Teil 5

Chibi Usa war wieder ein Kind. Sie trug ihr Sailorchibimoonkostüm und hielt die Glocke mit dem Herzgriff in der Hand. Um sie herum waberte dichter Nebel, doch irgendwie wusste sie genau, dass da vor ihr der See lag, an dem sie sich zum ersten Mal mit Pegasus getroffen hatte. Voller Vorfreude lief sie schnurgerade aus. Was hatte sie Pegasus nicht alles zu erzählen. Sie lief schneller und schneller und endlich teilte sich der Nebel. Vor ihr lag eine Szene, die sie erschrocken inne halten ließ und ihre einen eisigen Schrecken einjagte. Der stille, klare See, in dem sich funklende Sterne gespiegelt hatten, war nicht mehr. An seiner statt gluckerte ein schlammiger Tümpel leise vor sich hin. Blasen stiegen aus dem schleimigen, grünbraunen Wasser auf und zerplatztem mit einem ekelhaften Geräusch. Der Geruch von Tod und Verwesung hing wie eine Wolke über dem See. Der große Baum unter dessen Blätterdach sie mit Pegasus gestanden hatte, war nur noch ein schwarzes Gerippe überzogen mit grünlich-weißen Schimmelpilzen.

"Was ist hier passiert?", hörte sie sich selbst fragen. Die Glocke an ihr Herz gepresst ging sie um den See herum, in der Hoffnung auf eine Antwort zu stoßen. Nachdem sie einmal rings herum gegangen war, kam sie wieder bei dem toten Baum an. Im Schlamm zu ihren Füßen waren deutlich die Abdrücke von Hufen zu sehen. War Pegasus hier irgendwo?

"Pegasus!!!", rief sie so laut sie konnte.

Stille.

Sie hielt den Atem an, rührte sich nicht.

Stille.

Dann plötzlich wie aus dem Nichts ein leises Wiehern hinter ihrem Rücken.

Erleichtert schnellte sie herum und .... erstarrte.

Hinter ihr stand, nein besser gesagt schwebte Pegasus. Aber er war nicht das wunderschöne, leuchtende Pferd mit dem goldenen Horn und den glänzenden Schwingen, das sie in Erinnerung gehabt hatte, vor ihr schwebte ein Schemen, ein blasser Umriss eines mageren, schmutzigen Pegasus mit verfilztem Fell und zerfledderten Flügeln.

Seine Stimme war wenig mehr als ein Hauch.

"Wer bist du?", fragte er.

Die Tränen traten ihr in die Augen. Sie hob die Glocke. "Ich bin es, Chibi Usa, Chibimoon, dein kleines Mädchen!"

Pegasus Augen weiteten sich. "Niemals!", hauchte er.

Genau in diesem Moment spürte Chibi Usa wie sie sich veränderte, wie sie wuchs und ihr Sailorkostüm sich in das Kleid von Black Lady verwandelte. In ihren Händen hielt sie nicht länger eine Glocke sondern Luna P, auf deren Stirn sich ein schwarzer Halbmond befand.

"Nein!!!", schrie sie entsetzt auf. Da packte sie eine Hand von hinten an der Schulter und....

.... sie erwachte.

"Chibi Usa!", es war PallaPalla in ihrem himmelblauen Pyjama, die hinter ihr stand und sie wach gerüttelt hatte.

"Danke!", flüsterte Chibi Usa. "Ich hatte..."

"Einen schrecklichen Alptraum, ich weiß", gähnte PallaPalla. "So laut wie du geschrien hast."

"Oh... tut mir leid, dass ich dich geweckt habe", entschuldigte sich Chibi Usa.

"Halb so wild. Was hast du denn geträumt?"

"Ich habe Pegasus getroffen, aber er war nur ein Geist und hat mich nicht erkannt, denn ich sah genauso aus wie", sie schluckte, "wie Black Lady."

"Wer ist Black Lady?", fragte PallaPalla.

Erleichterung durchströmte Chibi Usa. Ihre neuen Freunde hatten niemals Black Lady gesehen oder von ihr gehört. Endlich hatte sie jemanden gefunden, der sich nicht ihres Äußeren wegen unbehaglich fühlte.

"Nicht so wichtig", murmelte sie. "Lass uns weiter schlafen, ja?"

"Gute Idee." PallaPalla kroch in ihr Bett zurück. Chibi Usa wälzte sich auf die andere Seite und fasste unter ihr Kopfkissen. Dort lag die Glocke. Sie packte sie mit einer Hand und schloss die Augen.

Den Rest der Nacht über schlief sie tief und traumlos.

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"Und dank Dianas guter Nase haben wir dann den Platz gefunden, wo dieser Grabstein stand", berichtete Jupiter den anderen Senshi.

"Hmmm", Venus rieb sich das Kinn. "Also ist es Pegasus, den sie retten will."

"Sieht ganz so aus", sagte Mars. "Dieses Mädchen! Sie ist genauso stur wie ihre Mutter. Immer zuerst handeln und dann erst nachdenken. Was wird Usagi dazu sagen?"

"Wir sollten erst einmal Merkurs Nachforschungen abwarten", sagte Jupiter. "Je mehr Beweise wir für unsere Vermutung haben, desto besser."

Genau in diesem Augenblick tauchte Sailormerkur in der Türe auf. Sie hielt ein Bündel Blätter in der Hand.

"Ratet mal, über wen Kleine Lady zuletzt Informationen abgerufen hat!", rief sie aufgeregt.

"Pegasus, Helios", sagte Mars trocken.

"Ihr wisst es schon?", Merkur ließ enttäuscht die Blätter sinken.

"Dennoch ist es gut, dass du zum selben Schluss gelangt bist", beeilte sich Venus zu sagen. "Jetzt haben wir zwei Hinweise, wenn ich der Königin Bericht erstatte." Sie räusperte sich und klappte den Deckel ihres Armbandkommunikators auf. "Mal sehen wie sie es aufnimmt", murmelte sie halblaut ehe sie den Code für die Verbindung eintippte.

----------------------------------------------- "Nicht so lahm, Prinzessin! Etwas mehr Schwung bitte", JunJun rannte mit gleichmäßigen Laufschritten über das Gelände. Chibi Usa, die eine verwaschene Jogginghose und ein ausgebleichtes T-shirt trug, hechelte hinter ihr her.

"Du ... sollst mich ... nicht .... so ..... anreden", keuchte sie mit rotem Gesicht. Sie waren bereits bei der dritten Runde und eigentlich wäre Chibi Usa schon nach der ersten die Puste ausgegangen, wenn JunJun sie nicht dauernd angetrieben hätte. Das grünhaarige Mädchen war eine unbarmherzige Trainerin.

"Du kannst von Glück sagen, dass ich nun ein braves Mädchen bin und für die Guten kämpfe", grinste JunJun. Sie verlangsamte ihr Tempo und fiel zurück bis sie mit Chibi Usa gleichauf war. "Früher habe ich krassere Trainingsmethoden bevorzugt."

"Welche ... denn?", fragte Chibi Usa und sah sich nach einem geeigneten Platz zum Verschnaufen um.

"Einem Jungen, dem ich das Bockspringen beibringen wollte, habe ich mit einem Bären sozusagen auf die Sprünge geholfen. Wie würde es dir gefallen, wenn ein Tiger hinter dir her wäre?"

Irgendwo hinter ihnen hörten sie tiefes, drohendes Brüllen.

ChibiUsa durchfuhr es eiskalt. Gab es hier auch eine Raubtierschau? Plötzlich flogen ihre Schuhe nur so über den Boden. Im Nu hatte sie JunJun abgehängt, die aber rasch wieder aufholte.

Ehe sie sich versahen, hatten sie Runde vier begonnen. Sie kamen wieder an der gleichen Stelle vorbei und sahen - eine PallaPalla, die einen Kassettenrecorder in der Hand hielt und sich vor Lachen krümmte.

"Da hast du den Tiger", meinte JunJun und lachte.

ChibiUsa war mittlerweile endgültig die Puste ausgegangen und sie war sogar zu erschöpft, um auf PallaPalla loszugehen.

"Ich ... kann ... nicht .... mehr", japste sie und ließ sich auf die nächste Bank plumpsen.

JunJun sah sie kopfschüttelnd an. "So etwas von verweichlicht... Da haben wir ja noch einige Arbeit vor uns. Jetzt ruh dich ein paar Minuten aus, dann beginnen wir mit Gleichgewichtsübungen. Am besten eignet sich dafür ..."

"Ein Ball!" PallaPalla rollte ihren eigenen großen blauen Ball auf die Wiese. "Für dich müsste auch noch einer im Zelt sein, JunJun."

"In Ordnung", sagte JunJun, "aber eigentlich wollte ich auf dem Hochseil üben."

ChibiUsa wurde kreidebleich. "Da brech ich mir ja alle Knochen!"

"Nicht wenn du richtig fallen kannst. Und das wollte ich dir ja beibringen. Aber für den Anfang genügt auch ein Ball. Sofern du", und sie zeigte mit dem Zeigefinger auf PallaPalla, "dich nicht einmischst."

"Wo werde ich denn", sagte PallaPalla mit unschuldigem Blick, "ich habe noch Wichtiges zu tun."

"Dann fang mal damit an!", sagte JunJun. "Sonst wirst du nämlich nie damit fertig!"

PallaPalla streckte ihr die Zunge heraus und spazierte ins Zelt zurück. Von dort holte sich JunJun einen grünen Ball und rollte diesen neben den Blauen.

"Beginne wir damit, wie man am besten auf einen Ball hinaufkommt", sagte sie und hüpfte aus dem Stand auf den grünen Ball. Der Ball zitterte leicht, aber JunJun hatte ihn voll unter Kontrolle. "Jetzt du!", sagte sie zu ChibiUsa, die mit zweifelndem Gesicht den blauen Ball ansah, der ihr bis zur Schulter reichte. Das würde noch ein furchtbarer Tag werden! ------------------------------------------------------------------------- Der Tempel erzitterte unter der Wucht der Angriffe des schwarzen Drachen. Die beiden Irrlichter kauerten in der innersten Kammer des Tempels bei einer goldenen Lichtsäule in deren Mitte ein Kristall schwebte. Bei jedem Schlag flackerte das Licht des Kristalls und draußen konnte man den Drachen frustriert heulen hören, weil er den Schutz des Tempels nicht zum Einsturz bringen konnte.

*Wie lange wird er so weiter machen?*, fragte das rosa Licht.

*Bis er uns hat oder müde wird*, gab das gelbe Licht zurück. Tigerauge sah die Lichtsäule hinauf zum Kristall. *Mit ihm hat das ganze Unglück begonnen. Wenn er sich nicht in dieser Säule eingeschlossen hätte, dann wäre das mit Helios nicht passiert, dann wäre er noch hier.*

*Bist du so sicher, dass es nicht etwa umgekehrt war?*, fragte Falkenauge. *Wir waren doch die ganze Zeit im Wald. Vielleicht ist der Kristall erst so unnahbar geworden nachdem Helios verloren war.*

*Das ist jetzt egal, aber wir brauchen den Kristall, um Fischauges letzten Wunsch zu erfüllen*, sagte Tigerauge. Er schwebte empor, bis er auf einer Höhe mit dem Kristall war. *Irgendwie muss es uns gelingen, in den Traum eines Menschen einzudringen, der Helios einen Grabstein setzen kann. Dann haben wir unser Versprechen erfüllt.*

*Leider scheint der Kristall etwas dagegen zu haben*, meinte Falkenauge trocken. *Geh nicht näher an das Licht, sonst wirst du gegrillt!*

*Aber wenn wir gar nichts tun, stürzt der Tempel über uns ein, begräbt uns und den Kristall unter sich.*

*Soweit wird der Kristall es nicht kommen lassen!*, meinte Tigerauge zuversichtlich. Sein letzter Gedanke hing noch in der Luft, da erstrahlte der Goldene Kristall auf einmal in hellem Licht.

*Pass auf!*, sandte ihm Falkenauge zu, aber Tigerauge war schon in die Tiefe gesackt und flackerte erschrocken auf dem Boden. Das Licht des Kristalls wurde stärker, und wie als Antwort darauf begann auch der Tempel selbst zu leuchten.

Draußen schrie der schwarze Drache vor Schmerz und wich von dem Säulen zurück, gegen die er eben noch mit voller Wucht angerannt war.

Sein Reiter riss die Arme hoch und schütze seine Augen vor dem Licht des Tempels. Dennoch war er einige Minuten lang blind vor Tränen.

*Das hat keinen Sinn*, sagte er, als er endlich wieder in der Lage war, seine Umgebung zu erkennen. *Wir müssen erst noch viel stärker werden, wir brauchen mehr Farben, um einen Schutz gegen das goldene Licht aufzubauen. Lass uns einen neuen Boten zur Erde schicken. Es ist zwar früher als geplant, aber ich habe einen im Sinn, der sich durch keine lästige Störung von seinem Auftrag abhalten lässt.*

Er zog am Zügel und dirigierte den Drachen vom Tempel fort, zurück auf die Ebene in Richtung des toten Kristallwaldes. Hinter ihnen erlosch das Lichts des Tempels langsam.

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"Und jetzt lass dich fallen, probier einen Salto und lande auf beiden Beinen!", dirigierte CereCere.

"Es ist ein bisschen hoch", wagte Chibi Usa zu bemerken. Der Boden befand sich für ihren Geschmack in ziemlich tief unten. Es war erst ihr dritter Trainingstag und sie konnte vor Muskelkater kaum noch aufrecht gehen. Zudem hatte sie mehr blaue Flecken als sie zählen konnte. Nein, das Leben im Kristallpalast hatte sie kein bisschen auf das hier vorbereitet.

"Schau einfach mir zu", sagte CereCere. Sie schwang sich ein, zweimal hin und her am Trapez, dann ließ sie die Stange los. In der Luft machte sie einen eleganten Salto und landete schließlich mit beiden Beinen sicher auf dem Boden.

"Jetzt bist du an der Reihe!", rief sie nach oben.

Chibi Usa zwang sich zu einem Nicken und packte die Stange unbewusst fester. Ihre Handflächen waren schweißfeucht. Mit zusammengebissenen Zähnen schwang sie sich hin und her, wobei sie immer wieder nachgreifen musste, um nicht abzurutschen.

"Bist du sicher, dass sie das schafft?", PallaPalla sah zweifelnd nach oben.

"Natürlich schafft sie es", meinte CereCere. "Ist doch kinderleicht. Auf deinem Ball hat sie ja auch keine schlechte Figur gemacht."

"Na, ja, am Anfang ist sie ziemlich oft in der Wiese gelandet. Aber gegen Ende ...."

"Siehst du!"

"Ähm... hier ist sie ja auch am Anfang. Und von einem Ball zu fallen ist wesentlich ungefährlicher als ...."

"Papperlapapp, JunJun ist anderweitig beschäftigt, also muss ich für sie das Training für unsere Prinzessin übernehmen." CereCere legte den Kopf in den Nacken. "Das reicht jetzt! Sobald du wieder am höchsten Punkt bist, lässt du los und machst den Salto!"

Chibi Usa erwiderte nichts, sie war vollauf damit beschäftigt, nicht vorher schon abzurutschen. Eins ... zwei ... Schwung und ... drei... Sie ließ die Stange im richtigen Moment los und der Boden raste auf sie zu.

"Salto!!!!!", hörte sie CereCere brüllen. Instinktiv krümmte sie sich und es gelang ihr gerade noch rechtzeitig, sich in der Luft zu drehen, dann landete sie auch schon auf dem Haufen Sägespäne, der einzigen Sicherheitsvorrichtung, die Gnade vor CereCeres Augen gefunden hatte. Ihre Gelenke, ihre Muskeln, ihre Sehen protestierten laut und mit einem Schmerzensschrei viel sie vorn über.

"Ist dir was passiert?", dröhnte VesVes Stimme vom Zelteingang her. "CereCere, war das deine Idee?"

CereCere war ein wenig blass um die Nase, da Chibi Usa mit dem Gesicht voran in den Sägespänen lag und sich nicht rührte.

"Du hast sie umgebracht!", sagte PallaPalla entsetzt.

CereCere wurde noch blasser. "Unmöglich, sie ist auf den Beinen gelandet!"

Sie und PallaPalla rannten auf Chibi Usa zu.

"Rührt sie nicht an!"

Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich JunJun auf und erreichte den Haufe Sägespäne als erste. "Prinzessin, Chibi Usa, sag etwas!" Sie drehte Chibi Usa auf den Rücken und schüttelte sie.

"Ohhhh!", stöhnte Chibi Usa leise und kam wieder zu sich. "Bin ich richtig gelandet."

"Das bist du!", sagte CereCere, die langsam wieder Farbe im Gesicht bekam. "Für das erste Mal war das keine schlechte Leistung."

"Danke", murmelte Chibi Usa und befreite sich aus JunJuns Griff, um langsam aufzustehen, wobei sie das Gesicht verzog. "Aaaautsch... ohhhh .... ahhhh.... auuuuuu."

"Ich denke", sagte JunJun, "wir haben dir ein wenig zuviel abverlangt."

"Das habt ihr wirklich", VesVes runzelte die Stirn. "Zwar ist anzunehmen, dass der Feind bald wieder zuschlagen wird, aber das heißt nicht, dass wir dich zu tode trainieren müssen."

"Tut mir leid", sagte CereCere, "aber ich habe nur einen Gedanken, ich will dass du besser wirst als Sailormoon. Ich will nicht schlecht über deine zukünftige Mutter reden, aber als Kämpferin macht sie keine besonders gute Figur."

"Das weiß ich auch", sagte Chibi Usa, "und es ist nett, dass ihr mir alles beibringen wollt, was ihr könnt, aber jetzt möchte ich nur ein heißes Bad und schlafen, schlafen, schlafen..."

Die vier sahen sich ein wenig betreten an.

"Für heute hast du wahrlich genug mitgemacht", sagte VesVes schließlich. "Also geh ruhig ..."

Sie kam nicht dazu, den Satz zu Ende zu sprechen. Draußen vor dem Zelt waren Schreie zu hören.

"Das darf nicht wahr sein", stöhnte JunJun. "Wir haben erst heute wieder eröffnet..."

"Ich mag jetzt nicht kämpfen", jammerte Chibi Usa.

PallaPalla war zum Zelteingang gelaufen. Um ungestört zu ein, hatten sie den Eingang mit einer Plane verschlossen. Nun schob PallaPalla die Plane ein kleines Stück zur Seite. "Oje", hörten die anderen sie murmeln, "das ist aber merkwürdig!" Sie drehte den Kopf und winkte den anderen. "Das müsst ihr euch ansehen." Der Schrecken in ihren Augen und der Unglaube in ihrer erstickten Stimme sprachen Bände. Neugierig und besorgt gesellten sich die anderen zu ihr, selbst ChibiUsa humpelte so rasch sie konnte zum Zelteingang. Gemeinsam schauten sie durch den Spalt ins Freie und was sie sahen, ließ ihnen das Blut in den Andern gefrieren.

Menschen rannten in Panik hin und her, andere lagen bewegungslos mit dem Gesicht nach unten auf der Erde während sie immer blasser und blasser wurden. Auf dem Rücken dieser Opfer wucherten ekelhafte Gewächse, schwarz wie die Nacht, die gierig alle Farbe und alles Leben aufsogen.

"Woher kommen die denn?", fragte PallaPalla verstört.

"Hm... schau nach rechts, siehst du den Schatten vor dem Luftballonstand?", fragte CereCere.

Alle blickten nach rechts. Dort, vor den bunten Luftballons hatte sich ein Riss im Erdboden aufgetan und da heraus schlängelten sich fette, schwarze Moospolster, krochen wie von Geisterhand bewegt auf den nächsten Menschen zu, um ihm einfach auf den Rücken zu springen. Der Getroffene erstarrte, verlor das Bewusstsein und sackte zusammen.

"Was tun wir nur?", fragte JunJun gebannt und angeekelt zugleich.

"Wir müssen uns verwandeln", sagte VesVes. "Aber wie nur?"

Chibi Usa hatte bei dem fürchterlichen Anblick all ihre Schmerzen vergessen. Sie hatte sich so gewünscht, besser auf den nächsten Gegner vorbereitet zu sein, aber nun hatte sie keine Wahl mehr. Sie legte beide Hände auf die Brust, konzentrierte sich und rief: "Macht des Silberjahrtausends, verwandle mich!" Diesen Spruch versuchte sie das erste Mal. Er war ihr einfach so in den Sinn gekommen. Silbernes Licht flutete hüllte sie ein. Eine Sekunde später stand eine Sailorkriegerin vor ihnen, den Doppelmondstab mit den Kristallhalbmonden in der Hand. Sie war nicht mehr SailorLunarEclipse, denn ihr Rock war nun silbern statt rostrot und das Schwarz des Oberteils hatte sich in leuchtendes Weiß verwandelt. Die langen Bändern liefen von schwarz zu silbern über. Statt einem roten Stern funkelte nun einer aus durchscheinendem Kristall mit silbernen Engerlsflügeln auf der schwarzen Masche. Ihre Haare wehten nicht mehr offen im Wind, sondern sie trug sie nun im gleichen Stil wie zuhause mit den beiden Knoten, nur dass ihr Rosa fast völlig verblasst war und einen silbernen Schimmer bekommen hatte, der sie sehr ihrer Großmutter, der Mondkönigin ähneln ließ. Entschlossen packte die Sailorkriegerin ihren Stab und stürmte aus dem Zelt.

"Warte doch!", rief ihr VesVes nach, "das ist viel zu gefährlich!" Aber da war die Kriegerin schon draußen, sie stellte sich vor dem Zelt in Pose und schmetterte ihre Rede von Bestrafung und Gerechtigkeit. "Ich bin SailorSilvermoon! Gib sofort die Menschen frei!"

Natürlich zeigten sich die Gewächse unbeeindruckt. Einige wandten sich begierig dem neuen Opfer zu. SailorSilvermoon setzte nicht ihren Angriff ein, sondern hieb mit dem Kristallstab nach den schwarzen Kriechpflanzen. Bei jeder Berührung mit den Kristallhalbmonden zerplatzten sie mit einem ekelhaften Geräusch.

Aber immer noch strömten mehr und mehr davon aus dem Riss und sie hatten es nun alle auf SailorSilvermoon abgesehen.

"Wir müssen ihr helfen", jammerte PallaPalla und hüpfte auf der Stelle. "Wir haben es geschworen!"

VesVes und die anderen nickten entschlossen. "Versuchen wir es."

Gleichzeitig streckte jede ihre rechte Hand in die Höhe und rief: "Macht des Silberjahrtausends, schicke uns die Kraft, uns zu verwandeln!"

Tatsächlich erschienen vor ihnen vier schlanke, Stäbe, ein jeder hatte eine Kristallhalbmond in der passenden Farbe an der Spitze. Als sie danach griffen, wurden sie von Licht umhüllt wie zuvor Chibi Usa. Die vier Asteroidsenshi waren bereit. ---------------------------------------------------------------------------- -------------------------------

"Es ist schon wieder geschehen", sagte Sailorpluto und lehnte sich müde an die Säule. Um sie herum schimmerte der tiefste Weltraum. Pluto war ein kalter, einsamer Ort, und die Ruinen des ehemaligen Palastes wirken nicht anheimelnd. Nur dank ihrer Sailorkräfte konnten die Senshi hier draußen überleben, wo es weder Wärmen, noch Luft oder Wasser gab. Sailoruranus saß nur wenige Schritte entfernt auf einer zerborstenen Säule und spielte mit ihrem Schwert. Neptun kniete daneben auf dem Boden und blickte konzentriert in ihren Spiegel. Er war völlig leer, da sie es nicht wagte, Bilder zu rufen, aber immerhin konnte er ihr auch sonst noch Nachrichten vermitteln. Jetzt zum Beispiel tastete sie mit seiner Hilfe die Grenzen des Sonnensystems ab, aber da war nichts, keine Spur eines Feindes von außen.

"Was meinst du?", Sailorsaturn stand neben Pluto und blickte diese ernst und besorgt an.

"Die Störung im Zeitstrom wird stärker. Jemand versucht mit aller Macht eine Vergangenheit zu zerstören, die nicht zerstört werden darf. Dinge sind in Bewegung geraten und ich weiß nicht, wohin das alles führen wird. Kleine Lady..."

"Verdammt nochmal!" Uranus kickte eine Gesteinsbrocken in die Luft, der auf Grund der geringen Schwerkraft sehr hoch flog und dann nur langsam zur Oberfläche zurück fiel. "Ich will nicht hier herumsitzen, wenn die eigentliche Gefahr ganz woanders lauert! Wir sind hier doch nutzlos!"

"Mehr können wir nicht tun", sagte Pluto müde. Sie hatte seit Tagen nicht mehr geschlafen. Die dauernden Änderungen im Zeitstrom bereiteten ihr Kopfschmerzen und der Zeitschlüssel in ihrer Hand vibrierte wie als Echo ihrer unterdrückten Wut. Wenn es noch einen anderen Weg gäbe, die Zeit zu überwinden, als den Tunnel jenseits des Zeittores ... Plötzlich kam ihr ein Gedanke.

"Wir machen einen Abstecher", sagte sie laut. "Das muss überprüft werden."

"Einen Abstecher wohin?", fragte Neptun neugierig und ließ den Spiegel sinken.

"Zur Heimat alter Feinde ... wir reisen nach Nemesis." ---------------------------------------------------------------------------- ------------------- "Sie wollen was?", Venus konnte es nicht glauben. "Aber Königin Serenity..." "..ist einverstanden", sagte die hochgewachsene Frau mit den dunkelgrünen Haaren. Unbewusst hob sie die Hand und rieb sich über die Stirn, dort, wo einst ein schwarzer Halbmond gewesen war. "Meine Schwestern fühlen sich auch nicht wohl bei dem Gedanken. Aber wir schulden euch so viel, dass wir es riskieren werden. Königin Serenity hat auch uns in Kristalltokio willkommen geheißen, ausgerechnet in der Stadt, die wir fast zerstört hätten. Ich wünschte nur, mehr aus meiner Familie hätten es geschafft, rechtzeitig ihr Unrecht einzusehen..." Sie seufzte. "Sailorpluto ist bei uns aufgetaucht und hat gefragt, ob wir uns auf Nemesis noch zurecht finden würden. Sie hofft in der Bibliothek des Prinzen hinweise auf weitere Raumschiffe zu finden, so wie jenes, mit dem Rubeus in die Vergangenheit gereist ist."

Mars schauderte: "An das Schiff können wir uns noch gut erinnern. Brrr... es lief doch nur mit der Kraft des schwarzen Kristalls, wie will Pluto es ohne ihn zum Funktionieren bringen?"

"Das hat sie mir nicht erzählt, aber ich denke, sie hat einen Plan." Petzite zupfte nachdenklich an einer Haarsträhne. "Jetzt ist es an Sailormerkur, Nemesis aufzuspüren, denn ohne genaue Berechnungen, können ihn die äußeren Senshi nicht anpeilen."

"Ich bin schon so gut wie weg", sagte Merkur. "Es ist gut, dass die äußeren Senshi die Kraft ihrer Talismane und der Sense von Saturn bündeln können, um so den Sailortransport einzusetzen. Wir inneren Krieger brauchen dazu Sailormoons Kraft...." Sie seufzte. "Aber natürlich können wir es nicht riskieren, dass sich Königin Serenity in Gefahr begibt. Wir wünschen euch viel Glück für eure Mission."

"Danke, wir werden es brauchen", sagte Petzite und ging mit entschlossenen Schritten auf die Tür zu, hinter der ihre drei Schwestern warteten.

Als die Türe hinter ihr ins Schloss fiel drehte sich Mars zu den anderen inneren Kriegern um. "Und was machen wir?" Sie warf ihre schwarzen Haare zurück und schritt in dem Raum auf und ab wie ein Tier in der Falle. "Es muss doch etwas geben, das auch wir unternehmen können, irgend etwas!"

"Hm.....", Venus rieb sich am Kinn, "natürlich kommt es nicht in Frage, dass wir Plutos Verbot umgehen oder missachten, aber .... wäre es nicht möglich, dass wir von hier aus Informationen sammeln, die den äußeren Senshi bei ihrer Aufgabe helfen? Wir wissen noch immer nicht, wie der verdammte Grabstein dahin gekommen ist..."

"... und ob da überhaupt jemand liegt!", fügte Mars hinzu.

"Wollt ihr da etwa herumbuddeln?", Jupiter schüttelte sich.

"Natürlich nicht", sagte Merkur. "Mars, kannst du nicht deine Kräfte einsetzen, um herauszufinden, ob hier jemand begraben worden ist, ohne, dass wir eine Schaufel in die Hand nehmen?"

"Doch, das kann ich."

"Gut. Dann machen wir also der Reihe nach folgendes...."

Die inneren Senshi scharten sich um ihre Anführerin und lauschten gebannt. Ihre Augen leuchteten. Endlich konnten sie wieder etwas Nützliches tun, um ihrer besten Freundin und Königin zu helfen.

---------------------------------------------------------------------------- -------- *Glaubst du, sie haben aufgeben?*, fragte Falkenauge mit leicht zittriger Stimme. Seit einiger Zeit war es ruhig im Tempel des Kristalls.

*Das kaum*, sagte Tigerauge ein wenig gefasster. *Aber wir haben einen Atempause.*

Das helle Licht des Kristalls war erloschen und er glühte nun wieder ruhig und scheinbar harmlos.

*Wir müssen den Kristall überzeugen, dass wir nur das Beste wollen*, sandte Tigerauge und schwebte wieder auf die Lichtbarriere zu. *Hörst du mich, Kristall der Träume, ich bin es, Tigerauge, das Irrlicht, dein Geschöpf! Ich verdanke deiner Macht meine Existenz! Ich will nichts Böses, ich will nur ein wenig Kraft, um in die Träume eines Menschen einzudringen, der in der anderen Welt Helios ein Denkmal setzen soll. Bitte, hier ist doch alles schon tot und zerstört, auch wir werden nicht mehr lange da sein. Alles was wir noch für Helios tun können, ist, dafür zu sorgen, dass er nicht für immer vergessen sein wird...*

*Tu es nicht, Tigerauge, nein!*, Falkenauge schoss empor, um sich zwischen Tigerauge und das Licht zu drängen, aber des war zu spät. Der gelbe Funken war bereits in die Barriere eingedrungen.

*----!!!!!!*, vernahm Falkenauge die mentalen Schmerzensschreie seines Freundes.

Dann, wie durch ein Wunder öffnete sich eine Lücke und erlaubte Tigerauge in die Lichtsäule einzudringen. Ehe Falkenauge ihm folgen konnte, schloss sich die Lücke schon wieder. Von draußen bekam Falkenauge mit, wie der goldene Lichtfleck Tigerauges in den Kristall selbst eindrang.

Unschlüssig und ratlos hing Falkenauge mehrere Augenblicke in der Luft. Dann bemerkte er, wie sich Tigerauges Licht wieder aus dem Kristall löste und durch eine neue Lücke in der Lichtsäule wieder zu ihm herüber kam.

*Allen Mächten sei dank*, seufzte Falkenauge erleichtert. *Hast du etwas erreicht?*

*Ja*, erwiderte Tigerauge mit einem seltsamen verträumten Beiklang. *Der Kristall ließ mich in der Traum eines jungen Steinmetz, er wird in ein paar Wochen wieder und wieder den gleichen Traum haben. In diesem Traum wird ihn eine Stimme bitten, einen einfachen Grabstein anzufertigen, der folgende Inschrift trägt: Hier ruht Helios aus Elysion, dem Reich der Träume... Er wird wahrscheinlich das Datum des Traumes einmeißeln, denn wann es wirklich geschehen ist wissen ja selbst wir nicht ...*

Nachdem Tigerauge dem rosa Irrlicht den gesamten Text aufgesagt hatte, ließ er sich erschöpft zu Boden sinken.

*Also warten wir bis auch wir an der Reihe sind...*, murmelte Falkenauge düster. *Wir haben getan was wir konnten.*

*Da wäre ich nicht so sicher*, sandte ihm Tigerauge zu. *Der Kristall hat uns nicht umsonst geholfen, ich habe von ihm einen Auftrag erhalten.*

*Und der wäre?*

*Wir müssen jemanden finden, der stark genug ist, IHN aufzuhalten.*

*Und wo?*

*Nicht hier, sondern in der realen Welt.*

*Was??!!!*

Falkenauge ließ sich neben dem gelben Irrlicht nieder. *Das können wir nicht.*

*Nicht in dieser Gestalt, aber in unserer eigentlichen. Du als Falke, ich als Tiger. Ich habe dem Kristall versprochen, dass wir es versuchen werden. Es ist besser, als nutzlos herumzuhängen und ohne Gegenwehr auf das Ende zu warte, oder...?

Falkenauge schluckte, aber dann stimmte er zu. End des fünften Teils