verstehen: "Mama!" Kleine Lady sah zu den Opfern hinüber und nur wenige Schritte vor dem Karussell, lag eine junge Frau bewusstlos auf dem Boden, um ihre Beine hatte sich eine der widerlichen Tentakeln gewickelt.. Sie hatte schon fast ihre ganze Farbe verloren doch ihre langen, schwarzen Haare glänzten noch und sie hatten beide Arme flehentlich in Richtung ihres Kindes gestreckt.
Kleine Lady war, als packte eine eiskalte Hand ihr Herz. Sie sah sich wieder in Kristalltokyo, während des Angriffes des Schwarzen Mondes, sah wieder wie ihre Mutter um ein Haar getötet wurde und Tränen des Mitgefühls sammelten sich in ihren Augen. Die vier Mädchen hatten das Kind noch nicht bemerkt. Kleine Lady schluckte schwer, und schlich sich unbemerkt in das Zelt zurück. Die Hand hatte sie in die Tasche mit der Brosche gesteckt. Der sonst kühle, rosa Kristall darin erwärmte sich und sie fühlte unter ihren Fingern so etwas wie ein aufforderndes Pulsieren, so als wollte er sie dazu bringen, die Brosche zu benutzen. Das Zelt war dunkel und Menschenleer. "Ich kann nicht in dem rosa Kostüm auftreten, das ich als Chibimoon getragen haben, die vier, wenn sie es wirklich sind, würden mich gleich erkennen. Vielleicht taucht ja auch noch Sailormoon auf..., ich brauche ein Kostüm, das völlig anders ist als mein früheres." Die Brosche pulsierte noch immer, so als hätte sie genau verstanden, worum es ging. "Also gut", flüsterte Kleine Lady und zog die Brosche hervor.
--------------------------------------------------------------------------
"Das kannst du nicht tun!", sagte Shingo eindringlich zu Neo Königin Serenity. "Dein Volk erwartet dich, jeder Tag ist genau geplant, du kannst jetzt nicht einfach nach Kristalltokio zurück kehren, nur weil du ein ungutes Gefühl hast."
"Es ist mehr als nur ein Gefühl", sagte Serenity und schlang ihre Finger ineinander. "Ich bin mir absolut sicher, dass meiner Kleinen etwas zugestoßen ist. Wenn wir wenigstens Verbindung bekommen könnten..."
"Das beunruhigt mich auch", sagte Shingo, "aber dafür kann es viele Gründe geben. Ein Stromausfall, eine andere technische Panne, eine Störung des Magnetfeldes,...."
"Oder aber eine Störung im Raum-Zeit-Kontinuum", sagte eine ruhige Stimme vom Eingang her.
Königin Serenitys Kopf ruckte herum. "Pluto!" Sie wurde noch etwas blasser. Dass eine der Äußeren Kriegerinnen ihren Posten verließ bedeutete nichts Gutes.
"Meine Königin!" Pluto beugte ein Knie und senkte den Kopf, wie sie es immer tat, wenn sie Serenity als Königin und nicht als gute Freundin gegenüber trat. Serenitys Augen wurde dunkel vor Sorge.
"Erhebe dich, Wächterin der Zeit und berichte", forderte die Königin sie so gefasst wie möglich auf.
"Kleine Lady hat das Zeittor durchschritten, meine Königin. Ich folgte ihrer Spur und sie führt in das vergangene Tokyo."
Serenity schluckte. "Ich wusste, es war ein Fehler sie allein zu lassen", sagte sie mit einem vorwurfsvollen Seitenblick auf ihren Bruder. "Jetzt ist sie aus Einsamkeit davon gelaufen." Sie biss sich auf die Lippen. "Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihr damals noch einmal begegnet bin...."
"Sie ist auch nicht in jene Zeit zurückgekehrt, wo sie als Kind so glücklich war, sondern genau fünf Jahre später. Damals wart ihr und der König doch auf Hochzeitsreise in Europa und auch wir Sailorkrieger hatten alle Japan verlassen, um uns in Amerika und Europa weiter zu bilden. Es gab keine Anzeichen für neue Gefahren... Doch nun sieht es so aus, als sei eine unbekannte Macht dabei, diesen Teil der Vergangenheit zu verändern. Es ist nicht wegen der Rückkehr der Kleinen Lady, in der Zeit, in die sie sich begeben hat gehen unheimliche Dinge vor, deren Quelle weder Sailorsaturn noch Sailorneptun derzeit bestimmen können."
"Kann es sein, dass die Prinzessin deshalb in die Vergangenheit gereist ist?", fragte eine tiefe, besorgte Stimme vom Eingang her. Der König hatte den letzten Teil des Gespräches noch gehört und eilte nun an die Seite seiner Königin. Gern hätte sich Serenity von ihm trösten lassen, aber sie wusste, dass es nun wichtige Entscheidungen zu fällen galt.
"Das glaube ich weniger", sagte Pluto. In ihrem Blick lagen sowohl Sorge als auch Entschlossenheit und tiefer Respekt vor dem König. "Die Störung trat erst vor wenigen Minuten auf. Die Inneren Senshi bereiten sich darauf vor, nach Kristalltokio zu teleportieren, um mehr herauszufinden."
"Da will ich...", sagte Serenity, aber Endymion schüttelte den Kopf. "Wir haben hier Verpflichtungen, die wir nicht einfach links liegen lassen können", sagte er und man sah ihm an, wie schwer ihm dieser Satz fiel. "Ich und die Königin bleiben hier, damit sich das Volk sicher fühlt und keine dummen Gerüchte aufkommen, die dem Ansehen der Prinzessin schaden." Er sah tief in die leuchtend blauen Augen seiner Königin, das Vertrauen und die absolute Liebe darin ließen ihn innerlich erbeben, und er betete stumm, dass er die richtige Entscheidung traf.
"Luna und Artemis sollen die Inneren Senshi begleiten", sagte Serenity schweren Herzens. "Was haben die äußeren Senshi vor?"
"Wir verstärken den Schutz rund um die Zeittore und die Grenzen des Sonnensystems. Wenn die Quelle des Übels, was auch immer dahinter steckt, hier eindringen will, muss er oder sie es zuerst mit uns aufnehmen."
Pluto erhob sich und in ihren Augen glomm ein düsteres Feuer, das Serenity frösteln machte. Seit jeher hatte sich die Wächterin der Zeit eng mit Kleine Lady verbunden gefühlt und ihr wie auch Saturn hatte es immer leid getan, dass sie ihr nicht öfters in Kristalltokio Gesellschaft leisten konnten. Wer sich an der Prinzessin des Silbermillenniums vergriff, würde es bitter bereuen.
"Wer wird nach der Prinzessin suchen?", fragte Shingo nach einer beklemmenden Pause.
"Niemand!", sagte Pluto mit einer Endgültigkeit, die alle sprachlos machte. "Jeder Zeitsprung könnte die Störung des Kontinuums verstärken und vielleicht bricht der ganze Korridor zusammen. Dann kann auch die Kleine Lady niemals wieder hierher zurück..."
Ende des zweiten Teiles
Begegnungen
"Ich habe es satt", das Mädchen mit den offenen grünen Haaren warf den Putzlappen in die Ecke. "Wir scheuern und scheuern und es wird doch nie wie neu aussehen."
"Da hast du recht!" Ihre Freundin warf den dunkelroten Zopf nach hinten. "Aber was sollen wir sonst tun? Es verdrecken lassen?"
"Wessen Idee war es eigentlich, dass wir auf diesem Rummelplatz um Arbeit bitten?", mischte sich ein anderes Mädchen mit pinken Haaren ein, die sie seit neuestem kurz geschnitten trug.
"Ich glaube deiner", kam es aus der hinteren Ecke, wo ein viertes Mädchen mit einem blauen Pferdeschwanz dabei war, einem Karussellpferd den Bauch zu scheuern.
"Am liebsten würde ich den ganzen Kram einfach liegen und stehen lassen und mich auf die Suche nach einem Zirkus machen", seufzte die Grünhaarige.
"Du sprichst mir aus der Seele, JunJun. Aber erinnere dich, dass wir es schon bei drei Zirkussen versucht haben. Wir sind einfach zu alt, um die Leute mit unseren Tricks zu verblüffen."
"Also daran lag es nicht, VesVes!", protestierte JunJun. "Wir haben nur seit Ewigkeiten nicht mehr trainiert und sind komplett aus der Übung. Nicht wahr, SeleSele?"
Das Mädchen mit den rosa Haaren tauchte ihre Lappen in den Eimer mit dem Seifenwasser. "Wundert euch das etwa?", sagte sie und rieb dem Elefanten energisch über die Ohren. "Im Waisenhaus gab es ja nicht mal eine anständige Turnhalle. Manchmal frage ich mich, was passiert wäre, wenn wir nicht versucht hätten, uns auf eigene Faust durchzuschlagen."
"Ganz einfach", klang es von hinten, wo das blauhaarige Mädchen nun den Drachen mit der Bürste bearbeitete, "die Polizei hätte uns nicht aufgegriffen und in das Waisenhaus gesteckt."
"Du hättest ihnen ja nicht unbedingt erzählen müssen, dass wir von einer anderen Welt kommen, die zwei Monde hat, PallaPalla. Es hat nicht viel gefehlt und sie hätten uns in ein Irrenhaus gesteckt."
"Ich finde immer noch, wir hätten uns auf die Suche nach Sailormoon machen sollen", sagte JunJun. "Die hätte uns bestimmt geholfen."
"Falls du es vergessen hast", erwiderte VesVes und hob JunJuns Putzlappen auf, "war da diese Galaxia und der ganze Rummel, den sie veranstaltet hat. Wir können froh sein, dass sie mit der fertig geworden ist. Wir wären ihr nur ein Klotz am Bein gewesen."
"Ich vermisse meinen Ball", kam es von hinten.
" PallaPalla, bitte nicht schon wieder diese Leier!", zischte VesVes. "Wir haben es schon hundert mal gehört. Wir alle vermissen manchmal die Zauberkräfte, die wir gehabt haben. Aber das ist nun schon mehr als fünf Jahre her. Jetzt sind wir nach der Rechnung der Menschen hier achtzehn Jahre alt und müssen ohne Zauberei zurechtkommen. Und jetzt scheuert endlich weiter, sonst gibt es ein Donnerwetter, wenn das Nilpferd auftaucht."
Die vier Mädchen legten sich schweigend ins Zeug. Das Karussell hatte schon bessere Tage gesehen, genauso wie das kleine Zirkuszelt in der Mitte des Rummelplatzes und das Riesenrad. Dennoch lag hier fast so etwas wie Zirkusatmosphäre in der Luft und nach ihrer Arbeit durften die Mädchen meist im Zelt an den Seilen und Trapezen üben. Zwar waren sie immer noch weit von ihrer früheren Form entfernt, aber so ließ sich das Gefühl der Nutzlosigkeit, der Zukunftslosigkeit wenigstens ertragen.
Sie waren gerade fertig und wollten ihr Schmutzwasser ausleeren, da deutete VesVes auf eine Bank ganz in der Nähe des Karussells. "Seht doch, da drüben sitzt jemand, der sich anscheinend noch mieser fühlt wie wir."
Ein Mädchen, das in ihrem Alter zu sein schien hockte mit dem Rücken zu ihnen auf der Bank. Eine schwarze Kugel lag neben ihr, ihre Schultern bebten und ihr rosa Zopf, viel heller als SeleSeles Haare, zuckte hin und her. Sie weinte.
"Seltsam. Irgendwie habe ich das Gefühl, ich müsste sie kennen", sagte VesVes.
"Ich auch, trotzdem fällt mir kein Name ein, der zu solchen Haaren passt, und euch?", fragte JunJun.
PallaPalla und SeleSele schüttelten die Köpfe. PallaPalla gab sich als erste einen Ruck und ging zu dem weinenden Mädchen hinüber.
"Der Rummelplatz hat leider geschlossen", sagte sie, "können wir dir sonst helfen?"
Das Mädchen mit den rosa Haaren hob den Kopf. Ihre rotbraunen Augen trafen die strahlend blauen von PallaPalla. Es schüttelte den Kopf. "Danke", schnüffelte sie, "aber mir kann niemand helfen", sie sah PallaPalla genauer an. "Kennen wir uns von irgendwo her?"
"Das gleiche Gefühl hatte ich auch", sagte PallaPalla. "Wie heißt du?"
"Man nennt mich Kleine Lady", sagte das Mädchen, "und dich?"
Vor einiger Zeit hatten die vier beschlossen, ihre alten Namen nur noch untereinander zu benützen und sich für den Alltag gewöhnlichere zuzulegen, bei denen die Menschen nicht immer den Kopf schüttelten.
"Ich bin Palia", sagte PallaPalla. Sie winkte die anderen herbei und stellte sie auch mit den neuen Namen vor. "Das sind Vesna, Selei und Juna."
"Es ist wirklich komisch, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass wir uns kennen", sagte JunJun. "Wohnst du hier in der Nähe?"
"Nein, ich wohne sehr, sehr weit entfernt. Das ist erst mein dritter Besuch in Tokio. Das letzte mal war ich vor zehn Jahren hier."
Die vier wechselten lange Blicke und schüttelten die Köpfe. Vor zehn Jahren waren sie noch auf ihrem Heimatplaneten gewesen.
"Dann siehst du vielleicht nur jemandem ähnlich, den wir mal gekannt haben", sagte VesVes. "Warum bist du denn so traurig?"
Kleine Lady versuchte ein zittriges Lächeln. "Es ist nichts..."
"Na komm", VesVes ließ sich neben ihr auf die Bank plumpsen. "Kein Mädchen weint wegen nichts."
"Hast du Ärger zuhause?", fragte PallaPalla.
Kleine Lady verneinte, aber den vier Mädchen entging der Schatten nicht, der beim Wort "zuhause" über ihr Gesicht huschte.
"Wenigstens hat sie ein zuhause", sagte PallaPalla laut. "Wir dagegen verschimmeln auf diesem Rummelplatz."
Als Kleine Lady sie erstaunt ansah, zuckte PallaPalla mit den Achseln. "Siehst du die zwei Wohnwägen dahinten? Dort schlafen wir."
"Wenn es euch hier nicht gefällt", sagte Kleine Lady, dankbar, von ihren düsteren Gedanken abgelenkt zu werden, "warum sucht ihr euch nicht etwas anderes?"
"Wohin sollen wir gehen?", fragte JunJun. "Wir waren früher mal Artisten bei einem großen Zirkus, aber das ist lange her."
Kleine Lady schluckte. Konnte es sein, dass diese vier .... "Artisten? Was habt ihr für Nummern aufgeführt?"
"Also ich war große Klasse mit dem Ball", sagte PallaPalla und ein sehnsüchtiger Glanz trat in ihre Augen.
"Mich und Selei konnte am Trapez niemand schlagen", sagte SeleSele und seufzte.
"Tja und bei meinen Tiernummern blieb den Zuschauern immer die Spucke weg", fügte VesVes verträumt hinzu.
Ein kleiner Hund kam heran gelaufen. VesVes zauberte einen Leckerbissen hervor und im Nu vollführte der Hund ein paar unglaubliche Kunststücke.
"Offenbar hast du noch nicht alles verlernt", sagte Kleine Lady und streichelte den braungefleckten Mischling.
"Na ja", VesVes kratzte sich am Kopf, "für die Tiger und Löwen reicht es noch nicht."
Angespornt durch VesVes Beispiel rannte PallaPalla zu dem schäbigen, kleinen Zirkuszelt, das den Mittelpunkt des Rummelplatzes darstellte. Hier hatten meist nur Clowns ihre Vorstellung, dennoch gab es für die wenigen Tiernummern hinter der Manege einiges an Zubehör. Dazu gehörte auch ein großer, blauer Ball, den sonst die Elefanten zum Gaudium der Zuschauer über den Sand rollten. Die anderen waren ihr gefolgt und sahen zu, wie sie ihre Schuhe abstreifte und mit einem eleganten Sprung auf dem Ball landete. Mit kleinen Schritten lenkte sie ihn voran in die Manege, vor und zurück, im Kreis und auf der Stelle.
"Das kannst du toll!", rief Kleine Lady. PallaPalla sprang herunter. "Früher konnte ich auch noch Saltos schlagen und im Handstand auf dem Ball balancieren", sagte das blauhaarige Mädchen.
Nun wollten auch JunJun und SeleSele ihr Können auffrischen. Die beiden Trapeze waren zwar schon etwas verstaubt, aber die Seile hielten noch etwas aus. Die beiden Mädchen kletterten an einem Seil nach oben und schaukelten hin und her, schließlich riskierte SeleSele einen einfachen Salto, bei dem JunJun sie auffing. Die anderen klatschten Beifall, als die beiden nach gelungenem Test wieder herunter kletterten.
"Früher wären da mindestens noch zwei Überschläge mehr drin gewesen", keuchte SeleSele. JunJun nickte.
"Es hat Spaß gemacht", sagte JunJun, "trotzdem habe ich das komische Gefühlt, dass es dennoch nicht das ist, was ich eigentlich tun möchte."
"Wie meinst du das?", fragte Kleine Lady.
"Nun ja, wir vier haben vom Zirkus geträumt, von Vorstellungen und Kunststücken. Aber der Gedanke, vor einer riesigen Menge in einem Glizterkostüm vor Publikum herumzuturnen, ist auf einmal nicht mehr so verlockend. Vielleicht haben wir mehr verloren, als nur unsere frühere Topform."
Die vier sahen sich betreten an. "Mir ist es ähnlich gegangen", sagte VesVes. "Komisch, das Zelt lag ja die ganze Zeit vor unserer Nase. Trotzdem haben wir zwar für uns allein trainiert, es jedoch bisher vermieden, Kunststücke vor Publikum auszuprobieren. Fast, als hätten wir geahnt, dass hier nicht mehr unsere Zukunft haben."
"Aber wenigstens konnten wir dich etwas aufheitern", sagte SeleSele zu Kleine Lady.
Schlagartig fiel dieser wieder ein, warum sie eigentlich hierher gekommen war, und der Kummer kam wieder in ihr hoch.
In diesem Moment gab es draußen einen großen Tumult. Schreie waren zu hören und ein dumpfes Grollen bei dem sich ihnen die Nackenhaare sträubten. Die fünf Mädchen eilten hinaus und blieben erschrocken stehen.
"Was ist denn das?", rief PallaPalla verstört.
Mitten in der Luft über dem Karussell war ein schwarzer Fleck erschienen, er glänzte feucht wie vergossene Tusche, kreuz und quer darin verliefen roten Stränge wie Adern, in denen unheilvolle Energie pulsierte. Aus diesem ekelhaften Fleck heraus erstreckten sich lange, dünne Fangarme, welche sich um die wenigen frühen Besucher des Rummelplatzes schlangen.
"Sie werden ja blass wie Gespenster!", schrie VesVes erschrocken. Tatsächlich verloren die Opfer der Tentakeln ihre Farben und verblassten zu Gestalten wie aus uralten Filmen. Zudem wurden sie zunehmend durchscheinender und es war abzusehen, dass sie sich bald völlig auflösen wurden.
Auch Kleine Lady war kreidebleich im Gesicht. Sie griff in ihre Tasche und packte ihre Brosche. Doch sie zögerte. Pegasus würde ihr nicht zu Hilfe kommen, das wusste sie. Daher hatte sie ja auch geweint, ehe die vier Mädchen sie fanden. Ihr war wieder eingefallen, was damals passiert war, als sie plötzlich den Körper eines Teenagers gehabt hatte. Sie war nicht mehr die süße, kleine Chibi Usa, sie war nicht mehr "sein kleines Mädchen". Er steckte nicht länger in ihrem Traum, daher war es sinnlos, ihn zu rufen und was konnte sie schon ohne seinen Beistand ausrichten? Ja, das Herz auf dem Glockengriff konnte ein paar kleine Energieherzen aussenden, aber gegen dieses Monster war der Kinderkram nutzlos. Ein Seitenblick zeigte ihr, dass auch die vier Mädchen sich mit hilfloser Verzweiflung ansahen. Offenbar hatten sie in all dem Schrecken schon vergessen.
PallaPalla, VesVes, CereCere und JunJun wünschten sich ihre Bälle herbei. Ihre Kräfte und Fähigkeiten waren bis auf die Akrobatik und ein paar simple Tricks verloren gegangen und mit einer Ananas war dieses Unding hier nicht zu besiegen.
Plötzlich hörte Kleine Lady ein Weinen und drehte sich um. Ein kleines Mädchen, etwa acht Jahre alt mit zwei schwarzen Zöpfen kauerte neben dem Zelteingang. Es zitterte am ganzen Körper und zwischen den haltlosen Schluchzern war immer wieder das gleiche Wort zu verstehen: "Mama!" Kleine Lady sah zu den Opfern hinüber und nur wenige Schritte vor dem Karussell, lag eine junge Frau bewusstlos auf dem Boden, um ihre Beine hatte sich eine der widerlichen Tentakeln gewickelt.. Sie hatte schon fast ihre ganze Farbe verloren doch ihre langen, schwarzen Haare glänzten noch und sie hatten beide Arme flehentlich in Richtung ihres Kindes gestreckt.
Kleine Lady war, als packte eine eiskalte Hand ihr Herz. Sie sah sich wieder in Kristalltokyo, während des Angriffes des Schwarzen Mondes, sah wieder wie ihre Mutter um ein Haar getötet wurde und Tränen des Mitgefühls sammelten sich in ihren Augen. Die vier Mädchen hatten das Kind noch nicht bemerkt. Kleine Lady schluckte schwer, und schlich sich unbemerkt in das Zelt zurück. Die Hand hatte sie in die Tasche mit der Brosche gesteckt. Der sonst kühle, rosa Kristall darin erwärmte sich und sie fühlte unter ihren Fingern so etwas wie ein aufforderndes Pulsieren, so als wollte er sie dazu bringen, die Brosche zu benutzen. Das Zelt war dunkel und Menschenleer. "Ich kann nicht in dem rosa Kostüm auftreten, das ich als Chibimoon getragen haben, die vier, wenn sie es wirklich sind, würden mich gleich erkennen. Vielleicht taucht ja auch noch Sailormoon auf..., ich brauche ein Kostüm, das völlig anders ist als mein früheres." Die Brosche pulsierte noch immer, so als hätte sie genau verstanden, worum es ging. "Also gut", flüsterte Kleine Lady und zog die Brosche hervor.
--------------------------------------------------------------------------
"Das kannst du nicht tun!", sagte Shingo eindringlich zu Neo Königin Serenity. "Dein Volk erwartet dich, jeder Tag ist genau geplant, du kannst jetzt nicht einfach nach Kristalltokio zurück kehren, nur weil du ein ungutes Gefühl hast."
"Es ist mehr als nur ein Gefühl", sagte Serenity und schlang ihre Finger ineinander. "Ich bin mir absolut sicher, dass meiner Kleinen etwas zugestoßen ist. Wenn wir wenigstens Verbindung bekommen könnten..."
"Das beunruhigt mich auch", sagte Shingo, "aber dafür kann es viele Gründe geben. Ein Stromausfall, eine andere technische Panne, eine Störung des Magnetfeldes,...."
"Oder aber eine Störung im Raum-Zeit-Kontinuum", sagte eine ruhige Stimme vom Eingang her.
Königin Serenitys Kopf ruckte herum. "Pluto!" Sie wurde noch etwas blasser. Dass eine der Äußeren Kriegerinnen ihren Posten verließ bedeutete nichts Gutes.
"Meine Königin!" Pluto beugte ein Knie und senkte den Kopf, wie sie es immer tat, wenn sie Serenity als Königin und nicht als gute Freundin gegenüber trat. Serenitys Augen wurde dunkel vor Sorge.
"Erhebe dich, Wächterin der Zeit und berichte", forderte die Königin sie so gefasst wie möglich auf.
"Kleine Lady hat das Zeittor durchschritten, meine Königin. Ich folgte ihrer Spur und sie führt in das vergangene Tokyo."
Serenity schluckte. "Ich wusste, es war ein Fehler sie allein zu lassen", sagte sie mit einem vorwurfsvollen Seitenblick auf ihren Bruder. "Jetzt ist sie aus Einsamkeit davon gelaufen." Sie biss sich auf die Lippen. "Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich ihr damals noch einmal begegnet bin...."
"Sie ist auch nicht in jene Zeit zurückgekehrt, wo sie als Kind so glücklich war, sondern genau fünf Jahre später. Damals wart ihr und der König doch auf Hochzeitsreise in Europa und auch wir Sailorkrieger hatten alle Japan verlassen, um uns in Amerika und Europa weiter zu bilden. Es gab keine Anzeichen für neue Gefahren... Doch nun sieht es so aus, als sei eine unbekannte Macht dabei, diesen Teil der Vergangenheit zu verändern. Es ist nicht wegen der Rückkehr der Kleinen Lady, in der Zeit, in die sie sich begeben hat gehen unheimliche Dinge vor, deren Quelle weder Sailorsaturn noch Sailorneptun derzeit bestimmen können."
"Kann es sein, dass die Prinzessin deshalb in die Vergangenheit gereist ist?", fragte eine tiefe, besorgte Stimme vom Eingang her. Der König hatte den letzten Teil des Gespräches noch gehört und eilte nun an die Seite seiner Königin. Gern hätte sich Serenity von ihm trösten lassen, aber sie wusste, dass es nun wichtige Entscheidungen zu fällen galt.
"Das glaube ich weniger", sagte Pluto. In ihrem Blick lagen sowohl Sorge als auch Entschlossenheit und tiefer Respekt vor dem König. "Die Störung trat erst vor wenigen Minuten auf. Die Inneren Senshi bereiten sich darauf vor, nach Kristalltokio zu teleportieren, um mehr herauszufinden."
"Da will ich...", sagte Serenity, aber Endymion schüttelte den Kopf. "Wir haben hier Verpflichtungen, die wir nicht einfach links liegen lassen können", sagte er und man sah ihm an, wie schwer ihm dieser Satz fiel. "Ich und die Königin bleiben hier, damit sich das Volk sicher fühlt und keine dummen Gerüchte aufkommen, die dem Ansehen der Prinzessin schaden." Er sah tief in die leuchtend blauen Augen seiner Königin, das Vertrauen und die absolute Liebe darin ließen ihn innerlich erbeben, und er betete stumm, dass er die richtige Entscheidung traf.
"Luna und Artemis sollen die Inneren Senshi begleiten", sagte Serenity schweren Herzens. "Was haben die äußeren Senshi vor?"
"Wir verstärken den Schutz rund um die Zeittore und die Grenzen des Sonnensystems. Wenn die Quelle des Übels, was auch immer dahinter steckt, hier eindringen will, muss er oder sie es zuerst mit uns aufnehmen."
Pluto erhob sich und in ihren Augen glomm ein düsteres Feuer, das Serenity frösteln machte. Seit jeher hatte sich die Wächterin der Zeit eng mit Kleine Lady verbunden gefühlt und ihr wie auch Saturn hatte es immer leid getan, dass sie ihr nicht öfters in Kristalltokio Gesellschaft leisten konnten. Wer sich an der Prinzessin des Silbermillenniums vergriff, würde es bitter bereuen.
"Wer wird nach der Prinzessin suchen?", fragte Shingo nach einer beklemmenden Pause.
"Niemand!", sagte Pluto mit einer Endgültigkeit, die alle sprachlos machte. "Jeder Zeitsprung könnte die Störung des Kontinuums verstärken und vielleicht bricht der ganze Korridor zusammen. Dann kann auch die Kleine Lady niemals wieder hierher zurück..."
Ende des zweiten Teiles
